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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
https://www.ecoi.net/en/file/local/2127107/ETH_CPIN_Amhara_and_Amhara_opposition_group s.pdf, Zugriff 20.8.2025 - USDOS - US Department of State (12.8.2025): 2024 Country Reports on Human Rights Practices: Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2128504.html, Zugriff 20.8.2025 11. Meinungs- und Pressefreiheit Gesetzeslage und Praxis: Verfassung und Gesetze gewähren freie Meinungsäußerung, auch für Pressevertreter und andere Medien (USDOS 12.8.2025). 2024 haben die äthiopischen Behörden den verbliebenen medialen Handlungsspielraum immer weiter eingeschränkt (HRW 12.6.2025). Im Zuge des Ausnahmezustands kam es landesweit zu rigorosen Einschränkungen der Meinungsfreiheit (USDOS 12.8.2025). Die Achtung des Rechts hat sich verschlechtert, insbesondere als Reaktion auf die Konflikte in den Regionen Amhara und Oromia; die Pressefreiheit wurde weiter reduziert (USDOS 12.8.2025; vgl. AA 19.7.2024). Viele Elemente des im Feber 2021 verabschiedeten neuen Mediengesetzes werden weiterhin nicht umgesetzt (AA 19.7.2024). Die Polizei ist zudem dafür berüchtigt, Journalisten auf Grundlage der Bestimmungen der äthiopischen Proklamation zur Verhinderung und Unterdrückung von Hassreden und Desinformation aus dem Jahr 2020 zu verfolgen. Das Gesetz enthält eine zu weit gefasste Definition von „Desinformation“ und gibt den Behörden übermäßigen Ermessensspielraum, unpopuläre oder kontroverse Meinungen als „falsch“ zu erklären (HRW 12.6.2025). Aufgrund des anhaltenden Bürgerkriegs und des Vorgangsweise der Regierung (Tötungen, Razzien, willkürliche Verhaftungen etc.) haben auch normale Staatsbürger Angst davor, ihre persönliche Meinung zu äußern (FH 2025). Infrastruktur: Es gibt im Land unabhängige Medien (USDOS 12.8.2025). 2023 gab es zehn staatliche TV-Sender und neun Radiostationen, 18 private TV- und 13 Radiostationen sowie 45 lokale Radio- und fünf Fernsehstationen (CIA 13.8.2025). Nach anderen Angaben ist unabhängiger, pluralistischer und ausgewogener Journalismus kaum vorhanden, und die meisten führenden Medien gehören einer Handvoll Geschäftsleuten. Hinzu kommen Selbstzensur sowie niedrige Gehälter von Journalisten, die deren berufliche Integrität auf die Probe stellen. Soziale Medien spielen eine große Rolle bei der öffentlichen Meinungsbildung v.a. unter Jugendlichen (AA 19.7.2024). Umgang mit Medien und Journalisten: Die Medien werden weiterhin von der Regierung bedrängt (HRW 16.1.2025). Es gibt zahlreiche Berichte über Schikanen, Einschüchterungen und andere Einschränkungen gegenüber regierungskritischen Journalisten – insbesondere hinsichtlich ihrer Arbeit zu Konflikten im Land. Die äthiopische Medienbehörde schränkt die Meinungsfreiheit von Pressevertretern teilweise ein, die Presse praktiziert häufig Selbstzensur (USDOS 12.8.2025). Viele Journalisten müssen sich zwischen Selbstzensur, Schikanen, Verhaftung oder Exil .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 44

entscheiden (HRW 16.1.2025), manche schreiben nur unter Pseudonymen (FH 2025). Journalisten befürchten Repressalien, viele sind unter ungeklärten Umständen getötet worden (USDOS 12.8.2025). Mitunter kommt es auch zu verstärkter Überwachung und zu Razzien gegen unabhängige Medienunternehmen (HRW 12.6.2025). Kritische Journalisten und Blogger werden immer wieder – teilweise ohne offizielle Anklage und ohne Kontakt zur Außenwelt – teils über Monate in Haft gehalten (AA 19.7.2024; vgl. HRW 16.1.2025). Reporter, deren Berichterstattung nicht der Darstellung der