liba-lib-2023-03-01-ke

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-REACH - REACH Initiative (6.4.2022): Lebanon: 2021 Multi-Sector Needs Assessment - April
2022,  https://reliefweb.int/report/lebanon/lebanon-2021-multi-sector-needs-assessment-april-
2022, Zugriff 23.1.2023
-Reuters  (26.1.2023):  Lebanese  protest  as  fate  of  blast  probe  hangs  in  balance, 
https://www.reuters.com/world/middle-east/lebanese-protest-anger-over-efforts-hamstring-blast-
probe-2023-01-26/, Zugriff 1.3.2023
-ST  -  Der  Standard  (12.5.2021):  Österreich  verbietet  sämtliche  Hisbollah-Symbole, 
https://www.derstandard.at/story/2000126602629/oesterreich-verbietet-saemtliche-hisbollah-
symbole, Zugriff 1.3.2023
-ToI - The Times of Israel (16.10.2021): A who’s who of the groups involved in Beirut violence 
that left 7 dead, https://www.timesofisrael.com/the-groups-involved-in-deadly-beirut-violence-that-
left-7-dead/, Zugriff 1.3.2023
-USIP - United States Institute of Peace (8.6.2022): Lebanon’s Election Offers Lessons for Now 
and the Future,  https://www.usip.org/publications/2022/06/lebanons-election-offers-lessons-now-
and-future, Zugriff 1.3.2023
-WZ  -  Wiener  Zeitung  (15.1.2023):  Krisenstaat  ohne  Exit-Strategie, 
https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/welt/2134289-Krisenstaat-ohne-Exit-
Strategie.html, Zugriff 23.1.2023
 4. Sicherheitslage
[Anm.:  Für  Informationen  bzgl.  der  Sicherheitslage  in  den  palästinensischen  Flüchtlingslagern 
siehe Kapitel 20.2 „Palästinensische Flüchtlinge“] 
Die  allgemeine  Sicherheitslage  ist  durch  die  Proteste  und  den  wirtschaftlichen  Abschwung 
unübersichtlicher geworden (AA 12.5.2022).  Es kommt zu Demonstrationen, Straßenblockaden, 
Streiks und gewaltsamen Zusammenstößen zwischen verschiedenen Gruppierungen sowie
zwischen Demonstrierenden und Sicherheitskräften. Dabei werden vereinzelt auch Schusswaffen 
eingesetzt (EDA 14.2.2023). Diebstähle, Schießereien und Zusammenstöße nehmen zu, da immer 
mehr Menschen verzweifelt versuchen, über die Runden zu kommen, was manchmal zu tödlichen 
Auseinandersetzungen  führt.  Die  von  den  Banken  eingeführten  informellen 
Kapitalverkehrskontrollen  für  Einlagen  haben  dazu  geführt,  dass  einige  Menschen  in 
verschiedenen  Bankfilialen  im  ganzen  Land  Geiseln  genommen  haben,  um  an  ihr  Geld  zu 
kommen. Die sich verschlechternde Sicherheitslage stellt eine besondere Herausforderung für die 
libanesischen Sicherheitskräfte dar, die ohnehin schon mit der Wirtschaftskrise zu kämpfen haben, 
durch die ihre Ressourcen schrumpfen und die Gehälter ihrer Mitarbeiter gekürzt werden (NL 
27.9.2022). 
Die libanesische schiitische Miliz Hizbollah kontrolliert den Zugang zu Teilen des Libanon und 
operiert innerhalb des Landes relativ ungestraft (CRS 11.1.2023). Ihr „militärischer Arm“ ist von der
EU seit 2013 als terroristische Vereinigung gelistet. Die Hizbollah übernimmt zumindest in ihren 
Hochburgen (Teile der Bekaa-Ebene, südliche Beiruter Vororte, Teilgebiete des Südens) faktisch 
auch die Funktion einer Sicherheitsbehörde (AA 5.12.2023). Im Libanon präsent sind neben der 
Hizbollah auch andere Terrorgruppen wie die Abdallah Azzam Brigades, al-Aqsa Martyrs Brigade, 
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Asbat al-Ansar, Hamas, an-Nusrah Front (Hay'at Tahrir ash-Sham), Palestine Liberation Front,
Islamic Revolutionary Guard Corps/Qods Force, Islamic State of Iraq and ash-Sham (ISIS); PFLP-
General Command; Popular Front for the Liberation of Palestine (CIA 14.2.2023). 
