keni-lib-2023-08-09-ke

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4. Sicherheitslage
Grundsätzlich hat der kenianische Staat das Gewaltmonopol im Land inne, welches jedoch nicht
immer und nicht in vollem Umfang auf dem gesamten Staatsgebiet ausgeübt wird. Besonders in
den  ausgedehnten,  spärlich  besiedelten  Trocken-  und  Halbtrockengebieten  des  Nordens  und
Nordostens ist die staatliche und polizeiliche Präsenz gering, während es häufig sowohl an der
Fähigkeit als auch am Willen zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung fehlt (BS 2022). 
Im ganzen Land bestehen  große politische und soziale Spannungen.  Sie können jederzeit zu
Demonstrationen,  Straßenblockaden  und  Gewaltausbrüchen  führen.  Das  Risiko,  dass  es  zu
gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt ist groß (EDA 18.7.2023). Seit dem 20.3.2023 kam es
in verschiedenen Landesteilen Kenias zu Demonstrationen seitens der Oppositionspartei „Azimio“
gegen die kenianische Regierung, letztmalig am 12.7.2023 mit Plünderungen und erheblichen
Sachbeschädigungen.  Die  kenianischen  Sicherheitskräfte  gingen  mit  Tränengas  gegen  die
Demonstranten vor. Es kam zu über 300 Festnahmen (AA 28.7.2023). Unbestätigten Meldungen
zufolge kam es unter den Demonstranten zu sieben Todesopfern in unterschiedlichen Landesteilen
(AA 28.7.2023;  vgl.  EDA 18.7.2023).  Betroffen  waren  am  12.7.2023  vor  allem  die  südlichen
Counties (AA 28.7.2023).
In  Kenia  besteht  eine  erhöhte  Gefahr  terroristischer  Anschläge  (AA  28.7.2023;  vgl.  FCDO
4.8.2023a).  Gemäß  dem  alljährlich  erscheinenden  Global  Terrorism  Index  (GTI),  der  die
Auswirkungen von Terrorismus auf ein Land misst, belegt Kenia 2023 wie im Vorjahr den 20. Platz,
gleichbedeutend mit einem hohen Risiko (IEP 3.2023).
Weiterhin stellen die in Somalia ansässige [Anm.: al-Qaida nahestehende] Miliz al-Shabaab und
ihren kenianischen Sympathisanten die größte terroristische Bedrohung dar (GW 26.4.2022; vgl.
FCDO 4.8.2023a). Die somalische Al-Shabaab-Terrororganisation hat mit Vergeltungsaktionen als
Reaktion  auf  die  Beteiligung  der  kenianischen  Streitkräfte  an  der  ATMIS-Mission  (ehemals
AMISOM-Mission) in Somalia gedroht. Mehrere Anschläge und eine Reihe vereitelter Anschläge
haben die Entschlossenheit der Terroristen unter Beweis gestellt. So erfolgte 2019 ein Anschlag
auf den DusitD2-Hotel- und Bürokomplex; 2020 ein Selbstmordanschlag auf ein kenianisches
Militärlager  in  der  Provinz  Lamu.  Regierungsgebäude,  Hotels,  Bars  und  Restaurants,
Einkaufszentren,  kirchliche  Einrichtungen,  öffentliche  Verkehrsmittel  wie  Busse,  Kleinbusse,
Fähren, Flughäfen und andere stark frequentierte Einrichtungen zählen zu den Orten mit erhöhter
Gefährdung (AA 28.7.2023; vgl. FCDO 4.8.2023a). Auch der IS in Kenia dürfte am Erstarken sein
(FCDO 4.8.2023a). 
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Im Allgemeinen haben sich die Aktivitäten von al-Shabaab in Kenia während 2022 ausgeweitet.
Die  NGO  ACLED  (Armed  Conflict  Location  and  Event  Data  Project)  registriert  einen  66-
prozentigen Anstieg der politischen Gewalttaten, an denen die Miliz beteiligt war, im Vergleich zu
2021 (ACLED 2.3.2023). In Todeszahlen bedeutet das einen Anstieg von 43 zu 51 Toten im Jahr
2022, die meisten davon wiederum im County Mandera (IEP 3.2023). Die neue Regierung Kenias
unter Ruto geht weiterhin gegen al-Shabaab vor. Das kenianische Militär ist nicht nur im eigenen
Land gegen die islamistische Miliz aktiv, sondern beteiligt sich auch an der ATMIS-Mission [Anm.:
ehemals AMISOM-Mission] in Somalia (ACLED 2.3.2023; vgl. CIA 16.5.2023). Als Reaktion auf
diese Beteiligung hat al-Shabaab mit Vergeltungsaktionen gedroht (AA 28.7.2023).
