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sich allerdings zwischenzeitlich weitgehend gelegt; die 78 zerstörten Kirchen wurden Großteils mit staatlicher Hilfe wiederaufgebaut (ÖB 6.2024). Quellen: - FH - Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Egypt. https://www.ecoi.net/de/dokument/2105018.html, Zugriff 18.2.2025 - ÖB - Österreichische Botschaft Kairo [Österreich] (6.2024): Asylländerbericht Ägypten, https://www.ecoi.net/en/file/local/2111305/AEGY_%C3%96B-Bericht_2024_06.pdf, Zugriff 18.2.2025 - USDOS - U.S. Department of State [USA] (26.6.2024): 2023 Report on International Religious Freedom: Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2074025.html, Zugriff 21.3.2025 16. Ethnische Minderheiten Die Verfassung betrachtete alle Bürger als „gleich an Rechten, Freiheiten und allgemeinen Pflichten, ohne Diskriminierung aufgrund von Religion, Weltanschauung, Geschlecht, Herkunft, Ethnie, Hautfarbe, Sprache, Behinderung, sozialer Schicht, politischer oder geografischer Zugehörigkeit oder sonstiger Gründe“ (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024), dennoch gehören Nubier und Beduinen (USDOS 23.4.2024) bzw. Personen mit dunkler Hautfarbe (FH 2024) zu den wichtigsten Gruppen, die rassistisch oder ethnisch motivierter Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt sind (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024). Quellen: - FH - Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Egypt. https://www.ecoi.net/de/dokument/2105018.html, Zugriff 18.2.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): Country Report on Human Rights Practices 2023 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107679.html, Zugriff 20.2.2025 17. Relevante Bevölkerungsgruppen 17.1. Frauen Die Verfassung verpflichtet den Staat, die Gleichheit von Männern und Frauen zu gewährleisten. Obwohl die Regierung Schritte zur Verbesserung ihrer Situation unternimmt, haben Frauen jedoch nicht die gleichen gesetzlichen Rechte und Chancen wie Männer (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024). Diskriminierung ist weit verbreitet (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024, AI 24.4.2024). Frauen sind weit verbreiteter gesellschaftlicher Diskriminierung, Bedrohungen ihrer körperlichen Sicherheit und Vorurteilen am Arbeitsplatz zugunsten von Männern ausgesetzt, was ihren sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg behindert (USDOS 23.4.2024). Frauen sind in Eigentums- und Erbschaftsangelegenheiten rechtlich benachteiligt und erhalten in der Regel die Hälfte des einem Mann zustehenden Erbes (FH 2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Auch gesellschaftliche Vorurteile erschweren den Besitz von Land durch Frauen. Personenstandsregeln, die auf der Religionszugehörigkeit beruhen, benachteiligen Frauen in Heirats-, Scheidungs- und .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 23 von 38

Sorgerechtsangelegenheiten. Muslimische Frauen können beispielsweise keine nicht- muslimischen Männer heiraten, und die koptische Kirche erlaubt nur selten eine Scheidung (FH 2024). Das Gesetz verbietet Vergewaltigung. Diese wird mit einer Freiheitsstrafe von 15 bis 25 Jahren bestraft. Einige Menschenrechtsgruppen bemängeln, dass das Gesetz keine umfassende Definition von Vergewaltigung enthalte und einige Straftaten auf den minderschweren Tatbestand der unsittlichen Körperverletzung zurückführe. Vergewaltigung in der Ehe ist nicht strafbar (USDOS 23.4.2024). Häusliche Gewalt bleibt weiterhin ein Problem. Es gibt keine Gesetze, die häusliche Gewalt oder Missbrauch durch den Ehepartner verbieten, aber die Behörden können die Bestimmungen über die Körperverletzung mit den entsprechenden Strafen anwenden. Sogenannte „Ehrenverbrechen“ werden gesetzlich nicht anders geahndet als andere Verbrechen (USDOS 23.4.2024). Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind und die durch die eigene Familie nicht geschützt werden, können sich häufig kaum wirksam gegen den Gewalttäter wehren, da solche Haltungen v.a. am Land, oft auch von den lokalen Polizisten geteilt werden (ÖB 6.2024). Sexuelle Belästigung und Gewalt gegen Frauen sind verbreitet (ÖB 6.2024; vgl. USDOS 23.4.2024) und haben eine gewisse gesellschaftliche Akzeptanz (ÖB 6.2022). Die Regierung hat Maßnahmen zur Verhinderung sexueller Belästigung ergriffen, u. a. eine Erhöhung der Haft- und Geldstrafen für Verurteilte und eine Definition der Kategorie „schwere Belästigung“ für Täter, die eine Waffe benutzen oder am Arbeitsplatz auftreten. Trotz dieser Bemühungen ist die sexuelle Belästigung ein ernstes Problem. In einem Bericht des UN-Menschenrechtsausschusses vom April 2023 wurde die Besorgnis geäußert, dass die Verschärfung der Strafen für sexuelle Belästigung nicht zu einer Verringerung der Prävalenz geführt hat, dass die Zahl der Anzeigen wegen Gewalt gegen Frauen nicht gestiegen ist und dass Frauen, die vor Gericht Anzeige erstatten, häufig durch aufdringliche und negative Medienberichterstattung, Einschüchterung durch Angeklagte und die Staatsanwaltschaft sowie langwierige Ermittlungen erneut zu Opfern werden (USDOS 23.4.2024). Im Juni 2008 beschloss das ägyptische Parlament, FGM/C (FGM/C – weibliche Genitalverstümmelung) im Strafgesetzbuch unter Strafe zu stellen (UNFPA Egypt 2025; vgl. ÖB 6.2024, USDOS 23.4.2024), wobei eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten und eine Höchststrafe von zwei Jahren oder eine alternative Mindeststrafe von 1.000 ägyptischen Pfund (LE) und eine Höchststrafe von 5.000 LE vorgesehen ist. Bislang ist noch niemand nach diesem Gesetz verurteilt worden (UNFPA Egypt 2025) bzw. wird dieses Gesetz nicht durchgesetzt (USDOS 23.4.2024). FGM/C ist nach wie vor – v.a. bei der ländlichen Bevölkerung sowie den weniger gebildeten Schichten in den Städten - sehr weit verbreitet. FGM/C erfolgt meist schon im Kindesalter und jedenfalls vor Eintritt der Geschlechtsreife. Die Betroffenen sind daher kaum in der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 24 von 38

Lage, sich der Praxis selbst zu entziehen. Da die FGM/C als alte afrikanische Tradition in Ägypten von Angehörigen beider Konfessionen (Kopten und Muslimen) gleichermaßen praktiziert wird, ist die Religionszugehörigkeit kein relevanter unterscheidender Faktor (ÖB 6.2024). Laut dem Egyptian Family Health Survey (EFHS) 2021 haben sich 86 % der verheirateten ägyptischen Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren einer Genitalverstümmelung unterzogen (UNFPA Egypt 2025; vgl. USDOS 23.4.2024), 74 % davon durch Ärzte. Obwohl sich die Einstellung der Frauen gegen die Beschneidung verstärkt hat, gibt es in Ägypten immer noch eine weit verbreitete Befürwortung von FGM/C. Der Prozentsatz der Mütter, die beabsichtigen, ihre Töchter in Zukunft zu beschneiden, ist auf nur noch 13 % (EFHS 2021) gesunken, verglichen mit etwa 35 % (DHS 2014) (UNFPA Egypt 2025). Die jüngsten Daten zeigen einen Rückgang der FGM/C-Rate bei Mädchen und jungen Frauen im Alter von 0-19 Jahren von 21 % auf 14 % zwischen 2014 und 2021 (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AI - Amnesty International (24.4.2024): Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Ägypten 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107876.html, Zugriff 18.2.2025 - FH - Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Egypt. https://www.ecoi.net/de/dokument/2105018.html, Zugriff 18.2.2025 - ÖB - Österreichische Botschaft Kairo [Österreich] (6.2024): Asylländerbericht Ägypten, https://www.ecoi.net/en/file/local/2111305/AEGY_%C3%96B-Bericht_2024_06.pdf, Zugriff 18.2.2025 - UNFPA Egypt - United Nations sexual and reproductive health agency Egypt (2025): Female genital mutilation, https://egypt.unfpa.org/en/topics/female-genital-mutilation, Zugriff 25.3.