Südlibanon 
Viele  Gebiete  (Zonen)  im  gesamten  Südlibanon  gelten  als  Militärgelände  der  Hizbollah.  Der 
Zugang zu diesen Gebieten ist untersagt. Die örtliche Zivilbevölkerung, die United Nations Interim 
Force in Lebanon (UNIFIL)-Truppen und sogar die libanesische Armee haben keinen Zugang zu 
diesen  Gebieten.  Einige  der  Gebiete  befinden  sich  in  unmittelbarer  Nähe  von  Dörfern  (Alma 
16.6.2022). Entlang der Blauen Linie im Südlibanon kommt es immer wieder zu Spannungen 
zwischen dem Libanon und Israel. Bei den grenzüberschreitenden Streitigkeiten zwischen beiden 
Seiten  werfen  die  Libanesen  Israel  wiederholt  vor,  den  libanesischen  Luftraum  und  die 
Hoheitsgewässer zu verletzen. Im Oktober 2022 legten Libanon und Israel unter Vermittlung der 
USA nach zwei Jahren indirekter Verhandlungen ihre Seegrenze fest. Die beiden Länder befinden 
sich  technisch  gesehen  immer  noch  im  Kriegszustand  und  unterhalten  keine  diplomatischen 
Beziehungen, was jede Art von Kontakt zwischen libanesischen und israelischen Bürgern verbietet 
(AlM 23.1.2023).
Am 29.8.2022 nahmen Beamte des libanesischen Generaldirektorats für Sicherheit in Bint Jbeil 
mehrere Männer fest, die verdächtigt wurden, ISIS-Terroristen zu sein. Ihnen wurde vorgeworfen, 
in den Reihen von ISIS in Syrien zu kämpfen, illegal in den Libanon einzudringen und mit Drogen 
und Falschgeld zu handeln (ITIC 6.9.2022).
Nordlibanon
Es bestehen große Spannungen in der Region, die sich durch den Konflikt in Syrien und die 
Anwesenheit zahlreicher Flüchtlinge verschärft haben. Es sind bewaffnete Gruppierungen aktiv, 
und Grenzüberschreitungen durch Kämpfer sind häufig. Es kommt immer wieder zu bewaffneten 
Zusammenstößen  zwischen  der  Armee  und  militanten  Gruppierungen  oder  zwischen 
verschiedenen politisch-religiösen Gruppierungen, vor allem in und um Ersal, Ra’s Baalbek und 
Qaa. Die Gefahr von weiteren Anschlägen und einer Eskalation ist groß (EDA 14.2.2023). Die 
Schwächung  der  Streitkräfte  hat  ihre  Fähigkeit  eingeschränkt,  schnell  auf  Notsituationen  zu 
reagieren, einschließlich Zusammenstößen zwischen bewaffneten Gruppen im Nordlibanon. Einige 
Gemeinden und politische Parteien in Gebieten wie Keserwane und Matn (Gouvernement Berg-
Libanon),  die  nördlich  der  Hauptstadt  Beirut  (Gouvernement  Beirut)  liegen,  führen  lokale 
Maßnahmen durch, um die steigende Kriminalität zu bekämpfen, wobei die Einwohner als Wächter 
fungieren und abwechselnde Schichten übernehmen. Ähnliche Maßnahmen gibt es bereits in den 
von der schiitischen Bewegung Hizbollah kontrollierten Gebieten in den Vororten der Hauptstadt 
(CR 18.10.2022). 
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Grenzgebiet zu Syrien
Der Konflikt in Syrien wirkt sich auf die Sicherheitslage entlang der Grenze aus. In der Nähe der 
syrischen  Grenze  ereigneten  sich  in  der  Vergangenheit  wiederholt  Kämpfe  zwischen 
extremistischen Gruppierungen und den libanesischen Streitkräften (EDA 14.2.2023).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (24.1.2023): Libanon: Reise- und Sicherheitshinweise 
(Teilreisewarnung),  https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/libanon-node/
libanonsicherheit/204048, Zugriff 16.2.2023
-AlM - Al-Monitor (23.1.2023): Lebanon's army 'on alert' following border tension with Israel, 
https://www.al-monitor.com/originals/2023/01/lebanons-army-alert-following-border-tension-israel, 
Zugriff 16.2.2023
-Alma (16.6.2022): The Mapping of Hezbollah’s Military Areas in South Lebanon, https://israel-
alma.org/2022/06/16/the-mapping-of-hezbollahs-military-areas-in-south-lebanon/,  Zugriff 
16.2.2023
-CIA  -  Central  Intelligence  Agency  [USA]  (14.2.2023):  The  World  Factbook, 
https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/lebanon/#people-and-society, Zugriff 16.2.2023
-CR - Control Risks (18.10.2022):  Economic crisis to continue to negatively affect Lebanon's 
security  environment,  https://www.controlrisks.com/our-thinking/insights/big-picture-series-
economic-crisis-to-continue-to-negatively-affect-security-environment, Zugriff 16.2.2023
-CRS  -  Congressional  Research  Service  (11.1.2023):  Lebanese  Hezbollah, 
https://crsreports.congress.gov/product/pdf/IF/IF10703, Zugriff 16.2.2023
-EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (14.2.2023):
Reisehinweise  für  Libanon, 
https://www.e   da.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/libanon/reisehinweise-  
libanon.html#edafd977b, Zugriff 16.2.2023
-ITIC  -  Meir  Amit  Intelligence  and  Terrorism  Information  Center  (6.9.2022):  Spotlight  on 
Terrorism: Hezbollah, Lebanon and Spotlight on Terrorism: Hezbollah, Lebanon and Syria (August 
