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https://www.lemonde.fr/afrique/article/2023/09/22/a-l-onu-le-chef-de-la-junte-en-guinee- proclame-l-echec-du-modele-democratique-occidental-en-afrique_6190464_3212.html, Zugriff 28.9.2023 - NZZ - Neue Zürcher Zeitung (7.10.2021): Nach Putsch in Guinea: Ehemaliger Uno-Beamter wird Ministerpräsident, https://www.nzz.ch/international/guinea-ehemaliger-un-beamter-wird- ministerpraesident-ld.1649255?reduced=true, Zugriff 4.9.2023 - SWI - Swissinfo.ch (21.9.2023): Guinea junta leader denounces Western democracy amid wave of coups, https://www.swissinfo.ch/eng/reuters/guinea-junta-leader-denounces-western- democracy-amid-wave-of-coups/48831800, Zugriff 28.9.2023 -Taz.de (25.9.2023): Zeitenwende in Westafrika Brandrede aus Guinea, https://taz.de/Zeitenwende-in-Westafrika/! - USDOS - US Department of State (USA) (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089137.html, Zugriff 31.8.2023 - ZO - Zeit Online (5.9.2021): Militär in Guinea erklärt Regierung für aufgelöst, https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-09/guinea-conakry-militaer-regierung-aufgeloest- alpha-conde-mamadi-doumbouya, Zugriff 30.8.2023 4. Sicherheitslage Es bestehen nach wie vor politische und soziale Spannungen bzw. kann es immer wieder zu Demonstrationen und teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und politischen Gruppen sowie den Sicherheitskräften kommen. Eine rasche Verschlechterung der Sicherheitslage ist jederzeit möglich (EDA 9.5.2023; vgl. AA 4.9.2023). Seit Mai 2022 sind ständige Spannungen vor allem in der Hauptstadt Conakry im Zusammenhang mit dem anhaltenden politischen Übergang zu beobachten. Politische Demonstrationen im Juli, August und September 2022 und Februar 2023 lösten gewalttätige Zusammenstöße und führten zu zahlreichen Opfern (FD 20.9.2023). Die Sicherheitslage hat sich verschlechtert, insbesondere in Conakry und seinen Vororten, wo die Zahl der bewaffneten Angriffe zunimmt (FD 20.9.2023). Vor allem in der Hauptstadt kommt es, u. a. aufgrund der aktuellen Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Opposition zu unangekündigten Demonstrationen, Streiks und gewalttätigen Ausschreitungen (AA 4.9.2023; vgl. FD 20.9.2023; EDA 9.5.2023). Aufgrund des Demonstrations- und Versammlungsverbots muss damit gerechnet werden, dass die Polizei diese gewaltsam auflöst. Wiederholt haben Proteste Todesopfer und Verletzte gefordert. Es kommt zu Brandstiftung und Straßenblockaden (EDA 9.5.2023). Wegen der terroristischen Bedrohung in Westafrika kann ein Anschlag in Guinea nicht ausgeschlossen werden (FD 20.9.2023). Es gibt Hinweise, dass Terrorgruppen aus der Sahara- Region ihren Aktionsradius nach Guinea ausdehnen. Sie sind gut organisiert, operieren grenzübergreifend und haben Verbindungen zu lokalen, kriminellen Gruppen. Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. In einzelnen Grenzgebieten besteht zudem das Risiko von Entführungen (EDA 9.5.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 41

In Grenzgebieten zu Mali und der Elfenbeinküste, besteht die Gefahr terroristischer Übergriffe (FD 20.9.2023). Ferner können in den Grenzgebiete zu Côte d'Ivoire, Liberia und Sierra Leone lokale, politische und ethische Spannungen jederzeit aufflammen. Im Grenzgebiet zu Mali bestehen hohe Sicherheitsrisiken, die sich auch auf die Lage in der Grenzregion zu Guinea auswirken. Das Entführungsrisiko gilt als hoch (EDA 9.5.2023). Die Kriminalitätsrate ist hoch (EDA 9.5.2023) und hat sowohl in Conakry als auch im Landesinnern stark zugenommen. Vor allem im städtischen Milieu sind nächtliche Überfälle auf Passanten, Wohnhäuser und Geschäfte verbreitet (AA 4.9.2023). Es kommt zu Auto- und andere Diebstähle, Überfälle etc. Auch Gewaltverbrechen kommen vor. Diebstähle werden durch Personen in Polizeiuniformen verübt (EDA 9.5.2023). Bewaffnete Überfälle auf Fahrzeuge in der Nacht oder der Dämmerung werden von einzelnen Überlandstraßen gemeldet. Die Täter treten teilweise uniformiert auf (AA 4.9.2023), außerdem kann es immer wieder zu Demonstrationen und Zusammenstößen mit der Polizei kommen (AN 6.9.2023; vgl. BAMF 11.9.