gamb-lib-2023-11-21-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Das gegenständliche Produkt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde gemäß den vom Staatendokumentationsbeirat beschlossenen Standards und der Methodologie der Staatendokumentation erstellt. Ein Länderinformationsblatt (LIB) der Staatendokumentation ist ein COI-Dokument, das beruhend auf den Bedürfnissen in Verfahren des Asyl- und Fremdenwesens (RD, EASt, ASt, BVwG) mittels Recherche von vorhandenen, vertrauenswürdigen und vorrangig öffentlichen Informationen gemäß den Standards der Staatendokumentation erstellt wird. Ein LIB gibt eine einzelfallunabhängige Darstellung über die Lage betreffend relevanter Tatsachen in Herkunftsländern bzw. in EU- Mitgliedsstaaten. Die LIB dienen den Bedarfsträgern der Instanzen des Asyl- und Fremdenwesens. Für sie gilt § 5 Abs. 5 letzter Satz BFA-G, d.h. sie sind als solche nicht Teil der allgemein zugänglichen, öffentlichen Staatendokumentation. Sie werden aber durch Verwendung im Verfahren (Parteiengehör, Verwendung im Bescheid) der jeweiligen Partei zugänglich und durch Verwendung im Bescheid öffentlich gemacht. Dieses Produkt ist als Arbeitsbehelf für österreichische Behörden und Gerichte entwickelt worden. In diesem Sinne stehen Lesbarkeit, flexible Nutzbarkeit und einfache Verwertbarkeit in Entscheidungen im Vordergrund. Grundsätzlich wird jede Information mit mindestens einer Quelle belegt; aus vorgenannten Gründen wird jedoch auf die Hervorhebung von Originalzitaten verzichtet – nicht zuletzt auch deshalb, weil sich daraus für die Entscheidungsfindung kein Mehrwert ergibt. Das gegenständliche Produkt erhebt bezüglich der zur Verfügung gestellten Informationen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aus dem vorliegenden Produkt ergeben sich keine Schlussfolgerungen für die rechtliche Beurteilung eines konkreten Verfahrens. Das LIB stellt keine allgemeine oder individuelle Entscheidungsvorgabe dar. Das vorliegende Dokument kann insbesondere auch nicht als politische Stellungnahme seitens der Staatendokumentation oder des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gewertet werden. Zugunsten der besseren Les- und Verwendbarkeit wird im vorliegenden Produkt auf eine genderneutrale Schreibweise verzichtet. So nicht explizit angemerkt, sind immer alle Geschlechter gemeint. Qualitäts- und Aktualisierungshinweis Das LIB beinhaltet Arbeitsübersetzungen fremdsprachiger Quellen. Auswahl, Verwertung und Verwendung von Informationen im vorliegenden Produkt unterliegen dem Qualitätsmanagement der Staatendokumentation. Eine Aktualisierung des LIB erfolgt bei gegebenem Bedarf auf Anfrage. Die Aktualität der verwendeten Quellen wird seitens der Staatendokumentation überprüft. Daher können auch im LIB verwendete Quellen älteren Datums als inhaltlich aktuell erachtet werden. .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 2 von 34

Länderspezifische Anmerkungen Hinweis: COVID-19: Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports. Für historische Daten bis zum 10.3.2023 s. die Datenbank der Johns-Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd4029942 3467b48e9ecf6 . .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 3 von 34

Inhaltsverzeichnis 1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen................................................................5 2. COVID-19..................................................................................................................................6 3. Politische Lage..........................................................................................................................6 4. Sicherheitslage..........................................................................................................................7 5. Rechtsschutz / Justizwesen......................................................................................................9 6. Sicherheitsbehörden...............................................................................................................10 7. Folter und unmenschliche Behandlung...................................................................................11 8. Korruption................................................................................................................................11 9. NGOs und Menschenrechtsaktivisten.....................................................................................13 10. Wehrdienst und Rekrutierungen.............................................................................................14 11. Allgemeine Menschenrechtslage............................................................................................14 12. Opposition...............................................................................................................................16 13. Haftbedingungen.....................................................................................................................17 14. Todesstrafe..............................................................................................................................19 15. Religionsfreiheit.......................................................................................................................19 16. Minderheiten...........................................................................................................................21 17. Relevante Bevölkerungsgruppen............................................................................................21 17.1. Frauen................................................................................................................................21 17.2. Kinder.................................................................................................................................24 17.3. Homosexuelle/Sexuelle Minderheiten................................................................................27 18. Bewegungsfreiheit...................................................................................................................28 19. Grundversorgung und Wirtschaft............................................................................................28 19.1. Sozialbeihilfen....................................................................................................................30 20. Medizinische Versorgung........................................................................................................31 21. Rückkehr.................................................................................................................................32 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 4 von 34

