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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Seit Mai 2013 gibt es in sechs größeren Städten Anlaufstellen („Cliniques Juridiques“), in denen Opfer sexueller Gewalt kostenlos Rechtsberatung erhalten können. Frauen, die als Prostituierte arbeiten, sind besonders gefährdet, Opfer von Gewalt zu werden. Häufig werden sie von ihren Freiern misshandelt. Es kann aber auch zu Misshandlungen durch die Polizei oder aber die eigene Familie kommen. Zu Fällen von Zwangsprostitution kommt es eher selten. Es gibt einige nationale und internationale NGOs, die sich um die Belange von Frauen, die als Prostituierte arbeiten, kümmern. Durch sie wurde auch ein Netzwerk von Ansprechpartnern in diversen Polizeidienststellen geschaffen, an welche sich betroffene Frauen bei Problemen wenden können (AA 9.10.2020). Das Gesetz N° 98-757 vom 23.12.1998 zur Unterdrückung bestimmter Formen von Gewalt gegen Frauen erklärte die weibliche Genitalverstümmelung (FGM/C) bereits für strafbar. Mit dem neuen Strafgesetzbuch, Gesetz N° 2019-574 vom 18.6.2019, wurde weibliche Genitalverstümmelung nun auch als eigener Straftatbestand eingeführt (AA 9.10.2020). Das Gesetz verbietet also ausdrücklich FGM/C und sieht Strafen für Praktizierende vor, dennoch bleibt FGM/C ein ernstes Problem (USDOS 30.3.2021; vgl. BTI 2020). Das Gesetz sieht im Arbeitsrecht für Frauen den gleichen rechtlichen Status und die gleichen Rechte wie für Männer vor. Ein Gesetz aus dem Jahr 2019 sieht vor, dass Witwen nach dem Tod ihres Mannes genauso viel erben können wie die Kinder des Verstorbenen (USDOS 30.3.2021). Mit dem Ehegesetz vom Juli 2019 haben Frauen das Recht, geerbtes Eigentum als Sicherheit für Kredite zu verwenden (FH 3.3.2021). Allerdings gilt das Gesetz nicht für nicht registrierte traditionelle und religiöse Ehen und räumt selbst langjährigen Lebensgefährten keine Rechtsansprüche ein (HRW 24.7.2019). Menschenrechtsorganisationen berichten, dass viele religiöse und traditionelle Autoritäten Gesetze ablehnen, welche die geschlechtsspezifische Ungleichheit bei Entscheidungen im Haushalt verringern sollen (USDOS 30.3.2021). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 20.1.2022 - BTI - Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report - Côte d’Ivoire, https://www.bti- project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_CIV.pdf, Zugriff 20.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html, Zugriff 20.1.2022 - HRW - Human Rights Watch (24.7.2019): Côte d’Ivoire Marriage Reform a Step for Women Law Could Spur Change Throughout Africa, https://www.hrw.org/news/2019/07/24/cote-divoire- marriage-reform-step-women, Zugriff 28.1.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 34

- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 18.2. Kinder Der Grundschulbesuch ist obligatorisch, kostenlos und für alle zugänglich. Der Schulbesuch ist damit dem Schein nach für Sechs- bis Sechzehnjährige verpflichtend und gratis. Familien berichten allerdings, dass sie zur Zahlung von Schulgebühren aufgefordert werden, entweder, um Zeugnisse zu erhalten, oder aber, für Schulmaterial. Nicht alle halten sich an die Schulpflicht. Obwohl die Einschulungsrate von Mädchen höher ist, als jene der Buben, sinkt der Anteil an Mädchen später unter jenen der Buben. Kulturell bedingt gibt es eine Tendenz, Mädchen eher zu Hause zu behalten, damit diese Hausarbeit verrichten oder sich um jüngere Geschwister kümmern zu können. Ein anderer Grund ist, dass sexuelle Belästigung von Schülerinnen durch Lehrer und anderes Personal weit verbreitet ist. Im April 2019 wurde eine neue Gender-Einheit innerhalb des Ministeriums für nationale Bildung geschaffen. Diese soll sich auf die Verbesserung der Bildung und Ausbildung von Mädchen und Frauen konzentrieren (USDOS 30.3.2021). Gewalt gegen Kinder und deren Missbrauch sind verbreitet – besonders in Schulen. Die körperliche Züchtigung von Kindern in Bildungseinrichtungen ist an der Tagesordnung und gesetzlich weder verboten noch eingeschränkt (AA 9.10.2020). Im Jahr 2019 wurde das Alter für Frauen und Männer bei der Heirat gesetzlich mit 18 Jahren festgelegt. Das Gesetz verbietet, dass Mädchen und Buben unter diesem Alter ohne Zustimmung der Eltern heiraten. Das Gesetz bestraft ausdrücklich jeden, der einen Minderjährigen unter 18 Jahren zwingt, eine religiöse oder traditionelle Ehe einzugehen. Dennoch gibt es immer wieder Berichte über traditionelle Ehen, an denen mindestens ein minderjähriger Ehepartner beteiligt ist (USDOS 30.3.2021, vgl. AA 9.10.2020). Sex mit Minderjährigen unter 15 Jahren wird vom Gesetz als Vergewaltigung definiert (AA 9.10.2020). Das Mindestalter für einvernehmlichen Sex beträgt 18 Jahre (USDOS 30.3.2021). Kindersoldaten haben – auch während der Krisenjahre – keine nennenswerte Rolle gespielt. Fortschritte wurden für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Strafverfahren gemacht. Bei den Gerichten erster Instanz in Abidjan sowie in Man und Bouaké wurden „Services de la Protection Judiciaire de l’Enfance et de la Jeunesse“ (Rechtsschutzdienste für Kinder und Jugendliche) geschaffen, welche die Richter beraten und unterstützen (AA 9.10.2020). Die Verfassung verbietet ausdrücklich den Menschenhandel, einschließlich Zwangs- und Kinderarbeit. Das Mindestalter für eine Beschäftigung beträgt 16 Jahre, für Lehrstellen 14 Jahre. Das Mindestalter für gefährliche Arbeiten liegt bei 18 Jahren (USDOS 30.3.2021). Trotzdem spielt Kinderarbeit traditionell im informellen Sektor – allen voran in der Landwirtschaft – weiterhin eine .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 34

Rolle. Andere Sektoren sind der Bergbau, das Baugewerbe, häusliche Dienstleistungen oder die Gastronomie (AA 9.10.2020) und insbesondere die Kakaoproduktion. Trotz der in den letzten Jahren gemachten Bemühungen von Regierung und internationalen Konzernen, diesem Phänomen entgegenzuwirken, bleibt Kinderarbeit ein Problem (FH 3.3.2021). Die effektive Bekämpfung der Kinderarbeit über das Justizsystem ist aufgrund beschränkter Ressourcen und Personal begrenzt (AA 9.10.2020). Die Regierung der Elfenbeinküste erfüllt die Mindeststandards für die Beseitigung des Menschenhandels nicht vollständig. Allerdings werden diesbezüglich Anstrengungen unternommen, wie etwa die Einrichtung neuer spezialisierter Polizeieinheiten zur Untersuchung von Kinderarbeit und Kinderhandel im ganzen Land, die Schulung von Strafverfolgungs- und Justizbeamten, die Überweisung identifizierter Opfer an eine Betreuungseinrichtung, die Aufstockung finanzieller Unterstützung und der Sachleistungen für NGOs, die Dienste für Opfer des Menschenhandels anbieten (USDOS 1.7.2021). Menschenrechtsorganisationen berichteten, dass landesweit Tausende von Kindern auf der Straße leben, und dass diese häufig Gegenstand von Strafverfolgungsmaßnahmen werden oder Schikanen durch die Behörden ausgesetzt sind. Berichten zufolge betriebt die Regierung ein Programm zur Verringerung der Zahl obdachloser Minderjähriger. Beamte des Jugendministeriums eröffneten Berichten zufolge in einigen Städten Zentren, wo gefährdete Jugendliche leben und eine Ausbildung erhalten können (USDOS 30.3.2021). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 20.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - USDOS - US Department of State (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 - USDOS - US Department of State [USA] (1.7.2021): 2021 Trafficking in Persons Report: Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2055168.html, Zugriff 25.1.2022 18.3. Angehörige sexueller Minderheiten Die Elfenbeinküste gilt in der Region von Westafrika als vergleichsweise sicherer Hafen für Homosexuelle. Homosexualität bildet keinen Straftatbestand (AA 9.10.2020; vgl. FH 3.3.2021). Generell gilt sowohl für hetero- als auch für gleichgeschlechtliche sexuelle Aktivitäten in der Öffentlichkeit, dass sie als unsittlich gewertet und mit einer Strafe von bis zu zwei Jahren Gefängnis geahndet werden (USDOS 30.3.2021). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 28 von 34

