aser-lib-2022-05-27-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Ermittlungen konzentrierten sich häufig darauf, Geständnisse zu erlangen, anstatt physische Beweise gegen Verdächtige zu sammeln (USDOS 12.4.2022). Die Bürger haben das Recht, wegen Menschenrechtsverletzungen Schadenersatz oder die Beendigung von Menschenrechtsverletzungen einzuklagen. Alle Bürger haben das Recht, innerhalb von sechs Monaten nach Ausschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsmittel, einschließlich einer Berufung beim Obersten Gerichtshof und dessen Entscheidung, den EGMR anzurufen (USDOS 12.4.2022). Das Justizministerium berichtete, dass die Behörden im Laufe des Jahres mehr als 2.500 Bürgern die Verwendung von GPS-fähigen elektronischen Überwachungsarmbändern erlaubt haben, wodurch sie der Inhaftierung entgehen konnten (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 23.5.2022 6. Sicherheitsbehörden Das Innenministerium und der Staatssicherheitsdienst sind für die Sicherheit im Lande zuständig und unterstehen direkt dem Präsidenten (USDOS 12.4.2022; vgl. AA 25.3.2022). Das Innenministerium beaufsichtigt die lokalen Polizeikräfte und unterhält die internen Zivilschutztruppen. Der Staatssicherheitsdienst ist für inländische Angelegenheiten zuständig, und der Auslandsnachrichtendienst konzentriert sich auf Angelegenheiten des Auslandsnachrichtendienstes und der Spionageabwehr. Der Staatliche Migrationsdienst und der Staatliche Grenzdienst sind für die Migration und die Durchsetzung der Grenzkontrollen zuständig (USDOS 12.4.2022). Die zivilen Behörden behielten eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 12.4.2022). Es gab weiterhin Berichte über willkürliche oder unrechtmäßige Tötungen in Polizeigewahrsam. Die Generalstaatsanwaltschaft ist befugt, zu untersuchen, ob die von den Sicherheitskräften begangenen Tötungen gerechtfertigt waren, und die Strafverfolgung zu betreiben (USDOS 12.4.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 41

Das Land verfügt über ein Militärgerichtssystem mit zivilen Richtern. Das Militärgericht behält die ursprüngliche Zuständigkeit für alle Fälle im Zusammenhang mit Krieg oder Militärdienst (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 23.5.2022 7. Folter und unmenschliche Behandlung Obwohl die Verfassung und das Strafgesetzbuch derartige Praktiken verbieten und eine Verurteilung mit bis zu 10 Jahren Haft bestrafen, gab es weiterhin glaubwürdige Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen (USDOS 12.4.2022: vgl. AI 29.3.2022). Die meisten Misshandlungen fanden während des Polizeigewahrsams statt, wo die Behörden Berichten zufolge missbräuchliche Methoden anwandten, um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 12.4.2022; vgl. AA 25.3.2022, HRW 13.1.2022). Es gibt Hinweise darauf, dass religiös-politische Häftlinge in Gefängnissen einem höheren Risiko von Misshandlungen und Folter im Vergleich zu den „weltlichen“ politischen Gefangenen ausgesetzt sind (AA 25.3.2022). Beweise für extralegale Tötungen oder Fälle von „Verschwindenlassen“ liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Unmenschliche oder erniedrigende Strafen werden nach Kenntnis des Auswärtigen Amts nicht praktiziert (AA 25.3.2022). Quellen: - AA – Auswärtig Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Azerbaijan 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070289.html, Zugriff 25.5.2022 - HRW – Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 – Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066481.html, Zugriff 24.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 23.5.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 41

