jeme-lib-2025-05-14-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Ein Bericht der NGO Mwatana vom März 2023 dokumentierte die Rekrutierung und den Einsatz von insgesamt 3.402 Kindersoldaten, die zwischen 2015 und März 2023 rekrutiert wurden, davon 552 durch Regierungstruppen, 284 durch die von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten angeführten Koalitionstruppen und 2.566 durch die Huthi (USDOS 24.6.2024). Die Vereinten Nationen sprechen von über 4.000 Kindern, die rekrutiert und als Soldaten eingesetzt wurden (UNICEF 23.3.2023; vgl. HRW 16,1,2025). Sowohl die Regierung als auch die Huthi versprachen, bzw. unterzeichneten Pläne die Rekrutierung und den Einsatz von Kindersoldaten zu beenden. Die Huthi-Führung hatte dies bereits 2012 versprochen und zu Beginn der Waffenruhe 2022 einen entsprechenden Plan mit den Vereinten Nationen unterzeichnet (CIA 24.4.2025). Die Regierung der Republik Jemen (ROYG) unterzeichnete 2014 einen entsprechenden Aktionsplan der Vereinten Nationen (CIA 24.4.2025; vgl. USDOS 24.6.2024). 2018 wurde ein Fahrplan zur Umsetzung vereinbart und die Bemühung zur Durchführung fortgesetzt. Es werden Kinderschutzabteilungen in allen Militärregionen eingerichtet und durch Feldbesuche sowohl Richtlinien zum Verbot der Rekrutierung von Kindern verbreitet als auch überprüft, dass keine Kinder in den Reihen des Militärs dienen. Kindersoldaten sollen durch psychosoziale und pädagogische Unterstützung wieder in die Gesellschaft integriert werden. Ressourcenengpässe verhindern jedoch die vollständige Umsetzung dieses Vorhabens (USDOS 24.6.2024). Die Rekrutierung von Kindersoldaten durch die Huthi und regierungsnahe Kräfte erfolgte teils mit Wissen oder Zustimmung der Familien. In Manchen Fällen erfolgt die Rekrutierung im Austausch für materielle oder finanzielle Unterstützung, in anderen durch Zwangsmaßnahmen und Erpressung bis hin zur Entführung, insbesondere durch die Huthi (USDOS 24.6.2024). Berichten zufolge führten die Huthi Rekrutierung von Kindern in "Sommerlagern" durch (MBZ 9.2023; vgl. USDOS 24.6.2024), in denen sie militärischer Propaganda und Ausbildung ausgesetzt wurden. 2023 sollen mehr als eine Million jemenitische Kinder aus den von den Huthi kontrollierten Gebieten an solchen Sommerlagern teilgenommen haben (USDOS 24.6.2024). Kinder wurden von den Konfliktparteien wegen angeblicher Verbindungen zu bewaffneten Gruppen festgenommen (USDOS 24.6.2024). (Anm.: Informationen zur Todesstrafe für Minderjährige, siehe Kapitel "Todesstrafe") Quellen: - BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Yemen, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105820/country_report_2024_YEM.pdf, Zugriff 29.4.2025 - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (24.4.2025): World Factbook, Middle East, Yemen, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/yemen, Zugriff 24.4.2025 - ECDHR - European Centre for Democracy and Human Rights (4.2.2025): Increased Sexual Violence and Child Marriage Due to Instability in Yemen, https://www.ecdhr.org/increased- sexual-violence-and-child-marriage-due-to-instability-in-yemen/, Zugriff 29.4.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 31 von 41

