ango-lib-2022-08-28-ke
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kleinere sezessionistische Bewegungen (AA 10.8.2022). Es kann zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen solchen Gruppen und Regierungseinheiten kommen (EDA 10.8.2022). Der niederschwellig geführte, separatistische Aufstand in Cabinda stellt weiterhin eine Sicherheitsbedrohung dar. Die Front für die Befreiung der Enklave Cabinda (FLEC) behauptet, Guerilla-Aktivitäten gegen angolanische Soldaten unternommen zu haben, aber die Regierung hat diese Behauptungen nicht bestätigt (FH 28.2.2022). Insgesamt hat sich d ie Sicherheitslage dort verbessert, bleibt jedoch aufgrund spontaner Demonstrationen sowie der wirtschaftlichen und sozialen Lage angespannt (AA 10.8.2022). Es kommt in dieser Provinz auch wiederholt zu militärischen Auseinandersetzungen. Ausgenommen davon ist die Provinzhauptstadt Cabinda, in der jedoch zu Vorsicht geraten wird (BMEIA 10.8.2022). In den Provinzen Lunda Norte und Lunda Sul ist die Lage in den Diamantengebieten weiterhin prekär (EDA 10.8.2022; vgl. AA 10.8.2022) u.a. aufgrund der Präsenz von Menschenhändlern (FD 10.8.2022). Anfang Feber 2021 kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizeikräften (AA 10.8.2022). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (10.8.2022): Angola - Reise- und Sicherheitshinweise, Aktuelles, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/angola-node/ angolasicherheit/208118#content₀, Zugriff 10.8.2022 - BMEIA - Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (10.8.2022): Angola - Reiseinformationen, Aktuelle Hinweise, https://www.bmeia.gv.at/reise- services/reiseinformation/land/angola/, Zugriff 10.8.2022 - EDA - Eidgenössisches Departement für Auswärtige Angelenheiten [Schweiz] (10.8.2022): Reisehinweise für Angola, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und- reisehinweise/angola/reisehinweise-fuerangola.html, Zugriff 10.8.2022 - FD - France Diplomatie [Frankreich] (10.8.2022): Angola - Conseils aux voyageurs, Dernière minute, Infection pulmonaire, Coronavirus Covid-19 (02/08/2022), https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/angola/, Zugriff 10.8.2022 - FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071847.html, Zugriff 9.8.2022 5. Rechtsschutz / Justizwesen Die Verfassung und das Gesetz sehen eine unabhängige und unparteiische Justiz vor (USDOS 12.4.2022), jedoch wird die Justiz in Angola wegen ihrer mangelnden Unparteilichkeit stark kritisier (KAS 22.2.2022). Korruption und politischer Druck seitens der Regierungspartei MPLA tragen zur allgemeinen Ineffizienz der Justiz bei und untergraben ihre Unabhängigkeit (FH 28.2.2022). Das Justizsystem wird durch institutionelle Schwächen beeinträchtigt, einschließlich der politischen Einflussnahme auf den Entscheidungsprozess. Das Ministerium für Justiz und Menschenrechte und die Generalstaatsanwaltschaft arbeiten an der Verbesserung der Unabhängigkeit von Staatsanwälten und Richtern. Das Nationale Institut für juristische Studien führte zudem Programme zum Aufbau von Kapazitäten durch, um die Unabhängigkeit des Justizsystems zu .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 31