Es gibt kein Verbot der Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung, geschlechtlicher Identität oder Intersexualität. Somit besteht kein rechtlicher Schutz gegen Diskriminierung im Alltag. In diesem Sinne kommt es auch zu Einschränkungen hinsichtlich der Teilnahme Homosexueller am gesellschaftlichen Leben, da Homosexualität gesellschaftlich nicht akzeptiert, sondern allenfalls geduldet wird. In der Gesellschaft wird Homosexualität, vor allem unter Männern, oft als Sünde oder Verbrechen angesehen (AA 9.10.2020; vgl. FH 3.3.2021). Es wird berichtet, dass Angehörige sexueller Minderheiten von Vermietern oder von den eigenen Familien aus ihren Häusern vertrieben wurden. Die familiäre Ablehnung von jugendlichen Angehörigen sexueller Minderheiten führe häufig dazu, dass diese obdachlos werden und die Schule abbrechen. Angehörige sexueller Minderheiten berichten zudem über Diskriminierung beim Zugang zur Gesundheitsversorgung (USDOS 30.3.2021). Menschenrechtsorganisationen berichteten, dass Angehörige sexueller Minderheiten weiterhin mit Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung sowie mit Gewaltakten konfrontiert sind (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 9.10.2020, FH 3.3.2021). Die Strafverfolgungsbehörden reagieren bisweilen langsam und ineffektiv auf gesellschaftliche Gewalt, die sich gegen Angehörige sexueller Minderheiten richtet (USDOS 30.3.2021). In Abidjan ist das Verhalten gegenüber Angehörigen sexueller Minderheiten aufgeschlossener als in ländlichen Regionen (AA 9.10.2020). In Abidjan gibt es ein gutes Netzwerk von Organisationen, in welchem man sowohl drei nationale als auch mehrere internationale Organisationen findet. Diese unterstützen und stärken Angehörige sexueller Minderheiten. Durch dieses Netzwerk ist zumindest Hilfe möglich, z.B. durch die Begleitung zu Behörden und zur Polizei im Fall von physischer Gewalt bei Übergriffen. Von staatlicher Seite wurde im ganzen Land ein Netzwerk mit speziellen Ansprechpartnern auf Polizeirevieren geschaffen, bei denen sich Opfer melden können. Allerdings gibt es solche Ansprechpartner nicht in jeder Polizeistation (AA 9.10.2020). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 20.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html, Zugriff 1.2.2021 - USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 29 von 34

19. Bewegungsfreiheit Die Verfassung und das Gesetz sehen nicht ausdrücklich das Recht auf Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Auswanderung oder Rückkehr vor. Trotzdem respektiert die Regierung diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 30.3.2021). Die Möglichkeiten zur Bewegungsfreiheit haben sich seit 2011 verbessert. Allerdings gibt es in einigen Gebieten weiterhin irreguläre Kontrollpunkte und Erpressungen, insbesondere im Westen und Norden sowie in der Nähe von Gold- und Diamanten-Fördergebieten. Frauen wird im Allgemeinen gleiche Bewegungsfreiheit gewährt. Allerdings wird diese durch Sicherheitsrisiken und das Risiko sexueller Gewalt in der Praxis behindert (FH 3.3.2021). Quellen: - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 20. IDPs und Flüchtlinge Es gibt keine nationale, systematische Erhebung von Daten über Binnenvertriebene / IDPs (IDMC 12.2021). Laut Schätzungen internationaler Organisationen und der Regierung gab es Mitte Dezember 2020 aufgrund der befürchteten oder erlebten Gewalt im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen (31.10.2020) etwa 3.000 oder auch bis zu 5.530 IDPs. Ende November und Anfang Dezember 2020 kehrten diese Menschen freiwillig nach Hause