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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Parlament umfasst 111 Mandatare, die alle vier Jahre gewählt werden (FH 2023).Im aktuellen Parlament, das im November 2018 gewählt wurde, sind sechzehn Parteien und Listen vertreten. Die größten Parteien sind die KDP mit 45 Mandaten, die PUK mit 21 und Gorran mit 12 (KPI o.D.). Insgesamt sind elf Parlamentssitze für ethnische und konfessionelle Minderheiten reserviert. Je fünf der Sitze sind für Turkmenen und Christen reserviert, einer für Armenier (FH 2023; vgl. KPI o.D.). Laut Gesetz müssen mindestens 30 % der Sitze von Frauen gehalten werden (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023). Religiöse Einmischung in die Politik ist in der KRI weitgehend nicht existent (BS 23.2.2022, S.9). Artikel 140 der irakischen Verfassung aus dem Jahr 2005 sieht eine Lösung der Frage um die sogenannten umstrittenen Gebiete, Regionen in den Gouvernements Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din vor (Rudaw 11.11.2020). Artikel 58 beinhaltet Maßnahmen, die darauf abzielen, die unter der Herrschaft von Saddam Hussein durchgeführte Arabisierungspolitik zu korrigieren (Rudaw 30.7.2019; vgl. Rudaw 11.11.2020). Die Frage von Artikel 140 hätte bis spätestens 2007 durch ein Referendum geregelt werden sollen, bei dem die Einwohner des Gebietes entscheiden sollten, ob sie sich der Region Kurdistan anschließen oder an die föderale irakische Regierung gebunden bleiben wollten, es wurde jedoch nie umgesetzt (Rudaw 11.11.2020). Im Juli 2019 stellt das Oberste Bundesgericht des Irak fest, dass Artikel 140 und Artikel 58 der Übergangsregierung (2005/2006) nach wie vor umzusetzen sind (Rudaw 30.7.2019). In einer Sitzung des Verfassungsausschusses im Jahr 2020 haben einige schiitische Mitglieder die Meinung geäußert, dass Artikel 140 aus der Verfassung gestrichen werden sollte (Rudaw 11.11.2020). Im Jahr 2017 hat die Kurdische Regionalregierung (KRG) zu einem Referendum über die Unab hängigkeit Kurdistans aufgerufen, welches vom irakischen Höchstgericht für verfassungswidrig erklärt wurde (MD 20.11.2022). Dieses Unabhängigkeitsreferendum, bei dem sich rund 93 % der Wähler für die Unabhängigkeit aussprachen (MD 20.11.2022; vgl. FH 3.3.2021b), war an geblich durch Einschüchterung und Betrug beeinträchtigt (FH 3.3.2021b). Im Nachgang zum Unabhängigkeitsreferendum hat die irakische Armee die umstrittenen Gebiete, welche nach dem Zurückdrängen des Islamischen Staates (IS) unter kurdischer Kontrolle standen, im Herbst 2017 größtenteils wieder unter ihre Kontrolle gebracht (AA 28.10.2022, S.16). In weiten Teilen haben die Peshmerga sich zwar weitgehend kampflos zurückgezogen, es gab jedoch auch teils schwere bewaffnete Auseinandersetzungen mit Opfern auf beiden Seiten (AA 14.10.2020, S.10). Als Folge des Referendums war Masoud Barzani gezwungen, von seinem Amt als Präsident der KRI zurückzutreten. Er wurde durch seinen Neffen Nechirvan Barzani ersetzt. Dieser er nannte wiederum seinen Cousin und Sohn Masouds, Masrour Barzani, zu seinem Nachfolger als Premierminister der KRG (MD 20.11.2022). Seither ist die Lage in den umstrittenen Gebie ten generell angespannt. Es gibt Meldungen von Landbesetzungen und Vertreibung kurdischer Bevölkerungsteile durch Araber einerseits und großen Vorbehalten der dort lebenden Kurden und religiösen Minderheiten gegen die schiitischen Volksmobilisierungskräfte (PMF-Milizen) andererseits (AA 28.10.2022, S.16). 17

