palg-westbank-lib-2022-06-03-ke

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter

/ 52
PDF herunterladen
wurden im Westjordanland erneut Kommunalwahlen abgehalten, eine zweite Runde ist für Anfang  
2022 angesetzt. Die Hamas lehnte jedoch die Durchführung der Wahlen im Gazastreifen ab (FH  
28.2.2022). In der ersten Runde der Lokalwahlen fehlten meist Gegenkandidaten, es gab nur eine  
Kandidatenliste, meist mit der Fatah verbunden. 70 Prozent der Sitze gingen an unabhängige  
Listen  von  lokalen,  mächtigen  Familien  oder  Stämmen  (FH  28.2.2022).  Die  palästinensische 
Menschenrechtsorganisation beobachtete die beiden Wahlrunden im Dezember 2021 und Beginn  
2022, und konstatierte trotz Beanstandungen keine maßgeblichen Vorfälle bezüglich der Integrität  
der Wahl. Allerdings kritisierte sie eine Verhaftungswelle von Opponenten der Fatah besonders  
nach Ende der ersten Wahlrunde (Al-Haq 2.5.2022).
Neben der Fatah sind eine kleine Zahl palästinensischer Parteien relativ frei in der Westbank aktiv, 
während die PA hart mit Anhängern der Hamas und mit Rivalen von Abbas innerhalb seiner Partei 
Fatah umgeht. Das israelische Militär verbietet Parteien und unterbricht politische Versammlungen 
sowie verhaftet politische Aktivisten, wenn sie diese als Bedrohung für die israelische Sicherheit 
ansieht (FH 28.2.2022).
Die Terroranschläge der jüngsten Vergangenheit, die Reaktion der Israelis und schließlich der Tod  
der  Journalistin  [Anm.:  die bekannte  al-Jazeera-Journalistin  Shireen  Abu  Aqla] entblößen  das 
dauerhafte strukturelle Problem des palästinensisch-israelischen Konflikts: Auf der israelischen  
Seite versuchen alle Regierungen in Jerusalem seit Jahren, den Konflikt mit den Palästinensern  
lediglich  zu  „managen“,  nicht  zu  lösen.  Israel  glaubt  nicht  an  die  Möglichkeit  eines 
Friedensabkommens mit den Palästinensern, die israelische Rechte lehnt einen Palästinenserstaat 
grundsätzlich ab. Doch dass der uralte Konflikt nicht gelöst wird, liegt nicht nur an der israelischen  
Siedlungspolitik und erstarkten radikal-nationalen Kräften im Land (Spiegel 13.5.2022).
Auch die palästinensischen Führungen sind mitverantwortlich für die Situation. Allein die Tatsache,  
dass  es  keine  Regierung  gibt,  die  für  alle  palästinensischen  Gebiete  zuständig  ist,  macht 
Lösungsversuche nahezu unmöglich. In Gaza herrscht die radikalislamische Hamas, die einen  
gewaltsamen  Kampf  gegen  Israel  befürwortet  und  an  einem  Frieden  mit  dem  Staat  nicht 
interessiert ist (Spiegel 13.5.2022).
Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) hingegen, mit ihrem greisen Präsidenten Mahmud  
Abbas, hat zwar offiziell im Westjordanland das Sagen und spricht zumindest von Frieden. Sie gilt  
als von „Korruption und Unfähigkeit durchsetzt“, die Mehrheit der eigenen Bevölkerung lehnt sie  
ab, und viele sehen sie nicht als legitim an (Spiegel 13.5.2022). Sie ist auch stark von Staaten als  
Geldgeber abhängig, welche Einfluss auf die PA ausüben, bestimmte Politiker oder Fraktionen  
auszugrenzen (FH 28.2.2022).
Die  Sicherheitskooperation  mit  Israel  ist  grundsätzlich  ein  politischer  Spielball  für  die 
palästinensische Regierung, um Druck auf Israel auszuüben. Präsident Abbas hat daher schon  
häufig in der Vergangenheit gedroht, die Sicherheitskooperation aufzukündigen. So kam es  zwar  
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 52
10

zu einer mehrmonatigen Aussetzung der Kooperation, diese wurde aber nach der Wahlniederlage  
von Donald Trump in den USA wieder fortgeführt. Die meisten Drohungen verliefen bislang meist  
ins Leere (Spiegel 13.5.2022).
Indem sich die Hamas zum Beschützer des islamischen Heiligtums in Jerusalem stilisierte, fasste  
sie zumindest ideologisch im Westjordanland Fuß – und ließ den verhassten Konkurrenten, die PA, 
bedeutungslos erscheinen (Spiegel 13.5.2022).
Ohne den Versuch einer Lösung war es nur eine Frage der Zeit, bis erneut Gewalt ausbrechen 
würde (Spiegel 13.5.2022).
