2025-09-08-coi-cms-laenderinformationen-somalia-version-8-50fd
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
(EEAS 21.6.2023; RE 13.8.2024; RE 8.5.2024; RE 24.3.2024; RE 19.3.2024; RE 6.3.2024; RE 13.1.2024; RE 15.11.2023; RE 30.10.2023; RE 26.10.2023; RE 18.9.2023; RE 16.8.2023; RE 11.8.2023; RE 6.8.2023; Scholar/STDOK/SEM 5.2023; SNST-T/STDOK/SEM 5.2023; TANA/ ACRC 9.3.2023; YOVENCO/STDOK/SEM 5.2023) Beispiele für Lebenshaltungskosten: • Ein Mann, der zuvor als Nomade gelebt hat, verdient nun sein Geld mit der Auslieferung von Fahrzeugen, die am Hafen in Hobyo anlanden. Er arbeitet 25 Tage im Monat und verdient für jede Fahrt 80-120 US-Dollar. Damit kann er seine 12-köpfige Familie erhalten. Sieben seiner Kinder schickt er zur Schule, das kostet 60 US-Dollar im Monat (HO 22.6.2024). • Auch ein anderer Mann arbeitet als Auslieferer von Fahrzeugen in Hobyo. Er kann mit dem Verdienst seine Frau und seine zehn Kinder erhalten. Er verdient 300-400 US-Dollar im Monat (HO 22.6.2024). • Eine IDP-Frau in Hobyo (Mudug) verkauft gekochten Fisch, womit sie 10-15 US-Dollar am Tag Gewinn macht. Ihre Ausrüstung umfasst zwei Kühlschränke und Kochgeschirr. Ihr Ehemann betätigt sich als Fischer, zwei Kinder helfen der Mutter. Fünf Kinder kann die Frau zur Schule schicken, dies kostet 25 US-Dollar im Monat (RE 8.5.2024). 371

• Eine andere Frau in Hobyo verkauft ebenfalls Fischspeisen und verdient damit 10 US-Dollar am Tag. Damit kann sie für ihre neun Kinder sorgen, Schulgebühren, Strom und Wasser bezahlen und auch Geld ansparen. Ihr Mann ist arbeitslos (RE 8.5.2024). • Ein Mann aus Hinlabi (Mudug) verdient mit dem Abbau von Salz 5 US-Dollar am Tag. Er ernährt damit seine Frau und sieben Kinder. Er hat eine Ziege verkauft, um ein Areal zu erwerben, auf welchem er Salz abbauen darf. Die Kinder können die Schule besuchen, die Familie kann ihre Rechnungen und alte Schulden bezahlen (RE 10.4.2024). • Eine IDP-Mutter von acht Kindern macht mit ihrem kleinen Geschäft in einem IDP-Lager in Garoowe (Puntland) 5-10 US-Dollar Gewinn. Ihr Mann ist arbeitslos. Die Frau kann ihre Kinder zur Schule schicken und sie ernähren. Bei ihrem Geschäft gewährt sie Bedürftigen auch Kredit (RE 19.3.2024). • Eine andere IDP-Frau in Garoowe verdient mit dem Verkauf von Kinderbekleidung 5-7 US- Dollar am Tag. Sie kann damit ihre elf Kinder und ihren alten und kranken Mann ernähren, will aber erst Schulden zurückzahlen, bevor sie ihren Kindern die Schulgebühr finanziert (RE 19.3.2024). • Eine IDP-Frau in Garoowe berichtet, dass sie mit Waschen 3 US-Dollar am Tag verdient. Sie muss pro Tag rund drei Kilometer gehen, um Arbeit zu finden. Trotz dieses geringen Einkommens unterstützt sie auch eine andere IDP-Familie (RE 8.8.2023). • Ein vormaliger Nomade, der sein Vieh verloren hatte, berichtet, dass er auf einer drei Hektar großen Farm bei Afmadow 27 Säcke unterschiedlicher Produkte ernten konnte. Die Hälf te behielt er für sich und seine Familie von sechs Kindern. Die andere verkaufte er für 370 US-Dollar. Er kann seine Rechnungen bezahlen und Kinder zur Schule schicken. Für die Einschreibung von drei Kindern hat er 15 US-Dollar bezahlt. Das Ackerland wurde dem Mann von der Verwaltung von Afmadow zugeteilt, er erhielt zusätzlich 70 US-Dollar an finanzieller Hilfe (RE 4.8.2023). • Ein anderer Farmer produzierte auf acht Hektar40 Sack, behielt 25 und verdiente mit dem Verkauf der übrigen Ware 577 US-Dollar. Er konnte sechs seiner acht Kinder zur Schule schicken (RE 4.8.2023). • Ein 23-jähriger Mann, der zehn Stunden am Tag in Bossaso selbstgemachte Fruchtsäfte verkauft, verdient 10-15 US-Dollar am Tag. Er schickt das