1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden. .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 5 von 34

2. COVID-19 Gemäß dem französischen Außenministerium wurden alle gesundheitlichen Beschränkungen für die Einreise aufgehoben (FD 15.10.2023). Nach offiziellen Angaben der WHO sind zum Stichtag am 19. März 2023 insgesamt 1,44 Millionen Impfdosen verabreicht worden. Neuere Angaben liegen der WHO noch nicht vor und werden auch nicht mehr erwartet. 674.314 Menschen haben mindestens eine Impfung erhalten (27,9 %). Die Booster-Impfung erhielten 53.741 Personen (2,2 %). 539.186 davon gelten in Gambia als vollständig geimpft (= 22,3 %). Damit gehört Gambia zu den am schlechtesten versorgten Ländern der Welt (LI o.D.d). Quellen: - FD - France Diplomatie [Frankreich] (15.10.2023): Gambia, Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/ gambie/#securite, Zugriff 3.11.2023 - LI - Laenderdaten.info (o.D.d): Gesundheitswesen in Gambia, https://www.laenderdaten.info/Afrika/Gambia/gesundheit.php, Zugriff 15.11.2023 3. Politische Lage Gambia ist eine Präsidialrepublik mit starker Stellung des direkt gewählten Staatspräsidenten (ÖB 19.4.2023). Dieser ist gleichzeitig Regierungschef. Die Nationalversammlung umfasst 58 Sitze (53 gewählt, 5 vom Präsidenten ernannt). Die Amtszeit des Präsidenten und die Legislaturperiode der Nationalversammlung betragen jeweils 5 Jahre. Im Dezember 2021 gewann Adama Barrow mit rund 53 % der Stimmen eine zweite Amtszeit in einem Kandidatenfeld von sechs Kandidaten (FH 2023). Insgesamt gibt es 22 registrierte politische Parteien. Stärkste Oppositionspartei ist die „United Democratic Party“ (UDP) mit Parteichef und mutmaßlichem Präsidentschaftskandidaten Ousainou Darboe, der bei der Wahl mit 28 % den zweiten Platz belegte. Ex-Präsident Jammeh ist im Exil in Äquatorial-Guinea weiterhin Oberhaupt der Partei „Alliance for Patriotic Reorientation and Construction“ (APRC). Barrow trat im Jänner 2022 seine zweite Amtszeit als Präsident an (FH 2023). Weiterhin wurden die Parlamentswahlen vom April 2022, bei denen Barrows National People's Party (NPP) eine Mehrheit der Sitze gewann, von internationalen Beobachtern als transparent, friedlich und ordnungsgemäß bewertet. Zu den Schwächen dieser Wahlen gehörten die niedrige Wahlbeteiligung und eine gewisse Verwirrung im Vorfeld der Wahl über die Anzahl der Wahlkreise. Die NPP gewann 18 Sitze, die UDP 15. Drei kleinere Parteien und zwölf unabhängige Kandidaten gewannen ebenfalls Sitze (FH 2023). Die am 10. Dezember 2015 erfolgte Umbenennung Gambias zur „islamischen Republik“ wurde durch Präsident Barrow unmittelbar nach seiner Amtsübernahme rückgängig gemacht (ÖB .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 6 von 34