fördern (USDOS 12.4.2022). Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofs auf Lebenszeit, ohne dass die Legislative Einfluss nimmt (FH 28.2.2022; vgl. KAS 22.2.2022). Die Richter neigen dazu, in ihren Entscheidungen den Weisungen des Präsidenten zu folgen. Mitglieder der Führungspartei werden bevorzugt und Oppositionelle hart verurteilt. Die unteren Gerichte sind in der Regel unabhängiger, aber anfällig für Korruption (KAS 22.2.2022). Die höchsten Gerichte in Angola sind das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) und das Tribunal Constitucional (Verfassungsgericht). Das 2008 gegründete Verfassungsgericht befasst sich mit Rechts- und Verfassungsfragen. Es besteht aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und neun weiteren Richtern mit beratender Funktion. Der Oberste Gerichtshof hat eine ähnliche Struktur, aber statt neun sind es mindestens 16 Richter, die vom Präsidenten ernannt werden. Der Oberste Gerichtshof ist ein höheres Gericht mit allgemeiner Zuständigkeit und kann sowohl die ursprüngliche als auch die Berufungszuständigkeit für bestimmte Berufungen im Zusammenhang mit Entscheidungen von Provinz- und Gemeindegerichten ausüben (KAS 22.2.2022). Eine von Präsident Lourenço im März 2021 vorgeschlagene und im August 2021 eingeleitete Verfassungsänderung enthält Bestimmungen, die den Obersten Gerichtshof über das Verfassungsgericht stellen würden, was laut Ansicht von Kritikern die Justiz schwächen und ihre Unabhängigkeit gefährden könnte. Der frühere Chef des Verfassungsgerichts, hatte sich gegen diese Änderungen ausgesprochen und ist im August 2021 von seinem Amt zurückgetreten. Lourenço ernannte die damalige Staatssekretärin Laurinda Cardoso, eine MPLA-Beamtin, zu seiner Nachfolgerin; Oppositionsvertreter äußerten die Befürchtung, dass ihre Ernennung der MPLA eine stärkere Kontrolle über die Gerichte ermöglicht (FH 28.2.2022). Vor dem Obersten Gerichtshof kommt es zu langen Verfahrensverzögerungen, da es auch das einzige Berufungsgericht des Landes ist. Um Verzögerungen zu verringern, wurde mittels eines Gesetzes aus dem Jahr 2015, eine weitere Ebene von Berufungsgerichten eingerichtet. Drei dieser Gerichte wurden in Luanda, Benguela und Lubango eingeweiht, und Richter und Personal wurden eingestellt, allerdings waren diese zu Jahresende 2021 noch nicht tätig. Bei den Strafgerichten gibt es einen großen Rückstau bei der Bearbeitung der Fälle, welche lange Wartezeiten auf Anhörungen zur Folge haben. Auch bei den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes kommt es zu großen Verzögerungen. Im Juli 2021 wurde ein Gesetzentwurf verabschiedet, mit dem die Zahl der Richter am Obersten Gerichtshof um 10 auf 31 erhöht wurde, um den Rückstand von mehr als 4.300 Fällen vor den Straf-, Zivil- und Arbeitskammern des Gerichts abzubauen (USDOS 12.4.2022). Angola steht auch vor dem Problem, dass 90 Prozent der Anwälte ihre Büros in der Hauptstadt haben, so dass sich die Menschen im Rest des Landes bei Entscheidungen weitgehend auf ihre lokalen Chefs verlassen müssen (KAS 22.2.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 31

Informelle Gerichte bleiben die primären Institutionen zur Lösung ziviler Konflikte in ländlichen Gebieten. Jede Gemeinde, in der informelle Gerichte angesiedelt sind, legt lokale Regeln fest. Traditionelle Anführer (Sobas) hören und entscheiden auch lokale Zivilverfahren. Sobas sind nicht befugt, Strafsachen zu verhandeln, dazu sind nur Gerichte befugt (USDOS 12.4.2022). Sowohl die nationale Polizei als auch die Armee verfügen über ein internes Gerichtssystem, das im Allgemeinen nicht von außen überwacht werden kann. Obwohl Angehörige dieser Organisationen nach ihren internen Vorschriften vor Gericht gestellt werden können, können Fälle, die Verstöße gegen straf- oder zivilrechtliche Vorschriften beinhalten, auch in die Zuständigkeit von Provinzgerichten fallen. Sowohl die Generalstaatsanwaltschaft als auch das Ministerium für Justiz und Menschenrechte