Regierung entspricht, werden aufgrund schwerwiegender Vorwürfe wie z.B. „Förderung von Terrorismus und Extremismus“ festgenommen. Dies betrifft nicht nur die Sicherheitslage, sondern etwa auch Berichte über Korruption (USDOS 12.8.2025) Einige Journalisten, Kritiker und Künstler sind aus Gründen der nationalen Sicherheit auch angeklagt worden. Seit 2020 sind laut CPJ (Komitee zum Schutz von Journalisten) mindestens 54 äthiopische Journalisten ins Ausland geflohen, sind aber auch dort mitunter Drohungen und Schikanen durch Regierungsakteure ausgesetzt (USDOS 12.8.2025). Telekommunikation: Der übergroße Einfluss der Regierung auf den Telekommunikationssektor – über das staatliche Unternehmen EthioTelecom – ermöglicht es ihr, den Online-Medienbereich durch landesweite und regionale Abschaltungen zu kontrollieren (USDOS 12.8.2025). Der Telefon- und Internetverkehr wird überwacht. Es ist davon auszugehen, dass sämtliche nicht satellitengestützte Kommunikation abgefangen werden kann. Die digitale Medienfreiheit bleibt in einigen Regionen (Tigray, Amhara, Teile Oromias) aufgrund von vorübergehenden Internetabschaltungen im Zuge von Kampfhandlungen aber auch wegen der Blockierung und mutmaßlichen Überwachung von sozialen Medien eingeschränkt (AA 19.7.2024). Die Regierungsdienste sind in der Lage, Mobiltelefone zu hacken und Telefonate abzuhören (FH 2025). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien (Stand:März 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/2113360/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Äthiopien,_19.07.2024.pdf, Zugriff 20.8.2025 - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (13.8.2025): The World Factbook – Ethiopia, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/ethiopia/#transnational-issues, Zugriff 20.8.2025 - FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2129041.html, Zugriff 4.9.2025 - HRW - Human Rights Watch (12.6.2025): Ethiopia Should Immediately Release Prominent Journalist, https://www.ecoi.net/de/dokument/2126241.html, Zugriff am 1.9.2025 - HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2120077.html, Zugriff 20.8.2025 - USDOS - US Department of State (12.8.2025): 2024 Country Reports on Human Rights Practices: Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2128504.html, Zugriff 20.8.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 44

12. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition Die Verfassung garantiert das Recht auf Versammlungsfreiheit (AA 19.7.2024). Im Zuge der Unsicherheit und des Ausnahmezustands kam es landesweit zu rigorosen Einschränkungen der Versammlungsfreiheit (USDOS 12.8.2025; vgl. FH 2025), willkürliche Verhaftungen nahmen zu. Besonders bei Großveranstaltungen in Addis Abeba (Great Ethiopian Run, Timkat, Musikkonzerte etc.) wurden Ausweiskontrollen durchgeführt und Personen scheinbar willkürlich festgenommen (AA 19.7.2024). Das harte Vorgehen der Regierung gegen kritische und oppositionelle Stimmen hat die Versammlungsfreiheit im ganzen Land weiter eingeschränkt (FH 2025). Regierungsbehörden lösen Proteste zeitweise gewaltsam auf. So kam es z.B. im September 2024 in der Stadt Gondar in Amhara zu Zusammenstößen zwischen lokalen Sicherheitskräften und Demonstranten, nachdem sich Tausende von Menschen versammelt hatten, um gegen die Tötung eines Kindes durch eine unbekannte bewaffnete Gruppe zu protestieren. Mindestens vier Menschen wurden von Sicherheitskräften getötet (FH 2025). Opposition: Anhaltende Inhaftierungen, Schikanen, Versammlungs- und andere Einschränkungen geben der Opposition nur wenig Spielraum bei der