21  –  September  5,  2022),  https://www.terrorism-info.org.il/en/spotlight-on-terrorism-hezbollah-
lebanon-and-spotlight-on-terrorism-hezbollah-lebanon-and-syria-august-21-september-5-2022/, 
Zugriff 16.2.2023
-NL - Now Lebanon (27.9.2022):  Security situation in Lebanon worsens as economic crisis 
continues,  https://nowlebanon.com/security-situation-in-lebanon-worsens-as-economic-crisis-
continues/, Zugriff 16.2.2023
 5. Rechtsschutz / Justizwesen
Die Verfassungsinstitutionen, insbesondere Parlament, Regierung und Justizwesen, funktionieren 
im  Prinzip  nach  rechtsstaatlichen  Grundsätzen,  sind  aber  in  ihrer  tatsächlichen  Arbeit  nicht- 
verfassungsgemäßen politischen Einflussnahmen ausgesetzt. Neben den in mehrere Instanzen 
gegliederten und  strukturell  dem  französischen  Justizwesen  angeglichenen  Zivilgerichten 
existieren  in  Libanon  konfessionelle  Gerichtsbarkeiten,  in  deren  Zuständigkeit  die 
familienrechtlichen,  bei  den  islamischen  Religionsgemeinschaften  auch  die  erbrechtlichen 
Verfahren,  fallen  (AA  5.12.2022).  Nach  der  libanesischen  Verfassung  werden  die 
Personenstandsgesetze  von  jeder  einzelnen  Glaubensgemeinschaft  erlassen,  wobei  das 
Gewohnheitsrecht mit religiösen Grundsätzen kombiniert wird (AN 26.8.2022). Frauen werden 
nach wie vor durch 15 verschiedene glaubensbasierte Personenstandsgesetze diskriminiert. Zu 
den Diskriminierungen gehört die Ungleichbehandlung beim Zugang zu Scheidung, Sorgerecht, 
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Erbschaft und Eigentumsrechten (HRW 12.1.2023). Im Libanon gibt es außerdem keine zivile Ehe
(HRW  7.2.2023).  Jede  der  großen  Glaubensgemeinschaften  hat  ein  anderes  gesetzliches 
Heiratsalter  (AN  26.8.2022).  Eine  Strafverfolgungs-  und  Strafzumessungspraxis,  die  nach 
Merkmalen wie ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Nationalität diskriminiert, ist in Libanon 
nicht zu erkennen. Allgemeine kriminelle Delikte werden im Rahmen feststehender straf- bzw. 
strafprozessrechtlicher  Vorschriften  nach  insgesamt  weitgehend  rechtsstaatlichen  Prinzipien 
verfolgt und geahndet (AA 5.12.2022).
Die  Rechtsprechung  ist  gemäß  Verfassung  unabhängig.  Es  kommt  jedoch  zu  politischer
Einflussnahme. Die Einhaltung der in der Verfassung garantierten richterlichen Unabhängigkeit ist 
in der praktischen Durchführung durch verbreitete Korruption, chronischen Richtermangel und 
politische  Einflussnahme  eingeschränkt.Auch  die  Gewaltenteilung  wird  in  der  Praxis  nur 
eingeschränkt respektiert; insbesondere in politisch brisanten Ermittlungsverfahren kommt es zur 
Einflussnahme auf die Justiz (AA 5.12.2022). Diverse Angriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz 
haben  die  laufenden  Ermittlungen  in  einigen  hochkarätigen  Strafsachen  der  letzten  Zeit 
beeinträchtigt, wie z.B. die Untersuchung der Explosion im Hafen von Beirut und die Untersuchung 
der Rolle des Gouverneurs der libanesischen Zentralbank beim finanziellen Zusammenbruch des 
Landes.  Diese  Einmischung  hat  einmal  mehr  gezeigt,  wie  anfällig  die  libanesische  Justiz  für 
willkürliche, unzulässige oder ungerechtfertigte politische Einmischungen ist, was ihre anhaltenden 
Mängel  und  die  insgesamt  fehlende  Unabhängigkeit  des  libanesischen  Justizsystems 
widerspiegelt (ICJ 12.2022). 
Das  Rechtssystem  unterscheidet  im  Strafrechtsbereich  zwischen  ordentlichen  und
Militärgerichten.  Delikte  gegen  die  Staatssicherheit,  gegen  das  Militär  oder  deren  Angehörige 
unterliegen dem Militärstrafrecht (AA 5.12.2022). Das Militärgericht ist außerdem zuständig für 
Fälle, in denen Zivilpersonen des Waffenbesitzes und der Wehrdienstverweigerung beschuldigt 
werden  (USDOS  12.4.2022).  Dabei  werden  die  Zuständigkeiten  der  Militärgerichtsbarkeit  oft 
extensiv ausgelegt, vor allem beim Vorwurf des Terrorismus. Militärgerichte verurteilen auch zivile 
Angeklagte wegen terroristischer Delikte mit islamistischem Hintergrund in Schnellverfahren ohne 
ausreichenden Rechtsbeistand. Seit Jahren (allerdings ohne greifbare Fortschritte) wird erwogen, 
alle  Militärverfahren,  wenngleich  unter  Beibehaltung  der  prozeduralen  Besonderheiten, 
ordentlichen Gerichten zu übertragen. Gegen Urteile des sogenannten Justizrates („Conseil de 
Justice“)  kann  kein  Rechtsmittel  eingelegt  werden.  Dieses  mit  fünf  Richtern  des 
Kassationsgerichtshofs besetzte Gericht urteilt auf Beschluss des Ministerrates in Strafverfahren, 
die die nationale Sicherheit betreffen (AA 5.12.2022). Andersrum können zwar auch zivile Gerichte 
gegen Militärangehörige vorgehen, doch werden diese Fälle häufig vom Militärgericht verhandelt, 
auch wenn es sich um Anklagen handelt, die nichts mit dem offiziellen Militärdienst zu tun haben. 