In ländlichen Teilen Kenias können Spannungen zwischen Gemeinschaften aufgrund ethnischer
Zugehörigkeit und Ressourcenzugangs zu sporadischen Zusammenstößen führen, welche durch
die weit verbreitete Verfügbarkeit von Schusswaffen noch verschärft werden (GW 26.4.2022; vgl.
ACLED  2.3.2023).  Insbesondere  sogenannte  Hirtenmilizen  und  deren  Aktivitäten  stellen  eine
Sicherheitsbedrohung dar: 2022 wurden 170 Fälle politischer Gewalt,  an denen Hirtenmilizen
beteiligt waren und welche insgesamt 193 Todesopfer - vornehmlich Zivilisten - forderten, von
ACLED verzeichnet (ACLED 2.3.2023). 
Polizei und paramilitärische Kräfte verfolgen aktuell verstärkt bewaffnete Banden, die sich im
Norden  des  Landes  in  schwierigem  Gelände,  abgelegenen  Schluchten,  Hügeln  und  Wäldern
zurückgezogen haben (AA 28.7.2023).
2012 einigten sich Kenia und Äthiopien ihre gemeinsame Grenze neu festzulegen. 2021 sprach
der Internationale Gerichtshof (IGH) Somalia ein umstrittenes Meeresgebiet zu; Kenia erkennt
diese Entscheidung nicht an. Zwei Drittel der Grenze zwischen Kenia und dem Südsudan, das
sogenannte Ilemi-Dreieck, ist bis heute umstritten, wird aber von Kenia verwaltet. Die beiden
Länder einigten sich 2019 auf einen gemeinsamen Demarkationsprozess binnen 90 Tagen, wobei
dieser ob fehlender Mittel noch nicht einsetzte. Im Jahr 2021 wurde der Grenzverlauf zwischen
Kenia  und  Tansania  von  beiden  Ländern  bestätigt  und  im  selben  Jahr  begannen  Kenia  und
Uganda mit einer gemeinsamen Demarkation ihrer Grenze (CIA 25.7.2023).
Quellen:
- AA -  Auswärtiges  Amt  [Deutschland]  (28.7.2023):  Kenia:  Reise-  und  Sicherheitshinweise,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/keniasicherheit/208058,  Zugriff
8.8.2023 
- ACLED -  Armed Conflict Location and Event Data Project (2.3.2023): Context Assessment: 
Increasing Security Challenges in Kenya, https://acleddata.com/2023/03/02/kenya-context-
assessment-increasing-security-challenges-in-kenya/, Zugriff 9.8.2023
- CIA - Central Intelligence Agency [USA] (25.7.2023): The World Factbook - Kenya, 
https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/kenya/#introduction, Zugriff 31.7.2023
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- FCDO - Foreign, Commonwealth and Development Office [Vereinigtes Königreich] (4.8.2023a):
Foreign travel advice: Kenya,  https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/kenya/terrorism, Zugriff
9.8.2023
- GW  -  Garda  World  (26.4.2022):  Crisis24:  Kenya  Country  Report.  Security,
https://crisis24.garda.com/insights-intelligence/intelligence/country-reports/kenya?
origin=de_riskalert, Zugriff 9.8.2023
- IEP  -  Institute  for  Economics  and  Peace  (3.2023):  Global  Terrorism  Index  2023,
https://www.economicsandpeace.org/wp-content/uploads/2023/03/GTI-2023-web-170423.pdf,
Zugriff 9.8.2023
 5. Rechtsschutz / Justizwesen
Die  Verfassung  sieht  eine  unabhängige  Justiz  vor  (USDOS  20.3.2023).  Obwohl  die
Gerichtsverfahren ineffizient sind, gilt die kenianische Justiz im Allgemeinen als unabhängig, und
die  Gerichte  haben  diese  Unabhängigkeit  in  den  letzten  Jahren  durch  eine  Reihe  von  viel
beachteten Urteilen unter Beweis gestellt (FH 2023). Die Regierung respektiert die richterliche
Unparteilichkeit allerdings nicht immer: Sie untergräbt zuweilen die Unabhängigkeit der Justiz und
hält sich zuweilen nicht an gerichtliche Anordnungen (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023).
