alba-lib-2024-04-12-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
1. Neueste Ereignisse – integrierte Kurzinformationen Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden. 2. Covid-19 Hinweis: COVID-19: Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports. Für historische Daten bis zum 10.3.2023 s. die Datenbank der Johns-Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd4029942 3467b48e9ecf6 . 3. Politische Lage Die Republik Albanien ist eine parlamentarische Demokratie. Die Verfassung überträgt die gesetzgebende Gewalt an das Einkammerparlament (die Versammlung), das sowohl den Premierminister als auch den Präsidenten wählt. Der Premierminister steht an der Spitze der Regierung, während der Präsident nur über eingeschränkte exekutive Befugnisse verfügt (USDOS 20.3.2023). Staatsoberhaupt ist seit Juli 2022 Staatspräsident Bajram Begaj (President.al o.D.). Seit dem politischen Umbruch in den Jahren 1990/91 hat sich die Republik Albanien zu einer parlamentarischen Demokratie mit einem Mehrparteiensystem entwickelt. Infolge historischer, politischer und kultureller Ursachen leidet das demokratische System an Defiziten. Das politische Leben ist durch eine starke Polarisierung mit wiederholten Boykott und Straßendemonstrationen geprägt. Interessensgruppen üben einen starken Einfluss auf die Parteien aus, und die parteipolitische Zugehörigkeit sowie Abhängigkeiten haben tiefgreifende Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben (AA 7.7.2023). 2020 wurde vom albanischen Parlament eine Wahlrechtsreform beschlossen (bpb 22.4.2021). Der Einsatz moderner Technik wie die biometrische Wähleridentifizierung sollen dazu beitragen, Wahlbetrug und Stimmenkauf zurückzudrängen (WDZ 25.4.2021). Die letzten Parlamentswahlen fanden am 25. April 2021 statt (USDOS 20.3.2023; vgl. KAS 3.2021), mit Nachwahlen für sechs Gemeinden im März 2022 (BS 19.3.2024). Premierminister Edi .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 5 von 30

Rama von der Sozialistischen Partei hat diese gewonnen; die sozialistische Partei bleibt somit weiterhin stärkste Kraft (ORF 27.4.2021; vgl. Standard 25.4.2021), vor der Demokratischen Partei (PD) und der mit ihr verbündeten Sozialistische Bewegung für Integration (LSI) [Anm.: der aktuellen Freiheitspartei] (DW 27.4.2021). Einem Bericht der internationalen Wahlbeobachter von OSCE/ODHIR zufolge waren Stimmabgabe und Auszählungsprozess nur von kleineren Versäumnissen und Zwischenfällen begleitet. Gleichzeitig stellte der Bericht jedoch auch fest, dass u.a. der Kauf von Stimmen ein ernstes Problem in Albanien bleibt (OSCE 4.2021; vgl. USDOS 20.3.2023). Das Gesetz sieht die systematische Überprüfung von Parlamentariern und Kandidaten auf eine kriminelle Vergangenheit vor. Trotz verschiedener Verbesserungen wird noch immer eine Kultur der Straflosigkeit und der fehlenden Implementierung von Regelwerken beklagt, weiters Nepotismus aufgrund der clanbasierten Gesellschaftsstrukturen (AA 7.7.2023). Im Wesentlichen wird die Politik des Landes von folgenden drei Parteien bestimmt: der aus der (kommunistischen) Partei der Arbeit Albaniens hervorgegangenen Sozialistischen Partei von Premierminister Edi Rama; der in zwei Flügel gespaltenen Demokratischen Partei unter dem ehemaligen Premier Sali Berisha und dem auf Lulzim Basha gefolgten Enkelejd Alibea sowie der vom ehemaligen Staatspräsidenten Ilir Meta geführten Freiheitspartei (vormals: Sozialistische Bewegung für Integration LSI) (AA 7.7.2023). Nachdem Albanien bereits im Juni 2014 als Würdigung der erzielten Fortschritte der EU- Kandidatenstatus verliehen worden war, hat der Rat der Europäischen Union auf Empfehlung der Europäischen Kommission die Aufnahme von Beitrittsgesprächen empfohlen. Die Beitrittsverhandlungen wurden dann im Juli 2022 von den Staats- und Regierungschefs aufgenommen (BKA 19.7.2022). Albanien ist seit 1991 Mitglied der OSZE, seit 1995 Mitglied des Europarates, seit 1.4.2009 NATO- Mitglied (AA 7.7.