8. Korruption Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, aber die Regierung setzte das Gesetz nicht wirksam um, so dass Beamte häufig ungestraft korrupte Praktiken ausübten. Die Regierung erzielte zwar einige Fortschritte bei der Bekämpfung der Korruption auf niedriger Ebene bei der Erbringung staatlicher Dienstleistungen, doch gab es immer wieder Berichte über Korruption durch Regierungsbeamte, auch auf höchster Ebene (USDOS 12.4.2022). Laut Corruption Perceptions Index von Transparency International belegte Aserbaidschan 2021 den 128. Platz von 180 gelisteten Staaten (TI 1.2022). Ähnlich wie in den Vorjahren bestraften die Behörden weiterhin Personen, die Korruption in der Regierung aufdeckten (USDOS 12.4.2022). Quellen: - TI – Transparency International (1.2022): Corruption Perceptions Index 2021, https://www.transparency.org/en/cpi/2021/index/aze, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 9. NGOs, Menschenrechtsaktivisten / Ombudsperson Die Regierung schränkte die Tätigkeit inländischer und internationaler Menschenrechtsgruppen weiterhin stark ein. Die Anwendung restriktiver Gesetze zur Einschränkung der Aktivitäten von NRO und anderer Druckmittel blieb auf demselben hohen Niveau wie in den letzten Jahren. Aktivisten berichteten auch, dass die Behörden sich weigerten, ihre Organisationen zu registrieren oder Zuschüsse zu gewähren, und dass sie die Aktivitäten ihrer Organisationen weiterhin untersuchten. Einige Menschenrechtsverteidiger konnten aufgrund verschiedener staatlicher Hindernisse, wie den eingefrorenen Bankkonten, ihre beruflichen Aufgaben nicht wahrnehmen (USDOS 12.4.2022). Die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern und Nichtregierungsorganisationen wird nach wie vor durch übermäßige gesetzliche und praktische Beschränkungen behindert. Im November empfahl der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Aserbaidschan, "alle Rechtsvorschriften aufzuheben, die die Tätigkeit von Nichtregierungsorganisationen unangemessen einschränken" (AI 29.3.2022). Während die Regierung mit einigen internationalen Menschenrechts-NRO kommunizierte und auf deren Anfragen reagierte, kritisierte sie bei zahlreichen Gelegenheiten andere Menschenrechts- NRO und Aktivisten und schüchterte sie ein. Das Justizministerium verweigerte weiterhin die Registrierung oder erlegte Menschenrechts-NROs aus willkürlichen Gründen schwerwiegende administrative Beschränkungen auf (USDOS 12.4.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 41

Führende Menschenrechtsorganisationen sahen sich einem feindlichen Umfeld gegenüber, wenn sie Menschenrechtsfälle untersuchten und ihre Erkenntnisse darüber veröffentlichten (USDOS 12.4.2022). Bürger können sich bei Verstößen des Staates oder von Einzelpersonen an die Ombudsperson für Menschenrechte für Aserbaidschan oder die Ombudsperson für Menschenrechte der Autonomen Republik Nachitschewan wenden. Die Ombudsperson kann die Annahme von Missbrauchsfällen verweigern, die mehr als ein Jahr alt oder anonym sind oder bereits von der Justiz bearbeitet werden. Menschenrechtsorganisationen kritisierten, dass es der Ombudsstelle in Fällen, die als politisch motiviert angesehen werden, an Unabhängigkeit und Wirksamkeit mangelt (USDOS 12.4.2022). Auch die Menschenrechtsbüros in der Nationalversammlung und im Justizministerium nahmen Beschwerden entgegen, führten Untersuchungen durch und gaben Empfehlungen an die zuständigen Regierungsstellen ab, wurden aber ebenfalls beschuldigt, Verstöße in politisch heiklen Fällen zu ignorieren (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Azerbaijan 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070289.html, Zugriff 25.