ruan-lib-2018-02-26-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
2. Politische Lage Ruanda ist eine Präsidialrepublik. Der Präsident wird in allgemeinen Wahlen bestimmt. Amtierender Präsident und damit Staatschef ist seit April 2000 Paul Kagame (RPF – Ruandische Patriotische Front). Er setzt den Regierungschef und seine Minister ein. Der Präsident wird alle 7 Jahre direkt vom Volk gewählt. Die letzte Präsidentschaftswahlen fanden planmäßig, fast auf den Tag genau nach sieben Jahren Amtszeit, am 4.8. 2017 statt. Mit dem amtlichen Endergebnis von 98,79 Prozent wurde der amtierende Präsident Kagame zum dritten Mal im Amt bestätigt. Schon im Vorfeld bestand kein Zweifel am Ausgang dieser Präsidentschaftswahlen. Einzig festzuhaltende Beobachtungen dabei sind die landesweit friedliche Stimmung beim Urnengang sowie die fast hundertprozentige Wahlbeteiligung. Das außergewöhnlich hohe Wahlergebnis für Präsident Paul Kagame wurde weitgehend kaum in Frage gestellt. Die eigentliche Fragestellung gilt dem außergewöhnlichen Wahlkampf. Dabei demonstrierten der Präsident und seine Regierungspartei RPF ihre überwältigende Überlegenheit. In allen 30 Distrikten des Landes wurden Wahlkampfveranstaltungen mit Volksfestcharakter abgehalten. Dagegen konnten die zwei weiteren Kandidaten jeweils nur bescheidene Menschenmengen um sich versammeln (GIZ 9.2017a). Der Politiker der Grünen Partei Frank Habineza (DGPR) erhielt 0,5 Prozent, der unabhängige Kandidat Philippe Mpayimana 0,7 Prozent. Die Vorbereitung der Präsidentschaftswahlen verlief nach Ansicht von Beobachtern kritisch. Bemängelt wurde z.B. die Transparenz des Zulassungsverfahrens. So wurden nur zwei oppositionelle Kandidaten zur Wahl zugelassen, während alle anderen die Voraussetzungen nicht erfüllt haben sollen. Von den Parteien stellte neben der regierenden RPF (Kagame) nur die außerparlamentarisch operierende grüne Partei (DGPR) einen Kandidaten auf. Alle übrigen verzichteten und unterstützten Präsident Kagames Kampagne (AA 8.2017a). Bereits im Dezember 2015 wurde die ruandische Verfassung per Referendum geändert, um eine erneute Kandidatur Präsident Kagames bei den Wahlen zu ermöglichen. 98,1 Prozent der Teilnehmer am Referendum (Wahlbeteiligung 98,3 Prozent) stimmten für die Verfassungsänderung. Nach dem neuen Wortlaut der Verfassung hat Präsident Kagame das Recht zur Kandidatur für eine weitere siebenjährige sowie anschließend zwei fünfjährige Amtszeiten (insgesamt bis 2034) (AA 8.2017a). Das Parlament besteht aus zwei Kammern: der Chamber of Deputies mit 80 Sitzen und dem Senat mit 26 Sitzen. Mitte 2015 wurden konkrete Schritte zur Umsetzung der intensiv diskutierten Verfassungsreform eingeleitet. Als erstes wurde eine groß angelegte Mobilisierungskampagne angestoßen, welche mehr als 3,7 Millionen Bürger hinter sich brachte. Die daraus resultierende Unterschriftensammlung wurde in einer Petition bei der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 5 von 20

Parlamentspräsidentin eingereicht. Dadurch wurde der Verfassungsreformprozess in Gang gesetzt. Inhaltlich ging es darum, dem amtierenden Staatsoberhaupt Paul Kagame eine dritte Kandidatur bei den im Jahr 2017 stattgefundenen Präsidentschaftswahlen zu ermöglichen. Im weiteren Verlauf wurden entsprechende Artikel durch das Parlament geändert. Ein neuer Verfassungsentwurf wurde von beiden Parlamentskammern einstimmig verabschiedet und schließlich der Bevölkerung in einem Referendum vorgelegt (GIZ 9.2017a). Die Verfassung lässt ein Mehrparteiensystem zu. Eine ausgrenzende Parteienbildung, u.a. nach Ethnie, Religion oder Geschlecht, ist ausdrücklich verboten. Ferner wurde die Regel, gemäß der die parlamentarische