kuba-lib-2023-12-01-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Produktion ist besonders enttäuschend. Infolgedessen machen Nahrungsmittel einen großen Teil der Einfuhren aus. Die kubanischen Produktionsbetriebe arbeiten zum größten Teil mit veralteter Technologie und sind auf dem Weltmarkt nicht wettbewerbsfähig (BS 2022). Für 2023 hat das kubanische Statistikamt ONEI noch keine Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) veröffentlicht. Das Wirtschaftsinstitut Economist Intelligence Unit (EIU) rechnet jedoch für das laufende Jahr mit einem Plus von 2,5 Prozent. Die Erholung des Tourismus und der wachsende Privatsektor geben dem Land Impulse, allerdings von einem sehr niedrigen Niveau aus. Aus den gleichen Gründen geht EIU ab 2024 von einem Wirtschaftswachstum von rund 4 Prozent jährlich aus (GTAI 15.11.2023). Es gibt keine zuverlässigen Daten zur Inflation. Die Lebenshaltungskosten sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Dies wurde durch den wirtschaftlichen Abschwung im Jahr 2020 noch verschärft. Die Währungsreform vom 1.1.2021 brachte einen dreistelligen Inflationsschub für die Peso-Preise mit sich, da die Regierung im Vorfeld die staatlichen Gehälter und Renten verfünffacht hat. Infolgedessen wird das Haushaltsdefizit für 2021 auf mehr als 20 % des BIP geschätzt. Es wird eine zentrale Herausforderung sein, diesen Inflationsdruck einzudämmen und die Abwertung der Währung in einem kontrollierbaren Rahmen zu halten (BS 2022). Die Inflationsrate betrug im Jahr 2021 151 % 2022 76,1 %. In den Jahren 2005, 2010 und 2015 war sie noch im niedrigen einstelligen Bereich gelegen (WKO 10.2023). Seit 2021 gibt es einen Rechtsrahmen für die Einrichtung und den Betrieb von kleinen und mittelständischen Privatunternehmen (KMU) durch Kubanerinnen und Kubanern (AA 18.9.2023); vgl. GTAI 15.11.2023). Die Zahl solcher Unternehmen steigt seitdem langsam, obwohl die Staatswirtschaft weiterhin dominiert (AA 18.9.2023). Die Rechtsform ist eine SRL (Sociedad de Responsabilidad Limitada), ähnlich der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Die Bevölkerung hat die neue Rechtsform sehr gut angenommen und seit Einführung des Gesetzes wurden rund 9.000 KMU gegründet. Sie stellen rund 15 % der Arbeitsplätze in Kuba. Beispiele sind Bauunternehmen, Agrarbetriebe, Restaurants, Supermärkte, kleine Lebensmittelproduzenten und sogar Softwarefirmen. Nicht zugelassen sind privatwirtschaftliche Aktivitäten in den Bereichen Bergbau, Gesundheitswesen, Medien, Zuckerindustrie, Großhandel sowie Wasser- und Energieversorgung. Eine Herausforderung für viele neue KMU ist die Versorgung mit Rohstoffen und Investitionsgütern, wie etwa Baumaterialien oder Maschinen (GTAI 15.11.2023). Die formale Arbeitslosigkeit ist niedrig, aber etwa zwei Millionen Kubaner sind weder formell beschäftigt noch auf der Suche nach einer Beschäftigung und tauchen daher in den Statistiken .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 23 von 27

nicht auf. Da die Löhne so niedrig sind, schlägt sich der Verlust von Arbeitsplätzen nicht wie in anderen Ländern in einem Einkommensverlust nieder. Die Unterbeschäftigung im staatlichen Sektor ist hoch. Während der Krise im Jahr 2020 ging die Beschäftigung im privaten Sektor zurück, da viele Kubaner wegen des Mangels an Touristen und Einkommen ihre Lizenzen für die Selbstständigkeit zurückgaben. Die offizielle Arbeitslosenrate im Jahr 2022 betrug 1,4% (BS 2022). Die Regierung der Republik Kuba kann auf eine lange Geschichte von Sozialrenten zurückblicken, die bis ins Jahr 1963 zurückreicht. Die Sozialversicherungsrente (Social Security Pension Scheme, SSPS). Die SSPS ist ein obligatorisches und beitragsabhängiges Rentensystem, das allen Beschäftigten des Staates, den Beschäftigten von Genossenschaften und selbständigen Landwirten offensteht und durch eine Gesetzesreform im Jahr 2011 auch auf Selbständige ausgedehnt wurde. Die SSPS steht Frauen ab 60 Jahren und Männern ab 65 Jahren offen. Antragsteller, die 30 Jahre lang Beiträge geleistet haben, haben Anspruch auf eine monatliche Mindestzahlung von 200 CUP (200 USD) und auf bis zu 60 % des Durchschnitts der fünf besten Einkommensjahre des Antragstellers innerhalb der letzten 15 Jahre vor der Pensionierung. Die monatlichen Zahlungen erhöhen sich um weitere 2 % für jedes Jahr, das nach der Pensionierung gearbeitet wird. Um ein angemessenes Sicherheitsnetz zu gewährleisten, erhalten auch diejenigen monatliche Leistungen, die die Voraussetzungen für die SSPS nicht erfüllen oder teilweise oder vollständig arbeitsunfähig sind. Die SSPS erreicht etwa 87 % der älteren Menschen in Kuba und bewirkt damit eine der höchsten Deckungsraten in Lateinamerika (UN ESCAP 2019). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.9.2023): Kuba: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/kuba-node/politisches-portraet/212242, Zugriff 28.11.2023 - BS - Bertelsmann Stiftung (2022): BTI Country Report Cuba 2022, https://bti-project.org/en/reports/country-report/CUB#pos5, Zugriff 23.11.2023 - GTAI - Germany Trade & Invest (15.11.2023): Kuba will Krise überwinden, https://www.gtai.de/de/trade/kuba/wirtschaftsumfeld/kuba-will-krise-ueberwinden-945174, Zugriff 1.12.2023 - UN ESCAP - United Nations Economic and Social Commission for Asia and the Pacific (2019): https://www.socialprotection-toolbox.org/practice/cubas-social-pension-system, Zugriff 1.12.2023 - WKO - Wirtschaftskammer Österreich (10.2023): Länderprofil Kuba, https://www.wko.at/statistik/laenderprofile/lp-kuba.pdf? _gl=1*18i8aaa*_ga*MTI5MDYzMzMyNC4xNjg5NjY5NDYz*_ga_TJBEG291F0*MTcwMTM0MD Y0Ni43LjAuMTcwMTM0MDY0Ni4wLjAuMA.., Zugriff 1.12.2023 18. Medizinische Versorgung In Kuba existiert ein staatliches Gesundheitssystem mit einer gut funktionierenden hierarchischen Organisationsstruktur und einer klaren Aufgabenteilung und Vernetzung der verschiedenen Ebenen (HCH 2020). Die medizinische Versorgung ist ein Grundrecht der kubanischen Bürger und .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 24 von 27

ist in der kubanischen Verfassung verankert. Das kubanische Gesundheitssystem garantiert allen Kubanern eine kostenlose Gesundheitsversorgung. Es gibt keine privaten Krankenhäuser (WW 17.1.2023). Besonders die früher stark vernachlässigten ländlichen Gebiete verfügen heute über eine ausreichende Zahl von Polikliniken und Krankenhäusern. Ganz Kuba ist in Sektoren (areas) aufgeteilt, deren Bewohner in immer breiterem Maße von den medicos de la familia, den Familienärzten, versorgt werden. Zusammen mit einer Krankenschwester betreut ein Familienarzt bzw. eine Familienärztin jeweils 120-130 Familien, also 600-700 Personen, im jeweiligen Wohnbezirk. Dabei sind Arztwohnung und Praxis meist im gleichen Haus untergebracht. Zu den Aufgaben gehören neben der täglichen Gesundheitsfürsorge speziell auch die Schwangeren-, Kleinkind- sowie Altenbetreuung (Sozialmedizin). Wichtige weitere Tätigkeitsaspekte sind die präventive Medizin und die Rehabilitation. Das Familienarztprogramm wurde 1984 eingeführt und schnell ausgeweitet. Bis Ende 1994 wurden bereits 94 % der Bevölkerung von Familienärzten versorgt, derzeit sind es über 99 Prozent. Diese Grundversorgung umfasst auch die ländlichen Gebiete, selbst entlegene Bergregionen. Gesundheitsposten existieren außerdem in Kindereinrichtungen, Schulen, Hotels und vielen Arbeitszentren (HCH 2020). Die Lebenserwartung sowie die Kinder- und Müttersterblichkeit entsprechen denen der entwickelten Länder. Kubaner sterben wie in den Industrienationen meist an Herz-Kreislauf- Erkrankungen oder an Krebs. Nach dem CIA Factbook 2019 lag die Säuglingssterblichkeit (bis zum Ende des 1. Lebensjahres) 2018 in den USA bei 5,7/1000, in Kuba bei 4,4/1000 (HCH 2020). Die medizinische Versorgung ist kostenlos in Kuba. Medikamente müssen teils mit einem geringen, eher symbolischen Obulus bezahlt werden. Vor der Revolution wurden 50 % des pharmazeutischen Marktes von ausländischen Firmen beherrscht. 1992 wurden 80 % der Mittel im Lande selbst hergestellt, die vorhandenen 40.000 Medikamente wurden auf 500 reduziert (HCH 2020). Obwohl medizinisches Fachpersonal in Kuba gut ausgebildet ist, mangelt es den Einrichtungen an grundlegenden Medikamenten, klinischem Material und angemessener Ausrüstung (KK 10.9.2023; vgl. FCDO 23.5.2023). Die medizinische Versorgung [Anm.: für schwerwiegende Erkrankungen oder Unfälle] ist nicht gewährleistet. Ernsthafte Erkrankungen und Verletzungen müssen im Ausland (Europa, Kanada) behandelt werden (EDA 20.7.2023). Kuba wurde während des Kalten Krieges boykottiert und stand seit dem Untergang der Sowjetunion zunächst recht alleine da. So hat Kuba aus der Not eine Tugend gemacht und eine .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 27

