alba-lib-2024-04-12-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Kliniken bieten primäre und sekundäre Gesundheitsdienste an, und 42 öffentliche Krankenhäuser bieten tertiäre Gesundheitsdienste an. Pharmazeutische und zahnmedizinische Dienstleistungen werden fast ausschließlich privat erbracht. Der Anteil der privaten Gesundheitsdienste hat in den letzten zehn Jahren ein beeindruckendes Wachstum erfahren. Die Zahl der spezialisierten privaten diagnostischen Kliniken, Labore und Krankenhäuser ist vor allem in den größeren Städten schnell gewachsen. Die 13 privaten Krankenhäuser sowie Dutzende privater multidisziplinärer Diagnosekliniken und -labors bieten ein umfassendes Spektrum an medizinischen Dienstleistungen an (ITA o.D.). Die Ausgaben des öffentlichen Gesundheitswesens werden zum Teil durch Pflichtbeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zur Krankenversicherung finanziert (ein Krankenver- sicherungsbeitrag von 3,4 %, der zu gleichen Teilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen wird, wird auf die Gehälter aufgeschlagen) und aus dem Staatshaushalt bezuschusst. Der aus den Krankenversicherungsbeiträgen finanzierte und aus dem Staatshaushalt subventionierte obligatorische Krankenversicherungsfonds (ISKSH) erstattet die verschreibungspflichtigen Medikamente für die Versicherten und übernimmt die Kosten für die öffentlichen Gesundheitsdienste sowie einige zugelassene Krankenhausleistungen, die von privaten Anbietern erbracht werden (ITA o.D.). Die medizinische Versorgung in staatlichen Krankenhäusern und Polikliniken ist grundsätzlich kostenlos. In Folge der niedrigen Gehälter von Ärzten und Pflegepersonal sind Zuzahlungen häufige Praxis, insbesondere von Patienten, die nicht über Privilegien oder Beziehungen verfügen und zudem meinen, durch Zuzahlungen eine bessere medizinische Behandlung zu erhalten. Ausstattung und Hygiene der staatlichen Krankenhäuser und Polikliniken liegen weit unter westeuropäischen Standards. Die Ärzte sind zwar im Regelfall gut ausgebildet, beim Pflegepersonal gibt es jedoch Defizite. Kompliziertere Behandlungen können nur in Tirana und in anderen größeren Städten durchgeführt werden. Die Versorgungslage in den psychiatrischen Kliniken ist schlecht. In den größeren Städten gibt es einige gut ausgestattete Privatkliniken (AA 7.7.2023), die über einen umfänglichen Pflegedienst verfügen und technisch besser ausgestattet sind als die staatlichen Krankenhäuser. Sie verlangen jedoch vor Behandlungsbeginn einen Kostenvorschuss oder eine finanzielle Garantie und sind für einen großen Teil der Bevölkerung zu teuer (EDA 23.11.2023). Die Versorgung mit Medikamenten ist gewährleistet. Die örtlichen Apotheken bieten ein relativ großes Sortiment von gängigen Medikamenten an, die zum großen Teil aus der EU importiert werden. Es besteht die Möglichkeit, Medikamente aus dem Ausland zu beschaffen. Die staatliche Krankenversicherung übernimmt bei Standard-Medikamenten in der Regel die Kosten für das .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 30

billigste Generikum. Teurere Medikamente oder solche für außergewöhnliche Krankheiten gehen zu Lasten des Patienten (AA 7.7.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (7.7.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2094873/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Albanien_als_sicheres_Herkunftsland_im_ Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG%2C_07.07.2023.pdf, Zugriff 3.4.2024 - EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (23.11.2023 7.4.2022): Albanien, Reisehinweise für Albanien, Medizinische Versorgung, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/albanien/reisehinweise- albanien.html, Zugriff 4.4.2024 - ITA - International Trade Association [USA]: Healthcare - Albania, https://www.trade.gov/healthcare-resource-guide-albania, Zugriff 4.4.2024 21. Rückkehr Verfassung und Gesetze erlauben freies Reisen im Inland und ins Ausland, weiters Auswanderung sowie Wiedereinbürgerung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 20.3.2023). Staatsangehörige, die zurückgeführt wurden, unterliegen keiner Form der Diskriminierung und haben auch nicht mit staatlichen Maßnahmen zu rechnen. Es sind keine Fälle von Misshandlungen bekannt. Zu einer Festnahme kommt es nur dann, wenn gegen die betreffender Person aufgrund anderer Delikte ermittelt wird. Am 1.5.2006 trat ein Rückübernahmeabkommen mit der EU in Kraft. Staatliche Reintegrationshilfen werden angeboten, oftmals aber aufgrund Unkenntnis, Misstrauens und ggf. auch schlechtem Service nicht in Anspruch genommen. Die Einreisekontrollen gestalten sich unproblematisch. Albanische Staatsangehörige, die wegen nicht ordnungsgemäßer Reisedokumente durch die Bundespolizei zurückgewiesen wurden, können nach routinemäßiger Vorankündigung durch die Fluggesellschaft und kurzer Befragung durch die albanische Grenzpolizei auch ohne Vorlage regulärer Reisedokumente wieder einreisen. Als Heimreisepapiere werden EU-Laissez-Passer anerkannt (AA 7.7.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (7.7.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2094873/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Albanien_als_sicheres_Herkunftsland_im_ Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG%2C_07.07.2023.pdf, Zugriff 3.4.2024 - USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089105.html, Zugriff 3.4.2023 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 28 von 30

