isra-lib-2020-07-02-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
- MEMO – Middleeast Monitor (21.1.2020): Israeli rabbis declare Beta Israel Ethiopians to be „Jewish“, https://www.middleeastmonitor.com/20200121-israeli-rabbis-declare-beta-israel- ethiopians-to-be-jewish/, Zugriff - TJP – The Jerusalem Post (20.1.2020): Chief Rabbinate accepts position recognizing Beta Israel as Jewish, https://www.jpost.com/israel-news/chief-rabbinate-accepts-position- recognizing-beta-israel-as-jewish-614694, Zugriff - TJP – The Jerusalem Post (16.10.2019): Efforts underway to enable Ethiopian keisim to perform marriages, https://www.jpost.com/israel-news/efforts-underway-to-enable-ethiopian- keisim-to-perform-marriages-604842, Zugriff - TTI – The Times of Israel (20.1.2020): Top state rabbinical body reinforces ruling that Ethiopian Jews are Jewish, https://www.timesofisrael.com/top-state-rabbinical-body-reinforces-ruling- that-ethiopian-jews-are-jewish/, Zugriff - USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 17. Relevante Bevölkerungsgruppen 17.1. Frauen Frauen verfügen über volle politische Rechte nach dem Gesetz wie auch in der Praxis, obgleich sie in Führungspositionen etwas unterrepräsentiert sind. Sie können in den Parteien und Gemeinden – jüdische wie arabische – mit zusätzlichen Hindernissen aufgrund von religiösem oder kulturellem Konservatismus konfrontiert sein. Frauen werden vor Straf- und Zivilgerichten gleich behandelt. In der israelischen Gesellschaft haben sie beträchtliche Parität erreicht, wenngleich wirtschaftliche und andere Diskriminierung besonders in den arabischen und religiösen jüdischen Gemeinschaften fortbesteht (FH 4.3.2020). Das Gesetz sieht für Frauen denselben rechtlichen Status und dieselben Rechte wie für Männer vor. Ministerien und Gemeinden müssen eine Beratung für die Förderung von Frauenrechten haben. Staatlich geförderte Kinderbetreuung soll die Berufstätigkeit von Müttern unterstützen. Es gibt auch Berufstraining für Alleinerziehende (USDOS 11.3.2020). Die Aussetzung des Gesetzes zu Frauenarbeit von 1954 durch Notstandsregelungen bezüglich der Covid-19-Pandemie führte zur Entlassung Tausender Frauen (Schwangere, in Karenz befindliche Frauen u.a.), bis die Regierung die Maßnahme nach 11 Tagen zurückzog - zwei Tage vor Ablauf der Frist für die Stellungnahme zu der beim Obersten Gerichtshofs anhängigen Beschwerde (Adalah 20.4.2020). Am Arbeitsmarkt gibt es trotz Verbot Diskriminierung bei Beschäftigung und Löhnen (USDOS 11.3.2020). Arabische Frauen gehen viel weniger oft einem Beruf nach als arabische Männer oder jüdische Frauen. Viele ultra-orthodoxe jüdische Gemeinden versuchen inoffizielle Regeln zur Trennung der Geschlechter und zur Bekleidung durchzusetzen (FH 4.3.2020). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 47 von 57

Vergewaltigung – auch in der Ehe – ist mit bis zu 16 Jahren Haft strafbar, bei erschwerenden Umständen bis zu 20 Jahre Haft. Darunter fällt auch die Vergewaltigung durch einen Familienangehörigen, bzw. Verwandten. 2018 wurden 1.534 Ermittlungen (2017: 1.443) wegen Verdacht auf Vergewaltigung eingeleitet. 