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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
- DS – Der Standard (3.4.2023): Montenegros neuer Staatschef Milatović ist ein ziemlich unbekannter Sieger, https://www.derstandard.at/story/2000145167648/montenegros-neuer- staatschefmilatovic-ein-ziemlich-unbekannter-sieger, Zugriff 24.1.2024 - DS – Der Standard (12.6.2023): Neue Zentrumspartei gewinnt Wahl in Montenegro, https://www.derstandard.at/story/3000000174240/neue-zentrumspartei-gewinnt-wahl-in- montenegro, Zugriff 24.1.2024 - DS - Der Standard (31.10.2023): Montenegro hat fast fünf Monate nach der Wahl eine neue Regierung, https://www.derstandard.at/story/3000000193251/montenegro-hat-fast-fuenf- monate-nach-den-wahlen-eine-neue-regierung, Zugriff 24.1.2024 - EK - Europäische Kommission (8.11.2023): Montenegro 2023 Report [SWD(2023) 694 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/2101213/SWD_2023_694+Montenegro+report.pdf, Zugriff 30.1.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088541.html, Zugriff 8.2.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 3. Sicherheitslage Montenegro ist NATO-Mitglied (AA 9.10.2023). Die Lage im gesamten Land ist insgesamt ruhig (AA 17.8.2023). Das Staatsgebiet von Montenegro beinhaltet keine Konfliktregionen (AA 26.5.2023). Gewaltverbrechen stellen für die Bevölkerung kein nennenswertes Problem dar, obwohl es in den letzten Jahren zu mehreren Morden unter rivalisierenden kriminellen Banden gekommen ist (FH 2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2023): Montenegro: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/montenegro-node/politisches-portraet/ 216348, Zugriff 24.1.2024 - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (17.8.2023): Montenegro: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/montenegro-node/montenegrosicherheit/ 216330, Zugriff 24.1.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088541.html, Zugriff 8.2.2024 4. Rechtsschutz / Justizwesen Mangelnde Einigungsfähigkeit der Politik führt auch weiterhin dazu, dass zahlreiche Positionen im Justizbereich unbesetzt, unvollständig oder nur kommissarisch besetzt sind, was nicht nur die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 35

Rechtsprechung, sondern auch notwendige Reformen im Justizsystem beeinträchtigt (AA 26.5.2023). Montenegro ist nach wie vor mäßig auf die Anwendung des EU-Besitzstands und der europäischen Standards im Bereich Justiz und Grundrechte vorbereitet, hat aber insgesamt begrenzte Fortschritte gemacht. Keine Fortschritte wurden bei der Justizreform erzielt, dem bisher schwierigsten Bereich der Rechtsstaatlichkeit. Das Justizsystem befindet sich weiterhin in einer tiefen institutionellen Krise, die sich in schwacher Führung, einem Mangel an strategischer Vision und schlechter Planung niederschlägt und auch die Rechtsprechung beeinträchtigt. Es gibt auch weiterhin Probleme bei der Rechenschaftspflicht. Montenegro erfüllt weiterhin seine Verpflichtungen in Bezug auf die Grundrechte gemäß internationalen Menschenrechtsinstrumenten und -gesetzen (EK 8.11.2023). Es lassen sich keine diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis und keine unverhältnismäßige Bestrafung feststellen. Effektivität und Unabhängigkeit der Justiz sind nicht vollständig gewährleistet. Die montenegrinische Justiz arbeitet am Abbau eines über Jahre gewachsenen Verfahrensstaus. Professionalisierung und Unabhängigkeit des Justizsystems sind zentrale Forderungen der Europäischen Union gegenüber Montenegro im Rahmen des Beitrittsprozesses. Mit den am 31. Juli 2013 vom Parlament angenommenen Verfassungsänderungen, (Modifizierung der Verfahren zur Ernennung der Richter, der Verfassungsrichter und des Generalstaatsanwaltes) und der Einrichtung einer Sonderstaatsanwaltschaft im Juni 2015 für die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption auf hoher Ebene, wurden hierfür wichtige Voraussetzungen