Das kenianische Rechtssystem basiert auf kodifiziertem Recht, dem englischen Common Law,
Gewohnheitsrecht und dem islamischen Recht (GAJP 2021; vgl. CIA 25.7.2023). Das Justizwesen
gliedert sich ex lege in obere - u.a. Supreme Court, Court of Appeal und High Court - und
untergeordnete Gerichte, vor allem die sogenannten Magistrates’ Courts, welche befugt sind, alle
Strafsachen  außer  Mord,  Hochverrat  und  Verbrechen  nach  internationalem  Strafrecht  zu
verhandeln (GAJP 2021).
Im September 2022 entschied der Oberste Gerichtshof gegen die amtierende Regierung und
bestätigte einstimmig das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen, was seine Rolle als unabhängige
letzte Instanz bei Wahlstreitigkeiten stärkte (FH 2023). Auch das Urteil des Berufungsgerichts vom
August 2021 über die Verfassungsmäßigkeit des BBI-Gesetzes [Anm.: „Building Bridges Initiative“]
wurde weithin als Sieg für die Unabhängigkeit der Justiz angesehen; der Oberste Gerichtshof
bestätigte das Urteil im März 2022 (FH 2023; vgl. TEA 31.3.2022).
Die Judicial Service Commission (JSC), ein verfassungsmäßig vorgesehenes Aufsichtsgremium,
das die Justiz vor politischem Druck schützen soll, legt dem Präsidenten eine Liste mit Kandidaten
für die Ernennung von Richtern vor. Der Präsident wählt einen der Kandidaten aus, der vom
Parlament bestätigt werden muss. Der Präsident ernennt auf diese Weise den Obersten Richter
sowie die Richter der Berufungsinstanz und des Obersten Gerichtshofs. Die Kommission überprüft
die  ernannten  Richter  öffentlich  (USDOS  20.3.2023).  Manchmal  ignoriert  die  Regierung  die
Empfehlungen der JSC (FH 2023; vgl. USDOS 20.3.2023).
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Das Gesetz sieht das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren vor, auch wenn gefährdete
Personen teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit aussagen dürfen; die unabhängige Justiz
hat dieses Recht im Allgemeinen durchgesetzt. Das Gesetz gibt den Angeklagten auch das Recht,
unverzüglich und ausführlich über die gegen sie erhobenen Vorwürfe informiert zu werden, obwohl
die Behörden die Personen nicht immer unverzüglich über die gegen sie erhobenen Vorwürfe
informieren.  Es  gibt  keinen  staatlich  geförderten  Pflichtverteidigerdienst  mit  ausreichender
Finanzierung, um die Nachfrage zu decken, und die Gerichte verhandeln weiterhin die meisten
Angeklagten  ohne  Vertretung.  Viele  Angeklagte  vertreten  sich  selbst,  da  sie  sich  keinen
Rechtsbeistand  leisten  können,  oder  verlassen  sich  auf  freiwillige  Anwaltsgehilfen  in  den
Gefängnissen (USDOS 20.3.2023).
Im  Allgemeinen  haben  die  Bürger  Vertrauen  in  die  Fähigkeit  der  Justiz,  für  Kontrolle  und
Ausgewogenheit zu sorgen, und wenden sich häufig an die Justiz, wenn sie das Gefühl haben,
dass entweder die Exekutive oder das Parlament ihre Grenzen überschreiten (BS 2023).
