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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Heirat von Minderjährigen Anm.: Die drei in der iranischen Verfassung anerkannten Buchreligionen Judentum, Christentum und Zoroastrismus genießen in Fragen des Ehe- und Familienrechts verfassungsrechtlich Auto nomie (AA 15.7.2024) und dürfen somit ihr eigenes Personenstandsrecht anwenden, das aller dings der iranischen Gesetzgebung zur öffentlichen Ordnung entsprechen muss (McGlinn 2001). Auch Sunniten dürfen ihr eigenes Personenstandsrecht anwenden bzw. müssen in Personen standsfragen sunnitische Gerichte anrufen (MRAI 19.6.2023). Bezüglich dieser Rechtsbereiche wird nachstehend vor allem auf die im Iranischen Zivilgesetzbuch (IZGB) geregelte Situation der schiitischen Mehrheitsgesellschaft sowie der nicht anerkannten Religionsgruppen, denen das Recht auf ein eigenes Ehe- und Familienrecht nicht zugesprochen wird, eingegangen. Das gesetzliche Heiratsmindestalter in Iran beträgt 13 Jahre für Mädchen und 15 Jahre für Buben. Doch auch unterhalb dieser Altersgrenzen kann eine Ehe geschlossen werden, wenn es „ im Interesse des Kindes“ liegt und die Eltern und ein Gericht zustimmen (IRJ 18.5.2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Eltern dürfen ihre adoptierten Kinder heiraten, sofern ein Gericht zu stimmt (AA 15.7.2024). Aus Sicht der vier sunnitischen Rechtsschulen, die gem. Art. 12 der Verfassung hierzu eigene Personalstatuten haben, beträgt das Mindestheiratsalter bei Mädchen neun Jahre und bei Buben neun bis zwölf Jahre. Dies ist einer der Gründe, weshalb gerade in den von Sunniten besiedelten Gebieten, die als religiöse Minderheit in Iran gelten, Ehen von Mädchen im Kindesalter besonders häufig vorkommen. Obwohl es in den letzten Jahren vielfältige Reformvorhaben gegeben hat, die Gesetze zur Kinderehe in Iran zu ändern, schei terten diese Vorhaben am Widerstand der konservativen Regierungsmitglieder (BAMF 1.2023). Laut Menschenrechtsgruppen hat ein staatliches „ Heiratsdarlehen“-Programm vielmehr dazu beigetragen, dass die Anzahl der Kinderehen zwischen 2019 und 2022 angestiegen ist, da es arme Familien, die ihre Töchter verheiraten wollen, finanziell unterstützt (USDOS 23.4.2024). Die meisten iranischen Frauen heiraten nicht vor ihren Zwanzigern, und das durchschnittliche Heiratsalter von Männern lag 2014 laut staatlichen iranischen Quellen bei 28 Jahren. Den noch werden Hunderte Mädchen unter 13, oder sogar unter zehn Jahren, von ihren Familien zwangsverheiratet (USIP 4.8.2023). Zwischen 2017 und 2022 wurden rund 184.000 Ehen von Mädchen unter 15 Jahren registriert (IRINTL 24.12.2023). Zwangsverheiratungen von Minder jährigen kommen vor allem in ländlichen Gebieten vor. Dies betrifft meistens Mädchen und dient der finanziellen Entlastung der Familie (AA 15.7.2024). Kinderehen sind vor allem in den von ethnischen und religiösen Minderheiten bewohnten Randprovinzen stark verbreitet. So kommen diese besonders häufig in den sechs Provinzen Sistan und Belutschistan, Khuzestan, Khorasan Razavi, Golestan, Kerman und Ost-Aserbaidschan vor (BAMF 1.2023; vgl. USDOS 20.3.2023). Ursache von Kinderehen sind konservative religiöse und kulturelle Hintergründe; die Angst um eine Verletzung der Familienehre durch vorehelichen Geschlechtsverkehr; Dro gensucht; Landflucht; ein niedriger Bildungsstand (BAMF 1.2023) und Armut als ein Hauptgrund in benachteiligten Gebieten (IRINTL 24.12.2023; vgl. BAMF 1.2023). Das gesetzliche Mindestalter für einvernehmlichen Geschlechtsverkehr ist das gleiche wie für die Ehe, da Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe illegal ist. Es gibt keine speziellen Gesetze 166

zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern, da solche Straftaten entweder unter die Kategorie Kindesmissbrauch oder Sexualdelikte des Ehebruchs fallen. Das Gesetz geht nicht direkt auf sexuelle Belästigung ein und sieht auch keine Strafe dafür vor. Die Unklarheit zwischen den gesetzlichen Definitionen von Kindesmissbrauch und sexueller Belästigung kann dazu führen, dass Fälle von sexueller Belästigung von Kindern nach dem Gesetz über Ehebruch verfolgt werden. Zwar gibt es keine gesonderte Bestimmung für die Vergewaltigung eines Kindes, doch kann das Verbrechen der Vergewaltigung unabhängig vom Alter des Opfers mit dem Tod bestraft werden (USDOS 23.4.2024). Bildungswesen Anm.: s. Kap. Frauen für Informationen zum Zugang von Mädchen und jungen