Die Beziehungen zwischen dem föderalen Irak und der KRI haben sich während der Amtszeit von Premierminister al-Kadhimi zwar verbessert, bleiben jedoch angespannt. Grund hierfür sind un ter anderem die ausbleibenden, ungeklärten Transferleistungen aus dem föderalen Irak, welche die finanzielle Lage der Bevölkerung in der KRI verschlechtern. Insbesondere die Verabschie dung eines Gesetzes, das die Festschreibung des KRI-Anteils am irakischen Gesamthaushalt an die Überweisung von Öl- und Zolleinnahmen der KRI an den föderalen Irak bindet, bleibt ein Streitpunkt (AA 28.10.2022, S.4-5). Am 12.11.2020 verabschiedete das irakische Parlament zudem ein Budget-Defizitgesetz in Abwesenheit der Vertreter der KRI, welche die Sitzung boy kottierten. Die KRI wird darin aufgefordert, ihre gesamten Einnahmen, insbesondere auch jene aus dem Ölsektor, an die föderale Regierung abzugeben, um vom Staatshaushalt zu profitieren (K24 12.11.2020). Am 15.2.2022 hat das Oberste Bundesgericht das Öl- und Gasgesetz Nr. 22/2007 der KRG für verfassungswidrig erklärt und beschlossen, dass die KRG verpflichtet sei, die gesamte Ölproduktion aus den Ölfeldern in der KRI und aus anderen Gebieten, aus denen das Ministerium für Naturressourcen der KRG Öl gefördert hat, abzuliefern. Auch habe das irakische Ölministerium das Recht, alle mit der KRG abgeschlossenen Ölverträge über den Export und den Verkauf von Öl und Gas zu überprüfen (FSC-I 16.2.2022). Die KRG erklärte die Entscheidung für verfassungswidrig und hat angekündigt, alle verfassungsmäßigen, rechtli chen und gerichtlichen Maßnahmen zu ergreifen, um alle im Öl- und Gassektor geschlossenen Verträge zu schützen und zu wahren (Gov.KRD 15.2.2022). Dagegen verbesserte sich die Sicherheitskooperation im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) leicht (AA 28.10.2022, S.4). Zudem unterzeichneten Bagdad und Erbil im Oktober 2020 eine Übereinkunft zu Sinjar [Shengal], die sich eine rasche Verbesserung der Sicherheitslage und Klärung der Verwaltungsverantwortlichkeiten zum Ziel setzt (AA 22.1.2021, S.6). In Abstimmung mit der UN-Unterstützungsmission für den Irak (UNAMI) hat das Abkommen die föderale Regie rung gestärkt und den Weg für den Wiederaufbau im Sinjar-Distrikt geebnet. Allerdings nehmen die Jesiden-Vertreter eine ablehnende Haltung ein, da sie in die Verhandlungen nicht einbezo gen wurden. Das Abkommen sieht die Beseitigung der bewaffneten Gruppen in der Region vor, einschließlich der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der PMF-Kräfte (AlMon 13.10.2020). Nachdem die KRI 1991 ihre de-facto-Autonomie vom Irak Saddam Husseins erlangt hatte, hat sie sich zu einem politischen Duopol zurückentwickelt, das insbesondere von den beiden familienzentrierten Parteien, der KDP und der PUK, beherrscht wird (MEI 24.2.2021). Den de mokratischen Institutionen der KRI fehlt die Kraft, den Einfluss der langjährigen Machthaber einzudämmen (FH 2023). Diese beiden Parteien kontrollieren die staatlichen Institutionen auf al len Ebenen, dazu das Militär und die inneren Sicherheitskräfte (MEI 24.2.2021). Beide verfügen etwa auch über eigene bewaffnete Peshmerga-Einheiten (AA 28.10.2022, S.7; vgl. BS 23.2.2022, S.37). Diese sollten eigentlich unter dem gemeinsamen Kommando des Peshmerga-Ministeri ums der KRG stehen (AA 28.10.2022, S.7). Die KDP und die PUK haben die demokratischen Grundsätze der Regierungsbildung häufig untergraben (BS 29.4.2020, S.14), und versuchen einen echten demokratischen Diskurs zu verhindern, indem sie den freien Zugang zu staat lichen Informationen einschränken, kritische Journalisten und politische Aktivisten verhaften und ihnen nahestehende Medienunternehmen finanzieren. Darüber hinaus beaufsichtigen sie 18

