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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
- TK – The Knesset (14.11.2018): Knesset News - Justice Committee debates death penalty bill; MK Forer says purpose of legislation is deterrence, not revenge." MK Rozin: “death penalty should be erased from the Israeli Book of Laws", https://m.knesset.gov.il/en/news/pressreleases/pages/press1411b.aspx, Zugriff 22.4.2020 15. Religionsfreiheit Die Bevölkerung Israels lag offiziellen Angaben zufolge im September 2019 bei 9.092.000 Personen [wobei die offiziellen Angaben des israelischen Statistikamtes BewohnerInnen der annektierten Gebiete Golan und Ostjerusalem sowie israelische BewohnerInnen des Westjordanlandes einberechnen] (CBS 26.9.2019). Die Bevölkerung setzt sich aus folgenden Religionen zusammen: 74,2 Prozent Juden (CBS 26.9.2019), 18 Prozent Muslime (CBS 20.8.2018), 2 Prozent Christen (CBS 23.12.2019), 1,6 Prozent Drusen (CBS 17.4.2019), 4,8 Prozent andere (CBS 26.9.2019). Auch wenn sich Israel als jüdischer Staat definiert, so ist die Religionsfreiheit großteils respektiert (FH 4.3.2020). Folgende Religionsgemeinschaften sind anerkannt: - Judentum, - Christentum - Islam, - Druzentum, - der Bahai-Glaube (USDOS 10.6.2020). Einer Umfrage der NGO Hiddush zufolge gehören 58 Prozent der jüdischen Israelis keiner bestimmten religiösen Strömung an. 18 Prozent bezeichneten sich als „zionistisch-orthodox“, 12 Prozent als ultra-orthodox (einschließlich 2 Prozent, welche die Identifikation „zionistisch ultra- orthodox“ auswählten). 7 Prozent gaben das Reformjudentum als Zugehörigkeit an und 6 Prozent das Konservative Judentum (USDOS 10.6.2020). Zu den anerkannten christlichen Religionsgemeinschaften gehören unter anderem die orthodoxen Ost-Kirchen sowie die römisch-katholische, die armenisch-gregorianische, armenisch-katholische, syrisch-katholische, chaldäische, griechisch-melkitische, maronitische und syrisch-orthodox Kirche sowie die Episkopal-Kirche. Die anglikanische Kirche und der Bahai-Glaube sind durch ein von Israel adaptiertes Gesetz aus der britischen Mandatszeit anerkannt. Andere Glaubensgemeinschaften, einschließlich großer protestantischer Konfessionen mit Präsenz im Land, sind ebenso wenig anerkannt wie bestimmte ethno-religiöse Gemeinschaften. Die Regierung blieb bei ihrer Linie, die Anträge von evangelikalen Kirchen und den Zeugen Jehovas nicht anzunehmen. Diese können Regierungsmitgliedern zufolge weiterhin ihrem Glauben nachgehen und einige der Anführer dieser Religionen wurden zusammen mit Repräsentanten anerkannter Religionen zu offiziellen Anlässen eingeladen (USDOS 10.6.2020). Nicht-jüdische religiöse Stätten sind durch das Gesetz geschützt, sind jedoch bei der Zuteilung staatlicher Ressourcen benachteiligt und sind anhaltendem Vandalismus ausgesetzt (FH 4.3.2020). Die christlichen und muslimischen sowie die Bahai-Gemeinschaften haben in Personenstandsfragen die Jurisdiktion über ihre Mitglieder. Trotz Einwänden von vielen nicht- .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 35 von 57

orthodoxen oder säkularen Juden und Jüdinnen ist die jüdisch-orthodoxe religiöse Führung für die Personenstandsangelegenheiten der jüdischen Gemeinschaften im Land zuständig (FH 4.3.2020). Die Mitgliedschaft in einer anerkannten Religionsgemeinschaft ist im Nationalen Register festgehalten und wird normalerweise an die Kinder weitergegeben, außer jemand konvertiert. Alle Juden und Jüdinnen, welche der Definition des Oberrabbinats entsprechen werden als jüdisch registriert, unabhängig davon, ob sie orthodox sind oder nicht. Wer sich als jüdisch definiert, aber nicht den Kriterien des Oberrabbinats entspricht, wird als „religionslos“ eingetragen (USDOS 10.6.2020). In Israel geschlossene Heiraten sind nur gesetzlich und registrierbar, wenn sie nach den Regeln der anerkannten Religionsgemeinschaften gemäß durchgeführt wurden. Mitglieder nicht- anerkannter Religionsgemeinschaften können ihre Personenstandsangelegenheiten, einschließlich Heiraten, mittels anerkannter Religionsbehörden regeln, wenn diese das erlauben (USDOS 10.6.2020). Zivile Gerichte haben die Jurisdiktion über Personenstandsangelegeheiten, wenn Religionsgerichte nicht zuständig sind, wie etwa bei gemischt-religiösen oder gleichgeschlechtlichen Paaren. Scheidungsangelegenheiten fallen in die Zuständigkeit des zivilen oder religiösen Gerichtes, je nachdem, wo der Fall zuerst eingereicht wurde (USDOS 10.6.2020). Persönliche und soziale Freiheiten sind im Allgemeinen garantiert. Da jedoch religiöse Gerichte Personenstandsangelegenheiten überwachen, sind Frauen bei Scheidungen und anderen Angelegenheiten mit einigen Nachteilen konfrontiert. Viele ultra-orthodoxe jüdische Gemeinden versuchen, inoffizielle Regeln über Geschlechtertrennung und persönliche Kleidung durchzusetzen. Ehen zwischen Juden und Nichtjuden werden vom Staat nicht anerkannt, es sei denn, sie werden im Ausland geschlossen, ebenso wenig wie Ehen, an denen eine muslimische Frau und ein nicht-muslimischer Mann beteiligt sind (FH 4.3.2020). Das Oberrabbinat behält sich die Autorität über das Ausstellen von Zertifikaten über die Konversion zum Judentum basierend auf der orthodoxen Auslegung des jüdischen Religionsgesetzes vor. Der Rat des Oberrabbinats besteht aus orthodoxen Rabbis, welche von einer Versammlung von Rabbis, lokalen Regierungsvertretern, Regierungsministern und von der Regierung ernannten Laien besteht. Die Regierung stellt Gelder sowohl für orthodoxe wie nicht-orthodoxe Kornversionsprogramme zur Verfügung. Angehörige von jüdischen Konvertiten erhalten kein Aufenthaltsrecht, außer es handelt sich um Kinder von Konvertiten oder Konvertitinnen, welche nach dem Abschluss der Konversion der Eltern geboren wurden (USDOS 10.6.2020). Missionieren ist legal, sofern sie sich nicht an Personen unter 18 Jahren ohne Einwilligung beider Elternteile richtet (USDOS 10.6.2020). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 36 von 57

Laut missionierenden Organisationen ist die gesellschaftliche Einstellung gegen missionarische Aktivitäten und Konversion zu anderen Religionen negativ. Einige Juden reagieren mit Feindseligkeit auf Konversionen von Juden zum Christentum; wovon 2018 besonders messianischen Juden betroffen waren (USDOS 10.6.2020). Das Gesetz stellt die Verherrlichung, Unterstützung oder Ermutigung von Gewalt oder Terrorismus unter Strafe, wenn dies wahrscheinlich zu Gewalt führen. Das schließt Gewalt gegen Religionsgemeinschaften ein (USDOS 10.6.2020). So wurde beispielsweise 2017 der Oberrabbi von Safed Shmuel Eliyahu wegen Aufhetzung zu Gewalt angeklagt. Bis Ende 2018 fand weder eine Disziplinaranhörung von Eliyahu statt noch wurde der Fall abgeschlossen (USDOS 21.6.2019). Der Oberste Gerichtshof setzte für Anfang 2020 eine Anhörung zu seiner einstweiligen Verfügung von 2018 an, in der die Regierung aufgefordert wurde, zu erklären, warum sie keine Disziplinaranhörung für den Oberrabbi abgehalten hatte, nachdem das Israel Religious Action Center, Tag Meir und andere NGOs 2016 eine Petition eingereicht hatten (USDOS 10.6.2020). Die Spannungen zwischen der ultra-orthodoxen Gemeinde und anderen Israelis wegen des Wehrdiensts, Unterkünften, öffentlichen Verkehrsmitteln und Beteiligung am Arbeitsmarkt halten an (USDOS 10.6.2020). Da Religion und nationale Identität oft eng verbunden sind, ist es oft schwer, Vorfälle als