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (7.7.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2094873/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Albanien_als_sicheres_Herkunftsland_im_ Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG%2C_07.07.2023.pdf, Zugriff 3.4.2024 - BKA – Bundeskanzleramt [Österreich] (19.7.2022): Startschuss für EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/europa- aktuell/2022/startschuss-fuer-eu-beitrittsverhandlungen-mit-nordmazedonien-und-albanien.html, Zugriff 5.4.2024 - BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Albania, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105800/country_report_2024_ALB.pdf, Zugriff 5.4.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 6 von 30

- bpb - Bundeszentrale für politische Bildung (22.4.2021): Parlamentswahl in Albanien, https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/331775/parlamentswahl-in-albanien, Zugriff 5.4.2024 - DW - Deutsche Welle (27.4.2021): Wahlsieg für Sozialisten in Albanien, https://www.dw.com/de/wahlsieg-f%C3%Bcr-sozialisten-in-albanien/a-57355842, Zugriff 30.3.2024 - KAS - Konrad Adenauer-Stiftung (3.2021): Länderbericht Albanien. Albanien vor den Parlamentswahlen, https://www.ecoi.net/en/file/local/2047134/Albanien+vor+den+Parlamentswahlen.pdf. Zugriff 30.3.2024 - ORF Österreichischer Rundfunk (27.4.2021): Albanien-Wahl: Regierende Sozialisten weiter auf Siegeskurs, https://orf.at/stories/3210808/, Zugriff 30.3.2024 - OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (4.2021): International Election Observation Mission. Republic of Albania, Parliamentary elections on 25 April 2021, https://www.osce.org/files/f/documents/2/7/484688.pdf, Zugriff 30.3.2024 - President.al (o.D.): Ilir Meta - The President of the Republic of Albania, https://president.al/en/biografia/, Zugriff 28.4.2022 - Standard (25.4.2021): Edi Ramas Sozialisten bei Albanien-Wahl in Führung, https://www.derstandard.at/story/2000126129584/buerger-in-albanien-waehlen-neues- parlament, Zugriff 30.3.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Albania, https://www.ecoi.net/en/document/2089105.html, Zugriff 5.4.2024 - WDZ - Westdeutsche Zeitung (25.4.2021): Prognose: Opposition bei Parlamentswahl in Albanien vorne, https://www.wz.de/politik/ausland/prognose-opposition-bei-parlamentswahl-in- albanien-vorne_aid-57543855, Zugriff 30.3.2024 4. Sicherheitslage Der albanische Staat hat das Gewaltmonopol auf seinem Staatsgebiet. Der Kampf des Staates gegen informelle Gruppen, die sich seiner Autorität widersetzen, insbesondere gegen mächtige Mafia- und kriminelle Netzwerke, hat sich konsolidiert (BS 19.3.2024). Die Sicherheitslage kann insgesamt als relativ stabil bezeichnet werden. Dennoch kann es in Tirana und anderen großen Städten zu Proteste und Kundgebungen kommen (EDA 23.11.2023), die vereinzelt auch von Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen begleitet sein können (BMEIA 26.2.2024). Das Risiko von Terroranschlägen kann nicht ausgeschlossen werden (EDA 23.11.2023). Quellen: - BMEIA – Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten [Österreich] (26.2.2024), https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/albanien#:~:text=Sicherheit %20%26%20Kriminalit%C3%A4t&text=Die%20Sicherheitssituation%20in%20Albanien %20ist,Demonstrationen%20und%20Menschenansammlungen%20zu%20meiden, Zugriff 5.4.2024 - BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Albania, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105800/country_report_2024_ALB.pdf, Zugriff 5.4.2024 - EDA - Eidgenössisches Department für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (23.11.2023): Reisehinweise für Albanien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und- reisehinweise/albanien/reisehinweise-fueralbanien.html, Zugriff 5.4.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 7 von 30