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): Country Report on Human Rights Practices 2023 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107679.html, Zugriff 20.2.2025 17.2. Kinder Artikel 80 der Verfassung garantiert umfassende Rechte für Kinder, wie z.B. das Recht auf Gesundheit, Bildung, Familie und Unterkunft (AA 26.1.2022). Bildung, bzw. der Besuch der Grundschule ist verpflichtend und kostenlos (AA 26.1.2022; vgl. USDOS 23.4.2024). Jedoch ist die Qualität der Schulbildung nicht ausreichend, um eine ausreichende Grundbildung zu gewährleisten. Die bestehende Schulpflicht wird vielfach nicht durchgesetzt (AA 26.1.2022). Kritiker stellen fest, dass die Überfüllung der Klassenzimmer dazu führt, dass die Schüler auf zusätzliche Nachhilfestunden angewiesen sind, um bei den nationalen Prüfungen ein angemessenes Ergebnis zu erzielen. Für diejenigen mit begrenzten finanziellen Mitteln sind diese unerschwinglich (USDOS 23.4.2024). In Ägypten arbeiten gemäß USDOL 3,6 % der Kinder zwischen 5 und 14 Jahren. Im Jahr 2023 machte Ägypten minimale Fortschritte bei den Bemühungen, die schlimmsten Formen der Kinderarbeit zu beseitigen. Die Regierung führte eine nationale Erhebung über Kinderarbeit durch und richtete einen Überweisungsmechanismus ein, der einen gesamtstaatlichen Ansatz zur .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 38

Identifizierung von Opfern des Kinderhandels, zur Überweisung an die erforderlichen Dienste, zur Untersuchung von Fällen und zur Bereitstellung von Rehabilitations- und Wiedereingliederungsdiensten verfolgt. Die Regierung hat jedoch keine Daten über ihre Bemühungen zur Durchsetzung der Kinderarbeitsgesetze veröffentlicht, einschließlich der Ressourcen der Arbeitsaufsichtsbehörde, der Anzahl der festgestellten Verstöße gegen Kinderarbeit und der für Verstöße gegen Kinderarbeit verhängten Strafen (USDOL 5.9.2024). Kinder aus armen Familien sind am ehesten von Kinderarbeit betroffen, und einige Familien zwingen ihre Kinder zu Straßen- und Hausarbeit. Für einige ägyptische Mädchen besteht die Gefahr der kommerziellen sexuellen Ausbeutung unter dem Vorwand einer zeitlich begrenzten Heirat, manchmal auch „Sommerheirat“ genannt, mit wohlhabenden ausländischen Männern, meist aus den Ländern des Persischen Golfs. Einige Migranten- und Flüchtlingsmädchen sind dem Sexhandel ausgesetzt. Darüber hinaus besteht für unbegleitete Migrantenkinder die Gefahr, dass sie von kriminellen Banden zum Drogenverkauf gezwungen werden (USDOL 5.9.2024). Auch die Zahl der Straßenkinder ist hoch und nach offiziellen Angaben in den vergangenen Jahren stark angestiegen (AA 26.1.2022; vgl. USDOS 12.4.2022); Schätzungen gehen von bis zu einer Million auf der Straße lebenden Kindern aus (AA 26.1.2022), nach anderen Angaben sind es bis zu zwei Millionen (USDOS 12.4.2022). Neuere Zahlen sind gemäß EUAA nicht verfügbar (EUAA 6.12.2024). Gemäß Egypt Today, einer Lokalzeitung, aus dem November 2023 waren, unter Bezugnahme auf eine Erklärung des Rechtsberaters des Ministeriums für soziale Solidarität, 497 Waisenhäuser in Ägypten in Betrieb. Vor der Schließung von Waisenhäusern „aufgrund der Zunahme von alternative Betreuung“ waren es noch 526 Einrichtungen gewesen. Im August 2023 berichtete