sind für die zivile Aufsicht über die Militärgerichte zuständig (USDOS 12.4.2022). Quellen: - FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071847.html, Zugriff 9.8.2022 - KAS - Konrad Adenauer Stiftung (22.2.2022): Republic of Angola, KAS Fact book, https://www.kas.de/documents/279052/279101/Fact+book+Angola+2018.pdf/cde57f34-9e35- c7f0-ace2-92f0953d5868?version=1.0&t=1645454391566, Zugriff 9.8.2022 - USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071075.html, Zugriff 9.8.2022 6. Sicherheitsbehörden Die nationale Polizei, die dem Innenministerium untersteht, ist für die innere Sicherheit und die Strafverfolgung zuständig. Die Kriminalpolizei, die ebenfalls dem Innenministerium untersteht, ist für die Prävention und Untersuchung von Straftaten im Inland zuständig. Der Auslands- und Migrationsdienst und die Grenzschutzpolizei innerhalb des Innenministeriums sind für die Durchsetzung der Gesetze im Bereich der Migration zuständig. Der staatliche Nachrichten- und Sicherheitsdienst ist dem Präsidenten unterstellt und ermittelt in Angelegenheiten der Staatssicherheit. Die angolanischen Streitkräfte [Angolan Armed Forces, FAA] sind für die äußere Sicherheit zuständig, haben aber auch Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit, einschließlich der Grenzsicherung, der Ausweisung irregulärer Migranten und kleinerer Aktionen gegen Splittergruppen, bzw. gegen die Mitglieder der FLEC (Front for the Liberation of the Enclave of Cabinda) (USDOS 12.4.2022). Die nationale Polizei und die angolanischen Streitkräfte verfügen über interne Mechanismen zur Untersuchung von Übergriffen der Sicherheitskräfte. Zivile Behörden haben eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte. Es gibt allerdings glaubwürdige Berichte, dass Angehörige der Sicherheitskräfte einige Übergriffe begangen haben (USDOS 12.4.2022) - darunter Korruption und .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 31

Menschenrechtsverletzungen. Verstöße gegen ein ordnungsgemäßes Verfahren und Missbrauch durch Sicherheitskräfte sind nach wie vor weit verbreitet (FH 28.2.2022). Quellen: - FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071847.html, Zugriff 9.8.2022 - USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071075.html, Zugriff 9.8.2022 7. Folter und unmenschliche Behandlung Die Verfassung und Gesetze verbieten alle Formen von Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung, aber die Regierung setzt diese Verbote nicht immer durch (USDOS 12.4.2022). Auch 2021, waren die Sicherheitskräfte in Menschenrechtsverletzungen involviert (HRW 13.1.2022). Die Regierung oder ihre Vertreter haben bei der Aufrechterhaltung der Stabilität willkürliche oder unrechtmäßige Tötungen begangen und wenden manchmal übermäßige Gewalt an (USDOS 12.4.2022). Sicherheitskräfte waren im Jahr 2021 weiterhin in schwere Menschenrechtsverletzungen verwickelt, darunter Hinrichtungen im Schnellverfahren, willkürliche Verhaftungen (HRW 13.1.2022) und übermäßige Gewaltanwendung gegen friedliche Demonstranten (HRW 13.1.2022; vgl. AI 29.3.2022). Dutzende Demonstranten wurden getötet. Die Sicherheitskräfte schossen auf offener Straße auf friedliche Demonstranten und jagten diese auch in den umliegenden Vierteln und Wäldern (AI 29.3.2022). In den Diamantengebieten von Lunda Norte und Lunda Sul ist die lokale Bevölkerung Menschenrechtsverletzungen durch die Armee, die Polizei und private Sicherheitskräfte ausgesetzt, darunter Folter und extralegale Tötungen (BS 23.2.2022). Die Sicherheitskräfte genießen für Gewalttaten – einschließlich Folter und außergerichtliche