isra-lib-2020-07-02-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Die Regierung beschloss 2018, dass die Bestimmungen, Verfahren und Verhörmethoden des ISA aus Sicherheitsgründen vertraulich sind, es jedoch interner und externer staatlicher Aufsicht unterliegt. Das unabhängige Büro des Inspektors für Beschwerden gegen ISA-Verhörer im Justizministerium bearbeitete Beschwerden über Fehlverhalten und Missbrauch beim Verhören. Die Entscheidung, eine Untersuchung gegen einen ISA-Beamten einzuleiten, liegt im Ermessen des Generalstaatsanwalts. In von der Polizei untersuchten Kriminalfällen, bei denen es um Verbrechen mit einer Höchststrafe von 10 Jahren oder mehr geht, wird die Aufzeichnung von Verhören vorgeschrieben. Ein erweitertes zeitweiliges Gesetz befreit jedoch die ISA von der Verpflichtung zur Audio- und Videoaufzeichnung bei Verhören von Verdächtigen im Zusammenhang mit sogenannten Sicherheitsdelikten. In nicht sicherheitsrelevanten Fällen sind die ISA-Verhörräume mit Kameras mit geschlossenem Kreislauf ausgestattet, und nur vom Justizministerium ernannte Aufsichtsbeamte haben Zugang zu den audiovisuellen Echtzeit- Aufnahmen. Aufsichtspersonen sind verpflichtet, alle Unregelmäßigkeiten zu melden, die sie während der Verhören beobachten. Die NGO Public Committee Against Torture in Israel (PCATI) kritisierte diesen Mechanismus als unzureichend, um Folter zu verhindern und zu identifizieren, da es keine Aufnahme der Verhöre für eine spätere gerichtliche Überprüfung und Rechenschaftspflicht gibt. Laut PCATI gab die Regierung in einigen Fällen die Anwendung sogenannter außergewöhnlichen Methoden (wie Schläge, Androhung von Vergewaltigung physische Gewalt, Schlafentzug, Drohungen gegen die Familie des Gefangenen usw.) zu. Weiters wurde von PCATI festgestellt, dass das Prozedere der Regierung zur Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen von Gefangenen komplex und fragmentiert sei (USDOS 11.3.2020). Laut PCATI und Physicians for Human Rights Israel (PHRI) wurden Prellungen und Verletzungen von Ärzten und Sanitätern ignoriert, die aus den gewaltsamen Verhaftungen und Verhören resultierten. Als Reaktion auf eine der Empfehlungen des UN-Ausschusses gegen Folter, laut der unabhängige medizinische Untersuchungen für alle Gefangenen vorgesehen werden sollten, erklärte die Regierung, dass Anträge von Gefangenen auf unabhängige Untersuchungen auf Kosten des Insassen von einem medizinischen Team der Israeli Prison Service (IPS) geprüft werden können (USDOS 11.3.2020). Quellen: - AI – Amnesty International (18.2.2020): Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019; Israel und besetzte Palästinensische Gebiete, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026067.html, Zugriff 22.4.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 23 von 57

- USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 7. Korruption Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption von Beamten vor, und die Regierung hat dieses Gesetz generell wirksam umgesetzt. Es gab Berichte über Korruption in der Regierung, obwohl Straffreiheit kein Problem darstellte (USDOS 11.3.2020). Korruptionsermittlungen gegen hochrangige Persönlichkeiten sind in den letzten Jahren relativ häufig, die in mehreren Skandale und Kriminalfälle verwickelt waren. Betroffene sind z.B. Premierminister Benjamin Netanjahu, einige seiner engsten Mitarbeiter sowie seine Ehefrau. Netanjahu wurde im November 2019 formell in drei getrennten Fällen wegen Korruption angeklagt, aber er weigerte sich, seinen Rücktritt zu erklären und strebte weiterhin eine Wiederwahl an. Weiters bemühte er sich aktiv um die legislative Verabschiedung eines Immunitätsgesetzes, das ihn und andere Gesetzgeber während seiner Amtszeit vor Strafverfolgung schützen sollte, obwohl die Maßnahme im Laufe des Jahres 2019 nicht erlassen wurde (FH 4.3.2020; vgl. DZ 21.11.2019). 