ein weitverbreitetes Klientelsystem, das durch die Ölindustrie der Region und Budgettransfers der irakischen Regierung angeheizt wird. Überdies werden Arbeitsplätze im öffentlichen Sek tor an diejenigen vergeben, die als politisch loyal gelten, und Aufträge werden an parteinahe Unternehmen vergeben (MEI 24.2.2021). Die KDP hat ihr Machtzentrum in Erbil, die PUK ihres in Sulaymaniyah (CRS 18.5.2022). Bei den letzten Wahlen in der KRI im September 2018 gewannen KDP und PUK die meisten Sitze. Darüber hinaus sind sie auch die stärksten kurdischen Parteien im Repräsentantenrat des föde ralen Irak (CRS 18.5.2022). Die Wahlen von 2018 wurden von Betrugsvorwürfen und anderen Unregelmäßigkeiten überschattet. Die Gorran-Partei sowie andere kleinere Parteien lehnten das Ergebnis ab (FH 2023). Im Juli 2019 erfolgte schließlich die Angelobung der neuen kurdischen Regionalregierung, bestehend aus einer Koalition zwischen KDP, PUK und Gorran (ÖB Bagdad 20.11.2022, S.5). Die Gorran (Wandel) -Bewegung wurde 2009 gegründet (Amwaj 18.1.2022; vgl. TWI 8.7.2019), als Abspaltung von der PUK (TWI 8.7.2019). Bei ihrem ersten Wahlantritt 2009 gewann Gor ran auf Anhieb 25 Sitze im kurdischen Parlament(TWI 8.7.2019; vgl. Amwaj 18.1.2022). 2013 erreichte Gorran 24 Mandate (FIKDP 31.10.2018) und ging 2014 eine Koalition mit KDP und PUK ein (TWI 8.7.2019; vgl. Amwaj 18.1.2022). 2018 fielen Gorrans Mandate auf 12 (FIKDP 31.10.2018). Bei ihrem Antreten bei den föderalen irakischen Wahlen vom Oktober 2021 erhielt Gorran erstmals keine Sitze (Amwaj 18.1.2022). Die Bewegung der Neuen Generation (NGM) unterstützt die meisten Protestbewegungen in der KRI und stellt sich entschieden gegen das KDP-PUK Duopol (Amwaj 18.1.2022). 2018 trat sie erstmals bei den kurdischen Parlamentswahlen an und erreichte acht Sitze (FIKDP 31.10.2018). Bei den föderalen irakischen Wahlen vom Oktober 2021 wurde die NGM die drittstärkste kurdi sche Partei (Amwaj 18.1.2022). Die nächsten kurdischen Parlamentswahlen waren ursprünglich für Oktober 2022 vorgesehen (ÖB Bagdad 20.11.2022, S.5; vgl. FH 2023, Rudaw 23.7.2023). Politische Uneinigkeit zwischen der KDP und der PUK über die Bildung des Wahlausschusses führten allerdings zu einer Ab sage dieses Termins (FH 2023; vgl. Rudaw 23.7.2023), sodass die Amtszeit des Parlaments um ein weiteres Jahr verlängert wurde. Im Mai 2023 entschied jedoch das Oberste Gericht des Irak gegen den Beschluss des kurdischen Parlaments, seine Amtszeit zu verlängern und dass die Selbstverlängerung verfassungswidrig sei (Rudaw 23.7.2023). Per präsidialem Dekret wurden die nächsten Parlaments- und Präsidentenwahlen für den 18.11.2023 festgesetzt (AN 26.3.2023). Da die Unabhängige Hohe Wahlkommission des Irak (IHEC) jedoch erklärt hat, die Wahlen weder am 18. November, noch zeitgleich mit den föderalirakischen Wahlen vom 18. De zember abhalten zu können, wurde der 18.2.2024 als Ersatzwahltermin vorgeschlagen (Rudaw 23.7.2023). Dieser wurde schließlich per neuerlichem präsidialem Dekret auf den 10.6.2024 gelegt (Pres.KRD 3.3.2024). Nach einer Klage zweier PUK-Politiker und einer christlichen Partei aus Sulaymaniyah ge gen das 1992 verabschiedete und zuletzt 2013 adaptierte Wahlgesetz, erklärte das irakische Höchstgericht, dass die Quotenregelung, der zufolge elf der 111 kurdischen Parlamentssitze 19