5. Rechtsschutz / Justizwesen Die Unabhängigkeit der Justiz ist ein wesentliches Merkmal der Verfassung. Gleichzeitig hindern politischer Druck, Einschüchterung, Korruption und begrenzte Ressourcen die Justiz daran, vollständig, unabhängig und effizient zu arbeiten (USDOS 20.3.2023). Gerichtsentscheidungen werden de facto häufig durch unzulässige externe Einflussnahme und Korruption beeinträchtigt (BS 19.3.2024). Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz ist gering (FH 2023). Seit 2016 experimentiert Albanien mit einer umfassenden Justizreform, die von der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten in Zusammenarbeit mit anderen internationalen Institutionen unterstützt und beaufsichtigt wird (FH 2023; vgl. BS 19.3.2024). Hauptbestandteil dieser Reform ist die Professionalisierung der Justiz inklusive Korruptionsbekämpfung durch Überprüfung aller Richter und Staatsanwälte (Vetting) (AA 7.7.2023) und somit von rund 800 Mitgliedern des Justizwesens auf ungerechtfertigtes Vermögen, Professionalität und Verbindungen zu kriminellen Organisationen (BS 19.3.2024). Im Rahmen dieses international überwachten Verfahrens entlässt die Regierung jene Richter und Staatsanwälte, die über unerklärlichen Reichtum verfügen oder Verbindungen zur organisierten Kriminalität haben. Nach Angaben der Überprüfungsinstitutionen haben von den 556 Richtern, Staatsanwälten und anderen Beamten, die seit 2016 überprüft wurden, 37 % das Verfahren bestanden, 43 % wurden entlassen und 18 % traten zurück oder gingen in den Ruhestand (USDOS 20.3.2023). Die Überprüfung der Mitglieder des Justizwesens sollte eigentlich im Juni 2022 abgeschlossen sein, ging aber langsamer voran als geplant (BS 19.3.2024) und soll nun bis Ende 2024 finalisiert werden (AA 7.7.2023). Infolge der zahlreichen Entlassungen bewirkte die Justizreform im gesamten System einen Mangel an Richtern und somit auch einen Rückstau an Fällen (BS 19.3.2024). Positiv ist zu vermerken, dass das Mandat der für die Überprüfung von Richtern und Staatsanwälten zuständigen Gremien vom Parlament verlängert wurde (FH 2023; vgl. BS 19.3.2024). Weiters wurde die Sonderstruktur zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität (SPAK), zu der die Sonderstaatsanwaltschaft (SPO) und das National Bureau of Investigations (NBI) gehören, mit neuen Mitarbeitern aufgestockt (BS 19.3.2024). Auch das Verfassungsgericht und der Oberste Gerichtshof wurden durch neue Ernennungen verstärkt (BS 19.3.2024). Hierdurch konnten die in Folge des Vettings entstandenen Vakanzen ausgeglichen (AA 7.7.2023) und der Oberste Gerichtshof wieder in die Lage versetzt werden, seine Aufgaben entsprechend zu erfüllen (USDOS 20.3.2023). Die Vakanzen betreffen nunmehr die Berufungsgerichte und die einfachen Gerichte. Eine Neuorganisation der Gerichtslandschaft (Zusammenlegen von Gerichten) soll in einer .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 30

Transitionsphase alle Lücken schließen und Abhilfe schaffen. Bestandteil der Justizreform sind u.a. auch eine neue Strafprozessordnung und das Jugendstrafrecht (AA 7.7.2023). Laut der Europäischen Kommission habe die Justizreform insgesamt einen zufriedenstellenden rechtlichen und institutionellen Rahmen geschaffen, aber trotz einiger Fortschritte und fortgesetzter Bemühungen bei der Korruptionsbekämpfung sei die Korruption in Albanien nach wie vor besorgniserregend (EC 8.11.2023). Verfassung und Gesetz sehen das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren ohne unangemessene Verzögerungen vor. Angeklagte gelten bis