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Menschenrechtsaktivisten äußern die Befürchtung, dass solche Verfahren zu Straffreiheit führen
könnten (USDOS 12.4.2022). 
Verwaltung und Justiz in den palästinensischen Flüchtlingslagern sind sehr unterschiedlich, wobei 
die meisten Lager unter der Kontrolle gemeinsamer palästinensischer Sicherheitskräfte stehen, die 
mehrere  Fraktionen  repräsentieren.  Die  palästinensischen  Gruppen  in  den  Flüchtlingslagern 
verfügen über ein autonomes Justizsystem, das für Außenstehende meist nicht transparent ist und 
sich der Kontrolle des Staates entzieht. So versuchen beispielsweise lokale Volkskomitees in den 
Lagern,  Streitigkeiten  durch  informelle  Vermittlungsmethoden  zu  lösen,  übergeben  aber 
gelegentlich Personen, die schwerwiegenderer Vergehen (z. B. Mord und Terrorismus) beschuldigt 
werden, den staatlichen Behörden zur Verhandlung (USDOS 12.4.2022). 
Quellen:
-AA  -  Auswärtiges  Amt  [Deutschland]  (5.12.2022):  Bericht  über  die  asyl-  und 
abschiebungsrelevante Lage in Libanon (Stand 7.10.2022), 
https://www.ecoi.net/en/file/local/2083550/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_
%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Libanon_
%28Stand_07.10.2022%29%2C_05.12.2022.pdf, Zugriff 3.2.2023
-AN  -  Arab  News  (26.8.2022):  Early  marriage  blights  lives  of  young  girls  in  Lebanon’s 
marginalized  communities,  https://www.arabnews.com/node/2030696/middle-east,  Zugriff 
7.2.2023
-HRW - Human Rights Watch (7.2.2023): Lebanon Rejects Civil Marriages, Puts Children at 
Risk,  https://www.hrw.org/news/2023/02/07/lebanon-rejects-civil-marriages-puts-children-risk, 
Zugriff 7.2.2023
-HRW  -  Human  Rights  Watch  (12.1.2023):  World  Report  2023  –  Lebanon, 
https://www.ecoi.net/de/dokument/2085471.html, Zugriff 3.2.2023
-ICJ  -  International  Commission  of  Jurists  (12.2022):  Lebanon:  Upholding  Judicial 
Independence Discussion and Recommendations on the Draft Law on the Independence of the 
Judiciary - An Advocacy Paper,
https://icj2.wpenginepowered.com/wp-content/uploads/2022/12/LEBANON-Judicial-Independens-
ENG-full.pdf, Zugriff 7.2.2023
-USDOS - United States Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on 
Human  Rights  Practices:  Lebanon,  https://www.ecoi.net/de/dokument/2071165.html,  Zugriff 
3.2.2023
 6. Sicherheitsbehörden
Im Libanon gibt es drei große Sicherheitsbehörden: die Internal Security Forces (ISF), die General 
Security  (GS)  und  die  Generaldirektion  für  Staatssicherheit  (GDSS).  Diese  Behörden  haben 
unterschiedliche, sich jedoch manchmal überschneidende Aufgaben. Die ISF stellen die größte 
Sicherheitskraft  (ISPI  2.8.2022).  Sie  sind  die  allgemein  zuständige  Polizei  des  Staates  und 
gleichzeitig Hilfsorgan der Justiz (z.B. zum Führen des Kriminalregisters), sie werden durch einen 
sunnitischen  General  geleitet  (AA  5.12.2022)  und  unterstehen  dem  (ebenfalls  sunnitischen) 
Innenminister  (USDOS  12.4.2022;  vgl.  AA 5.12.2022).  Sie  sind  für  die  Aufrechterhaltung  der 
inneren  Sicherheit  und  Stabilität  zuständig,  einschließlich  des  Schutzes  von  Eigentum  und 
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Personen sowie der Durchsetzung von Gesetzen und Vorschriften (ISPI 2.8.2022). Die
demgegenüber schiitisch geprägte GS hat neben Fragen der Ein- und Ausreisekontrollen auch 
eine nachrichtendienstliche Funktion inne (AA 5.12.2022; vgl. ISPI 2.8.2022). Die GS untersteht 
ebenfalls  dem  Innenministerium  (USDOS  12.4.2022).  Die  GDSS  ist  die  kleinste 
Sicherheitsbehörde  (ISPI 2.8.2022).  Sie  ist  über  den  Obersten  Verteidigungsrat  dem 
Premierminister  unterstellt  und  ist  für  die  Untersuchung  von  Spionage  und  anderen 
Angelegenheiten der nationalen Sicherheit zuständig. Die parlamentarische Polizeitruppe (PPF) ist 
dem Parlamentspräsidenten unterstellt und hat die Aufgabe, die Räumlichkeiten des Parlaments 
und  die  Residenz  des  Parlamentspräsidenten  zu  schützen.  Sowohl  die  ISF  als  auch  die 
libanesischen Streitkräfte (LAF) stellen Einheiten für die PPF bereit (USDOS 12.4.2022). Die LAF, 
die dem Verteidigungsministerium unterstehen, sind für die äußere Sicherheit zuständig, dürfen 
aber aus Gründen der nationalen Sicherheit Verdächtige festnehmen und inhaftieren (USDOS 
12.4.2022). Anders als die anderen Sicherheitsinstitutionen gilt die Armee als parteipolitisch und 
konfessionell weitgehend neutral (trotz eines stets christlichen Oberbefehlshabers und zahlreicher 
christlicher Generäle) und genießt grundsätzlich hohes Ansehen in allen Bevölkerungsteilen (AA 
5.12.2022). 