für Minderheiten reserviert seien, als verfassungswidrig. Folglich sind Minderheitsparteien nun gezwungen ihre Kandidaten gegen jene von finanziell besser ausgestatteten, etablierten kurdi schen politischen Parteien aufzustellen (Rudaw 25.2.2024). Föderalirakische Wahlen zum Provinzrat Im Juli 2023 riefen die kurdischen Parteien Kirkuks dazu auf, sich für die föderalirakischen Wahlen zum Provinzrat in einer Koalition zusammenzuschließen, um „ die Zukunft Kirkuks nicht durch Zersplitterung und getrennte Blöcke zu gefährden“. Die PUK kündigte ihre Bereitschaft an, sich der Front anzuschließen, doch die KDP erklärte, sie wolle nicht in einem Block mit ihrem langjährigen Rivalen sein. Die PUK schloss sich daraufhin mit der Kommunistischen Partei Kur distans zu einer Koalition mit dem Namen „ Kirkuk ist unsere Stärke und unser Wille“ zusammen, während die KDP beschloss, allein an den Wahlen teilzunehmen (Rudaw 18.12.2023). Bei den Wahlen vom 18.12.2023 erzielte die KDP in Kirkuk zwei und die „ Kirkuk ist unsere Stärke und unser Wille“-Koalition fünf der 14 Sitze (Shafaq 28.12.2023; vgl. Bas 28.12.2023). In Folge des Wahlergebnisses beanspruchen mehrere Gruppen den Gouverneursposten von Kirkuk für sich: Einerseits das kurdische Bündnis zwischen der PUK und der Kommunistischen Partei Kurdistans, welches die meisten Stimmen erhielt, andererseits aber auch die arabischen Sunniten, die die zweitmeisten Stimmen errangen und die drittgereihten Turkmenen (Alaraby 7.2.2024). Der Chef der arabischen Koalition in Kirkuk kündigte die Bildung eines einheitlichen arabischen Blocks im Provinzrat von Kirkuk an. Der Block umfasst die Gewinner, Rakan Saeed al-Jubouri, Ahmed al-Hamdani, Muhammad Ibrahim, Raad Saleh, Salwa al-Mufarji und Sheikh Dhaher Anwar al-Asi, Vertreter der Arabischen Allianz, der Qiyada-Allianz und der Allianz für Arabismus (NINA 30.12.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (28.10.2022): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2022), https://www.ecoi.net/e n/file/local/2082728/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_ Lage_in_der_Republik_Irak_(Stand_Oktober_2022),_28.10.2022.pdf , Zugriff 23.3.2023 [Login erforderlich] ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und ab schiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/file /local/2057645/Deutschland___Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungs relevante_Lage_in_der_Republik_Irak_(Stand_Januar_2021),_22.01.2021.pdf , Zugriff 21.7.2023 [Login erforderlich] ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (14.10.2020): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/l ocal/2040689/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_ der_Republik_Irak_(Stand_März_2020),_14.10.2020.pdf, Zugriff 11.7.2023 [Login erforderlich] ■ Alaraby - New Arab, The (7.2.2024): Iraq elects local governments, challenges persist in Kirkuk and Diyala, https://www.newarab.com/news/iraq-elects-local-governments-disputes-persist-kirkuk , Zugriff 28.2.2024 ■ Alaraby - New Arab, The (13.3.2023): Iraqi cabinet approves Halabja as Iraq’s 19th governorate, https://www.newarab.com/news/halabja-becomes-iraqs-newest-governorate , Zugriff 22.1.2024 ■ AlMon - Al Monitor (13.10.2020): Baghdad, Erbil reach security, administrative agreement on Sinjar district, https://www.al-monitor.com/originals/2020/10/iraq-erbil-kurdistan-krg-baghdad-sinjar-ninev eh-yazidis.html, Zugriff 28.8.2023 20