Geld zum Großteil an seine siebenköpfige Familie nach Qardho (er ist einer der Söhne). Diese zahlt dort 200 US-Dollar für ein gemietetes Haus. Um das Geschäft starten zu können, hat sich der junge Mann von einem Verwandten 200 US-Dollar geborgt (RE 22.6.2023). • Ein in einem IDP-Lager in Mogadischu lebender Vater von sieben Kindern verdient als Transporteur mit einem Handkarren 5 US-Dollar am Tag. Damit kann er es sich nicht leisten, seine drei Kinder auf Privatschulen zu schicken, dies kostet 10 US-Dollar im Monat (RE 26.5.2023). • Ein 22-jähriger Mann arbeitet als Englischlehrer in einer Schule in einem IDP-Camp in Kaxda (Mogadischu). Dort verdient er 90 US-Dollar im Monat. Der Mann ist das älteste Kind seiner 372

Familie, die seine Eltern und sieben Geschwister umfasst. Er hat in der Mittelschule in Äthiopien Englisch gelernt. Dort waren er und seine Familie als Flüchtlinge ansässig, bevor sie 2021 nach Mogadischu zurückgekehrt sind (RE 29.3.2023). • Ein andere Lehrerin der gleichen Schule, 21 Jahre alt und Tochter einer IDP-Familie aus Diinsoor, hilft mit ihrem Einkommen ebenfalls Eltern und Geschwistern, die zuvor von Nah rungsmittelhilfe abhängig waren. Nun können sie sich drei Mahlzeiten am Tag leisten. Die Frau kann sich zudem Geld ansparen (RE 29.3.2023). • Eine Schneiderin in Galkacyo berichtet, dass sie 2-3 US-Dollar am Tag verdient. Sie bezahlt 15 US-Dollar Miete für ein Haus und insgesamt 35 US-Dollar Schulgeld pro Monat für ihre vier Kinder (RE 18.12.2022). • Eine Viehmaklerin an einem Markt in Luuq, Gedo, gibt im Jahr 2022 an, 4-5 US-Dollar pro Tag zu verdienen. Damit kann sie vier ihrer acht Kinder in die Schule schicken und ihrer Familie zwei Mahlzeiten pro Tag garantieren. Zudem konnte sie 3.000 US-Dollar ansparen und mit weiteren 1.800 geborgten US-Dollar ein Stück Land erwerben und darauf ein Haus bauen (RE 30.11.2022). • Eine andere Viehmaklerin aus Luuq - Mutter von neun Kindern und ebenfalls IDP - berichtet im Jahr 2022, dass sie pro verkaufter Ziege 30-70 US-Cent erhält. Sie verkauft am Tag 5-10 Ziegen. Die Frau gibt an, ihrer Familie zwei Mahlzeiten am Tag garantieren zu können. Ihr Mann ist arbeitslos (RE 30.11.2022). • Ein 29-jähriger Mann aus Bakool, der nach Luuq in Gedo geflüchtet ist, erklärt im Jahr 2022, dass er als Bauarbeiter 6-8 US-Dollar am Tag verdient. Jede Woche schickt er 24 US-Dollar an seine in Bakool verbliebene Familie. Damit kann sich diese zwei Mahlzeiten pro Tag leisten (RE 26.10.2022). Beispiele für Lebenshaltungskosten - Somaliland: • Eine alleinstehende Mutter von sieben Kindern in Hargeysa hat 400 US-Dollar in ein kleines Geschäft investiert, das sie in ihrem Haus betreibt. Sie verdient damit 200-250 US-Dollar im Monat. Damit kann sie ihre Kinder aufziehen und vier davon für 50 US-Dollar im Monat in die Schule schicken (RE 13.8.2024). • Die gleiche Mutter hat zuvor mit dem Straßenverkauf von Gemüse nur ca. 3 US-Dollar pro Tag verdient. Damit konnte sie für die Kinder nur ein Essen pro Tag bereitstellen und war bei der Finanzierung von Schulgebühren auf Verwandte angewiesen (RE 13.8.2024). • Eine 37-jährige alleinstehende Mutter von sechs Kindern in Burco hat ein Stück Land aus ihrem Besitz verkauft, um sich um 2.000 US-Dollar ein gebrauchtes Tuk-Tuk zu kaufen. Ne ben ihren Kindern versorgt die Frau auch fünf jüngere Geschwister (das älteste ist 14 Jahre alt). Mit Einnahmen von 5-11 US-Dollar am Tag kann sie allen elf Kindern - nach eigenen Angaben - ein angemessenes Leben finanzieren. Sie konnte aus einem IDP-Lager in ein Wellblechhaus (Iron-Sheet-House) ziehen, dafür bezahlt sie 30 US-Dollar Monatsmiete. Die 373

