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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
ihre Familien über ihre Aussage informieren würde. Einige Stammesführer im Süden des Irak haben Berichten zufolge ihren Stammesmitgliedern verboten, sich an Familienschutzeinheiten der Polizei zu wenden (USDOS 20.3.2023). Die meisten Familienschutzeinheiten unterhalten keine Schutzräumlichkeiten für Opfer häusli cher Gewalt (USDOS 20.3.2023). NGOs ist es nicht explizit verboten, Schutzhäuser zu betreiben. Per Gesetz muss der Betrieb von Schutzhäusern durch das Arbeits- und Sozialministerium ge nehmigt werden. NGOs wurde ein solcher Betrieb jedoch nicht erlaubt (USDOS 11.3.2020). Manche NGOs betreiben daher inoffizielle Schutzhäuser unter der Gefahr strafrechtlicher Ver folgung (USDOS 11.3.2020; vgl. AJ 12.2.2021). So betreibt die Organisation für die Freiheit der Frauen im Irak mehrere Frauenhäuser in Bagdad. Im Jahr 2020 hat die Regierung ein gerichtliches Auflösungsverfahren gegen die Organisation eingeleitet. Ihr wird die Spaltung von Familien, die Ausbeutung von Frauen und Fluchthilfe vorgeworfen (AJ 12.2.2021). Es gibt Frauenschutzzentren in Diwaniyah, Kirkuk und Anbar. Ein Zentrum in Bagdad bietet obdach losen Frauen eine Unterkunft, nicht aber Opfern von Gewalt gegen Frauen (DFAT 16.1.2023, S.30). UNFPA unterstützt fünf Frauenhäuser im gesamten Irak, davon eines in Bagdad, mit einem Aufnahmevermögen von 80 Personen in zehn Schlafräumen sowie einem Beratungs raum und einem Raum für psychosoziale Unterstützung (UNFPA 20.2.2019). Die Kapazitäten in den Schutzhäusern sind begrenzt und die Dienstleistungen werden nur unzureichend erbracht (DFAT 16.1.2023, S.30). Aufgrund von Druck durch die Gemeinschaften, die Frauenhäuser häu fig als Bordelle ansehen, werden diese regelmäßig durch das Ministerium geschlossen (USDOS 11.3.2020; vgl. DFAT 16.1.2023, S.30), um später an anderer Örtlichkeit wieder eröffnet zu wer den. Manchmal werden Schutzhäuser Ziel von Gewalt (USDOS 11.3.2020; vgl. DFAT 16.1.2023, S.30). Mitarbeiter von Schutzeinrichtungen, die hilfesuchende Frauen bei der Suche nach einem Zufluchtsort vor Gewalttätern unterstützen, werden wegen Entführung dieser Frauen angezeigt (DFAT 16.1.2023, S.30). Die Regierung hat am 1.3.2021 das Gesetz über weibliche Überlebende von Verbrechen des Islamischen Staats (IS) (Jesidinnen, Turkmeninnen, Christinnen und Shabak) erlassen (UNSC 3.8.2021, S.11; vgl. DW 26.3.2021, HRW 12.1.2023, OHCHR 21.4.2021). Das Gesetz sieht eine Entschädigung für die Überlebenden von IS-Verbrechen und Maßnahmen zu ihrer Re habilitierung und Wiedereingliederung in die Gesellschaft vor (HRW 12.1.2023; vgl. OHCHR 21.4.2021), sowie zur Verhinderung solcher Verbrechen in der Zukunft (HRW 13.1.2022; vgl. OH CHR 21.4.2021). Das neue Gesetz sieht vor, dass der Irak den Opfern ein monatliches Stipen dium, Wohngrundstücke oder kostenlosen Wohnraum (DW 26.3.2021; vgl. OHCHR 21.4.2021) sowie psychologische Unterstützung gewährt (DW 26.3.2021). Überlebende von IS-Angriffen werden außerdem bei der Einstellung von 2 % aller Stellen im öffentlichen Sektor bevorzugt (DW 26.3.2021; vgl. OHCHR 21.4.2021). Im Mai 2021 hat der Ministerrat eine Generaldirektion für die Angelegenheiten der jesidischen Überlebenden eingerichtet, die dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales untersteht, und ernannte eine jesidische Juristin zur Generaldirektorin (UNSC 3.8.2021, S.11). Eine wirksame Umsetzung dieses Gesetzes steht jedoch noch aus. Im 206

August 2022 berichtete die Internationale Organisation für Migration (IOM) der Vereinten Na tionen, dass mehr als 200.000 überlebende Jesiden weiterhin aus ihren Häusern vertrieben bleiben (HRW 12.1.2023). Kurdistan Region Irak (KRI) Im Jahr 2011 wurde vom kurdischen Regionalparlament Gesetz Nr. 8 zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt erlassen (KPI 21.6.2011, S.1; vgl. AA 28.10.2022, S.12). Häusliche Gewalt, einschließlich physischer und psychischer Misshandlung, Gewaltandrohung und Vergewaltigung in der Ehe stehen unter Strafe, und die Behörden setzen das Gesetz um (USDOS 20.3.2023; vgl. DFAT 16.1.2023, S.30). Die Richtlinien werden in der Praxis jedoch nicht durchgängig umgesetzt. Eine vom Frauenrechtskomitee des kurdischen