Quellen:
- BS  -  Bertelsmann  Stiftung  (2022):  BTI  Kenya  Country  Report  2022,
https://bti-project.org/en/reports/country-report/KEN#pos5, Zugriff 31.7.2023
- CIA  -  Central  Intelligence  Agency  [USA]  (25.7.2023):  The  World  Factbook  -  Kenya,
https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/kenya/#introduction, Zugriff 31.7.2023
- FH  -  Freedom  House  (2023):  Freedom  in  the  World  2023  -  Kenya,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2088520.html, Zugriff 31.7.2023
- GAJP - Global Access to Justice Project [Makokha Baraza, Nancy / Kimani, Kennedy] (2021):
Access  to  Justice  in  Kenya,  https://globalaccesstojustice.com/files/national_reports/national-
report-kenya.pdf, Zugriff 8.8.2023
- TEA - The East African (31.3.2023): Kenya's Supreme Court declares BBI unconstitutional,
https://www.theeastafrican.co.ke/tea/news/east-africa/kenya-s-supreme-court-declares-bbi-
unconstitutional-3766868, Zugriff 31.7.2023
- USDOS - U.S. Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights
Practices: Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089241.html, Zugriff 31.7.2023
 6. Sicherheitsbehörden
Der Nationale Polizeidienst sorgt für die innere Sicherheit und untersteht dem Ministerium für
Inneres  (USDOS  20.3.2023;  vgl.  CIA  25.7.2023).  Der  Nationale  Nachrichtendienst  sammelt
nachrichtendienstliche Informationen sowohl intern als auch extern und ist direkt dem Präsidenten
unterstellt. Die kenianischen Streitkräfte sind dem Verteidigungsministerium unterstellt und haben
einige Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit, einschließlich der Grenzsicherung und der
Unterstützung ziviler Organisationen bei der Aufrechterhaltung der Ordnung, einschließlich der
Reaktion nach Katastrophen (USDOS 20.3.2023). 
Die Kenya Defence Forces (KDF) verfügen über rund 24.000 Mann (20.000 Landstreitkräfte; 1.500
Marine; 2.500 Luftwaffe). Die KDF gelten als erfahrene, effektive und professionelle Streitkräfte;
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sie führen seit 2011 Operationen im benachbarten Somalia durch und nehmen an zahlreichen
regionalen friedenserhaltenden und sicherheitsrelevanten Missionen teil; sie sind ein führendes
Mitglied der Africa Standby Force; die KDF trainieren regelmäßig, nehmen an multinationalen
Übungen  teil  und  haben  Verbindungen  zu  einer  Vielzahl  ausländischer  Streitkräfte,  darunter
Frankreich, Großbritannien und die USA. Zu ihren wichtigsten Sicherheitsanliegen und -aufgaben
gehören der Schutz der Souveränität und des Territoriums des Landes, regionale Streitigkeiten, die
Bedrohung  durch  die  im  benachbarten  Somalia  ansässige  Terrorgruppe  al-Shabaab,
Seekriminalität und Piraterie sowie die Unterstützung der zivilen Behörden bei der Reaktion auf
Notfälle, Katastrophen oder politische Unruhen, sofern dies gewünscht wird (CIA 25.7.2023).
Es gibt Berichte, dass Angehörige der Sicherheitskräfte zahlreiche Übergriffe begangen haben
(USDOS  20.3.2023).  Der  Polizeidienst  ist  durch  Korruption,  Fehlverhalten  und  Berichte  über
außergerichtliche Tötungen völlig unterminiert (FH 2023). Die Institutionen und Maßnahmen zur
Korruptionsbekämpfung, die Justiz und das politische System haben sich bisher als zu schwach
erwiesen,  um  den  Kreislauf  der  Straflosigkeit  zu  durchbrechen.  Das  Gleiche  gilt  für
außergerichtliche Tötungen durch die Polizei im Namen der Bekämpfung von Unsicherheit und
Kriminalität (BS 2022).
Die zivilen Behörden üben zeitweise keine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus
(USDOS 20.3.2023; vgl. BS 2022). Politische Einmischung, das Fehlen einer angemessenen
Sicherheitsaufsicht und ein hohes Maß an Korruption sowie technische und organisatorische
Mängel innerhalb der Polizei sind die Hauptgründe für diese Lücken. In ländlichen Gebieten ist es
der Polizei nicht gelungen, das bewaffnete Banditentum einzudämmen (BS 2022).