Mehrheitspartei nicht mehr als 50 Prozent der Kabinettsmitglieder stellen darf, in der Verfassung verankert. Auch Gender-Fragen finden darin Beachtung. So ist z.B. in der öffentlichen Verwaltung und im Parlament eine Frauenquote von 30 Prozent festgeschrieben. Dieses hat nach den letzten Wahlen zu einer Vertretung von Frauen in der Nationalversammlung von über 50 Prozent geführt, der weltweit höchsten parlamentarischen Frauenvertretung (GIZ 9.2017a). Lang anhaltende Spannungen im Land gipfelten im Jahr 1994 in einem staatlich instrumentalisierten Genozid, bei welchem bis zu eine Million Ruander getötet wurden, darunter schätzungsweise drei Viertel der Tutsi-Bevölkerung. Infolge der Ermordung des Präsidenten im Jahr 1994 führte eine extremistische Übergangsregierung die Hutu- dominierte Nationalarmee, Milizgruppen und gewöhnliche Bürger an, um Tutsi und moderate Hutu zu ermorden. Der Genozid endete später im selben Jahr als die hauptsächlich aus Tutsi bestehende RPF, die von Uganda und Nordruanda aus operierte, die Nationalarmee und Hutumilizen schlug und eine von der RPF geführte Regierung der nationalen Einheit einsetzte, welche auch die Mitglieder von acht politischen Parteien mit einschloss. Die Regierung wendet sich gegen die Völkermord-Ideologie und ethnischen Divisionismus (USDOS 3.3.2017). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (8.2017a): Ruanda - Innenpolitik, http://www.auswaertiges- amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ruanda/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.2.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2017a): Ruanda - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/ruanda/geschichte-staat.html, Zugriff 21.2.2018 - USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Rwanda, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395590.html, Zugriff 21.2.2018 3. Sicherheitslage .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 6 von 20

Die politische Lage in Ruanda kann als relativ stabil bezeichnet werden, dennoch können gewisse politische Spannungen nicht ausgeschlossen werden. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Ruanda nicht ausgeschlossen werden (EDA 21.2.2018). Das französische Außenministerium mahnt bei Reisen an die Grenze zur DR Kongo zu erhöhter Aufmerksamkeit, da die Spannungen und Rebellionen im Osten des Nachbarlandes anhalten. Das gesamte Staatsgebiet von Ruanda wird allerdings lediglich mit Sicherheitsstufe 2 (von 4) bewertet (FD 21.2.2018). Auch das österreichische Außenministerium bewertet die Sicherheit im ganzen Land mit Stufe 2 (von 6). Die Sicherheitslage in Kigali gilt grundsätzlich als gut (BMEIA 23.2.2018). Aufgrund der Lage im Ostkongo rät auch das Auswärtige Amt von Reisen in das unmittelbare Grenzgebiet zur DR Kongo ab (AA 21.2.2018). In den Grenzregionen zur DR Kongo und Burundi besteht die Gefahr von Überfällen durch bewaffnete Banden aus den beiden Nachbarländern. Die Eskalation der Gewalt im Osten der DR Kongo (Provinzen Nord- und Südkivu) wirkt sich seit Herbst 2012 auch auf das Grenzgebiet zu Ruanda aus. Granaten werden zeitweise bis in ruandische Gebiete geschossen (EDA 21.2.2018). Das österreichische Außenministerium mahnt für Reisen an die Grenze zu Burundi zu besonderer Aufmerksamkeit; die Grenzen zur DR Kongo sollten gemieden werden. Reisen im Inneren des Landes gelten als unbedenklich (BMEIA 23.2.2018). Gewaltkriminalität ist in Ruanda eher selten (EDA 21.2.2018). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (21.2.2018): Ruanda - Landesspezifische Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/ruanda-node/ ruandasicherheit/212026, Zugriff 21.2.2018 - BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (23.2.2018): Ruanda – Reiseinformationen, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/ruanda/, Zugriff 23.2.2018 - EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (21.2.2018): Ruanda – Reisehinweise für Ruanda https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/ruanda/ reisehinweise-fuerruanda.html, Zugriff 21.2.2018 - FD - France Diplomatie (12.10.2015): Conseils aux Voyageurs / Conseils par Pays – Rwanda, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/ rwanda/, Zugriff 21.2.2018 4. Rechtsschutz/Justizwesen Verfassung und Gesetz sehen eine unabhängige Justiz vor und die Justiz arbeitet in den meisten Fällen ohne Einflussnahme durch die Regierung. Im Wesentlichen respektieren die Behörden die Entscheidungen der Gerichte. Laut Gesetz gilt die Unschuldsvermutung. Die Gesetzgebung verlangt, dass die Angeklagten in einer für sie verständlichen Sprache umfassend über die Anklagepunkte aufgeklärt werden. Da diese Vorschrift nicht immer befolgt wird, werden zahlreiche Anhörungen von Richtern vertagt. Angeklagte haben das .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 7 von 20

Recht auf einen fairen Prozess ohne unangemessene Verzögerungen. In der Praxis kommt es aufgrund Personalmangels und des Mangels an Gerichtssälen jedoch zu Verzögerungen bei der Prozessführung. Angeklagte haben das Recht, einen Anwalt ihrer Wahl zu konsultieren. Für mittellose Angeklagte stellt das Gesetz keinen Anwalt auf Staatskosten bereit (USDOS 3.3.2017). In Folge des Völkermords von 1994 hat die Regierung Ruandas ein grundlegend neues Justizwesen aufgebaut. Dabei wurden neue rechtliche und administrative Rahmenbedingungen eingeführt. Demnach bestehen die Justizeinrichtungen aus dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court), den Hohen Gerichten der Republik (High Courts of the Republic), den Provinzgerichtshöfen (Provincial Courts), den Gerichtshöfen der Distrikte (Districts Courts) sowie Vermittlungsräten (Mediation Committees). Zusätzlich wurden spezielle Einrichtungen, wie die sogenannten Gacaca–Gerichte, welche charakteristisch für das Justizwesen Ruandas sind, geschaffen. Diese neuen Institutionen wurden initiiert, um der besonders schwierigen Lage der Post-Konfliktzeit zu begegnen (GIZ 9.2017a). Wichtige gesellschaftliche Themen bleiben die juristische und gesellschaftliche Aufarbeitung des Völkermords, das Dezentralisierungsprogramm der Regierung sowie der wirtschaftliche Wiederaufbau und die Entwicklung des Landes. Seit der 2005 in Kraft getretenen Landreform gibt es erstmalig in Ruanda ein individuell belastbares, verbrieftes Recht auf Grundbesitz (AA 8.2017a). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (8.2017a): Ruanda - Innenpolitik, http://www.auswaertiges- amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ruanda/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.2.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2017a): Ruanda - Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/ruanda/geschichte-staat.html, Zugriff 21.2.2018 - USDOS - U.S. Department of State (27.7.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Rwanda, https://www.ecoi.net/de/dokument/1395590.html, Zugriff 21.2.2017 4.1. "Gacaca"- Prozesse / Aufarbeitung des Völkermordes Die Gacaca-Prozesse dienten zur Aufarbeitung des Völkermords von 1994 (AA 8.2017a). Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Eingliederung geflohener Hutu und vormals exilierter Tutsi funktioniert hat. Die juristische und gesellschaftliche Aufarbeitung des Völkermords bleibt jedoch, neben dem wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes, weiterhin wichtigstes gesellschaftliches Thema. Bis heute fordern einerseits die Angehörigen der Opfer des Genozids Gerechtigkeit und Entschädigung, oppositionelle Kräfte auf der anderen Seite Gewissheit über die Rolle der damaligen Befreiungsarmee RPF (Ruandische Patriotische Front). Sie werfen den Regierenden außerdem einen ungerechten Umgang insbesondere .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 20