Parlaments initiierte Reform des Gesetzes zur Bekämpfung häuslicher Gewalt, die eine Erweiterung der Schutzrechte von Frauen vorsieht, scheiterte zunächst am Widerstand der islamistischen Parteien (AA 28.10.2022, S.12). Es gibt eine spezielle Polizeieinheit zur Untersuchung von Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt und ein Familienversöhnungskomitee innerhalb des Justizsystems. Lokale NGOs berichten jedoch, dass diese Programme bei der Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt nicht effektiv sind (USDOS 20.3.2023; vgl. DFAT 16.1.2023, S.30). Die Kurdische Regionalregierung (KRG) hat ihre Anstrengungen zum Schutz von Frauen verstärkt. So wurden im Innenministerium vier Abteilungen zum Schutz von weiblichen Opfern von (familiärer) Gewalt sowie vier staatliche Frauenhäuser eingerichtet. Zwei weitere werden von NGOs betrieben (AA 28.10.2022, S.12; vgl. USDOS 20.3.2023). Die staatlichen Frauenhäuser werden vom Arbeits- und Sozialministe rium betrieben (USDOS 20.3.2023), bzw. vom Direktorat für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Um dort aufgenommen zu werden, benötigen Frauen grundsätzlich einen Gerichtsbe schluss. In dringenden Fällen kann eine Frau jedoch direkt das Frauenhaus betreten, wobei ein Gerichtsbeschluss nachträglich beantragt werden muss. Die Frauen in den Frauenhäusern dürfen die Schutzeinrichtungen nicht ohne Gerichtsbeschluss verlassen. Familienangehörige dürfen die Frauen auch ohne deren Zustimmung sehen (UKHO 3.2021). Vier von der KRG betriebene Schutzhäuser und ein privat betriebenes Heim bieten Opfern von geschlechtsspezifischer Gewalt und Menschenhandel in der KRI einen gewissen Schutz und Unterstützung (DFAT 16.1.2023, S.30). Die vier behördlichen kurdischen Frauenhäuser befinden sich in Dohuk, Erbil, Sulaymaniyah und Germian und werden von UNFPA unterstützt (UNFPA o.D.). Es gibt jedenfalls nur eine begrenzte Anzahl an Plätzen (USDOS 20.3.2023; vgl. DFAT 16.1.2023, S.30) mit Kapazitäten von 20 bis 40 Plätzen (UNFPA o.D.; vgl. UKHO 3.2021, S.36). Psychologische und therapeutische Dienste für betroffene Frauen sind unzu reichend. NGOs spielen bei der Bereitstellung von Dienstleistungen, einschließlich Rechtshilfe für Opfer häuslicher Gewalt, eine wichtige Rolle (USDOS 20.3.2023). Die Behörden setzen auf Familienversöhnung (USDOS 20.3.2023; vgl. DFAT 16.1.2023, S.30). Vereinzelt werden Frauen „ zum eigenen Schutz“ inhaftiert. Einige Frauen werden mangels Notunterkünften obdachlos (USDOS 11.3.2020). Anstatt Rechtsmittel einzulegen, vermittelten die Behörden häufig zwischen betroffenen Frauen und ihren Familien, damit die Frauen in ihre Häuser zurückkehren können. Abgesehen von einer Eheschließung oder der Rückkehr zu ihren 207

Familien, was häufig zu einer weiteren Bestrafung durch die Familie oder die Gemeinschaft führt, gibt es für die in den Frauenhäusern untergebrachten Frauen nur wenige Alternativen (USDOS 20.3.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (28.10.2022): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2022), https://www.ecoi.net/e n/file/local/2082728/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_ Lage_in_der_Republik_Irak_(Stand_Oktober_2022),_28.10.2022.pdf , Zugriff 23.3.2023 [Login erforderlich] ■ AI - Amnesty International (3.2.2023): Iraq: Action must be taken on gender-based violence after murder of Tiba Ali by her father, https://www.ecoi.net/en/document/2086428.html, Zugriff 24.2.2023 ■ AJ - Al Jazeera (12.2.2021): Iraqi women struggle to escape abuse as domestic violence rises, https://www.aljazeera.com/features/2021/2/12/iraqi-women-struggle-to-escape-abuse-as-domesti c-violence-rises, Zugriff 3.3.2021 ■ AlMon - Al Monitor (19.2.2023): Honor killings in Iraq rekindle efforts to criminalize domestic violence, https://www.al-monitor.com/originals/2023/02/honor-killings-iraq-rekindle-efforts-criminalize-domes tic-violence, Zugriff 24.2.2023 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (16.1.2023): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2085737/country-information-report-iraq.pdf , Zugriff 2.2.2023 ■ DW - Deutsche Welle (26.3.2021): Iraq’s Yazidis warn of ongoing threats from extremists, https: //www.dw.com/en/iraq-yazidi-law-warning/a-56993162 , Zugriff 15.5.2021 ■ HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/docu ment/2085461.html, Zugriff 15.2.