Quellen:
- AA  -  Auswärtiges  Amt  (3.2.2022b):  Palästinensische  Gebiete:  Politisches  Porträt,  
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/palaestinensischegebiete-node/
politisches-portrait/204438, Zugriff 19.5.2022
- Al-Haq (Autor), veröffentlicht von UN Human Rights Committee (2.5.2022): Al-Haq report to the  
Human Rights Committee on the List of Issues in relation to the comprehensive initial report of  
the  State  of  Palestine,  
https://tbinternet.ohchr.org/Treaties/CCPR/Shared%20Documents/PSE/
INT_CCPR_ICO_PSE_48534_E.pdf, Zugriff 24.5.2022
- BBC  –  BBC  British  Broadcasting  Corporation  News  (17.12.2014):  MEPs  back  Palestinian 
statehood bid, https://www.bbc.com/news/blogs-eu-30516523, Zugriff 19.5.2022
- BMEIA – Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (18.5.2022):  
Palästina,  https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/palaestina/,  Zugriff  
19.5.2022
- BPB – Bundeszentrale für politische Bildung (30.11.2012): Vereinte Nationen machen Palästina  
zum  Beobachterstaat,  https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/150698/un-machen-
palaestina-zum-beobachterstaat-30-11-2012, Zugriff 19.5.2022
- BPB  –  Bundeszentrale  für  politische  Bildung  (17.7.2011):  Hamas  und  Palästinensischer 
Islamischer  Jihad,  https://www.bpb.de/politik/extremismus/islamismus/36365/hamas,  Zugriff  
19.5.2022
- Britannica  –  Encyclopaedia  Britannica  (o.D.):  Palestine  Liberation  Organization,  
https://www.britannica.com/topic/Palestine-Liberation-Organization, Zugriff 19.5.2022
- CGRS-CEDOCA – Office of the Commissioner General for Refugees and Stateless Persons  
(Belgium),  COI  unit  (6.3.2020):  Territoires  Palestiniens  -  Gaza  Situation  sécuritaire,  
https://www.ecoi.net/en/file/local/2026441/coi_focus_territoires_palestiniens_-
_gaza_situation_securitaire_20200306.pdf, Zugriff 30.5.2022
- EU – Europäische Union (30.3.2022): EU Annual Report on Human Rights and Democracy in the  
World;  2021  Country  Updates,  
https://www.eeas.europa.eu/sites/default/files/documents/220323%202021%20EU%20Annual%2
0Human%20Rights%20and%20Democracy%20Country%20Reports.docx.pdf, Zugriff 23.5.2022
- FAZ  -  Frankfurter  Allgemeine  (3.8.2008): Schwere  Kämpfe  im  Gazastreifen. Fatah-Anhänger 
fliehen nach Israel,  http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/fatah-anhaenger-  fliehen-nach-israel-  
schwere-kaempfe-im-gazastreifen-1679341.htm  l  , Zugriff 19.5.2022
- FH  -  Freedom  House  (28.2.2022):  Freedom  in  the  World  2022  -  West  Bank*,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2072102.html, Zugriff 19.5.2022
- GIZ  –  Deutsche  Gesellschaft  für  Internationale  Zusammenarbeit,  Länderinformationsportal 
(11.2020a)  [Archivversion  vom  14.5.2021]:  Palästinensische  Gebiete,  Geschichte  &  Staat, 
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 52
11

https://web.archive.org/web/20210514035926/https://www.liportal.de/palaestinensische-  gebiete/  
geschichte-staat/, Zugriff 19.5.2022
- Haaretz  (9.9.1993):  Letters  Establishing  Mutual  Israel-PLO  Recognition,  
https://www.haaretz.com/1.5426508, Zugriff 19.5.2022
- Haaretz  (21.5.2022):  From  Lebanon  to  Jenin:  The  'Gray  Rhinos'  on  Israel's  Doorstep, 
https://www.haaretz.com/israel-news/2022-05-21/ty-article/.premium/from-lebanon-to-jenin-the-
gray-rhinos-on-israels-doorstep/00000180-f6c0-d18b-a787-f7e9368e0000, Zugriff 28.5.2022
- HRW  –  Human  Rights  Watch  (13.1.2022):  World  Report  2022  -  Israel  and  Palestine, 
https://www.ecoi.net/de/dokument/2066491.html, Zugriff 28.5.2022
- ICHR – Independent Commission for Human Rights (4.2022): Shadow Report of the Independent  
Commission for Human Rights (ICHR) to the Human Rights Committee on the First Periodic  
Review  of  the  State  of  Palestine,  https://www.ecoi.net/en/document/2072781.html,  Zugriff 
20.5.2022
- KAS  –  Konrad-Adenauer-Stiftung  (9.2021):  Ein  Sicherheitsapparat  ohne  Gewaltmonopol, 
https://www.ecoi.net/en/file/local/2061704/Pal%C3%A4stinensische+Gebiete+Sicherheitsapparat.