2017 wurde ein Gesetz verabschiedet, das die Bedingungen für Anklageempfehlungen durch die Polizei bei gewählten Amtspersonen und höheren Angestellten des öffentlichen Dienstes einschränkt, was den Vorwurf der Opposition nach sich zog, dass die politische Führung dadurch geschützt würde, auch wenn bereits laufende Ermittlungen nicht rückwirkend von dem Gesetz betroffen waren (FH 4.3.2020; vgl. FH 1.2018; vgl. USDOS 11.3.2020). Israels Gesetze, die politische Praxis, Gruppen der Zivilgesellschaft und unabhängige Medien sorgen für ein substantielles Ausmaß an Transparenz in der Regierung. Die aktuellen Korruptionsfälle illustrieren anhaltende Schwächen, zeigen aber auch, dass das System schlussendlich Fehlverhalten offenlegt (FH 4.3.2020). Im Korruption Perceptions Index 2019 von Transparency International wird Israel mit 60 (von 100) Punkten (0=highly corrupt, 100=very clean) bewertet (TI 23.1.2020). Quellen: - DZ – Die Zeit (21.11.2019): Benjamin Netanjahu wegen Korruption angeklagt, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-11/israel-benjamin-netanjahu-wird-wegen-korruption- angeklagt, Zugriff 22.4.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - FH – Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 – Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426305.html, Zugriff 22.4.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 24 von 57

- TI – Transparency International (23.1.2020): Corruption Perceptions Index 2019; https://www.transparency.org/cpi2019, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 8. NGOs und Menschenrechtsaktivisten Eine Bandbreite von israelischer, palästinensischer und internationaler Menschenrechtsorganisationen kann generell ohne Einschränkungen durch die Regierung aktiv sein, Recherchen durchführen und diese veröffentlichen. Regierungsvertreter haben ein Ohr für ihre Anliegen, und sie werden regelmäßig von Parlamentsabgeordneten zu Anhörungen über Gesetze in die Knesset eingeladen. Die Regierung bemühte sich nach eigenen Angaben konzentriert um die Einbeziehung der Zivilgesellschaft in den Gesetzgebungsprozess, in die Entwicklung der öffentlichen Politik und in eine Reihe von verschiedenen Projekten innerhalb der Regierungsministerien. Die Regierung arbeitete jedoch nicht mit NGOs zusammen, die sie als „politisch verbunden“ („politically affiliated“) erachtete. Menschenrechtsorganisationen können direkt Eingaben beim Obersten Gerichtshof zu Regierungsmaßnahmen machen und Beschwerden zu individuellen Fällen vorbringen (USDOS 11.3.2020). Freedom House, Amnesty International und Human Rights Watch zufolge hat sich das Umfeld für NGOs jedoch verschlechtert (FH 4.3.2020; vgl. AI 31.7.2019; HRW 25.11.2019). In jüngster Zeit haben die israelischen Behörden versucht, die Arbeit von Menschenrechtsaktivisten zu beeinträchtigen, indem sie unter anderem einer Reihe anderer internationaler Rechtsverteidiger die Einreise verweigerten, israelische Rechtsverteidiger verleumdeten, ihnen belastende finanzielle Berichtsanforderungen auferlegten und Razzien in den Büros palästinensischer Rechtsverteidiger durchführten und diese verhafteten (HRW 25.11.2019). Außerdem erhielten Berichten zufolge NGOs wie Amnesty International Israel und weitere zivilgesellschaftliche Organisationen wie das Aid Organization for Refugees and Asylum Seekers in Israel (ASSAF) oder das Elifelet Children’s Activity Center, die sich für die Rechte von Asylwerbern einsetzen, anonyme Morddrohungen (AI 31.7.2019). Die Behörden führten weiterhin belastende Prüfungen bei NGOs bzgl. deren Finanzierung durch ausländische Regierungen durch (FH 4.3.2020). Das israelische Parlament hat 2016 trotz aller Kritik ein Gesetz verabschiedet, das vor allem Nichtregierungsorganisationen (NGO) schärfere Auflagen erteilt. Demnach müssen alle Organisationen in Israel, die mehr als die Hälfte ihres Geldes von ausländischen Regierungen oder politischen Gruppen erhalten, dies in ihren Veröffentlichungen ausweisen. Vertreter dieser Gruppen müssen außerdem bei Besuchen im .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 57

