maur-lib-2018-08-01-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
12. Ethnische Minderheiten In Mauretanien leben arabische, berberische und schwarzafrikanische Volksgruppen zusammen (GIZ 6.2018c). Die Verfassung und das Gesetz gewähren Gleichheit für alle Staatsbürger, unabhängig von Rasse, nationalem Ursprung, Geschlecht oder sozialem Status und verbieten rassische oder ethnische Propaganda. Das Gesetz verbietet auch jegliche Form von Zwangsarbeit und kriminalisiert die Praxis der Sklaverei. Ethnische Minderheiten sind dennoch Diskriminierungen seitens der Regierung ausgesetzt (USDOS 20.7.2018). Zu den arabisch-berberischen Mauren, den Hassania, gehören rund 70% der Bevölkerung. Zu den Bidhan oder Weiße Mauren gehören etwa 30% der Bevölkerung. Sie bilden die beiden oberen Schichten der traditionell stark hierarchisch gegliederten mauretanischen Gesellschaft, die sich in Hassani (Kriegern) und Marabout (Islamgelehrten) gliedert (GIZ 6.2018c). Haratin oder Schwarze Mauren stellen etwa 40% der Bevölkerung; ihre Vorfahren waren ehemalige Sklaven. Die schwarzafrikanischen Ethnien der Halpulaar, Soninke, Wolof und Bambara stellen die übrigen 30% der Bevölkerung; die Peul sind die größte Gruppe und ihr Bevölkerungsanteil wird auf 20% geschätzt (GIZ 6.2018c). Die weißen Mauren dominieren in Wirtschaft und Regierung. Es kommt zu systematischer Diskriminierung gegenüber schwarzen Mauren (Haratine) und Afro-Mauretaniern. Die inkonsistente Ausstellung von Personalausweisen, die zum Wählen benötigt werden, entrechtet viele Angehörige südlicher Minderheitengruppen (vgl. AI 22.2.2018; USDOS 20.4.2018). Sklaverei besteht weiterhin (AI 22.2.2018). Es gibt Berichte über Landstreitigkeiten zwischen ehemaligen Sklaven, Afro- Mauretaniern und Mauren (USDOS 20.4.2018). Die Gesetzesänderungen von 2015 erweitern die Definition von Sklaverei auf Zwangsarbeit und Kinderarbeit und es kam zur Errichtung von drei Anti-Sklaverei-Gerichten. Den Gerichten fehlen jedoch noch Mittel und Ressourcen (USDOS 20.4.2018). All diese rechtlichen Institutionen blieben jedoch nutzlos, da sie nicht in der Lage sind, ehemalige Sklavenbesitzer zu verfolgen. Es kommt nicht zur Umsetzung von Maßnahmen (BTI 2018). Quellen: - AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1425528.html, Zugriff 19.7.2018 - BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Mauritania Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427375/488301_en.pdf, Zugriff 19.7.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018c): Mauretanien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/mauretanien/gesellschaft/, Zugriff 19.7.2018 - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 19.7.2018 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 19

13. Relevante Bevölkerungsgruppen 13.1. Frauen Frauen genießen in Mauretanien mehr politische und gesellschaftliche Freiheiten als in anderen islamischen Staaten. Die Gründe dafür liegen in der nomadischen Tradition und in einem liberalen Islamverständnis. Vor allem in der maurischen Bevölkerung sind sie wirtschaftlich und im Familienleben weitgehend unabhängig. In ärmeren Bevölkerungsschichten ist dieser Freiraum weniger stark ausgeprägt (AA 7.2017a; vgl. GIZ 6.2018c). Der Gender Gap Index der Vereinten Nationen listet Mauretanien 2017 auf Platz 132 von 144 Ländern. Einer Gleichstellung der Frauen steht der Scharia-Vorbehalt in der Verfassung entgegen, dem alle Gesetze Mauretaniens unterliegen. Trotzdem hat Mauretanien die VN-Konvention gegen Frauendiskriminierun g (unter Vorbehalt gegen Bestimmungen, die der Scharia widersprechen) ratifiziert (GIZ 6.2018c). Frauen sind mit rechtlicher Diskriminierung konfrontiert und