zurück. Die Regierung koordinierte aktiv mit internationalen Organisationen die Registrierung und Erbringung von Dienstleistungen für IDPs (USDOS 30.3.2021; vgl. IDMC 12.2021). Die Regierung arbeitete mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, zurückkehrenden Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen und anderen betroffenen Personen Schutz und Hilfe zu gewähren. Die Verfassung und das Gesetz sehen die Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsstatus vor, und die Regierung hat ein System zum Schutz von Flüchtlingen eingerichtet. Flüchtlingsdokumente erlauben es Flüchtlingen, sich frei im Land zu bewegen. Flüchtlinge haben auch Zugang zur Einbürgerung. Die Regierung gewährt auch jenen Personen vorübergehenden Schutz, die nach den einschlägigen UN-Konventionen nicht mehr als Flüchtlinge gelten (USDOS 30.3.2021). Quellen: - IDMC - Internal Displacement Monitoring Centre (formerly Global IDP Project) (12.2021): 2021 Internal Displacement Index report, https://www.internal-displacement.org/sites/default/files/publications/documents/ IDMC_Internal_Displacement_Index_Report_2021.pdf, Zugriff 4.12.2022 - USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 30 von 34

21. Grundversorgung und Wirtschaft Eine staatliche Gewährleistung der Grundversorgung der Bevölkerung gibt es nicht. Zwar gewährleistet die tropische Landwirtschaft in manchen Gebieten eine ausreichende Versorgung der Menschen auf Subsistenzbasis, aber vor allem in den ländlichen Regionen im Norden und Westen des Landes besteht eine große Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung. Betroffen sind insbesondere von Frauen geführte Haushalte (AA 9.10.2020). Es existiert kein Sozialversicherungssystem, keine Sozialhilfe und staatliche Hilfen sind praktisch nicht vorhanden. Staatliche Aufnahmeeinrichtungen oder andere Hilfen, die über das hinausgehen, was der restlichen Bevölkerung zur Verfügung steht, gibt es nicht. Bedürftige sind ausschließlich auf die Unterstützung von Familienangehörigen, NGOs, Kirchen oder Privatpersonen angewiesen. Die meisten dieser Anlauflaufstellen sind jedoch nicht in der Lage, regelmäßige Unterstützung zu leisten. Es werden häufig nur einmalige Verteilaktionen in verschiedenen Regionen des Landes organisiert. Auch internationale Organisationen wie das Welternährungsprogramm WFP bieten Hilfeleistungen an. WFP setzt hier den Schwerpunkt auf die Versorgung von Kindern und Frauen durch Lebensmittel und Geldleistungen (AA 9.10.2020). Die Arbeitslosenquote wird mit 3,5 Prozent, die Inflationsrate mit 2,43 Prozent angegeben (laenderdaten.info o.D.). Im Human Development Index (HDI) der Vereinigten Nationen für 2020 belegt das Land Rang 162 von 189 gelisteten Staaten (HDI o.D.). Dabei erfreut sich die Elfenbeinküste seit 2012 eines dynamischen, robusten und stabilen Wirtschaftswachstums, das sich jedoch 2020 aufgrund der Covid-19-Krise verlangsamt hat. Dennoch hat sich der Wert auf dem Humankapitalindex der Weltbank im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 leicht verbessert. Die Armut ist von 46,3 Prozent im Jahr 2015 auf 39,4 Prozent im Jahr 2020 stark zurückgegangen, aber dieser Rückgang beschränkte sich auf die städtischen Gebiete, da die Armut auf dem Land im gleichen Zeitraum um 2,4 Prozent zunahm (WB 3.5.2021). Vor der durch die Pandemie ausgelösten globalen Krise, verfügte die Elfenbeinküste über eine der robustesten Volkswirtschaften Afrikas und der Welt und wuchs seit 2012 mit einer durchschnittlichen jährlichen Rate von 8 Prozent. Die globale Gesundheitssituation wirkte sich jedoch negativ auf Haushalte und Unternehmen aus und verlangsamte die Wachstumsrate auf 1,8 Prozent im Jahr 2020. Es wird erwartet, dass die robuste Inlandsnachfrage und stabile Exporte die wirtschaftliche Erholung des Landes im Jahr 2021 vorantreiben werden (WB 3.5.2021). Eine andere Quelle geht davon aus, dass sich die Elfenbeinküste bereits von der durch die Covid-19- Pandemie verursachten Rezession und den damit verbundenen, spürbar negativen Auswirkungen auf das robuste Wirtschaftswachstum erholen konnte. Diese Erholung beruht wiederum auf einer günstigen Produktion und den relativ hohen Preisen für das wichtigste Exportprodukt Kakao (GW .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 31 von 34