Egypt Today jedoch über eine Presseerklärung des Ministers für soziale Solidarität, in der es hieß, das Ministerium betreibe 435 Waisenhäuser, 43 Einrichtungen für obdachlose Kinder und 51 Einrichtungen für gerettete Kinder betreibe, ohne ohne dies jedoch näher zu spezifizieren (EUAA 6.12.2024). Die Verfassung schreibt vor, dass die Regierung Kinder vor allen Formen von Gewalt, Missbrauch, Misshandlung sowie kommerzieller und sexueller Ausbeutung schützt. Behörden registrieren jeden Monat Hunderte von Fällen von angeblichem Kindesmissbrauch. Weiters sieht das Gesetz Freiheitsstrafen von mindestens fünf Jahren und Geldstrafen bei Verurteilung aufgrund der kommerziellen sexuellen Ausbeutung von Kindern und Kinderpornographie vor. Die Regierung setzt das Gesetz nicht ausreichend durch (USDOS 23.4.2024). Kinder sind in Ägypten von Zwangsarbeit und Sexhandel bedroht (FH 2024). Das gesetzliche Heiratsalter liegt bei 18 Jahren. Aus einer im März 2020 veröffentlichten Regierungsstudie geht hervor, dass 2,5 % der Bevölkerung in den Gouvernements von .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 38

Oberägypten im Alter zwischen 15 und 17 Jahren verheiratet waren, und dass der Anteil der Mädchen in dieser Altersgruppe, die bereits verheiratet waren, höher war als jener der Jungen (USDOS 23.4.2024). Es gibt keine Jugendstrafanstalten, die den besonderen Bedürfnissen Minderjähriger entsprechen. Immer wieder werden Minderjährige im Zuge von politischen Prozessen inhaftiert (AA 26.1.2022). Menschenrechtsorganisationen berichten, dass auch Minderjährige in Haft misshandelt werden (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.1.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2067246/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCbe r_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_Dezember_2021%29%2 C_26.01.2022.pdf, Zugriff 20.2.2025 - EUAA - European Union Agency for Asylum (6.12.2024): Situation of children, https://www.ecoi.net/en/file/local/2118753/2024_12_EUAA_COI_Query_Response_Q78_Egypt _Situation_of_children.pdf, Zugriff 26.3.2025 - FH - Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Egypt. https://www.ecoi.net/de/dokument/2105018.html, Zugriff 18.2.2025 - USDOL - U.S. Department of Labor [USA] (5.9.2024): 2023 Findings on the Worst Forms of Child Labor: Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2116172.html, Zugriff 26.3.2024 - USDOS - U.S. Department of State [USA] (23.4.2024): Country Report on Human Rights Practices 2023 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107679.html, Zugriff 20.2.2025 - USDOS - U.S. Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Rights Practices 2021 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071155.html, Zugriff 26.3.2025 17.3. Homosexuelle Homosexuelle Handlungen stehen in Ägypten nicht explizit unter Strafe, jedoch bestehen weit gefasste Straftatbestände einschließlich „Ausschweifung“, Prostitution und „Verletzung der Familienwerte“ (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024; ÖB 6.2024), wofür das Gesetz Gefängnisstrafen von bis zu 10 Jahren vorsieht (USDOS 23.4.2024). Homosexuelle Personen wurden aufgrund dieser Straftatbestände regelmäßig verhaftet und gerichtlich verfolgt (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024). Der Tatbestand der Unzucht umfasst jede außereheliche sexuelle Handlung, einschließlich homosexueller Handlungen (ÖB 6.2024). Die Behörden verfolgen und verhaften LGBT-Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder wahrgenommenen sexuellen Orientierung und Genderidentität (AI 29.3.2022). Sexuelle Minderheiten werden diskriminiert (FH 2024; vgl. AI 24.4.2024), was ihre Fähigkeit zur Teilnahme am politischen Leben beeinträchtigt. Sie sind verschiedenen Formen von Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt (FH 2024). Das Gesetz erkennt LGBT-Paare nicht an, und es gibt keine Antidiskriminierungsgesetze zum Schutz von sexuellen Minderheiten. Die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 38