Kinder können die Schule besuchen, auch wenn die Schule der Mutter manchmal Schul gebühren erlässt. Zudem kommt die Frau für medizinische Versorgung, Wasser und Strom auf. Vom Einkommen kann nichts angespart werden (RE 19.6.2024). • Ein Mann aus Caynaabo (Sool) kann mit seinem Einkommen als Schweißer - 250-300 US- Dollar im Monat - seine Frau und zehn Kinder erhalten. Vier seiner Kinder besuchen die Schule (RE 6.3.2024). • Eine Frau aus Somaliland berichtet, dass sie aus dem Verkauf von 50 Ziegen 1.500 US- Dollar Erlös eingenommen hat. Davon hat sie in einer ländlichen Gemeinde für 400 US-Dollar ein Wellblechhaus errichten lassen und mit dem Rest den neuen Verkaufsstand mit Waren aufgefüllt. Dabei hält sie weiterhin 20 Ziegen. Für den Stand zahlt die Frau 12 US-Dollar Miete im Monat und macht dort an einem guten Tag 6 US-Dollar Gewinn. Daher plant sie, ihre fünf Kinder in die Schule zu schicken. Die Frau kann ihren Kindern nun drei statt bis dahin nur eine oder zwei Mahlzeiten pro Tag bieten; auch eine Mutter von sechs Kindern berichtet ähnliches (RE 12.4.2023). • Ein Hirte hat 120 seiner Ziegen verkauft und ist mit seiner Frau und acht Kindern aus dem Dorf nach Burco gezogen. Dort hat er ein kleines Café eingerichtet. Er konnte sechs seiner Kinder in der Schule einschreiben (RE 12.4.2023). Quellen ■ EEAS - European Union / European External Action Service (21.6.2023): Returning refugees and internally displaced children receive a free education in Somalia in EU-funded schools, https://www. eeas.europa.eu/delegations/somalia/returning-refugees-and-internally-displaced-children-receive-f ree-education_en, Zugriff 17.1.2024 ■ HO - Hiiraan Online (22.6.2024): Former livestock keepers get behind the wheel in central Somalia, https://www.hiiraan.com/news4/2024/Jun/196800/former_livestock_keepers_get_behind_the_whee l_in_central_somalia.aspx?utm_source=hiiraan&utm_medium=SomaliNewsUpdateFront , Zugriff 27.6.2024 ■ RE - Radio Ergo (13.8.2024): Homes and jobs lift poor Hargeisa families relocated from swampy dam area, https://radioergo.org/en/2024/08/homes-and-jobs-lift-poor-hargeisa-families-relocated-f rom-swampy-dam-area/ , Zugriff 17.9.2024 ■ RE - Radio Ergo (19.6.2024): Brave woman tuk-tuk driver supports her family single-handedly in Burao, https://radioergo.org/en/2024/06/brave-woman-tuk-tuk-driver-supports-her-family-single-h andedly-in-burao/, Zugriff 16.9.2024 ■ RE - Radio Ergo (8.5.2024): Displaced women in Hobyo set up businesses selling fish, https: //radioergo.org/en/2024/05/displaced-women-in-hobyo-set-up-businesses-selling-fish/ , Zugriff 16.9.2024 ■ RE - Radio Ergo (10.4.2024): Mudug salt miners earn a good income but hope for investment, https: //radioergo.org/en/2024/04/mudug-salt-miners-earn-a-good-income-but-hope-for-investment/ , Zugriff 17.9.2024 ■ RE - Radio Ergo (24.3.2024): Motorbikes create jobs for youths and change the face of Mogadishu streets, https://radioergo.org/en/2024/03/motorbikes-create-jobs-for-youths-and-change-the-fac e-of-mogadishu-streets/ , Zugriff 17.9.2024 ■ RE - Radio Ergo (19.3.2024): Small business grants set IDP women in Garowe back on their feet, https://radioergo.org/en/2024/03/small-business-grants-set-idp-women-in-garowe-back-on-their-f eet/, Zugriff 17.9.2024 ■ RE - Radio Ergo (6.3.2024): New skills bring jobs to households in Ainabo, https://radioergo.org/en /2024/03/new-skills-bring-jobs-to-households-in-ainabo/ , Zugriff 17.9.2024 374