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/docu ment/2066472.html, Zugriff 13.7.2023 ■ KPI - Kurdistan Parliament - Iraq [Irak] (21.6.2011): Act No. 8 from 2011, The Act of Combating Domestic Violence in Kurdistan Region-Iraq, http://www.ekrg.org/files/pdf/combat_domestic_viole nce_english.pdf, Zugriff 17.8.2023 ■ OHCHR - Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (21.4.2021): Iraq: UN expert welcomes law to aid ISIL atrocity survivors, but more needs to be done for children born from rape, https://www.ohchr.org/en/press-releases/2021/04/iraq-un-expert-welcomes-law-aid-isil-atroc ity-survivors-more-needs-be-done?LangID=E&NewsID=27018 , Zugriff 22.1.2022 ■ UKHO - United Kingdom Home Office [United Kingdom] (3.2021): Country Policy and Information Note Iraq: ‘Honour’ crimes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2048206/Iraq_-_Honour_Crimes_-_ CPIN_-_v2.0_-_March_2021_-_EXT.pdf , Zugriff 17.8.2023 ■ UNFPA - United Nations Population Fund (o.D.): UNFPA-Supported Women Shelters - Offering Women a Second Chance, https://iraq.unfpa.org/sites/default/files/resource-pdf/Women shelters; Giving survivors a second chance.pdf, Zugriff 14.8.2023 ■ UNFPA - United Nations Population Fund (20.2.2019): The First Lady of Iraq and the UN SRSG visit the UNFPA-Supported Women Shelter in Baghdad, https://iraq.unfpa.org/en/news/first-lady-iraq-a nd-un-srsg-visit-unfpa-supported-women-shelter-baghdad , Zugriff 3.3.2021 ■ UNSC - United Nations Security Council (3.8.2021): Implementation of resolution 2576 (2021); Report of the Secretary-General [S/2021/700], https://www.ecoi.net/en/file/local/2058500/S_2021_ 700_E.pdf, Zugriff 15.5.2021 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089064.html, Zugriff 11.7.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026340.html, Zugriff 21.8.2023 208

19.1.3 Zwangsehen, Kinderehen, temporäre Ehen, Blutgeld-Ehe (Fasliya) Letzte Änderung 2023-10-09 14:57 Das gesetzliche Mindestalter für eine Eheschließung beträgt 18 Jahre. Eine Heirat ist aber auch schon mit Vollendung des 15. Lebensjahrs möglich, mit elterlicher Erlaubnis (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 24.2.2022, DFAT 16.1.2023, S.31) und richterlicher Genehmigung (DFAT 16.1.2023, S.31). Berichten zufolge unternimmt die Regierung jedoch wenig Anstrengungen, um dieses Gesetz durchzusetzen. Traditionelle Zwangsverheiratungen von Mädchen, Kinderehen und sogenannte Ehen auf Zeit (zawaj al-mut‘a) finden im ganzen Land statt (USDOS 20.3.2023). Zwangs-Kinderehen werden als passive Bewältigungsmechanismen für vertriebene, in Armut lebende Familien mit nachteiligen Lebensumständen eingesetzt (EMHRM 6.2021, S.40). Das Gesetz stellt Zwangsverheiratungen unter Strafe, macht aber vollzogene Zwangsverheiratungen nicht automatisch ungültig (USDOS 20.3.2023). Zwangs- und Kinderehen sind weit verbreitet, insbesondere im Zusammenhang mit Vertreibung und Armut (HRW 12.1.2023). Traditionelle Formen von arrangierten, frühen und erzwungenen Ehen sind besonders unter der überwiegend ungebildeten, ländlichen und der Stammesbe völkerung vertreten (UKHO 3.2021, S.15). Laut UNICEF werden etwa 18,4 % der Frauen als Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet (AA 28.10.2022, S. 12). Andere Quellen berichten, dass über ein Viertel der Frauen im Alter von 20 bis 24 Jahren bereits im Alter von 18 Jahren verheiratet war (HRW 12.1.2023). Auch Ehen auf Zeit oder sogenannte Vergnügungs-Ehen sind ein Problem im Irak (STC 25.6.2021, S.14). Zeitehen werden jedoch nur in der schiitischen Tradition rechtlich anerkannt (MPG o.D.). Dabei werden junge Mädchen und Frauen für kurze Zeit mit älteren Männern verheiratet (STC 25.6.2021, S.14; vgl. DFAT 16.1.2023, S.31). Nach Ablauf der bei der Ehe schließung vereinbarten Zeit läuft die Ehe aus, ohne, dass eine Scheidung für die Trennung der Ehepartner notwendig ist. Die Rechtswirkung einer Zeitehe beginnt mit dem Vollzug. Kinder, die aus einer Zeitehe entsprungen sind, gelten als ehelich (MPG o.D.). Die irakischen Gerichte folgen den sunnitischen Rechtsschulen, welche diese Praxis ablehnen, und erkennen Zeitehen nicht an (MPG o.D.). Zwangsehen und Ehen