Diskriminierung der LGBT-Gemeinschaft findet in der Öffentlichkeit breite Unterstützung (USDOS 23.4.2024). Die öffentliche Befürwortung homosexueller Handlungen kann sowohl als Anstiftung zur Unzucht (Beitragstäterschaft), als auch als Verstoß gegen die öffentliche Moral (Hauptdelikt) qualifiziert werden. Medieninhalte mit homosexuellen Handlungen werden zensuriert bzw. verboten (ÖB 6.2024). Mehrere NGOs und Medien berichteten, dass die Behörden regelmäßig soziale Medien und Internet-Dating-Seiten überwachen und nutzen, um LGBT-Personen zu identifizieren, zu belästigen, zu verhaften und zu misshandeln. Im März 2023 schickte die Dating-Anwendung Grindr eine Nachricht an die Nutzer in dem Land, in der sie gewarnt wurden, dass die Polizei Profile auf der Anwendung nutzt, um Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft in sogenannten Catfishing-Vorfällen ins Visier zu nehmen. Die Warnung folgte auf Berichte über Dutzende von Verhaftungen (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AI - Amnesty International (24.4.2024): Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Ägypten 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107876.html, Zugriff 18.2.2025 - FH - Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Egypt. https://www.ecoi.net/de/dokument/2105018.html, Zugriff 18.2.2025 - ÖB - Österreichische Botschaft Kairo [Österreich] (6.2024): Asylländerbericht Ägypten, https://www.ecoi.net/en/file/local/2111305/AEGY_%C3%96B-Bericht_2024_06.pdf, Zugriff 18.2.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): Country Report on Human Rights Practices 2023 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107679.html, Zugriff 20.2.2025 18. Bewegungsfreiheit Das Gesetz sieht die Bewegungsfreiheit im Inland, Auslandsreisen, Auswanderung und Wiedereinbürgerung vor. Zudem darf laut Verfassung kein Bürger daran gehindert werden, das Staatsgebiet zu verlassen. Dennoch dürfen Männer, die den Wehrdienst nicht absolviert und keine Ausnahmegenehmigung erhalten haben, nicht ins Ausland reisen oder auswandern (USDOS 23.4.2024). Die Behörden verlangen sporadisch, dass Bürger im Alter von 18 bis 40 Jahren eine Erlaubnis des Innenministeriums vorlegen, um in bestimmte Länder zu reisen, aber diese Bestimmung wird nur sporadisch umgesetzt (USDOS 23.4.2024). Die Regierung verhängt Reiseverbote gegen Menschenrechtsverteidiger und politische Aktivisten, gegen die Ermittlungen laufen oder die formell angeklagt sind, sowie gegen Personen, die aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Lokale Menschenrechtsgruppen behaupten, dass die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 28 von 38

Behörden die Reiseverbote dazu nutzen, Menschenrechtsverteidiger, Aktivisten und Kritiker einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen, und dokumentierten Fälle, in denen die Reiseverbote auch nach Abschluss anderer Gerichtsverfahren aufrechterhalten wurden (USDOS 23.4.2024). Zu internen Ausweichmöglichkeiten liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor. Es ist grundsätzlich von einer unterschiedslosen Verfolgungspraxis auszugehen. Allerdings kann zumindest bei vergleichsweise minder schweren Verfolgungsgründen (z.B. niedrigschwelligem oppositionellen Engagement) der Ortswechsel innerhalb des Landes dazu führen, dass die Betroffenen