geschaffen. Gleichwohl erfolgt die Auswahl von Richtern bzw. die Besetzung der Gremien zur Auswahl von Richtern und Staatsanwälten weiterhin vielfach in einem hoch politisierten Verfahren. Wenn eine politische Einigung im Parlament nicht erzielt werden kann, bleiben die entsprechenden Positionen, mitunter über Jahre, vakant oder werden nur geschäftsführend besetzt. Die weit in die Zeit vor der Unabhängigkeit Montenegros zurückreichenden Defizite insbesondere im Bereich der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität hatten zu einer partiellen Straffreiheit geführt. So konnten Dutzende Mordfälle an hochrangigen Amtsträgern oder Intellektuellen in der Zeit von der Unabhängigkeit bis heute nicht oder nicht vollständig aufgeklärt werden. Neben diesen Mordfällen gibt es im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität eine Reihe von Vorwürfen über Drohungen, Einschüchterungen und Korruption, deren Hintergründe im Einzelfall nicht geklärt oder justiziell aufgearbeitet werden konnten. Ähnliches gilt für Übergriffe gegen oder Einschüchterungen von Oppositionellen und Medienvertretern. Zuletzt wurden auch aktuelle und ehemalige Spitzenvertreter des Justiz- und Strafverfolgungssystems unter dem Vorwurf der Korruption bzw. Zusammenarbeit mit Strukturen der organisierten Kriminalität festgenommen. Unter ihnen sind eine ehemalige Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs, ein stellvertretender Sonder- .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 35

Generalstaatsanwalt sowie der Leiter der Kriminalpolizei. In keinem der Fälle ist jedoch bislang ein Urteil ergangen (AA 26.5.2023). Die Verfassung und das Gesetz sehen eine unabhängige Justiz vor. Verfassung und Gesetze sehen das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren vor, und die Justiz hat dieses Recht im Allgemeinen durchgesetzt. Systembedingte Schwächen wie politische Einflussnahme und langwierige Verfahren, uneinheitliche Gerichtspraktiken und eine relativ nachsichtige Strafzumessung schwächen das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Effizienz und Unparteilichkeit der Justiz. Nach Angaben von NGOs lehnten die Gerichte in den meisten Fällen Zivilklagen wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen entweder ab oder verhandelten sie nur langsam. Wenn einheimische Gerichte Entscheidungen zu Menschenrechtsfragen fällten, befolgte die Regierung diese im Allgemeinen. Das Büro des Ombudsmanns stellte fest, dass die Zahl der Beschwerden über angebliche gerichtliche Verletzungen von Bürgerrechten zuletzt höher war als in den vergangenen Jahren, einschließlich Verletzungen des Rechts auf Unschuldsvermutung und des Rechts auf Privatsphäre. Nach Ausschöpfung aller anderen zur Verfügung stehenden wirksamen Rechtsbehelfe können die Bürger angebliche Menschenrechtsverletzungen vor dem Verfassungsgericht anfechten. NGOs und einige Aufsichtsbehörden äußerten ihre Frustration über die langsame Arbeit des Verfassungsgerichts. Das Büro des Ombudsmanns stellte fest, dass bereits vor den Verzögerungen durch die COVID-19-Pandemie die lange Dauer von Prozessen, insbesondere von solchen, die als vorrangig eingestuft wurden, das Vertrauen der Bürger in das Gerichtssystem untergraben hat. Sobald der nationale Rechtsweg ausgeschöpft ist, können Einzelpersonen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Beschwerde wegen angeblicher Verstöße der Regierung gegen die Europäische Menschenrechtskonvention einlegen. Die meisten Beschwerden beim EGMR beziehen sich auf Verstöße gegen das Recht auf ein faires Verfahren, einschließlich der Länge des Verfahrens. Die Regierung hält sich traditionell an die Entscheidungen des EGMR (USDOS 20.3.2023). Die verfassungsrechtlichen Garantien für ein ordnungsgemäßes Verfahren werden nicht konsequent eingehalten. Gerichtsverfahren sind langwierig und oft sehr bürokratisch, vor allem wenn es um geschäftliche Angelegenheiten geht. Die Polizei hält