91 Prozent der Fälle von Vergewaltigung wurden von den Behörden vor allem aufgrund fehlender Beweise ohne Anklage abgeschlossen (USDOS 11.3.2020). Im Laufe des Jahres 2018 wurden 13 Frauen und Mädchen getötet, die meisten von Familienmitgliedern oder von ihren männlichen Partnern (USDOS 11.3.2020; vgl. AI 18.2.2020). Die Hälfte aller ermordeten Frauen in Israel sind Araberinnen. Es gibt zwar Ähnlichkeiten zu sogenannten „Ehrenmorden“, aber AkitivistInnen lehnen diesen Vergleich ab, und verweisen auf verbreitete Gewalt in der Ehe im Umfeld der meisten Opfer, die von der Polizei ignoriert wird (TTI 26.7.2017). Am 1.1.2019 wurde ein Gesetz von der Knesset verabschiedet, mit den die Verjährungsfrist für schwere Sexualdelikte von 10 auf 15 Jahre verlängert wurde, wobei die Strafe sieben Jahre Gefängnis betrug. Darüber hinaus stimmte die Knesset auch eine Änderung des Strafgesetzbuchs in Bezug auf Mordanklage und Verurteilung zu, die am 10.7.2019 in Kraft trat. Demnach sollen Männer, die ihre Partnerinnen nach einem Missbrauch töten, wegen „Mordes unter erschwerten Umständen“ mit lebenslanger Haftstrafe angeklagt werden. Frauen, die einen missbrauchenden Partner töten, sollen wegen „Mordes unter erschwerten Umständen“ mit einer Höchststrafe von 15 Jahren Gefängnis bestraft werden (USDOS 11.3.2020). Das Ministerium für Arbeit, soziale Angelegenheiten und soziale Dienste unterhält 14 Schutzhäuser für Opfer häuslicher Gewalt, davon zwei für die arabische Gemeinschaft, zwei jüdisch-arabische Schutzhäuser, zwei für ultra-orthodoxe Opfer und acht für jüdische Gemeinschaften, die nicht ultra- orthodox sind. Es gibt zudem eine Hotline (USDOS 11.3.2020). Die Regierung verlautbarte, dass Polizeibeamte eine Ausbildung erhalten, um mit Personen unterschiedlicher Kulturen und Herkunft mit besonderem Fokus auf Minderheitsgemeinschaften zu interagieren. Frauen aus bestimmten jüdisch-orthodoxen, muslimischen, beduinischen und drusischen Gemeinschaften sind mit bedeutendem gesellschaftlichen Druck konfrontiert, Vergewaltigungen oder häusliche Gewalt nicht zu melden (USDOS 11.3.2020). Sexuelle Belästigung ist illegal. Die Strafen richten sich nach der Schwere der Tat und ob Erpressung involviert war. Die Polizei informiert alle Opfer über das Recht auf Hilfe durch die Association of Rape Crisis Centers in Israel (USDOS 20.4.2018). Das Gesetz sieht vor, dass sich Opfer über ein computerisiertes System und eine Hotline über den Fortschritt ihrer Fälle informieren können. 2018 reichten Staatsanwälte 168 Anklagen (2017: 129) wegen sexueller Belästigung ein. Nach Angaben des Zentralamts für Statistik vom 2018 meldeten 95 Prozent der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 48 von 57

Opfer sexueller Belästigung, die älter als 20 Jahre waren, den Vorfall nicht bei der Polizei. Opfer von Sexualstraftaten äußerten ihre Unzufriedenheit betreffend der Reaktion der Strafverfolgungsbehörden auf solche Fälle durch die sogenannte #WhyIDidn‘tComplain- Kampagne. Im März 2018 wurde von der Obersten Richterin des obersten Gerichtshofes ein Ausschuss eingerichtet, der die Behandlung der Opfer von Sexualstraftaten durch das Justizsystem untersuchen soll. Obwohl in einem Bericht vom Dezember 2019 die Fortschritte bei der Behandlung von Opfern von Sexualstraftaten anerkannt wurden, wurde festgestellt, dass die Opfer in jeder Phase des Gerichtsverfahrens mit Schwierigkeiten konfrontiert waren. Im September 2019 wurde der ehemalige Polizeichef Jerusalems wegen sexueller Belästigung von Beamten unter seinem Kommando verurteilt. Damit wurde ein Urteil des Amtsgerichts von 2018 aufgehoben. Das Urteil stand am Jahresende 2019 noch aus (USDOS 11.3.2020). Die Scheidungs- oder Trennungsformalitäten unterscheiden sich je nach Religion und Konfession und beinhalten oft mehr Rechte für die Ehemänner (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Vor