politischen Betätigung. Die Regierungspartei wirft Oppositionsfunktionären und Regierungskritikern Verbindungen zu Rebellengruppen oder Staatsfeinden vor und behindert so ihre politische Teilhabe. Wichtige Oppositionsgruppen wie der Oromo Federalist Congress (OFC), die Ogaden National Liberation Front (ONLF) und die OLF haben die jüngsten Wahlen boykottiert (FH 2025). Oppositionspolitiker (besonders der OLF) aber auch zunehmend Kritiker von Premierminister Abiy aus den eigenen Reihen werden mitunter willkürlich festgenommen, ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und nach Tagen oder Wochen wieder freigelassen (AA 19.7.2024). B ehörden halten Kritiker und Journalisten über längere Zeiträume ohne Anklage fest (HRW 16.1.2025). Im Jahr 2021 hat das Parlament die TPLF und die OLA als Terrororganisationen eingestuft. Infolgedessen wurden tausende Tigrayer und Oromo, denen eine Verbindung zu diesen Parteien vorgeworfen wurde, verhaftet und anderweitig unter Druck gesetzt. Im März 2023 wurde die TPLF wieder von der Liste terroristischer Gruppen gestrichen (FH 2025). Am 5.9.2024 hat die Regierung sieben hochrangige Oppositionsvertreter der Oromo freigelassen. Sie waren willkürlich vier Jahre lang ohne Anklage festgehalten worden. Mehrere Gerichtsbeschlüsse, die ihre Freilassung angeordnet hatten, waren ignoriert worden (HRW 16.1.2025). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien (Stand:März 2024), .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 44

https://www.ecoi.net/en/file/local/2113360/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Äthiopien,_19.07.2024.pdf, Zugriff 20.8.2025 - FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2129041.html, Zugriff 4.9.2025 - HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2120077.html, Zugriff 20.8.2025 - USDOS - US Department of State (12.8.2025): 2024 Country Reports on Human Rights Practices: Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2128504.html, Zugriff 20.8.2025 13. Haftbedingungen Die Haftbedingungen sind aufgrund massiver Überbelegung, Nahrungsmittelknappheit, körperlicher Misshandlung und unzureichender sanitärer Bedingungen hart und lebensbedrohlich (USDOS 23.4.2024) und entsprechen nur teilweise den Mindeststandards der Vereinten Nationen für die Behandlung von Gefangenen. I.d.R. erfolgt die Unterbringung in großen Gemeinschaftszellen. Verpflegung und sanitäre Anlagen sind sehr einfach. Aufgebessert werden die Haftbedingungen entweder durch finanzielle Mittel, die es Inhaftierten ermöglichen, Matratze, Bettzeug und zusätzliche Verpflegung zu kaufen, oder durch die weit verbreitete Unterstützung durch Angehörige, die regelmäßig Nahrungsmittel und Dinge des täglichen Bedarfs bei den Inhaftierten abgeben (AA 19.7.2024). Es gibt regelmäßig Berichte über Misshandlungen, insbesondere in Untersuchungshaft, unbekanntem Verbleib zwischen Verhaftung und Vorführung vor Gericht bzw. Einlieferung in ein staatliches Gefängnis oder auch darüber, dass Familienangehörige von Verhafteten durch Sicherheitskräfte unter Druck gesetzt werden (AA 19.7.2024). Zudem gibt es mehrere Berichte darüber, dass Sicherheitskräfte Gefangene außergerichtlich exekutiert haben (USDOS 23.4.2024). Es wird zudem immer wieder berichtet, dass Angeklagten und/oder Verurteilten der Zugang zu Anwälten, Besuch von Angehörigen sowie adäquate medizinische Versorgung verwehrt wird (AA 19.7.2024). Strukturen und Gesetzgebung der Justiz im Hinblick auf den Umgang mit straffälligen Jugendlichen entsprechen nicht internationalen Standards; Jugendstrafanstalten existieren praktisch nicht (AA 19.7.2024). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien (Stand:März 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/2113360/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Äthiopien,_19.07.2024.pdf, Zugriff 20.8.2025 - USDOS - US Department of State (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107690.html, Zugriff 4.9.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 28 von 44