Frauen zum Bildungswe sen. Iran ist ein Land, in dem die Bildung einen hohen Stellenwert genießt (BAMF 7.2020). Iranische Schu len bieten sowohl Männern als auch Frauen eine qualitativ hochwertige Ausbildung in Natur- und Geisteswissenschaften, die mit anderen Ländern in der Region vergleichbar ist. Das iranische Schulsystem kann in zwei Grundstufen unterteilt werden: Grund- und Sekundarschulbildung. Viele Familien entscheiden sich jedoch dafür, ihr Kind auch in der Vorschule anzumelden. In Iran umfasst die Grundschule eine sechsjährige Schulzeit, die bei den meisten Kindern im Alter von sechs Jahren beginnt. Die Grundschulbildung ist verpflichtend und kostenlos, weshalb 99,8% der iranischen Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren in Grundschulen eingeschrieben sind. Nach Abschluss der Grundschule treten iranische Schüler in die Sekundarstufe ein, die in zwei Phasen unterteilt ist: Sekundarstufe I und Sekundarstufe II. Die Sekundarstufe II ist in drei Zweige unterteilt: einen akademischen, einen technischen und einen beruflichen. Ob Schüler den akademischen Zweig antreten können, wird durch ihre Prüfungsergebnisse am Ende der Sekundarstufe I bestimmt. Alle drei Zweige umfassen einen Zeitraum von drei Jahren mit Absolvierung eines der Bildungsgänge, die zum Erwerb der Hochschulreife führen. Darüber hinaus erhalten diejenigen Schüler, die entweder den technischen oder den beruflichen Weg absolvieren, ein „Technikerzertifikat“. Um den tertiären, akademischen Bildungsweg fortzuset zen, muss eine nationale standardisierte Aufnahmeprüfung absolviert werden, der „ Konkur“. Nur rund 10 % der Prüfungsabsolventen bekommen einen Platz an einer öffentlichen Universität. Der tertiäre Bildungsweg bleibt in Iran jedoch sehr beliebt: Fast 60% der Iraner im Alter von 18 bis 22 Jahren sind an einer postsekundären Bildungseinrichtung eingeschrieben. In Iran findet die Hochschulbildung in einer Kombination aus öffentlichen und privaten Einrichtungen statt. Öffentliche tertiäre Einrichtungen sind meist kostenfrei, während private Einrichtungen üblicherweise Studiengebühren verlangen (AIC 12.7.2022). Kindern, die keinen staatlichen Identitätsnachweis besitzen, wird das Recht auf Bildung verwei gert [Anm.: dem Kap. Flüchtlinge / Afghanen in Iran sind Informationen zum Zugang zu Bildung für afghanische Staatsangehörige zu entnehmen]. Der Gebrauch von Minderheitensprachen als Unterrichtssprache an Schulen ist nicht erlaubt (USDOS 23.4.2024). Die Bildungsmöglichkeiten hängen auch wesentlich vom Einkommensstatus der Familien ab (RFAR 14.5.2025). So wer den Schulabbrüche u. a. mit der steigenden Armut im Land in Verbindung gebracht (RFE/RL 167

27.3.2024). Im Schuljahr 2024/2025 waren nach offiziellen Angaben 790.000 Kinder in keiner Schule eingeschrieben (K24 22.9.2024). Es wird von teils überfüllten Schulen und einem Lehrermangel berichtet (IRWIRE 3.12.2024; vgl. K24 22.9.2024). Eine im Mai 2025 erlassene Direktive des Bildungsministeriums erlaubt die Einstellung von Geistlichen und Seminaristen als Lehrer. Dadurch sollte der Lehrermangel bekämpft werden, Kritiker sehen darin jedoch ein Abwenden von der zivilen Bildung hin zu einer militärisch-ideologischen Indoktrinierung (IRWIRE 3.6.2025). Schulen spielten bei den „ Frau, Leben, Freiheit“-Protesten ab September 2022 eine wichtige Rolle (IRWIRE 3.6.2025; vgl. RFE/RL 13.11.2023), unter anderem wurden auch Lehrer verhaftet. Später wurden fast 20.000 Schuldirektoren ausgetauscht, um an den Schulen „ einen Wandel herbeizuführen“ (RFE/RL 13.11.2023). Im Winter 2024/2025 kam es angesichts niedriger Temperaturen und Problemen bei der Energie versorgung in manchen Provinzen zu verordneten Schulschließungen (FR24 9.2.2025; vgl. TNA 11.1.2025). Nach Beginn der israelischen Luftangriffe und eskalierenden Spannungen ordneten die Behörden Mitte Juni 2025 Schulschließungen an [Anm.: Mit Stand 26.6. liegen keine vertrau enswürdigen Informationen über die Dauer der Schließungen vor; auch kann das allgemeine Ausmaß der Auswirkungen der israelischen Militäroperation auf das iranische Bildungswesen derzeit noch nicht abgeschätzt werden] (AnA 15.6.2025). Kinderarbeit Das iranische Recht verbietet Kinderarbeit bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres; bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gibt es diverse Einschränkungen (z. B. keine Schwer-/Nacht arbeit). In Familienbetrieben lässt das Gesetz allerdings die Beschäftigung