auf Zeit werden benutzt, um Frauen und Mädchen innerhalb des Irak zum Zweck der sexuellen Ausbeutung zu verkaufen (OHCHR 11.11.2019; vgl. USDOS 20.3.2023, DFAT 16.1.2023, S.31). Dabei zahlt ein Mann der Familie der Betroffenen eine Mitgift für die Erlaubnis, sie für einen bestimmten Zeitraum zu heiraten. Besonders junge Frauen, die durch den Konflikt mit dem Islamischen Staat (IS) verwitwet oder verwaist sind, werden für diese Art der Ausbeutung als anfällig angesehen (USDOS 30.3.2021; vgl. DFAT 16.1.2023, S.31). Viele Frauen und Mädchen sind durch Flucht und Verfolgung besonders gefährdet. NGOs be richten über Zwangsprostitution irakischer Mädchen und Frauen im Land und in der Nahost- und Golfregion (AA 28.10.2022, S.13). Es gibt vermehrt Berichte, dass Mädchen in Flüchtlingslagern zur Heirat gezwungen werden. Dies geschieht entweder, um ihnen ein vermeintlich besseres Leben zu ermöglichen, oder um ihre Familien finanziell zu unterstützen. Häufig werden die 209

Ehen nach kurzer Zeit wieder annulliert, mit verheerenden Folgen für die betroffenen Mädchen (AA 22.1.2021, S.14). Fasliya bezeichnet eine traditionelle Stammespraxis zur Schlichtung von Konflikten, bei der Frauen eines Stammes mit Männern eines verfeindeten Stammes als Entschädigung für Mord bzw. für die Verletzung von Mitgliedern des anderen Stammes verheiratet werden (USDOS 20.3.2023; vgl. Musawah 11.2019, S.4, DFAT 16.1.2023, S.31). Dies geschieht ohne die Zu stimmung der betreffenden Frauen (Musawah 11.2019, S.4). Ende der 1950er Jahre wurde die Blutgeld-Ehe gesetzlich verboten (AlMon 18.6.2015). Es kommt jedoch nach wie vor zu Blut geld-Ehen zur Beilegung von Stammeskonflikten (UKHO 3.2021, S.28; vgl. USDOS 20.3.2023). Diese Tradition wird besonders in Gebieten fortgesetzt, in denen der Einfluss der Stämme größer als der staatlicher Institutionen ist (USDOS 20.3.2023), besonders in den südirakischen Gou vernements (DFAT 16.1.2023, S.31). Großayatollah as-Sistani fordert ein Ende dieser Praxis (USDOS 20.3.2023). Im Jahr 2011 hat das kurdische Regionalparlament mit Gesetz Nr. 8 einen Rechtsakt zur Be kämpfung von häuslicher Gewalt erlassen, der auch Zwangs-, die Kinder- und Blutgeld-Ehen unter Strafe stellt (KPI 21.6.2011, S.1; vgl. AA 28.10.2022, S.12). Das gesetzliche Mindestalter für eine Eheschließung mit elterlicher Erlaubnis beträgt in der Kurdistan Region Irak (KRI) 16 Jahre, ohne Erlaubnis 18 Jahre (USDOS 20.3.2023). Die gesetzlichen Regelungen werden in der Praxis allerdings nicht durchgängig umgesetzt (AA 28.10.2022, S.12). Nach Angaben des Hohen Rates für Frauenangelegenheiten der Kurdischen Regionalregierung (KRG) tragen Flüchtlinge und Binnenvertriebene (IDPs) in der KRI zu einer zunehmenden Zahl an Kinderehen und Polygamie bei (USDOS 20.3.2023). Das Gesetz der KRG stellt Zwangsheirat unter Strafe und setzt vollzogene Zwangsehen aus, macht sie aber nicht automatisch ungültig (USDOS 20.3.2023). Der kurdische Hohe Rat für Frauenangelegenheiten hat mit Unterstützung von UNFPA einen Plan zur Verringerung der Kinderheirat entwickelt, der sich auf Aufklärung konzentriert (STC 25.6.2021, S.14). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (28.10.2022): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2022), https://www.ecoi.net/e n/file/local/2082728/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_ Lage_in_der_Republik_Irak_(Stand_Oktober_2022),_28.10.2022.pdf , Zugriff 23.3.2023 [Login erforderlich] ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und ab schiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/file /local/2057645/Deutschland___Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungs relevante_Lage_in_der_Republik_Irak_(Stand_Januar_2021),_22.01.2021.pdf , Zugriff 21.7.2023 [Login erforderlich] ■ AlMon - Al Monitor (18.6.2015): Blood money marriage makes comeback in Iraq, https://www.al-monit or.com/pulse/originals/2015/06/iraq-tribes-women-blood-money-marriage-dispute-settlement.html , Zugriff 17.8.2023 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (16.1.2023): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2085737/country-information-report-iraq.pdf , Zugriff 2.2.2023 210