religiösen Gerichten, die für Familiengesetze, inklusive Eheschließung und Scheidung, zuständig sind, sind die Rechte von jüdischen, christlichen, muslimischen und drusischen Frauen eingeschränkt (USDOS 11.3.2020). Im Gesetz über die Gleichheit von Frauen sind explizit die Bereiche Ehe, Scheidung und Ernennung für religiöse Positionen ausgenommen (USDOS 21.6.2019). Bei Scheidungen nach jüdischen Recht müssen beide Ehepartner ihre Zustimmung zur Scheidung geben. Manchmal macht der Ehemann dies von Bedingungen wie etwa bzgl. Besitz oder Vormundschaft für Kinder abhängig. Das führt dazu, dass Tausende jüdische Frauen nicht wieder heiraten dürfen oder keine weiteren legitime Kinder haben können. Manchmal verhängen die rabbinischen Gerichte Sanktionen gegen Ehemänner, welche der Ehefrau die Scheidung verweigern, während sie gleichzeitig der Ehefrau die Scheidung ohne Zustimmung ihres Ehemannes verweigern (USDOS 11.3.2020). Quellen: - Adalah (20.4.2020), Adalah returns to Israeli Supreme Court: Gov’t cancelled coronavirus regulations allowing employers to dismiss pregnant women, but thousands already lost their jobs, https://www.adalah.org/en/content/view/9990, Zugriff 19.5.2020 - AI – Amnesty International (18.2.2020): Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019; Israel und besetzte Palästinensische Gebiete, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026067.html, Zugriff 22.4.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - TTI – The Times of Israel (26.7.2017): Father charged with murdering daughter over affair with Muslim, https://www.timesofisrael.com/father-charged-with-murdering-daughter-over-affair-with- muslim/, Zugriff 22.4.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 49 von 57

- USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Israel and the Golan Heights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430355.html, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Isreal, 21. Juni 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011170.html, Zugriff 22.4.2020 18. Bewegungsfreiheit Anm.: betrifft nur das international anerkannte Staatsgebiet Israels und nicht israelische SiedlerInnen. Das Gesetz sieht das Recht auf Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung vor, und die Regierung respektiert generell diese Rechte. Israelische BürgerInnen können grundsätzlich frei ins Ausland reisen, sofern keine Verpflichtungen dem Militär gegenüber und keine Verwaltungseinschränkungen vorliegen. Reisehindernisse können sein: Sicherheitsbedenken seitens der Regierung, ausstehende Schulden und die Verweigerung der Einwilligung eines jüdischen Ehemannes zur Scheidung. Reisen in Staaten, welche sich offiziell mit Israel im Kriegszustand befinden, sind ohne Regierungsbewilligung verboten. Dies schließt Reisen in den Iran, Irak, Libanon, Saudi-Arabien, Syrien und Jemen ein (USDOS 11.3.2020). Aufgrund von Sicherheitsmaßnahmen können manchmal Hindernisse bei der Bewegungsfreiheit auftreten. Checkpoints des Militärs gibt es jedoch nur in der Westbank. Informelle lokale Regeln können das Fahren am Schabbat und an jüdischen Feiertagen einschränken (FH 4.3.2020). Das Gesetz über Staatsangehörigkeit und Einreise verbietet es nicht-jüdischen Bürgern des Iran, Irak, Syrien und Libanon sowie Palästinensern aus dem Westjordanland oder dem Gazastreifen, einschließlich der Ehepartner von israelischen Einwohnern oder Bürgern, einen Aufenthaltsstatus zu erhalten, es sei denn, das