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■ Rudaw - Rudaw Media Network (23.7.2023): Kurdish parliamentary elections to be held no later than February: Official, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/23072023, Zugriff 4.3.2024 ■ Rudaw - Rudaw Media Network (11.11.2020): Iraqi Shiite MPs call to abolish disputed territories resolution article from constitution: MP, https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/111120201, Zugriff 28.8.2023 ■ Rudaw - Rudaw Media Network (30.7.2019): Territories remain disputed, Article 140 can be imple mented: Iraqi federal court, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/300720192, Zugriff 28.8.2023 ■ Shafaq - Shafaq News (28.12.2023): IHEC announces final results in all governorates: 41% of Iraqis participating in the provincial elections, https://shafaq.com/en/Iraq-News/IHEC-announces-final-res ults-in-all-governorates-41-of-Iraqis-participating-in-the-provincial-elections , Zugriff 31.1.2024 ■ TWI - Washington Institute for Near East Policy, The (8.7.2019): Gorran and the End of Populism in the Kurdistan Region of Iraq, https://www.washingtoninstitute.org/fikraforum/view/gorran-and-the-e nd-of-populism-in-the-kurdistan-region-of-iraq , Zugriff 28.8.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089064.html, Zugriff 11.7.2023 5 Sicherheitslage Letzte Änderung 2024-03-27 14:27 Die Sicherheitslage im Irak hat sich seit dem Ende der groß angelegten Kämpfe gegen den Islamischen Staat (IS) erheblich verbessert (FH 2023). Es ist staatlichen Stellen jedoch nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Dies gilt insbesondere für den Zen tralirak außerhalb der Hauptstadt (AA 28.10.2022, S. 7). Im Jahr 2022 blieb die Sicherheitslage in vielen Gebieten des Irak instabil. Die Gründe dafür liegen in sporadischen Angriffen durch den IS, in Kämpfen zwischen den irakischen Sicherheitskräften (ISF) und dem IS in abgelegenen Gebieten des Irak, die nicht vollständig unter der Kontrolle der Regierung einschließlich PMF stehen, sowie in ethno-konfessioneller und finanziell motivierter Gewalt (USDOS 20.3.2023). Auch die Spannungen zwischen Iran und den USA, die am 3.1.2020 in der gezielten Tötung von Qasem Soleimani, Kommandant des Korps der Islamischen Revolutionsgarden und der Quds Force, und Abu Mahdi al-Muhandis, Gründer der Kata’ib Hisbollah und de facto-Anführer der Volksmobilisierungskräfte, bei einem Militärschlag am Internationalen Flughafen von Bagdad gipfelten, haben einen destabilisierenden Einfluss auf den Irak (DIIS 23.6.2021). Im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 28.10.2022, S. 14). Der IS ist zwar offiziell besiegt, stellt aber weiterhin eine Bedrohung dar. Es besteht die Sorge, dass die Gruppe wieder an Stärke gewinnt (DIIS 23.6.2021). Die Überreste des IS zählen zu den primären terroristischen Bedrohungen im Irak[siehe Kapitel: Islamischer Staat (IS)] (USDOS 27.2.2023a). Die Regierungen in Bagdad und Erbil haben im Mai 2021 eine Vereinbarung über den gemein samen Einsatz ihrer Sicherheitskräfte (ISF und der Peshmerga) in den Sicherheitslücken zwi schen den von ihnen kontrollierten Gebieten getroffen. Seitdem wurden mehrere „ Gemeinsame Koordinationszentren“ eingerichtet (Rudaw 21.6.2021). In vier neuen Gemeinsamen Koordinati onszentren, in Makhmur, in Diyala, in Kirkuks K1-Militärbasis und in Ninewa, arbeiten kurdische 22

und irakische Kräfte zusammen und tauschen Informationen aus, um den IS in diesen Gebieten zu bekämpfen (Rudaw 25.5.2021). Es wurden zwei koordinierte Brigaden aufgestellt, die die Sicherheitslücken zwischen den ISF und den Peshmerga eindämmen sollen, die sich von Kha naqin in Diyala bis zum Sahila-Gebiet nahe der syrischen Grenze erstrecken, wobei aufgrund der geringen Mannschaftsstärke Zweifel an ihrer Effektivität zur Eindämmung des IS in den betroffenen Gebieten erhoben werden (Shafaq 17.8.2023). Zusätzlich agieren insbesondere schiitische