zum Beweis ihrer Schuld als unschuldig. Sie sind unverzüglich und ausführlich über die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zu informieren. Zudem haben sie das Recht auf anwaltliche Vertretung; bei Bedarf wird auf öffentliche Kosten ein Anwalt zur Verfügung gestellt. Die Angeklagten haben das Recht, Zeugen und Beweise zu präsentieren sowie Berufung einzulegen und bei Bedarf kostenlos einen Dolmetscher beizuziehen. Im Allgemeinen wurden diese Rechte respektiert, auch wenn die Verfahren nicht immer öffentlich waren und sich der Zugang zu einem Anwalt bisweilen als problematisch erwiesen hat (USDOS 20.3.2023). Das Strafgesetzbuch wird kontinuierlich überarbeitet und an westliche Standards angepasst. Viele Rechtsverstöße werden aufgrund der schwachen staatlichen Institutionen nicht oder zumindest nicht in ausreichendem Maße verfolgt. Untersuchungshäftlinge müssen teilweise sehr lange auf ihren Prozess warten und Verfahren können mitunter mehrere Jahre lang dauern. Mangelnde Qualifikation und Anfälligkeit der Richter für Korruption können zu rechtsstaatlich zweifelhaften Ergebnissen führen (AA 7.7.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (7.7.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2094873/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Albanien_als_sicheres_Herkunftsland_im_ Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG%2C_07.07.2023.pdf, Zugriff 2.4.2024 - BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Albania, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105800/country_report_2024_ALB.pdf, Zugriff 5.4.2024 - EC - European Commission (8.11.2023): Albania 2023 Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2101210/SWD_2023_690+Albania+report.pdf, Zugriff 5.4.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 – Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2097689.html, Zugriff 3.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Albania, https://www.ecoi.net/en/document/2089105.html, Zugriff 5.4.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 30

6. Sicherheitsbehörden Dem Innenministerium unterstehen die republikanische Garde und die Staatspolizei, zu der auch die Grenz- und Migrationspolizei zählen. Die Staatspolizei ist für die innere Sicherheit verantwortlich. Die republikanische Garde schützt hochrangige Staatsbedienstete, ausländische Würdenträger und bestimmte Grundstücke im Staatsbesitz. Die Streitkräfte unterstehen dem Verteidigungsministerium, der Geheimdienst dem Premierminister. Die zivilen Behörden üben effektive Kontrolle über alle Sicherheitskräfte aus (USDOS 20.3.2023). Die albanische Staatspolizei ist stark hierarchisch ausgerichtet und unterliegt einer ausgeprägten politischen Steuerung. In Folge werden polizeiliche Aktivitäten oft von der jeweiligen politischen Interessenlage beeinflusst. Die Regierung unternimmt Anstrengungen, die Professionalisierung der Polizei voranzutreiben. Auch für die Polizei hat ein Durchleuchtungsprozess ähnlich dem Vetting der Richter und Staatsanwälte begonnen. Personelle Veränderungen haben zu einem effizienteren Agieren der Polizei geführt. Die Staatspolizei ist in vier Abteilungen unterteilt: die Generaldirektion zur Bekämpfung der Schweren und Organisierten Kriminalität (Kriminalpolizei), die Generaldirektion Migration und Grenze (Grenzpolizei), die Generaldirektion Öffentliche Sicherheit (uniformierte Polizei) sowie seit 2015 eine Direktion zur Bekämpfung des Terrorismus. 