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- USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2107612.html, Zugriff 24.4.2025 14. Bewegungsfreiheit Die Freizügigkeit im Inland, Auslandsreisen, Auswanderung und Repatriierung sind gesetzlich vorgesehen. Diese Rechte werden jedoch von den Konfliktparteien häufig nicht respektiert (USDOS 23.4.2024), die die Bewegungsfreiheit im Land einschränken (AI 24.4.2024). Regierungsnahe Kräfte, die Huthi und Stammeskräfte unterhalten Kontrollpunkte an den wichtigsten Straßen. Reisende können körperlicher Belästigung, Erpressung, Diebstahl oder kurzfristigen Entführungen zur Erpressung von Lösegeld ausgesetzt werden. Auch konfliktbedingte Schäden an Infrastruktur wie Straßen und Brücken behinderten den Waren- und Personenverkehr im ganzen Land und erschwerten die Lieferung humanitärer Hilfe und kommerzieller Güter (USDOS 23.4.2024). Auch die Lieferung von Hilfsgütern ist von den Bewegungseinschränkungen betroffen, unter anderem durch bürokratische Hindernisse und Einmischungen in die Hilfsprojekte (AI 24.4.2024). In den von den Huthi kontrollierten Gebieten werden Frauen durch Mahram- (Vormundschafts-)Vorschriften zusätzlich in ihrer Bewegungsfreiheit behindert (Anm.: Siehe dazu das Kapitel "Frauen"). Quellen: - AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Yemen 2023, https://www.ecoi.net/en/document/2107912.html, Zugriff 24.4.2025 - FH - Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2115563.html, Zugriff 24.4.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2107612.html, Zugriff 24.4.2025 14.1. Meldewesen und Dokumente Die jemenitischen Meldebehörden verfügen nicht über Register, die ein vollständiges Bild der Bevölkerung vermitteln. Die meisten Geburten und Sterbefälle werden nicht rechtzeitig erfasst (Landinfo 27.6.2022). Es gibt keine allgemeine Geburtenregistrierung. Viele Eltern, insbesondere in ländlichen Gebieten, registrieren ihre Kinder nie oder erst mehrere Jahre nach der Geburt (USDOS 23.4.2024). Im Allgemeinen werden Geburten in den südlichen Gouvernements häufiger registriert als in den nördlichen Gouvernements. Ebenso sind Geburtenregistrierungen und der Besitz von Ausweispapieren in städtischen Gebieten weiter verbreitet als in ländlichen Gebieten (Landinfo 27.6.2022). Nur etwa 17 % der Jemeniten verfügen über eine Geburtsurkunde (BS 19.3.2024). Die Vorschrift, dass Kinder eine Geburtsurkunde vorlegen müssen, um sich für die Schule anzumelden, werden nicht überall durchgesetzt. Die fehlende Geburtenregistrierung führt Berichten zufolge dazu, dass Gerichte Jugendliche wie Erwachsene verurteilen würden, auch für .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 33 von 41

Straftaten, die mit der Todesstrafe geahndet werden können. Das Fehlen einer Geburtsurkunde schränkt den Zugang zu anderen staatlichen Dokumenten ein (USDOS 23.4.2024). Ein relativ großer Teil der Bevölkerung besitzt keine Ausweispapiere (Landinfo 27.6.2022). Nachdem die Huthi-Bewegung in Sana’a eingedrungen war und die Kontrolle über mehrere Standesämter und Passämter im Norden übernommen hatte, stellten die von ihr kontrollierten Ämter weiterhin zivile Dokumente, Personalausweise und Pässe aus. Die international anerkannte Regierung akzeptiert zivile Dokumente und Personalausweise, die in den von den Huthi kontrollierten Gebieten ausgestellt wurden, erkennt jedoch die so genannten Huthi-Pässe nicht als legale Reisedokumente an (Landinfo 27.6.2022). Quellen: - BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Yemen, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105820/country_report_2024_YEM.pdf, Zugriff 29.4.2025 - Landinfo - Norwegian Country of Origin Information Centre [Norwegen] (27.6.2022): Jemen: Sivilregister, identitetsdokumenter og pass, https://www.ecoi.net/en/file/local/2075765/Jemen- temanotat-Sivilregister-identitetsdokumenter-og-pass-Oppdatering-27062022.pdf, Zugriff 29.4.