Innenministerium trifft aus besonderen, in der Regel aus humanitären, Gründen eine andere Entscheidung. Laut Berichten von HaMoked vom 2018 lebten etwa 10.000 Palästinenser aus dem Westjordanland oder dem Gazastreifen mit einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung in Israel, einschließlich Jerusalem. Amnesty International (AI) und andere NGOs forderten die Regierung auf, dieses Gesetz aufzuheben und die Bearbeitung von Anträgen auf Familienzusammenführung wieder aufzunehmen. Das Gesetz erlaubt eine Aufenthaltsgenehmigung für EhepartnerInnen von Israelis, wenn der männliche Ehepartner ohne israelische Staatsbürgerschaft mindestens 35 Jahre, bzw. die Ehefrau ohne israelische Staatsbürgerschaft mindestens 25 Jahre ist. Sie dürfen jedoch keinen Aufenthalt aufgrund ihrer Ehe erhalten und können nicht die israelische Staatsbürgerschaft beantragen (USDOS 11.3.2020). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 50 von 57

Laut HaMoked haben Personen aus dem Gazastreifen gar keinen Zugang zur Familienzusammenführung. Für Familien mit Israel-Gaza-Hintergrund gibt es seit zwei Jahrzehnten ein eigenes Prozedere für ein Familienleben bei geteilten Familien (H 7.5.2020). Im August 2019 verwehrten die israelischen Behörden den US-Kongressabgeordneten Ilhan Omar und Rashida Tlaib die Einreise wegen ihrer Unterstützung eines Boycotts Israels (HRW 14.1.2020). Quellen: - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - H – HaMoked (7.5.2020): HaMoked in an urgent petition to the HCJ: Israeli women whose center of life is in Gaza must be allowed to return to their spouses and children living there, http://www.hamoked.org/Document.aspx?dID=Updates2163, Zugriff 20.5.2020 - HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Israel and Palestine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022793.html, Zugriff 20.5.2020 - USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 19. Grundversorgung und Wirtschaft Anm.: Die Wirtschaftsdaten betreffen die Situation vor der Corona-Krise. Die Lage von legalen und illegalen Arbeitern von außerhalb Israel, inklusive der in Israel legal und illegal beschäftigten Palästinensern aus dem Westjordanland und Gaza kann bei Bedarf im Rahmen einer Anfragebeantwortung recherchiert werden. Im Juli 2019 hat Israel 9,06 Mio. Einwohner erreicht. Nach Schätzungen des Zentralamts für Statistik wird die Bevölkerung Israels im Jahr 2024 die 10-Millionen-Marke erreichen. Im Jahr 2019 sind in den ersten sieben Monaten 20.506 Personen eingewandert, das sind 21 Prozent mehr als im Jahr zuvor im gleichen Zeitraum (WKO 10.2019). Vor allem in IKT (Informations- und Kommunikationstechnik, Anm. der Staatendokumentation), Medizin und Pharma, Life Science, Agrotechnologie, sowie IT-Sicherheit und in der Rüstungsindustrie ist Israel sehr erfolgreich. Andere Branchen erfordern Modernisierungsschritte. Industriezweige, in denen staatlich geschaffene Mono- und Oligopole aufgebrochen werden müssen, hinken noch hinterher. Seit Beginn der Masseneinwanderung in den frühen neunziger Jahren ist das Wirtschaftswachstum mit dem Bevölkerungswachstum und damit einer steigenden Binnennachfrage gekoppelt. Durch Privatisierung der Staatsbetriebe wurde die Staatsverschuldung gesenkt. Bis auf wenige Mineralien (Pottasche, Magnesium, etwas Kupfer) galt Israel stets als rohstoffarmes Land. Anfang des neuen Millenniums wurden erste Öl-und .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 51 von 57