Verdächtige häufig lange in Untersuchungshaft, um die Ermittlungen abzuschließen. Die Gerichte sind finanziell schlecht ausgestattet und oft überlastet (FH 2023). Im Jahr 2022 wurde das Funktionieren des montenegrinischen Justizsystems durch den Verlust der Beschlussfähigkeit des Verfassungsgerichts stark beeinträchtigt, als ein Richter Mitte September in den Ruhestand ging und nur noch drei von sieben Richtern auf der Richterbank saßen. Das Parlament hatte es bereits versäumt, die anderen freien Stellen zu besetzen, für die eine Mehrheit erforderlich ist. In ähnlicher Weise wurde nur eines der vier nichtständigen Mitglieder des Justizrats ernannt, nachdem die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 35

Abgeordneten trotz eines sehr kompetitiven Verfahrens mit 35 Bewerbern keinen Konsens erzielen konnten. Die Ernennung des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs stand am Jahresende noch aus, während der Präsident des Verwaltungsgerichts Ende Oktober 2022 ernannt wurde, nachdem dieser Posten mehr als ein Jahr lang unbesetzt gewesen war. Der Verfahrensstau der Justiz vergrößerte sich auf insgesamt 5.448 Fälle, die älter als drei Jahre waren. Im Laufe des Jahres 2022 wurden mehrere hochkarätige Verfahren wegen Korruption und organisierter Kriminalität eingeleitet (FH 24.5.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - EK - Europäische Kommission (8.11.2023): Montenegro 2023 Report [SWD(2023) 694 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/2101213/SWD_2023_694+Montenegro+report.pdf, Zugriff 30.1.2024 - FH - Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092904.html, Zugriff 31.1.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 5. Sicherheitsbehörden Eine Vermischung zwischen polizeilichen und militärischen Aufgaben findet nicht statt. Das montenegrinische Militär nimmt keine Aufgaben der inneren Sicherheit wahr und bleibt getrennt von der Politik. Der montenegrinische Nachrichtendienst ANB ist organisatorisch von den übrigen Sicherheitsbehörden klar getrennt (AA 26.5.2023). In Fällen von polizeilichem Fehlverhalten können sich Bürger an den Rat für die zivile Kontrolle von Polizeieinsätzen wenden, der dann Empfehlungen für Maßnahmen an den Polizeichef oder den Innenminister aussprechen kann. Straflosigkeit ist ein Problem bei den Sicherheitskräften, insbesondere bei Polizei- und Gefängnisbeamten. Einheimische NGOs führen Korruption, mangelnde Transparenz, fehlende Kapazitäten der Aufsichtsorgane, sowie politischen Einfluss auf Staatsanwälte und Beamte der Polizeiverwaltung und des Innenministeriums als Faktoren an, die zur Straflosigkeit beitragen, trotz der Existenz mehrerer unabhängiger Aufsichtsgremien. Im Laufe des Jahres 2022 boten die Behörden zwar zahlreiche Schulungen an, häufig in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern, und hielten Arbeitsgruppen ab, die sich mit der Förderung und dem Schutz der Menschenrechte im Lande befassten. Einheimische NGOs berichten, dass die Regierungsbehörden kaum Fortschritte bei der Lösung des Problems der Misshandlungen durch die Polizei und anderer Unzulänglichkeiten in der Abteilung für interne Kontrolle des Innenministeriums gemacht hätten. Sie verwiesen auf das Fehlen strenger Einstellungskriterien und die mangelnde Ausbildung von Polizeibeamten, das Fehlen einer wirksamen Aufsicht und die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 35