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 10. Wehrdienst und Rekrutierungen / Wehrersatzdienst Die Wehrpflicht gilt allgemein für Männer zwischen 18 und 35 Jahren (USDOS 12.4.2022; vgl. CIA 17.5.2022). Die Dienstverpflichtung beträgt 18 Monate für Nicht-Hochschulabsolventen oder 12 Monate für Hochschulabsolventen; 17 Jahre für den freiwilligen Dienst (Männer und Frauen). Diese gelten als aktive Wehrdienstleistende an Kadettenschulen (CIA 17.5.2022). Die Verfassung sieht in Art. 76 Abs. 1 die allgemeine Wehrpflicht vor. Artikel 76 Abs. 2 ergänzt, dass ein Wehrersatzdienst denen offen steht, deren Überzeugungen der Leistung eines aktiven Wehrdienstes entgegenstehen. Trotz wiederholter Mahnungen des Europarates wurde bis heute kein entsprechendes Gesetz verabschiedet, mit dem Hinweis auf den fortbestehenden Kriegszustand mit Armenien. Auch nach Rückeroberung der ehemals besetzten Gebiete ist kein entsprechendes Gesetz geplant (AA 25.3.2022). Es gibt verlässliche Berichte darüber, dass ein Freikauf vom Militärdienst bzw. Erwirkung einer Versetzung auf „angenehmere“ Verwendungsposten durch Zahlung von Schmiergeldern weit verbreitet ist (AA 25.3.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Es gab Berichte, dass Männer, die bei medizinischen Untersuchungen für die Einberufung zugaben oder verdächtigt wurden, LGBTQI+ zu sein, manchmal rektalen Untersuchungen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 41

unterzogen wurden und oft mit der Begründung, sie seien psychisch krank, für den Militärdienst nicht geeignet waren (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (17.5.2022): The World Factbook, Azerbaijan, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/azerbaijan/#military-and-security, Zugriff 25.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 11. Allgemeine Menschenrechtslage Die Verfassung enthält in den Art. 24 bis 71 einen umfassenden Menschenrechtskatalog (AA 25.3.2022). Die Verfassung garantiert die Gleichheit der Rechte und Freiheiten für alle, ungeachtet der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Sprache, des Geschlechts, der Herkunft, des Vermögens, des Berufs, der Überzeugungen oder der Zugehörigkeit zu politischen Parteien, Gewerkschaften oder anderen öffentlichen Vereinigungen. Einschränkungen von Rechten und Freiheiten aus Gründen der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Sprache, des Geschlechts, der Herkunft, der Weltanschauung oder der politischen oder sozialen Zugehörigkeit sind verboten (USDOS 12.4.2022). Allerdings gab es laut USDOS-Bericht glaubwürdige Berichte über unterschiedliche Menschenrechtsprobleme wie: rechtswidrige oder willkürliche Tötung; Folter harte und mitunter lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Inhaftierung; politische Gefangene; weit verbreitete Probleme mit der Unabhängigkeit der Justiz; willkürliche Eingriffe in die Privatsphäre; schwerwiegende Misshandlungen in Konflikten, einschließlich des Verschwindenlassens von Personen, Folter und anderer körperlicher Misshandlungen; schwerwiegende Einschränkungen der freien Meinungsäußerung und der Medien und des Internets, ein faktisches Verbot des Rechts, sich friedlich zu versammeln, und erhebliche Eingriffe in die Vereinigungsfreiheit; Einschränkungen der Bewegungsfreiheit; schwerwiegende Einschränkungen der politischen Partizipation; systemische Korruption in der Regierung; polizeiliche Brutalität gegen Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung; erhebliche Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit von Arbeitnehmern; und schlimmste Formen der Kinderarbeit (USDOS 12.4.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 41