pdf, Zugriff 28.5.2022
- Spiegel (Schneider, Richard C.) (13.5.2022): Nur noch ein Funke, dann droht ein Flächenbrand,  
https://www.spiegel.de/ausland/israel-woher-kommt-die-neue-welle-der-gewalt-a-40ce36dc-
cd2f-41ca-bfb6-4f9962e1f3d3, Zugriff 28.5.2022
- Spiegel  Online  (13.6.2007):  Bruderkrieg  in  Gaza,  Polizisten  fliehen  nach  Ägypten,  
http://www.spiegel.de/politik/ausland/palaestinenser-bruderkrieg-in-gaza-polizisten-fliehen-nach-
aegypten-a-488423.htm  l  , Zugriff 19.5.2022
- SZ  –  Süddeutsche  Zeitung  (12.1.2018):  Warum  die  Hamas  nun  mit  Islamisten  kämpft, 
https://www.sueddeutsche.de/politik/palaestinenser-kampf-der-islamisten-1.3822891,  Zugriff  
19.5.2022
- USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights  
Practices:  Israel,  West  Bank  and  Gaza  -  West  Bank  and  Gaza,  
https://www.ecoi.net/de/dokument/2071205.html, Zugriff 20.5.2022
- USDOS – US Department of State [USA] (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights  
Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 7.5.2020
- VP - Vertretung von Palästina in Österreich (o.D.): Die Palästinensische Befreiungsorganisation  
(PLO), https://www.palestinemission.at/palaestinensische-befreiungsorganis, Zugriff 19.5.2022
 5. Sicherheitslage
Die  Oslo-Abkommen  teilen  die  Westbank  in  die  Gebiete  A,  B  und  C.  Die  palästinensischen 
Bevölkerungszentren fallen meist in die Gebiete A und B, die ländlichen Gebiete in Gebiet C.  
Formal ist die PA für die Sicherheit im Gebiet A zuständig, aber israelische Sicherheitskräfte führen 
auch hier Einsätze durch. Im Gebiet B ist die PA für die Verwaltung und Israel für die Sicherheit  
zuständig. Im Gebiet C ist Israel alleine für die Sicherheit zuständig und hat den Großteil des  
Gebiets C entweder zu geschlossenen Militärzonen oder Zonen für Siedlungen erklärt (USDOS  
12.4.2022). Die israelische Regierung plant mehr als 4.000 neue Wohneinheiten für israelische  
Siedlungen (HRW 13.1.2022).
Wenn  die  israelische  Armee  ihre  Verhaftungen  in  den  A-Gebieten  des  Westjordanlandes 
durchführt, zumeist mitten in der Nacht, ziehen sich die palästinensischen Sicherheitskräfte zurück. 
In den meisten Fällen betritt das israelische Militär in Vollausrüstung und mit schwerem Geschütz  
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 52
12

die A-Gebiete. Solche  Razzien sind daher frühzeitig  erkennbar  und  dienen dazu, deutlich zu  
machen, wer die eigentliche Macht und Kontrolle besitzt. Innerhalb des israelischen Militärs gibt es  
aber  auch  eine  Sondereinheit  für  verdeckte  Einsätze.  Bei  Einsätzen  der  israelischen  Armee 
können  die  Palästinenserinnen  und  Palästinenser  generell  nicht  auf  den  Schutz  der  PA-
Sicherheitskräfte hoffen (KAS 9.2021).
Die Sicherheitskooperation beinhaltet, dass die Palästinensische Autonomiebehörde Informationen 
an Israel weitergibt, die relevant sind, um gegen Terrorvorhaben vorzugehen und um damit Israels  
Sicherheit zu gewährleisten. Diese Informationen werden von der israelischen Armee und von der  
Grenzpolizei dazu genutzt, Personen gezielt zu verhaften. Die von der größten palästinensischen  
Partei Fatah dominierte PA nutzt das System aber auch immer wieder, um Informationen über  
oppositionelle Politiker, oftmals jene der Hamas, an Israel weiterzugeben, was häufig zu deren  
Festnahmen durch israelische Sicherheitskräfte führt. Die Sicherheitskooperation wird daher von  
vielen  Palästinenserinnen  und  Palästinensern  als  nachteilig  und  gegen  sie  selbst  gerichtet 
empfunden,  sofern  sie  nicht  im  Sinne  des  von  der  PA kontrollierten  Systems  handeln  (KAS 
9.2021).
Seit  2007  arbeiteten  die  PA und  die  israelischen  Sicherheitskräfte  in  der  Westbank  bei  der 
Überwachung  und  der  Unterdrückung  von  Hamas,  Islamischer  Jihad,  Popular  Front  for  the 
Liberation of Palestine (PFLP) und anderen politischen Fraktionen mit bewaffneten Armen [Anm.:  
ein Teil der Gruppen wird auch in der EU als terroristisch eingestuft.] zusammen, was regelmäßig  
zu  zahlreichen  Verhaftungen  und  dem  Schließen  von  mit  ihnen  in  Verbindung  stehenden 
Einrichtungen führt. Die israelischen Streitkräfte gehen auch gegen militante Mitglieder der Fatah  
vor (FH 28.2.2022).
Die Sicherheitslage in Israel und den Palästinensischen Gebieten ist wesentlich vom israelisch-
palästinensischen Konflikt geprägt (AA 24.5.2022) und kann sich schnell verändern (AA 2.6.2022).  
Zum Beispiel breiteten sich im Mai 2021 Proteste von Ost-Jerusalem gehend in der Westbank aus,  
welche auch eine Anzahl an Toten und Verletzten durch das gewaltsame israelische Vorgehen zur  
Folge hatten. Im Juni folgten durch PA-Behörden gewaltsam aufgelöste Proteste aufgrund des  
Tods von Nizar Banat, einem Zivilaktivisten, der in PA-Haft nach Misshandlungen verstarb (FH  
28.2.2022).