mit Opfern vor, die es auch auf der Seite der Volksgruppe der Hutu zu beklagen gab (GIZ 9.2017a). Aufgrund der Überlastung der klassischen Gerichte bei der Aufarbeitung des Völkermordes entschied sich die Regierung 1999, aus pragmatischer Notwendigkeit, für die Revitalisierung der so genannten "Gacaca", eine traditionelle Form von Gerichtsverfahren. Dieser neue Versuch der Regierung zur Wahrheitsfindung und um Täter zu bestrafen, bekam zusätzlich den schwierigen Auftrag, eine umfassende Aufarbeitung unter Berücksichtigung versöhnender Aspekte zu leisten. Die Gacaca-Verfahren kamen nur mühsam zu Stande. Nach einer Pilotphase arbeiteten 11.000 Gacaca-Gerichte über das ganze Land verteilt. 2006 traten diese oft kontrovers diskutierten Dorfgerichte in die Entscheidungsphase ein (GIZ 9.2017a). Die im Jänner 2005 begonnene Hauptphase der Gacaca-Prozesse zur Aufarbeitung des Völkermords von 1994 mit bis zu einer Million Opfern wurde im Jahr 2012 beendet (AA 8.2017a). Neue Verfahren werden nicht mehr aufgelegt. Im Juni 2012 wurde in einer Abschlussveranstaltung diesem zentralen Instrument der Aufarbeitung des Genozids und seines Beitrags zur gesellschaftlichen Versöhnung gedacht. Die Herausforderungen waren angesichts mehrerer 100.000 Beschuldigter gewaltig: Landesweit waren über 15.000 Gerichte und 200.000 Laienrichter befasst. Ein großer Teil der ruandischen Bevölkerung war beteiligt, sei es als Täter, Überlebende, Zeugen, Angehörige oder Richter. Im September 2013 wurde eine überarbeitete Fassung des Gesetzes zur Genozidideologie mit enger gefassten Tatbeständen und geringeren Haftstrafen verkündet (AA 10.2015a). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (8.2017a): Ruanda - Innenpolitik, http://www.auswaertiges- amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ruanda/Innenpolitik_node.html, Zugriff 20.2.2018 - GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH, Geschichte & Staat, (9.2017a): http://liportal.giz.de/ruanda/geschichte-staat/, Zugriff 20.2.2018 5. Sicherheitsbehörden Nach der Auflösung des Ministeriums für innere Sicherheit untersteht die ruandische Polizei (RNP – Rwanda National Police) nunmehr dem Justizministerium. Trotz Mangel an grundlegender Ausrüstung (z.B. Handschellen, Streifenwagen, usw.) schreiben Beobachter der RNP einen hohen Grad an Disziplin und Wirksamkeit zu. Die ruandische Armee (RDF – Rwandan Defence Forces) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die äußere Sicherheit verantwortlich. Allerdings arbeitet sie auch im Bereich der inneren Sicherheit und in nachrichtendienstlichen Belangen. Die RDF weist einen hohen Grad an militärischer Professionalität auf. Im Dezember 2016 wurde beim Justizministerium das Rwanda .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 20