unbehelligt bleiben. Auf dem Nordsinai und in entlegenen Wüstenregionen ist das staatliche Gewaltmonopol zum Teil faktisch eingeschränkt. Bei geschlechtsspezifischen Verfolgungsgründen (z.B. Genitalverstümmelung, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt) ist eine interne Ausweichmöglichkeit keine realistische Option (AA 26.1.2022). Die Regierung versucht, Privatpersonen, Journalisten, Vertreter der Zivilgesellschaft und internationale Organisationen aus Sicherheitsgründen am Betreten des Nordsinai, einer ausgewiesenen Militärzone, zu hindern (USDOS 23.4.2024). Ein Meldewesen existiert nicht (AA 26.1.2022). Die Wohnadresse wird auf dem Personalausweis angeführt. Bei einem Umzug muss die Adresse aktualisiert werden. Es gibt aber keine Überprüfung der Wohnsitzdaten durch die Meldebehörde, wodurch veraltete oder falsche Adressen unentdeckt bleiben und es gibt keine Strafe für die Nichtaktualisierung der Adresse (DFAT 17.6.2019). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.1.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2067246/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCbe r_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_Dezember_2021%29%2 C_26.01.2022.pdf, Zugriff 20.2.2025 - DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.6.2019): DFAT Country Information Report – Egypt, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information- report-egypt.pdf, Zugriff 27.3.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): Country Report on Human Rights Practices 2023 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107679.html, Zugriff 20.2.2025 19. IDPs und Flüchtlinge Die Verfassung sieht den Schutz von politischen Flüchtlingen vor, aber die Gesetze kennen keinen Asyl- oder Flüchtlingsstatus (USDOS 23.4.2024). Ägypten hat kein eigenes Asylsystem, sondern hat diese Aufgabe an UNHCR übertragen (USDOS 23.4.2024; vgl. AA 26.1.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 29 von 38

Ägypten ist Transit- und Aufnahmeland (für afrikanische u syrische Flüchtlinge/Migranten) sowie auch Herkunftsland (ÖB 6.2024; vgl. AA 26.1.2022). Die Zahl der beim UNHCR registrierten Flüchtlinge in Ägypten liegt derzeit bei rund 647.000 Personen, davon rund 370.000 aus dem Sudan, 157.000 aus Syrien, weiters aus Äthiopien, Eritrea, Irak, dem Jemen und Somalia. Die Zahl der tatsächlich in Ägypten aufhältigen Flüchtlinge und irregulären Migranten wird auf sechs Millionen geschätzt. Damit beherbergt Ägypten weiterhin eine der weltweit größten, registrierten Flüchtlingspopulationen im urbanen Raum (d.h. nicht in Flüchtlingslagern) (ÖB 6.2024). Der Zugang zum offiziellen Arbeitsmarkt steht syrischen und sudanesischen Flüchtlingen zumindest in der Theorie offen; die praktischen Hürden sind jedoch meist auch in diesen Fällen kaum überwindbar. Flüchtlinge/irreguläre Migranten anderer Staatsangehörigkeit sind von vornherein auf den informellen Arbeitsmarkt angewiesen (ÖB 6.2024). Die sozio-ökonomische Lage der Flüchtlinge hat sich in den vergangenen Jahren verschlechtert, was u.a. auf die Auswirkungen der Wirtschaftskrise zurückzuführen ist. Die COVID-19-Pandemie hat die ägyptische Wirtschaft ebenfalls getroffen, insbesondere weil die wichtigsten Einnahmequellen des Landes gleichzeitig eingebrochen sind. Eine zunehmende Zahl an Flüchtlingen/Migranten kann sich den Aufenthalt in Ägypten nicht mehr aus eigener Kraft leisten und ist zu Ausgabenkürzungen gezwungen, die v.a. Bildung u. Gesundheit treffen. Laut UNHCR können mehr als die Hälfte der syrischen minderjährigen Flüchtlinge deshalb nicht mehr die Schule besuchen, obwohl syrische Flüchtlinge rechtlich Anspruch auf staatliche Gesundheitsbetreuung und Bildung in Ägypten haben (ÖB 6.2024). In einer noch schwierigeren Lage befinden sich afrikanische Flüchtlinge und Migranten, die großteils (mit Ausnahme der Sudanesen) von vornherein keinen Zugang zu öffentlichen Leistungen haben und auch weniger internationale Hilfe als syrische Flüchtlinge erhalten. Auch palästinensische Flüchtlinge aus Syrien sind besonders gefährdet, da ihnen die Registrierung bei UNHCR seitens der EG Behörden generell versagt wird (ÖB 6.2024). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.1.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand: Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2067246/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCbe r_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_%C3%84gypten_%28Stand_Dezember_2021%29%2 C_26.01.2022.pdf, Zugriff 20.2.2025 - ÖB - Österreichische Botschaft Kairo [Österreich] (6.2024): Asylländerbericht Ägypten, https://www.ecoi.net/en/file/local/2111305/AEGY_%C3%96B-Bericht_2024_06.pdf, Zugriff 18.2.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): Country Report on Human Rights Practices 2023 - Egypt, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107679.html, Zugriff 20.2.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 30 von 38

20. Grundversorgung und Wirtschaft Unter der Führung von Al-Sisi wurden riesige Summen für große Infrastrukturprojekte ausgegeben. Sie führten zu einer beispiellosen Verschuldung und lähmten daher die Wirtschaft, sagen Kritiker (BBC 18.12.2023). Die Schulden und eine Ausweitung der Geldmenge sorgten für eine Abwertung der Währung und eine höhere Inflation (REU 8.12.2023). Gegenüber den letzten beiden Jahren hat sich die ägyptische Wirtschaft im Laufe des Sommers 2024 endlich wieder in eine positive Richtung entwickelt. Trotz der hohen Staatsverschuldung, der Krisen in der Region und dem Abzug von Investments, bessern sich die makroökonomischen Kennzahlen langsam aber stetig. Während für 2024 ein moderates Wirtschaftswachstum von 2,7 % erwartet wird, liegen die Prognosen für 2025 bereits bei 4,4 % (WKO 9.2024). Seit Amtsantritt setzt Präsident Sisi Schwerpunkt auf Reformen im Wirtschaftsbereich, um Ägypten aus der Krise zu führen. Nach Zuspitzung der Wirtschaftskrise (u.a. akuter Devisenmangel) wurden im Herbst 2016 im Rahmen eines vom IWF gestützten Reformprogramms der ägyptischen Regierung die Wechselkurse freigegeben und schrittweise Subventionskürzungen (Strom, Treibstoff) vorgenommen. Das Reformprogramm zeitigte Erfolge bei den wirtschaftlichen Eckdaten, stellt aber kurz- bis mittelfristig eine starke Belastung für die Bevölkerung dar (starker Anstieg der Inflation und Verlust von Arbeitsplätzen) (ÖB 6.2024). Die jährliche städtische Inflationsrate in Ägypten sank im Februar 2025 zum vierten Mal in Folge auf 12,8 %, von 24 % im Januar, und lag damit unter den Erwartungen von 14,5 %. Dies war die niedrigste Inflationsrate seit März 2022, da der Einfluss der starken Preiserhöhungen der letzten zwei Jahre nachließ. Die Lebensmittelpreise stiegen am wenigsten seit Mai 2021 (3,7 % vs 20,8 %). Zudem moderierten sich die Preise für Wohnen und Versorgungsleistungen und in verschiedenen anderen Lebensbereichen (TE 10.3.2025). Der aufgrund der demographischen Entwicklung zu erwartende Druck auf den Arbeitsmarkt kann auch durch Wachstum (5,6 % real 2018/19) nicht aufgefangen werden, auch nicht bei den besser Gebildeten und auch nicht durch infrastrukturelle Mega-Projekte (ÖB 6.2024) Rund ein Drittel der Bevölkerung ist offiziell von Armut betroffen (ÖB 6.2024; vgl. BBC 18.12.2023). Einen positiven Ausblick bietet der Rückgang der Arbeitslosenzahlen, welche im 2. Quartal 2024 auf 6,5 % sanken. Dies entspricht in absoluten Zahlen aber immer noch 2 Millionen Menschen. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch der drastische Unterschied der Arbeitslosigkeit unter den Geschlechtern deutlich. Während bei Männern ein Rückgang der Zahlen zu verzeichnen ist, stieg die Arbeitslosigkeit unter Frauen und auch Jugendlichen zuletzt wieder stark an (WKO 9.2024). Subventionen zur Absicherung der Grundversorgung der ägyptischen Bevölkerung haben eine lange Tradition und zehren einen erheblichen Teil des Staatshaushaltes auf. Daran ändert auch .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 31 von 38

das mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbarte Reformprogramm, das Kürzungen der staatlichen Subventionen für Elektrizität, Treibstoff, aber auch für Brotgetreide einschließt, nichts. So wurde z.B. nach Kürzung von Subventionen im Sommer 2017 und damit verbundenen Preissteigerungen die Zahl der Berechtigten für Lebensmittelkarten erhöht (bisher schon ca. 70 Mio. Personen) und auch der Umfang der über diese Karten zu beziehenden Güter nochmals ausgedehnt. Nicht-Ägypter haben keinen Zugang zu diesem System (AA 26.1.2022). Als Kernpfeiler des neuesten IWF-Hilfspakets wird eine Reform der staatlichen “Subsidies” (vor allem für Brot und Benzin) sowie eine Neuorganisation der staatlichen Beteiligungen an Privatunternehmen gefordert. Während die Senkung der “Subsidies” bereits im Laufen ist, gibt es bei den gewünschten Privatisierungen nur sehr schleppend konkrete Schritte. Zwar wurde 2023 eine State-Ownership Policy veröffentlicht, die erst im August 2024 überarbeitet wurde. Jedoch kam es bisher nur zur vereinzelten tatsächlichen Privatisierungen von staatlichen oder militäreigenen Unternehmen, die im Privatbereich tätig sind. Hier wird man sehr genau beobachten müssen, ob es tatsächlich einen Rückzug aus den oftmals lukrativen Unternehmen gibt (WKO 9.2024) Ein weiteres Instrument der sozialen Sicherung liegt im Mietrecht begründet. Für einen Großteil von Mietverträgen, die in den 1950er- und 1960er-Jahren geschlossen und seitdem innerhalb der Großfamilie weitergegeben wurden, gilt noch eine Mietpreisbindung, die im Altbestand zu teilweise grotesk niedrigen Mieten führt. Für neue Verträge seit ca. 1990 gelten ohnehin die Gesetze des Marktes. Im Rahmen der Erschließung von Wüstenregionen wird ein gewisser Prozentsatz an Land und Wohnungen an arme Bevölkerungsteile verlost (AA 26.1.2022). Im Rahmen von zwei Sozialhilfeprogrammen KARAMA und TAKAFUL werden zudem verstärkte Schritte für eine gezielte Unterstützung der Ärmsten vorgenommen. Das Karama Projekt sieht monatliche Geldleistungen im Umfang von 40-80 USD an besonders Bedürftige sowie an ältere Menschen und Behinderte vor. Das konditionierte Takaful Projekt zielt auf die finanzielle Unterstützung von Familien mit Kindern ab, vorausgesetzt diese besuchen regelmäßig eine Schule (AA 26.1.2022). Darüber hinaus existiert ein zwar in seiner Leistungsfähigkeit beschränktes, aber funktionierendes Sozialversicherungssystem, welches Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Unfallversicherungselemente enthält und von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam bezahlt wird. Die größten Probleme ergeben sich hier aus relativ geringen tatsächlichen Auszahlungen und der Nichterfassung der großen Anzahl an Personen ohne formelle Erwerbsaktivitäten (informeller Sektor) bzw. solche die arbeitslos sind. Einen erheblichen Beitrag zur sozialen Sicherung leisten karitative Einrichtungen, vornehmlich auf religiöser Basis und wohltätige Stiftungen (AA 26.1.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 32 von 38