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (4.9.2023): Guinea: Reise- und Sicherheitshinweise, https:// www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/guineasicherheit/206098 , Zugriff 8.9.2023 - AN - Africanews (6.9.2023): Guinea: four dead in clashes with security forces on the eve of coup anniversary, https://www.africanews.com/2023/09/06/guinea-four-dead-in-clashes-with- security-forces-on-the-eve-of-coup-anniversary/, Zugriff 13.9.2023 - BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (11.9.2023): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/ 2023/briefingnotes-kw37-2023.pdf?__blob=publicationFile&v=5, Zugriff 29.9.2023 - EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (Schweiz) (9.5.2023): Reisehinweise für Guinea,https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und- reisehinweise/guinea/reisehinweise-fuerguinea.html#eda92e408, Zugriff 8.9.2023 - FD - France Diplomatie (Frankreich) (20.9.2023): Guinée, Conseils aux Voyageurs, https://www.diplomatie.gouv.fr/de/aussenpolitik-frankreichs/menschenrechte-und-humanitare- hilfe/abschaffung-der-todesstrafe/, Zugriff 29.9.2023 5. Rechtsschutz / Justizwesen Obwohl das Gesetz eine unabhängige Justiz vorsieht, kommt es weiterhin zu schwerwiegenden Problemen mit der Unabhängigkeit der Judikative (USDOS 20.3.2023). Das CNRD (Comité national du rassemblement et du développement / Nationales Komitee für Zusammenkunft und Entwicklung) der Übergangscharta bekennt sich zwar zu einer unabhängigen Justiz, jedoch unterliegt das Justizsystem nach wie vor der politischen Einflussnahme und Korruption (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023) und ist im Allgemeinen personell unterbesetzt und wenig transparent. Die Justiz leidet unter einem Mangel an Ressourcen und Personal (FH 2023). Der politische und soziale Status beeinflusst häufig Entscheidungen. Veraltete und restriktive Gesetze, ein Mangel an qualifizierten Anwälten und Richtern, Vetternwirtschaft und ethnische .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 41

Voreingenommenheit schränkten die Effizienz der Justiz ein. Inländische Gerichtsbeschlüsse wurden oft nicht vollstreckt, und einige Gefangene, deren Freilassung gerichtlich angeordnet wurden, blieben in Haft (USDOS 20.3.2023). Abgesehen von der Schaffung eines neuen Antikorruptionsgerichts hat es seit dem Staatsstreich von 2021 keine wesentliche Reform des Justizwesens gegeben (FH 2023). Die Junta gibt den Kampf gegen Korruption als Ziel aus. Im Dezember 2021 wurde ein eigenes Strafgericht, Cour de répression des infractions économiques et financières (CRIEF), eingerichtet, das etwa bei Veruntreuung öffentlicher Mittel ermitteln soll (BAMF 4.4.2022). Abgesehen von der Einrichtung des neuen Antikorruptionsgerichts hat es seit dem Staatsstreich von 2021 keine wesentliche Reform des Justizwesens gegeben (FH 2023). Das Gesetz sieht ein gerichtliches Verfahren in Zivilsachen vor, einschließlich Klagen auf Schadenersatz wegen Menschenrechtsverletzungen. Einzelpersonen reichten nur wenige Klagen auf Schadenersatz wegen Menschenrechtsverletzungen ein, zum Teil aus Angst, Angehörige der Sicherheitskräfte zu verklagen, und aus mangelndem Vertrauen in die Kompetenz und Unparteilichkeit der Justiz (USDOS 20.3.2023). Ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren wird im staatlichen Justizsystem nicht in gleichem Maße eingehalten, und viele Streitigkeiten werden informell durch traditionelle Rechtssysteme beigelegt. Vor allem Frauen sind sowohl im formellen als auch im traditionellen Rechtssystem mit weit verbreiteter gesellschaftlicher Diskriminierung und Benachteiligung konfrontiert (FH 2023). Die Übergangscharta, die frühere Verfassung und das Gesetz sehen das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren vor, und eine unabhängige Justiz, die zwar durch Korruption und begrenzte Effizienz belastet ist, bemüht sich im Allgemeinen um die Durchsetzung dieses Rechts (USDOS 20.3.2023). Das Recht auf Unschuldsvermutung wird von der Regierung nicht konsequent angewandt. Weiters werden auch das Recht des Angeklagten auf einen Rechtsbeistand und das Recht auf Berufung gegen eine Gerichtsentscheidung nicht geachtet (USDOS 20.3.2023). Quellen: -BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (4.4.2022): Briefing Notes Zusammenfassung: Guinea, Januar bis Juni 2022, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/ 2022/briefingnotes-kw14-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 31.8.2023 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World – Guinea, https://freedomhouse.org/country/guinea/freedom-world/2023, Zugriff 31.8.2023 - USDOS - US Department of State (USA) (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089137.html, Zugriff 31.8.2023 6. Sicherheitsbehörden Die dem Verteidigungsministerium unterstellte Gendarmerie und die nationale Polizei unter dem Ministerium für Sicherheit teilen sich die nur unzulänglich definierte Verantwortung für die innere .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 41

Sicherheit (USDOS 20.3.2023; vgl. CIA 6.9.2023). Die Armee ist für die Sicherheit nach außen verantwortlich, spielt jedoch auch im Bereich der inneren Sicherheit eine Rolle, wenn sie formell eingesetzt wird. Per Gesetz sind das Militär, die Gendarmerie und die Polizei dazu befugt, Verhaftungen durchzuführen (USDOS 20.3.2023). Gesetzlich ist allerdings nur die Gendarmerie dazu ermächtigt, Verhaftungen von Angehörigen des Militärs und der Polizeikräfte durchzuführen (USDOS 20.3.2021; vgl. CIA 6.9.2023). Die Behörden haben im Allgemeinen keine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte, was auch zu dem Staatsstreich führte, und es gibt weiterhin Berichte, dass Angehörige der Sicherheitskräfte Übergriffe begehen (USDOS 20.3.2023). Die Straffreiheit für Regierungsbeamte ist nach wie vor ein Problem. Von gelegentlichen Ausnahmen abgesehen hat die Regierung nicht ausreichend gegen Regierungsbeamte ermittelt, sie strafrechtlich verfolgt oder bestraft, die Übergriffe begangen haben, sei es bei den Sicherheitskräften oder in anderen Bereichen der Regierung. Die Regierung leitete am 28.9.2022, dem 13. Jahrestag des Stadionmassakers, den Prozess gegen die mutmaßlichen Täter des Massakers von 2009 ein (USDOS 20.3.2023). Straflosigkeit stellt ein erhebliches Problem bei den Sicherheitskräften dar, insbesondere bei der Gendarmerie, der Polizei und den Streitkräften. Zu den Faktoren, die zur Straflosigkeit beitrugen, gehörten Korruption, mangelnde Ausbildung und Kapazitäten, Politisierung der Streitkräfte und mangelnde Transparenz bei den Ermittlungen. Zu den mit der Untersuchung von Missbräuchen beauftragten Stellen gehörten Zivil- und Militärgerichte und die Generalinspektoren des Ministeriums für Sicherheit und Zivilschutz (USDOS 20.3.2023). Internationale Beobachter wie die International Crisis Group, Human Rights Watch und Amnesty International berichten von exzessiver und oft tödlicher Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte (Tränengas, Reizgas und Schusswaffen), die regelmäßig zu Verhaftungen, Verletzungen und Todesfällen führen (BS 23.2.2022). Die Sicherheitskräfte haben Folter und andere Formen körperlicher Gewalt offensichtlich ungestraft angewandt (FH 2023). Trotz schwerer Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte vor und nach der doppelten Stimmabgabe im März und den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2020 haben Menschenrechtsorganisationen berichtet, dass keiner der Angehörigen der Sicherheitskräfte mit Konsequenzen zu rechnen hatte. Im Feber 2019 wurde erstmals ein Polizeihauptmann wegen der Ermordung eines Demonstranten im Jahr 2016 verurteilt. Im Juni 2019 verabschiedete die Nationalversammlung ein Gesetz über den Einsatz von Schusswaffen. Menschenrechtsorganisationen befürchten, dass damit die Polizei und Gendarmerie vor Strafverfolgung schützt (BS 23.2.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 41

Bei einem Protest gegen steigende Kraftstoffpreise in Conakry töteten Sicherheitskräfte am 1.6.2022 einen 19-jährigen Mann. Die Staatsanwaltschaft gab am 13.6.2022 bekannt, ein Polizist sei wegen mutmaßlichen Mordes angeklagt und inhaftiert worden. Vier weitere Angehörige der Verteidigungs- und Sicherheitskräfte seien wegen Pflichtverletzung angeklagt worden, weil sie eine Straftat nicht verhindert hätten (AI 28.3.2023). Quellen: - AI - Amnesty International (28.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Guinea 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2094490.html, Zugriff 5.9.2023 - BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Guinea, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069804/country_report_2022_GIN.pdf, Zugriff 6.9.2023 - CIA - Central Intelligence Agency (USA) (6.9.2023): The World Fact Book - Guinea, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/guinea/, Zugriff 7.9.2023 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World – Guinea, https://freedomhouse.org/country/guinea/freedom-world/2023, Zugriff 31.8.2023 - USDOS - US Department of State (USA) (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089137.html, Zugriff 31.8.2023 7. Folter und unmenschliche Behandlung Obwohl die Verfassung und das Gesetz Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Strafen verbieten, berichteten Menschenrechtsbeobachter, dass Regierungsbeamte weiterhin solche Praktiken anwenden (USDOS 20.3.2023). Die Bürgerrechte sind gesetzlich garantiert, werden aber in der Praxis nur teilweise eingehalten. Die Bedingungen in den Gefängnissen sind hart bis lebensbedrohlich, und die Sicherheitskräfte werden immer wieder der Vergewaltigung, der Folter und der übermäßigen Gewaltanwendung beschuldigt (BS 23.2.2022). Die Sicherheitskräfte haben Folter und andere Formen körperlicher Gewalt offensichtlich ungestraft angewandt (FH 2023) (Inhaftierung, Folter, Vergewaltigung und Tötung) (BS 23.2.2022). Die Misshandlung von Häftlingen in staatlichen Haftanstalten setzt sich fort. Als "Kriminalpolizisten" bezeichnete Sicherheitsbeamte misshandeln Gefangene, um Geständnisse zu erzwingen. Menschenrechtsaktivisten stellten fest, dass die schlimmsten Misshandlungen bei Verhaftungen oder in Haftanstalten stattfinden. Menschenrechtsvereinigungen erklären, dass die Beschwerdeführer häufig Beweise für Misshandlungen vorlegen und die Wärter diesen Beschwerden nicht nachgehen. Diese NGOs behaupten auch, dass das Wachpersonal Häftlinge, darunter auch Kinder, misshandeln und einige Frauen zwangen Sex, für eine bessere Behandlung zu tauschen (USDOS 20.3.2023). Straflosigkeit stellt ein großes Problem bei den Sicherheitskräften dar, insbesondere bei der Gendarmerie, der Polizei und den Streitkräften. Zu den Faktoren, die zur Straflosigkeit beitragen, gehören Korruption, mangelnde Ausbildung und Kapazitäten, Politisierung der Kräfte und mangelnde Transparenz bei den Ermittlungen. Zu den Stellen, die mit der Untersuchung von .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 41