Parlament spezielle Plaketten tragen. Verstöße sollen mit Geldbußen von umgerechnet 7.000 Euro geahndet werden. Befürworter wollen damit die „Durchsichtigkeit“ der Finanzierung von NGOs gewährleisten. Gegner sehen darin hingegen ein Instrument zur Schwächung regierungskritischer Linksgruppen, die sich der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern widersetzen. Rechtsgerichtete Gruppen in Israel, die beispielsweise die jüdischen Siedlungen im Westjordanland unterstützen, finanzieren sich vor allem über Privatspenden, die von dem Gesetz ausgenommen sind (FH 4.3.2020; vgl. DZ 12.7.2016; MW 1.9.2019). Im Februar 2019 veröffentlichte das Ministerium für strategische Angelegenheiten einen Bericht, in dem palästinensische MenschenrechtlerInnen und AktivistInnen der Kampagne Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen (BDS) als "Terroristen in Anzügen" bezeichnet wurden. Unter ihnen befanden sich der Generaldirektor der palästinensischen Menschenrechtsorganisation Al- Haq, Shawan Jabarin, Raji Sourani, der Direktor des Palästinensischen Zentrums für Menschenrechte, und Salah Hamouri, ein französisch-palästinensischer Ermittler für Addameer. Am 19. September 2019 durchsuchten Angehörige der israelischen Streitkräfte das Büro von Addameer in Ramallah und beschlagnahmten mehrere technische Geräte (AI 18.2.2020). Ausländischen Mitgliedern bestimmter NGOs wird weiterhin die Einreise verweigert, wenn die Organisationen nach Regierungsansicht einen Boykott Israels, bestimmter israelischer Institutionen oder bestimmter Einrichtungen unter israelischer Kontrolle befürworten. Obwohl die Maßnahme von Organisationen der Zivilgesellschaft als Hindernis für die Aktivitäten vieler pro- palästinensischer und Menschenrechtsgruppen kritisiert wurde, kam 2019 das Gesetz wiederholt zur Anwendung, um gegen AktivistInnen und Organisationen vorzugehen, die sich kritisch zur Politik Israels geäußert hatten. Im November 2019 hielt beispielsweise das Oberste Israelische Gericht weiterhin an einem Ausweisungsbefehl gegen den Direktor von Human Rights Watch Israel und Palästina, fest, der sich auf dieses Gesetz stützte (AI 18.2.2020; vgl. FH 4.3.2020; HRW 25.11.2019; USDOS 11.3.2020). Darüber hinaus hinderten die israelischen Behörden im Oktober 2019 eine Mitarbeiterin von Amnesty International aus Sicherheitsgründen, die nicht bekannt gegeben wurden, daran, aus dem besetzten Westjordanland auszureisen (HRW 25.11.2019). Quellen: - AI – Amnesty International (18.2.2020): Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019; Israel und besetzte Palästinensische Gebiete, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026067.html, Zugriff 22.4.2020 - AI – Amnesty International (31.7.2019): Amnesty International Israel‘s office targeted with death threat, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2019/07/amnesty-international-israels-office- targeted-with-death-threats/, Zugriff 18.6.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 57