■ RE - Radio Ergo (13.1.2024): Small business brings big changes for central Somali family, https: //radioergo.org/en/2024/01/small-business-brings-big-changes-for-central-somali-family/ , Zugriff 16.9.2024 ■ RE - Radio Ergo (15.11.2023): Youth in Adado appointed to teaching jobs in rural schools, https: //radioergo.org/en/2023/11/youth-in-adado-appointed-to-teaching-jobs-in-rural-schools/ , Zugriff 16.9.2024 ■ RE - Radio Ergo (30.10.2023): Mogadishu’s blacksmiths worried by cheap imports of metal goods, https://radioergo.org/en/2023/10/mogadishus-blacksmiths-worried-by-cheap-imports-of-metal-goo ds/, Zugriff 16.9.2024 ■ RE - Radio Ergo (26.10.2023): Selling tea leads to bigger things for Mogadishu entrepreneur, https: //radioergo.org/en/2023/10/selling-tea-leads-to-bigger-things-for-mogadishu-entrepreneur71535 , Zugriff 19.11.2024 ■ RE - Radio Ergo (18.9.2023): Hardworking IDP women targeted for jobs by Mogadishu cleaning company, https://radioergo.org/en/2023/09/hardworking-idp-women-targeted-for-jobs-by-mogadis hu-cleaning-company/, Zugriff 16.9.2024 ■ RE - Radio Ergo (16.8.2023): Food glut in Jowhar as floods prevent farmers from exporting produce to other regions, https://radioergo.org/en/2023/08/food-glut-in-jowhar-as-floods-prevent-farmers-f rom-exporting-produce-to-other-regions/ , Zugriff 13.9.2024 ■ RE - Radio Ergo (11.8.2023): Widowed mother hauled sacks of sand to save up money for her own business, https://radioergo.org/en/2023/08/widowed-mother-hauled-sacks-of-sand-to-save-up-m oney-for-her-own-business/ , Zugriff 13.9.2024 ■ RE - Radio Ergo (8.8.2023): Harsh eviction for IDP mother in Garowe, https://radioergo.org/en/202 3/08/harsh-eviction-for-idp-mother-in-garowe/ , Zugriff 9.4.2024 ■ RE - Radio Ergo (6.8.2023): Savvy women use cash aid to propel families out of Baidoa IDP camps, https://radioergo.org/en/2023/08/savvy-women-use-cash-aid-to-propel-families-out-of-baidoa-idp -camps/, Zugriff 9.4.2024 ■ RE - Radio Ergo (4.8.2023): Farming rescues Lower Juba IDPs from poverty, https://radioergo.org/ en/2023/08/farming-rescues-lower-juba-idps-from-poverty/ , Zugriff 9.4.2024 ■ RE - Radio Ergo (22.6.2023): High school students in heat-hit Bosasso make money selling fruit juice, https://radioergo.org/en/2023/06/high-school-students-in-heat-hit-bosasso-make-money-selli ng-fruit-juice/, Zugriff 9.4.2024 ■ RE - Radio Ergo (26.5.2023): Parents worried after free school destroyed by flash floods in Mogadishu IDP camp, https://radioergo.org/en/2023/05/parents-worried-after-free-school-destroyed-by-flash-f loods-in-mogadishu-idp-camp/ , Zugriff 9.4.2024 ■ RE - Radio Ergo (12.4.2023): Togdher pastoralists sell off herds and turn to business in urban centres, https://radioergo.org/en/2023/04/togdher-pastoralists-sell-off-herds-and-turn-to-business-in-urban -centres/, Zugriff 9.4.2024 ■ RE - Radio Ergo (29.3.2023): Educated youth in Mogadishu IDP camps employed as teachers, https://radioergo.org/en/2023/03/educated-youth-in-mogadishu-idp-camps-employed-as-teachers/ , Zugriff 13.9.2024 ■ RE - Radio Ergo (18.12.2022): Small businesses in Galkayo boosted after eviction from roadside, https://radioergo.org/en/2022/12/small-businesses-in-galkayo-boosted-after-eviction-from-roadsid e/, Zugriff 12.12.2023 ■ RE - Radio Ergo (30.11.2022): Displaced women in Gedo make good money in livestock market, https: //radioergo.org/en/2022/11/displaced-women-in-gedo-make-good-money-in-livestock-market/ , Zugriff 19.11.2024 ■ RE - Radio Ergo (26.10.2022): Displaced from Bay and Bakool seek work and better lives in Gedo, https://radioergo.org/en/2022/10/displaced-from-bay-and-bakool-seek-work-and-better-lives-in-g edo/, Zugriff 19.11.2024 ■ Scholar/STDOK/SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (Herausgeber), Scholar, Hargeysa (Autor), Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (Heraus