Missbrauchsfällen betraut sind, gehören Zivil- und Militärgerichte sowie die Generalinspektoren des Ministeriums für Sicherheit und Zivilschutz (USDOS 20.3.2023). Quellen: - BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Guinea, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069804/country_report_2022_GIN.pdf, Zugriff 6.9.2023 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World – Guinea, https://freedomhouse.org/country/guinea/freedom-world/2023, Zugriff 31.8.2023 - USDOS - US Department of State (USA) (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089137.html, Zugriff 31.8.2023 8. Korruption Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor. Der Nationale Rat für Wiedervereinigung und Entwicklung (The National Council for Reunification and Development - CNRD) hat im Dezember 2021 den Gerichtshof zur Bekämpfung von Wirtschafts- und Finanzkriminalität, ein Sondergericht zur Korruptionsbekämpfung (CRIEF) eingerichtet, der sich mit Fällen von Veruntreuung, Korruption und Missbrauch öffentlicher Gelder in Höhe von mehr als einer Milliarde guineischer Francs (115 000 USD) befassen soll, und es wurde ein neuer Staatsanwalt ernannt (USDOS 20.3.2023). Der CRIEF hat einige beschuldigte Würdenträger des früheren Regimes in Untersuchungshaft genommen und andere unter gerichtliche Kontrolle gestellt, während sie auf ihren Prozess warten. Am 16.11.2022 wurde der Minister für Infrastruktur und öffentliche Arbeiten abgesetzt, da der CRIEF gegen ihn wegen mutmaßlicher Komplizenschaft bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ermittelte. Die Regierung hält den ehemaligen Premierminister Ibrahima Kassory Fofana und mehrere andere ehemalige Minister seit April 2022 im Hauptgefängnis von Conakry wegen des Vorwurfs der Korruption und Veruntreuung öffentlicher Gelder fest. Im November 2022 untersuchte der CRIEF weiterhin den Korruptionsfall gegen Fofana und die anderen Minister. Berichten zufolge sind weitere der Korruption verdächtige Beamte aus dem Land geflohen, und gegen einige von ihnen wurde ein internationaler Haftbefehl ausgestellt. Bei Grundstücksverkäufen und Geschäftsverträgen mangelte es generell an Transparenz. Wirtschaftsführer behaupteten, die Regulierungsverfahren seien undurchsichtig und erleichterten die Korruption (USDOS 20.3.2023). Der neue Justizbeamte des Staates gab am 25.7.2022 bekannt, dass der CRIEF in weniger als einem Jahr 4,6 Millionen Dollar und 26 Milliarden guineische Francs (3 Millionen Dollar) von Personen beschlagnahmt hat, die wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder angeklagt waren. Der Übergangspräsident hat einige Direktoren staatlicher Behörden, Bürgermeister und 28 Gemeinderäte entlassen, gegen die ein Gerichtsverfahren wegen Veruntreuung und Unterschlagung von Geldern eingeleitet wurde (USDOS 20.3.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 41