Investigation Bureau eingerichtet, das nunmehr als Kriminalpolizei abseits der RNP operiert. Die zivilen Behörden üben im Wesentlichen die Kontrolle über RNP und RDF aus, und die Regierung verfügt über Mechanismen, um Korruption und (Amts-)Missbrauch zu untersuchen und zu bestrafen. Der Generalinspektor der RNP verfügt gegen Polizisten wegen exzessiver Gewaltanwendung Disziplinarstrafen und verfolgt Korruption strafrechtlich. Es gibt allerdings auch Berichte, wonach Angehörige der Sicherheitskräfte manchmal außerhalb der öffentlichen Kontrolle agieren. Die RNP institutionalisierte in der Ausbildung Themen wie eine verhältnismäßige Anwendung von Gewalt und Menschenrechte (USDOS 3.3.2017). Quellen: - USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Rwanda, https://www.ecoi.net/en/document/1395590.html, Zugriff 20.2.2018 6. Folter und unmenschliche Behandlung Laut Verfassung und per Gesetz sind Folter und unmenschliche Behandlung verboten. Dennoch wird von zahlreichen Misshandlungen von Gefangenen seitens der Polizei, des Militärs und des Geheimdienstes (NISS - National Intelligence and Security Services) berichtet. Um an Geständnisse zu gelangen, werden Inhaftierte im Gefängnis von der Polizei zeitweise geschlagen. Berichte weisen darauf hin, dass auch die SSF (State Security Forces) und Militärgeheimdienstpersonal in Gefangenenlagern des Militärs Folter und andere unmenschliche Praktiken anwenden, um Geständnisse zu erhalten. Straflosigkeit ist ein Problem. Es gibt jedoch auch Berichte von Disziplinarmaßnahmen gegen Mitlieder der Sicherheitskräfte, die solche Praktiken anwenden. Im Gegensatz zum Vorjahr gab es mehrere Berichte über politisch motiviertes Verschwindenlassen. Berichten zufolge sollen Sicherheitsbehörden – der SSF und RDF (Rwandan Defence Forces), NISS wie auch die RNP (Rwanda National Police) – für diese verantwortlich sein (USDOS 3.3.2017). Gemäß HRW halten die Behörden weiterhin Personen in inoffiziellen Militärgefängnissen gefangen, in welchen zahlreiche Häftlinge gefoltert werden. Zudem nutzen die Behörden außergerichtlichen Hinrichtungen als Warnung. Regierungsvertreter verleugnen die Berichte über Morde. Personen, die wegen Verbrechen gegen die Staatssicherheit angeklagt werden, werden weiterhin unrechtmäßig in Militärlagern festgehalten. Viele Menschen in diesen Lagern werden gefoltert. Behörden inhaftieren Straßenhändler, Sexarbeiter, Straßenkinder und arme Menschen weiterhin in Transitzentren im ganzen Land. Die Zustände in diesen Zentren sind hart und unmenschlich und Prügel sind üblich (HRW 18.1.2018). Quellen: .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 20

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 – Rwanda, https://www.ecoi.net/en/document/1422587.html, Zugriff 20.2.2018 - USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Rwanda, https://www.ecoi.net/en/document/1395590.html, Zugriff 20.2.2018 7. Korruption Obwohl die Regierung bereits Maßnahmen setzt, ist Korruption weiterhin ein Problem in Ruanda. Das Gesetz sieht Haft und Geldstrafen für Korruption bei Beamten und Privatpersonen vor. Bürger, die Bestechungsgeldforderungen durch Beamte anzeigen, haben Anspruch auf eine finanzielle Belohnung. Transparency International Ruanda und anderen Organisationen berichten, dass die Regierung Untersuchungen durchführt und Korruption bei Polizei und Regierungsbeamten verfolgt. Die Polizei unternimmt häufig die internen Untersuchungen von Korruption unter Polizisten und führt verdeckte Ermittlungen gegen diese durch (USDOS 3.3.2017). Das Büro des Ombudsmannes arbeitete in Zusammenarbeit mit Exekutivagenturen und und ergriff Maßnahmen in Fällen von Korruption und anderen Verstößen, einschließlich Menschenrechtsfällen. Des Weiteren leitet das Büro des Ombudsmannes den Nationalen Antikorruptionsrat und verfügt über ein aktives Good Governance-Programm und mehrere lokale Antikorruptionseinheiten. Journalisten und andere Beobachter haben bemerkt, dass sich Korruptionsuntersuchungen vorwiegend auf lokale Beamte und Privatpersonen konzentrieren. Die Regierung verfolgte 2016 keinen leitenden Angestellten wegen Korruption. Kabinettsminister und andere an Korruption