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2107612.html, Zugriff 24.4.2025 15. Binnenvertriebene (IDPs) und Flüchtlinge Schätzungen der Binnenvertriebenen (IDPs) im Jemen liegen zwischen 4,3 bis 4,8 Millionen (FH 2025; vgl. UNICEF 23.3.2025, OCHA 15.1.2025). Rund 1,9 Millionen IDPs leben in rund 2.290 Lagern, von denen 40 % einem hohen Risiko für Brände und/oder Überschwemmungen ausgesetzt sind (OCHA 15.1.2025). Im Jahr 2023 wurden landesweit etwa 276.000 konflikt- und gewaltbedingte Neuvertreibungen registriert (IDMC 11.5.2023; vgl. USDOS 23.4.2024), sowie 171.000 Vertreibungen durch Naturkatastrophen, wie Überschwemmungen (IDMC 11.5.2023). Zwischen Jänner und August 2023 waren laut dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen 109.830 Menschen von klimabedingter Vertreibung betroffen (AI 24.4.2024). Bei Überschwemmungen im Jahr 2024, die 400 Todesopfer forderten und die kritische Infrastruktur in Hajjah, Hodeida, Ta’iz und den Bezirken an der Westküste schwer beschädigten, sollen gar 900.000 Menschen vertrieben worden sein (WHO 16.1.2025). Oftmals handelte es sich um Sekundärvertreibung von Personen, die bereits vor Konflikten geflohen waren und unter prekären Bedingungen lebten (IDMC 11.5.2023). Kriegsrelikte, wie Landminen und explosive Kampfmittelrückstände sind nach wie vor eine der Hauptursachen für zivile Opfer und führen weiterhin zu Vertreibungen (HRW 16.1.2025). Trotz einer deutlichen Verringerung der Konflikte und der Zahl der Vertriebenen im Jemen nach einer Waffenruhe im April 2023 hat sich die humanitäre Krise im Land nicht entspannt. Einige IDPs haben versucht heimzukehren, aber ihre Aussichten sind aufgrund der Gefahr erneuter Gewalt und fehlender Existenzgrundlagen begrenzt (IDMC 11.5.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 34 von 41

Migranten und Flüchtlinge, die vor Krieg und Armut am Horn von Afrika fliehen, kommen weiterhin im Jemen an. Viele von ihnen suchen Arbeit in den Staaten am Persischen Golf, sind jedoch im Jemen mit harten Bedingungen, Gewalt und Hindernissen für die Weiterreise konfrontiert. Im Jahr 2024 sollen saudische Grenzsoldaten weiterhin äthiopische und jemenitische Migranten und Asylsuchende getötet haben, die versuchten, aus dem Jemen zu fliehen. Dieses Vorgehen wurde erstmals 2023 umfassend berichtet. Auch für IDPs im Jemen, von denen die meisten unqualifizierte Tätigkeiten in der informellen Wirtschaft verrichten, mangelt es an wirksamen rechtlichen Schutzmaßnahmen und grundlegender Versorgung (FH 2025). Der Krieg hat das Risiko von Menschenhandel erhöht. Migranten, Flüchtlinge und IDPs sind besonders gefährdet, ausgebeutet zu werden (FH 2025). Es gibt im Jemen keine gesetzlichen Mechanismen für die Gewährung von Asyl oder einen Flüchtlingsstatus. Durch das UNHCR festgestellte Flüchtlingsstatus garantieren den Betroffenen keinen rechtlichen Schutz. Für somalische Staatsangehörige hat die Regierung einen Prima-facie- Status (bis auf Widerruf) gewährt. Nach Angaben des UNHCR wurden Asylsuchende in den von den Huthi kontrollierten Gebieten im Norden des Landes nicht registriert (USDOS 23.4.2024). Humanitäre Versorgung durch Hilfsorganisationen wird durch Einschränkungen der Bewegungsfreiheit behindert (siehe Kapitel "Bewegungsfreiheit"). Quellen: - AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Yemen 2023, https://www.ecoi.net/en/document/2107912.html, Zugriff 24.4.2025 - FH - Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2115563.html, Zugriff 24.4.2025 - HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2120133.html, Zugriff 24.4.2025 - IDMC - Internal Displacemet Monitoring Center (11.5.2023): Grid 2023, https://api.internal- displacement.org/sites/default/files/publications/documents/ IDMC_GRID_2023_Global_Report_on_Internal_Displacement_LR.pdf? _gl=1*1eick9z*_ga*MTAyOTQ3NTIwNC4xNzQ2MDEwNzky*_ga_PKVS5L6N8V*MTc0NjAxMD c5MS4xLjEuMTc0NjAxMDk1OC42MC4wLjA., Zugriff 30.4.2025 - OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (15.1.2025): Yemen Humanitarian Needs and Response Plan, https://www.unocha.org/publications/report/yemen/yemen-humanitarian-needs-and-response- plan-2025-january-2025, Zugriff 5.5.2025 - UNICEF - United Nations International Children's Emergency Fund (23.3.2025): Yemen crisis, https://www.unicef.org/emergencies/yemen-crisis#:~:text=Yemen%20remains%20one%20of %20the,more%20forms%20of%20humanitarian%20assistance, Zugriff 28.4.