allein religiös motiviert zu kategorisieren (USDOS 10.6.2020). Der NGO Tag Meir und Medienberichten zufolge wurden in den vergangenen Jahren nur wenig Verdächtigte bei Angriffen auf religiöse Stätte von Minderheiten angeklagt (USDOS 10.6.2020; vgl. FH 4.3.2020). Einige frühere Moscheen und Friedhöfe blieben weiterhin versiegelt und unzugänglich für Muslime. Führende Persönlichkeiten der muslimischen Gemeinschaft berichteten, dass der Bau einer Moschee in anderen mehrheitlich arabischen Landesteilen kein Problem darstellt, aber in Ortschaften mit jüdischer Bevölkerungsmehrheit ergaben sich diesbezüglich manchmal Schwierigkeiten (USDOS 10.6.2020). Das Gesetz sieht das Recht von jedem Juden oder Jüdin, einschließlich der zum Judentum konvertierten Juden, sowie von Kindern oder EnkelInnen eines Juden oder Jüdin vor, mit EhepartnerIn und Kindern nach Israel einzuwandern. Die minderjährigen Kinder der Enkel erhalten nur einen humanitären Status und nicht die automatische Staatsbürgerschaft. Nicht-Juden oder Nicht-Jüdinnen steht diese Möglichkeit nicht offen (USDOS 10.6.2020). Unter dem „Gesetz für Rückkehr“ erhalten Personen, welche eine jüdisch-orthodoxe Konversion in- oder außerhalb Israels abgeschlossen haben, das Recht auf Einwanderung, Staatsbürgerschaft .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 37 von 57

und Registrierung als jüdisch im zivilen Bevölkerungsregister. Dies gilt auch, wenn die Konversion vom Oberrabbinat nicht anerkannt wird. Das inkludiert Konversionen zum Reformjudentum, Konservativen Judentum und anderen Richtungen des Judentums. Nachkommen von Juden oder Jüdinnen qualifizieren sich für das „Gesetz der Rückkehr“ unabhängig von ihrem eigenen Glauben, außer sie konvertieren als Erwachsene zu einem anderen Glauben – inklusive dem Messianischen Judentum (USDOS 10.6.2020). Es gibt separate öffentliche staatliche Schulen für jüdische Kinder mit Hebräisch als Unterrichtssprache und für arabische Kinder mit Arabisch als Unterrichtssprache. Für jüdische Kinder sind die Schulen zusätzlich in religiöse und säkulare geteilt, wobei sie das Recht haben, unabhängig von den Präferenzen ihrer Eltern den religiösen oder nicht-religiösen Bildungszweig zu wählen. Öffentliche wie private arabischsprachige Schulen gaben weiterhin Religionsunterricht für arabische ChristInnen und MuslimInnen (USDOS 10.6.2020). Der Bericht des staatlichen Rechnungsprüfers kritisiert das Bildungsministerium für das mangelnde effektive Vorgehen gegen Diskriminierung in Bildungseinrichtungen – einschließlich solcher gegen Mädchen in ultra-orthodoxen Schulen (USDOS 10.6.2020). Einige unabhängige gemischt jüdisch-arabische Schulen boten auch Religionsunterricht an, z.B. unter Betonung der Ähnlichkeiten der drei abrahamitischen Religionen wie in der Schule Hand-in- Hand: Center for Jewish-Arab Education (USDOS 10.6.2020). In Anbetracht der kulturellen Vielfalt, vorherrschender Sitten, Gebräuche und Religionen wird besonderer Bedacht auf zwischenmenschliches Verhalten in der Öffentlichkeit nahegelegt. Beim Besuch religiöser Stätten und orthodoxer jüdischer Viertel (z.B. Meah Sha’arim in Jerusalem) ist auf entsprechende Kleidung und Verhaltensregeln zu achten (BMEIA 14.4.2020). Reisen in sogenannte Feindstaaten bedürfen der Genehmigung durch den Innenminister oder Premierminister. Darunter fallen auch Reisen nach Saudi-Arabien für die Hajj. Illegale Reisen sind mit einer Gefängnisstrafe oder Geldstrafe versehen (USDOS 10.6.2020). Quellen: - BMEIA – Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten (14.4.2020): Israel, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/israel/, Zugriff 22.4.2020 - CBS – Central Bureau of Statistics (23.12.2019): Christmas 2019 – Christians in Israel, https:// www.cbs.gov.il/en/mediarelease/Pages/2019/Christmas-2019-Christians-in-Israel.aspx, Zugriff 22.4.2020 - CBS – Central Bureau of Statistics (26.9.2019): Israel in Figures – Selected Annual Data 2019, https://www.cbs.gov.il/he/mediarelease/DocLib/2019/304/11_19_304e.pdf, Zugriff 22.4.2020 - CBS – Central Bureau of Statistics (20.8.2018): The Moslem Population in Israel, https://www.cbs.gov.il/he/mediarelease/DocLib/2018/249/11_18_249b.pdf, Zugriff 22.4.