■ EMHRM - Euro-Mediterranean Human Rights Monitor (6.2021): Exiled At Home: Internal dis placement resulted from the armed conflict in Iraq and its humanitarian consequences, https: //reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/IraqReportEN.pdf, Zugriff 1.7.2023 ■ FH - Freedom House (24.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2068634.html, Zugriff 11.7.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/docu ment/2085461.html, Zugriff 15.2.2023 ■ KPI - Kurdistan Parliament - Iraq [Irak] (21.6.2011): Act No. 8 from 2011, The Act of Combating Domestic Violence in Kurdistan Region-Iraq, http://www.ekrg.org/files/pdf/combat_domestic_viole nce_english.pdf, Zugriff 17.8.2023 ■ MPG - Max-Planck-Gesellschaft (o.D.): Irak, Kommentar zum bundesstaatlichen Familienrecht: Die Ehe, https://www.familienrecht-in-nahost.de/14972/Irak-Kommentar-Ehe#Zeitehe , Zugriff 15.9.2023 ■ Musawah - Musawah - Equality and Justice in the Muslim Family (Autor, Herausgeber) (11.2019): Thematic Report on Article 16, Muslim Family Law and Muslim Women’s Rights in Iraq; 74th CEDAW Session, https://www.musawah.org/wp-content/uploads/2019/10/Iraq-Musawah-Thematic-Repor t-CEDAW74-2019.pdf, Zugriff 17.8.2023 ■ OHCHR - Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (11.11.2019): UN women’s rights experts issue findings on Andorra, Bosnia and Herzegovina, Cambodia, Iraq, Kaza khstan, Lithuania, and Seychelles, https://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.as px?NewsID=25277&LangID=E, Zugriff 1.4.2021 ■ STC - Save the Children (25.6.2021): Married by exception: Child marriage policies in the Middle East and North Africa, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/married_by_exception.pdf , Zugriff 17.8.2023 ■ UKHO - United Kingdom Home Office [United Kingdom] (3.2021): Country Policy and Information Note Iraq: ‘Honour’ crimes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2048206/Iraq_-_Honour_Crimes_-_ CPIN_-_v2.0_-_March_2021_-_EXT.pdf , Zugriff 17.8.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089064.html, Zugriff 11.7.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048100.html, Zugriff 11.7.2023 19.1.4 Ehrenverbrechen an Frauen Letzte Änderung 2023-10-09 15:03 Als Ehrenverbrechen werden Vorfälle wie Gewalt, Gewaltandrohung, Einschüchterung, Nöti gung oder Missbrauch (einschließlich psychologischem, körperlichem, sexuellem, finanziellem oder emotionalem Missbrauch) bezeichnet, die zum Schutz oder zur Verteidigung der Ehre einer Einzelperson, einer Familie und/oder einer Gemeinschaft begangen werden, wegen angeblicher oder vermeintlicher Verstöße gegen den Verhaltenskodex der Familie und/oder der Gemein schaft (CPS 9.2019), bzw. weil „ Schande“ über die Familie oder den Stamm gebracht wurde. Ehrenverbrechen werden oft in Form von Mord begangen, obwohl sie auch andere Arten der Gewalt umfassen können, wie z. B. körperliche Misshandlung, Einsperren, Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Entzug von Bildung, Zwangsverheiratung, erzwungener Selbstmord und öffentliche Schändung bzw. „ Entehrung“ (MRG 11.2015, S.26). Die Familien- und die individu elle Ehre wird ausschließlich von Männern gehalten und kann verloren oder wiedergewonnen werden. Frauen dagegen können nur eine Quelle der Familien- oder individuellen „ Schande“ sein, und können nicht aktiv Ehre in ihre Familie oder ihren Stamm bringen (TCF 7.11.2019). Ehrendelikte werden überwiegend von männlichen Familienmitgliedern gegen weibliche Fami lienmitglieder verübt, obwohl gelegentlich auch Männer Opfer solcher Gewalt werden können. Ehrenverbrechen werden meist begangen, nachdem eine Frau eines der folgenden Dinge getan 211

hat bzw. dessen verdächtigt wird: Freundschaft oder voreheliche Beziehung mit einem Mann; Weigerung, einen von der Familie ausgewählten Mann zu heiraten; Heirat gegen den Willen der Familie; Ehebruch; Opfer einer Vergewaltigung oder Entführung geworden zu sein. Solche Ver letzungen der Ehre werden als unverzeihlich angesehen. In den meisten Fällen wird die Tötung der Frau, manchmal auch die des Mannes, als der einzige Weg gesehen, die Ehrverletzung zu sühnen (MRG 11.2015, S.26). Ehrenmorde bleiben weiterhin ein Problem und kommen in allen Landesteilen vor (USDOS 20.3.2023; vgl. AA 28.10.2022, S.12, DFAT 16.1.2023, S.30), ohne Beschränkung auf bestimm te ethnische oder