19.4.2023). Zur Aufklärung und Aufarbeitung der unter der Regierung Jammeh verübten Menschenrechtsverletzungen wurde unter der Leitung des Ministeriums für Justiz die „Truth, Reconciliation and Reparation Commission“ (TRR) eingerichtet, welche an der Aufklärung der verübten Menschenrechtsverletzungen arbeitet (AA 12.1.2022). Die Wahrheits-, Versöhnungs- und Wiedergutmachungskommission nahm Zeugenaussagen zu Missbräuchen aus der Jammeh-Ära entgegen und gab Empfehlungen ab, wie die mutmaßlichen Täter zur Rechenschaft gezogen werden können. Die Beobachter hielten Kommission für unabhängig und effizient (USDOS 20.3.2023). Im Mai 2022 erklärte sich die Regierung bereit, die meisten Empfehlungen aus dem Abschlussbericht der TRR-Kommission umzusetzen (AI 28.3.2023). Dazu gehörte auch die strafrechtliche Verfolgung des ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh wegen Menschenrechtsverletzungen während seiner 22-jährigen Amtszeit (FH 2023; vgl. ÖB 19.4.2023). Ende Dezember 2022 verhaftete die Regierung mehrere Militärangehörige sowie eine Zivilperson, und richtete wegen eines fehlgeschlagenen Putschversuches eine Untersuchungskommission ein (FH 2023; vgl. ÖB 19.4.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_ %28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023 - AI - Amnesty International (28.3.2023): Amnesty Report Gambia 2022, https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/gambia-2022, Zugriff 10.11.2023 - FH - Freedom House, Freedom in The World (2023): The Gambia Country Report, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2023, Zugriff 10.11.2023 - ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023 4. Sicherheitslage Es bestehen anhaltende Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit transnationalen Akteuren in Gambia. Dazu gehört der immer noch schwelende Konflikt in der benachbarten Casamance. Erst im November 2020 soll die wichtigste Rebellengruppe, der Casamance (MFDC) Gambia mit einem Angriff gedroht haben, falls das Land die Bemühungen Senegals in der Region unterstützen würde (BS 2022). Aufgrund der generell schlechten wirtschaftlichen Lage hat die Kriminalität zugenommen. Kleinkriminalität wie Taschendiebstahl und Handtaschenraub, aber auch gewalttätige Überfälle sind keine Seltenheit (BMEIA 24.7.2023). Aber auch die grenzüberschreitende Kriminalität stellt ein Problem dar. In den letzten Jahren kam es in Gambia zu mehreren erheblichen Drogenbeschlagnahmungen (BS 2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 7 von 34

Letztlich ist Gambia zwar vom islamistischen Terror verschont geblieben (BS 2022; vgl. BMEIA 24.7.2023, AA 18.9.2023), dies kommt jedoch in der Region vor und die Terrorismusbekämpfung ist Teil des laufenden Reformprogramms für den Sicherheitssektor (BS 2022). Angesichts der unsicheren Lage in anderen Regionen Westafrikas kann aber auch für Gambia ein „Spill-Over“ - Effekt bzw. ein Anschlagspotenzial nicht ausgeschlossen werden (BMEIA 24.7.2023; vgl. AA 18.9.2023). So kam es am 12.9.2023 zu einem Attentat auf Polizeibeamte durch zwei UDP-Mitglieder; die Regierung stufte diesen Angriff, bei dem zwei Polizisten getötet und ein weiterer schwer verletzt wurden, als Terroranschlag ein. Der mutmaßliche Hauptverdächtige habe inzwischen gestanden, ein vormaliges Mitglied der senegalesischen Bewegung demokratischer Kräfte in Casamance (MFDC) zu sein (BAMF 25.9.2023). Die Mitglieder griffen die Beamten tödlich an, sodass der Angriff durch die Regierung als Terroranschlag eingestuft wurde (Garda 25.4.2022). Es wird von zunehmenden bewaffneten Raubüberfällen, Banditentum und Morden berichtet (BS 2022). Aufgrund der generell schlechten wirtschaftlichen Lage sind Kleinkriminalität, aber auch gewalttätige Überfälle in Gambia keine Seltenheit mehr. Es finden außerdem häufig Demonstrationen zu verschiedenen lokalen und nationalen politischen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Themen statt (Garda 25.4.2022). Es gibt Berichte über übermäßige Gewaltanwendung der Polizei gegen Demonstranten (BS 2022). Während die meisten dieser Versammlungen friedlich verlaufen, kam es zwischenzeitlich zu polizeilichem Einsatz durch ungenehmigte Fortsetzung von Protesten (FH 2023). Zwar sind erhebliche Fortschritte auf dem Weg zur Demokratie zu verzeichnen, doch wächst die Unzufriedenheit über die Unfähigkeit der Regierung, die Sicherheit aufrechtzuerhalten (GOCI 2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.9.2023): Gambia: Reise und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/gambiasicherheit/213624#content_1, Zugriff 3.11.2023AMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (25.9.2023): Briefing Notes, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetchcsui/-28971178/Deutschland._Bundesamt_f %C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes %2C_KW_39%2C_25.09.2023.pdf?nodeid=28971179&vernum=-2, Zugriff 17.11.2023 - BMEIA - Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (24.7.2023): Gambia, Sicherheit und Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/gambia, Zugriff 3.11.2023 - BS - Bertelsmann Stuftung (2022): BTI Gambia Country Report 2022, https://bti-project.org/en/reports/country-report/GMB#pos3, Zugriff 13.11.2023 - FD - France Diplomatie [France] (15.10.2023): Gambia, Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/ gambie/#securite, Zugriff 3.11.2023 - FH - Freedom House, Freedom in The World (2023): The Gambia Country Report, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2023, Zugriff 10.11.2023 -Garda - Garda World (25.4.2022): Gambia Country Report https://crisis24.garda.com/insights- intelligence/intelligence/country-reports/gambia?origin=de_riskalert, Zugriff 13.11.2023 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 34