Ein  Polizeigesetz  im  engeren  Sinne  gibt  es  nicht.  Dass  die  Institutionen  einer  bestimmten 
Konfession  und  ihrem  politischen  Lager  zuzuordnen  sind,  beeinflusst  teilweise  spürbar  die 
Zusammenarbeit  untereinander  (AA  5.12.2022).  Berichten  zufolge  zwingt  die  anhaltende 
wirtschaftliche, politische und soziale Krise im Libanon die Bewohner dazu, ihre Sicherheit selbst in
die Hand zu nehmen, und es bilden sich Nachbarschaftswachen, die dort einspringen, wo die 
staatliche Sicherheit versagt hat (AlM 17.12.2022; vgl. Haaretz 29.11.2022). Die Auswirkungen der 
wirtschaftlichen Probleme des Landes auf die Sicherheitskräfte sind besonders besorgniserregend, 
da die grassierende Inflation die operativen Budgets der libanesischen Sicherheitsbehörden und 
die Gehälter ihrer Mitarbeiter entwertet hat. Die Moral hat sich verschlechtert, viele Mitarbeiter 
gehen einer Schwarzarbeit nach und eine wachsende Zahl desertiert. Die Fähigkeit des Staates, 
die Straßen zu kontrollieren, wird immer schwächer, vor allem in den Randgebieten, während die 
Kriminalitätsrate  drastisch  ansteigt.  Immer  mehr  Bürger  kaufen  Schusswaffen  auf  dem 
Schwarzmarkt, um ihre Familien und ihr Eigentum zu schützen. Es bildet sich ein Mosaik lokaler 
Sicherheitsvorkehrungen, bei dem sich Gemeindepolizisten und Aktivisten politischer Parteien mit 
kommerziellen Anbietern und Freiwilligen aus der Bevölkerung zusammentun, um die Sicherheit in 
den  Vierteln  und Dörfern  zu  gewährleisten  (ICG  27.1.2022).  Dennoch  erhalten  die  zivilen 
Behörden die Kontrolle über die Streitkräfte der Regierung und andere Sicherheitskräfte, obwohl 
palästinensische Sicherheits- und Milizkräfte, die Hizbollah und andere extremistische Elemente 
außerhalb der Leitung oder Kontrolle der Regierungsbeamten operieren. Die Sicherheitskräfte der 
Regierung  sowie  bewaffnete  nichtstaatliche  Akteure  wie  die  Hizbollah  setzen  die  Praxis  der 
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außergerichtlichen Verhaftung und Inhaftierung fort, einschließlich der Inhaftierung in
Isolationshaft.  NGOs  berichten,  dass  Straflosigkeit  ein  erhebliches  Problem  bei  den 
Sicherheitskräften, einschließlich der ISF, der LAF und der PPF, darstellt. Straflosigkeit ist auch ein 
Problem in Bezug auf die Handlungen bewaffneter nichtstaatlicher Akteure wie der Hizbollah. Auf 
Fotos und Videos wurden Personen, die der PPF angehören sollen, dabei gefilmt, wie sie während 
der  Proteste  im  August  2020  mit  scharfer  Munition  auf  Demonstranten  schossen  (USDOS 
12.4.2022). 
Die staatlichen Institutionen haben in Teilen des Landes keinen uneingeschränkten Zugriff, bspw. 
in den palästinensischen Flüchtlingslagern (AA 5.12.2022). Die Flüchtlingslager waren für die 
libanesischen Behörden bekanntermaßen tabu (T961 19.1.2023). Auch in anderen Landesteilen 
schränkt die Existenz nicht-staatlicher Akteure die Zugriffsmöglichkeiten der Staatsorgane ein. 