religiöse Gruppen (EUAA 6.2022, S.110). Das Ausmaß der Ehrenmorde ist aufgrund einer hohen Dunkelziffer nicht bekannt (UKHO 3.2021, S.6). Die Mehrheit der Opfer sind jedoch Frauen (DFAT 16.1.2023, S.30). UNAMI berichtete 2018, dass jedes Jahr mehrere hundert Frauen durch Ehrenmorde sterben. Einige Familien sollen Ehrenmorde so arrangiert haben, dass sie wie Selbstmord aussehen (UKHO 3.2021, S.18; vgl. USDOS 20.3.2023, DFAT 16.1.2023, S.30). Obwohl einige Gemeinschaften Dekrete erlassen und Schritte unternommen haben, um Frauen von der vermeintlichen Schuld freizusprechen, die mit ihrer sexuellen Aus beutung durch Kämpfer des Islamischen Staats (IS) verbunden ist, bleiben Ehrenmorde ein Risiko (USDOS 20.3.2023). Das Strafgesetzbuch des Irak sieht für Gewalttaten aus „ ehrenhaften Motiven“, inklusive Ehren morde, milde, reduzierte Strafen vor (FH 24.2.2022; vgl. HRW 12.1.2023, STC 25.6.2021, S.14, AA 28.10.2022, S.12, AI 3.2.2023). In Fällen von Gewalt gegen Frauen erlaubt das irakische Recht zudem den Grund der „ Ehre“ als rechtmäßige Verteidigung. Wenn ein Mann des Mordes an einer Frau angeklagt wird, die er getötet haben soll, weil sie des Ehebruchs verdächtigt wor den war, begrenzt das Gesetz seine mögliche Strafe auf maximal drei Jahre Gefängnis (USDOS 20.3.2023; vgl. DFAT 16.1.2023, S.30). Strafen für Ehrenverbrechen sind selten (FH 24.2.2022; vgl. EASO 1.2021, S.81). In der Kurdistan Region Irak (KRI) wurdenEhrenmorde durch eine Abänderung des irakischen Strafrechts im Jahr 2015 anderen Morden strafrechtlich gleichgestellt. In einigen gesellschaftli chen Gruppen gilt der „ Ehrenmord“ aber immer noch als rechtfertigbar (AA 28.10.2022, S.12). Offizielle Daten der Kurdischen Regionalregierung (KRG) nennen in der KRI 50 Ehrenmorde im Jahr 2017, 46 im Jahr 2018 und 120 im Jahr 2019 (BS 23.2.2022, S.14). Die Generaldirektion für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen des Innenministeriums der KRG hat für das erste Halbjahr 2022 22 Fälle von Ehrenmord bestätigt (USDOS 20.3.2023). Im übrigen Irak werden Tötungen in der Familie von den Behörden nur unzureichend gemeldet, weshalb es keine ge nauen Daten über geschlechtsspezifische Gewalt gibt. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass die Situation für Frauen im föderalen Irak schlechter ist als in der KRI (BS 23.2.2022, S.14). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (28.10.2022): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2022), https://www.ecoi.net/e n/file/local/2082728/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_ 212

Lage_in_der_Republik_Irak_(Stand_Oktober_2022),_28.10.2022.pdf , Zugriff 23.3.2023 [Login erforderlich] ■ AI - Amnesty International (3.2.2023): Iraq: Action must be taken on gender-based violence after murder of Tiba Ali by her father, https://www.ecoi.net/en/document/2086428.html, Zugriff 24.2.2023 ■ BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/l ocal/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 11.7.2023 ■ CPS - Crown Prosecution Service, The [UK] (9.2019): So-Called Honour-Based Abuse and Forced Marriage: Guidance on Identifying and Flagging cases, https://www.cps.gov.uk/legal-guidance/ so-called-honour-based-abuse-and-forced-marriage-guidance-identifying-and-flagging , Zugriff 19.1.2023 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (16.1.2023): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2085737/country-information-report-iraq.pdf , Zugriff 2.2.2023 ■ EASO - European Asylum Support Office (1.2021): Country Guidance Iraq: Common analysis and guidance note, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045437/Country_Guidance_Iraq_2021.pdf, Zugriff 25.8.2023 ■ EUAA - European Union Agency for Asylum (6.2022): Country Guidance: Iraq; Common analysis and guidance note, https://www.ecoi.net/en/file/local/2076349/2022_06_Country_Guidance_Iraq.pdf , Zugriff 16.8.2023 ■ FH - Freedom House (24.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2068634.html, Zugriff 11.7.