von Kindern unter 15 Jahren zu. Der iranische Staat schätzt, dass zwei Millionen Kinder im Land arbeiten, nach inoffi ziellen Schätzungen sind bis zu sieben Millionen Kinder betroffen (v. a. afghanische Geflüchtete) (AA 15.7.2024). Gründe dafür sind u. a. sich verschlechternde wirtschaftliche Bedingungen von afghanischen Familien und mangelnde Bildung. Die meisten dieser Kinder sind Berichten zufol ge zwischen zehn und 15 Jahre alt, und die Mehrheit sind Ausländer ohne Papiere. Die Zahl der Kinder, die im Transportwesen, in der Müllabfuhr und -entsorgung, beim „ Mülltauchen“, in Auto waschanlagen, Ziegeleien, auf Baustellen und in der Teppichindustrie arbeiten, steigt Berichten zufolge weiter an. Diese Kinder sind Misshandlungen, Lohnvorenthaltung und potenziellen In fektionskrankheiten ausgesetzt - alles Anzeichen für Zwangsarbeit (USDOS 24.6.2024). Die Revolutionsgarden sollen Tausende von in Iran lebenden afghanischen Migranten mithilfe von Zwangstaktiken für den Kampf in Syrien rekrutiert haben, darunter auch Kinder (FH 2025). Berichten zufolge rekrutieren die iranischen Behörden immer noch Afghanen, darunter auch Kinder, unter Zwang in Militärverbände in der Region. Die Revolutionsgarden und die mit ihr verbundenen paramilitärischen Basij-Milizen haben Kinder auch zur Aufstandsniederschlagung im Inland eingesetzt (USDOS 24.6.2024). 168

Menschenhandel Aufgrund der mangelnden Transparenz der Regierung bezüglich des Menschenhandels in Iran, insbesondere im Hinblick auf Frauen und Mädchen, werden keine Statistiken vorgelegt (NCRI 21.4.2021). Kinder von Afghanen ohne Papiere und anderen ethnischen Minderheiten haben Schwierigkeiten, legale Dokumente zu erhalten, was die Gefährdung dieser Bevölkerungsgrup pe für Menschenhandel erhöht. Nach Angaben des US-amerikanischen Außenministeriums reichen die Maßnahmen der iranischen Behörden nicht aus, um Menschenhandel zu unterbin den (USDOS 24.6.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.7.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: 03. April 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/211 2796/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islami schen_Republik_Iran,_15.07.2024.pdf, Zugriff 25.7.2024 ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (28.1.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Iran (Stand: 23.12.2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2068037/Auswärtiges_Amt,_Ber icht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Iran_(Stand_23.12.2021),_28.01.2022. pdf, Zugriff 24.3.2023 [Login erforderlich] ■ AIC - American Iranian Council (12.7.2022): MYTH vs. FACT: Education in Iran, http://www.us-iran. org/resources/2016/10/10/education, Zugriff 4.4.2023 ■ AnA - Anadolu Agency (15.6.2025): Iran shuts schools, Israel extends emergency amid escalating tensions, https://www.aa.com.tr/en/middle-east/iran-shuts-schools-israel-extends-emergency-ami d-escalating-tensions/3599534, Zugriff 26.6.2025 ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (1.2023): Länderreport 56 Iran: Rechtliche Situation der Frauen, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/68 3300/683479/683484/6029645/24047468/-/Deutschland._Bundesamt_fr_Migration_und_Flchtlinge, _Iran_-_Rechtliche_Situation_der_Frauen,_01.01.2023._(Lnderreport___56).pdf, Zugriff 3.4.2023 ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (7.2020): Länderreport 28 Iran: Frauen Rechtliche Stellung und gesellschaftliche Teilhabe, https://coi.euaa.europa.eu/administratio n/germany/PLib/DE_BAMF_Laenderreport_28_Iran_July-2020.pdf, Zugriff 3.4.2023 ■ FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 - Iran, https://freedomhouse.org/country/i ran/freedom-world/2025, Zugriff 10.3.2025 ■ FR24 - France 24 (9.2.2025): Iranian schools and offices shut as cold snap bites, https://www.fran ce24.com/en/live-news/20250209-iranian-schools-and-offices-shut-as-cold-snap-bites , Zugriff 26.6.2025 ■ HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iran, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2043504.html, Zugriff 4.4.2023 ■ IRINTL - Iran International (24.12.2023): New Research Shows Rise In Child Marriages In Iran, https://www.iranintl.com/en/202312241642, Zugriff 4.6.2024 ■ IRJ - Iran Journal (18.5.2024): Morde aus archaischer Überzeugung, https://iranjournal.org/gesellsc haft/ehremorde-femizid-iran, Zugriff 4.6.2024 ■ IRWIRE - IranWire (3.6.2025): ‘Irreparable Damage’ to Iran’s Schools