-GOCI - Global Organized Ctrime Index (2023): Gambia country Profile, https://ocindex.net/assets/downloads/2023/english/ocindex_profile_gambia_2023.pdf, Zugriff 3.11.2023 5. Rechtsschutz / Justizwesen Die Verfassung Gambias sieht eine unabhängige Justiz vor (ÖB 19.4.2023; vgl. USDOS 20.3.2023), und die Regierung respektiert im Allgemeinen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit dieser (USDOS 20.3.2023). Die Regierung Barrow hat Schritte zur Verbesserung des Justizwesens unternommen, das unter Jammeh durch Korruption und Ineffizienz beeinträchtigt war (FH 2023; vgl. ÖB 19.4.2023). Seit dem Machtwechsel haben die Gerichte eine stärkere Unabhängigkeit bewiesen. Des Weiteren wurde die Judicial Service Commission, welche Empfehlungen über die Bestellung von Richterposten und zur Effizienzsteigerung ausspricht, wieder eingesetzt. Der Rückstau bei Gerichtsverfahren ist trotz Maßnahmen der Regierung in diesem Bereich weiterhin groß und das Justizsystem weiterhin durch Korruption und Ineffizienz beeinträchtigt (AA 12.1.2022; vgl. FH 2023). Die verfassungsmäßigen Garantien für einen fairen Prozess werden nur schwach umgesetzt (ÖB 19.4.2023; vgl. AA 12.1.2022). Beamte informieren die Angeklagten nicht immer unverzüglich über die gegen sie erhobenen Vorwürfe. Der Rückstau von Fällen behindert das Recht auf ein rechtzeitiges Verfahren (USDOS 20.3.2023). Der Oberste Gerichtshof verhandelt Zivil- und Menschenrechtsfälle, einschließlich Berufungen von Gewohnheits- und Scharia-Gerichten (islamische Gerichte). Einzelpersonen können sich bei Menschenrechtsverletzungen auch an das Büro des Ombudsmanns wenden, das solche Fälle untersucht und Abhilfemaßnahmen zur gerichtlichen Prüfung empfiehlt. Ferner können Einzelpersonen und Organisationen gegen ablehnende nationale Entscheidungen bei regionalen Menschenrechtsgremien Berufung einlegen (USDOS 20.3.2023). Mit dem Legal Aid Act 2008 wurde der Zugang zur Justiz und zur Rechtshilfe für sozial benachteiligte Gruppen erweitert. Wurde bis dahin Rechtshilfe nur in Fällen mit Aussicht auf Todesstrafe bzw. lebenslänglich gewährt, kann nun auch um Rechtshilfe in Straf- oder Zivilrechtsangelegenheiten angesucht werden, sofern der Angeklagte weniger als den „festgesetzten Mindestlohn“ verdient (ÖB 19.4.2023). Obwohl die Dominanz der Exekutive nach wie vor ein Problem darstellt, hat die Justiz in den letzten Jahren eine gewisse Unabhängigkeit von den anderen Regierungszweigen bewiesen (FH 2023). Im November 2022 erklärte der Justizminister, dass die Regierung Gespräche mit der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS aufgenommen habe, um ein hybrides .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 34