Quellen:
- BS  -  Bertelsmann  Stiftung  (2022):  BTI  Kenya  Country  Report  2022,
https://bti-project.org/en/reports/country-report/KEN#pos5, Zugriff 31.7.2023 
- CIA  -  Central  Intelligence  Agency  [USA]  (25.7.2023):  The  World  Factbook  -  Kenya,
https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/kenya/#introduction, Zugriff 31.7.2023
- FH  -  Freedom  House  (2023):  Freedom  in  the  World  2023  -  Kenya,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2088520.html, Zugriff 31.7.2023 
- USDOS - U.S. Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights
Practices: Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089241.html, Zugriff 31.7.2023
 7. Folter und unmenschliche Behandlung
Das Gesetz enthält Bestimmungen zur Anwendung von Verfassungsartikeln, darunter die Freiheit
von  Folter  und  grausamer,  unmenschlicher  oder  erniedrigender  Behandlung  oder  Strafe,  die
Achtung und der Schutz der Menschenwürde sowie die Freiheit und Sicherheit der Person. Das
Gesetz bietet auch eine Grundlage für die strafrechtliche Verfolgung von Folter, von der jedoch nur
selten Gebrauch gemacht wurde (USDOS 20.3.2023). Trotz einiger Fortschritte bei der Förderung
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einer Kultur der Achtung der Bürgerrechte kommt es immer noch in erheblichem Umfang zu
willkürlichen Verhaftungen und außergerichtlichen Tötungen durch die Polizeikräfte, meist ohne
rechtliche Konsequenzen für die Täter, insbesondere wenn politische Interessen im Spiel sind. Bis
dato erweisen sich das politische System sowie die Justiz als zu schwach, um den Kreislauf der
Straflosigkeit bei außergerichtlichen Tötungen durch die Polizei zu durchbrechen (BS 2022). 
Es  gibt  Berichte  über  außergerichtliche  Tötungen  (HRW  12.1.2023;  vgl.  FH  2023)  und
Verschwindenlassen  durch  die  Sicherheitskräfte  (HRW  12.1.2023).  NGOs  erhielten  weiterhin
Berichte  über  Folter  und  andere  unmenschliche  oder  erniedrigende  Behandlung  durch  die
Regierungstruppen. Die IMLU [Anm.: Independent Medico Legal Unit] meldete 109 Fälle von Folter
zwischen Januar und September 2022, verglichen mit 78 Fällen im gleichen Zeitraum des Jahres
2021. Berichten zufolge haben Polizei- und Gefängnisbeamte Folter und Gewalt bei Verhören
sowie zur Bestrafung von Untersuchungshäftlingen und verurteilten Gefangenen eingesetzt. Eine
Reihe von Menschenrechtsorganisationen und Medien berichteten, dass die Polizei wahllos und
ungestraft Gewalt gegen arme Menschen und ethnische Minderheiten ausübt (USDOS 20.3.2023).
Im Oktober 2022 ordnete Präsident Ruto die Auflösung der Special Services Unit (einer Einheit
innerhalb der DCI) an, die von vielen verdächtigt wird, Menschenrechtsverletzungen, einschließlich
gezielter außergerichtlicher Tötungen, begangen zu haben (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023).
Quellen:
- BS  -  Bertelsmann  Stiftung  (2022):  BTI  Kenya  Country  Report  2022,
https://bti-project.org/en/reports/country-report/KEN#pos5, Zugriff 31.7.2023 
- FH  -  Freedom  House  (2023):  Freedom  in  the  World  2023  -  Kenya,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2088520.html, Zugriff 31.7.2023 
- HRW  -  Human  Rights  Watch  (12.1.2023):  World  Report  2023  –  Kenya,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2085468.html, Zugriff 1.8.2023
- USDOS - U.S. Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights
Practices: Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089241.html, Zugriff 31.7.2023
 8. Korruption
Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für behördliche Korruption vor. Im Laufe des Jahres
2022 gab es zahlreiche Berichte über staatliche Korruption. Beamte verüben häufig ungestraft
mutmaßlich korrupte Praktiken. Trotz öffentlicher Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung stößt
die  Regierung  weiterhin  auf  Hindernisse  bei  der  wirksamen  Umsetzung  der  einschlägigen
Gesetze. Die Justiz beschleunigte die Bearbeitung von Korruptionsfällen durch die Einführung von
virtuellen Gerichtssitzungen (USDOS 20.3.2023).
Die Korruption ist nach wie vor eine Plage für die nationalen und regionalen Regierungen in Kenia
(FH  2023)  bzw.  ist  diese  weit  verbreitet.  Verwaltungsstrukturen  funktionieren  aufgrund  von
Korruption  nicht  wie  vorgesehen  (BS  2022).  Die  staatlichen  Institutionen,  die  mit  der
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Korruptionsbekämpfung beauftragt sind, sind ineffizient (FH 2023). Der Ethik- und
Antikorruptionskommission  (EACC)  fehlt  es  an  Strafverfolgungsbefugnissen  (FH  2023;  vgl.
USDOS 20.3.2023), und sie war bei der Verfolgung von Korruptionsfällen weitgehend erfolglos.