as Clerics Replace Qualified Teachers, https://iranwire.com/en/features/141732-irreparable-damage-to-irans-schools-as-clerics -replace-qualified-teachers/ , Zugriff 26.6.2025 ■ IRWIRE - IranWire (3.12.2024): Overcrowding, Teacher Shortages, and ‘Learning Poverty’: Educa tion Crisis in Iran, https://iranwire.com/en/features/136723-overcrowding-teacher-shortages-and-l earning-poverty-education-crisis-in-iran/ , Zugriff 26.6.2025 ■ K24 - Kurdistan 24 (22.9.2024): Iran’s education crisis as 790,000 children miss school year, https: //www.kurdistan24.net/en/story/396928/Iran's-education-crisis-as-790,000-children-miss-school-y ear, Zugriff 26.6.2025 ■ McGlinn - McGlinn, Senn (2001): Family Law in Iran, https://bahai-library.com/pdf/m/mcglinn_famil y_law_iran.pdf, Zugriff 5.4.2023 ■ MRAI - Menschenrechtsanwältin aus Iran (19.6.2023): Interview, via Videotelefonie 169

■ NCRI - National Council of Resistance of Iran (21.4.2021): Trafficking of Iranian Women Often Takes Place Through Three Provinces, https://women.ncr-iran.org/2021/04/21/trafficking-of-iranian-wom en/, Zugriff 4.4.2023 ■ ÖB Teheran - Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht – Islami sche Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_ÖB-Bericht_2021.pdf, Zugriff 7.2.2023 [Login erforderlich] ■ RFAR - Radio Farda (14.5.2025): ؟تسا هدیماجنا یشزومآ رقف هب هنوگچ ناریا رد یدمآرد رقف [Wie hat Einkommensarmut im Iran zu Bildungsarmut geführt?], https://www.radiofarda.com/a/334 13299.html, Zugriff 26.6.2025 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (27.3.2024): Poverty Forces Nearly 1 Million Iranians Out Of School, https://www.rferl.org/a/iran-school-dropouts-poverty-million-iranians-data/32879670 .html, Zugriff 4.6.2024 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (13.11.2023): Iranian Education Minister Proposes Trans formation Of System With Introduction Of Gender-Specific Textbooks, https://www.rferl.org/a/iran-e ducation-system-gender-specific-textbooks/32683182.html , Zugriff 6.12.2023 ■ TNA - New Arab, The (11.1.2025): Iran again closes schools, offices to conserve power amid fuel crisis, https://www.newarab.com/news/iran-again-closes-schools-offices-conserve-power-amid-cri sis, Zugriff 26.6.2025 ■ UNHRC - United Nations Human Rights Council (o.D.): View the ratification status by country or by treaty, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=81&Lan g=EN, Zugriff 3.4.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (24.6.2024): 2024 Trafficking in Persons Report: Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2111581.html, Zugriff 24.6.2025 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107731.html, Zugriff 3.5.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089063.html, Zugriff 22.3.2023 ■ USIP - United States Institute of Peace [USA] (4.8.2023): Part 3: Iranian Laws on Women, https: //iranprimer.usip.org/blog/2020/dec/08/part-3-iranian-laws-women , Zugriff 18.8.2023 18.2.1 Staatsbürgerschaft und Geburtenregistrierung, rechtliche Behandlung uneheli cher Kinder Letzte Änderung 2025-07-17 12:29 Anm.: Für Informationen zu Vormundschaft und Obsorge s. Kap. Relevante Bevölkerungsgrup pen / Frauen / Heirat, Scheidung, Vormundschaft und Obsorge für Kinder. Eine Geburt innerhalb der Landesgrenzen führt nicht zum Erwerb der Staatsbürgerschaft, es sei denn, ein Kind wird von unbekannten Eltern geboren, ein Teil der ausländischen Eltern wurde ebenfalls schon in Iran geboren, oder eine in Iran geborene Person mit ausländischem Vater lebt nach Vollendung des 18. Lebensjahrs noch mindestens ein Jahr in Iran. Iranische Männer geben ihre Staatsbürgerschaft automatisch an ihre Kinder weiter, es sei denn, es handelt sich um eine Zeitehe. In dem Fall muss der Vater die Vaterschaft explizit anerkennen. Dies gilt auch, wenn die Mütter und Ehefrauen ausländische Staatsbürgerinnen sind (SEM 26.1.2023). Wenn die Beziehung zwischen dem Vater und einem im Ausland geborenen Kind nicht durch Doku mente belegt ist, muss ein iranisches Familiengericht entscheiden, ob hinreichende Gründe für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegen (Landinfo 8.2.2024). Iranerinnen, die mit ausländischen Staatsbürgern verheiratet sind, können ihre Staatsbürgerschaft dagegen erst seit 2020 an ihre Kinder weitergeben, und zwar auf Antrag (USDOS 23.4.2024; vgl. SEM 26.1.2023). Ein entsprechendes Gesetz wurde 2019 erlassen. Bei der Umsetzung bestehen jedoch einige 170