14. Todesstrafe Das äthiopische Strafgesetzbuch sieht für eine Vielzahl von Straftaten die Todesstrafe vor. Hierzu gehören neben schwerem Mord auch andere Straftaten mit Todesfolge, terroristische Straftaten mit und ohne Todesfolge, Raub ohne Todesfolge, Wirtschaftsverbrechen ohne Todesfolge, Hochverrat, Spionage, militärische Verbrechen ohne Todesfolge, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord. Sie kann darüber hinaus gem. Art. 166 i.V.m. Art. 187 ETH StGB auch für Straftaten verhängt werden, für die sie gesetzlich nicht vorgesehen ist, z.B. wenn ein Verbrechen die Gefährdung der öffentlichen Gesundheit oder Sicherheit zur Folge hatte (AA 19.7.2024). Im Jahr 2024 wurden drei Todesurteile verhängt, aber keines vollstreckt. Gleichzeitig wurden 178 zum Tode Verurteilte begnadigt (AI 2025). Im August 2025 wurden fünf Schlepper wegen Menschenschmuggels zum Tode verurteilt (AN 5.8.2025). Die Todesstrafe wurde zuletzt 1998 und 2007 in zwei Fällen vollstreckt. Seitdem ist die Vollstreckung de facto ausgesetzt (AA 19.7.2024). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien (Stand:März 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/2113360/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Äthiopien,_19.07.2024.pdf, Zugriff 20.8.2025 - AI - Amnesty International (2025): Death Sentences and Executions 2024, https://cdn.amnesty.at/media/nq3pgvgg/amnesty-death-sentences-and-executions-2024.pdf, Zugriff 20.8.2025 - AN - Africa News (5.8.2025): Ethiopia sentences five to death for human trafficking, https://www.africanews.com/2025/08/05/ethiopia-sentences-five-to-death-for-human-trafficking/, Zugriff 5.9.2025 15. Religionsfreiheit Demographie: Äthiopien ist nach offiziellen Angaben mehrheitlich christlich (AA 19.7.2024). An Religionen und Religionsgruppen finden sich 43,8% christlich-orthodoxe (Tigray bzw. Ethiopian Orthodox Tewahedo Church / T/EOTC), 31,3% Muslime, 22,8% Protestanten, 0,7% Katholiken, 0,6% Naturreligionen und 0,8% andere (CIA 13.8.2025). Nach anderen Angaben waren es bei der letzten Volkszählung im Jahr 2007 43,5% EOTC, 33,9% Muslime, 18,6% Protestanten, 0,7% Katholiken sowie 3,3% Naturreligionen und andere. Es gibt allerdings Vermutungen, dass es mittlerweile mehr muslimische als äthiopisch-orthodoxe Gläubige gibt (AA 19.7.2024). Die Mehrheit der Tigray und Amharen sind christlich-orthodox, der Islam ist am stärksten in Afar, Somali und Oromia präsent. Protestantische und evangelikale Kirchen finden sich in größerer Dichte in Gambela, dem ehemaligen SNNPR, Oromia und Benishangul-Gumuz (USDOS 26.6.2024). Staat: Äthiopien ist ein säkularer Staat. Die Verfassung schreibt die Trennung von Religion und Staat vor, gewährleistet die Freiheit der Religionswahl und -ausübung, verbietet religiöse Diskriminierung und legt fest, dass sich weder die Regierung in die Ausübung irgendeiner Religion .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 29 von 44