Nach Ansicht unabhängiger Beobachter und Menschenrechtsverteidiger, hat sich die Menschenrechtslage speziell im Bereich der politischen Rechte (Meinungs- und Versammlungsfreiheit) nach deutlicher Verschlechterung 2013 bis 2015 nicht wieder grundsätzlich verbessert. In den Bereichen wie Frauenrechte und Inklusion von Menschen mit Behinderung zeigt Aserbaidschan allerdings Interesse (AA 25.3.2022). Jeder Staatsangehörige, der sich durch einen Akt staatlicher Gewalt in diesen Grundrechten verletzt sieht, kann im Wege einer Individualbeschwerde den Rechtsweg zum Verfassungsgericht beschreiten (AA 25.3.2022). Die Schätzungen zu der Anzahl politischer Gefangener in aserbaidschanischen Gefängnissen variieren in der Größenordnung zwischen 20 (laut Europarat) und über 100 (NRO-Listen) (AA 25.3.2022). Die Regierung hat die meisten Beamten, die Menschenrechtsverletzungen und Korruptionshandlungen begangen haben, nicht strafrechtlich verfolgt oder bestraft; Straffreiheit ist nach wie vor ein Problem (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 23.5.2022 12. Meinungs- und Pressefreiheit Obwohl das Gesetz das Recht auf freie Meinungsäußerung, auch für Mitglieder der Presse und anderer Medien, vorsieht und die Pressezensur ausdrücklich verbietet, hat die Regierung diese Rechte regelmäßig verletzt (USDOS 12.4.2022; vgl AA 25.3.2022). In der Rangliste der Pressefreiheit 2022 liegt Aserbaidschan auf Platz 154 von 180 Plätzen (RSF ohne Datum). Die Medien – insbesondere staatlich kontrollierte Druckpresse und Fernsehen – werden gelegentlich für Hetzkampagnen gegen regierungskritische Organisationen oder Individuen missbraucht (AA 25.3.2022). Journalisten, Redakteure und unabhängige Blogger waren Einschüchterungsversuchen ausgesetzt und wurden bisweilen verprügelt und inhaftiert. Darüber hinaus kam es zu verdächtigen Gewalttaten außerhalb des Landes. Im Laufe des Jahres übten die Behörden weiterhin Druck auf .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 41

Medien, Journalisten, Blogger und Aktivisten im Land und im Exil sowie auf deren Angehörige aus, damit sie keine Kritik an der Regierung übten (USDOS 12.4.2022). Nicht nur die offiziellen, sondern auch die meisten privaten Medien berichten tendenziell positiv über die Regierung und den Präsidenten und üben sich in Selbstzensur (AA 25.3.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Lokale Beobachter berichteten, dass Journalisten unabhängiger Medien Schikanen und Cyberangriffen ausgesetzt waren. Die Schikanen richteten sich vor allem gegen Journalisten von Radio Liberty, Azadliq und anderen oppositionellen und halb unabhängigen Zeitungen sowie von Meydan TV, Obyektiv Television und Mikroskop Media (USDOS 12.4.2022). Eine unmittelbare Zensur findet nicht statt. Journalisten und Herausgeber setzen sich jedoch im Falle kritischer Berichterstattung der Gefahr aus, aufgrund ihrer Tätigkeit Nachteile bis zu Gefängnishaft zu erleiden (AA 25.3.2022). Dem Fernsehen kommt als bevorzugter Informationsquelle nach wie vor eine besondere Bedeutung zu. Dieses wird durch staatliche oder staatsnah berichtende aserbaidschanische Sender und russische sowie türkische Sender dominiert (AA 25.3.2022). Ausländischen Radiosendern wurde die direkte Ausstrahlung generell untersagt (USDOS 12.4.2022). Obwohl die Verfassung das Recht auf freie Meinungsäußerung vorsieht, unterdrückte die Regierung weiterhin Personen, die sie als politische Gegner oder Kritiker ansah, oder versuchte, sie einzuschüchtern (USDOS 12.4.2022). Die Nutzung des Internets hat in Aserbaidschan stark zugenommen. Der Zugang zu Internetseiten ist im Wesentlichen frei und auch zu kritischen oder armenischen Websites problemlos möglich (AA 25.3.2022). Es gibt eine aktive Blogger- und Facebook-Aktivistenszene. Verfasser von Beiträgen in Blogs und bei Facebook müssen allerdings mit staatlicher Überwachung rechnen (AA 25.3.