bürokratische und finanzielle Hürden für die Antragsteller. Auch wird das Gesetz in den ver schiedenen Provinzen uneinheitlich angewendet. Die Antragsteller benötigen dabei außerdem oftmals eine Sicherheitsfreigabe durch die Sicherheitsbehörden, wobei der Vergabeprozess als „ höchst restriktiv und subjektiv“ beschrieben wurde (IOM 9.5.2025). Der Besitz einer Geburtsurkunde ist für iranische Staatsbürger gesetzlich verpflichtend (IHME 3.5.2024). Zuständig für die Registrierung und Ausstellung einer Geburtsurkunde (Shenasna meh) ist die Nationale Organisation für Bürgerregistrierungen (Standesamt). Antragsberechtigte sind der Vater, Großvater väterlicherseits oder die Mutter des Kindes (BAMF 1.2023). Dennoch hat das Ministerium für Kooperativen, Arbeit und Wohlfahrt gemäß einer Ankündigung vom Oktober 2023 rund 43.000 Kinder ohne Geburtsurkunden identifiziert. Betroffen sind laut einer Studie aus dem Jahr 2021 vor allem arme Familien, darüber hinaus beispielsweise Kinder von Vätern ohne Aufenthaltsberechtigung. In der Provinz Sistan und Belutschistan haben die Behör den die Ausstellung von Geburtsurkunden im Zusammenhang mit den wiederholten, manchmal gewaltsamen Freitagsprotesten in der Hauptstadt Zahedan gestoppt (IRWIRE 26.10.2023). Ein Recht auf Ausstellung einer Geburtsurkunde für uneheliche Kinder, welches auch mit der Scharia konform ist und Gesetzeskraft besitzt, besteht seit einem Urteil des Obersten Gerichts hofes ab 1997. Ein Antrag auf Ausstellung einer Geburtsurkunde für uneheliche Kinder ist jedoch nicht ohne Risiko. Sobald festgestellt wird, dass ein Kind von unverheirateten Eltern geboren wurde, gelten die Eltern per Gesetz als Straftäter, die unerlaubten Geschlechtsverkehr gehabt haben, und sie können nach Art. 221 IStGB 2013 mit 100 Peitschenhieben bestraft werden. Auch in Fällen, in denen der Vater des Kindes unbekannt ist, kann die Mutter einen Antrag bei Gericht stellen, und nach Zustimmung des Generalstaatsanwalts eine Geburtsurkunde für ihr Kind erhalten. Diese Geburtsurkunde enthält dann den Nachnamen der Mutter. Dies ist die einzige Situation, in der das Gesetz erlaubt, den Nachnamen der Mutter ihrem Kind zuzuordnen. Ansonsten erhält das Kind automatisch den Nachnamen des Vaters. Die Geburtsurkunde darf in diesem Ausnahmefall jedoch nicht nur mit dem Vor- und Nachnamen der Mutter ausgestellt werden, sondern enthält auch einen „ hypothetischen“ Namen des unbekannten Vaters, um zu vermeiden, dass der Abschnitt mit dem Namen des Vaters leer bleibt (BAMF 1.2023). Da bei Kindern von unverheirateten Eltern keine familiäre Abstammung angenommen wird, sind Erbansprüche grundsätzlich ausgeschlossen. Neben diesen Einschränkungen sind für Personen, die von unverheirateten Eltern geboren wurden, hohe Schlüsselpositionen in der iranischen Gesellschaft nicht möglich. In den Bereichen von Steuerangelegenheiten, von Heirat und Scheidung, beim Sorgerecht, bei Fragen der Vormundschaft und des Unterhaltes sind uneheliche Kinder jedoch ehelichen Kindern rechtlich grundsätzlich gleichgestellt, sofern den unehelichen Kindern eine Geburtsurkunde ausgestellt wird (BAMF 1.2023). Es besteht die Möglichkeit, die Familie nachträglich nach der Geburt eines Kindes legalisie ren zu lassen. Indem die Eltern eines unehelichen Kindes später heiraten, bekommt das Kind den Status eines ehelichen Kindes. Fehlt alleinstehenden Frauen allerdings der Rückhalt ihres Partners bzw. ihrer eigenen Familie, so befinden sie sich schnell am Rande der Gesellschaft und sind gezwungen, sich zum Wohle ihres Kindes mit der Gesellschaft zu arrangieren. Zwar 171

sind nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofes die leiblichen Eltern unehelicher Kinder verpflichtet, ihren elterlichen Pflichten in Hinblick auf die Personensorge nachzukommen, und der leibliche Vater bzw. auch der biologische Großvater väterlicherseits sind dem unehelichen Kind gegenüber unterhaltspflichtig. Im Fall, dass beide unbekannt sind bzw. sich beide ihrer Verantwortung entziehen, muss die Mutter ihr Kind allerdings finanziell allein versorgen (BAMF 1.2023). Quellen ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (1.2023): Länderreport 56 Iran: Rechtliche Situation der Frauen, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/68 3300/683479/683484/6029645/24047468/-/Deutschland._Bundesamt_fr_Migration_und_Flchtlinge, _Iran_-_Rechtliche_Situation_der_Frauen,_01.01.2023._(Lnderreport___56).pdf, Zugriff 3.4.2023 ■ IHME - Institute for Health Metrics and Evaluation (3.5.2024): Iran Civil Registration Recorded Births, https://ghdx.healthdata.org/series/iran-civil-registration-recorded-births#:~:text=According to the the National,to have a birth certificate, Zugriff 4.6.2024 ■ IOM - International Organization for Migration (9.5.2025): Information on the socio-economic situation for Afghans in the Islamic Republic of Iran requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum ■ IRWIRE - IranWire (26.10.2023): Officials Failing Forty-Three Thousand Undocumented Children in Iran, https://iranwire.com/en/features/121918-officials-failing-forty-three-thousand-undocumente d-children-in-iran/ , Zugriff 4.6.2024 ■ Landinfo - Referat für Länderinformationen der Einwanderungsbehörde [Norwegen] (8.2.2024): Iran: Stadfestelse og dokumentasjon av statsborgerskap – spesielt for al-Tash- flyktninger, https://landin fo.no/wp-content/uploads/2024/02/Iran-temanotat-Stadfestelse-og-dokumentasjon-av-statsborger skap-spesielt-for-al-Tash-flyktninger-0802024.pdf , Zugriff 4.6.2024 ■ SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (26.1.2023): Notiz Iran: Staatsbürgerschaft, https: //www.sem.admin.ch/dam/sem/de/data/internationales/herkunftslaender/asien-nahost/irn/IRN-staat sbuergerschaft-d.pdf.download.pdf/IRN-staatsbuergerschaft-d.pdf , Zugriff 4.12.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107731.html, Zugriff 3.5.2024 18.3 Sexuelle Orientierung und Genderidentität Letzte Änderung 2025-07-10 07:15 Historisch gesehen hatte Iran eine paradoxe Beziehung zu gleichgeschlechtlichem Verlangen und gleichgeschlechtlicher Intimität, die zwischen Akzeptanz und Ablehnung eines solchen Ver haltens schwankte. Die Islamische Revolution von 1979 verstärkte dabei die Intoleranz, Verfol gung und Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher Intimität (Sato/Alexander 2.2021). Angehörige sexueller Minderheiten erfahren regelmäßig Diskriminierungen, Belästigungen und Missbrauch - auch durch nicht-staatliche Akteure, wie Familienmitglieder, und durch die Gesellschaft (ÖB Teheran 11.2021). Das Gesetz stuft homosexuelle Männer und Transgender-Frauen als psy chisch krank ein und befreit sie aus diesem Grund von der ansonsten für männliche Bürger geltenden Wehrpflicht. In den Militärausweisen ist der Unterabschnitt des Gesetzes aufgeführt, der die Befreiung vorschreibt, wodurch homosexuelle oder transsexuelle Personen identifiziert und dem Risiko körperlicher Misshandlung und Diskriminierung im Alltag ausgesetzt werden, einschließlich der Gefahr der Verhaftung (USDOS 23.4.2024). Aus Furcht vor Bestrafung werden Missbrauchsfälle Homosexueller nicht angezeigt (ÖB Teheran 11.2021). Angehörige sexueller 172

Minderheiten werden belästigt und diskriminiert, obwohl über das Problem aufgrund der Krimi nalisierung und des verborgenen Charakters dieser Gemeinschaft in Iran wenig berichtet wird (FH 2025). Sogenannte Konvertierungsbehandlungen, die Folter und anderen Misshandlun gen gleichkommen, sind staatlich anerkannt und werden nach wie vor häufig angewandt, auch bei Minderjährigen (AI 29.4.2025). Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder Genderidentität ist nicht verboten (USDOS 23.4.2024). Das iranische Strafgesetzbuch (IStGB) stellt alle sexuellen Beziehungen außerhalb der tradi tionellen Ehe unter Strafe (FH 2025; vgl. USDOS 23.4.2024). Nach verschiedenen Paragrafen des IStGB können bestimmte gleichgeschlechtliche Handlungen mit Auspeitschung oder dem Tod bestraft werden (Sato/Alexander 2.2021; vgl. ILGA World o.D.), wobei die Bestrafung von gleichgeschlechtlichen Handlungen zwischen Männern zumeist schwerwiegender ist als jene für Frauen (ÖB Teheran 11.2021; vgl. Böll 21.5.2024) und die Beweisanforderungen hoch sind. Aufgrund der mangelnden Transparenz des Gerichtswesens lässt sich der Umfang der straf rechtlichen Verfolgungsmaßnahmen wegen Homosexualität nicht eindeutig bestimmen. Homo sexuelle Handlungen sind strafbar, werden in der Praxis zur Verschleierung meist in Verbindung mit anderen Strafbeständen verfolgt (AA 15.7.2024). Aus Angst vor strafrechtlicher Verfolgung und sozialer Ausgrenzung ist ein öffentliches „ Coming out“ selten (AA 15.7.2024). Die meisten Mitglieder der iranischen LGBTIQ-Gemeinschaft (lesbi sche, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie queere Personen) sehen sich dazu gezwungen, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen. Oft führen sie