Notwendigkeit, dass die Staatsanwälte gründlichere und zügigere Ermittlungen in Fällen angeblicher Misshandlungen durch Polizeibeamte durchführen (USDOS 20.3.2023). In zahlreichen Fällen wurde der Polizei exzessive Gewaltausübung nachgewiesen, insbesondere gegen Inhaftierte. Diese Fälle wurden von den Gerichten sehr schleppend behandelt, die Strafmaße bei Verurteilungen fielen milde aus und auch verurteilte Polizisten durften weiter im Dienst bleiben. Korruption, mangelnde Transparenz und politischer Einfluss tragen dazu bei, dass es nach Auffassung von NGOs eine Kultur der Straflosigkeit gibt, wenn es um Gewalt seitens der Polizei oder des Vollzugsdienstes geht (KSW 12.2022). Montenegro muss nach Ansicht der Europäischen Kommission seine Bemühungen zur Durchführung effizienter, wirksamer und unabhängiger Untersuchungen zur Aufdeckung von Folter durch die Polizei verstärken (EK 8.11.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - EK - Europäische Kommission (8.11.2023): Montenegro 2023 Report [SWD(2023) 694 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/2101213/SWD_2023_694+Montenegro+report.pdf, Zugriff 30.1.2024 - KSW - Katholische Seelsorgeeinheit Waldkirch (12.2022): Die „Sicheren Herkunftsstaaten“ des Westbalkans, https://www.kath-waldkirch.de/media/download/integration/1684343/2022-12-12- die-sicheren-herkunftsstaaten-des-westbalkans_1.pdf, Zugriff 8.2.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 6. Korruption Montenegro hat bei der Korruptionsbekämpfung begrenzte Fortschritte erzielt. Montenegro hat seinen rechtlichen und strategischen Rahmen für die Korruptionsprävention und -bekämpfung nicht ausreichend im Einklang mit dem EU-Besitzstand und den europäischen und internationalen Standards verbessert. Einiges deutet darauf hin, dass Korruption und organisierte Kriminalität tief in die staatlichen Strukturen eingedrungen sind, auch auf der höchsten Ebene der Justiz und der Strafverfolgungsbehörden. Mehrere Fälle von Korruption, die ins Licht der Öffentlichkeit gerückt sind, werden derzeit untersucht. Bei der Korruptionsprävention wurden begrenzte Fortschritte erzielt. Die Ergebnisse der Korruptionsbekämpfungsbehörde haben sich quantitativ gesehen verbessert. Allerdings sollten ihre Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht, Unparteilichkeit und Proaktivität weiter gewährleistet werden. Das Gesetz zur Korruptionsprävention sollte verbessert werden (EK 8.11,2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 35

Die Gesetze sehen strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, aber die Regierung setzte diese nicht wirksam um, und Korruption bleibt ein großes Problem. Nach Ansicht der Öffentlichkeit ist Korruption bei Einstellungen auf der Grundlage persönlicher Beziehungen oder politischer Zugehörigkeit in der Regierung und in anderen Bereichen des öffentlichen Sektors sowohl auf lokaler als auch auf nationaler Ebene weit verbreitet, insbesondere in den Bereichen Gesundheitswesen, Hochschulbildung, Justiz, Zoll, politische Parteien, Polizei, Streitkräfte, Stadtplanung und Baugewerbe. Die Agentur für Korruptionsprävention (APC) setzte im Laufe des Jahres 2022 ihre Aktivitäten zum Aufbau von Kapazitäten und zur technischen Unterstützung fort, doch die inländischen NGOs kritisierten die mangelnde Transparenz und allgemeine Effizienz der Agentur. Die NGOs kritisierten weiterhin die Praxis der Korruptionsbekämpfungsbehörde, sich nicht mit Fällen mutmaßlicher Korruption zu befassen, die aus der Zeit vor der Gründung der Behörde im Jahr 2016 stammen. Die APC argumentierte, solche Fälle lägen außerhalb ihres Mandats; ein Argument, das der Verwaltungsgerichtshof 2018 verworfen hat. Die Europäische Kommission stellte fest, dass die Probleme im Zusammenhang mit der Integrität, Unparteilichkeit und Rechenschaftspflicht der APC fortbestehen. Die mit der Korruptionsbekämpfung beauftragten Agenturen räumten ein, dass die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen ihnen unzureichend sind. NGOs stellten fest, dass trotz gelegentlicher Verhaftungen von Prominenten die Wirksamkeit der Korruptionsbekämpfung durch das Ausbleiben von Anklagen in Fällen von Korruption und damit verbundener organisierter Kriminalität weiter beeinträchtigt wird (USDOS 20.3.2023). Montenegro liegt im 2022 Corruption Perceptions Index von Transparency International mit einer Bewertung von 45 (von 100) (0=highly corrupt, 100=very clean) über dem Wert der Region Osteuropa & Zentralasien von 35. Damit liegt das Land gleichauf mit z.B. China und Kuba. Zum Vergleich: Österreich hat im CPI 2022 die Bewertung 71 (von 100) (TI 2023). Im Laufe des Jahres 2022 wurden mehrere hochkarätige Verfahren gegen Amtsträger wegen Korruption und organisierter Kriminalität eingeleitet, z.B. gegen den ehemaligen Leiter der Steuer- und Zollverwaltung, gegen den ehemaligen Präsidenten des Handelsgerichts, gegen ehemalige Vorstandsmitglieder eines staatlichen landwirtschaftlichen Unternehmens, gegen den ehemaligen Vorsitzenden des staatlichen Investitions- und Entwicklungsfonds, usw. Der Sonderstaatsanwalt beklagte in einem Interview, dass es seiner Behörde an personellen und technischen Ressourcen für fortschrittlichere Ermittlungsmethoden fehle. Außerdem wies er auf die mangelnde Vernetzung der staatlichen Datenbanken und die unzureichende Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Behörden hin (FH 24.5.2023). Im April und im Mai 2022 wurde u.a. der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofs wegen des Verdachts auf Korruption inhaftiert. Der Sonderstaatsanwalt wurde im Dezember wegen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 35

Amtsmissbrauch festgenommen. Im Oktober forderte die Europäische Kommission Montenegro auf, Rechtsvorschriften zur Stärkung der justiziellen Unabhängigkeit, Integrität, Rechenschaftspflicht und Professionalität zu erlassen (AI 28.3.2023). Korruption und Vetternwirtschaft sind nach wie vor weit verbreitet. In den Fortschrittsberichten der Europäischen Kommission werden die Integrität, Glaubwürdigkeit, Unparteilichkeit, Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht und Prioritätensetzung der Korruptionsbekämpfungsbehörde, sowie der Staatsanwaltschaft immer wieder in Frage gestellt. Organisationen der Zivilgesellschaft und unabhängige Medien sorgen für ein gewisses Maß an Rechenschaftspflicht, indem sie über die offizielle Korruption und ihre Auswirkungen berichten. Im März 2022 wählte der Rat der Staatsanwaltschaft einen neuen Sonderstaatsanwalt, der sich vorrangig mit Korruptions- und Finanzermittlungen auf höchster Ebene befasst und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Institution stärkt (FH 2023). Quellen: - AI – Amnesty International (28.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Montenegro 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2094438.html, Zugriff 7.2.2024 - EK - Europäische Kommission (8.11.2023): Montenegro 2023 Report [SWD(2023) 694 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/2101213/SWD_2023_694+Montenegro+report.pdf, Zugriff 30.1.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088541.html, Zugriff 8.2.2024 - FH - Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092904.html, Zugriff 31.1.2024 - TI - Transparency International (2023): Corruption Perceptions Index 2022, https://images.transparencycdn.org/images/Report_CPI2022_English.pdf, Zugriff 8.2.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 7. Wehrdienst und Rekrutierungen Montenegro hat die Wehrpflicht abgeschafft (AA 26.5.2023). Die Verfassung befreit Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen, einschließlich derjenigen, die aus religiösen Gründen verweigern, vom Militärdienst. Ein Ersatzdienst ist nicht erforderlich (USDOS 15.5.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (15.5.2023): 2022 Report on International Religious Freedom: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092384.html, Zugriff 2.2.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 35