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Internationale Nachrichten-Websites und solche, die mit Oppositionsgruppen in Verbindung stehen, wurden im Laufe des Jahres für unterschiedlich lange Zeit blockiert (USDOS 12.4.2022). Im Juli deckte eine gemeinsame Untersuchung mit Journalisten, Medienorganisationen und anderen auf, dass die aserbaidschanischen Behörden Hunderte von lokalen Aktivisten und Journalisten mit Hilfe der Spionagesoftware Pegasus ausspionierten (AI 29.3.2022). Die Verfassung verbietet Hassreden, definiert als "Propaganda, die rassische, nationale, religiöse und soziale Zwietracht und Feindseligkeit hervorruft" sowie "Feindseligkeit und andere Kriterien". Propaganda, Verleumdung und Hassreden wurden jedoch ungestraft gegen Oppositionsführer, Blogger, unabhängige Journalisten und Dissidenten eingesetzt (USDOS 12.4.2022). Das Gesetz sieht für Personen, die wegen Verleumdung oder übler Nachrede verurteilt werden, hohe Geldstrafen und bis zu drei Jahre Haft vor. Die Verurteilung wegen Beleidigung des .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 20 von 41

Präsidenten wird mit bis zu zwei Jahren Strafarbeit oder bis zu drei Jahren Haft bestraft. Beleidigungs- und Verleumdungsgesetze wurden routinemäßig angewandt, um Regierungskritiker zum Schweigen zu bringen (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Azerbaijan 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070289.html, Zugriff 25.5.2022 - RSF – Reporter ohne Grenzen (ohne Datum): Rangliste der Pressefreiheit 2022, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/ Rangliste_2022/RSF_Rangliste_der_Pressefreiheit_2022.pdf, Zugriff 25.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 13. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition 13.1. Versammlungsfreiheit Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit sind zahlreichen Beschränkungen unterworfen. Dies gilt besonders für die Versammlungsfreiheit, obwohl Art. 49 der Verfassung dieses Grundrecht garantiert und vorsieht, dass jeder sich nach rechtzeitiger Anmeldung friedlich und ohne Waffen versammeln kann (AA 25.3.2022). Obwohl die Verfassung vorsieht, dass sich Gruppen nach vorheriger Anmeldung bei der zuständigen Regierungsstelle friedlich versammeln dürfen, legte die Regierung diese Bestimmung weiterhin so aus, dass nicht nur eine vorherige Genehmigung erforderlich ist. Die örtlichen Behörden verlangten, dass alle Kundgebungen im Voraus genehmigt und an bestimmten Orten abgehalten wurden, die weit vom Stadtzentrum von Baku entfernt und nur begrenzt mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar waren (USDOS 12.4.2022). Die Regierung schränkte die Freiheit, sich friedlich zu versammeln, konsequent und stark ein und schuf damit Bedingungen, die de facto einem Versammlungsverbot gleichkamen. Die Behörden reagierten auf friedliche Proteste und Versammlungen bisweilen mit Gewalt oder der Festnahme von Demonstranten (USDOS 12.4.2022; AI 29.3.2022). In der Praxis werden Versammlungen in der Innenstadt von Baku nicht gestattet (AA 25.3.2022). Sofern regierungskritische Kundgebungen unangemeldet oder trotz behördlichen Verbots durchgeführt werden, löst die Polizei Menschenansammlungen notfalls unter Anwendung unmittelbaren Zwangs auf. Regelmäßig werden Teilnehmende an solchen Aktionen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 21 von 41

festgenommen, aber meistens nach wenigen Stunden (oder zuweilen Tagen) wieder auf freien Fuß gesetzt. Es kann auch mit „vorbeugenden“ administrativen Arresten vor angekündigten Demonstrationen gerechnet werden (AA 25.3.2022). Für Versammlungen in geschlossenen/privaten Räumen sieht das Gesetz keine Beschränkungen vor. Die Anmietung von Konferenzräumen ist jedoch für kritische Zivilgesellschaftsvertreter oder Oppositionelle insbesondere in den Gebieten außerhalb der Hauptstadt so gut wie unmöglich. Auch wird von Druck auf die Vermieter von Büroflächen berichtet, Mietverträge mit NROs, die kritischen Veranstaltungen Raum geben, vorzeitig zu beenden. In Einzel- fällen werden Vermieter, die diesem Druck nicht nachgeben, mit faktischem Eigentumsentzug konfrontiert (AA 25.3.2022). Das Gesetz räumt den meisten Beschäftigten des privaten Sektors das Recht auf legale Streiks ein, verbietet jedoch Streiks im öffentlichen Dienst (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Azerbaijan 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070289.html, Zugriff 25.