geber) (5.2023): Interview im Rahmen der FFM Somalia 2023 ■ SNST-T/STDOK/SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (Herausgeber), Staatendokumen tation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (Herausgeber), Somali National Staff T (Autor) (5.2023): Interview im Rahmen der FFM Somalia 2023 ■ TANA/ACRC - Tana Copenhagen (Herausgeber), African Cities Research Consortium (Autor) (9.3.2023): Understanding Systems in Mogadishu City, https://tanacopenhagen.com/wp-content/upl oads/2023/03/ACRC-Tana-Mogadishu-City-System-Analysis.pdf , Zugriff 23.5.2024 375

■ YOVENCO/STDOK/SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (Herausgeber), Staatendoku mentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (Herausgeber), YOVENCO Berbera (Autor) (5.2023): Interview im Rahmen der FFM Somalia 2023 23 Medizinische Versorgung 23.1 Süd-/Zentralsomalia, Puntland Letzte Änderung 2025-08-07 08:38 Für 2024 ist für den staatlichen Gesundheitsbereich ein Budget von 52 Millionen US-Dollar vorgesehen (4,8 % des Gesamtbudgets); im Jahr 2023 waren es noch 67 Millionen (7 %) (Sahan/ SWT 13.12.2023), nach anderen Angaben sogar 8,5% (AI/Ngira 2.7.2024). Gesundheitslage: Insgesamt zählt die Gesundheitslage zu den schlechtesten der Welt (ÖB Nai robi 10.2024). Trotzdem ist die durchschnittliche Lebenserwartung von 45,3 Jahren im Jahr 1990 (WB 6.2021, S. 29) auf 57 (Männer) bzw. 60 Jahre (Frauen) gestiegen. Erhebliche Teile der Bevölkerung haben keinen Zugang zu trinkbarem Wasser oder zu hinreichenden sanitären Ein richtungen. Die Quoten von Mütter- und Säuglingssterblichkeit sind unter den höchsten Werten weltweit (AA 23.8.2024). UNICEF schätzt, dass eine von 20 Frauen aufgrund von Komplikatio nen in der Schwangerschaft oder bei der Geburt stirbt. Im globalen Durchschnitt ist es demnach eine von 450 (TBP 22.10.2023). 11,2 % der Kinder sterben vor dem fünften Geburtstag. Bei der hohen Kindersterblichkeit schwingt Unterernährung bei zwei Drittel der Todesfälle als Faktor mit (ÖB Nairobi 10.2024). 68 % der Geburten erfolgen in Abwesenheit von medizinisch ausgebil detem Personal (TBP 22.10.2023; vgl. USDOS 22.4.2024, ÖB Nairobi 10.2024). In Somaliland und Puntland ist die Zahl etwas höher (ÖB Nairobi 10.2024). Laut einer Quelle liegt die Rate an grundlegender Immunisierung für Kinder bei Nomaden bei 1 %, in anderen ländlichen Gebieten bei 14 %, in Städten bei 19 % (WB 6.2021, S. 31). Nach anderen Angaben hat alleine der soma lische Rote Halbmond (Somali Red Crescent Society - SRCS) im Jahr 2022 fast 65.000 Kinder unter einem Jahr gegen mehrere Krankheiten (u. a. Tuberkulose, Masern, Tetanus, Diphterie) geimpft (SRCS 2023), im Jahr 2023 waren es knapp 47.000 (SRCS 2024). Zugang zu medizinischer Versorgung: Das somalische Gesundheitssystem ist das zweitfra gilste weltweit (WB 6.2021, S. 32). Die medizinische Versorgung ist im gesamten Land äußerst mangelhaft (AA 23.8.2024). 6,6 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu qualitätsvoller Gesundheitsversorgung (FTL 28.2.2024). Laut UNICEF können nur 27 % der Bevölkerung me dizinische Dienste in Anspruch nehmen, ohne von starken finanziellen Auswirkungen betroffen zu sein (DIS/UNICEF 3.2024). Zudem müssen Patienten oft lange Wegstrecken zurücklegen, um an medizinische Versorgung zu gelangen, und die Mehrheit der Krankenhäuser bietet nicht alle Möglichkeiten einer tertiären Versorgung (HIPS 5.2020, S. 38f). Die Infrastruktur bei der medizinischen Versorgung ist minimal und beschränkt sich meist auf Städte und sichere Gebiete. Die Ausrüstung reicht nicht, um auch nur die grundlegendsten Bedürfnisse der Bevölkerung ausreichend abdecken zu können. Es mangelt an Geld, Personal, Referenzsystemen, Diagnoseeinrichtungen, an Ausbildungseinrichtungen, Regulierungen und Managementfähigkeiten. Besonders akut ist der Mangel an Psychiatern, an Technikern für medi zinische Ausrüstung und an Anästhesisten. Am größten aber ist der Mangel an einfachen Ärzten 376