Dies gilt insbesondere für die südlichen Vororte Beiruts und die schiitischen Siedlungsgebiete in 
der Bekaa-Ebene und im Süden des Landes, in denen die Hizbollah präsent ist und Druck auf 
staatliche Institutionen ausübt. So sind z.B. in diesen Gebieten polizeiliche Ermittlungen oder auch 
die Präsenz der libanesischen Armee nur eingeschränkt möglich (AA 5.12.2022). 
Quellen:
-AA  -  Auswärtiges  Amt  [Deutschland]  (5.12.2022):  Bericht  über  die  asyl-  und 
abschiebungsrelevante Lage in Libanon (Stand 7.10.2022), 
https://www.ecoi.net/en/file/local/2083550/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_
%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Libanon_
%28Stand_07.10.2022%29%2C_05.12.2022.pdf, Zugriff 7.2.2023
-AlM - Al Monitor (17.12.2022): As Lebanon unravels, Beirut neighborhood takes security into its 
own hands,  https://www.al-monitor.com/originals/2022/12/lebanon-unravels-beirut-neighborhood-
takes-security-its-own-hands, Zugriff 7.2.2023
-Haaretz  (29.11.2022):  Beirut  ‘Neighborhood  Watch’  Echoes  Lebanon’s  Troubled  Past, 
https://www.haaretz.com/middle-east-news/2022-11-27/ty-article/beirut-neighborhood-watch-
echoes-lebanons-troubled-past/00000184-b86c-db6f-a9ac-feed96bf0000, Zugriff 7.2.2023
-ICG - International Crisis Group (27.1.2022):  Lebanon: Fending Off Threats from Within and 
Without,  https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/east-mediterranean-mena/lebanon/
lebanon-fending-threats-within-and-without, Zugriff 7.2.2023
-ISPI - Italian Institute for International Political Policy (2.8.2022): Lebanon: New Challenges to 
the  Delivery  of  Security  Assistance,  http://www.ispionline.it/en/publication/lebanon-new-
challenges-delivery-security-assistance-35928, Zugriff 7.2.2023
-T961 - The 961 (19.1.2023): Murderer Who Escaped From Sweden Was Just Caught In
Palestinian  Refugee  Camp  In  Lebanon,  https://www.the961.com/murderer-escaped-sweden-
caught-palestinian-refugee-camp-lebanon/, Zugriff 9.2.2023
-USDOS - United States Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on 
Human  Rights  Practices:  Lebanon,  https://www.ecoi.net/de/dokument/2071165.html,  Zugriff 
7.2.2023
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7. Folter und unmenschliche Behandlung
Das Gesetz verbietet die Anwendung von Gewalt, um ein Geständnis oder Informationen über eine
Straftat zu erlangen, aber die Justiz hat Foltervorwürfe nur selten untersucht oder verfolgt (USDOS 
12.4.2022).  Die  Anwendung  von  Folter  durch  Angehörige  der  Strafverfolgungsbehörden,  des 
Militärs und der staatlichen Sicherheitskräfte hält trotz der Verabschiedung von Antifoltergesetzen 
und  der  Schaffung  von  institutionellen  Mechanismen  zur  Unterbindung  dieser  Praxis  an  (FH 
24.2.2022).  Obwohl  zivilgesellschaftliche  Organisationen  seit  langem  dokumentieren,  dass  es 
immer  wieder  zu  Folterungen  und  einer  verfestigten  Praxis  von  Gewalt,  Demütigung  und 
Misshandlung  in  der  Haft  kommt,  haben  die  Behörden  keine  nennenswerten  Schritte 
unternommen,  um  gegen  diese  Verstöße  vorzugehen  (Alkamara  15.1.2023).  Die  Regierung 
bestreitet  die  systematische  Anwendung  von  Folter  (USDOS  12.4.2022;  vgl.  AA 5.12.2022), 
obwohl die Behörden einräumten, dass es während der Untersuchungshaft auf Polizeistationen 
oder  in  Militäreinrichtungen,  wo  Beamte  Verdächtige  ohne  die  Anwesenheit  eines  Anwalts 
verhörten, manchmal zu gewaltsamen Misshandlungen kam (USDOS 12.4.2022). Ermittlungs- 
oder Strafverfahren wegen Foltervorwürfen sind bisher nur in Einzelfällen bekannt geworden. Das 
Auswärtige  Amt  der  Bundesrepublik  Deutschland  berichtet,  dass  es  sich  laut  libanesischer 
Regierung  um  „Exzesse  Einzelner“  handelt,  gegen  die  man  noch  stärker  auf  strafrechtlicher 
Grundlage vorgehen werde (AA 5.12.2022). Beschwerden über Folter, die von Demonstranten im 
Jahr 2020 eingereicht wurden, wurden von den Gerichten nicht weiterverfolgt (HRW 12.1.2023). 