- DZ – Die Zeit (12.7.2016): Israel verschärft Auflagen für NGOs, https://www.zeit.de/politik/ausland/2016-07/knesset-israel-umstrittenes-ngo-gesetz, Zugriff 18.6.2020 - HRW – Human Rights Watch (25.11.2019): Israel Expels Human Rights Watch Director Today, https://www.hrw.org/news/2019/11/25/israel-expels-human-rights-watch-director-today, Zugriff 18.6.2020 - MW – Mena-Watch (1.9.2019): Israel und der eingebildete permanente „Rechtsruck“, https://www.mena-watch.com/israel-und-der-eingebildete-permanente-rechtsruck/, Zugriff 18.6.2020 - USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 9. Wehrdienst und Rekrutierungen Bezüglich Wehrdienst gehen die Quellen auseinander. CIA zufolge ist der Militärdienst ab dem Alter von 18 Jahren für jüdische und druzische Männer und Frauen verpflichtend. Jedoch ist es ChristInnen, MuslimInnen und TscherkessInnen möglich, sich freiwillig ab dem Alter von 17 Jahren für den Militärdienst melden (CIA 7.2.2020). USDOS zufolge ist der Militärdienst für jüdische BürgerInnen, männliche druzische und männliche tscherkessische Bürger obligatorisch. Orthodoxe jüdische Frauen, arabische ChristInnen und MuslimInnen sind vom Militärdienst befreit. Ein freiwilliger Militärdienst ist für sie jedoch möglich (USDOS 21.6.2019). Wer nicht Wehrdienst geleistet hat, ist von verschiedenen sozialen/öffentlichen Leistungen wie etwa Stipendien und Wohnkredite ausgeschlossen (FH 4.3.2020). Die Dauer des Wehrdienstes zuletzt 32 Monate für Männer und 24 Monate für Frauen und variiert nach militärischer Funktion. Für Offiziere beträgt der Wehrdienst 48 Monate. Piloten verpflichten sich für 9 Jahre. Männer sind bis zum Alter von max. 51 Jahren in der Reserve, Frauen bis zum Alter von 24 Jahren (CIA 1.4.2020). Ab 1. Juli beträgt die Wehrdienstdauer für Männer 30 Monate, wobei sich dies aufgrund einer geplanten Gesetzesänderung wieder ändern kann. Derzeit arbeitet Verteidigungsminister Benny Gantz an einer Reform der Wehrpflicht, welche auf irgendeine verpflichtende Form von Dienst wie etwa beim „National Service“ [Anm.: dazu mehr in Abschnitt 9.1.], bei den Notfalldiensten oder der Polizei für alle israelische StaatsbürgerInnen abzielt (TJP 1.7.2020). Im September 2017 strich der Oberste Gerichtshof die Ausnahmeregelung beim Militärdienst für ultra-orthodoxe Männer und setzte der Knesset bereits mehrere Fristen, für den Erlass neuer Gesetze zur Reduzierung der ungleichen Wehrbelastung zwischen ultra-orthodoxen und anderen Juden (USDOS 21.7.2019). Die Kontroverse um die von säkularen Israelis zunehmend abgelehnte Ausnahmeregelung stand im Mittelpunkt des politischen Stillstands, der zu drei Wahlen innerhalb eines Jahres führte (F24 29.2.2020). Es fehlt jedoch nach wie vor das entsprechende Gesetz für .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 57

die Wehrpflicht von Ultra-Orthodoxen trotz des steigenden Drucks auf die Politik nach der Aufhebung der Ausnahmeregelung durch den Obersten Gerichtshof (F24 29.2.2020) Die Spannungen zwischen ultra-orthodoxen und anderen Israelis bezüglich Wehrdienst und anderen Fragen (Wohnbau, öffentliche Verkehrsmittel und Teilnahme am Arbeitsmarkt) halten an (USDOS 21.6.2019; vgl. HNA 25.9.2020). Quellen: - CIA – Central Intelligence Agency (1.4.2020): The World Factbook – Israel, https://www.cia.gov/ library/publications/the-world-factbook/geos/is.html, Zugriff 22.4.2020 - EN – Euronews (16.9.2019): Bibi und die Ultraorthodoxen: Darum geht es bei der Wahl in Israel, https://de.euronews.com/2019/09/16/worum-es-bei-den-wahlen-in-israel-geht, Zugriff 22.4.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - F24 – France24.com (29.02.2020): Ultra-Orthodox army service looms over Israel vote, https:// www.france24.com/en/20200229-ultra-orthodox-army-service-looms-over-israel-vote, Zugriff 15.5.2020 - HNA – Hessische/Niedersächsiche Allgemeine (25.9.2019): Israel-Experte im Interview: „Viele haben Netanjahu satt“, https://www.hna.de/politik/israel-experte-im-interview-viele-haben- netanjahu-satt-13038527.html, Zugriff 22.4.2020 - TJP – The Jerusalem Post (1.7.2020): IDF: Mandatory service shortened from 32 months to 30, https://www.jpost.com/israel-news/idf-mandatory-service-shortened-from-32-months-to-30- 633397, Zugriff 1.7.2020 - USDOS – US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Isreal, 21. Juni 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011170.html, Zugriff 