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 38 von 57

- CBS – Central Bureau of Statistics (17.4.2019): The Druze Population of Israel, https://www.cbs.gov.il/he/mediarelease/DocLib/2019/122/11_19_122b.pdf, Zugriff 22.4.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031318.html, Zugriff - USDOS – US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011170.html, Zugriff 22.4.2020 16. Ethnische Minderheiten 75,5 Prozent der Einwohner Israels sind Juden; über die Hälfte davon wurden im Land geboren, während die anderen aus ca. 70 Ländern aus aller Welt stammen. Je nach Quelle 20,2 Prozent / 20,9 Prozent sind Araber (die meisten davon Muslime), die übrigen 4,3 Prozent / 4,7 Prozent Drusen, Tscherkessen und andere, die nicht durch ihre Religion klassifiziert werden (IBM o.D.; vgl. CIA 1.4.2020). Die israelische Amtssprache ist Hebräisch. Mit der Verabschiedung des Nationalstaatsgesetzes im Juli 2018 verlor die arabische Sprache den Status einer Amtssprache und ihr wird lediglich ein nicht näher definierter Sonderstatus zugeschrieben (FH 4.3.2020; vgl. HSS 23.10.2018; DZ 4.8.2018). Laut einer Erhebung des Zentralen Statistikamts aus dem Jahr 2013 werden in Israel mehr als 30 Sprachen gesprochen. Für knapp die Hälfte der Bevölkerung Israels ist bei den über 20-Jährigen Hebräisch die Muttersprache, für knapp ein Fünftel Arabisch. Mit etwa 15 Prozent, die Russisch als Muttersprache haben, ist Israel außerhalb der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland und den USA das Land, in dem die meisten russischsprachigen Menschen wohnen. Das Statistikbüro zählt weitere 2 Prozent mit Jiddisch als Muttersprache. Etwas weniger Einwohner sprechen Französisch und Englisch. Die 125.500 Äthiopier, die überwiegend Amharisch sprechen, sind in der Studie nicht extra aufgezählt (IN 13.4.2018). Die Regierung wendete positive Diskriminierung (affirmative action) zugunsten Minderheiten im öffentlichen Dienst an und weitete den Zugang zur Arbeit für Drusen und Juden äthiopischer Herkunft stark aus. (UN 5.12.2019). Zivilgesellschaftliche Organisationen berichteten über Diskriminierung bei der Beschäftigung oder Bezahlung unter anderem von äthiopisch-israelische und arabischen Bürgern (USDOS 11.3.2020). Zusätzlich zu den israelischen StaatsbürgerInnen gibt es laut Regierungsangaben 113.000 legal aufhältige ausländische ArbeiterInnen (Stand: 10.2018), 100.000 PalästinenserInnen mit Arbeitsgenehmigung, 40.000 PalästinenserInnen ohne Arbeitsgenehmigung, sowie 100.000 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 39 von 57

undokumentierte ArbeiterInnen (meist aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion). Laut UNHCR befinden sich etwa 31.000 afrikanische MigrantInnen und Asylsuchende im Land (USDOS 21.6.2019). Quellen: - CIA – Central Intelligence Agency (1.4.2020): The World Factbook – Israel, https://www.cia.gov/ library/publications/the-world-factbook/geos/is.html, Zugriff 22.4.2020 - HSS – Hanns Seidel Stiftung (23.10.2018): Demokratie unter Beschuss, https://www.hss.de/news/detail/demokratie-unter-beschuss-news3759/, Zugriff 18.6.2020 - IBM – Israelische Botschaft Myanmar (o.D.): Israel – Gesellschaft, https://embassies.gov.il/yangon/AboutIsrael/People/Pages/GESELLSCHAFT.aspx, Zugriff 22.4.2020 - IN – Israel-Netz (13.4.2018): Sprachen in Israel, Von Hebräisch bis Amharisch, https://www.israelnetz.com/gesellschaft-kultur/gesellschaft/2018/04/13/von-hebraeisch-bis- amharisch/, Zugriff 22.4.2020 - UN – United Nations Committee on the Elimination of Racial Discrimination (5.12.2019): In Dialogue with Israel, Committee on the Elimination of Racial Discrimination Urges Greater Inclusion and Protection of Minorities – Press Release, https://www.un.org/unispal/document/in-dialogue-with-israel-committee-on-the-elimination-of- racial-discrimination-urges-greater-inclusion-and-protection-of-minorities-press-release/, Zugriff - USDOS – US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Isreal, 21. Juni 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011170.html, Zugriff 22.4.2020 16.1. Arabische Bevölkerung (ChristInnen, MuslimInnen, exkl. DruzInnen) Muslimische AraberInnen, zum größten Teil Sunniten, wohnen hauptsächlich in kleinen Städten und Dörfern, zu etwa 50 Prozent im Norden des Landes. Die christlichen AraberInnen, leben überwiegend in Städten, u.a. in Nazareth, Schfar'am und Haifa. Die Zahl der vertretenen Konfessionen ist sehr groß, die meisten Christen gehören jedoch der griechisch-katholischen, der griechisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche an (IBM o.D.). Palästinensische Schätzungen zufolge liegt die Zahl palästinensischer Internvertriebener von 1948 in Israel mit nunmehr israelischer Staatsbürgerschaft bei 400.000 Personen (+972 15.5.2020). Arabische oder palästinensische BürgerInnen von Israel sind in der Praxis wie auch gesetzlich einer gewissen Diskriminierung ausgesetzt (FH 4.3.2020). Die arabische Repräsentation in der Knesset liegt mit dem Anteil der Vereinigten Liste knapp unter dem Bevölkerungsanteil, wenngleich einige Stimmen und Kandidaten auch an andere Parteien gehen. Keine arabische Partei war jemals formaler Teil einer Regierungskoalition. Es gibt gewöhnlich auch keine AraberInnen in hochrangigen Regierungsämtern (FH 4.3.2020). Die arabische Menschenrechtsorganisation Adalah [„Gerechtigkeit“] hat eine Datenbank mit über 65 Gesetzen erstellt, welche direkt oder indirekt palästinensische BürgerInnen Israels und/oder PalästinenserInnen in den Besetzten Gebieten aufgrund ihrer Nationalität benachteiligen. Diese .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 40 von 57

Gesetze betreffen Rechte in allen Lebensbereichen: Staatsbürgerschaftsrechte, politische Beteiligung, Land- und Unterkunftsrechte, bis hin zu Bildung, Kultur und Sprache sowie Rechte in einem Prozess. Einige der Gesetze diskriminieren auch andere Gruppen wie etwa Homosexuelle, nicht-religiöse Juden und Jüdinnen sowie palästinensische Flüchtlinge (Adalah 27.9.2017). Unter anderem sind arabische Christen und Muslime mit institutioneller und gesellschaftlicher Diskriminierung konfrontiert. Es gab z.B. zahlreiche Vorfälle von „racial profiling“ durch Nachrichtendienste. Schlüsselpersonen der arabischen Zivilgesellschaft bezeichneten die Haltung der Regierung gegenüber der arabischen Minderheit als zwiespältig. Andere nannten Beispiele, in denen die politischen Führungspersonen Israels Rassismus gegen die arabische Gemeinschaft schürten oder sie als Feind darstellten (USDOS 11.3.2020). Die de facto Diskriminierung betrifft Bildung, soziale Leistungen, Baugenehmigungen (sowie damit verwandte Genehmigungen). Die arabische Bevölkerung mit Ausnahme der DrusInnen ist vom Wehrdienst ausgenommen, kann sich aber freiwillig melden. An die Ableistung des Wehrdiensts sind Vorteile wie Stipendien und Wohnkredite gebunden (FH 4.3.2020). Mit der Verabschiedung des Nationalstaatsgesetzes im Juli 2018 verlor die arabische Sprache den Status einer Amtssprache und dem wird lediglich ein nicht näher definierter Sonderstatus zugeschrieben (FH 4.3.2020; vgl. HSS 23.10.2018; DZ 4.8.2018). Rund 93 Prozent des Landes in Israel ist in staatlichem Besitz. 