Tötungen von Häftlingen, Aktivisten und anderen – Straffreiheit (FH 28.2.2022). Quellen: - AI - Amnesty International (29.3.2022): The State of the World's Human Rights - Angola 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070327.html, Zugriff 9.8.2022 - BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Angola, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069771/country_report_2022_AGO.pdf, Zugriff 10.8.2022 - FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071847.html, Zugriff 9.8.2022 - HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068559.html, Zugriff 9.8.2022 - USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071075.html, Zugriff 9.8.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 31

8. Korruption Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, und die Regierung setzt das Gesetz auch wirksam um. Sie entlässt und verfolgt Kabinettsminister, Provinzgouverneure, hochrangige Militärs und andere Beamte wegen Korruption und Finanzdelikten. 2021 gab es zahlreiche Berichte über Korruption in der Regierung. Die Generalstaatsanwaltschaft setzte ihre Korruptionsermittlungen fort und erhob gegen mehrere Beamte Strafanzeige (USDOS 12.4.2022). Präsident Lourenço hat seit seinem Wahlkampf 2017 wiederholt seine Bereitschaft betont, die endemische Korruption im Land zu bekämpfen, und es kam zu Verurteilungen einiger hochrangiger Beamte aus der dos Santos Ära (FH 28.2.2022). Dennoch bleiben Straflosigkeit unter Beamten und die einheitliche Anwendung von Antikorruptionsgesetzen ein ernstes Problem (USDOS 12.4.2022). Nach jahrzehntelanger MPLA- Herrschaft haben sich Korruption und Klientelismus in fast allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens verfestigt (FH 28.2.2022). Kleinkorruption unter Polizisten, Lehrern und anderen Staatsbediensteten bleibt weit verbreitet. Die Polizei erpresst Geld von Bürgern und Flüchtlingen, und Gefängnisbeamte erpressen Geld von Familienmitgliedern von Insassen (USDOS 12.4.2022). Quellen: - FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071847.html, Zugriff 9.8.2022 - USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071075.html, Zugriff 9.8.2022 9. Allgemeine Menschenrechtslage Die Menschenrechtslage in Angola hat sich 2021 mit dem Inkrafttreten des neuen Strafgesetzbuchs entscheidend verbessert. Das Gesetzbuch entkriminalisiert gleichgeschlechtliche Handlungen, schützt die Rechte von Kindern und stellt Genitalverstümmelung und sexuelle Belästigung unter Strafe. In weitergehenden Menschenrechtsfragen hat die Regierung jedoch kaum Fortschritte erzielt. Die staatlichen Sicherheitskräfte sind in schwere Menschenrechtsverletzungen verwickelt, darunter Hinrichtungen im Schnellverfahren, übermäßige Gewaltanwendung gegen friedliche Demonstranten und willkürliche Inhaftierungen. Außerdem schränken die Behörden die Arbeit von Journalisten durch drakonische Mediengesetze ein. Die Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern nahmen weiter zu (HRW 13.1.2022). Zu den schwerwiegendsten Menschenrechtsverletzungen zählen glaubwürdige Berichte über: rechtswidrige oder willkürliche Tötungen, einschließlich außergerichtlicher Tötungen durch staatliche Sicherheitskräfte; gewaltsames Verschwindenlassen; Fälle von grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung durch staatliche Sicherheitskräfte; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Inhaftierung; .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 31