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2107612.html, Zugriff 24.4.2025 - WHO - World Health Organization (16.1.2025): Yemen: WHO Health Emergency Appeal 2025, https://cdn.who.int/media/docs/default-source/documents/emergencies/2025-appeals/2025- hea-yemen.pdf?sfvrsn=11094277_5&download=true, Zugriff 5.5.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 35 von 41

16. Grundversorgung und Wirtschaft Der Jemen hat 1987 den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziert, der den gleichberechtigten Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen garantiert. Obwohl der Staat diese Dienstleistungen nie angemessen bereitstellen konnte, sind sie in vielen Bereichen mittlerweile vollständig unzugänglich. Nachdem der Jemen 2014 im Human Development Index (HDI) Platz 154 (von 187 Ländern) erreicht hatte, fiel er 2015 auf Platz 160 (von 188) und 2021/22 weiter auf Platz 183 (von 191) zurück (BS 19.3.2024). 2022/2023 fiel Yemen auf Platz 186 (von 193) (UNDP 11.4.2024). Die Mehrheit der Jemeniten lebt in Armut. Die Armutsrate ist seit 2014, als sie bei 49 % lag drastisch gestiegen. Die Weltbank schätzt, dass an die 74 % in Armut leben (WB 2.2024). Einer Umfrage des Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) vom Dezember 2023 zufolge lebten mehr als 82,7 % der Befragten in Armut. Die Armutsrate war in ländlichen Regionen mit 89,4% höher als in Städten mit 68,9 %. Die höchsten Armutsraten wurden in den Gouvernements Ad Dali und Al Bayda festgestellt (UNDP 12.2023). Die Arbeitslosigkeit lag 2022 bei ca. 13,6 % (BS 19.3.2024). Während die Arbeitslosigkeit zwischen 2021 und 2023 zurückgegangen ist, hat die informelle Beschäftigung zugenommen. Die Arbeitsbedingungen, Löhne und die Kaufkraft der jemenitischen Bevölkerung haben sich verschlechtert und sind nach wie vor schlecht. Einige Gehälter im öffentlichen Dienst wurden seit Jahren nicht mehr gezahlt, insbesondere in den von den Huthi kontrollierten Gebieten (UKHO 3.2025). Das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) zufolge benötigen mit Stand Ende 2024 19,5 Millionen Personen Unterstützung (OCHA 12.2024). Ernährungssicherheit: Der Jemen ist Schauplatz einer der weltweit größten humanitären Krisen. Nach Angaben von UN-Organisationen benötigen mindestens 80 % der Bevölkerung humanitäre Hilfe (BS 19.3.2024). Seit September 2023 gibt die Ernährungssicherheit im Jemen zunehmend Anlass zur Sorge (ACAPS 28.3.2024). Das Aussetzen der Nahrungsmittelhilfe des World Food Programmes (WFP) aufgrund von Finanzierungsengpässen Ende 2023 in den von den Huthi kontrollierten Gebieten (WFP 5.12.2023; vgl. ACAPS 28.3.2024, WB 2.2024), hat dort für eine Verschlechterung der ohnehin schon prekären Ernährungssicherheit gesorgt (ACAPS 28.3.2024). Rund 17,1 Millionen Jemeniten (rund 49 % der Bevölkerung, 55 % der jemenitischen Kinder) sind von Ernährungsunsicherheit betroffen (OCHA 15.1.2025). Fast die Hälfte der Haushalte hat Schwierigkeiten, ihren Grundnahrungsbedarf zu decken. Bis Ende 2024 waren schätzungsweise über 220.000 schwangere und stillende Frauen und 600.000 Kinder unterernährt, darunter 120.000 Kinder mit schwerer akuter Unterernährung – ein Anstieg von 34 % gegenüber 2023 (WHO 16.1.2025). Eine aktuelle IPC-Analyse ergab, dass von Oktober 2023 bis Februar 2024 etwa 4,56 Millionen Menschen von erheblicher akuter Ernährungsunsicherheit betroffen waren und in die Krisenstufe (IPC-Phase 3, rund 3,28 Millionen Einwohner, bzw. 32 %) und Notstandsstufe (IPC- .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 36 von 41