Gasfelder vor der Küste entdeckt und erschlossen. Im Laufe der letzten Jahre wurden weitere neue Erdgasfelder mit förderwürdigen Gasmengen entdeckt. Damit wird in Israel verstärkt Erdgas zum Betrieb der Kraftwerke verwendet und andere fossile Energieträger werden dadurch teilweise ersetzt. Dies erfordert jedoch noch große Investitionen. Erdöl und Kohle, Metalle oder Holz müssen importiert werden. Die sozialistisch und gemeinwirtschaftlich organisierten Kibbuzim (Mehrzahl von Kibbuz = ländliche Kollektivsiedlung), die anfangs entscheidend zum Aufbau des Staates beigetragen haben, widmen sich heute nicht mehr ausschließlich der Landwirtschaft und haben sich privatisiert und diversifiziert. Obwohl nur mehr ein sehr geringer Teil der Israelis in Kibbuzim lebt, werden dort heute beinahe ein Drittel der landwirtschaftlichen und ein beachtlicher Teil der industriellen Güter (ca. 8 Prozent) produziert (WKO 2019; vgl. WKO 10.2019). Das Land bleibt weiterhin ein stabiler Wachstumsmarkt in der Region. Mit +3,3 Prozent konnte die israelische Wirtschaft im Gesamtjahr 2018 erneut ein starkes Wachstum verzeichnen (WKO 10.2019). Das durchschnittliche Monatsgehalt in Israel erreichte mit Ende 2018 NIS 10.800 (2.647 Euro) – dies bedeutet einen fast sechsprozentigen Anstieg im Vergleich zu den Vormonaten. Als Grund dafür wird der Lohnboom der High-Tech Branche gesehen, in der der durchschnittliche Monatslohn derzeit bei NIS 21.641 (5.170 Euro) liegt. Laut dem Israeli Central Bureau of Statistics beträgt das durchschnittliche Monatsgehalt im Juni 2019 11.175 NIS (3.006 Euro), 2,9 Prozent mehr als das durchschnittliche Monatsgehalt im Juni 2018. Der größte Anstieg wurde mit 8 Prozent im Informations- und Kommunikationssektor verzeichnet (WKO 10.2019). Die soziale Ungleichheit hat seit 2007 aufgrund höherer Beschäftigungsraten bei israelischen Arabern und Ultraorthodoxen leicht abgenommen, aber Armut ist in diesen benachteiligten Bevölkerungsgruppen weit verbreitet (WKO 10.2019; vgl. DSZ 13.9.2019). Während die Beschäftigungsrate in Israel zunimmt, zeichnet sich die Mehrzahl der geschaffenen Arbeitsplätze durch niedrige Löhne und niedrige Produktivität aus. Israels pro-Kopf-BIP wuchs zwischen 2014 und 2018 um nur 1,33 Prozent und liegt damit deutlich unter dem OECD- Durchschnitt von 2,2 Prozent (WKO 10.2019). Das niedrige Ausbildungsniveau israelischer Arbeitskräfte, verglichen mit anderen Industrieländern, ist für eine Einbuße von 3 Prozent des BIP verantwortlich. Dem OECD-Bericht zufolge ist das hauptsächlich auf das niedrige Niveau des israelischen Schulsystems zurückzuführen. Die schwachen Grundfertigkeiten israelischer SchülerInnen tragen maßgeblich zu der im Vergleich zu anderen OECD-Ländern geringen Arbeitsproduktivität bei, die in Folge zu niedrigeren Löhnen führt. Sowohl die Leistungen israelischer SchülerInnen in der internationalen Schulleistungsstudie PISA als auch die der Erwachsenen im OECD Program for the International .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 52 von 57