Nach Angaben von Freedom House unterliegt das Justizsystem weiterhin der politischen Einflussnahme und Korruption (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023). Die unterfinanzierte und personell unterbesetzte Nationale Antikorruptionsbehörde des Landes wurde durch die Instabilität, die mit dem Staatsstreich einherging, weiter geschwächt. Junta-Chef und Übergangspräsident Doumbouya kündigte im Dezember 2021 die Einrichtung eines Sondergerichts zur Korruptionsbekämpfung (CRIEF) an. Ende 2022 war es immer noch schwierig, die Wirksamkeit des Gerichts zu beurteilen oder die wahren Motive für seine Gründung zu ermitteln. Es hat den ehemaligen Premierminister und mehrere ehemalige Minister aus der Condé- Ära vorgeladen und wegen Veruntreuung verhaftet, sich aber geweigert, korrupte Aktivitäten innerhalb der Streitkräfte und im Bergbausektor zu untersuchen. Im Oktober ordnete das Gericht die Verhaftung von Cellou Baldé an, einem Anhänger der Junta und Führer der Union der Demokratischen Kräfte (FH 2023). Kurz nach dem Sturz Condés ordnete Junta-Chef Doumbouya die Rückgabe von Autos und Besitztümern der Richter an, die Condes dritte Amtszeit gebilligt hatten (FH 2023). Guinea belegte auf dem Korruptionsindex von Transparency International im Jahr 2022 Platz 147 von 180 (TI 2022). Quellen: - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World – Guinea, https://freedomhouse.org/country/guinea/freedom-world/2023, Zugriff 31.8.2023 -TI - Transparency International (2022): Corruption Perceptions Index 2022, https://www.transparency.org/en/countries/guinea, Zugriff 12.9.2023 - USDOS - US Department of State (USA) (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089137.html, Zugriff 31.8.2023 9. NGOs und Menschenrechtsaktivisten Einige inländische und internationale Menschenrechtsgruppen beobachten und verbreiten Informationen über Menschenrechtsverletzungen und können im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkungen arbeiten. Regierungsbeamte waren selten kooperativ oder gingen auf ihre Ansichten ein (USDOS 20.3.2023). Die Zivilgesellschaft ist schwach und unterliegt regelmäßigen Einmischungen und Einschüchterungen. Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen (NGO) und Aktivisten wurden bedroht, schikaniert und inhaftiert (FH 2023). NGOs müssen ihre Genehmigung bei der Regierung alle drei Jahre erneuern (USDOS 20.3.2023). NGOS in Guinea leiden auch unter dem schlechten Zugang zu Finanzmitteln, dem Kampf um Führungspositionen, der Einschränkung des zivilgesellschaftlichen Raums und es bestehen Sicherheitsbedenken (FH 2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 41

Seit dem Staatsstreich im September 2021 beziehen Beamte des CNRD Menschenrechtsgruppen mit in den nationalen Dialog ein (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023). Es heißt, dass viele dieser Organisationen in der CNT Präsident Doumbouya unterstützen (FH 2023). Quellen: - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World – Guinea, https://freedomhouse.org/country/guinea/freedom-world/2023, Zugriff 31.8.2023 - USDOS - US Department of State (USA) (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089137.html, Zugriff 31.8.2023 10. Wehrdienst und Rekrutierungen Es gibt keine Wehrpflicht, bzw. gibt es einen freiwilligen und selektiven Wehrdienst (9-24 Monate) (2022) (CIA 6.9.2023). Quellen: - CIA - Central Intelligence Agency (USA) (6.9.2023): The World Fact Book - Guinea, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/guinea/, Zugriff 7.9.2023 11. Allgemeine Menschenrechtslage Die Menschenrechte sind zwar gesetzlich garantiert, werden aber von der Justiz nicht ausreichend geschützt (AA 15.12.2022). Im Ministerium für Justiz und Menschenrechte gibt es eine Direktion für Menschenrechte und Grundfreiheiten, die für die Umsetzung der Regierungspolitik zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte zuständig ist (USDOS 20.3.2023) Anm.: weitere diesbezügliche Infos finden sich in den entsprechenden Kapiteln. Nach anfänglichen positiven menschenrechtlichen Entwicklungen unter der Übergangsregierung, zum Beispiel der Freilassung politischer Gefangener, ist Amnesty International aktuell besorgt über Menschenrechtsverletzungen, insbesondere über