Die  Schwäche  der  EACC  wird  durch  Unzulänglichkeiten  im  Büro  des  Direktors  der
Staatsanwaltschaft (ODPP) und in der Justiz noch verstärkt (FH 2023). Die Institutionen und
Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung sowie das Justizwesen und das politische System haben
sich bisher als zu schwach erwiesen, um den Kreislauf der Straflosigkeit zu durchbrechen [BS
2022).
Im  Februar  2022  setzte  der  Oberste  Richter  einen  behördenübergreifenden
Antikorruptionsausschuss  ein.  Der  Ausschuss  hat  den  Auftrag,  die  Engpässe  und
Herausforderungen  bei  der  Korruptionsbekämpfung  zu  ermitteln  und  Empfehlungen  zu  deren
Behebung abzugeben. Da die Gerichte einen erheblichen Rückstand bei der Bearbeitung von
Fällen haben und sich stark auf Gerichtsverfahren (statt auf Vergleiche) verlassen, könnte es Jahre
dauern, bis Korruptionsfälle abgeschlossen werden (USDOS 20.3.2023).
Am  Corrupion  Perceptions  Index  von  Transparency  International  liegt  Kenia  mit  32  von  100
Punkten auf Rang 123 von 180 Ländern (TIK 31.1.2023).
Quellen:
- BS  -  Bertelsmann  Stiftung  (2022):  BTI  Kenya  Country  Report  2022,
https://bti-project.org/en/reports/country-report/KEN#pos5, Zugriff 31.7.2023 
- FH  -  Freedom  House  (2023):  Freedom  in  the  World  2023  -  Kenya,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2088520.html, Zugriff 31.7.2023 
- TIK – Transparency International Kenya (31.1.2023): Corruption Perceptions Index 2022 Press
Release, https://tikenya.org/2023/01/31/corruption-perceptions-index-2022/, Zugriff 1.8.2023 
- USDOS - U.S. Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights
Practices: Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089241.html, Zugriff 31.7.2023
 9. Wehrdienst und Rekrutierungen
Der Wehrdienst in Kenia ist freiwillig. Freiwillige 18-26 jährige kenianische Staatsbürger beiderlei
Geschlechts  können  sich  rekrutieren  lassen.  Obergrenze  ist  ein  Alter  von  30  Jahren  für
Spezialisten, Handwerker oder Frauen mit Diplom; 39 Jahre für Kapläne/Imame); 9-jährige
Dienstverpflichtung  (7  Jahre  für  kenianische  Marine)  und  anschließende  3-jährige
Wiederverpflichtung;  Bewerber  müssen  kenianische  Staatsbürger  sein  (Stand  2022)  (CIA
25.7.2023).
Quellen:
- CIA  -  Central  Intelligence  Agency  [USA]  (25.7.2023):  The  World  Factbook  -  Kenya,
https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/kenya/#introduction, Zugriff 31.7.2023
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10. Allgemeine Menschenrechtslage
Heute zählt Kenia zu den politisch stabilsten Ländern Ostafrikas. Die kenianische Zivilgesellschaft
und der Großteil der Medien können weitgehend frei arbeiten. Unter dem Vorwand des Kampfes
gegen den Terrorismus kommt es jedoch immer wieder zu Versuchen, den Handlungsspielraum
der Zivilgesellschaft einzuschränken (AA 31.5.2023). Nach der Verfassung kann sich jede Gruppe
frei versammeln oder zusammenschließen. Die kenianische Regierung schränkt das Recht auf
friedliche  Versammlung  und  freie  Meinungsäußerung  jedoch  weiterhin  stark  ein,  indem  sie
unverhältnismäßige Gewalt anwendet, friedliche Demonstranten, Menschenrechtsverteidiger und
Journalisten festnimmt und inhaftiert (BS 2022).
Zu  den  bedeutenden  Menschenrechtsproblemen  gehörten  glaubwürdige  Berichte  über:
rechtswidrige oder willkürliche Tötungen, einschließlich außergerichtlicher Tötungen; gewaltsames
Verschwindenlassen; Folter und Fälle grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung
oder Bestrafung durch die Regierung; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche
Verhaftungen und Inhaftierungen; willkürliche Eingriffe in die Privatsphäre; Einschränkungen der
freien Meinungsäußerung und der Medien, einschließlich Gewalt oder Gewaltandrohung gegen
Journalisten  und  Zensur;  erhebliche  Eingriffe  in  die  Versammlungs-  und  Vereinigungsfreiheit,
einschließlich  der  Schikanierung  von  Nichtregierungsorganisationen  und  Aktivisten;
schwerwiegende Korruption in der Regierung; fehlende Untersuchung und Rechenschaftspflicht für
geschlechtsspezifische  Gewalt;  und  die  Existenz  von  Gesetzen,  die  einvernehmliche
gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen unter Strafe stellen, obwohl es
keine Berichte über die Durchsetzung des Gesetzes gab (USDOS 20.3.2023).