Assessment of Adult Competencies (PIACC) liegen unter dem OECD-Durchschnitt (WKO 10.2019). Außerdem hat Israel die höchste Armutsrate aller Mitgliedsländer der OECD (WKO 10.2019). Dem Armutsbericht 2019 der Sozial-Organisation Latet (Geben) zufolge leben 2,3 Millionen Israelis und damit 25,6 Prozent der Bevölkerung in Armut. Ca. eine Million (33,5 Prozent), von ihnen sind Kinder. Das heißt, dass unter Kindern ein Drittel von Armut betroffen ist (Latet 13.2.2020). Der Bericht der staatlichen Sozialversicherung Bituach Leumi für 2017 hatte 21 Prozent der israelischen Bevölkerung und 29,6 Prozent der Kinder als arm eingestuft (nach Angaben von Israelnetz erfolgte die Veröffentlichung des Regierungsberichts für 2018 erst Ende Dezember 2019. (Die aktuelle Versionen konnte jedoch in öffentlich zugänglichen Quellen nicht gefunden werden, Anm. der Staatendokumentation). Die Zahlen des staatlichen Reports fielen somit niedriger aus als die von Latet. Der Unterschied zwischen den zwei Ergebnissen liegt daran, dass sich der Alternative Armutsbericht von Latet als Gegenstück zum Armutsbericht der Regierung versteht, den die staatliche Sozialversicherung Bituach Leumi herausgibt. Dieser betrachtet nur das Einkommen. Latet hingegen untersucht fünf Bereiche: Wohnsituation, Bildung, Gesundheit, Lebensmittelversorgung und die Fähigkeit, Lebenshaltungskosten zu bestreiten (IN 11.12.2019). Der Zugang zu Steuergutschriften auf niedrige Einkommen wurde ausgedehnt, um die Beschäftigungsrate zu steigern, und die Armutsrate bei arbeitenden Ehepartnern zu senken (WKO 10.2019). Die Lebenshaltungskosten sind in Israel höher als im OECD-Durchschnitt. Um ein Viertel liegen die Preise für Nahrungsmittel höher, Transportkosten und Restaurantbesuche sind fast ein Drittel teurer. Die Gesundheitskosten liegen um ein Fünftel über dem OECD-Durchschnitt. Tel Aviv ist laut der Economist Intelligence Unit’s 2019 Worldwide Cost of Living Survey auf der Rangliste der teuersten Städte der Welt von Platz 28 vor 5 Jahren nunmehr auf Rang 10 vorgerückt. Vor allem die hohen Kosten für Anschaffung, Versicherung und Wartung eines PKWs sind für das neue Ranking verantwortlich. Die Kosten für Transportmittel in Tel Aviv sind um 64 Prozent höher als in New York. Die Aufwertung der israelischen Währung ist ein weiterer Faktor, der das neue Ranking beeinflusst hat. Zusätzlich belasten überdurchschnittlich hohe Immobilienpreise die Bevölkerung (WKO 10.2019; vgl. DSZ 13.9.2019; Haaretz 25.7.2019). Quellen: - AHK – Deutsch-Israelische Industrie- und Handelskammer (o.D.): Wirtschaft, https://israel.ahk.de/ueber-israel/wirtschaft, Zugriff 22.4.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 53 von 57

- DSZ – Die Süddeutsche Zeitung (13.11.2019): Abseits vom goldenen Schein, https://www.sueddeutsche.de/politik/israel-abseits-vom-goldenen-schein-1.4600116, Zugriff 22.4.2020 - Haaretz (25.7.2019): Things in Israel Are Expensive, So Why Are We Still Spending Like Crazy?, https://www.haaretz.com/israel-news/business/.premium-things-in-israel-are- expensive-but-we-re-still-spending-like-crazy-1.7571610, Zugriff 22.4.2020 - IN – Israel Netz (11.12.2019): Ein Viertel der Israelis lebt in Armut, https://www.israelnetz.com/gesellschaft-kultur/gesellschaft/2019/12/11/ein-viertel-der-israelis- lebt-in-armut/, Zugriff 22.4.2020 - Latet (13.2.2020): The Alternative Poverty Report 2019, https://www.latet.org.il/upload/files/15818616875e494b37b2cab143916.pdf, Zugriff 24.6.2020 - WKO – Wirtschaftskammer Österreich (2019): Länderreport Israel & Palästinensische Gebiete – Aussenwirtschaft Austria 2019, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/israel- palaestinensische-gebiete-laenderreport.pdf, Zugriff 22.4.2020 - WKO – Wirtschaftskammer Österreich (10.2019): Aussenwirtschaft – Wirtschaftsbericht Israel inkl. Palästinensische Gebiete, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/israel-und- palaestinensische-gebiete-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 