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/docu ment/2085461.html, Zugriff 15.2.2023 ■ MRG - Minority Rights Group (11.2015): The Lost Women of Iraq: Family-based violence during armed conflict, https://minorityrights.org/wp-content/uploads/2015/11/MRG-report-A4_OCTOBE R-2015_WEB.pdf, Zugriff 17.8.2023 ■ STC - Save the Children (25.6.2021): Married by exception: Child marriage policies in the Middle East and North Africa, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/married_by_exception.pdf , Zugriff 17.8.2023 ■ TCF - The Century Foundation (7.11.2019): Tribal Justice in a Fragile Iraq, https://tcf.org/content/re port/tribal-justice-fragile-iraq/?agreed=1 , Zugriff 16.8.2023 ■ UKHO - United Kingdom Home Office [United Kingdom] (3.2021): Country Policy and Information Note Iraq: ‘Honour’ crimes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2048206/Iraq_-_Honour_Crimes_-_ CPIN_-_v2.0_-_March_2021_-_EXT.pdf , Zugriff 17.8.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089064.html, Zugriff 11.7.2023 19.1.5 Genitalverstümmelung (FGM – Female Genital Mutilation) Letzte Änderung 2023-10-09 15:04 In Teilen des Nordirak kommt es immer noch zu Genitalverstümmelungen bei Frauen (FGM) (AA 28.10.2022, S.13). Sie ist in der Kurdistan Region Irak (KRI) weit verbreitet (BS 23.2.2022, S.15), wo sie insbesondere in den ländlichen Gebieten von Erbil und Sulaymaniyah vorkommt (USDOS 12.4.2022; vgl. DFAT 16.1.2023, S.31). Im föderalen Irak ist FGM nicht üblich (US DOS 20.3.2023; vgl. BS 23.2.2022, S.15), ist aber insbesondere im ländlichen Kirkuk (USDOS 12.4.2022; vgl. DFAT 16.1.2023, S.31), in der arabischen und turkmenischen Bevölkerung prä sent, wenn auch in geringerem Ausmaß (AA 28.10.2022, S.13). Seit 2011 stellt ein Gesetz in der KRI die FGM unter Strafe (AA 28.10.2022, S.13; vgl. UKHO 3.2021, S.14, KPI 21.6.2011, S1-2, DFAT 16.1.2023, S.31). Mutmaßlich als Folge dieses Ver bots ist FGM in der KRI zurückgegangen (USDOS 20.3.2023). Im föderalen Irak gibt es bisher keine staatlichen Anstrengungen zur Bekämpfung von FGM (AA 28.10.2022, S.13; vgl. DFAT 16.1.2023, S.31). 213

Das Thema der FGM von Mädchen und Frauen im Irak war lange Zeit ein Tabu, über das kaum gesprochen wurde (UKHO 2.2020, S.10; vgl. MRG 11.2015, S.31). Erst als durch Studien die alarmierend hohe FGM-Rate im kurdischen Norden aufgezeigt wurde, hat sich dies geändert (MRG 11.2015, S.31). Eine Umfrage aus dem Jahr 2016 ergab, dass fast 45 % der befragten Frauen in der KRI FGM ausgesetzt waren, (DFAT 17.8.2020, S.45). Einer Untersuchung aus 2018 zufolge wurden etwa 7,4 % der irakischen Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren einer FGM unterzogen. In der KRI waren es 37,5 %, im Zentral- und Südirak hingegen nur 0,4 %. Bei Mädchen im Alter von 0 bis 14 Jahren ist der Prozentsatz mittlerweile auf 1 % gesunken, bzw. auf 3 % in der KRI (UNICEF 6.12.2018, S.53). In Erbil waren 2018 etwa 50,1 % der Frauen vom FGM betroffen, in Sulaymaniyah waren es 45,1 %. In Dohuk hingegen nur etwa 3,1 % (BMCWH 1.4.2021). Auch unter Binnenvertriebenen (IDPs) wird FGM noch praktiziert (DFAT 17.8.2020, S.45). Allerdings geht die FGM-Rate kontinuierlich zurück (USDOS 20.3.2023; vgl. BMCWH 1.4.2021). Die UNO arbeitet mit Regierungsinstitutionen und lokalen NGOs zusammen, um FGM durch Sen sibilisierungskampagnen zu verhindern (UNICEF 6.2.2019). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (28.10.2022): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2022), https://www.ecoi.net/e n/file/local/2082728/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_ Lage_in_der_Republik_Irak_(Stand_Oktober_2022),_28.10.2022.pdf , Zugriff 23.3.2023 [Login erforderlich] ■ BMCWH - BMC Women’s Health (1.4.2021): Changes in the prevalence and trends of female genital mutilation in Iraqi Kurdistan Region between 2011 and 2018, https://bmcwomenshealth.biomedcent ral.com/articles/10.1186/s12905-021-01282-9 , Zugriff 17.8.2023 ■ BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/l ocal/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 11.7.2023 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (16.1.2023): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2085737/country-information-report-iraq.pdf , Zugriff 2.2.2023 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf , Zugriff 20.6.2023 ■ KPI - Kurdistan Parliament - Iraq [Irak] (21.6.2011): Act No. 8 from 2011, The Act of Combating Domestic Violence in Kurdistan Region-Iraq, http://www.ekrg.org/files/pdf/combat_domestic_viole