2018 wurde eine Special Task Force zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Organisierten Kriminalität eingerichtet, BKA/LKAs unterstützen sie personell und materiell in großem Umfang. Polizei und Staatsschutz sind vollständig getrennt: Während die Polizei dem Innenminister untersteht, ist der Leiter des Staatsschutzes eigenständiges Kabinettsmitglied (AA 7.7.2023). Im Zuge einer Organisationsreform der Staatspolizei soll eine Stärkung der Bereiche Cyber- Kriminalität, Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und Bekämpfung des Terrorismus erfolgen. Des Weiteren wird die Grenzpolizei ihre Ermittlungskompetenz zurückerhalten, die zuvor durch die Kriminalpolizei wahrgenommen wurde (AA 7.7.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (14.6.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2053949/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Albanien_als_sicheres_Herkunftsland_im_ Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_April_2021%29%2C_14.06.2021.pdf, Zugriff 28.4.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Albania, https://www.ecoi.net/en/document/2089105.html, Zugriff 5.4.2024 7. Folter und unmenschliche Behandlung Verfassung und Gesetz verbieten Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen oder Bestrafungen (USDOS 20.3.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 30

In Albanien findet keine systematische staatliche Repression wegen Rasse, Geschlecht, Religions- zugehörigkeit, Nationalität oder politischer Überzeugung statt (AA 7.7.2023). Das Büro des Ombudsmanns, das als Wächter über die Regierung fungiert, stellte insgesamt eine allgemeine Verbesserung der Polizeipraxis fest, wobei die Regierung größere Anstrengungen unternahm, um gegen die Straflosigkeit der Polizei vorzugehen. Im Februar 2022 wurde eine neue, von der albanischen Staatspolizei (ASP) völlig unabhängige Polizeiaufsichtsbehörde eingerichtet, die die Strafverfolgung auf allen Ebenen untersuchen soll. Sie führte unabhängige Untersuchungen durch und nahm Beschwerden über Polizeimissbrauch und Korruption entgegen, die zu 385 Einzeluntersuchungen, 106 Verhaftungen und 61 Suspendierungen von Polizeibeamten vom Dienst führten (USDOS 20.3.2023). Albanien hat die Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder herabwürdigende Bestrafungen samt Fakultativprotokoll ebenso wie das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ratifiziert. Art. 25 der Verfassung verbietet explizit Folter und jedwede grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Nach überein- stimmenden Erkenntnissen nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen wird in Albanien in Polizeigewahrsam und in den Haftanstalten nicht auf staatliche Anweisung gefoltert. Es gibt jedoch immer wieder Fälle von Gewalt und Misshandlungen, insbesondere seitens oder im Verantwortungsbereich der Polizei, vorrangig während sich Personen in Polizeigewahrsam befinden (AA 7.7.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (7.7.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2094873/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Albanien_als_sicheres_Herkunftsland_im_ Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG%2C_07.07.2023.pdf, Zugriff 2.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Albania, https://www.ecoi.net/en/document/2089105.html, Zugriff 5.4.2024 8. Korruption Auch wenn Albanien bei der Bekämpfung der Korruption einige Fortschritte gemacht hat, gibt diese weiterhin Anlass zu ernster Sorge. Korruption ist in vielen Bereichen des öffentlichen und geschäftlichen Lebens weit verbreitet. Präventivmaßnahmen zeigen weiterhin nur begrenzte Wirkung. Die spezialisierten Strukturen zur Korruptionsbekämpfung (SPAK) haben in mehreren Fällen auf höchster Ebene Ermittlungen durchgeführt und Verhaftungen angeordnet. Diese nunmehr höhere Zahl rechtskräftiger Verurteilungen ist wesentlich, um die Kultur der Straflosigkeit .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 30