12,5 Prozent der Fläche gehören dem Jewish National Fund (JNF), dessen Statuten den Verkauf oder die Verpachtung an Nicht- Juden verbieten (USDOS 11.3.2020). Im Jahr 2016 erfolgte ein Arrangement des JNF mit der Israel Lands Administration (ILA) (USDOS 20.4.2018). Dadurch dürfen nun arabischer BürgerInnen Angebote für Land des JNF abgeben. Wenn ihre Angebote erfolgreich sind, überlässt die ILA dem JNF ersatzweise ein anderes Stück Land. Im Juni 2018 entschied der Oberste Gerichtshof, dass im Exekutivrat der ILA ein arabisches, drusisches oder tscherkessisches Mitglied vertreten sein muss, um eine Diskriminierung von Nichtjuden zu verhindern. Zum Jahresende 2019 waren jedoch keine Mitglieder dieser Gruppen im Exekutivrat vertreten (USDOS 11.3.2020). Die Autorität der Regierung, unzulässige Bauten zu zerstören, wurde durch ein Gesetz aus dem Jahr 2017 gestärkt. In Städten, die über keine genehmigten Bebauungsplan verfügten, blieben Neubauten illegal. Arabische Mitglieder der Knesset und NGOs kritisieren hierbei verschiedene Defizite in der Raumplanung und den damit verbundenen Baugenehmigungen in den arabischen Gemeinden, die dazu führen, dass angesichts systemischer Wohnraumknappheit in den arabischen Gemeinden Häuser ohne Baugenehmigung gebaut werden (USDOS 11.3.2020). Bis Oktober 2019 wurden laut Regierungsangaben 132 von 133 arabischen Ortschaften Entwicklungspläne für Raumordnung genehmigt. Davon wurden seit 2005 76 aktualisiert; 18 neue Pläne befanden sich in der gesetzlichen Genehmigungsphase. In diesem Zusammenhang kritisierten NGOs die mangelnde arabische Vertretung in den regionalen Raumplanungskomitees .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 41 von 57

und stellten fest, dass die Planung für arabische Gebiete viel langsamer voranschreite als die für jüdische Gemeinden. Dies veranlasst die arabischer BürgerInnen dazu, ihre Häuser ohne gesetzliche Genehmigung zu bauen oder zu erweitern, wodurch ein von der Regierung erlassener Abrissbefehl riskiert wird (USDOS 11.3.2020). Israel setzt beginnend mit dem im Jahr 1950 erlassenen Gesetz über das Eigentum Abwesender, welches ermöglichte, das Land der 1948 zur Flucht gezwungen Palästinenser zu beschlagnahmen) Rechtsmittel ein, um arabische Bürger zu marginalisieren. Seitdem hat Israel konsequent eine diskriminierende Verteilungspolitik von Land ausgeübt. Während über 1000 neue jüdische Kommunen gegründet wurden, wurde keine einzige arabische Siedlung genehmigt. Jüdische Siedlungen in der Negev-Wüste werden rückwirkend anerkannt, während Beduinendörfer, die älter als die Unabhängigkeit Israels [Anm.: 1948] datiert wurden, weiterhin ohne Wasser, Elektrizität oder Infrastruktur bleiben. Arabische Städte und Dörfer sind unter den untersten sozioökonomischen Schichten des Landes überrepräsentiert (Adalah o.D.a). Regierungsdaten und NGOs zufolge erlebten arabische Gemeinschaften in Israel nach wie vor ein hohes Maß an Kriminalität und Gewalt, insbesondere durch das organisierte Verbrechen und die große Zahl illegaler Waffen. Zu den staatlichen Maßnahmen zur Bewältigung des Problems gehörten unter anderem die Eröffnung von fünf Polizeistationen in arabischen Städten zwischen 2017 und 2018, eine verstärkte Durchsetzung zur Verhinderung von Gewalt, die Verbesserung der Kommunikation mit arabischen Bürgern durch arabischsprachige (soziale) Medien, die Stärkung des Vertrauens in die Gemeinschaft und