das geltende Demonstrationsverbot (AI 17.8.2023). Am 28.9.2009 hatten sich Zehntausende Menschen im Stadion von Conakry versammelt, um die Stärke der Opposition zu demonstrieren und den Machthaber Moussa "Dadis" Camara von seiner Kandidatur für das Präsidentenamt im Jänner 2010 abzuhalten. Darauf eröffneten Soldaten, Polizisten und Milizionäre das Feuer auf friedliche Demonstranten. Binnen zwei Stunden töteten sie mindestens 157 Menschen. Tausende weitere wurden laut dem Bericht einer internationalen Untersuchungskommission verletzt, mindestens 109 Frauen vergewaltigt. Die tatsächlichen Zahlen dürften jedoch höher sein. Zu den mutmaßlichen Drahtziehern des Massakers gehören der ehemalige Juntaführer Camara und drei seiner einst mächtigen Militärs, Moussa Tiegboro Camara, Claude Pivi und Cherif Diaby (DW 28.9.2022). Gegen die Drahtzieher des Massakers wurde, nach anfänglichen Verzögerungen, ein Verfahren eingeleitet, womit zum ersten Mal in Guinea seit der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 41

Unabhängigkeit im Jahr 1958, hochrangige Politiker und Militärs von einem Gericht wegen Mord, Totschlag, Vergewaltigung und sexueller Gewalt, Folter und Gewalt, Freiheitsberaubung und Plünderung, die an der Zivilbevölkerung begangen wurden, angeklagt werden (Le Journal 2 l’Afrique 6.10.2022). Genau 13 Jahre nach den Ereignissen begann in Conakry der Prozess gegen ehemalige Militär- und Regierungsbeamte der damaligen Junta, dem Nationalen Rat für Demokratie und Entwicklung (CNDD). Insgesamt wurden 13 Personen angeklagt und zur Verhandlung an die guineische Strafjustiz verwiesen. Derzeit stehen nur 12 vor Gericht, da General Mamadouba Toto Camara, die Nummer 2 des CNDD, im Jahr 2021 verstorben ist. Zu ihnen gehören unter anderem Hauptmann Moussa Dadis Camara, der Anführer des CNDD, sowie sein Adjutant und Chef der Präsidentengarde, Leutnant Aboubakar Sidiki Diakité (genannt Toumba). Die Verfahrensakte wurde vom Obersten Gerichtshof an ein eigens eingerichtetes Strafgericht weitergeleitet; verfügbare Richter wurden ernannt; Anwälte sind anwesend, um den Opfern beizustehen und die Angeklagten zu verteidigen; die zwölf Angeklagten erscheinen persönlich; ein neuer und geräumiger Saal wurde speziell für die Durchführung des Prozesses gewidmet; das Urteil ist öffentlich und die Presse ist anwesend. Die Bedingungen scheinen also zumindest dem Anschein nach für die Durchführung eines echten "historischen" Prozesses gegeben zu sein (Le Journal 2 l’Afrique 6.10.2022). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (15.12.2022): Guinea: Politisches Porträt, https://conakry.diplo.de/gn-de/themen/laenderinfos/innenpolitik, Zugriff 30.8.2023 - AI - Amnesty International (17.8.2023): Guinea, https://amnesty-westafrika.de/guinea/, Zugriff 12.9.2023 - AI - Amnesty International (28.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Guinea 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2094490.html, Zugriff 5.9.2023 -BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (1.1.2023): Briefing Notes Zusammenfassung: Guinea, Juli bis Dezember 2022, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/ 2022/Zusammenfassungen/briefingnotes-zf-hj-2-2022-guinea.pdf ? , Zugriff 5.9.2023 -BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (1.7.2022): Briefing Notes Zusammenfassung: Guinea, Januar bis Juni 2022, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/ 2022/Zusammenfassungen/briefingnotes-zf-hj-1-2022-guinea.pdf?, Zugriff 5.9.2023 -DW - Deutsche Welle (28.9.2022): Massaker von Conakry - Prozessauftakt nach 13 Jahren, https://www.dw.com/de/massaker-von-conakry-prozessauftakt-nach-13-jahren/a-63270391, Zugriff 6.9.2023 -HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 – Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066496.html, Zugriff 6.9.2023 - Le Journal 2 l’Afrique (6.10.2022): En Guinée, l’historique procès du massacre du 28 septembre 2009, https://lejournaldelafrique.com/en-guinee-lhistorique-proces-du-massacre-du- 28-septembre-2009/?q=%2Fde%2Fin-guinea-der-historische-prozess-des-massakers-vom-28.