weiter zu bekämpfen. Zusätzlich fordert die Europäische Kommission (EK) in ihrem Jahresbericht zu Albanien zusätzliche Anstrengungen, um eine ordnungsgemäße gerichtliche Weiterverfolgung aufgedeckter Fälle zu gewährleisten sowie eine weitere Stärkung der institutionellen Kapazität der Generaldirektion für Korruptionsbekämpfung im Justizministerium sowie eine Überarbeitung der Zusammensetzung der Ethikkommission. Bezüglich der korruptionsanfälligsten Sektoren sollten laut EK gezielte Risikobewertungen und Maßnahmen unternommen werden (EC 8.11.2023). Umfassende institutionelle Reformen durch die Regierung sollen dazu beitragen, die tiefgreifende Korruption zu bekämpfen, die die Legitimität der demokratischen Institutionen untergräbt (BS 19.3.2024). Albaniens Regierungen benutzten den Staat lange als Eigentum, den sie unter Familienmitgliedern und politischen Kumpanen verteilten, um ihre Macht zu festigen. Das Land erlebte mehr als zwei Jahrzehnte lang einen Boom an illegalen Aktivitäten wie etwa Stromdiebstahl, Besetzung öffentlicher Räume, illegale Bauvorhaben, Korruption, Missbrauch des Steuersystems und auch des Justizsystems. Die Sozialistische Partei (2013 bis heute) kam mit dem Versprechen an die Macht, das tief verwurzelte System der Korruption aufzubrechen und die Autorität des Staates und seiner wichtigsten Institutionen gegen dominante Privatinteressen und klientelistische Netzwerke zu stärken (BS 19.3.2024). Korruption gibt es in allen Bereichen und auf allen Ebenen der Regierung, auch bei der öffentlichen Auftragsvergabe und bei öffentlich-privaten Partnerschaften, obwohl die Behörden auch Fortschritte bei deren Bekämpfung und der Beendigung der Straffreiheit verzeichnen konnten. Im August 2022 erreichte die Sonderstaatsanwaltschaft gegen Korruption und organisierte Kriminalität (SPAK) die endgültige Verurteilung hochrangiger Personen wie etwa des ehemaligen Innenministers Saimir Tahiri, der ehemaligen stellvertetenden Innenministerin, weiters von einzelnen Richtern, Staatsanwälten und eines Bürgermeisters. SPAK untersuchte auch öffentlich-private Verträge für Müllverbrennungsanlagen in den Städten Tirana, Elbasan und Fier, bei denen angeblich umgerechnet 271,5 Mio. USD unrechtmäßig an Regierungsbeamte und Auftragnehmer geflossen sind. Die Ermittlungen führten zur Verhaftung des ehemaligen Umweltministers Lefter Koka im Dezember 2021 und des ehemaligen Parlamentsmitglieds Alqi Bllako im März. Weitere hochrangige Beamte und Staatsvertreter wurden angeklagt (USDOS 20.3.2023). Auch bei der Polizei stellt Korruption nach wie vor ein Problem dar. Bis August 2022 gingen bei der Polizeiaufsichtsbehörde 1.707 Beschwerden oder Anschuldigungen wegen Korruption ein (USDOS 20.3.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 30

Im aktuellen Transparency International Corruption Perceptions Index (2023) rangiert Albanien unter 180 Ländern und Territorien mit einer Punktezahl von 37 (von 100) an 98. Stelle und hat sich damit seit 2021 um 12 Plätze verbessert (TI 2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (7.7.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2094873/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Albanien_als_sicheres_Herkunftsland_im_ Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG%2C_07.07.2023.pdf, Zugriff 2.4.2024 - BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Albania, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105800/country_report_2024_ALB.pdf, Zugriff 5.4.2024 - EC - European Commission (8.11.2023): Albania 2023 Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2101210/SWD_2023_690+Albania+report.pdf, Zugriff 5.4.2024 - TI - Transparency International (2024): Corruption Perceptions Index 2023, https://www.transparency.org/en/cpi/2023/index/alb, Zugriff 5.