Phase 4, rund 1,28 Millionen Einwohner, bzw. 13 %) fielen. Dies entspricht 45 % der Bevölkerung in den von der jemenitischen Regierung kontrollierten Gebieten. Für die von den Huthi kontrollierten Gebieten liegen keine Daten vor, da hier die Lebensmittelhilfe ausgesetzt wurde (IPC 5.2.2024; vgl. ACAPS 28.3.2024). Zwischen Januar 2022 und Dezember 2024 wurden insgesamt fast 35.500 unterernährte Kinder in Einrichtungen aufgenommen und behandelt, die von der NGO Ärzte ohne Grenzen (MSF) unterstützt werden. 2023 waren es fast 14.000 Kinder und 2024 über 13.500. Nicht inkludiert sind hier mehrere Tausend Kinder die von MSF ambulant behandelt wurden, also ohne Krankenhausaufenthalt. Als Folge des der hohen Nachfrage nach Unterernährungsversorgung im Norden Jemens hat MSF seine Ernährungsprogramme ausgeweitet (MSF 3.2025). Abb. 2: Einstufung der Ernährungssicherheit (Quelle: ICP 5.2.2024) Abbildung 2: Einstufung der Ernährungssicherheit (Quelle: ICP 5.2.2024) Extreme Wetterbedingungen in ganz Jemen, darunter starke Regenfälle und Überschwemmungen, haben die Unsicherheit der Lebensmittelversorgung und der Lebensgrundlagen verschärft, besonders in den Gouvernements Ma'rib, Ta'iz und Ibb (AI 24.4.2024). Etwa 70 % der Lebensmittel im Jemen werden importiert, darunter 97 % der Getreideprodukte. Importierte Lebensmittel machen 83 % der durchschnittlichen Ernährung eines Einwohners aus. Obwohl die Lebensmittelpreise derzeit stabil sind, macht die Abhängigkeit des Jemen von importierten Lebensmitteln die Bevölkerung sehr anfällig für Preisschwankungen (ACAPS 28.3.2024). Laut .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 37 von 41

Oxfam kaufen 40 % der Haushalte Lebensmittel oder Medikamente auf Kredit (BS 19.3.2024). Die Angriffe der Konfliktparteien auf die Wasser- und Nahrungsmittelinfrastruktur sowie die Einsatz von Wasser als Waffe haben besonders auf Kinder schädliche Auswirkungen (HRW 16.1.2025). Rund 17 Millionen Jemeniten haben keinen Zugang zu ausreichend sauberem Wasser um ihren Tagesbedarf zu decken (OCHA 15.1.2025). Quellen: - ACAPS - Assessment Capacities Project (28.3.2024): Yemen: Social impact monitoring project report - October 2023 to February 2024, https://www.acaps.org/fileadmin/Data_Product/Main_media/20240328_ACAPS_Yemen_analysi s_hub_Social_Impact_Monitoring_Report__Oct_2023_-_Feb_2024_01.pdf, Zugriff 30.4.2025 - AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Yemen 2023, https://www.ecoi.net/en/document/2107912.html, Zugriff 24.4.2025 - BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Yemen, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105820/country_report_2024_YEM.pdf, Zugriff 29.4.2025 - HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2120133.html, Zugriff 24.4.2025 - IPC - Integrated Food Security Phase Classification (5.2.2024): Yemen, https://www.ipcinfo.org/fileadmin/user_upload/ipcinfo/docs/IPC_Yemen_Food_Security_Update _Oct2023Feb2024_Report_English.pdf, Zugriff 30.4.2025 - MSF - Reporter ohne Grenzen (3.2025): Yemen’s rising tide of malnutrition (3.2025): https://www.aerzte-ohne-grenzen.at/sites/default/files/2025-03/final_en_full_report_yemen_risin g_tide_of_malnutrition_2025_1.pdf, Zugriff 2.5.2025 - OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (12.2024): Global Humanitarian