22. Blutrache Die schwierige Transformation Albaniens nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft hatte in geringem Ausmaß zu einem Wiederaufleben der Blutrache geführt. Grundlage war eine Vermischung von traditionellen Wertvorstellungen sowie kriminellen oder politischen Motiven. Die sozialen Folgen von Blutrache können für Betroffene beträchtlich sein: Sie müssen sich isolieren; Familienangehörige können keiner Erwerbstätigkeit nachgehen; Kinder, insbesondere Söhne, haben häufig eingeschränkte Möglichkeiten, eine Schule zu besuchen. Dies alles trifft jedoch nur noch in besonderen Einzelfällen zu. Im US-Menschenrechtsbericht von 2022 wird Blutrache nicht mehr erwähnt (AA 7.7.2023). Der Staat lehnt die Blutrache ab, bekämpft sie und kann Schutz vor ihr gewähren, aufgrund seiner begrenzten Kapazitäten jedoch nicht überall. Es gibt einige Nichtregierungsorganisationen, die sich um die Schlichtung von Blutrachefehden bemühen. Vereinzelt wurden auch Fälle bekannt, in denen beispielsweise Blutrachebescheinigungen verkauft wurden mit dem Ziel, eine Asylgewährung im Ausland zu ermöglichen. Von staatlicher Seite ist es keiner dieser Organisationen gestattet, Bescheinigungen über Blutrache auszustellen. Auch die Polizei stellt keine solchen Bescheinigungen mehr aus. Angaben in vorgelegten Bescheinigungen können über das Generaldirektorat der albanischen Staatspolizei in Tirana überprüft werden (AA 7.7.2023). Aufgrund einer fehlenden einheitlichen Definition des Begriffs Blutrache ist es schwierig, die Anzahl betroffener Personen festzustellen. Offizielle Zahlen sind derzeit nicht erhältlich. Das Nationale Komitee für Versöhnung hat 2022 eine Studie mit Zahlen veröffentlicht: Als „Täter im Bereich Rache, Blutfehde und Ehre“ werden dort zuletzt für 2021 69 Fälle angegeben. Ob dies originäre Fälle von Blutrache betrifft, oder auch andere (kriminelle oder politische) Motive zumindest teilweise eine Rolle spielen, lässt sich nicht verifizieren. Bereits 2014 führte die Staatsanwaltschaft Shkodra eine Untersuchung im besonders betroffenen Norden des Landes durch und kontaktierte ca. 200 von Blutrache betroffene Familien. Davon lebten lediglich 21 „eingeschlossen“. Diese Familien gaben auf Befragung übereinstimmend an, niemand habe sie bedroht oder gezwungen, eingeschlossen zu leben. Sie täten dies vielmehr aus freiem Willen aus Tradition und Respekt vor den Familien der Opfer sowie aus einer unbestimmten Angst, die jedoch nicht aus einer konkreten Bedrohung herrühre (AA 7.7.2023). Für potentielle Blutracheopfer bzw. Individuen, die von Gruppen des organisierten Verbrechens bedroht werden, sind die inländischen Fluchtalternativen begrenzt. Zwar bieten die Hauptstadt Tirana und andere urbane Zentren eine gewisse Anonymität, die wegen der geringen Größe des Landes und seiner Bevölkerung jedoch nur beschränkte Sicherheit bietet. Bei hartnäckiger Verfolgung bietet die Flucht an einen anderen Ort im Inland wenig Schutz (AA 7.7.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 29 von 30

Das UK Home-Office schätzt die Lage zur Blutrache wie folgt ein: Blutfehden gibt es nach wie vor - obwohl nicht klar ist, wie viele davon bestehende oder neue Fehden sind -, wobei das Phänomen auf das Kanun (Gewohnheitsrecht) zurückgeht. Am weitesten verbreitet sind sie in den nördlichen Gebieten Albaniens, insbesondere in Shkodra (Shkodër), Lezha, Kukes und Diber. In Gebieten, in denen Blutfehden nicht kulturell verankert sind, sind sie wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass Familien in diese Gebiete gezogen sind und die Blutfehde mit sich brachten; Blutfehden betreffen im Allgemeinen eher die männlichen Blutlinien der verfeindeten Familien als einzelne Zielpersonen. Es ist unwahrscheinlich, dass Frauen und Mädchen direkt von einer Blutfehde betroffen sind, obwohl sie von Familien, die sich selbst isolieren, betroffen sein können. Die Zahl der Blutfehden ist jedoch absolut und relativ gering und zudem rückläufig (UKHO 1.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (7.7.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2094873/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Albanien_als_sicheres_Herkunftsland_im_ Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG%2C_07.07.2023.pdf, Zugriff 3.4.2024 - UKHO - UK Home Office (1.2023): Country Policy and Information Note - Albania: Blood feuds, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086245/ALB_CPIN_Blood_feuds.pdf, Zugriff 4.4.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 30 von 30