politische Gefangene oder Häftlinge; schwerwiegende Einschränkungen der freien Meinungsäußerung und der Pressefreiheit, einschließlich Gewalt, Gewaltandrohung oder ungerechtfertigter Verhaftungen von Journalisten und strafrechtlicher Verleumdungsgesetze; Beeinträchtigung der friedlichen Versammlungsfreiheit; schwerwiegende Korruptionsfälle; fehlende Untersuchung von und Rechenschaftspflicht für geschlechtsspezifische Gewalt; und Verbrechen, die mit Gewalt oder Gewaltandrohung gegen sexuelle Minderheiten verübt werden (USDOS 12.4.2022) Die Bürgerrechte sind gesetzlich verankert, aber es kommt nach wie vor häufig zu Rechtsverletzungen, insbesondere für Randgruppen wie die arme städtische Bevölkerung und ländliche Gemeinschaften. Trotz des bestehenden Rechtsschutzes kommt es immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, Folter und extralegalen Tötungen durch die staatlichen Sicherheitskräfte. Vor allem in der Region Cabinda, wo zivilgesellschaftliche Aktivisten und mutmaßliche FLEC-Anhänger [Frente para a Libertação do Enclave de Cabinda] sowie deren Familienangehörige willkürlichen Hausdurchsuchungen, willkürlichen Inhaftierungen und Folter ausgesetzt sind. In den Diamantenfördergebieten Lunda Norte und Lunda Sul ist die lokale Bevölkerung Menschenrechtsverletzungen durch die Armee, die Polizei und private Sicherheitskräfte ausgesetzt, darunter Folter und außergesetzliche Tötungen. In Luanda und den Provinzhauptstädten werden weibliche Straßenverkäufer routinemäßig von der Polizei gejagt, mit Stöcken geschlagen und sexuell belästigt, wobei ihre Waren beschlagnahmt oder zerstört werden. "Marginalisierte" (d. h. arbeitslose Jugendliche, die verdächtigt werden, Bandenmitglieder zu sein) werden regelmäßig im Schnellverfahren von der Polizei getötet. Im Jahr 2020 betrafen diese willkürlichen Tötungen auch Jugendliche, die gegen die COVID-19-Beschränkungen verstießen (BS 23.2.2022). Auch zivile Organisationen und politisch aktive Einzelpersonen, darunter Regierungskritiker, Mitglieder von Oppositionsparteien und Journalisten berichten, dass die Regierung ihre Aktivitäten und ihre Mitgliedschaften überwacht und dass sie aufgrund ihrer angeblichen oder ausdrücklichen regierungsfeindlichen Haltung bedroht und schikaniert werden (USDOS 12.4.2022). Die Regierung hat wichtige Schritte unternommen, um Beamte, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, sowie diejenigen, die in Korruption verwickelt waren, zu identifizieren, zu untersuchen, zu verfolgen und zu bestrafen. Dennoch war die Rechenschaftspflicht für Menschenrechtsverletzungen aufgrund fehlender Kontrollen und Gegenmaßnahmen, mangelnder institutioneller Kapazitäten, einer Kultur der Straflosigkeit und der Korruption in der Regierung begrenzt (USDOS 12.4.2022). In der Verfassung und im Gesetz ist das Recht auf freie Meinungsäußerung verankert, auch für Mitglieder der Presse und weiterer Medien, aber die Regierung respektiert dieses Recht nicht .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 31

immer (USDOS 12.4.2022). Der angolanische Staat ist im Besitz der meisten Medien im Land. Diese berichten wohlwollend über die Regierung und üben nur selten Kritik (FH 28.2.2022). Die Berichterstattung über Korruption ist der vorwiegende Grund für ungestrafte Angriffe auf Journalisten (USDOS 12.4.2022). Sowohl Beleidigung als auch Verleumdung gelten als Straftaten (FH 28.2.2022), und werden mit einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe geahndet (USDOS 12.4.2022). Das Strafgesetzbuch enthält auch den Straftatbestand des "Missbrauchs der Pressefreiheit", der gegen diejenigen angewendet werden kann, die der Aufwiegelung, der Hassrede, der Verteidigung