beteiligte, leitende Angestellte wurden nicht weiter verfolgt (USDOS 3.3.2017). Quellen: - USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Rwanda, https://www.ecoi.net/en/document/1395590.html, Zugriff 20.2.2018 8. Wehrdienst Es gibt keine Wehrpflicht. Das Mindestalter für den freiwilligen Wehrdienst beträgt 18 Jahre. Zu den weiteren Voraussetzungen zählen Staatsbürgersaft und unter anderem eine abgeschlossene 9. Schulstufe (CIA 20.2.2018). Quellen: - CIA - Central Intelligence Agency (20.2.2018): The World Factbook – Rwanda: https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rw.html, Zugriff 20.2.2018 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 20

9. Allgemeine Menschenrechtslage Die Menschenrechtslage hat sich in den letzten Jahren mit Konsolidierung der inneren Sicherheit insgesamt verbessert. Problematisch bleiben allerdings Fälle von Amts- und Machtmissbrauch, Einschränkungen der Meinungs-, Versammlungs-, Medien und Vereinigungsfreiheit, sowie die politische Beeinflussung der Justiz. Die nationale Menschenrechtskommission hat 2003 verstärkte Untersuchungs- und Interventionsbefugnisse erhalten, allerdings gibt es auch Zweifel an der Effizienz der Kommission und ihrer Unabhängigkeit. Mehrere unabhängige Menschenrechtsorganisationen existieren in Ruanda. Einige Organisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch erheben gegen Polizei und Militär schwere Vorwürfe (AA 8.2017a). Die größten Probleme in der Verletzung der Menschenrechte sind Belästigung durch die Regierung, Verhaftung und Misshandlung von politischen Gegnern, Menschenrechtsaktivisten und Einzelpersonen, welche eine Bedrohung für die staatliche Kontrolle und soziale Ordnung darstellen. So auch die Missachtung der Rechtsstaatlichkeit unter den Sicherheitskräften und der Justiz und die Beschränkungen der bürgerlichen Freiheiten (USDOS 3.3.2017). Auch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit berichtet über die kritische Menschenrechtslage im Land (GIZ 9.2017a). Die Verfassung gewährleistet Meinungs- und Pressefreiheit im gesetzlich dafür vorgesehenen Rahmen (USDOS 3.3.2017). Die Regierung schränkt diese Rechte jedoch ein. Journalisten wurden häufiger von Regierungsbeamten befragt, schikaniert, bedroht und verhaftet. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind per Verfassung gewährleistet, in der Praxis jedoch eingeschränkt. Zudem haben Bürger nicht die Möglichkeit ihre Regierung durch freie und faire Wahlen zu ändern. Es kommt zu Einschränkungen bei der Registrierung und dem Betrieb von Oppositionsparteien und nicht transparenten Praktiken bei der Stimmenauszählung (USDOS 3.3.2017). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (8.2017a): Ruanda - Innenpolitik, https://www.auswaertiges- amt.de/de/aussenpolitik/laender/ruanda-node/-/212068, Zugriff 20.2.2018 - GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH, – Geschichte & Staat, (9.2017a): http://liportal.giz.de/ruanda/geschichte-staat/, Zugriff 20.2.2018 - USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Rwanda, https://www.ecoi.net/en/document/1395590.html, Zugriff 20.2.2018 10.Haftbedingungen Problematisch bleibt die Menschenrechtslage vor allem in den Gefängnissen (GIZ 9.2018a). Obwohl die Regierung versucht, die Bedingungen in Gefängnisse und Gefangenenlagern zu verbessern, variieren diese von unzumutbaren und lebensbedrohlichen Zuständen bis hin zur Erfüllung internationaler Standards. Überfüllte Gefängnisse und Gefangenenlagern sind .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 20