- september-2009%2F, Zugriff 12.9.2023 - USDOS - US Department of State (USA) (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089137.html, Zugriff 31.8.2023 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 41

12. Meinungs- und Pressefreiheit Die Übergangscharta der Junta verpflichtet zu Freiheit und Unabhängigkeit der Medien (FH 2023), sie sieht das Recht auf freie Meinungsäußerung vor, doch diese Rechte werden nicht immer respektiert (USDOS 20.3.2023) und in der Praxis bleibt die Medienfreiheit eingeschränkt (FH 2023). Unmittelbar nach dem Putsch löste Oberst Mamadi Doumbouya die Hohe Behörde für Kommunikation (HAC) auf, jedoch ermächtigte der CNRD die HAC im September 2021 zur Fortsetzung ihrer Regulierungstätigkeit. Im Mai 2022 legte die HAC mit Unterstützung des UN- Entwicklungsprogramms und der NGO Search for Common Ground einen Verhaltenskodex (Code of Good Conduct) für Medienhäuser und Journalisten vor. Ferner gab das HAC bei mehreren Gelegenheiten Pressemitteilungen heraus, um die Medien vor möglichen Sanktionen im Falle eines Gesetzesverstoßes im Zusammenhang mit der Verbreitung falscher Informationen zu warnen, die den sozialen Zusammenhalt, den Frieden und die Gerechtigkeit untergraben oder öffentliche oder private Persönlichkeiten verleumden (USDOS 20.3.2023). Im Jahr 2022 waren mehrere kritische Journalisten Berichten zufolge willkürlichen Verhaftungen, Einschüchterungen, Verhören und Zensur durch die Sicherheitskräfte, bzw. Übergangsbehörde des CNRD ausgesetzt (FH 2023; vgl. USDOS 20.3.2023). Der CNRD hat sich oft an die nationale Kommunikationsbehörde (HAC) gewandt, um Medien zu sperren, die kritisch berichten. Darüber hinaus haben einzelne Einheiten des Militärs die Büros von Zeitungen und Radiosendern aufgesucht, die kritisch berichteten, und Journalisten eingeschüchtert. Der Junta ist es außerdem gelungen, die Medienberichterstattung zugunsten der Übergangsbehörden zu beeinflussen, indem sie selektiv finanzielle Unterstützung angeboten hat. Unabhängig davon gab es 2022 Berichte, dass Journalisten, die über Demonstrationen gegen die Junta berichteten, von mit Steinen und Messern bewaffneten Demonstranten angegriffen wurden. Des weiteren bleiben frühere Gesetze, die eine strafrechtliche Verleumdung und eine strafrechtliche Verfolgung im Rahmen umfassender Cybersicherheitsmaßnahmen zulassen, in Kraft (FH 2023). Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen wurden seit dem 28.7.2022 sieben Journalisten von Teilen der Polizei und Demonstranten gestört oder angegriffen (USDOS 20.3.2023). Gemäß USDOS zensierte die Regierung 2022 keine Online-Inhalte, und es gab keine glaubwürdigen Berichte über die Überwachung privater Online-Kommunikation ohne entsprechende rechtliche Befugnisse. Der CNRD überwachte jedoch Plattformen sozialer Medien und nutzte das Gesetz, um Journalisten und Aktivisten der Zivilgesellschaft zu bestrafen, wenn sie regierungskritische Informationen veröffentlichten oder weitergaben (USDOS 20.3.2022). Am 23.5.2023 kamen Presseorganisationen, die private und öffentliche Fernseh- und Radiosender, Zeitungen und Nachrichtenseiten vertreten, zusammen, um einen „Tag ohne Presse“ einzuhalten. Laut RSF sollte mit dieser Aktion gegen die seit dem 13.5.2023 zunehmende Abschaltung sozialer .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 20 von 41