(HIPS 5.2020, S. 38/42). Insgesamt kommen auf 10.000 Einwohner 4,28 medizinisch ausge bildete Personen (Subsaharaafrika: 13,3; WHO-Ziel: 25) (WB 6.2021, S. 34). Nach anderen Angaben kommen auf 100.000 Einwohner fünf Ärzte, vier Krankenpfleger und eine Hebamme. Dabei herrscht jedenfalls eine Ungleichverteilung: In Puntland gab es demnach 2020 356 Ärzte, in Jubaland nur 54 und in Galmudug und im SWS je nur 25 (HIPS 5.2020, S. 27/44ff). Die Weltbank stärkt das Gesundheitssystem mit einem mit 100 Millionen US-Dollar dotierten Programm (DIS/UNICEF 3.2024). Das Improving Healthcare Services in Somalia Project / Da mal Caafimaad soll die Gesundheitsversorgung für ca. 10 % der Gesamtbevölkerung Somalias, namentlich in Gebieten von Nugaal (Puntland), Bakool und Bay (SWS), Hiiraan und Middle Sha belle verbessern (WB 22.7.2021). Nach neueren Angaben hat auch die Covid-19-Pandemie dazu geführt, dass es im Gesundheitssystem zu Verbesserungen gekommen ist (DIS 3.2024). Infrastruktur: Laut Gesundheitsministerium umfasst das Gesundheitssystem nominell fünf hier archische Stufen (DIS 3.2024): 1. Regionales / Nationales Spital (regional/national hospital) 2. Bezirksspital (district hospital) 3. Gesundheitszentrum (health centre) 4. Erstversorgungsstelle (primary health unit) 5. Gemeindezentrum (community centre) Diese Einrichtungen werden um mobile Kliniken ergänzt, mit welchen die Bevölkerung entle gener Gebiete und Nomaden erreicht werden sollen (DIS 3.2024). Die Primärversorgung wird oftmals von internationalen Organisationen bereitgestellt. Dabei handelt es sich oft um soge nannte Mother Health Clinics, von welchen es in Somalia relativ viele gibt. Diese werden von der Bevölkerung als Gesamtgesundheitszentren genutzt, weil dort die Diagnosen kostenlos sind (ACCORD 31.5.2021, S. 20). Die SRCS betreibt 65 stationäre und 35 mobile Kliniken zur primären medizinischen Versorgung (SRCS 2024). Die Gesundheitsdirektion der Banadir Regional Administration (BRA) verfügt über 69 Gesund heitszentren für die Primärversorgung, sechs Stabilisierungszentren für unterernährte Kinder und elf Zentren für die Behandlung von Tuberkulose. Zusätzlich gibt es in der Hauptstadtregion fast 80 private Gesundheitszentren. Insgesamt sind diese Zahlen zwar vielversprechend, de cken aber keinesfalls die Bedürfnisse der Bevölkerung ab (SPA 31.8.2022). Auf der folgenden Karte sind einige der in Betrieb befindlichen Gesundheitseinrichtungen in Süd-/Zentralsomalia und Puntland notiert: 377

Quelle 39: WHO/HeRAMS 5.2024 Nach anderen Angaben aus dem Jahr 2020 gibt es in ganz Somalia elf öffentliche und 50 andere Spitäler. In Mogadischu gibt es demnach vier öffentliche und 46 andere Gesundheits zentren (FIS 7.8.2020a, S. 31). Laut einer anderen Quelle gab es im Jahr 2022 in Mogadischu 61 öffentliche Einrichtungen, 105 private Institutionen, 49 lizenzierte Kliniken und neun von der BRA gemanagte Spitäler. Es finden sich in der Hauptstadt auch mobile Kliniken, die sich z. B. an IDPs und Straßenkinder wenden. Zudem gibt es dort mindestens elf Tuberkulose- und vier Ernährungszentren (TANA/ACRC 9.3.2023). Insgesamt gibt es im Land nur 5,34 statio näre Krankenhausbetten pro 10.000 Einwohnern (WHO-Ziel: 25 Betten) (WB 6.2021, S. 34). In Gebieten von al Shabaab mangelt es – mit der Ausnahme von Apotheken – generell an Gesundheitseinrichtungen (UNSC 10.10.2022). Aufgrund von internationaler Hilfe und Investments von Rückkehrern in Privatkliniken hat sich die Verfügbarkeit von bzw. der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen in den letzten Jahren 378