22.4.2020 9.1. Wehrersatzdienst Zur Lage von Personen, die zum Wehrdienst verpflichtet wären, aber diese nicht leisten wollen, siehe Abschnitt 9.2. Wer vom verpflichtenden Wehrdienst ausgenommen ist, kann weiterhin eine zivile Alternative („National Service“) absolvieren. Der „National Service“ besteht aus Freiwilligen, welche für zwei Jahre soziale Arbeiten übernehmen, z.B. in Schulen, Spitälern und NGOs. Regierungsbeamten und NGOs zufolge war diese Alternative bei Frauen mit „national-religiösem“, jüdisch-orthodoxen Hintergrund beliebter als bei anderen Gruppen, die von der Wehrpflicht befreit sind (USDOS 21.6.2019). Quellen: - USDOS – US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Isreal, 21. Juni 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011170.html, Zugriff 22.4.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 28 von 57

9.2. Wehrdienstverweigerung / Desertion Das Einziehen zum Wehrdienst von Mitgliedern der Zeugen Jehovas wurde bei Vorlegen der fortgesetzten Zugehörigkeit zu der Gruppe weiterhin mit Zustimmung der Regierung „verschoben“, auch wenn ihr Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen nicht anerkannt wurde. Da die Mitglieder nicht offiziell vom Wehrdienst ausgenommen sind, können sie nicht am National Service als Alternative teilnehmen (USDOS 21.6.2019). WehrdienstverweigerInnen aus Gewissensgründen wurden inhaftiert. Im Jahr 2019 waren es mindestens drei Personen. Im August 2019 wurde der Wehrdienstverweigerer Roman Levin nach 82 Tagen Einzelhaft aus dem Gefängnis entlassen. (AI 18.2.2020). Quellen: - AI – Amnesty International (18.2.2020): Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019; Israel und besetzte Palästinensische Gebiete, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026067.html, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Isreal, 21. Juni 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011170.html, Zugriff 22.4.2020 10. Allgemeine Menschenrechtslage Zu den schwersten Menschenrechtsverletzungen zählen unter anderem die unrechtmäßigen oder willkürlichen Tötungen, einschließlich gezielter Tötungen israelischer Zivilisten und Soldaten; willkürliche Inhaftierungen und die wesentlichen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Terroranschläge gegen Zivilisten sowie politisch und religiös motivierte Morde durch nicht- staatliche Gruppen und Einzeltäter, die oft exterritoriale Verwaltungshaft in Israel für PalästinenserInnen [siehe auch Abschnitte Justizsystem und Haftbedingungen], sowie Gesetze und offizielle Rhetorik, welche den Aktionsbereich für Menschenrechtsorganisationen negativ beeinflussen [siehe Abschnitt Menschenrechtsorganisationen]. Im Jahr 2019 starben bei Terroranschlägen in Jerusalem, Ashdod, Kibbutz Erez und Ashkelon neun Personen. Die meisten Angreifer waren Palästinenser aus der Westbank oder dem Gazastreifen (USDOS 11.3.2020). Auch wenn die Justiz beim Schutz von Minderheitenrechten aktiv ist, so diskriminieren die politische Führung und viele Teile der Gesellschaft arabische und andere Minderheiten, was in systematischen Disparitäten in den Bereichen politische Repräsentation, Strafjustiz, Bildung und wirtschaftliche Möglichkeiten resultiert (FH 4.3.2020). Problematisch war auch der Umgang mit Flüchtlingen. Irregulär ins Land eingereiste Personen, darunter auch Asylsuchende, können bis zu einem Jahr ohne Anklage inhaftiert werden (FH 4.3.2020). Darüber hinaus weigerten die Behörden Asylsuchenden den Zugang zu einem fairen und zügigen Verfahren, um ihren Flüchtlingsstatus feststellen zu lassen (AI 18.2.2020). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 29 von 57