22.4.2020 19.1. Die Lage der arabischen Bevölkerungsgruppe Im Jahr 2014 betrug der Anteil armer Familien in der arabischen Bevölkerung 52,5 Prozent. Somit sind 37,4 Prozent von Israels armer Bevölkerung arabisch, obwohl der arabische Bevölkerungsanteil bei etwa 20 Prozent liegt. Der Anteil armer jüdischer Familien lag im Jahr 2014 fast stabil bei 13,6 Prozent (TTI 15.12.2015). Die soziale Ungleichheit hat seit 2007 aufgrund höherer Beschäftigungsraten bei israelischen Arabern und Ultraorthodoxen leicht abgenommen, aber Armut ist in diesen benachteiligten Bevölkerungsgruppen weit verbreitet (WKO 10.2019; vgl. DSZ 13.9.2019). Araber haben eine niedrigere Lebenserwartung als Juden, eine höhere Kindersterblichkeitsrate und niedrigere Einkommen, insbesondere bei Personen mit höherer Bildung. Fast 50 Prozent der arabischen Israelis fallen unter die Armutsgrenze, verglichen mit 13 Prozent der Juden, obwohl diese Zahl eine Verbesserung in den letzten Jahren darstellt (BI 19.10.2018). Die tiefer liegenden Ursachen – neben aktuellen Gründen – für die Armut in der arabischen Bevölkerung sind die ungleiche Verteilung von Budgets und von Arbeitsplätzen sowie eine kulturelle Distanzierung und interne Probleme der arabischen Minderheit. Dies erschwert es Frauen, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen oder für arabische Familien dorthin zu ziehen, wo es Arbeit gibt. Es werden passende Arbeitsplätze für arabische Frauen benötigt, von denen nur 30 Prozent einem Beruf nachgehen. Ein Zugang zu hochwertigen Arbeitsplätzen für arabische ArbeiterInnen sowie eine Durchsetzung von Gesetzen gegen Diskriminierung sind nötig – ebenso mehr Budget für eine Verbesserung des [arabischsprachigen] Schulsystems. Industriezonen und staatliche Direktinvestitionen in den arabischen Gemeinden sind ebenfalls notwendig (TTI 15.12.2015; vgl. AHK o.D.). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 54 von 57

Arabische BürgerInnen Israels sind mit Diskriminierung in Bildung, Sozialleistungen und beim Zugang zu Unterkünften und Baugenehmigungen konfrontiert [Siehe auch Abschnitt in Minderheiten]. Abgesehen von den Drusen sind sie vom Wehrdienst befreit. Sie können sich freiwillig melden. Ohne Wehrdienstableistung qualifizieren sie sich nicht für damit verbundene Begünstigungen wie Stipendien und Wohnkredite. Mit der Verabschiedung des Nationalgesetzes im Juli 2018 verlor die arabische Sprache den Status einer Amtssprache und dem wird lediglich ein nicht näher definierter Sonderstatus zugeschrieben (FH 4.3.2020; vgl. HSS 23.10.2018; DZ 4.8.2018). Der Jewish National Fund besitzt 13 Prozent des Staatsgebiets und verpachtet nur an die jüdische Bevölkerung. Für jedes Stück Land, das ein arabischer Bieter erhält, bekommt der Fond von der Israel Land Authority eine Ersatzfläche (FH 4.3.2020). Viele der 230.000 Beduinen in Israel leben in Städten und Dörfern, die nicht staatlich anerkannt sind [siehe auch Abschnitt in Minderheiten]. Sie haben keinen Anspruch auf Sozialleistungen, in einigen Ortschaften gibt es kein Stromnetz. Die Beduinen haben keine offiziellen Landrechte, und die Regierung reißt regelmäßig die ungenehmigten Bauten ab (FH 4.3.2019; vgl. USDOS 11.3.2020). Am 28. Januar 2019 gaben die israelischen Behörden bekannt, dass 36.000 palästinensische BeduinInnen, die in "nicht anerkannten" Dörfern in der Negev-Wüste in Israel wohnten, in von der Regierung geplante Wohngebiete umgesiedelt werden sollen. Israel weigerte sich, diese palästinensischen