verbessert, allerdings gibt es bei den Bevölkerungsgruppen große Unterschiede (TANA/ACRC 9.3.2023). Der (profitorientierte) private Gesundheitssektor deckt in den Städten 60 % aller Gesundheitsleistungen ab, in ländlichen Gebieten immerhin noch 40 % (DIS/WHO 3.2024). Der Privatsektor hat zur Verfügbarkeit spezialisierter Dienstleistungen wie MRT-Scans und Dialysegeräten beigetragen. Derartiges war früher im Land nicht verfügbar, Bürger mussten dafür ins Ausland reisen (TANA/ACRC 9.3.2023). Auch in „ öffentlichen“ Gesundheitseinrichtungen wird der Großteil der Dienste über NGOs er bracht (WB 6.2021, S. 27f) oder sie hängen von Gebern ab. Allgemein werden nicht-profitori entierte private Einrichtungen, die etwa von NGOs geführt werden, gemeinhin als öffentliche Einrichtungen wahrgenommen, weil diese oft mit der Regierung zusammenarbeiten (DIS/WHO 3.2024). Ein Beispiel dafür ist etwa ein von Qatar Charity in Bossaso eröffnetes Gesundheits zentrum, das 10.000 Unterprivilegierten aus Bossaso und dem Umland dienen soll. Das Zen trum verfügt über Abteilungen für Geburten, Notfälle, Impfungen, über ein Labor, Radiologie und eine Apotheke. 2021 hatte Qatar Charity bereits Gesundheitszentren in Puntland, Galmu dug, dem SWS und in Mogadischu eröffnet. Fünf weitere Zentren sowie neun Geburts- und Mütterzentren sind in Bau (Gulf Times 5.6.2022). Landesweit werden 29 Kliniken vom SRCS betrieben (ICRC 26.2.2024), u. a. das Keysaney Hospital in Mogadischu. Zusätzlich führt die SRCS Rehabilitationszentren in Mogadischu und Galkacyo (SRCS 2024). Die Spitäler Medina und Keysaney (Mogadischu) sowie in Kismayo und Baidoa werden vom Roten Kreuz unterstützt (ICRC 26.2.2024). Auch ATMIS stellt medizinische Leistungen für Bürger zur Verfügung, so etwa in Jowhar, wo das burundische Kontingent Hunderte Patienten versorgt hat (ATMIS 10.7.2023). Es gibt auch mobile Gesundheitseinrichtungen, etwa durch die SRCS (SRCS 2024) oder die Organisation Somali Aid in Lower Juba. Damit wird der Zugang für die Menschen, die ansonsten weite, teure und manchmal gefährliche Reisen zum nächstgelegenen Spital auf sich nehmen müssen, verbessert (RE 16.12.2022). Mobile Kliniken versorgen wöchentlich oder zweiwöchent lich IDP-Lager am Stadtrand von Mogadischu. Diese Versorgung erfolgt allerdings nur unre gelmäßig (EASO 9.2021, S. 40). Der UN Population Fund betreibt fünf mobile Einrichtungen in Mogadischu, Belet Weyne, Baidoa, Doolow und Kismayo, um damit für mehr als 10.000 werden de Mütter Betreuung bei Schwangerschaft und Geburt näherzubringen (TBP 22.10.2023). Die WHO hatte 2022 landesweit in 29 Bezirken fast 2.200 sogenannte Community Health Workers stationiert (FTL 1.10.2023). In allen Bezirken, außer in Tayeeglow, der Region Middle Juba und Sablaale finden sich lokale und internationale NGOs, die mit der WHO kooperieren, um Gesundheitsdienste vor Ort zur Verfügung stellen zu können (UN OCHA 12.4.2024). Die SRCS behandelte im Jahr 2023 in seinen Einrichtungen mehr als 1,2 Millionen Patienten (SRCS 2024). Die am öftesten diagnosti zierten, chronischen Krankheiten sind Diabetes und Bluthochdruck (WB 6.2021, S. 30). UNICEF konnte im März 2024 insgesamt 41.896 Menschen ambulant behandeln bzw. medizinisch ver sorgen (UNICEF 21.4.2024). Für Versorgungs- und Gesundheitsmaßnahmen internationaler Hilfsorganisationen mussten auch immer wieder wegen Kampfhandlungen oder aufgrund von Anordnungen unterbrochen werden (AA 23.8.2024; vgl. UNICEF 21.4.2024). Zudem mangelt es an Rettungsdiensten (AI 29.3.2022b). 379