Asylanträge werden, wenn sie vollständig bearbeitet werden, fast immer abgelehnt (FH 4.3.2020). Mit Stand 30. Juni 2019 hatten die Behörden keinen einzigen Asylantrag positiv beschieden, 15.000 Anträge waren noch anhängig (FH 4.3.2020). Viele Asylsuchende hatten keinen Zugang zu grundlegenden staatlichen Leistungen. Rund 30.000 Asylsuchende lebten 2019 in Israel (AI 18.2.2020). In den letzten Jahren wurden Tausende afrikanische Migranten und Asylsuchende, die irregulär ins Land eingereist sind, von den Behörden unter Druck gesetzt, einer Rückführung oder Abschiebung in ein Drittland wie Ruanda oder Uganda zuzustimmen. Dies erfolgte durch Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, der Arbeitsgenehmigungen und des Zugangs zur Gesundheitsversorgung sowie durch Konfiszierung eines Teils ihrer Gehälter (HRW 14.1.2020; vgl. FH 4.3.2020). Im September 2019 wies der Oberste Gerichtshof eine Petition ab, mit der die Aussetzung von Abschiebungen in Israel geborener Kinder von ArbeitsmigrantInnen ohne Aufenthaltsgenehmigung gefordert wurde (AI 18.2.2020). Ausländische ArbeiterInnen genossen nur einen minimalen Schutz vor Ausbeutung (FH 4.3.2020). Die Behörden schränkten die Meinungsäußerungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit von Personen ein, welche Kritik an der israelischen Besetzung der palästinensischen Gebiete übten. WehrdienstverweigerInnen aus Gewissensgründen wurden inhaftiert (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020; AI 18.2.2020). Quellen: - AI – Amnesty International (18.2.2020): Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019; Israel und besetzte Palästinensische Gebiete, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026067.html, Zugriff 22.4.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Israel and Palestine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022793.html, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 11. Meinungs- und Pressefreiheit Die israelische Medienlandschaft ist lebendig und vermag frei die Regierungspolitik kritisieren. Während der Umfang der zulässigen Berichterstattung generell weit gefasst ist, unterliegen Printartikel zu Sicherheitsfragen einer militärischen Zensur, was auch regelmäßig umgesetzt wird. (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). 2017 wurden vom Militär insgesamt 2.358 Nachrichtenbeiträge oder 21 Prozent der Artikel, die von den Medien zur vorherigen Überprüfung vorgelegt wurden, teilweise oder vollständig redigiert. Das Presseamt vorenthielt gelegentlich Presseausweise von Journalisten unter Berufung auf Sicherheitserwägungen, um sie an der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 30 von 57

Einreise nach Israel zu hindern (FH 4.3.2020). Die Behörden machten von einer Reihe von Maßnahmen gegenüber MenschenrechtsverteidigerInnen, JournalistInnen und Andersdenkenden Gebrauch, die sich kritisch gegen Israels fortdauernde Besetzung des Westjordanlandes, des Gazastreifens und der syrischen Golanhöhen ausgesprochen hatten (AI 18.2.2020). Quellen: - AI – Amnesty International (18.2.2020): Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019; Israel und besetzte Palästinensische Gebiete, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026067.html, Zugriff 22.4.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 12. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition Proteste und Demonstrationen sind weitgehend erlaubt, und sie verlaufen in der Regel friedlich. Die Polizei hat manchmal jedoch versucht, friedliche Demonstrationen einzuschränken. Einige Protestaktivitäten, wie die Schändung der israelischen Flagge oder eines befreundeten Landes, können allerdings schwerwiegende strafrechtliche Folgen haben (FH 4.3.2020). Die Registrierung einer Vereinigung oder einer Partei wird gesetzlich untersagt, wenn zu ihren Zielen die Leugnung des Existenz des Staates Israel oder des demokratischen Charakters des Staates gehört (USDOS 11.3.2020). Im Juni 2019 wurden von den Behörden ein neue Vorgehensweise eingeführt, die der