faschistischer oder rassistischer Ideologien oder von "Fake News" beschuldigt werden (FH 28.2.2022). Die Behörden setzen weiterhin drakonische Mediengesetze ein, um Journalisten zu unterdrücken und zu schikanieren. Im Juni 2021 wurden Journalisten wegen strafbarer Verleumdung angeklagt. Das Committee to Protect Journalists (CPJ) berichtete von mindestens sechs Fällen strafrechtlicher Verleumdungsklagen gegen Journalisten in Angola seit März 2021 (HRW 13.1.2022). Journalisten beklagten, dass die Regierung Verleumdungsgesetze einsetzt, um Berichterstattungen über Korruption und Vetternwirtschaft einzuschränken (USDOS 12.4.2022). Die Angst vor Vergeltungsmaßnahmen für die Äußerung von Kritik an der Regierung oder kontroversen Meinungen in privaten Gesprächen hält in Angola an. Selbstzensur ist weit verbreitet und wird durch die Sorge genährt, dass eine vermeintliche Absicht, sich gegen die Regierung zu organisieren, zu Repressalien führen könnte. Die Regierung überwacht aktiv die Online-Aktivitäten (FH 28.2.2022). Ferner hielten die Angriffe auf die Medienfreiheit an, da die Behörden die Lizenzen privater Fernsehsender aussetzten (AI 29.3.2022). Die Verfassung und das Gesetz sehen das Recht vor, sich friedlich zu versammeln und zu vereinigen, und die Regierung respektiert diese Rechte gelegentlich (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022). Das Gesetz schreibt vor, dass öffentliche Versammlungen drei Tage vorher schriftlich bei der örtlichen Verwaltung und Polizei angemeldet werden müssen (USDOS 12.4.2022). Während die Regierung Lourenço anfangs mehr Toleranz gegenüber öffentlichen Demonstrationen zeigte, werden friedliche Demonstrationen immer noch mit Gewalt und Verhaftungen durch die Sicherheitskräfte beantwortet (FH 28.2.2022). Wirtschaftliche und soziale Krisen und Menschenrechtsverletzungen führten zu einer Zunahme an Protesten im ganzen Land. Die Sicherheitskräfte verstärkten indes landesweit ihre Maßnahmen, um diese zu unterbinden (AI 13.1.2022). Während des gesamten Jahres 2020 löste die Polizei Protestmärsche gewaltsam auf und nahm Verhaftungen vor, wobei es zeitweise zu mehreren rechtswidrigen Tötungen durch Sicherheitskräfte kam. Auch die Separatisten in der ölreichen Region Cabinda gerieten ins Visier der Regierung (FH 28.2.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 31

Am 30.Jänner 2021 gingen die Sicherheitskräfte gewaltsam gegen einen friedlichen Protest vor, der von der Lunda Tchokwe Protectorate Movement (MPPLT) in der angolanischen Provinz Lunda Norte organisiert wurde (FH 28.2.2022; vgl. GV 17.2.2021). Die MPPLT wurde 2006 gegründet und setzt sich für die Autonomie der östlichen Hälfte des an Diamanten reichen angolanischen Territoriums ein. Die Demonstration diente dem Gedenken an den 127. Jahrestag der "internationalen Anerkennung des Rechts des Königreichs Lunda Tchowke", heißt es in einer Erklärung auf der Facebook-Seite der Bewegung. Laut Aussagen von Augenzeugen herrschte eine kriegsähnliche Atmosphäre (GV 17.2.2021). Mindestens ein Dutzend Demonstranten wurden von der Polizei getötet, obwohl lokale Menschenrechtsgruppen vermuten, dass die tatsächliche Zahl der Getöteten wesentlich höher ist. In den sozialen Medien kursierende Videos zeigen, wie Polizeikräfte wahllos gegen fliehende Demonstranten vorgehen und mehrere festnahmen (FH 28.2.2022; vgl. GV 17.2.2021). NGOs, die sich mit Menschenrechten und Staatsführung befassen, werden streng überwacht (FH 28.2.2022). Bisweilen schränkt die Regierung willkürlich die Aktivitäten von Vereinigungen ein, die sie als subversiv erachtet (USDOS 12.4.2022). Allerdings hat sich das Umfeld für NGOs seit 2018 verbessert, da die Einflussnahme abgenommen hat und die Bereitschaft der Regierung zum Dialog mit zivilgesellschaftlichen Gruppen gestiegen ist (FH 28.2.2022). Opposition Die Behörden erlauben den Oppositionsparteien im Allgemeinen, sich zu organisieren und Versammlungen abzuhalten (USDOS 12.4.2022). Angola hat noch nie eine Machtübergabe zwischen rivalisierenden Parteien erlebt. Dennoch haben die Oppositionsparteien in den letzten Jahren an öffentlicher Unterstützung gewonnen, insbesondere in und um die Hauptstadt Luanda (FH 28.2.2022). Bis vor kurzem wurden mutmaßlichen Mitgliedern der politischen und zivilen Opposition die Bürgerrechte verweigert, obwohl sich dies seit Ende 2017 unter der Präsidentschaft von João Lourenço etwas verbessert hat (BS 23.2.2022). Laut Jugendorganisationen der Oppositionsparteien hat die Unterdrückung politisch Andersdenkender in den letzten Jahren hingegen zugenommen. Es kommt zu Fällen von willkürlichen Verhaftungen und Einschüchterung von Regierungskritikern durch staatliche Sicherheitskräfte (FH 28.2.2022). Quellen: - AI - Amnesty International (29.3.2022): The State of the World's Human Rights - Angola 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070327.html, Zugriff 9.8.202 - BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Angola https://www.ecoi.net/en/file/local/2069771/country_report_2022_AGO.pdf, Zugriff 10.8.2022 - FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071847.html, Zugriff 9.8.2022 - GV - Global Voices (17.2.2021): Angolans furious after protesters killed in rally by self- determination movement, https://globalvoices.org/2021/02/17/angolans-furious-after-protesters- killed-in-rally-by-self-determination-movement/, Zugriff 22.2.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 31

- HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068559.html, Zugriff 9.8.2022 - USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071075.html, Zugriff 9.8.2022 10. Haftbedingungen Die Haftbedingungen sind prekär (EDA 10.8.2022). Die Bedingungen in den Gefängnissen und Haftanstalten bleiben aufgrund von Überbelegung, mangelnder medizinischer Versorgung, Korruption und Gewalt hart und lebensbedrohlich (USDOS 12.4.2022). Die Gefängnisse in Angola sind überfüllt, unhygienisch, unzureichend ausgestattet und von sexuellem Missbrauch geprägt (FH 28.2.2022). Die Haftbedingungen in den städtischen und ländlichen Gebieten sind sehr unterschiedlich. Gefängnisse in ländlichen Gebieten sind weniger überfüllt und verfügen über bessere Rehabilitations-, Ausbildungs- und Wiedereingliederungsdienste. Es gibt keine Berichte über Todesfälle in den Gefängnissen, aber es gab Berichte über Insassen, die aufgrund der schlechten Bedingungen in den Gefängnissen erkrankten, auch bei COVID-19. In den Gefängnissen gibt es nicht immer eine angemessene medizinische Versorgung gibt (es fehlt an sanitären Einrichtungen, Trinkwasser oder Lebensmittel), und es ist üblich, dass die Familien den Gefangenen Lebensmittel bringen (USDOS 12.4.2022). Die Gefängnisse haben eine Gesamtkapazität von 21.000 Insassen, beherbergen aber etwa 25.000 Insassen, von denen etwa 10.000 in Untersuchungshaft sitzen. Das Gefängnissystem hat eine übermäßige Anzahl von Gefangenen in Untersuchungshaft, da es einen Rückstau an Strafverfahren im Gerichtssystem gibt (USDOS 12.4.2022). Die Behörden halten häufig Untersuchungshäftlinge zusammen mit verurteilten Häftlingen fest. Insbesondere in den Provinzgefängnissen werden auch Kurzzeithäftlinge zusammen