8. Allgemeine Menschenrechtslage Die Verfassung Montenegros vom 19. Oktober 2007 enthält einen umfassenden Menschenrechtskatalog, der neben allgemeinen Bestimmungen und Verfahrensrechten die politischen Rechte und Freiheiten und umfangreiche wirtschaftliche, soziale und kulturelle Grundrechte festschreibt. Internationale Abkommen, denen Montenegro beigetreten ist, sowie die Grundsätze des Völkerrechts sind vorrangig anwendbares Recht, sofern die nationalen Gesetze hiervon abweichen. Die Verfassung sieht die Möglichkeit vor, sich im Falle einer Grundrechtsverletzung nach Ausschöpfung des Rechtsweges an das Verfassungsgericht zu wenden. In der Praxis gibt es im Umgang mit individuellen Verfassungsbeschwerden jedoch keine einheitliche Entscheidungslinie. Für die Verbesserung des Schutzes der Menschenrechte wurde das Büro eines Menschenrechts-Ombudsmanns eingerichtet. Die Effektivität des Rechtssystems wird zudem von mehreren Menschenrechtsorganisationen aufmerksam und kritisch beobachtet, die insbesondere über Einzelfälle von Menschenrechtsverletzungen berichten. Die persönliche Freiheit und das Leben des Einzelnen sind durch staatliche Stellen nicht gefährdet. Staatliche Repression findet nicht statt. Es gibt keine Anzeichen für eine diskriminierende Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis. Eine Verwicklung staatlicher Stellen in Fälle von vermissten Personen ist ebenfalls nicht bekannt. In Montenegro gibt es keine Blutrache. Es liegen keine Erkenntnisse über eine systematische nichtstaatliche Verfolgung vor, es gibt keine Repressionen wie Misshandlungen, Entführungen, Verhaftungen, psychische Gewalt oder sonstige willkürliche Handlungen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft/Abstammung, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen/sozialen Gruppe. Menschenrechtsorganisationen können sich in Montenegro frei betätigen und finden breites öffentliches Gehör sowie auch finanzielle, internationale Unterstützung. Auf die Beobachtung von Wahlen spezialisierte Organisationen haben Zugang zum Wahlprozess (AA 26.5.2023). Auf dem Gebiet der Grundrechte ist der gesetzliche und institutionelle Rahmen weitgehend vorhanden und Montenegro erfüllt weiterhin weitgehend seine internationalen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte. Allerdings sind laut der Europäischen Kommission zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um diesen Rahmen vollständig umzusetzen (EK 8.11.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - EK - Europäische Kommission (8.11.2023): Montenegro 2023 Report [SWD(2023) 694 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/2101213/SWD_2023_694+Montenegro+report.pdf, Zugriff 30.1.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 35

8.1. Folter Die Verfassung schützt die physische und mentale Integrität der Menschen und verbietet Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Montenegro hat das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) sowie das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (CAT) ratifiziert. Folter und Misshandlung sind Straftatbestände. Systematische Folter kommt nicht vor. Es wird jedoch immer wieder von einzelnen Fällen von Misshandlung im Gewahrsam von Polizei und Strafvollzugsbehörden berichtet. Entsprechende Fälle werden auch von Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen sowie vom Menschenrechts-Ombudsmann dokumentiert. Die mangelhafte disziplinarische Ahndung solcher Fälle, sowie die schwerfällige justizielle Aufarbeitung werden kritisiert (AA 26.5.2023). Es gibt Berichte über Folter von Verdächtigen durch die Polizei und über Gewaltanwendung in Gefängnissen und Haftanstalten. Die Regierung hat einige Polizeibeamte und Gefängniswärter strafrechtlich verfolgt, aber es kam zu Verzögerungen bei den Gerichtsverfahren. NGOs stellten fest, dass mehrere beschuldigte Polizeibeamte weiterhin im Dienst blieben. Das Büro des Ombudsmanns erhielt Beschwerden wegen angeblicher polizeilicher Folter, doch bei den meisten Beschwerden welche zu Strafverfahren führten, gab es keine schweren Strafen. Die NGO Human Rights Action (HRA) berichtete, dass in den Jahren 2020 und 2021 mindestens 19 Personen ernsthafte Beschwerden über die Erpressung von Geständnissen durch Folter eingereicht haben. Die meisten Vorfälle sollen sich im Sicherheitszentrum Podgorica ereignet haben, das den Inspektoren und Beamten der Einheit zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption unterstellt ist. Das Komitee des Europarats zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) stellte in seinem Bericht aus dem Jahr 2022 fest, dass die meisten Opfer in der Zeit vor der offiziellen Anklageerhebung Foltervorwürfe erheben. Der Staatssekretär des Innenministeriums berichtete, dass es keine Beweise für systematische Folter im Land gebe, räumte aber ein, dass es zu einzelnen Vorfällen gekommen sein könnte (USDOS 20.3.