Auch  den  komplexen  Verhältnissen  in  der  Region  muss  stets  Rechnung  getragen  werden. 
Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage im  
besetzten Palästinensischen Gebiet auswirken (EDA 3.6.2022).
Die  Sicherheitslage  im  Westjordanland  ist  ausgesprochen  volatil  und  kann  sich  nach  akuten 
Sicherheitsvorfällen schnell ändern. In solchen Fällen können einzelne Ortschaften durch das  
israelische  Militär  abgeriegelt  oder  sogenannte  „fliegende“  Checkpoints  eingerichtet  oder 
bestehende  Checkpoints  vorübergehend  geschlossen  werden.  Es  kann  zu  Einsätzen  der 
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 52
13

israelischen Sicherheitskräfte in Ramallah und anderen palästinensischen Städten und Dörfern  
kommen. Protestaktionen sind jederzeit möglich (AA 2.6.2022).
Es kommt immer wieder zu Anschlägen und Angriffen sowie gewaltsamen Auseinandersetzungen  
zwischen israelischen Sicherheitskräften, Siedlern und Palästinensern mit Toten und Verletzten auf 
beiden Seiten. Eine Häufung der Vorfälle ist in der Nähe von Checkpoints, israelischen Siedlungen  
und Siedler-Außenposten sowie in der Region Jenin zu beobachten. Auch bei zunächst friedlichen  
Versammlungen besteht das Risiko, dass die Situation sehr schnell eskaliert (AA 2.6.2022).
Die von der Palästinensischen Behörde verwalteten Städte Bethlehem, Beit Sahour, Beit Jalla,  
Jericho,  Taybe,  Al-Bireh  und  Ramallah  gelten  im  Augenblick  als  vergleichsweise  ruhig  (AA 
2.6.2022).
Von 1.12021 bis 8.5.2022 wurden laut UN OCHA insgesamt 128 PalästinenserInnen, darunter 8  
Frauen und 26 Buben, im Westjordanland einschließlich Jerusalem getötet – darunter 6 Tote durch 
Siedler, ansonsten bis auf einen ungeklärten Fall durch israelische Sicherheitskräfte (UN OCHA  
8.5.2022).  Auch  israelisches  Sicherheitspersonal  und  SiedlerInnen  sind  Angriffen  von  
PalästinenserInnen ausgesetzt, aber in kleinerem Maßstab (FH 28.2.2022).
Im Zeitraum 19. April bis 9. Mai 2022 wurden 668 PalästinenserInnen, darunter 24 Kinder, im  
gesamten  Westjordanland  bei  Zusammenstößen  mit  israelischen  Streitkräften  verletzt.  Davon 
erfolgten die meisten Verletzungen (375) nahe den Orten Beita und Beit Dajan (Nablus) und Kafr  
Qaddum  (Qalqiliya)  bei  Demonstrationen  gegen  Siedlungen.  78  Verletzte  gab  es  bei  einer 
Demonstration in Nablus, Qalqiliya und Betlehem bei Protesten gegen die steigende Zahl an  
getöteten PalästinenserInnen. Die übrigen 99 Verletzten gab es in der Altstadt von Jerusalem (UN  
OCHA 13.5.2022).
Der Konflikt zwischen Israel und militanten Palästinensern verschärfte sich: Seit März wurden bei  
antiisraelischer Gewalt durch Palästinenser und arabische Israelis 19 israelische Zivilisten getötet.  
Die israelischen Sicherheitskräfte reagierten mit Einsätzen in Israel und im von Israel besetzten  
Westjordanland  –  vor  allem  in  der  Gegend  um  Jenin,  einer  Hochburg  bewaffneter 
palästinensischer Gruppen. Dabei starben drei israelisch-arabische Angreifer, ein Polizist sowie 35  
Palästinenser in Israel und im Westjordanland. Unter den Toten waren Mitglieder bewaffneter  
Gruppen, aber auch Zivilisten, darunter die Journalistin Shireen Abu Aqla, die erschossen wurde,  
als sie über einen Armeeeinsatz in Jenin berichtete (DS 30.5.2022). Die Palästinenser machen  
Israel für ihren Tod verantwortlich. Nach Darstellung der israelischen Armee ist dagegen nicht  
eindeutig, von wo der tödliche Schuss kam (Spiegel 28.5.2022).
In Reaktion auf den sogenannten „Flaggenmarsch“ Tausender nationalistischer Israelis durch die  
Jerusalemer  Altstadt  am  29.5.2022  fanden  mehrere  Gegenkundgebungen  im  besetzten 
Westjordanland statt. Palästinensische Demonstranten lieferten sich dabei Auseinandersetzungen  
mit israelischen Sicherheitskräften. Mehr als hundert Palästinenser wurden nach Angaben des  
Roten Halbmonds verletzt (DS 30.5.2022).