5.1.2022). Die Elfenbeinküste bleibt das wirtschaftliche Zentrum des frankophonen Westafrikas und übt erheblichen Einfluss in der Region aus (WB 3.5.2021). Während 2019 der Bausektor und die öffentlichen Investitionen die wichtigsten Wachstumsmotoren waren, dürften 2021 das verarbeitende Gewerbe, der Dienstleistungssektor und die Exporte den wirtschaftlichen Umschwung unterstützen. Die größte Herausforderung bleibt die Umsetzung einer Reformagenda, die eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung und ein inklusiveres Wachstum durch die Förderung des Privatsektors fördert (WB 3.5.2021). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 20.1.2022 - GW - Garda World (5.1.2022): Côte d'Ivoire - Country Report, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/cote-divoire, Zugriff 28.1.2022 - laenderdaten.info (ohne Datum): Elfenbeinküste, https://www.laenderdaten.info/Afrika/Elfenbeinkueste/index.php, Zugriff 28.1.2022 - WB - Worldbank (3.5.2021): The World Bank in Côte d’Ivoire, https://www.worldbank.org/en/country/cotedivoire/overview#1, Zugriff 26.1.2022 22. Medizinische Versorgung Es gibt eine medizinische Infrastruktur, darunter zahlreiche private Kliniken sowie einige größere staatliche Krankenhäuser, welche sich jedoch zum größten Teil in Abidjan befinden. In ländlicheren Regionen gibt es kleinere Kliniken und Praxen, die aber für Behandlungen komplizierterer Erkrankungen nicht ausgestattet sind (AA 9.10.2020). Es gibt einige gute Privatkliniken mit einem großen Spektrum an Fachärzten. Dort können auch Notfalloperationen durchgeführt werden (AA 29.1.2022). Die öffentlichen Krankenhäuser entsprechen nicht dem europäischen Standard. Es herrschen schlechte hygienische Verhältnisse, ein Mangel an Fachpersonal und – v.a. im Landesinneren – eine unzureichende Versorgung mit Medikamenten (BMEIA 26.1.2022). Außerhalb von Abidjan ist die medizinische Grundversorgung nur teilweise gewährleistet. Krankenhäuser verlangen eine Vorschusszahlung (Bargeld) bevor sie Patienten behandeln (EDA 26.1.2022; vgl. AA 29.1.2022). Grundsätzlich hängen Qualität und Möglichkeiten der Behandlung in erheblichem Maße von den verfügbaren finanziellen Mitteln des Patienten ab. Häufig stellt bereits der Transport eines Patienten in das nächstgelegene Krankenhaus eine finanzielle Hürde dar. Die Behandlung selbst ist in staatlichen Krankenhäusern kostenlos, jedoch müssen erforderliche Medikamente und Behandlungsmaterialien wie Handschuhe, Verbände etc. vorab selbst gekauft werden. Es gibt in manchen Krankenhäusern eine Art Sozialdienst, der im Notfall einspringen kann. Wartezeiten und Ausstattung öffentlicher Krankenhäuser sind wesentlich .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 32 von 34

schlechter als bei Privatkliniken. Die stationäre Aufnahme im Krankenhaus erfolgt nur gegen vorherige Zahlung eines geringen Tagesgeldsatzes. Es werden immer wieder Fälle bekannt, in denen auch in Notfällen die medizinische Grundversorgung nicht (oder nur nach Zahlung eines Bestechungsgelds) gewährt wird (AA 9.10.2020). Chronische, verbreitete Erkrankungen wie HIV/AIDS können im Rahmen einer retroviralen Therapie behandelt werden. Die Medikamente hierfür werden kostenfrei ausgegeben. Fachwissen für Diagnostik und Behandlung anderer Krankheiten ist überwiegend im privaten Gesundheitssektor vorhanden, jedoch mit entsprechend hohen Kosten verbunden (AA 9.10.2020). Die Dichte an Apotheken ist in den größeren Städten hoch. Sie sind gut ausgestattet und verkaufen