Overview 2025, https://www.unocha.org/attachments/5546d7d3-654f-4962-91be- 0e0b8708dda6/Global%20Humanitarian%20Overview%202025.pdf, Zugriff 5.5.2025 - OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (15.1.2025): Yemen Humanitarian Needs and Response Plan, https://www.unocha.org/publications/report/yemen/yemen-humanitarian-needs-and-response- plan-2025-january-2025, Zugriff 5.5.2025 - UKHO - United Kingdom Home Office [Vereinigtes Königreich] (3.2025): Country Policy and Information Note, Yemen: Humanitarian situation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2123699/YEM+CPIN+Humanitarian+situation.pdf, Zugriff 30.4.2025 - UNDP - United Nations Development Programme (11.4.2024): Human Development Report 2023-2024, https://www.undp.org/yemen/publications/measuring-multidimensional-poverty- yemen, Zugriff 2.5.2025 - UNDP - United Nations Development Programme (12.2023): Measuring Multidimensional Poverty in Yemen, https://www.undp.org/yemen/publications/measuring-multidimensional- poverty-yemen, Zugriff 2.5.2025 - WB - World Bank (2.2024): Yemen Poverty and Equity Assessment 2024, https://documents1.worldbank.org/curated/en/099030424081530447/pdf/ P17919414df5860011a33814c87a62dce86.pdf, Zugriff 2.5.2025 - WFP - World Food Programme (5.12.2023): WFP pauses food distributions in northern areas of Yemen, https://www.wfp.org/news/wfp-pauses-food-distributions-northern-areas-yemen, Zugriff 30.4.2025 - WHO - World Health Organization (16.1.2025): Yemen: WHO Health Emergency Appeal 2025, https://cdn.who.int/media/docs/default-source/documents/emergencies/2025-appeals/2025- hea-yemen.pdf?sfvrsn=11094277_5&download=true, Zugriff 5.5.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 38 von 41

17. Medizinische Versorgung Sowohl die Huthi als auch die jemenitische Regierung sollen in den letzten Jahren Daten zum Gesundheitswesen zurückgehalten haben (FH 2025). Die Konfliktparteien haben Krankenhäuser angegriffen und damit die Gesundheitsversorgung beeinträchtigt (HRW 16.1.2025). Es kam zu konfliktbedingten Beschädigungen und Schließungen von Krankenhäusern, was den Zugang zu Gesundheitsdiensten beeinträchtigt (UNICEF 23.3.2025). In fast einem Fünftel der 333 Bezirke des Landes gibt es keine Ärzte (MSF 3.2025). Weniger als die Hälfte der Krankenhäuser im Jemen sind noch funktionsfähig (UNFPA 1.2023). Berichten zufolge sind zwischen 40 % und 46 % aller Gesundheitseinrichtungen im Jemen nur teilweise funktionsfähig oder vollständig außer Betrieb (OCHA 15.1.2025; vgl. MSF 3.2025). Eine WHO- Untersuchung ergab, dass nur etwa 38 % der untersuchten Gesundheitseinrichtungen teilweise funktionsfähig waren, 5 % vollständig außer Betrieb (WHO 16.1.2025). Die bestehenden Gesundheitseinrichtungen leiden unter einem Mangel an finanziellen Investitionen, unbezahlten Gehältern (MSF 3.2025), einem Mangel an qualifiziertem Gesundheitspersonal, und einem Mangel an grundlegender medizinischer Ausrüstung, Medikamenten und Verbrauchsmaterialien (MSF 3.2025; vgl. UNFPA 1.2023). Der Jemen hat eine der höchsten Müttersterblichkeitsratenweltweit. Sechs von zehn Geburten finden ohne eine ausgebildete Hebamme statt, was das Risiko von Komplikationen und Todesfällen erhöht (MSF 3.2025). Gesundheitsdienste für Mütter und Kinder werden nur von etwa 20 % der funktionsfähigen Gesundheitseinrichtungen angeboten (MSF 3.2025; vgl UNFPA 1.2023). In 19 von 22 Gouvernements herrscht ein gravierender Mangel an Entbindungsbetten, indem weniger als sechs Betten pro 10.000 Einwohner zur Verfügung stehen, was weniger als der Hälfte des Standards der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entspricht. Darüber hinaus leben schätzungsweise 42 % der Bevölkerung des Jemen mehr als eine Stunde von dem nächstgelegenen vollständig oder teilweise funktionsfähigen öffentlichen Krankenhaus entfernt (UNFPA 1.2023). Patienten müssen in der Regel für die medizinische Grundversorgung selbst aufkommen und oft drastisch erhöhte Kosten für spezialisierte sekundäre Gesundheitsdienstleistungen tragen, wie sie beispielsweise in Intensivstationen und bei längeren Krankenhausaufenthalten anfallen (MSF 3.2025). Der Jemen ist mit weit verbreiteten Ausbrüchen von durch Impfungen vermeidbaren Krankheiten konfrontiert, darunter zirkulierende impfstoffabgeleitete Polioviren vom Typ 2 (cVDPV2), akute wässrige Diarrhoe (AWD)/Cholera, Masern, Diphtherie und Malaria, deren Ausmaße durch niedrige Impfraten und Fehlinformationen verschlimmert werden (WHO 16.1.2025). In den Jahren 2023 und 2024 kam es im Jemen zu einem besonders starken Ausbrüchen der akuten wässrigen Diarrhoe und der Cholera (MSF 3.2025). Im Jahr 2024 wurden bis zum 1. Dezember einerseits über 249.900 Verdachtsfälle von Cholera gemeldet, davon 861 mit Todesfolge (35 % der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 39 von 41

weltweiten Cholera-Fälle), andererseits 38.998 Verdachtsfälle von Masern gemeldet, darunter 328 Todesfälle. Fast 75 % der Fälle wurden in den nördlichen Gouvernements gemeldet. Auch Malaria und Dengue-Fieber sind nach wie vor weit verbreitet (WHO 16.1.2025). Quellen: - FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Yemen, https://freedomhouse.org/country/yemen/freedom-world/2025, Zugriff 29.4.2025 - HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2120133.html, Zugriff 24.4.2025 - MSF - Reporter ohne Grenzen (3.2025): Yemen’s rising tide of malnutrition (3.2025): https://www.aerzte-ohne-grenzen.at/sites/default/files/2025-03/final_en_full_report_yemen_risin g_tide_of_malnutrition_2025_1.pdf, Zugriff 2.5.2025 - OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (15.1.2025): Yemen Humanitarian Needs and Response Plan, https://www.unocha.org/publications/report/yemen/yemen-humanitarian-needs-and-response- plan-2025-january-2025, Zugriff 5.5.2025 - UNFPA - United Nations Population Fund (1.2023): 2023 UNFPA Humanitarian Response in Yemen, https://yemen.unfpa.org/sites/default/files/pub-pdf/2023_unfpa_yemen_humanitarian_response _brochure_-_english_.pdf, Zugriff 2.5.2025 - UNICEF - United Nations International Children's Emergency Fund (23.3.2025): Yemen crisis, https://www.unicef.org/emergencies/yemen-crisis#:~:text=Yemen%20remains%20one%20of %20the,more%20forms%20of%20humanitarian%20assistance, Zugriff 28.4.2025 - WHO - World Health Organization (16.1.2025): Yemen: WHO Health Emergency Appeal 2025, https://cdn.who.int/media/docs/default-source/documents/emergencies/2025-appeals/2025- hea-yemen.pdf?sfvrsn=11094277_5&download=true, Zugriff 5.5.2025 18. Rückkehr Es liegen kaum konkrete Informationen über gescheitere Rückkehrversuche von Asylsuchenden aus Europa oder anderen westlichen Ländern in den Jemen vor. Das UNHCR hat keinen Zugang zu relevanten Daten (wie Zahlen, Herkunft oder Aufnahmebedingungen bei der Rückkehr). Darüber hinaus wurden keine Informationen zu konkreten Umständen (wie Sicherheit oder Art und Motiv der Ausreise der zurückkehrenden Jemeniten) gefunden (MBZ 9.2023). Im Jahr 2024 wurden 49.623 jemenitische Rückkehrer, überwiegend Männer (96 %) durch IOM verzeichnet. Davon hatten nur 1.580 Reisedokumente. Als vulnerabel wurden unter den Rückkehrern 62 unbegleitete Minderjährige verzeichnet, 23 Personen im Alter über 60, elf Kinder unter fünf Jahren sowie eine schwangere/säugende Frau (IOM 15.1.2025). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 40 von 41