ein Doppelleben (RFE/ RL 5.3.2024). In westlich geprägten Teilen des Landes werden homosexuelle Beziehungen de facto geduldet bzw. ignoriert. Lesbische Frauen aus traditionellen, armen Familien sehen sich aus sozio-ökonomischen Gründen oder vonseiten der Familie häufig gedrängt, einen Mann zu heiraten (AA 15.7.2024). Die Regierung zensiert alle Materialien, die sich auf den Status oder das Verhalten von sexuel len Minderheiten beziehen. Die Behörden blockieren insbesondere Webseiten oder Inhalte von Webseiten, die sich mit Themen in Bezug auf sexuelle Minderheiten befassen, einschließlich der Zensur von Wikipedia-Seiten (USDOS 23.4.2024). Ein Einsatz für die Rechte von Homosexuel len ist kaum möglich und wird von den Sicherheitsbehörden genau beobachtet (AA 15.7.2024). Transsexualität ist seit 1987 erlaubt, wird aber laut Gesetz als Geisteskrankheit definiert (ÖB Teheran 11.2021). Eine Fatwa Ayatollah Khomeinis gestattet Geschlechtsumwandlungen für „ diagnostizierte“ Transgender-Personen (ÖB Teheran 11.2021; vgl. DW 16.5.2021). Diese sind also zulässig, und entsprechende Operationen werden subventioniert (HRW 16.1.2025; vgl. DW 16.5.2021) bzw. teilsubventioniert (AA 15.7.2024), auch wenn es weiterhin geistliche Autoritäten gibt, die geschlechtsangleichenden Operationen kritisch gegenüberstehen (Böll 21.5.2024; vgl. AA 15.7.2024). Geschlechtsumwandlungen oder -angleichungen gelten häufig als Weg, von der Heterosexualität abweichende sexuelle Orientierungen oder Identitäten in die Legalität zu bringen. Iran hat nach Thailand die höchste Rate an Geschlechtsumwandlungen weltweit (AA 15.7.2024). Khomeinis Fatwa ermöglichte Operationen, um eine rechtliche Anerkennung des 173

Geschlechts zu erreichen, verweigerte nichtbinären Individuen aber gleichzeitig volle Selbstbe stimmung und Handlungsmacht (Böll 21.5.2024), ein drittes Geschlecht darf nicht existieren (AA 15.7.2024). Betroffene berichten von großem Druck seitens der Gesundheitsbehörden, aber auch seitens (konservativer Teile) der Gesellschaft, sich einer Operation zu unterziehen (AA 15.7.2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Nichtbinäre und von der Norm abweichende Personen sind mit einer weitverbreiteten sozialen Stigmatisierung und staatlichen Angriffen konfrontiert, ins besondere wenn sie keine rechtliche Anerkennung ihres Geschlechts erlangt haben oder in ihrem Auftreten nicht den traditionellen Geschlechternormen entsprechen (ILGA World o.D.). Internetplattformen und Menschenrechtsaktivisten weisen regelmäßig auf die gesellschaftliche und soziale Verfolgung von Transgender-Personen hin (AA 15.7.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.7.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: 03. April 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/211 2796/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islami schen_Republik_Iran,_15.07.2024.pdf, Zugriff 25.7.2024 ■ AI - Amnesty International (29.4.2025): Iran: Human rights in Iran: Review of 2024/2025, https: //www.amnesty.org/en/documents/mde13/9275/2025/en/, Zugriff 21.5.2025 ■ Böll - Heinrich Böll Stiftung (21.5.2024): Unterdrückte Stimmen, wachsende Bewegung: Der Kampf für LGBTQ+-Rechte im Iran, https://www.boell.de/de/2024/05/21/unterdrueckte-stimmen-wachsen de-bewegung-der-kampf-fuer-lgbtq-rechte-im-iran , Zugriff 4.6.2024 ■ DW - Deutsche Welle (16.5.2021): How transgender people navigate Iran, https://www.dw.com/en/ iran-how-transgender-people-survive-ultraconservative-rule/a-57480850 , Zugriff 3.4.2023 ■ FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 - Iran, https://freedomhouse.org/country/i ran/freedom-world/2025, Zugriff 10.3.2025 ■ HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - Iran, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2120038.html, Zugriff 22.1.2025 ■ ILGA World - International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association World, the (o.D.): ILGA World Database: Iran, https://database.ilga.org/iran-lgbti, Zugriff 3.4.2024 ■ ÖB Teheran - Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht – Islami sche Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_ÖB-Bericht_2021.pdf, Zugriff 7.2.2023 [Login erforderlich] ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (5.3.2024): Tehran Tells Transgender People To Avoid ’Busy’ Areas, Highlighting Difficulties Faced By LGBT Community, https://www.rferl.org/a/iran-trans gender-warning-lgbt-tehran/32849165.html , Zugriff 3.4.2024 ■ Sato/Alexander - Sato, Mai, Alexander, Christopher (2.2021): STATE-SANCTIONED KILLING OF SEXUAL MINORITIES, https://bridges.monash.edu/ndownloader/files/26686841, Zugriff 4.4.