Das Gesetz sieht Meinungsfreiheit vor, auch für Mitglieder der Presse und anderer Medien, aber
die Regierung schränkt dieses Recht manchmal ein. Journalisten geben an, dass Sicherheitskräfte
oder Anhänger von Politikern auf nationaler und regionaler Ebene sie manchmal belästigen und
physisch einschüchtern oder angreifen (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023). Kenia verfügt über eine
der dynamischsten Medienlandschaften des afrikanischen Kontinents, in der Journalisten aktiv
daran  arbeiten,  Korruption  und  Fehlverhalten  der  Regierung  aufzudecken  (FH  2023).  Die
Mainstream-Medien sind im Allgemeinen unabhängig, aber es gibt Berichte von Journalisten, dass
sie  von  Regierungsbeamten  unter  Druck  gesetzt  werden  (USDOS  20.3.2023;  vgl.  FH  2023),
bestimmte Themen und Geschichten zu vermeiden, und dass sie eingeschüchtert werden, wenn
die Beamten der Meinung waren, dass die Journalisten bereits zu regierungskritische Geschichten
veröffentlicht oder gesendet haben. Die Journalisten üben sich daher in Selbstzensur, um Konflikte
mit der Regierung über sensible Themen zu vermeiden (USDOS 20.3.2023).
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Obwohl die Verfassung und das Gesetz die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit vorsehen,
schränkte die Regierung diese Rechte manchmal ein. Das Versäumnis der Regierung, Angriffe auf
Menschenrechtsverteidiger und friedliche Demonstranten zu untersuchen oder strafrechtlich zu
verfolgen,  führt  de  facto  zu  Einschränkungen  der  Versammlungs-  und  Vereinigungsfreiheit
(USDOS 20.3.2023). Die Verfassung garantiert das Recht auf Versammlungsfreiheit. Das Gesetz
schreibt jedoch vor, dass die Organisatoren öffentlicher Versammlungen die örtliche Polizei im
Voraus informieren müssen. In der Praxis verbietet die Polizei regelmäßig Versammlungen aus
Sicherheits- oder anderen Gründen und löst Versammlungen, die sie nicht ausdrücklich verboten
hatte, gewaltsam auf (FH 2023).
Den Bürgern steht es frei, sich in politischen Parteien zu organisieren. Kenianischen Parteien
vertreten  eine  Reihe  ideologischer,  regionaler  und  ethnischer  Interessen,  sind  aber  notorisch
schwach und werden oft zu Koalitionen zusammengeschlossen, die nur dazu dienen, an Wahlen
teilzunehmen (FH 2023; vgl. BS 2022). Zudem passen sie sich häufig an das jeweilige Regime an
und neigen dann entweder zur Auflösung oder zur Reformierung (BS 2022). Oppositionsparteien
und -kandidaten sind bei kenianischen Wahlen wettbewerbsfähig. Bei den Wahlen im August 2022
besiegte der damalige stellvertretende Präsident Ruto, der sich als Außenseiter gegenüber den
langjährigen politischen Dynastien Kenias darstellte, den fünfmaligen Präsidentschaftskandidaten
Odinga, der vom amtierenden Präsidenten Kenyatta unterstützt worden war. Die Wahlen im Jahr
2022  waren  hart  umkämpft  und  wurden  im  Gegensatz  zu  den  vorherigen  Wahlen  nicht  von
Oppositionsgruppen boykottiert (FH 2023).
Kenia  verfügt  über  eine  aktive  Zivilgesellschaft  (FH  2023).  Eine  Vielzahl  inländischer  und
internationaler Menschenrechtsgruppen arbeitet im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkungen,
untersucht  Menschenrechtsfälle  und  veröffentlichte  ihre  Ergebnisse,  obwohl  einige  Gruppen
berichteten, dass sie von der Regierung schikaniert wurden. Beamte waren manchmal kooperativ
und gingen auf die Anfragen dieser Gruppen ein, aber die Regierung setzte Empfehlungen von
Menschenrechtsgruppen nicht um, wenn diese Empfehlungen ihrer Politik zuwiderliefen (USDOS
20.3.2023). NGOs sind in den letzten Jahren zunehmend auf Hindernisse gestoßen, darunter
wiederholte Versuche der Regierung, Hunderte von NGOs wegen angeblicher finanzieller Verstöße
die Registrierung abzuerkennen (FH 2023).