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 52
14

Israelische jüdische SiedlerInnen, die PalästinenserInnen, deren Besitz und landwirtschaftliche  
Ressourcen  angreifen,  agieren  im  Allgemeinen  straffrei.  Die  israelische  
Menschenrechtsorganisation  B’Tselem  dokumentierte  451  Angriffe  durch  SiedlerInnen  im  Jahr 
2020 bis September 2021, darunter mehr als 200 physische Angriffe oder Angriffe unter Einsatz  
scharfer Munition. Bei Anwesenheit von israelischen Sicherheitskräften standen diese dabei oder  
nahmen teil (FH 28.2.2022). Die israelischen Behörden zogen selten die Sicherheitskräfte, welche  
exzessiv  Gewalt  eingesetzt  hatten,  oder  SiedlerInnen,  die  PalästinenserInnen  angriffen,  zur 
Verantwortung (HRW 13.1.2022). Es gibt keine israelische Militärorder spezifisch zum Schutz von  
palästinensischen  ZivilistInnen  oder  mit  Bezug  auf  palästinensische  Rechte.  Der  Schutz  der 
israelischen BürgerInnen  steht im  Zentrum. Eine Einheit für „nationalistische  Verbrechen“ ist  
sowohl für Hassverbrechen im Westjordanland gegen Israelis wie PalästinenserInnen zuständig  
(USDOS 12.4.2022).
- Bestimmte Clans als Faktoren für die örtliche Sicherheitslage, besonders in Hebron und Nablus
Die betreffenden Clans bestehen oft aus 10.000 bis 20.000 Mitgliedern und haben ein soziales  
Netz  für  ihre  Angehörigen  geschaffen.  Sie  sorgen  insbesondere  an  prekären  und  traditionell 
geprägten  Orten  wie  Hebron  anstelle  der  PA  für  die  gesellschaftliche  Ordnung  und  deren 
Einhaltung. Die Familien haben sich dabei ihre eigenen Einflussbereiche und Wirtschaftszweige,  
teils im Disput, aufgeteilt. Teile der lokalen PA sind demgegenüber häufig machtlos oder nur  
informell involviert (KAS 9.2021).
Rivalisierende  Großfamilien  tragen  ihre  Konflikte  offen  außerhalb  des  palästinensischen 
Rechtssystems aus und untergraben damit die Autorität der PA. Sie leben nach ihren eigenen  
Rechtssystemen und erkennen die staatliche Gewalt oft nicht an. Morde werden mit Blut vergolten,  
es sei denn, die Angelegenheiten können zwischen den Ältesten der Familien vermittelt werden.  
Dabei spielen Geldzahlungen und die Ehre der jeweiligen Familie eine große Rolle. Staatliche  
Ermittlungen lassen Clanfamilien nicht immer zu (KAS 9.2021).
Die  Bewaffnung  dieser  Familien  scheinen  sowohl  die  PA als  auch  Israel  stillschweigend  zu 
akzeptieren. Letzteres geht offenbar davon aus, dass sie keine Gefahr für israelische Staatsbürger  
darstellen, denn die Waffen, die sich im Privatbesitz einiger Großfamilien befinden, werden fast nie  
gegen israelische Ziele eingesetzt, denn sie dienen hauptsächlich der internen Rivalität in den  
patriarchalischen  Strukturen  einiger  Großfamilien,  die  in  vielen  Fällen  über  eigene  gut 
funktionierende Kontakte nach Israel verfügen – oftmals eine Notwendigkeit um wirtschaftlichen  
Erfolg zu generieren. Die Familienclans nutzen diese Schwäche der PA und eigene israelische  
Kontakte, um somit autonome Strukturen innerhalb des Westjordanlandes aufzubauen und zu  
erhalten. Ein  führendes  Mitglied  der  al-Jabari-Familie  pflegt  auch  z.B.  offen  Beziehungen  mit 
israelischen Siedlern, die in Hebron leben, und als besonders radikal gelten. Normalerweise würde  
ein Palästinenser, der offensichtlich mit Israel in Besatzungsfragen kooperiert, in der Gesellschaft  
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 52
15

als Verräter angesehen werden. Die al-Jabaris haben aber eine gefestigte Machtbasis in Hebron  
(KAS 9.2021).  
Häufig sind Mitglieder von Großfamilien auch im palästinensischen Sicherheitsapparat tätig. Die  
PA verfügt somit nicht über das alleinige Gewaltmonopol in ihren formal zuständigen Gebieten des  
Westjordanlandes (in Ost-Jerusalem hat es Israel inne, im Gaza-Streifen liegt es seit 2007 bei der  
Hamas). Stattdessen liegt die lokale Macht über sicherheitsrelevante Entscheidungen in eher  
traditionell geprägten Regionen wie Hebron oder Nablus bei den relevanten Großfamilien.  Die 
Clanstrukturen  haben  ein  Machtpotential  entwickelt,  mit  dem  die  PA  aufgrund  ihrer  
eingeschränkten Ressourcen kaum Schritt halten kann (KAS 9.2021).
Anm.:  Weitere  mit  der  israelischen  Besatzung  und  der  resultierenden  Sicherheitslage  in 
Zusammenhang  stehende  Informationen  befinden  sich  in  den  anderen  Kapiteln  des  
Länderinformationsblatts.