werden vor dem Gesetz als Minderjährige betrachtet. Laut Scharia ist die Aussage zweier Frauen nötig, um der eines Mannes gleichzukommen (USDOS 20.4.2018). Nach Angaben von NGOs ist Vergewaltigung ein ernstes Problem. Vergewaltigung – auch in der Ehe – ist illegal und die vorgesehenen Strafen sind hart, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht effektiv durch. Die Familien der Opfer treffen normalerweise eine Vereinbarung mit dem Vergewaltiger und erhalten finanzielle Kompensation. Häusliche Gewalt ist ebenfalls ein ernstes Problem. Häusliche Gewalt und Misshandlung in der Ehe sind illegal, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht effektiv um. Die meisten Fälle werden nicht angezeigt und Menschenrechtsaktivisten und Anwälte berichten, dass Vergewaltigungsopfer stigmatisiert, strafverfolgt und sogar eingesperrt werden (USDOS 20.4.2018). FGM wird von allen ethnischen Gruppen praktiziert und an jungen Mädchen, oft am siebten Tag nach der Geburt und fast immer vor dem Alter von sechs Monaten durchgeführt. Das Strafrecht zum Kinderschutz besagt, dass jede Tat oder jeder Versuch die Sexualorgane eines Mädchens zu verletzen mit Haft und einer Geldstrafe von 120.000 bis 300.000 Ouguiya (338 bis 845 US-Dollar) strafbar ist. Die Regierung und internationale NGOs setzten die Koordination ihrer Anti-FGM- Bemühungen fort, mit dem Fokus, die Praxis in Krankenhäusern auszumerzen, Hebammen von der Durchführung abzubringen und die Bevölkerung aufzuklären (USDOS 20.4.2018). Gegen die verbreitete Genitalverstümmelung von Mädchen engagieren sich Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit und NGOs mit Unterstützung islamischer Geistlicher und der Regierung (AA 11.2017a). Zudem ist die traditionelle Form der Misshandlung, die Zwangsernährung jugendlicher Mädchen vor der Heirat, die von einigen Beydane-Familien praktiziert wird, weiterhin dabei zurückzugehen (USDOS 20.4.2018). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 19

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (11.2017a): Mauretanien – Innenpolitik, https://www.auswaertiges- amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/-/219206, Zugriff 9.7.2018 - BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Mauritania Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427375/488301_en.pdf, Zugriff 19.7.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018c): Mauretanien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/mauretanien/gesellschaft/, Zugriff 19.7.2018 - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 19.7.2018 13.2. Homosexuelle Homosexuelle Handlungen sind verboten und können formell mit harten Strafen geahndet werden (AA 19.7.2018). Es gibt keine Gesetze, die LGBT Personen vor Diskriminierungen schützen (USDOS 20.4.2018). 2012 wurden mindestens sechs Todesurteile gefällt. Hinrichtungen hat es seit 1987 aber keine mehr gegeben. Homosexualität ist in Mauretanien stark tabuisiert (GIZ 6.2018a). Nach der Scharia sind homosexuelle Handlungen zwischen Männern mit dem Tod zu bestrafen (GIZ 6.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018), wenn es vier Zeugen gibt. Solche Handlungen zwischen Frauen sind mit Haftstrafen bzw. Geldstrafen belegt. Es gibt jedoch keinen Hinweis von gesellschaftlicher Gewalt oder systematischer Diskriminierung durch die Regierung aufgrund der sexuellen Orientierung und es gab im Laufe des Jahres 2017 keine strafrechtliche Verfolgung (USDOS 20.4.2018). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (19.7.2018): Reise- und Sicherheitshinweise Mauretanien, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/ mauretaniensicherheit/219190, Zugriff 19.7.