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 13.2. Vereinigungsfreiheit Vielfältigen faktischen Einschränkungen in der Rechtswirklichkeit unterliegt auch die in Artikel 58 der Verfassung garantierte Vereinigungsfreiheit. So müssen NROs, um finanzielle Zuwendungen oder Spenden erhalten zu können, als NRO registriert sein und auch jede einzelne Zuwendung in einem umständlichen Verfahren beim Justizministerium registrieren. Kritische NROs, die im Bereich Menschenrechte/Demokratie agieren, erhalten regelmäßig keine Registrierung als NRO und sind somit vom Rechtsverkehr – insbesondere hinsichtlich des Abschlusses von Zuwendungsverträgen – ausgeschlossen. Zuwendungen von westlichen Geldgebern an unabhängige NROs werden mit schwer erfüllbaren Registrierungsauflagen belegt; der Zuwendungsgeber muss ebenfalls registriert werden. Zudem lehnen einige Geschäftsbanken es ab, Girokonten für NROs zu führen. Zahlreiche herausgehobene Vertreter regierungskritischer NROs haben ihre Tätigkeiten eingestellt oder das Land verlassen. Alternativ melden sich mitunter NROs als „gemeinnützige Unternehmen“ an. Damit können sie zwar .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 22 von 41

einfacher agieren, unterliegen aber den für Gewerbebetriebe geltenden Buchführungs- und Publikationspflichten (AA 25.3.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Eine Reihe von Rechtsvorschriften erlaubt es der Regierung, die Aktivitäten von politischen Parteien, religiösen Gruppen, Unternehmen und NROs zu regulieren, einschließlich der Verpflichtung für NROs, sich beim Justizministerium registrieren zu lassen, wenn sie den Status einer "Rechtspersönlichkeit" anstreben. Obwohl die Regierung gesetzlich verpflichtet ist, Anträge auf Registrierung von NRO innerhalb von 30 Tagen nach Eingang zu bearbeiten (oder innerhalb weiterer 30 Tage, wenn weitere Untersuchungen erforderlich sind), führten vage, schwerfällige und undurchsichtige Registrierungsverfahren weiterhin zu langen Verzögerungen, die das Recht der Bürger auf Vereinigung einschränkten. Andere Gesetze schränken die Vereinigungsfreiheit ein, indem sie beispielsweise vorschreiben, dass stellvertretende Leiter von NRO-Zweigstellen Staatsbürger sein müssen, wenn der Leiter der Zweigstelle ein Ausländer ist (USDOS 12.4.2022). Das Justizministerium ist gesetzlich befugt, die Aktivitäten von NRO zu überwachen und Inspektionen bei NRO durchzuführen. Das Gesetz enthält nur wenige Bestimmungen zum Schutz der Rechte von NRO und sieht erhebliche Geldstrafen für NRO vor, wenn diese nicht kooperieren. Weiters sind die Bildung und der Beitritt zu Gewerkschaften gesetzlich erlaubt. Uniformierten Militärs, Polizisten und leitenden Angestellten ist ein Gewerkschaftsbeitritt untersagt (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 13.3. Opposition Parteien sind in Aserbaidschan nur rudimentär ausgeprägt und in der Regel Wahlvereine für eine (oder mehrere) Führungspersönlichkeiten, mit fehlender oder kaum formulierter Pro- grammatik, unklarer Mitgliedschaft sowie geringem Wirkungsgrad außerhalb eigener Klien- telzirkel (AA 25.3.2022). Die Betätigungsmöglichkeiten der politischen Opposition sind eingeschränkt. Mitglieder und Sympathisanten regierungskritischer Oppositionsparteien und -bewegungen (insbesondere Volksfront, „Müsavat“, REAL, Jugendbewegung NIDA) können im Alltag Benachteiligun- gen ausgesetzt werden. Diese richten sich insbesondere gegen Funktionäre bzw. politisch aktive Parteimitglieder. 2020 verlautbarte die Regierung, dass sie mit dem „kooperativen“ Teil .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 23 von 41