Gericht einzurichten, das die unter Yahya Jammeh begangenen völkerrechtlichen Verbrechen strafrechtlich verfolgen soll (FH 2023). Bereits im Mai 2018 hatte eine verfassungsgebende Kommission ihre Arbeit an einem neuen Verfassungsentwurf aufgenommen, welcher die Verfassung von 1997 ablösen und mit seinen zahlreichen Reformen eine neue demokratische Ära in Gambia einleiten sollte. Im September 2020 wurde der Entwurf von der Nationalversammlung abgelehnt. So ging Gambia im Dezember 2021 mit der alten Verfassung in die Präsidentschaftswahl. Ein neuer Entwurf ist bislang nicht in Arbeit (AA 12.1.2022). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_ %28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023 - FH - Freedom House, Freedom in The World (2023): The Gambia Country Report, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2023, Zugriff 10.11.2023 -ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023 -USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089136.html, Zugriff 13.11.2023 6. Sicherheitsbehörden Die gambische Polizei ist für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit verantwortlich und und ist dem Innenministerium unterstellt (USDOS 20.3.2023; vgl. ÖB 19.4.2023) Sie besitzt sowohl eine Menschenrechts- und Beschwerdeabteilung, sowie eine Kinderfürsorge und „Gefährdete Personen“-Abteilung (ÖB 19.4.2023). Die zivilen Behörden haben eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 20.3.2023). Die State Intelligence Service (bis Februar 2017 National Intelligence Agency (NIA), welche weiterhin gemäß Artikel 191 der Verfassung direkt dem Präsidenten untersteht, ist für die Staatssicherheit verantwortlich. Die NIA war in der Vergangenheit eines der Hauptinstrumente des Präsidenten Jammeh für die Identifizierung und Bestrafung/Ausschaltung von Oppositionellen und wird auch für Folter und willkürliche Inhaftierung verantwortlich gemacht ( ÖB 19.4.2023). Die Gambia Armed Forces (GAF) unterstützen die zivilen Behörden in Notfällen und bei Naturkatastrophen und sind dem Verteidigungsminister unterstellt (USDOS 20.3.2023; vgl. ÖB 19.4.2023). Hauptaufgabe der Gambian National Army (GNA) ist die Aufrechterhaltung der inneren Ruhe und Sicherheit. Es gibt formell keine Luftstreitkräfte und die Marinekräfte sind überschaubar (ÖB 19.4.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 34

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_ %28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023 -ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023 -USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089136.html, Zugriff 13.11.2023 7. Folter und unmenschliche Behandlung Allgemein verbieten die Verfassung und das Gesetz Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Es gab jedoch Berichte, dass Sicherheitskräfte wie Gefängnisdienste, die Polizei und das Militärs Zivilisten menschenunwürdig behandelten (USDOS 20.03.2023). Seit Amtsübernahme der Regierung Barrow im Januar 2017 sind keine Berichte über Folter bekannt. Im September 2018 hat Gambia das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe ratifiziert. Folter und andere unmenschliche, grausame oder erniedrigende Behandlungen oder Strafe sind mittlerweile nach geltendem Recht und der Verfassung verboten (AA 12.1.2022). Zu den Ämtern, die mit der Untersuchung von Missständen beauftragt wurden, gehörten die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC), das Büro des Ombudsmanns und die Wahrheits-, Versöhnungs- und Wiedergutmachungskommission (TRRC) (USDOS 20.3.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_ %28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023 - USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089136.html, Zugriff 13.11.2023 8. Korruption Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, jedoch hat die Regierung diesbezügliche Verfehlungen weder glaubwürdig untersucht noch verfolgt. Obwohl die Regierung einige Schritte unternommen hat, um gegen Missbrauch oder Korruption vorzugehen (USDOS 20.3.2023), wurde bisher nur vereinzelt gegen Korruption vorgegangen (ÖB 19.4.2023). Es gibt zahlreiche Berichte über Korruption innerhalb der Regierung, und es herrscht nach wie vor eine Korruptionskultur unter den Regierungsbeamten, einschließlich ehemaliger Beamter der Regierung Jammeh, die immer noch in Regierungspositionen tätig sind. Korruption auf kleiner .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 34