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107731.html, Zugriff 3.5.2024 18.4 Personen, die der Zusammenarbeit mit feindlichen Mächten bezichtigt werden Letzte Änderung 2025-07-10 07:39 Es wird weithin angenommen, dass Israel in den letzten Jahren eine Reihe von hochkarätigen Attentaten und Sabotagemissionen tief im Inneren Irans durchgeführt hat, was eine weitreichen de Infiltration der Sicherheits- und Nachrichtendienste Irans offenbart (RFE/RL 25.6.2025; vgl. NYT 28.6.2025). Auch gehen iranische Beamte davon aus, dass der israelische Auslandsge heimdienst Mossad bei der Durchführung der Operation „ Rising Lion“ im Juni 2025 von Agenten vor Ort unterstützt worden ist (NYT 28.6.2025). Nur wenige Stunden nach Beginn der Operation 174

wurde eine Reihe hochrangiger Kommandeure und Atomwissenschaftler an ihren Wohnorten getötet (NYT 28.6.2025; vgl. BBC 26.6.2025) und Raketenabschuss- sowie Luftabwehreinrich tungen zerstört (NYT 28.6.2025), was nach Angaben von Beobachtern wie auch Angehörigen der iranischen Sicherheitsbehörden vermutlich nur durch nachrichtendienstliche Informationen möglich gewesen war (NYT 28.6.2025; vgl. BBC 26.6.2025). Auch sahen iranische Beamte nach Eigenangaben Beweise dafür, dass israelische Raketen innerhalb Irans zusammengebaut und stationiert worden sind. Angeblich wurden Tausende Miniatur-Angriffsdrohnen in der Hauptstadt Teheran entdeckt (NYT 28.6.2025). Hinsichtlich der Frage, wer mit den israelischen Sicherheitskräften kollaborieren würde, werden derzeit verschiedenste Vermutungen angestellt (NYT 28.6.2025). Die iranischen Sicherheits behörden haben Direktiven veröffentlicht, mit welchen die Bevölkerung dazu aufgerufen wur de, verdächtige Personen oder Fahrzeugbewegungen zu melden (NYT 23.6.2025b; vgl. NYT 28.6.2025) und vom Fotografieren von Angriffen auf sensible Orte Abstand zu nehmen (NYT 23.6.2025b). Das Geheimdienstministerium [VAJA/MOIS] hat mittels Massen-SMS die Men schen vor einer strafrechtlichen Verfolgung gewarnt, sollten diese mit Israel in Verbindung stehenden Inhalten in den sozialen Medien folgen oder mit diesen interagieren. Dabei wurde zwischen aktiver Zusammenarbeit und passivem Online-Verhalten nicht unterschieden (AlMon 28.6.2025). Die Behörden gehen nun verstärkt gegen Personen vor, die verdächtigt werden, mit ausländi schen Geheimdiensten zusammenzuarbeiten, und begründen dies mit der nationalen Sicherheit (BBC 26.6.2025). Nach Angaben einer mit den Revolutionsgarden verbundenen Nachrichten agentur wurden seit Beginn der israelischen Operation mit Stand 25.6.2025 mehr als 700 Perso nen aufgrund des Verdachts auf Spionage für Israel verhaftet (RFE/RL 25.6.2025), und bis zum 25.6.2025 wurde von der Hinrichtung von mindestens sechs Personen (darunter drei Kurden) aufgrund von Spionagevorwürfen berichtet (FR24 27.6.2025). Offizielle Ankündigungen, im Fernsehen übertragene „ Geständnisse“ und Medienberichte legen nahe, dass die folgenden Handlungen bislang zur strafrechtlichen Verfolgung geführt haben: das Fotografieren oder Filmen von strategischer oder militärischer Infrastruktur, v. a. an Orten, die von israelischen Luftangriffen getroffen worden sind (wie z. B. die Wohnorte von Komman danten der Revolutionsgarden oder Atomwissenschaftlern); das Teilen von Bildern oder Stand orten durch mobile Apps; das Verschicken von Bildmaterial von bombardierten oder sensiblen Standorten an ausländische oder exiliranische Medien (MRAI 4.7.2025); die Nutzung oder Wei tergabe von nicht genehmigter Kommunikationsausrüstung, wie z. B. Satelliteninternet (MRAI 4.7.2025; vgl. AlMon 28.6.2025); die Anmietung von Wohnungen oder Lagerhäusern, welche die iranischen Behörden später mit israelischen Geheimdienstoperationen in Verbindung ge bracht haben; Kontakt mit internationalen NGOs, UN-Mechanismen, exiliranischen Netzwerken oder Menschenrechtsgruppen; der Ausdruck einer ideologischen oder symbolischen Überein stimmung mit Israel, z. B. durch das Teilen von Online-Inhalten, welche sich der iranischen Regionalpolitik gegenüber kritisch zeigen [Anm.: d. h. z. B. die iranische Unterstützung von Gruppierungen wie der Hisbollah oder Hamas kritisieren], oder die als Unterstützung für die israelischen Handlungen wahrgenommen werden (MRAI 4.7.2025). 175