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Albania, https://www.ecoi.net/en/document/2089105.html, Zugriff 5.4.2024 9. NGOs und Menschenrechtsaktivisten Inländische und internationale Menschenrechtsgruppen (USDOS 20.3.2023) sowie Nichtregierungsorganisationen (NGOs) im Allgemeinen (FH 2023) arbeiten in der Regel ohne Einschränkungen (FH 2023; vgl. USDOS 20.3.2023) und können die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zu Menschenrechtsfällen ohne Probleme veröffentlichen (USDOS 20.3.2023). Aufgrund ihrer Abhängigkeit von ausländischen Gebern verfügen sie aber oft nur über begrenzte Mittel (FH 2023). Regierungsbeamte sind im Allgemeinen kooperativ (USDOS 20.3.2023). Das Büro des Bürgerbeauftragten ist die wichtigste unabhängige Institution zur Förderung und Durchsetzung der Menschenrechte. Die Ombudsperson ist gesetzlich ermächtigt, Gefängnisse und Haftanstalten zu überwachen. Sie kann eine Untersuchung auf Grundlage von Beschwerden oder von Amts wegen einleiten. Obwohl der Ombudsperson die Befugnis zur Vollstreckung von Entscheidungen fehlt, fungiert sie als Kontrollinstanz auf dem Gebiet der Menschenrechtsverletzungen, und die Institutionen bemühen sich, seinen Empfehlungen nachzukommen. Ad-hoc-Arbeitsgruppen sollen die jeder Empfehlung des Ombudsmannes bezüglich der Haftbedingungen nachgehen. Die Nationalversammlung hat Ausschüsse für Rechtsfragen, öffentliche Verwaltung und Menschenrechte; Letzterer prüft den Jahresbericht des Ombudsbüros. Der Ausschuss ist in Gesetzgebungsfragen engagiert und effektiv (USDOS 20.3.2023). Quellen: .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 30

- FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 – Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2097689.html, Zugriff 3.4.2024 - USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089105.html, Zugriff 3.4.2023 10. Wehrdienst und Rekrutierungen Freiwilliger Militärdienst kann im Alter von 18-27 Jahren absolviert werden (CIA 26.3.2024). Die Wehrpflicht wurde in Albanien am 1.1.2010 abgeschafft (AA 7.7.2023; vgl. CIA 26.3.2024). Findet Fahnenflucht in Kriegszeiten bzw. in Zeiten eines Ausnahmezustands statt, wird sie mit fünf bis fünfzehn Jahren Haft, und wenn sie zu schwerwiegenden Folgen führt, mit nicht weniger als zehn Jahren Haft bestraft (AA 7.7.2023). Das gesetzliche Mindestalter für den freiwilligen Wehrdienst beträgt 19 Jahre (CIA 3.5.2022). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (7.7.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2094873/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Albanien_als_sicheres_Herkunftsland_im_ Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG%2C_07.07.2023.pdf, Zugriff 3.4.2024 - CIA - The World Factbook [USA] (26.3.2024): Albania, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/albania/, Zugriff 3.4.2023 11. Allgemeine Menschenrechtslage Die albanische Verfassung vom 21.10.1998 enthält - auf Grundlage der Garantien der Europäischen Konvention für Menschenrechte - in ihren Artikeln 15 bis 58 einen ausführlichen Grundrechtskatalog, der neben persönlichen und politischen auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und Freiheiten enthält. Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe wurden von Albanien ratifiziert, ebenso die Mehrzahl der UN-Übereinkommen zu den Menschenrechten. In Albanien findet keine systematische staatliche Repression wegen Rasse, Geschlecht, Religionszugehörigkeit, Nationalität oder politischer Überzeugung statt (AA 7.7.2023). Albanien kann auf eine Reihe von kompetitiven Wahlen zurückblicken, obwohl die politischen Parteien stark polarisiert sind und sich oft um führende Persönlichkeiten herum organisieren. Religions- und Versammlungsfreiheit werden im Allgemeinen geachtet. Korruption und Bestechung sind nach wie vor ein großes Problem, auch wenn sich die Regierung bemüht hat, die Korruption im Justizwesen zu bekämpfen (FH 2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 30