Milizen (Volksmobilisierungskräfte, PMF), aber auch sunnitische Stammesmilizen eigenmächtig und weitgehend ohne Kontrolle (AA 28.10.2022, S. 7-8). Die ursprünglich für den Kampf gegen den IS mobilisierten, mehrheitlich schiitischen und zum Teil von Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollier bar und stellen je nach Einsatzort und gegebenen lokalen Strukturen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar (AA 28.10.2022, S. 14). Die PMF haben erheblichen Ein fluss auf die wirtschaftliche, politische und sicherheitspolitische Lage im Irak und nutzen ihre Stellung zum Teil, um unter anderem ungestraft gegen Kritiker vorzugehen. Immer wieder wer den Aktivisten ermordet, welche die von Iran unterstützten PMF öffentlich kritisiert haben (DIIS 23.6.2021). Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest for maler Oberbefehl des Ministerpräsidenten, Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 28.10.2022, S. 14) [siehe Kapitel: Volksmobilisierungskräfte (PMF) / al-Hashd ash-Sha‘bi]. Verschiedene Gruppen im Irak haben unter dem Namen Islamischer Widerstand im Irak (Al- Muqawama al-Islamiyah fi al-Iraq; the Islamic Resistance in Iraq/ IRI) operierend, Angriffe auf die US-Streitkräfte ausgeführt (MEF 25.11.2023; vgl. TWI 21.10.2023), mit dem Ziel die USA zum Abzug aus dem Irak zu bewegen. Diese Gruppen sind im Allgemeinen darauf bedacht, In formationen über mögliche Verbindungen zu anderen Gruppen im Irak, insbesondere zu pro-ira nischen Gruppierungen, die Brigaden bei den PMF registriert haben, wie z. B. Kata’ib Hisbollah und Harakat Hezbollah an-Nujaba, geheim zu halten (MEF 25.11.2023). Es wird allgemein da von ausgegangen, dass einige der jungen, neu gegründeten Gruppen tatsächlich als Fassaden für bestehende PMF-Gruppen agieren. Der Kata’ib Hizbollah (KH) zugeschrieben werden Ahl al-Qura, Ahl al-Maruf, Qasim al-Jabarin, Raba’ Allah, Saraya Thawra al-Ashrin at-Thaniya und Usba at-Thairin. Der Asa’ib Ahl al-Haqq (AAH) zugeschrieben werden Ashab al-Kahf, Awliya ad-Dam und Saraya Abadil, der Harakat Hezbollah an-Nujaba (HHN) zugeschrieben wird die Fasil al-Muqawama al-Duwaliya. Die Gruppen Ahrar Sinjar und Liwa Thar al-Muhandis werden sowohl der KH als auch der AAH zugeschrieben, die Liwa Ahrar al-Iraq der AAH und der HHN (ACLED 23.5.2023). Seit Mitte 2019 und zunehmend nach der Tötung des iranischen Generals Qassim Soleimani und des stellvertretenden PMF-Vorsitzenden Abu Mahdi al-Muhandis durch die US-Streitkräfte im Januar 2020, haben vom Iran unterstützte Milizen zunehmend Operationen ausgeführt, die auf ausländische und inländische Ziele im Irak abzielten. Diese Angriffe werden mit Drohnen, Raketen und IEDs durchgeführt und haben drei Hauptziele mit einer deutlichen geografischen Verteilung: 1. Konvois, die Material für das US-Personal und die Streitkräfte der Globalen Koali tion gegen den IS transportieren, sowie Stützpunkte, in denen sie untergebracht sind, vor allem 23

im Zentral- und Südirak; 2. türkische Stützpunkte im Nordirak; und 3. angebliche „ unislamische“ Aktivitäten, vor allem rund um Bagdad.Zwischen Juni 2019 und März 2023 waren es mehr als 500 derartige Ereignisse (ACLED 23.5.2023). Quelle 3: ACLED 23.5.2023 Seit dem Ausbruch des Konflikts zwischen Israel und der Hamas im Oktober 2023 nehmen An griffe auf in der Region stationierte US-Truppen zu, insbesondere auch im Irak (MEF 25.11.2023; vgl. TWI 21.10.2023, Wing 6.11.2023). Die Angriffe werden durch Milizen verübt, die sich im Irak unter dem Sammelbegriff des Islamischen Widerstands im Irak (Al-Muqawama al-Islamiyah fi al-Iraq; the Islamic Resistance in Iraq/ IRI) zusammengeschlossen haben (TWI 21.10.2023). Im Irak sind diese für Dutzende Angriffe verantwortlich, darunter auf den Flughafen in Erbil, und die Luftwaffenstützpunkte al-Harir [Anm.: bei Erbil] und ’Ayn al-Asad [Anm.: in Anbar] (MEF 25.11.2023). Mit Stand Anfang Februar 2024 wurden über 160 Angriffe auf US-Truppen im Irak, 24