Quellen:
- AA  –  Auswärtiges  Amt  [Deutschland]  (24.5.2022):  Palästinensische  Gebiete:  Reise-  und 
Sicherheitshinweise  (Teilreisewarnung),  
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/palaestinensischegebiete-node/
palaestinensischegebietesicherheit/203674, Zugriff 24.5.2022
- AA  –  Auswärtiges  Amt  [Deutschland]  (2.6.2022):  Palästinensische  Gebiete:  Reise-  und 
Sicherheitshinweise  (Teilreisewarnung),  
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/palaestinensischegebiete-node/
palaestinensischegebietesicherheit/203674, Zugriff 2.5.2022
- DS – Der Standard (30.5.2022): Dutzende Festnahmen und Verletzte bei "Flaggenmarsch" in  
Jerusalem,  https://www.derstandard.at/story/2000136135086/dutzende-festnahmen-und-
verletzte-bei-flaggenmarsch-in-jerusalem, Zugriff 30.5.2022
- EDA – Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (3.6.2022): Reisehinweise 
für  Besetztes  Palästinensisches  Gebiet,  Gültig  am:  03.06.2022  
Publiziert  am:  08.04.2022,  https://www.eda.admin.ch/countries/occupied-palestinian-territory/de/
home/reisehinweise/vor-ort.html, Zugriff 3.6.2022
- FH  -  Freedom  House  (28.2.2022):  Freedom  in  the  World  2022  -  West  Bank*,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2072102.html, Zugriff 19.5.2022
- Haaretz  (21.5.2022):  From  Lebanon  to  Jenin:  The  'Gray  Rhinos'  on  Israel's  Doorstep, 
https://www.haaretz.com/israel-news/2022-05-21/ty-article/.premium/from-lebanon-to-jenin-the-
gray-rhinos-on-israels-doorstep/00000180-f6c0-d18b-a787-f7e9368e0000, Zugriff 28.5.2022
- HRW  –  Human  Rights  Watch  (13.1.2022):  World  Report  2022  -  Israel  and  Palestine, 
https://www.ecoi.net/de/dokument/2066491.html, Zugriff 28.5.2022
- KAS  –  Konrad-Adenauer-Stiftung  (9.2021):  Ein  Sicherheitsapparat  ohne  Gewaltmonopol, 
https://www.ecoi.net/en/file/local/2061704/Pal%C3%A4stinensische+Gebiete+Sicherheitsapparat.
pdf, Zugriff 28.5.2022
- Spiegel  (28.5.2022):  15-jähriger  Palästinenser  stirbt  nach  Zusammenstößen  mit  Armee, 
https://www.spiegel.de/ausland/bethlehem-15-jaehriger-palaestinenser-stirbt-nach-
zusammenstoessen-mit-armee-a-4c1525ca-b717-4b93-a2c3-f1c4da30b9ea, Zugriff 28.5.2022
- UN  OCHA –  UN  Office  for  the  Coordination  of  Humanitarian  Affairs:  Occupied  Palestinian 
territory:  Protection  of  Civilians  Report  |  19  April  -  9  May  2022,  13.  Mai  2022
https://www.ecoi.net/en/file/local/2073341/poc_19-april-9-may_2022.pdf (Zugriff am 2. Juni 2022)
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 52
16

- USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights  
Practices:  Israel,  West  Bank  and  Gaza  -  West  Bank  and  Gaza,  
https://www.ecoi.net/de/dokument/2071205.html, Zugriff 20.5.2022
 6. Rechtsschutz / Justizwesen
Rechtssicherheit  wird  in  Palästina  dadurch  erschwert,  dass  immer  noch  Elemente  des 
osmanischen, britischen, jordanischen, ägyptischen, israelischen (israelische Militärverordnungen)  
und  palästinensischen  Rechts  (seit  1994)  nebeneinander  existieren.  Darüber  hinaus  wird  in 
Palästina Gewohnheitsrecht und religiöses Recht (insbesondere im Familienrecht) angewandt.  
Außerdem kommt immer wieder das Stammesjustizwesen zur Anwendung. Daneben ist es so,  
dass  die  Beschlüsse  des  Obersten  Palästinensischen  Gerichtshofes  nicht  immer  umgesetzt 
werden (GIZ 11.2020a). Durch die innerpalästinensische politische Spaltung werden Gesetze per  
Dekret  in  der  Westbank  umgesetzt,  aber  nicht  in  Gaza,  und  Gesetze  des  Palästinensischen 
Legislativrats in Gaza sind nicht auf das Westjordanland anwendbar (Al-Haq 2.5.2022).
PalästinenserInnen im Westjordanland unterliegen sowohl der palästinensischen Jurisdiktion als  
auch der israelischen Militärgerichtsbarkeit – keines von beiden völlig unabhängig (FH 28.2.2022):  
Israel übt in variierendem Ausmaß die juristische Kontrolle über die besetzten Gebiete aus. Die  
Palästinensische Autonomiebehörde (PA) übt im Westjordanland ein unterschiedliches Maß an  
Autorität  aus,  sie  verfügt  über  keine  Autorität  über  Jerusalem.  Die  PalästinenserInnen  im 
Westjordanland unterliegen Gesetz en, di e vor 1967 in Kraft waren, sowie den vom israelischen  
Militärkommandeur  im  Westjordanland  erlassenen  militärischen  Verordnungen  und  in  den 
relevanten Bereichen dem Recht der PA. Israelis, die in den Siedlungen in der Westbank leben,  
unterliegen einer Kombination aus israelischem Zivil- und Strafrecht sowie Militärverordnungen.  