das Zusammenwirken von Polizei und Bürgern sowie die Prüfung rechtlicher Aspekte (USDOS 11.3.2020). Es gab weiterhin „Preisschilder-Angriffe“ („price tag“ attacks), welche jüdische Personen und Gruppen gegen nicht-jüdische Personen und deren Besitz verüben quasi als Preis für Regierungsmaßnahmen gegen die Interessen der Täter. Die Regierung stuft jede Vereinigung, die den Ausdruck „price tag“ verwendet als illegal und die „Preisschild-Angriffe“ als Sicherheitsdelikte ein, im Gegensatz zu einem Verbrechen. Die häufigsten Formen waren Angriffe auf Fahrzeuge, sowie Vandalismus gegen Immobilien, muslimische und christliche heilige Stätten und Agrarflächen (USDOS 11.3.2020). Im Fall der „Kirche der Vermehrung“ in Tabgha aus dem Jahr 2015 wurde ein Täter ausgeforscht und verurteilt. Die Regierung finanzierte die Restaurierung der Kirche, und Präsident Rivlin nahm an einer interreligiösen Zeremonie zum Abschluss der Restaurierung teil (USDOS 29.5.2018). Nach einer Berufung durch die Staatsanwaltschaft fügte der Oberste Gerichtshof weitere 18 Monate zu der vierjährigen Haftstrafe des Täters hinzu (USDOS 21.6.2019). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 42 von 57

Im Oktober 2018 wurde eine Kirche des Beit Jamal Klosters bereits zum dritten Mal in den letzten Jahren Ziel von Vandalismus. Nach dem Angriff bot die israelische Regierung an, für die Reparaturen aufzukommen (USDOS 21.6.2019). Separate Schulsysteme – öffentliche wie halböffentliche resultierten in einer großen Bandbreite bei der Bildungsqualität. Arabische, druzische und ultra-orthodoxe StudentInnen schnitten bei den Matrikulationsexamen mit schlechteren Noten ab als SchülerInnen aus dem nicht-ultra-orthodoxen Teil der jüdischen Bevölkerung (USDOS 11.3.2020, vgl. Al-Monitor 28.10.2019). Arabische Schulen erhalten weniger Budget (Adalah o.D.). Für arabische StudentInnen gibt es weiterhin Bildungs- und Stipendienprogramme (USDOS 11.3.2020). Die Menschenrechtsorganisation Adalah sendete im Kontext der Covid-19-Massnahmen in Israel einen Folgebrief an die israelischen Bildungsbehörden im Namen des arabischen Nationalkomitees der Bürgermeister und des arabischen Follow-up-Ausschußes für Bildung und forderte den Zugang arabischer Studenten zum Fernunterricht. Im Schreiben wurden 46 arabische Städte und Wohnbezirke genannt, in denen die Schüler keinen Computer besitzen, sowie weitere 20 Städte und Wohnbezirke mit fehlendem Zugang zum Internet (Adalah 11.5.2020a). Insgesamt hält die Vernachlässigung der arabischen Bevölkerung fast ohne Ausnahme (Yitzhak Rabins zweite Amtszeit 1992-1995 als Premierminister) an. Die Orr-Untersuchungskommission zu den Unruhen von Oktober 2000, in welchen 13 arabische Bürger starben, ortete als tiefergehende Ursache die Disparitäten zwischen Juden und Araber, welche den Boden für Frustration und Polarisierung bereitete. Auch der Shin Bet [Anm.: Inlandsnachrichtendienst] vertritt die Auffassung, dass mehr Gleichheit zu weniger Gewalt führt. Der frühere Shin-Bet-Chef Yuval Diskin bezeichnete die Integration der arabischen Israelis als wichtiger als die Bedrohung durch den Iran (Al-Monitor 16.7.2018). In der von Adalahs stellvertretender Generaldirektorin gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu, das Innen-, Finanz- und Umweltministerium sowie das Zentrum für Kommunalverwaltung eingereichte Petition wird der Oberste Gerichtshof aufgefordert, gleiche Kriterien für die Budgetierung der lokalen Behörden festzulegen, und zwar so dass diese die charakteristischen Merkmale des Schadens berücksichtigt, der den arabischen Gemeinschaften während der Zeit des Coronavirus zugefügt wurde, hauptsächlich durch den Verlust von Einkünften aus