Zwischen  dem  25.  und  31.1.2021  wurden  35  Personen  im  Zusammenhang  mit  Protesten  in 
Isolationshaft genommen. Nach seiner Freilassung wies ein Festgenommener Anzeichen schwerer 
Schläge am ganzen Körper auf, mit erheblichen Verletzungen an Kopf, Schultern und Hals, und
berichtete, dass er gefoltert oder anderweitig misshandelt worden sei (AI 29.3.2022). 
Obwohl  das  Parlament  2017  ein  Anti-Folter-Gesetz  verabschiedet  hat,  wird  die  Folter  durch 
Sicherheitskräfte  fortgesetzt,  die  Justizbehörden  ignorieren  weiterhin  die  Bestimmungen  des 
Gesetzes,  und  die  Rechenschaftspflicht  für  Foltervorwürfe  bleibt  schwer  zu  erreichen  (HRW 
12.1.2023). Die Untersuchungsabteilung der libanesischen Streitkräfte (LAF) leitete im Mai 2020 
eine interne Untersuchung über die angebliche Folterung von Gefangenen in LAF-Gefängnissen in 
Sidon  und  Tripolis  ein,  nachdem  es  in  diesen  Städten  zu  Protesten  gekommen  war.  Die 
Untersuchung wurde ausgesetzt, da keine formellen Anschuldigungen von den Opfern vorlagen 
und der ursprüngliche Untersuchungsrichter von seinem Posten zurücktrat (USDOS 12.4.2022). Im 
Jahr  2019  hat  der  libanesische  Ministerrat  die  fünf  Mitglieder  des  nationalen 
Präventionsmechanismus gegen Folter ernannt, aber noch keine Mittel für den Mechanismus 
bereitgestellt  (HRW  12.1.2023).  Menschenrechtsorganisationen  haben,  anders  als  das 
Internationale Komitee des Roten Kreuzes, seit 2007 keinen Zutritt zu den Militärgefängnissen und 
zum  Verhörzentrum  im  Verteidigungsministerium  (AA  5.12.2022).  NGOs  und  ehemalige 
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Gefangene berichten weiterhin, dass Drogenkonsumenten, Prostituierte und LGBTI-Personen
durch Beamte der Internal Security Force (ISF) - unter anderem durch Androhung längerer Haft 
und  Preisgabe  ihrer  Identität  gegenüber  Familie  oder  Freunden  -  misshandelt  wurden, 
insbesondere in Haftanstalten außerhalb Beiruts. Erzwungene Analuntersuchungen von Männern, 
die  der  gleichgeschlechtlichen  sexuellen  Aktivität  verdächtigt  werden,  sind  in  den 
Polizeidienststellen Beiruts zwar verboten, werden aber in Tripoli und anderen Städten außerhalb 
der Hauptstadt weiterhin durchgeführt (USDOS 12.4.2022). Im September 2022 starb ein syrischer 
Flüchtling im Gewahrsam der Staatssicherheit an den Folgen von Folter. Mehrere Beamte wurden 
verhaftet und stehen vor Militärgerichten, denen es an Unabhängigkeit mangelt (HRW 12.1.2023). 
Das  Access  Center  for  Human  Rights  (ACHR)  berichtete  über  Fälle  von  Folter,  ungerechten 
Gerichtsverfahren und „unmenschlichen“ Bedingungen während der Inhaftierung von syrischen 
Flüchtlingen durch die libanesischen Behörden (OT 14.3.2022; vgl. AI 23.3.2021). 
Die  LAF,  die  ISF  und  die  Direktion  für  allgemeine  Sicherheit  (DGS)  verfügen  über  neue 
Verhaltenskodizes,  die  sie  mit  Unterstützung  des  UN-Hochkommissariats  für  Menschenrechte 
entwickelt und 2020 umgesetzt haben, um die Achtung und den Schutz der Menschenrechte zu 
fördern und Elemente der Rechenschaftspflicht einzuführen. Die Gendarmerieeinheit der ISF hat 
mit  Unterstützung  der  Geberländer  ein  Schulungsprogramm  eingeführt,  das  auch 
Menschenrechtsschulungen umfasst (USDOS 12.4.2022). 
Quellen:
-AA  -  Auswärtiges  Amt  [Deutschland]  (5.12.2022):  Bericht  über  die  asyl-  und 
abschiebungsrelevante Lage in Libanon (Stand 7.10.2022), 
https://www.ecoi.net/en/file/local/2083550/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_
%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Libanon_
%28Stand_07.10.2022%29%2C_05.12.2022.pdf, Zugriff 3.2.2023
-AI  -  Amnesty  International  (29.3.2022):  Lebanon  2021, 
https://www.amnesty.org/en/location/middle-east-and-north-africa/lebanon/report-lebanon/, Zugriff 
3.2.2023
-AI - Amnesty International (23.3.2022): Lebanon: ‘I Wished I Would Die’ - Syrian refugees 
arbitrarily  detained  on  terrorism-related  charges  and  tortured  in  Lebanon, 
https://www.amnesty.org/en/documents/mde18/3671/2021/en/?