Polizei ermöglicht, Versammlungen im Freien von 50 oder mehr Personen an bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Die Verletzung solcher Bedingungen würde als Straftat gelten. NGOs brachten ihre diesbezügliche Besorgnis zum Ausdruck, da ihrer Meinung nach die Einschränkung eine Verletzung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit darstelle. Darüber hinaus kritisierten sie die Polizei dafür, dass sie in Fällen, in denen keine Demonstrationsgenehmigung erforderlich sei, Hindernisse für die Rede- und Versammlungsfreiheit schaffe (MEMO 19.8.2019; vgl. TTI 20.8.2019; USDOS 11.3.2020). Quellen: - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - MEMO – Middle East Monitor (19.8.2019): Israel Police limit right to protest, https://www.middleeastmonitor.com/20190819-israel-police-limit-right-to-protest/, Zugriff - TTI – The Times of Israel (20.8.2019): Police propose new restrictions on civil protests, https:// www.timesofisrael.com/police-propose-new-restrictions-on-civil-protests/, Zugriff .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 31 von 57

- USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 13. Haftbedingungen Das Gesetz sieht Haftbedingungen vor, die nicht der Gesundheit und Würde der Gefangenen schaden. „Sicherheitsgefangene“ unterliegen lokalen Menschenrechtsorganisationen zufolge härteren Haftbedingungen als Personen, welche als Kriminelle inhaftiert sind. Darunter fallen z.B. die häufigere Verhängung von Verwaltungs- und Einzelhaft, Einschränkungen bei Besuchen durch die Familie und kein Anspruch auf Hafturlaub (USDOS 11.3.2020). Ein Bericht des Büros für Strafverteidigung über 42 Gefängnisse und Haftanstalten verwies darauf hin, dass es trotz der Bemühungen der Israel Prison Service (IPS), die Haftbedingungen zu verbessern und die in früheren Reporten festgestellten Mängel zu korrigieren, weiterhin zu schweren Verletzungen der Rechte der Häftlinge kam. Bemängelt wurden u.a., dass Tausende von Gefangenen in veralteten Einrichtungen unter unangemessenen, teilweise unter menschenunwürdigen, Lebensbedingungen festgehalten wurden; dass viele Insassen, vor allem Minderjährige, mit Einzelhaft und unverhältnismäßigem Einsatz von Fesseln bestraft wurden. Dies fand das Büro für Strafverteidigung in solchen Fällen besonders besorgniserregend, in denen die Gefangenen an einer psychischen Krankheit litten (USDOS 11.3.2020). Zwangsernährung von Hungerstreikenden ist unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Die Israel Medical Association betrachtet dieses Gesetz jedoch als unethisch und fordert die Ärzte nachdrücklich auf, die Umsetzung der Regelung zu verweigern. Laut der Menschenrechtsorganisation Physicians for Human Rights Israel (PHRI) wird durch die Bestimmungen die Verweigerung der medizinischen Behandlung aus Kostengründen ebenfalls ermöglicht. Ein von PHRI veröffentlichter Bericht wies auf die erheblichen Mängel in der Funktionsweise des medizinischen Systems der IPS hin. Dem Bericht zufolge war das separate Gesundheitssystem nicht in der Lage, Serviceleistungen bereitzustellen, die denen der Allgemeinbevölkerung durch Registrierung in der staatlichen sog. Health Maintenance Organizations (HMO) gleichwertig sind. Die Leistungen entsprechen nicht den anerkannten HMO- Standards und bei der Hälfte der untersuchten Vorfälle bestand ein Risiko für die Gesundheit der Insassen aufgrund einer nicht normgerechten medizinischen Versorgung oder aufgrund der Verweigerung der ärztlichen Behandlung. Das Ergebnis der Untersuchung eines Todesfalls stand zu Jahresende 2019 noch aus (USDOS 11.3.2020). Die Behörden führten ordnungsgemäße Untersuchungen von glaubwürdigen Behauptungen über Misshandlungen durch. Besuche von Anwälten waren nicht immer gestattet, insbesondere beim .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 32 von 57