PalästinenserInnen, die im Gebiet C der Westbank leben, fallen unter das israelische Militärrecht.  
Palästinenser, die in Gebiet B leben, fallen unter das Zivil- und Strafrecht der PA, während Israel  
die vorrangige Verantwortung für die Sicherheit behält. Obwohl nach dem Oslo-II-Abkommen für  
Palästinenser, die in Gebiet A des Westjordanlands leben, nur das Zivil- und Strafrecht der PA gilt,  
wendet Israel im Rahmen seiner vorrangigen Verantwortung für die Sicherheit immer dann, wenn  
sein Militär in Gebiet A eindringt, die vom Militärkommandanten erlassenen militärischen Befehle  
an  (USDOS  21.6.2019).  Die  intransparente  Unterscheidung  zwischen  strafrechtlichen  und 
sicherheitsrelevanten  Straftaten,  die  regelmäßige  Anwendung  von  Inhaftierungen  ohne  
Gerichtsverfahren durch palästinensische und israelische Sicherheitskräfte sowie die Anwendung  
des  Kriegsrechts  und  eines  Militärgerichtssystems  durch  Israel,  das  ausschließlich  für 
Palästinenser  im  Westjordanland  gilt,  verletzen  die  Rechte  der  Palästinenser  auf  ein 
ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren (FH 28.2.2022).
Palästinenser werden von den israelischen Behörden auch regelmäßig über längere Zeiträume  
ohne Anklage inhaftiert. Das israelische Militär führt häufig Hausdurchsuchungen ohne Haftbefehl  
durch. Nach Angaben der Addameer Prisoner Support and Human Rights Association waren mit  
Stand Dezember 2021 etwa 4,550 palästinensische Sicherheitsgefangene aus der Westbank in  
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 52
17

israelischen Gefängnissen inhaftiert, darunter 170 Minderjährige aus den besetzten Gebieten.  
Diese Minderjährigen werden in der Regel in Abwesenheit eines Anwalts oder eines elterlichen  
Vormunds verhört und vor ein spezielles Militärgericht gestellt, das wegen seines mangelnden  
Rechtsschutzes kritisiert wird (FH 28.2.2022).
Die  Gesetze  der  PA sehen  das  Recht  auf  eine  unabhängige  Justiz  sowie  einen  fairen  und 
öffentlichen Prozess vor. Verfahren sind öffentlich, außer in Sonderfällen, etwa wenn ein nicht-
öffentliches  Verfahren  zum  Schutz  bestimmter  Interessen  nötig  ist.  Es  gilt  die  
Unschuldsvermutung, und der Angeklagte hat das Recht, zeitnah über die gegen ihn vorliegende  
Anklage informiert zu werden. Gemäß Amnesty International werden diese Rechte manchmal nicht 
gewahrt. Rechtsbeistand ist vorgesehen – auf Kosten des Staates, wenn nötig. Die Angeklagten  
haben das Recht auf Berufung. Die PA in der Westbank gewährleistet diese prozeduralen Rechte  
weitgehend  (USDOS  12.4.2022).  Der  Unabhängigen  Kommission  für  Menschenrechte  (ICHR) 
zufolge war das Justizsystem der PA dem Druck der Sicherheitsbehörden und der Exekutive  
ausgesetzt, was die Leistungsfähigkeit und Unabhängigkeit der Justiz untergräbt. Die Behörden  
der PA führten Gerichtsbeschlüsse nicht immer aus. Palästinenser haben das Recht, Klage gegen  
die PA zu erheben, haben dies aber selten getan. Neben den gerichtlichen Rechtsmitteln stehen  
selten genutzte administrative Rechtsmittel zur Verfügung (USDOS 11.3.2020).
Im Juli 2019 erließ Präsident Abbas zwei Dekrete, das erste löste den bestehenden High Judicial  
Council auf und ersetzte ihn durch ein Übergangsgremium, das zweite senkte das Rentenalter der  
Richter. Im Dezember 2020 folgten weitere Dekrete von Präsident Abbas zur Absicherung seiner  
Kontrolle von juristischen Schlüsselinstitutionen und bei der Besetzung von Richterämtern sowie  
Entlassungen und Pensionierungen von RichterInnen (FH 28.2.2022). Der High Judicial Council  
war 2002 einberufen worden, um die Unabhängigkeit der Richter zu verbessern, die Transparenz  
und die Leistungsfähigkeit ihrer Arbeit sicherzustellen, die Prozessabläufe zu verbessern und die  
Bearbeitung  der  Fälle  zu  erleichtern  (AI  18.2.2020).  Eine  Reihe  von  Richtern  und  
Menschenrechtsorganisationen prangerten diese Schritte [Auflösung des High Judicial Council] als  
ein Versuch an, die Exekutivkontrolle über die Justiz zu verstärken (FH 2020).