Dörfer als rechtens anzuerkennen und sie mit kommunalen Dienstleistungen zu versorgen. Im Dezember zerstörten die israelischen Behörden das palästinensische Beduinendorf al-Araqib zum 169. Mal (AI 18.2.2020). Quellen: - AI – Amnesty International (18.2.2020): Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019; Israel und besetzte Palästinensische Gebiete, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026067.html, Zugriff 22.4.2020 - BI – Business Insider (19.10.2018): A walk through Israel's poorest village made it very clear that one of the country's biggest issues is one no one talks about, https://www.businessinsider.com/israel-news-biggest-problem-poor-economic-situation-arab- minority-2018-10?r=DE&IR=T, Zugriff 22.4.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - DZ – Die Zeit (4.8.2018): Israelis demonstrieren gegen „Nationalgesetz“, https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-08/tel-aviv-israel-nationalitaetsgesetz-drusen- netanjahu, Zugriff 22.4.2020 - HSS – Hanns Seidel Stiftung (23.10.2018): Interview zum israelischen Nationalgesetz – Demokratie unter Beschluss, https://www.hss.de/news/detail/demokratie-unter-beschuss- news3759/, Zugriff 22.4.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 55 von 57

- TTI – The Times of Israel (15.12.2015): The high price of ignoring poverty, https://blogs.timesofisrael.com/the-high-price-of-ignoring-poverty/, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 20. Medizinische Versorgung Anm.: Der Abschnitt berücksichtigt nicht etwaige Auswirkungen der Corona-Krise auf das Gesundheitssystem in Israel. Das Versorgungsniveau in Israel ist gut bis sehr gut, die Notfallversorgung und Entbindungen erfolgen ausschließlich im dafür bestens etablierten staatlichen Gesundheitssystem (AA 17.4.2020). Ein Bericht im Mai 2017 des staatlichen Rechnungsprüfers kritisierte die getrennte Unterbringung von jüdischen und arabischen Frauen in Geburtsabteilungen der Krankenhäuser. Demnach ist dies mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar, auch wenn der Wunsch der Patientinnen oder wenn „kulturelle Überlegungen“ vorliegen (USDOS 20.4.2018). In Relation ist der Gesundheitszustand der arabischen Bevölkerung schlechter und verdeutlicht das Versagen, ihre Diskriminierung zu beenden und für Gleichheit zu sorgen. Dem Vorsitzenden der „Society for Health Promotion in the Arab Community“ zufolge liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei der jüdischen Bevölkerung bei 82 Jahren, während diese bei der arabischen 79 Jahre beträgt. Jüdische Frauen werden durchschnittlich 84,5 Jahre alt, arabische Frauen 80,9 Jahre. Durchschnittlich sterben 6,1 arabische Neugeborene pro 1.000 Geburten, während es nur 2,2 bei jüdischen Babys sind. Bei Babys aus Beduinenfamilien liegt die Sterberate bei 11,1 pro 1.000 Geburten (AL-Monitor 16.7.2018). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt (17.4.2020): Israel – Reise und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/israelsicherheit/203814#content_0, Zugriff 22.4.2020 - AL-Monitor (Mualem, Mazal) (16.7.2018): Knesset hears data on Israel’s Arab-Jewish health gap, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2018/07/israel-arabs-ahmed-tibi-public-health- weapons-education.html, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Israel and the Golan Heights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430355.html, Zugriff 22.4.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 56 von 57