noch irgendeine Religion in die Angelegenheiten des Staates einmischen darf (USDOS 26.6.2024). Art. 46 der äthiopischen Verfassung enthält das Grundrecht der Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Laut Art. 11 sind Staat und Religion getrennt. Eine gezielte rechtliche Diskriminierung religiöser Minderheiten ist nicht feststellbar (AA 19.7.2024). Praxis: Grundsätzlich sieht sich Äthiopien als Modell für interreligiöse Toleranz und Verständigung. In der Praxis gibt es aber vielschichtige inter- und intrareligiöse Spannungen (AA 19.7.2024). Da Ethnizität und Religion eng miteinander verknüpft sind und Kriminalität, Politik, Zugang zu Ressourcen und historische Missstände ebenfalls zu den Ursachen der Gewalt im Land gehören, ist es oft schwierig festzustellen, ob manche Vorfälle auf Religion, andere Faktoren oder eine Kombination davon zurückzuführen sind (USDOS 26.6.2024). Im Feber 2023 kam es in Oromia zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen zwei Fraktionen der EOTC, einige Geistliche wurden im Zuge dessen von der Polizei festgenommen, es gab auch Todesopfer durch Polizeigewalt (AA 19.7.2024; vgl. USDOS 26.6.2024). Auch andernorts kommt es fallweise zu Auseinandersetzungen zwischen Glaubensgruppen (USDOS 26.6.2024). Gleichzeitig beobachtet die Regierung islamistisch-fundamentalistische Strömungen besonders kritisch, ebenso den Einfluss wahhabitischer bzw. salafistischer Gruppen und begründet ihr hartes Vorgehen gegen einzelne muslimische Gruppen und Personen mit dem Kampf gegen extremistische Strömungen und Terrorismus (AA 19.7.2024). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien (Stand:März 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/2113360/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Äthiopien,_19.07.2024.pdf, Zugriff 20.8.2025 - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (13.8.2025): The World Factbook – Ethiopia, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/ethiopia/#transnational-issues, Zugriff 20.8.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (26.6.2024): 2023 Report on International Religious Freedom: Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2111862.html, Zugriff 20.8.2025 16. Minderheiten Demographie: An ethnischen Gruppen finden sich 35,8% Oromo, 24,1% Amharen, 7,2% Somali, 5,7% Tigray, 4,1% Sidama, 2,6% Gurage, 2,3% Wolaita, 2,2% Afar, 1,3% Silte, 1,2% Kefficho und 13,5% andere (CIA 13.8.2025). Nach anderen Angaben sind es ca. 35% Oromo, 27% Amharen und 6% Tigray (AA 19.7.2024). Staat: Die Verfassung gewährt den ethnischen Gruppen Gleichberechtigung und weitgehende Autonomierechte. Die meisten der derzeit 76 anerkannten Ethnien sind mit zumindest einem Delegierten in der zweiten Parlamentskammer vertreten. Eine nach Hautfarbe, Herkunft oder .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 30 von 44

Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis ist nicht feststellbar. Es gibt nicht verifizierbare Berichte, wonach kleinere indigene Gruppen in der Praxis diskriminiert werden (AA 19.7.2024). Der föderale Staatsaufbau verläuft entlang ethnischer Linien (ethnischer Föderalismus), die Mehrheit der politischen Parteien ist ebenfalls entlang ethnischer Linien aufgestellt. Amharisch ist Sprache der Bundesregierung; sie wird aber nicht mehr landesweit in den Schulen als erste Sprache unterrichtet, da Schulunterricht in der jeweiligen Regionalsprache stattfindet. Im März 2020 hat die äthiopische Regierung vier zusätzliche Arbeitssprachen (Oromo, Afar, Somali und Tigrinya) zur Förderung der nationalen Einheit eingeführt (AA 19.7.2024). Praxis: Die anhaltende Konflikte und politische Spannungen im ganzen Land haben die ethnische Spaltung verschärft. Sie tragen zu diskriminierenden politischen Maßnahmen und Handlungen bei (FH 2025). Es kommt zu ethnischen, auch gewalttätigen