Qualität der medizinischen Versorgung: Selbst an Krankenhäusern in Mogadischu gibt es keinerlei Standards, welche internationalen Vorgaben entsprechen würden. Apotheken, Labore und Kliniken verfügen über keinerlei Akkreditierung. Am ehesten entsprechen noch von inter nationalen Gebern betriebene Krankenhäuser in Mogadischu internationalen Standards (DIS 3.2024). Die am besten ausgerüsteten Krankenhäuser Somalias befinden sich in Mogadischu (SPA 31.8.2022). Am besten ausgerüstet und personell ausgestattet ist das Erdoğan Hospital, das von der Türkei zusammen mit Somalia geführt wird (DIS/WHO 3.2024). Öffentliche Kran kenhäuser sind hingegen oft mangelhaft ausgestattet (AA 23.8.2024; vgl. DIS 3.2024), was Ausrüstung, medizinische Geräte, Medikamente, ausgebildete Kräfte und Finanzierung angeht (AA 23.8.2024). Allerdings sind alle öffentlichen Krankenhäuser in Mogadischu - außer Medina, SOS, Keysaney und Banadir - in den vergangenen 15 Jahren restauriert oder gebaut worden (TANA/ACRC 9.3.2023). Kosten: Laut Angaben des Gesundheitsministeriums sind Behandlungen an allen öffentlichen Einrichtungen gratis. Tatsächlich gibt es aber „ informelle Gebühren“ und andere anfallende Kos ten. In Mogadischu gibt es zwei Spitäler, die als öffentlich bezeichnet werden können und ganz dem Staat gehören: Das Banadir Hospital und das De Martino Hospital. Diese Spitäler sind für jedermann zugänglich, und Patienten werden kostenlos behandelt (DIS 3.2024; vgl. DIS/ WHO 3.2024; HO 25.6.2024b). Allerdings fehlen dort für viele spezifische Krankheitsbilder die Behandlungsmöglichkeiten. Am Erdoğan Hospital werden einige Dienste kostenfrei angeboten (DIS 3.2024; vgl. DIS/WHO 3.2024), für spezialisierte Leistungen werden Gebühren fällig(DIS/ WHO 3.2024). Nach anderen Angaben sind sowohl staatliche als auch private Gesundheits dienste kostenpflichtig. Demnach wird eine Behandlungsgebühr von 5-12 US-Dollar eingehoben (ÖB Nairobi 10.2024). Dahingegen sind von Hilfsorganisationen betriebene Einrichtungen gratis, ggf. müssen Arznei kosten selbst getragen werden (ÖB Nairobi 10.2024). Eine andere Quelle berichtet, dass von NGOs oder Gemeinden geführte Spitäler oder andere medizinische Einrichtungen bestimmte Dienste mitunter kostenlos anbieten (DIS 3.2024). Das neu renovierte Sheikh Zayed Hospital in Mogadischu bietet kostenlose Behandlung – v. a. für Arme und Vertriebene (GN 25.1.2024). DiePrimärversorgung wird oftmals von internationalen Organisationen bereitgestellt und ist für Patienten kostenfrei. Allerdings muss manchmal für Medikamente bezahlt werden (ACCORD 31.5.2021, S. 20). Auch die Leistungen der in Mogadischu operierenden mobilen Kliniken wer den gratis angeboten. Zudem behandeln einige Privatkliniken z. B. einmal pro Woche oder im ersten Monat nach der Eröffnung Patienten kostenlos. Andere organisieren „ medizinische Zelte“ oder mobile Kliniken, um damit für Waisenhäuser, Straßenkinder oder IDPs kostenlose Gesundheitsdienste anbieten zu können (TANA/ACRC 9.3.2023). UNHCR bietet für Flüchtlin ge, Asylwerber, IDPs und manchmal auch für Mitglieder der Aufnahmegemeinden Zugang zu medizinischer Versorgung (UNHCR 23.6.2024). Zumeist sind Gesundheitsleistungen in Somalia aber nicht kostenlos, oft nur in Großstädten verfügbar und müssen aus eigener Tasche bezahlt werden (IOM 8.5.2024). Dementsprechend ist das System fragmentiert: Reichere Menschen können sich eher eine adäquate Hilfe leisten, Ärmere müssen auf vom Staat oder wohltätigen Organisationen angebotene, kostenfrei oder 380