Kommunalsteuern. Die bestehenden israelischen Kommunalsteuergesetze führen zu einer Budgetdiskriminierung der arabischen Gemeinden, da der Großteil der arabischen kommunalen Einnahmen nur aus Steuern auf Wohnimmobilien stammt. Vor dem Hintergrund eines anhaltenden Streiks in den arabischen Gemeinden wurde die Petition an den Obersten Gerichtshof eingereicht. Dieser begann am 5. Mai 2020, um gegen den diskriminierenden Charakter der von der israelischen Regierung durchgesetzten Sondergesetzgebung zum Coronavirus zu protestieren. Die Politik der israelischen Regierung .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 43 von 57

resultierte darin, dass die Zuteilung an Mitteln an arabische Kommunen nur 1,7 Prozent der landesweit an alle Kommunen geleisteten Hilfe betragen. Darüber hinaus führte diese Vorgehensweise zu schweren wirtschaftlichen Krisen in den arabischen Gemeinden und zu einem finanziellen Zusammenbruch, der die fortgesetzte Bereitstellung grundlegender öffentlicher Dienstleistungen für die Einwohner, Bürger Israels gefährdet (Adalah 11.5.2020b). Die israelische Staatsbürgerschaft ist nicht für PalästinenserInnen verfügbar, welche sich zwischen 1948 und 1952 in Gebieten aufhielten, welche Israel als Feindesland definiert. Dieser Ausschluss betrifft auch die PalästinenserInnen in der Westbank [Anm.: ohne Ost-Jerusalem] und den Gaza- Streifen wie auch die 6,6 Millionen palästinensischen Flüchtlinge im Exil (Badil 4.2014). Anm.: Zur Lage von Beduinen wird bei Bedarf eine Anfragebeantwortung erstellt. Quellen: - +972 - + 972 Magazine (15.5.2020): Seven decades on, internally displaced Palestinians wait to return home, https://www.972mag.com/nakba-return-refugees-displaced/, Zugriff 22.5.2020 - Adalah – The Legal Center for Arab Minority Rights (11.5.2020a): CORONAVIRUS: Latest updates on Adalah's COVID-19 legal work, https://www.adalah.org/en/content/view/9939, Zugriff 19.5.2020 - Adalah – The Legal Center of Arab Minority Rights (11.5.2020b): Adalah, Arab mayors petition Israeli Supreme Court to demand equitable budgets for Arab towns confronting COVID-19 financial damage, https://www.adalah.org/en/content/view/10007, Zugriff 19.5.2020 - Adalah – The Legal Center for Arab Minority Rights in Israel (o.D.a): Land and Planning Rights, https://www.adalah.org/en/content/index/2007, Zugriff 19.5.2020 - Adalah – The Legal Center for Arab Minority Rights in Israel (o.D.b): Economic, Social and Cultural Rights, https://www.adalah.org/en/content/index/2019, Zugriff 19.5.2020 - Adalah – The Legal Center for Arab Minority Rights in Israel (27.9.2017): The Discriminatory Laws Database, https://www.adalah.org/en/content/view/7771, Zugriff 22.4.2020 - Al-Monitor (28.10.2019): Why more Israeli-Arabs go to university, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2019/10/israel-arabs-joint-list-party-university- higher-education.html, Zugriff 19.5.2020 - Al-Monitor (Mualem, Mazal) (16.7.2018): Knesset hears data on Israel’s Arab-Jewish health gap, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2018/07/israel-arabs-ahmed-tibi-public-health- weapons-education.html, Zugriff 22.4.2020 - BADIL – Resource Center for Palestinian Residency and Refugee Rights (4.2014): Forced Population Transfer: The Case of Palestine; Denial of Residency, http://www.badil.org/phocadownload/Badil_docs/publications/wp16-Residency.pdf, Zugriff 22.4.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - DZ – Die Zeit (4.8.2018): Israelis demonstrieren gegen „Nationalgesetz“, https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-08/tel-aviv-israel-nationalitaetsgesetz-drusen- netanjahu, Zugriff 22.4.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 44 von 57