Spannungen, v.a. im Westen und Süden, insbesondere zwischen Amharen und Oromo sowie Afar und Somali. Oft gelten die Auseinandersetzungen der Ressourcenverteilung (Weideland, Wasser) (AA 19.7.2024). Binnenvertreibungen, die sich teilweise gezielt gegen Minderheiten richten, bleiben ein großes Problem. Zudem kam es im Kontext des Konflikts in Tigray zu Diskriminierung, Festnahmen und Einschüchterung gegen Personen tigrayischer Abstammung. Maßnahmen gegen Tigrayer haben jedoch seit der Aufhebung des Ausnahmezustandes und dem Waffenstillstand im November 2022 deutlich nachgelassen. Ebenso wird seit Beginn der Kämpfe in Amhara im April 2023 und der Ausrufung des Ausnahmezustands im August 2023 über willkürliche Festnahmen von Menschen amharischer Herkunft und gezielten Entlassungen von Amharen aus der Armee berichtet. Auch Oromos wurden im Zuge der Binnenkonflikte willkürlich verhaftet (AA 19.7.2024). In der Region Amhara wurden im anhaltenden Krieg zwischen der Bundesregierung und der Fano-Miliz, der im August 2023 begonnen hat, Berichten zufolge hunderte Zivilisten durch schwere Artillerie, Drohnenangriffe und außergerichtliche Hinrichtungen der Regierungstruppen getötet, weil sie verdächtigt wurden, Mitglied der Fano zu sein oder diese Gruppe zu unterstützen. Die andere Region mit zahlreichen standrechtlichen Hinrichtungen sowohl durch militante Gruppen als auch durch Regierungstruppen ist Oromia. Viele Menschen wurden von Regierungstruppen getötet, weil sie die Oromo National Front (OLF) unterstützt haben oder Mitglied gewesen sind; und von der OLF, weil sie die Regierung unterstützt haben. Zudem wurden tausende Amharen von der OLF brutal gefoltert und getötet. Millionen wurden allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit vertrieben, Frauen und Mädchen vergewaltigt (OMCT 4.2024). In Tigray sind viele Tigrayer weiterhin willkürlicher Inhaftierung, Folter und Zwangsabschiebungen durch amharische Kräfte ausgesetzt (OMCT 4.2024; vgl. USDOS 12.8.2025), die Rede ist von ethnischen Säuberungen (FH 2025). Mehrere hundert ethnische Tigray, die zuvor in der Bundesarmee gedient hatten, werden .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 31 von 44

seit Jahren ohne Anklage in Haft gehalten (USDOS 12.8.2025). Die in West-Tigray stationierten Amharen verbieten teils den Gebrauch der Sprache Tigrinya und vertreiben Tigrayer (AI 6.1.2025). [siehe dazu auch Kapitel „Allgemeine Menschenrechtslage“] Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien (Stand:März 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/2113360/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Äthiopien,_19.07.2024.pdf, Zugriff 20.8.2025 - AI - Amnesty International (6.1.2025): Frieden ist anderswo, https://www.amnesty.de/aethiopien-tigray-bewaffneter-konflikt-vertreibung-kaempfe-repression- frieden-ist-anderswo, Zugriff 1.9.2025 - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (13.8.2025): The World Factbook – Ethiopia, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/ethiopia/#transnational-issues, Zugriff 20.8.2025 - FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2129041.html, Zugriff 4.9.2025 - OMCT - World Organisation Against Torture (4.2024): Broken promises: escalating human rights violations in Ethiopia, https://www.omct.org/site-resources/files/OMCT-EHRCO- UPR47_ETHIOPIA.pdf, Zugriff 1.9.2025 17. Relevante Bevölkerungsgruppen 17.1. Frauen Frauen sind nach der äthiopischen Verfassung gleichberechtigt. In der Praxis bestehen nach wie vor erhebliche Defizite. Äthiopien rangiert bei dem globalen Gender Development Index (Verhältnis von weiblichen zu männlichen Human Development Index (HDI)-Werten) auf Platz 173 von 189. Gesetze beinhalten diskriminierende Regelungen, wie z.B. die Anerkennung des Ehemanns als legales Familienoberhaupt und als einzigen Fürsorgeberechtigten für Kinder über fünf Jahre. In der gesellschaftlichen Realität haben Frauen eine schwächere Position als Männer (AA 19.7.2024). Die Alphabetisierungsrate von Frauen liegt deutlich unter der Alphabetisierungsrate der Männer. Dies führt dazu, dass Frauen öfter als Männer in Armut leben. Trotz steigender Tendenz ist die Einschulungsquote für Mädchen nach wie vor deutlich niedriger als bei Buben (AA 19.7.2024). 41,9% der Abgeordneten im Repräsentatenhaus sind weiblich, im Oberhaus sind es 29,7% (CIA 13.8.2025). Traditionell haben nur wenige Frauen Führungsämter in Wirtschaft und Politik inne (AA 19.7.2024; vgl. FH 2025). Die Regierung von Premierminister Abiy setzt sich für eine Stärkung der Rolle der Frau ein. So war das Kabinett zwischenzeitlich paritätisch mit Frauen besetzt und Äthiopien hatte mit Staatspräsidentin Sahle-Work Zewde von 2018-2024 erstmalig ein weibliches Staatsoberhaupt (AA 19.7.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 32 von 44

Gewalt: Häusliche Gewalt wird meist nicht gerichtlich verfolgt oder als Scheidungsgrund anerkannt, Vergewaltigung in der Ehe ist kein Straftatbestand (AA 19.7.2024). Die Gesetze gegen häusliche Gewalt und Vergewaltigung werden nur inkonsistent durchgesetzt (FH 2025). Vergewaltigungen, Folter und sexuelle Versklavung werden in Tigray und in der Region Amhara als Kriegswaffe gegen Frauen und Mädchen eingesetzt (SFH 5.2025), es kommt zum systematischen Einsatz sexualisierter Gewalt – v.a. gegen Frauen – durch alle Konfliktparteien (AA 19.7.2024). Traditionelle Praktiken und FGM: Traditionelle Praktiken zum Schaden oder Nachteil von Frauen, wie FGM, Kinderehe und Brautraub mit Zwangsverheiratung stehen unter Strafe, kommen aber – insbesondere in ländlichen Gegenden – weiterhin vor. Brautraub scheint im Zuge der politischen Unruhen wieder zuzunehmen (AA 19.7.2024). In Äthiopien wird jede Form weiblicher Genitalverstümmlung praktiziert. Insgesamt sind 68% der Frauen und Mädchen betroffen (Stand 2016) (AA 19.7.2024). Nach anderen Angaben sind es 65% (OP 4.2025). Nach wieder anderen Angaben aus dem Jahr 2021 ist die Zahl an Mädchen im Alter von 0-14 Jahren, die FGM erleiden mussten, von 24% im Jahr 2005 auf 18,6% im Jahr 2021 gesunken. Demnach liegt der Anteil der von FGM betroffenen Frauen und Mädchen in der Altersstufe 15-49 Jahre bei 65% (USDOS 12.8.2025). FGM trifft laut einer Quelle alle Altersgruppen. Trotz sinkender Zahlen (bei Mädchen betrug der Anteil an Neuverstümmelungen 2016 25-40%) ist FGM nach wie vor mit großen regionalen Unterschieden weit verbreitet, am häufigsten in ländlichen Gebieten der Regionen Somali und Afar sowie in Oromia, am wenigsten in Tigray und Gambela (AA 19.7.2024). FGM ist laut Strafgesetzbuch gemäß Art. 565 mit einer Geldstrafe ab 500 Birr [Anm.: 3 Euro] oder mit mindestens dreimonatiger, in besonders schweren Fällen mit bis zu zehn Jahren Gefängnisstrafe bedroht (AA 19.7.2024). Allerdings beinhaltet das Gesetz keine genaue Definition von FGM (OP 4.2025) und es wird insgesamt wenig konsistent durchgesetzt (FH 2025). Diskriminierung: Insbesondere auf dem Land werden Frauen diskriminiert und verfügen über nur sehr eingeschränkte Entfaltungsmöglichkeiten (AA 19.7.2024). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien (Stand:März 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/2113360/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Äthiopien,_19.07.2024.pdf, Zugriff 20.8.2025 - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (13.8.2025): The World Factbook – Ethiopia, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/ethiopia/#transnational-issues, Zugriff 20.8.2025 - FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2129041.html, Zugriff 4.9.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 33 von 44