gängige Medikamente aller Art – meist sogar rezeptfrei. Viele Medikamente werden zudem staatlich subventioniert, sodass diese auch für finanziell schlechter gestellte Patienten zugänglich sind. Insbesondere in den ländlichen Teilen der Elfenbeinküste können sich viele Patienten allerdings dennoch notwendige Medikamente nicht leisten (AA 9.10.2020). Die Regierung treibt seit 2016 den Aufbau eines universellen Krankenversicherungssystems voran. Die Couverture Maladie Universelle kostet 1.000 Franc CFA (ca. 1,50€) im Monat. Bisher steht die Krankenversicherung nur einem kleinen Teil der im formellen Sektor Beschäftigten zur Verfügung. Die Prozedur der Registrierung aller Berechtigten ist noch nicht abgeschlossen (AA 9.10.2020). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.1.2022): Côte d'Ivoire: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/cotedivoiresicherheit/209460, Zugriff 26.1.2022 - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 20.1.2022 - BMEIA - Bundesministerium für europäische und international Angelegenheiten (26.1.2022): Côte d'Ivoire, Reise und Aufenthalt, Gesundheit und Impfungen, https://www.bmeia.gv.at/reise- services/reiseinformation/land/cote-divoire/, Zugriff 26.1.2022 - EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (26.1.2022): Côte d’Ivoire, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/cote-d-ivoire/ reisehinweise-fuercotedivoire.html#par_textimage_5, Zugriff 26.1.2022 23. Rückkehr Das Hauptproblem von rückgeführten Staatsangehörigen ist der Gesichtsverlust, der mit einem gescheiterten Auswanderungsversuch einhergeht. Häufig hat die gesamte Familie für die Ausreise zusammengelegt, weshalb die Scham bei den Betroffenen groß ist, wenn sie es nicht schaffen, im Zielland ihrer Ausreise Fuß zu fassen. Rückgeführte fürchten daher oft die Begegnung mit ihrer .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 33 von 34

Familie. Bei freiwilligen Rückkehrern sieht die Situation oftmals anders aus und eine Reintegration verläuft meist problemlos. Politische oder staatliche Repression bzw. strafrechtliche Verfolgung haben Rückkehrer nicht zu fürchten. Ein soziales Auffangnetz für Rückkehrer gibt es nicht. Unbegleitete Minderjährige, die rückgeführt werden und keine Familie haben, die sie aufnimmt, können bis zu einem Alter von ca. 12 Jahren möglicherweise in einem Heim oder einem SOS- Kinderdorf untergebracht werden. Ein verlässliches System für die Betreuung dieser Personengruppe gibt es aber nicht (AA 9.10.2020). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 20.1.2022 24. Dokumente Die Elfenbeinküste verfügt über kein zuverlässiges Urkundenwesen. Die Beschaffung von echten Dokumenten unwahren Inhaltes oder aber von Fälschungen ist problemlos möglich, wobei insbesondere erstere häufig verwendet werden. Auch der Diebstahl von Identitäten, z. B. von verstorbenen Personen, ist an der Tagesordnung. Insbesondere Geburtsurkunden enthalten oft falsche Angaben zu Geburtsdatum oder Abstammung. Ein Geburtenregistereintrag nebst zugehöriger Geburtsurkunde beliebigen Inhaltes kann durch ein Nachbeurkundungsurteil, welches man durch Vorsprache beim Gericht erwirken kann, ganz legal und ordentlich nachbeurkundet werden. Generell gestaltet sich der Zugang zu Fälschungen oder aber zu echten Urkunden unwahren Inhalts recht einfach. In einem Verwaltungsapparat, in welchem Korruption weitverbreitet ist, kann bereits durch die Zahlung geringer Beträge eine Vielfalt an Urkunden erworben werden. Insbesondere im Bereich der Schengenvisaanträge werden oft Fälschungen vorgelegt, die sich ohne Zutun von Behörden erlangen lassen. Gefälscht werden meistens Einladungsschreiben oder Kontoauszüge. Im Bereich der nationalen Visa sind Personenstandsurkunden häufig gefälscht (AA 9.10.2020). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 20.1.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 34 von 34