nce_english.pdf, Zugriff 17.8.2023 ■ MRG - Minority Rights Group (11.2015): The Lost Women of Iraq: Family-based violence during armed conflict, https://minorityrights.org/wp-content/uploads/2015/11/MRG-report-A4_OCTOBE R-2015_WEB.pdf, Zugriff 17.8.2023 ■ UKHO - United Kingdom Home Office [United Kingdom] (3.2021): Country Policy and Information Note Iraq: ‘Honour’ crimes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2048206/Iraq_-_Honour_Crimes_-_ CPIN_-_v2.0_-_March_2021_-_EXT.pdf , Zugriff 17.8.2023 ■ UKHO - United Kingdom Home Office [United Kingdom] (2.2020): Country Policy and Information Note Iraq: Blood feuds, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025236/Iraq_-_Blood_Feuds_-_CPIN_v 2.0_-_Feb_2020_-_EXT__004_.pdf, Zugriff 16.8.2023 ■ UNICEF - United Nations International Children’s Emergency Fund (6.2.2019): Protecting Girls in Iraq from Female Genital Mutilation, https://www.unicef.org/iraq/press-releases/protecting-girls-ira q-female-genital-mutilation , Zugriff 17.8.2023 214

■ UNICEF - United Nations International Children’s Emergency Fund (6.12.2018): 2018 Muliple Indic ator Cluster Survey (MICS6) Briefing, https://www.unicef.org/iraq/media/481/file/MICS6.pdf, Zugriff 1.4.2021 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089064.html, Zugriff 11.7.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 24.8.2023 19.1.6 Weibliche Familienoberhäupter: Witwen, Geschiedene, alleinstehende Frauen Letzte Änderung 2023-10-09 15:10 Etwa 10 % aller irakischen Haushalte werden von einem weiblichen Haushaltsvorstand geführt (DFAT 16.1.2023, S.29; vgl. REACH 2.6.2021, S.1). Es handelt sich dabei um Witwen, Geschie dene und Frauen, die kranke oder behinderte Ehepartner betreuen. Diese Frauen sind in hohem Maße von Armut, Ernährungsunsicherheit, Vertreibung, Zwangsräumung sowie sexueller Be lästigung und Missbrauch bedroht. Alleinerziehende Mütter und Frauen, die allein leben, werden stigmatisiert (DFAT 16.1.2023, S.29-30). Einer Studie von IOM zufolge, bei der von Ende 2019 bis Anfang 2020 ca. 4.000 Haushalte befragt wurden, die 2014/2015 vertrieben wurden, bleiben Haushalte mit weiblichem Haushalts vorstand länger binnenvertrieben (IDPs) als Haushalte mit einem männlichen Haushaltsvorstand. Bei der Untersuchung waren fünf Jahre nach der ursprünglichen Vertreibung rund 70 % der weiblich geführten Haushalte nach wie vor IDPs (bei den männlich geführten Haushalten nur 62 %). (IOM 23.9.2020, S.5). Weiblich geführte Haushalte haben nicht unbedingt Zugang zu Fi nanzanlagen, Sozialleistungen oder dem öffentlichen Verteilungssystem (PDS) (FIS 22.5.2018, S.38). Laut der genannten Studie von IOM erhalten nur etwa 10 % der weiblich geführten IDP-Haushalte Unterstützung, bei männlich geführten IDP-Haushalten waren es nur 7 % (IOM 23.9.2020, S.5). Viele sind auf Unterstützung durch ihre Familien (FIS 22.5.2018, S.38; vgl. IOM 23.9.2020, S.5), Behörden und NGOs angewiesen (FIS 22.5.2018, S.38). Soziale Netzwerke, Familie, Nachbarn und Freunde sind für das Wohlergehen und Überleben entscheidend (IOM 23.9.2020, S.5). Bei fast 70% der untersuchten Haushalte handelt es sich um Witwen. Wenn der Tod des Ehemannes dokumentiert ist, kann die Familie die staatliche Sozialhilfe für Witwen und Waisen sowie, wenn dieser eine staatliche Stelle innehatte, die Rente des Ehemannes in Anspruch nehmen. Frauen mit niedrigem Bildungsniveau und funktionale Analphabeten (41 % der untersuchten Haushalte mit weiblichem Haushaltsvorstand) finden es eine Herausforderung, sich in bürokratischen Systemen zurechtzufinden, insbesondere im Fall von Vertreibung (IOM 23.9.2020, S.17). Es gibt unterschiedliche Angaben über den Anteil der berufstätigen weiblichen Haushaltsvor stände: Einer Quelle zufolge sind nur 2 %der weiblichen Haushaltsvorstände erwerbstätig und haben ein festes Gehalt, während weitere 6 %informell arbeiten und kein regelmäßiges Ein kommen haben (DFAT 17.8.2020, S.45). Der bereits genannten IOM-Studie zufolge, bei der 2014/2015 vertriebene Haushalte nach fünf Jahren befragt wurden, sind etwa 13,5 % der weib lichen Haushaltsvorstände berufstätig. Rund 12,8 % haben sich aus dem Berufsleben zurück gezogen. 67,7 % sind als Hausfrauen tätig. 1,4 % sind auf Arbeitssuche, weitere 4,6 % sind aus 215