Die Strafprozessordnung der PA sieht im Allgemeinen vor, dass der Generalstaatsanwalt der PA  
einen Durchsuchungsbefehl für den Zutritt und die Durchsuchung von Privateigentum ausstellen  
muss;  jedoch  dürfen  die  Justizbeamten  der  PA  in  Notfällen  palästinensische  Häuser  ohne 
Durchsuchungsbefehl  betreten.  NGOs  berichteten,  dass  es  üblich  sei,  dass  die  PA 
Familienmitglieder wegen angeblicher Vergehen einer Person schikaniert (USDOS 12.4.2022). Die  
Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen wird durch Non-Compliance der PA sowie durch das  
Fehlen  einer  palästinensischen  Gerichtsbarkeit  in  Gebiet  C,  wo  das  israelische  Militär  die 
ausschließliche Kontrolle ausübt, behindert (FH 28.2.2022). Gleichwohl kommt es zuweilen auch  
ohne offizieller israelischer Erlaubnis zu Einsätzen der palästinensischen Sicherheitskräfte in den  
Gebieten B, C und H2 [Anm.: in der Stadt Hebron] – auch um Personen wegen ihrer politischen  
Aktivitäten zu schikanieren oder deren Häuser zu durchsuchen (USDOS 12.4.2022).
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 52
18

Die  gesetzlichen  Gegebenheiten  im  Westjordanland  diskriminieren,  indem  Israelis  und 
PalästinenserInnen,  die  dort  wohnen  oder  am  selben  Ort  ein  Verbrechen  begehen, 
unterschiedlichen Gerichten und Gesetzen unterliegen (FH 28.2.2022).
Prozesse  von  PalästinenserInnen  aus  der  Westbank  wegen  Sicherheitsvergehen  gehen  vor 
israelischen Militärgerichten mit einer viel höheren Verurteilungsrate und längeren Strafen einher  
als  bei  Prozessen  vor  zivilen  Gerichten  in  Israel.  Laut  MCW  enden  95  Prozent  der  Fälle  in 
Militärgerichten mit einer Verurteilung, und laut Amnesty International erfüllen manche israelische  
Militärgerichte nicht die internationalen Standards für faire Prozesse (USDOS 12.4.2022).
Die zivilen, israelischen Gerichte, welche die Jurisdiktion für israelische Siedler in der Westbank  
ausüben,  sind  unabhängig  (FH  28.2.2022).  Am  30.3.2022  wurde  eine  Abstimmung  über  die 
Verlängerung der Anwendung israelischen zivilen Rechts auf israelische Siedler im Westjordanland 
verschoben. Die Anwendbarkeit würde sonst Ende Juni auslaufen. Im Gesetzesvorschlag ist eine  
Verlängerung um weitere fünf Jahr vorgesehen (Haaretz 31.3.2022).
Rivalisierende  Großfamilien  tragen  ihre  Konflikte  offen  außerhalb  des  palästinensischen 
Rechtssystems aus und untergraben damit die Autorität der PA. Die Familienclans, besonders in  
Gebieten wie Hebron und Nablus, leben nach ihren eigenen Rechtssystemen und erkennen die
staatliche Gewalt oft nicht an, und verfügen über Waffen wie Kalaschnikows. Morde werden mit  
Blut vergolten, es sei denn, die Angelegenheiten können zwischen den Ältesten der Familien  
vermittelt werden. Dabei spielen Geldzahlungen und die Ehre der jeweiligen Familie eine große  
Rolle. Staatliche Ermittlungen lassen Clanfamilien nicht immer zu (KAS 9.2021).
Islamische oder christliche geistliche Gerichte sind für Personenstandsfragen wie Ehe, Scheidung  
und  Erbschaft  zuständig.  Es  ist  gesetzlich  vorgesehen,  dass  Mitglieder  einer  
Religionsgemeinschaft einen Streit betreffs Personenstatus einer anderen Religionsgruppe ihrer  
Wahl zur Entscheidung vorlegen können, wenn die Streitparteien zustimmen (USDOS 12.5.2021).
Quellen:
- AI  –  Amnesty  International  (29.3.2022):  Amnesty  International  Report  2021/22;  The  State  of  the 
World's  Human  Rights;  Palestine  (State  of)  2021,  29.  März  2022
https://www.ecoi.net/de/dokument/2070261.html, Zugriff am 20. Mai 2022
- AI – Amnesty International (18.2.2020): Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019;  
Staat Palästina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026071.html, Zugriff 7.5.2020
- FH  -  Freedom  House  (28.2.2022):  Freedom  in  the  World  2022  -  West  Bank*,
https://www.ecoi.net/de/dokument/2072102.html, Zugriff 19.5.2022
- FH  –  Freedom  House  (2020):  Freedom  in  the  World  2020,  West  Bank,  
https://freedomhouse.org/country/west-bank/freedom-world/2020, Zugriff 5.5.20
- GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, Länderinformationsportal (11.2020a)  
[Archivversion  vom  14.5.2021]:  Palästinensische  Gebiete,  Geschichte  &  Staat,  
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 52
19

Go to next pages