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 35

8.2. Haftbedingungen Die Situation in den überbelegten montenegrinischen Gefängnissen ist angespannt. Durch frühzeitige Haftentlassungen und den verstärkten Gebrauch alternativer Sanktionen (z.B. gemeinnützige Arbeit, Hausarrest) hat sich das Problem der Überbelegung etwas entspannt – bei einer weiterhin unzureichenden Gesamtkapazität. Im Juli 2022 befanden sich 1.018 Häftlinge in den Gefängnissen des Landes (Gesamtkapazität sämtlicher Gefängnisse: 1.333 Plätze). Mangelhaft sind insbesondere die medizinische Versorgung sowie das Fehlen von Besuchsräumen, ansonsten entsprechen die Gefängnisse europäischen Standards. Mit EU- Unterstützung wurde im ersten Quartal 2023 der Grundstein für den Bau eines Krankenhauses für die Haupthaftanstalt Montenegros gelegt, was zu einer Verbesserung der medizinischen Versorgung der Insassen führen soll. Der Plan, im Norden des Landes ein neues Gefängnis mit einer Kapazität von 200 Plätzen zu bauen, besteht weiterhin nur auf dem Papier (AA 26.5.2023). In Gefängnissen und Untersuchungshaftanstalten herrschen aufgrund von Überbelegung und eingeschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung teilweise menschenunwürdige Bedingungen. Das CPT berichtete über problematische Überbelegung von Gefängnissen und unzureichenden Bedingungen in Polizeigefangenenhäusern, welche für eine Inhaftierung von Personen bis zu 72 Stunden nicht geeignet befunden wurden. NGOs berichten, dass drogenabhängige oder geistig behinderte Gefangene weiterhin Schwierigkeiten haben, während ihrer Haft eine angemessene Behandlung zu erhalten. Gewalt zwischen Gefangenen ist in Untersuchungs- und Strafhaft ein anhaltendes Problem. Es gab weit verbreitete Vorwürfe, dass Gefängnismitarbeiter mit Mitgliedern organisierter krimineller Gruppen zusammenarbeiteten. Es gibt einen Ombudsmann innerhalb des Büros für den Schutz der Menschenrechte. Das Büro für den Schutz der Menschenrechte kann mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen der Regierung untersuchen und Einrichtungen wie Gefängnisse und Untersuchungshaftanstalten ohne vorherige Ankündigung inspizieren. Das Büro des Ombudsmannes stellte im Juni 2022 fest, dass sich Gefangene über lange Wartezeiten für spezialisierte medizinische Untersuchungen beklagten und auf Probleme bei der Kommunikation mit den Psychiatern im Gefängnissystem hinwiesen. Die Behörden untersuchten glaubwürdige Misshandlungsvorwürfe, doch in der Regel als Reaktion auf Medienkampagnen oder auf Empfehlung des Ombudsmanns. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden im Allgemeinen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Regierung lässt Besuche unabhängiger, nichtstaatlicher Beobachter, einschließlich Menschenrechtsgruppen und Medien, sowie internationaler Organisationen wie des CPT in den Gefängnissen zu. Im Laufe des Jahres 2022 wurden die physischen Einrichtungen, die Personalausstattung und die Ausbildung des Wachpersonals weiter verbessert. Nach Berichten von NGOs wurden einige Verbesserungen bei der Ernährung und der medizinischen Versorgung, der Personalausstattung und der Arbeitsumgebung vorgenommen. Auch die Zahl der Familienbesuche nahm zu. Die Behörden ergriffen zusätzliche Maßnahmen, um die vom CPT festgestellten Mängel zu beheben, darunter .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 35