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018a): Mauretanien, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/mauretanien/geschichte-staat/, Zugriff 19.7.2018 - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 19.7.2018 14. Bewegungsfreiheit Das Gesetz gewährt Reisefreiheit im Land, Reisen ins Ausland, Emigration und Rückkehr. Generell respektiert die Regierung diese Rechte, es gibt jedoch Ausnahmen. Menschen ohne Identitätsdokumente können nicht ungehindert in manchen Regionen reisen. Wie in den Vorjahren errichtete die Regierung mobile Straßensperren, in denen Gendarmen, Polizei oder Zollbeamte die Papiere der Reisenden kontrollieren (USDOS 20.4.2018). Quellen: - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 19.7.2018 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 19

15. Grundversorgung Die einschlägigen Entwicklungsindikatoren zeigen deutlich, dass Mauretanien zu den ärmsten Ländern der Welt gehört (BTI 2018; vgl. GIZ 6.2018b). Mauretanien gehört auch zur Kategorie der am wenigsten entwickelten Länder (Least Developed Countries, LLDC) und der hochverschuldeten armen Länder (HIPC: Highly Indebted Poor Countries) (GIZ 6.2018b ). Ein großer Teil der mauretanischen Bevölkerung, insbesondere in ländlichen Gebieten, lebt unterhalb der Armutsgrenze und bestreitet ihren Lebensunterhalt weitestgehend durch Tätigkeiten in der Agrarwirtschaft und zunehmend auch im informellen Sektor. Nur 13,6% der Beschäftigung findet im formellen Sektor statt. Aufgrund der Schwäche des modernen Wirtschaftssektors und weiterer Zuwanderung aus dem ländlichen Raum stellt die Arbeitslosigkeit ein ernstes Problem dar. Die Weltbank schätzt die Arbeitslosenquote bei Frauen zwischen 15 und 24 Jahren auf 38,7%. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit stellt ein gravierendes soziales Problem dar, das ich zunehmend negativ auf die Sicherheitslage auswirken kann (GIZ 6.2018c). Mauretanien wird als "low human development"-Land bezeichnet: Der jüngste Human Development Index (HDI) liegt bei 0,506 und damit auf Platz 156 der Welt, was einer Steigerung von fünf Plätzen gegenüber dem vorherigen Ranking (161) entspricht (BTI 2018). Nach Jahren des soliden Wachstums (6,6% 2014) hat der Verfall der Eisenerzpreise Wachstum und wirtschaftliche Perspektiven beeinträchtigt. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts Mauretaniens lag laut IWF 2016 nur noch bei ca. 1,7%. Nach dem Weltentwicklungsbericht des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (Human Development Index 2016), gehört Mauretanien weiterhin zu den Ländern mit einer geringen Entwicklung (157. Stelle von 188 Ländern). Grundlegende Probleme wie fehlende Effizienz der öffentlichen Verwaltung und Korruption, mangelnde Diversifizierung der Wirtschaft sowie Defizite in der Basisversorgung und staatlichen Infrastruktur auf dem Land bestehen weiterhin. Die Haupteinnahmen erzielt Mauretanien aus dem Export v.a. von Eisenerz und der Fischerei, mit zahlreichen Staaten (u.a. der EU) hat Mauretanien Fischereiabkommen abgeschlossen (AA 11.2017b; vgl. GIZ 6.2018b). Die EU zahlt für die Partnerschaft rund 60 Mio. € jährlich. Davon sind 4,125 Mio. € für die Unterstützung der lokalen Fischergemeinden vorgesehen. Fischerei und Viehzucht sind die Wachstumstreiber im primären Sektor, der 2014 ein Wachstum von 7,3% erzielte (GIZ 6.2018b). Als Rohstoffexporteur hängt Mauretanien von den schwankenden Weltmarktpreisen ab. Es gibt umfangreiche Phosphatvorkommen, die aber zum größten Teil nicht erschlossen sind. Über 80% des Landes besteht aus Wüste, bewässerbare Ackerflächen werden unzureichend genutzt. Mauretanien ist zu 70% von der Einfuhr von Nahrungsmitteln abhängig. Kaum vorhanden ist verarbeitendes Gewerbe. Eine Modernisierung des mauretanischen Außenhandelsregimes (Zollwert, Investitionsschutz und öffentliches Beschaffungswesen) wurde ansatzweise in Angriff genommen, ein Investitionsförderungsgesetz besteht nicht (AA 11.2017b). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 19