utm_source=annual_report&utm_medium=epub&utm_campaign=2021&utm_term=english, Zugriff
3.2.2023
-Alkamara (15.1.2023): Lebanon : Alkarama joins lebanese civil society in a common call to 
adress  the  situation  in  Roumieh  and  other  detention  centers, 
https://www.alkarama.org/en/articles/lebanon-lack-means-no-excuse-lack-will, Zugriff 2.3.2023
-FH  -  Freedom  House  (24.2.2022):  Freedom  in  the  World  2022  –  Lebanon, 
https://www.ecoi.net/en/document/2071882.html, Zugriff 3.2.2023
-HRW  -  Human  Rights  Watch  (12.1.2023):  World  Report  2023  –  Lebanon, 
https://www.ecoi.net/de/dokument/2085471.html, Zugriff 3.2.2023
-OT - L’Orient Today (14.3.2022): Rights group alleges refugees arbitrarily detained, held in 
'inhumane'  conditions  in  Lebanon,  https://today.lorientlejour.com/article/1293607/rights-group-
alleges-refugees-arbitrarily-detained-held-in-inhumane-conditions-in-lebanon.html,  Zugriff 
3.2.2023
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-USDOS - United States Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on
Human  Rights  Practices:  Lebanon,  https://www.ecoi.net/de/dokument/2071165.html,  Zugriff 
3.2.2023
 8. Korruption
Libanon  leidet  unter  endemischer  Korruption  (USDOS  12.4.2022).  Die  politische  und 
wirtschaftliche Elite betrachtet den Staat mehr oder weniger als Selbstbedienungsladen für sich 
und  ihre  Klientel  (WZ  15.1.2023).  Die  Korruption  durchdringt  alle  Ebenen  und  Zweige  der 
Regierung, da die Auswahl für öffentliche Ämter auf ethnischen und parteilichen Loyalitäten und 
Klientelismus beruht, was zu einem aufgeblähten, ineffizienten und korrupten öffentlichen Dienst 
führt  (U4  8.9.2022).  Der  Zugang  zu  öffentlichen  Dienstleistungen  hängt  oft  von 
Schmiergeldzahlungen  oder  persönlichen  Beziehungen  (wasta)  ab  (TI  19.9.2022;  vgl.  U4 
8.9.2022). Gemäß Transparency International’s Corruption Perceptions Index liegt der Libanon im 
Jahr  2022  in  Bezug  auf  Korruption  auf  Platz  150  von  insgesamt  180  Staaten  (TI  o.D.).  Die 
Korruption hat im Libanon einen historischen Höchststand erreicht und verschärft dadurch die 
Wirtschaftskrise weiter, die zu einer noch nie dagewesenen Armut und Ungleichheit geführt hat (TI 
19.9.2022). 
Zu  den  häufigsten  Korruptionsarten  gehören  im  Allgemeinen  politische  Klientelwirtschaft, 
Versäumnisse  der  Justiz,  insbesondere  bei  der  Untersuchung  von  Amtsmissbrauch  und 
Bestechung  auf  mehreren  Ebenen  innerhalb  der  nationalen  und  kommunalen  Regierung.  Am 
7.4.2021 erhob ein Staatsanwalt Anklage gegen den Gouverneur der Zentralbank, Riad Salameh, 
den Vorsitzenden der Societe General Banque du Liban, Antoun Sehnaoui, Michel Mecattaf von 
der Firma Mecattaf und die Vorsitzende der Bankenkontrollkommission der Zentralbank, Maya 
Dabbagh wegen des Verdachts, dass die Bank große Summen überwiesen hat, was zu einer
Abwertung des Pfunds führte. Der Fall wurde an einen Ermittlungsrichter verwiesen (USDOS 
12.4.2022). Darüber hinaus ermitteln derzeit fünf europäische Länder gegen Riad Salameh wegen 
des Vorwurfs, öffentliche Gelder in Europa gewaschen zu haben (AP 11.1.2023). 
Seit der Explosion im Beiruter Hafen im August 2020 fordern die Angehörigen eine transparente 
Untersuchung der Ursachen dieser verheerenden Tragödie (OT 9.12.2022). Die Richter, die für die 
Untersuchung  der  Explosion  verantwortlich  waren,  haben  die  Ermittlungen  mehrfach  unter 
politischem  Druck  unterbrochen,  nachdem  Anklage  gegen  mehrere  derzeitige  und  frühere 
hochrangige Beamte erhoben wurde (USDOS 12.4.2022). Libanons oberster Staatsanwalt hat im 
Januar 2023 Anklage gegen Richter Tarek Bitar erhoben, der die tödliche Explosion im Hafen von 
Beirut  untersuchte,  und  die  Freilassung  aller  im  Zusammenhang  mit  dem  Fall  inhaftierten 
Verdächtigen  angeordnet,  wie  aus  Justizkreisen  verlautete.  Diese  Entscheidung  spiegelt  den 
zunehmenden  Widerstand  der  libanesischen  Regierungsklasse  gegen  die  Bemühungen  von 
Richter Bitar wider, seine Ermittlungen zu der verheerenden Explosion wieder aufzunehmen (AJ 
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