- OP - Orchid Project (4.2025): FGM/C in the Horn of Africa: Signs of Change, https://www.fgmcri.org/media/uploads/Region%20Research%20and%20Resources/HoA/ signs_of_change.pdf, Zugriff 2.9.2025 - SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (5.2025): Factsheet Äthiopien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2127599/250513_ETH_Factsheet_DE_Web.pdf, Zugriff 2.9.2025 - USDOS - US Department of State (12.8.2025): 2024 Country Reports on Human Rights Practices: Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2128504.html, Zugriff 20.8.2025 17.2. Kinder Bildung: Aufgrund von diversen Konflikten im Land können insgesamt immer wieder bis zu mehrere Millionen Kinder keine Schule besuchen (AA 19.7.2024). Laut Regierungsangaben waren im April 2025 in Amhara über 3.600 Schulen geschlossen, viele davon sind geplündert oder beschädigt worden, 4,5 Millionen Kinder erhalten keine Schulbildung (AP 11.4.2025; vgl. HRW 16.1.2025). Im ganzen Land sind 18% der Schulen beschädigt oder zerstört (FH 2025). Kinderehe: Gesetzlich liegt das Mindestalter für eine Ehe bei 18 Jahren (USDOS 12.8.2025; vgl. AA 19.7.2024). Dieses Alter wird aber häufig nicht eingehalten (AA 19.7.2024), und die Behörden setzen das entsprechende Gesetz nicht einheitlich durch. Familien auf dem Land kennen die Bestimmungen manchmal nicht oder ignorieren sie (USDOS 12.8.2025). Auch Kinderzwangsehen treten verbreitet auf, diesbezügliche Strafverfolgung ist selten (FH 2025). Laut UNICEF-Daten aus dem Jahr 2016 wurden 40% der Frauen zwischen 20 und 24 Jahren vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet, 14% vor ihrem 15. Lebensjahr. Die Regierungsstrategie zur Bekämpfung von Kinderehen konzentriert sich eher auf Aufklärung und Vermittlung denn auf die Bestrafung von Tätern (USDOS 12.8.2025). Kinderarbeit: Auch wenn das Mindestalter für Arbeit bei 15 Jahren liegt, ist Kinderarbeit verbreitet (FH 2025), etwa im informellen Sektor v.a. auf dem Land, aber auch zunehmend im städtischen Bereich (Hausarbeit, Prostitution, Bettelei). Kinder, insbesondere mit Behinderungen, werden aus armen Familien systematisch von Vermittlern in große Städte zum Betteln gebracht. Der Familie gegenüber wird erzählt, dass die Kinder in die Schule gehen werden (AA 19.7.2024). Kindersoldaten: Im Zuge des Nordäthiopien-Konflikts wurde vom Einsatz von Kindersoldaten berichtet, sowohl auf Seiten der ENDF, bzw. in den regionalen Milizen, als auch von TPLF-Seite (AA 19.7.2024). Laut der Ethiopian Human Rights Commission kommt es etwa in Oromia durch regionale Milizen zur Rekrutierung von Minderjährigen. Mitunter werden Eltern aufgefordert, Lösegeld zu bezahlen, um eine Freilassung ihrer Kinder zu erreichen (BAMF 31.12.2024). Gewalt: Kindesmissbrauch und Kindesmisshandlung, auch im Zuge schädlicher traditioneller Praktiken, sind weitverbreitet. Im Zuge des Konflikts in Nordäthiopien haben alle Konfliktparteien sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt auch gegen Kinder verübt. Das Mindestalter von 18 Jahren für einvernehmlichen Geschlechtsverkehr wird häufig nicht eingehalten. Mädchen aus .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 34 von 44