Ombudsorganisation:  Die  KNCHR  (Kenya  National  Commission  on  Human  Rights)  ist  eine
unabhängige Institution, die durch die Verfassung geschaffen und 2011 eingerichtet wurde. Ihr
Mandat ist die Förderung und der Schutz der Menschenrechte im Land. Die Kommission erklärte,
ihr Budget decke lediglich die Kosten für Gebäude Instandhaltung und Mitarbeitergehälter ab und
reiche nicht aus, um ihre Ausgaben zu decken und ihr Mandat zu erfüllen. Die Kommission verfügt
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 35
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über 115 Mitarbeiter, laut Mandat solle sie 400 Mitarbeiter haben. Ihr programmatisches Budget
wurde von der Regierung überhaupt nicht finanziert, so dass die Kommission gezwungen war,
Mittel von Entwicklungspartnern einzuwerben (USDOS 20.3.2023).
Quellen:
- AA  -  Auswärtiges  Amt  [Deutschland]  (31.5.2023):  Kenia:  Politisches  Porträt,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/kenia-node/politisches-portraet/208078,
Zugriff 2.8.2023
- BS  -  Bertelsmann  Stiftung  (2022):  BTI  Kenya  Country  Report  2022,
https://bti-project.org/en/reports/country-report/KEN#pos5, Zugriff 31.7.2023 
- FH  -  Freedom  House  (2023):  Freedom  in  the  World  2023  -  Kenya,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2088520.html, Zugriff 31.7.2023 
- USDOS - U.S. Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights
Practices: Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089241.html, Zugriff 31.7.2023
 11. Haftbedingungen
Gemäß Menschenrechtsorganisationen sind die Bedingungen in Gefängnissen, Haftanstalten und
Polizeistationen  aufgrund  von  Überbelegung,  Nahrungsmittel-  und  Wassermangel  sowie
unzureichenden sanitären Bedingungen und medizinischer Versorgung hart und lebensbedrohlich
(USDOS 20.3.2023).
Im März 2022 schätzte die Nichtregierungsorganisation World Prison Brief die Gesamtzahl der
Gefangenen im Land auf fast 53.000, einschließlich der Untersuchungshäftlinge, in einem System
mit einer Kapazität von 30.000 (USDOS 20.3.2023). Obwohl seit 2012 mehrere neue Gefängnisse
gebaut wurden (USDOS 20.3.2023), bleibt die durchschnittliche Gefangenenpopulation bei fast
200 Prozent der Kapazität (USDOS 20.3.2023; vgl. OHCHR 5.5.2022), einschließlich einer großen
Zahl von Untersuchungshäftlingen (USDOS 20.3.2023), im Jahr 2018 ca. 50 Prozent (OHCHR
5.5.2022).  Einige  Gefängnisse  sind  bis  zu  400  Prozent  ausgelastet  (USDOS  20.3.2023;  vgl.
OHCHR 5.5.2022).  Mit Stand 5.12.2022 befinden sich in Kenia insgesamt 58.887 Personen in
Haft, von denen 41 % in Untersuchungshaft, 5,1 % Frauen und 0,6 % Unmündige bzw. mündige
Minderjährige  sind.  Da  das  Gefängniswesen  auf  34.000  Häftlinge  ausgelegt  ist,  beträgt  der
Überbelegungsgrad 173,2 % (WPB o.D.) Im Laufe des Jahres 2022 bemühte sich die Justiz
weiterhin, der Überbelegung entgegenzuwirken, indem sie Alternativen zur Untersuchungshaft
einführte und eine Strafminderung förderte (USDOS 20.3.2023). 
Die Behörden trennen im Allgemeinen Kinder von Erwachsenen, außer während der ersten Zeit
der  Inhaftierung  auf  den  Polizeistationen,  wo  die  Behörden  häufig  männliche  und  weibliche
Erwachsene und Jugendliche in einer Zelle unterbringen. In mehreren Bezirken fehlen geeignete
Einrichtungen,  um Jugendliche  und  Frauen  getrennt  von  Männern  in  Gerichten  und
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