breit angelegte Präventivmedizin entwickelt, die besonders der ärmeren Bevölkerung zugutekommt und schon erfolgreich in armen Ländern Südamerikas und Afrikas eingesetzt wurde, eben insbesondere dort, wo man sich teure Apparatemedizin und spezifische Pharmazeutika nicht leisten kann (MM 15.4.2020). Quellen: - EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (20.7.2023): Reisehinweise Kuba, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/ kuba/reisehinweise-fuerkuba.html#eda1f0d00, Zugriff 1.12.2023 - FCDO - Foreign, Commonwealth and Development Office (23.5.2023), Guidance - Living in Cuba, https://www.gov.uk/guidance/living-in-cuba#healthcare-in-cuba, Zugriff 1.12.2023 - HCH - Humanitäre Cuba Hilfe e.V. (2020.): Das Gesundheitswesen in Cuba, https://www.hch- ev.de/ueber-cuba/gesundheitssystem/2020/gesundheitswesen-in-cuba-1-von-4.html, Zugriff 1.12.2023 - KK - Kubakunde (10.9.2023): Kanadische Regierung warnt vor Kuba-Reisen: "Höchste Vorsicht ist geboten", https://www.kubakunde.de/neues/kanadische-regierung-warnt-vor-kuba- reisen-hochste-vorsicht-ist-geboten, Zugriff 1.12.2023 - MM - Mannheimer Morgen (15.4.2020): Leser über Ärzte aus Kuba, https://www.mannheimer- morgen.de/meinung/leserbriefe_artikel,-leserbrief-leser-ueber-aerzte-aus-kuba- _arid,1628581.html, Zugriff 1.12.2023 - WW - Workers World (17.1.2023): Despite the blockade Cuba’s health care system is extraordinary, https://www.workers.org/2023/01/68646/, Zugriff 1.12.2023 19. Rückkehr Die Regierung verwehrt auch einigen im Ausland lebenden Bürgern und Personen kubanischer Abstammung die Einreise in das Land, offenbar mit der Begründung, dass diese Besucher der Regierung kritisch gegenüberstehen oder ihre Arbeit im Rahmen der Arbeitsausfuhrprogramme der Regierung "aufgegeben" haben, zu denen niedrig bezahlte medizinische Fachkräfte, Sportler, Künstler, Lehrer und Seehändler gehören (USDOS 20.3.2023). Für Kubaner gelten nach wie vor extrem hohe Passgebühren, und kubanischen Ärzten, Diplomaten und Sportlern, die ins Ausland "überlaufen", ist die Einreise für acht Jahre untersagt. Zahlreiche Dissidenten, darunter das MSI- Mitglied Anamely Ramos und die Bürgerrechtlerin Omara Ruiz Urquiola sowie der Journalist und Schriftsteller Carlos Manuel Álvarez, wurden 2022 an der Einreise nach Kuba gehindert (FH 2023). Die dauerhafte Rückkehr nach Kuba als Emigrant und eine legale Niederlassung sind grundsätzlich möglich. Die Antragstellung für den legalen Aufenthalt kann im Ausland bei den diplomatischen und konsularischen Vertretungen Kubas erfolgen. Befindet sich die Person bereits in Kuba, hat die Beantragung bei der zuständigen Abteilung des Innenministeriums zu erfolgen. Reisepässe können bei kubanischen Vertretungen ausgestellt werden, sollte der Reisepass bereits abgelaufen sein. Emigranten, die nach Kuba zurückkehren, haben einen kostenlosen Zugang zum Gesundheitssystem (ÖB 27.3.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 27

Kubanern kann ihre Staatsbürgerschaft nicht entzogen werden, außer aus gesetzlich festgelegten Gründen. Das Gesetz legt das Verfahren fest, das für die Formalisierung des Verlusts und Verzichts auf die Staatsbürgerschaft zu befolgen ist, und die Behörden, die befugt sind, darüber zu entscheiden. Die kubanische Staatsbürgerschaft kann nach Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen und Formalitäten wiedererlangt werden. Gemäß telefonischer Auskunft der Abteilung für Internationale Beziehungen im kubanischen Justizministerium existiert jedoch bisher kein Gesetz, das Gründe für Verlust und Erfüllung für Wiedererwerb regelt. Lt. Erfahrung der Botschaft ist der Erhalt einer Bestätigung über den Verzicht oder die Zurücklegung der Staatsbürgerschaft nicht möglich (wie dies in einigen Fällen bei Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und dazu verlangter Bestätigung über den Austritt aus dem kubanischen Staatsverband gefordert war) (ÖB 27.3.2023). Quellen: - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Cuba, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088504.html, Zugriff 28.11.2023 - ÖB - Österreichische Botschaft Havanna [Österreich] (27.3.2023), Antwort der ÖB, übermittelt via E-Mail am Datum 27.3.2023 - USDOS - US Deparmtent of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Cuba, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089110.html, Zugriff 1.12.2023 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 27