in Syrien und in Jordanien ausgeführt (REU 3.2.2024). Hierbei kamen am 29.1.2024 bei ei nem Drohnenangriff auf einen Stützpunkt in Jordanien, der vom Iran unterstützten militanten Gruppen, die in Syrien und im Irak operieren, zugeschrieben wird, erstmals seit Beginn des Gaza-Krieges drei US-Soldaten ums Leben, 34 weitere wurden verletzt. Der Iran weist seine Beteilung zurück (REU 29.1.2024). Es gibt Hinweise darauf, dass die Iranische Revolutionsgarde (IRGC) eine Rolle bei der Ko ordinierung der IRI spielt. Öffentlich zur IRI bekannt hat sich die Harakat Hisbollah an-Nujaba, während es als sehr wahrscheinlich gilt, dass Gruppen wie Kata’ib Hezbollah, Asa’ib Ahl- al-Haqq und Kata’ib Sayyid ash-Shuhada ebenfalls den IRI angehören (TWI 21.10.2023). Die wiederholten Angriffe der IRI führten schließlich zu Vergeltungsschlägen der USA auf PMF- Gruppen (MEF 25.11.2023). Dabei griffen US-Streitkräfte im November 2023 erstmals auch PMF-Ziele auf irakischem Staatsgebiet an (Wing 6.12.2023), etwa in Jurf as-Sakhr gegen die Kata’ib Hezbollah (MEF 25.11.2023). Seither haben US-Streitkräfte wiederholt Einrichtungen angegriffen, die von Iran und seinen Stellvertretern im Irak und in Syrien genutzt werden (IRAQIN 26.12.2023; vgl. REU 3.2.2024). Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) mit Sitz in den Bergen des Nordirak verübte ebenfalls mehrere Anschläge in der Kurdistan Region Irak (KRI), bei denen auch mehrere Angehörige der kurdischen Sicherheitskräfte (Peschmerga) getötet wurden (USDOS 27.2.2023a). Die PKK wird von der Türkei, sowie den USA und der Europäischen Union (EU) als terroristische Vereinigung eingestuft (ICG 18.2.2022)[Anm.: Die Vereinten Nationen und auch der Irak stufen die PKK nicht als Terrorgruppe ein]. Auch gewisse mit Iran verbündete Milizen stellen eine terroristische Bedrohung dar (USDOS 27.2.2023a). Die ACLED-Datenbank registrierte von Juli bis Dezember 2022 780 Zwischenfälle unter Betei ligung der PKK sowie deren weibliche Kampfverbände (YJA STAR) (monatlicher Durchschnitt von 130). In 35 dieser Fälle kam es zu zivilen Todesopfern (monatlicher Durchschnitt von 5,83) (ACLED 22.9.2023). Im Jahr 2023 waren es 738 Vorfälle (monatlicher Durchschnitt von 61,5), wobei in zwölf Fällen Zivilpersonen zu Tode kamen (monatlicher Durchschnitt von 1). Hauptziel der PKK und YJA STAR sind die türkischen Streitkräfte. Bisweilen wurden auch irakische Si cherheitskräfte und kurdische Asayish [Anm.: Geheim- und Sicherheitsdienst] angegriffen. Die Hauptmittel ihrer Angriffe sind bewaffnete Auseinandersetzunge, Bombardement durch Artillerie und Raketenbeschuss sowie der Einsatz von IEDs (ACLED 5.1.2024). In den ersten beiden Mo naten des Jahres 2024 wurden 66 Vorfälle registriert (monatlicher Durchschnitt von 33) (ACLED 3.2024). Türkische Operationen auf irakischem Staatsgebiet Der Irak ist nicht in der Lage, türkische und iranische Militäroperationen auf irakischem Boden zu verhindern, einschließlich der Verfolgung der PKK und iranischer kurdischer Oppositionsgrup pen (BS 23.2.2022, S. 8). Die Türkei unterhält je nach Quelle um die 40 (ICG 18.2.2022) bis zu 87 Außenposten im Irak, hauptsächlich in einem Streifen des Grenzgebiets in der KRI von etwa 25