mit Personen untergebracht, die langfristige Haftstrafen für Gewaltverbrechen verbüßen. Häftlinge, die nicht in der Lage sind, gerichtlich verhängte Geldstrafen zu zahlen, bleiben nach Beendigung ihrer Strafe oder in Erwartung von Entlassungsanordnungen höherer Gerichte im Gefängnis. Viele Gefangene werden länger in Untersuchungshaft gehalten als gesetzlich zulässig, was je nach Schwere und Komplexität des mutmaßlichen Verbrechens zwischen vier und 14 Monaten liegt. Einige Straftäter, darunter auch Gewalttäter, berichteten, dass sie Bußgelder und Bestechungsgelder gezahlt haben, um ihre Freiheit zu erlangen. Es ist unklar, wie verbreitet diese Praxis ist (USDOS 12.4.2022). Es gibt ein Büro des Ombudsmanns mit nationaler Zuständigkeit. Die Regierung lässt Besuche von unabhängigen lokalen und internationalen Menschenrechtsbeobachtern und ausländischen Diplomaten in den Gefängnissen zu. Dennoch haben zivilgesellschaftliche Organisationen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 31

Schwierigkeiten, mit Häftlingen in Kontakt zu treten, und die Gefängnisbehörden erschweren ihnen den Zugang zu den Gefängnissen (USDOS 12.4.2022). Quellen: - EDA - Eidgenössisches Departement für Auswärtige Angelenheiten [Schweiz] (10.8.2022): Reisehinweise für Angola, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und- reisehinweise/angola/reisehinweise-fuerangola.html, Zugriff 10.8.2022 - FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071847.html, Zugriff 9.8.2022 - USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices - Angola, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071075.html, Zugriff 9.8.2022 11. Todesstrafe Angola hat die Todesstrafe im Jahr 1992 völlig abgeschafft (AI 22.6.2018; vgl. Länderdaten.info o.D.). Quellen: - AI - Amnesty International (22.6.2018): Staaten mit und ohne Todesstrafe, https://amnesty- todesstrafe.de/2018/06/staaten-mit-und-ohne-todesstrafe/, Zugriff 10.8.2022 - Länderdaten.info (o.D.): Angola, https://www.laenderdaten.info/Afrika/Angola/index.php, Zugriff 10.8.2022 12. Religionsfreiheit Von den ca. 34,8 Millionen Angolanern sind 41,1 Prozent Katholiken und 38,1 Prozent Protestanten. 8,6 Prozent der Bevölkerung gehören traditionellen Religionen und 12,3 Prozent keiner Glaubensrichtung an (CIA 2.8.2022). Die Verfassung definiert den Staat als säkular, verbietet religiöse Diskriminierung und sieht Religionsfreiheit vor. Sie verpflichtet den Staat, Kirchen und Religionsgemeinschaften zu schützen, solange sie sich an das Gesetz halten (USDOS 2.6.2022). Die Verfassung garantiert die Religionsfreiheit, aber die Regierung legt den religiösen Gruppen strenge Kriterien für die offizielle Anerkennung auf, die für den legalen Bau von Gotteshäusern erforderlich ist. Vor allem viele Pfingstkirchen, die in Angola einen großen sozialen Einfluss haben, sind nicht registriert (FH 28.2.2022). Zwar ist die Religionsfreiheit gesetzlich geschützt, doch sind Randkirchen und religiöse Bewegungen sowie die kleine angolanische muslimische Gemeinschaft systematischen Repressionen ausgesetzt, einschließlich der Zerstörung von "illegalen" Gebetsstätten und Polizeigewalt (BS 23.2.2022). Das Gesetz schreibt vor, dass sich religiöse Gruppen registrieren lassen müssen, um staatlich anerkannt zu werden. Das Kulturministerium ist über das INAR [Instituto Nacional dos Assuntos Religiosos] die Entscheidungsbehörde für das Registrierungsverfahren und übt eine Aufsichtsfunktion für religiöse Aktivitäten aus. Das INAR analysiert auch die religiösen Lehren, um .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 31