Bislang gab es in Mauretanien drei Aktionspläne (2002-2004; 2006-2010; 2011-2015). Die Aktionspläne sollen sicherstellen, dass Schuldenerlasse zur Armutsbekämpfung eingesetzt werden. Mauretanien erfüllt die Erwartungen der internationalen Finanzorganisationen. Die neue nationale Entwicklungsstrategie «Stratégie de croissance accélérée et de prospérité partagée» (SCAPP) 2016-2030 setzt sich das Ziel bis 2030 ein Land mit mittlerem Einkommen zu werden (GIZ 6.2018b). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (11.2017a): Mauretanien – Wirtschaft und Umwelt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/wirtschaft/ 219192, Zugriff 30.7.2018 - BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Mauritania Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427375/488301_en.pdf, Zugriff 30.7.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018c): Mauretanien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/mauretanien/gesellschaft/, Zugriff 30.7.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018b): Mauretanien, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/mauretanien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 30.7.2018 16. Medizinische Versorgung Das Gesundheitssystem Mauretaniens bleibt unzureichend (GIZ 6.2018c). Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch hoch problematisch. Die ärztliche Versorgung in Nouakchott ist begrenzt (AA 30.7.2018). Die mauretanische Regierung engagiert sich stark im Gesundheitsbereich. Trotz großer Anstrengungen werden die Fortschritte nur sehr langsam sichtbar. Anlass zur Besorgnis geben nach wie vor die hohe Müttersterblichkeit sowie die Säuglingssterblichkeit. Der Weltmütterbericht 2015 listet Mauretanien auf Rang 150 von 178 Ländern. Laut UNICEF-Weltkinderbericht 2017 gehört Mauretanien zu den Ländern mit der höchsten Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren. Das Thema Kindergesundheit ist ein sehr ernstes Problemfeld und braucht dringend Fortschritte (GIZ 6.2018c). Mauretanien hat eine der niedrigsten AIDS-Raten in Afrika; sie ist aber ansteigend. 2016 waren 0,5% der 15- bis 49-jährigen MauretanierInnen HIV positiv. Es gibt viele Vorurteile über die Krankheit und Aufklärungsarbeit ist daher dringend notwendig. Die mauretanische Regierung hat Maßnahmen gegen die Ausbreitung von AIDS getroffen (GIZ 6.2018c). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (30.7.2018): Reise- und Sicherheitshinweise Mauretanien, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mauretanien-node/ mauretaniensicherheit/219190#content_6, Zugriff 30.7.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2018c): Mauretanien, Gesellschaft, https://www.liportal.de/mauretanien/gesellschaft/, Zugriff 30.7.2018 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 19

17. Rückkehr Die Regierung kooperierte mit dem UNHCR, der International Organization for Migration und anderen humanitären Organisationen, um Schutz und Unterstützung für IDPs, Flüchtlinge, Rückkehrer, Asylwerber, Staatenlose und andere betroffene Personen zu bieten, doch die von der Regierung bereitgestellten Mittel reichen nicht aus, um den Hilfebedarf zu decken (USDOS 20.4.2018). Quellen: - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Mauritania, https://www.ecoi.net/en/document/1430133.html, Zugriff 30.7.2018 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 19