150 km Länge und 30 km Tiefe (EURA 31.1.2023). Darüber hinaus verfügt sie über eine Militär basis in Bashiqa bei Mossul im föderalen Irak (BS 23.2.2022, S. 8; vgl. EURA 31.1.2023), wo die türkischen Truppen nach eigenen Angaben Teil einer internationalen Mission zur Ausbildung und Ausrüstung irakischer Streitkräfte im Kampf gegen den IS waren (EURA 31.1.2023). Türkische Beamte bestreiten, dass es bei den türkischen Luftangriffen auf PKK-Stellungen in der KRI und im Nordirak Opfer unter der Zivilbevölkerung gegeben hat (ICG 18.2.2022). Ein im August 2022 veröffentlichter Bericht mehrerer NGOs besagt jedoch, dass zwischen 2015 und 2021 mindestens 98 Zivilisten getötet wurden (EURA 31.1.2023). Die International Crisis Group (ICG) hat 74 zivile Todesopfer registriert, mehr als die Hälfte davon seit 2019, als die Türkei ihre Luftangriffe in der KRI intensivierte (ICG 18.2.2022). Nach Angaben der Regionalregierung Kur distans (KRG) hat der Konflikt seit 2015 Tausende Einwohner aus ihren Häusern vertrieben und mindestens 800 Dörfer verwüstet (EURA 31.1.2023). Einige Tausend Einwohner des Distrikts Amediya sowie Hunderte weitere Bewohner des Distrikts Duhok haben ihre Häuser verloren und sind in weiter südlich gelegene Dörfer oder Städte gezogen (ICG 18.2.2022). Die föderale Regierung hat sich über Ankaras Übergriffe beschwert, aber weder sie noch die KRI können die türkische Präsenz eindämmen (EURA 31.1.2023). Die KDP unterstützt die Türkei im Kampf gegen die PKK, durch Informationen über PKK-Taktiken und -Bewegungen, und indem sie Gebiete sichert, aus denen die PKK durch türkische Operationen vertrieben wurde (ICG 18.2.2022). Die PKK ist engere Allianzen mit von Iran unterstützten paramilitärischen Gruppen im Irak eingegangen, die mit Ankara verfeindet sind (ICG 18.2.2022). Einige pro-iranische Milizen, wie Liwa Ahrar al-Iraq (Brigade Freies Volk des Irak) und Ahrar Sinjar (Freies Volk von Sinjar) haben sich 2022 dem Widerstand gegen die türkische Präsenz verschrieben(EURA 31.1.2023). Die Türkei hat im Rahmen ihrer gemeinsamen Operationen Claw-Eagle und Claw-Tiger gegen die PKK im Qandil-Gebirge, in Sinjar und Makhmur (beide in Ninewa) irakischen Boden bombar diert. Auch Iran hat das Qandil-Gebirge bombardiert, ein Angriff, der vermutlich mit der Türkei koordiniert wurde (BS 23.2.2022, S. 8). Die Türkei befürchtet insbesondere, dass Sinjar [syn onym: Shingal] zu einem zweiten Qandil, einer weiteren PKK-Hochburg werden könnte, weshalb sie seit 2020 zahlreiche Luftangriffe gegen die PKK und die jesidischen Widerstandseinheiten Shingal (Yekîneyên Berxwedana Şingal - YBŞ) in Sinjar durchgeführt hat (ICG 18.2.2022). Die ACLED-Datenbank registrierte von Juli bis Dezember 2022 1.391 Zwischenfälle, bei denen die türkischen Streitkräfte im Staatsgebiet des Irak intervenierten. Dabei wurden 19 Fälle ver zeichnet, bei denen Zivilisten zu Tode kamen (monatlicher Durchschnitt von 3,17). Die überwie gende Anzahl an Angriffen betraf das Gouvernement Dohuk mit 1.208 Angriffen (hauptsächlich der Distrikt Amediya mit 1.188 Vorfällen), gefolgt vom Distrikt Zakho. 110 Angriffe fanden in Erbil statt (hauptsächlich im Distrikt Rawanduz), 46 in Ninewa (hauptsächlich in den Distrikten Sinjar und Akre) und 27 in Sulaymaniyah (hauptsächlich im Distrikt Sharbazher, gefolgt von Penjwen und Ranya) (ACLED 22.9.2023). Im Jahr 2023 waren es 2.907 Vorfälle (monatlicher Durchschnitt von 242,25), wobei in 35 Fällen Zivilpersonen zu Tode kamen (monatlicher Durchschnitt von 2,92). Auch in diesem Zeitraum betraf die überwiegende Anzahl der Angriffe das Gouvernement 26