ein übliches Problem, wie auch schlechte Belüftung, welche zu hohen Temperaturen führt. Die Versorgung mit Nahrung und medizinischer Betreuung ist häufig mangelhaft. Einige Gefangene behaupten sogar, tagelang keine Nahrung zu erhalten. Darüber hinaus gibt es Beschwerden über unzureichende Sanitärversorgung in einigen Gefängnissen und Gefangenenlagern; nicht alle verfügen über Toiletten (USDOS 3.3.2017). Insassen müssen oft jahrelang auf Gerichtsverhandlungen warten (GIZ 9.2018a). Es gibt auch zahlreiche Berichte über schlechte Bedingungen für Zivilisten in militärischen Gefangenenlagern. Laut der durch Gefängnisse und Behörden festgelegten Besuchsregeln ist es Gefangenen und Häftlingen erlaubt, Besuch zu empfangen. Auch die freie Religionsausübung ist erlaubt (USDOS 3.3.2017). Das Gesetz sieht eine Ombudsmannorganisation (N HRC – Nationale Menschenrechtskommission) vor, der die Durchführung von Untersuchungen von Gefängnissen obliegt. Die Regierung finanziert und kooperiert mit dem NHRC. Nach Ansicht vieler Beobachter verfügte der NHRC nicht über ausreichende Ressourcen, um alle gemeldeten Verstöße zu untersuchen. Wenige Opfer von Menschenrechtsverletzungen melden dem NHRC von Verstößen. Das Ministerium des Staatssekretärs für innere Sicherheit untersucht Gefängnisse und hat Mitarbeiter für eine Menschenrechtsaufsichtsbehörde innerhalb des Ministeriums eingestellt. Die Regierung erlaubt unabhängige Überwachung der Haftbedingungen durch Diplomaten, HRW, und lokalen NGOs sowie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (USDOS 3.3.2017). Quellen: - GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH, – Geschichte & Staat, (9.2017a): http://liportal.giz.de/ruanda/geschichte-staat/, Zugriff 20.2.2018 - USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Rwanda, https://www.ecoi.net/en/document/1395590.html, Zugriff 20.2.2018 11.Todesstrafe Die Todesstrafe ist seit Juni 2007 gesetzlich abgeschafft (GIZ 9.2017); seit 1998 wurde sie nicht mehr vollstreckt (AA 8.2017a; vgl. GIZ 9.2017). Damit wurde das größte Hindernis für eine Überstellung von Angeklagten durch das Internationale Strafgericht für Ruanda an die Justiz in Ruanda beseitigt (GIZ 9.2017a). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (8.2017a): Ruanda - Innenpolitik, https://www.auswaertiges- amt.de/de/aussenpolitik/laender/ruanda-node/-/212068, Zugriff 20.2.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2017): Ruanda – Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/ruanda/geschichte-staat.html, Zugriff 20.2.2018 12.Religionsfreiheit .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 20

Die Bevölkerung Ruandas ist zu 50,2 protestantisch (Adventisten 12 Prozent und 38,2 Prozent gehören anderen christlichen Konfessionen an), 44,3 Prozent sind römisch- katholisch, 2 Prozent sind Moslems, zu den Animisten zählen 0,9 Prozent und 2,5 Prozent der Bevölkerung gehören anderen oder keiner Religionsgruppe an (CIA 7.2.2018). Die Verfassung verbietet religiöse Diskriminierung und sieht Religions- und Glaubenfreiheit vor. Die Verfassung verbietet auch politische Parteien, welche auf der Religionszugehörigkeit aufgebaut sind. Das Strafgesetzbuch sieht vor, dass religiöse Diskriminierung unter Strafe gestellt wird. Das Strafmaß ist 5 bis 7 Jahren Gefängnis und eine Geldstrafe von 100.000 bis eine Million ruandische Francs ($ 145 bis $ 1450). Zusätzlich muss sich jeder Bürger bei einer religiösen Gruppe im Ruanda Governance Board (RGB) registrieren. Alle Schüler in einer öffentlichen Grundschule und in den ersten drei Jahre der Sekundarstufe, müssen einen Religionsunterricht besuchen, in dem verschiedene Religionen besprochen werden. Es gibt Berichte, dass die Regierung in die internen Abläufe religiöser Organisationen eingreift. Lokale Behörden gehen manchmal gegen Zeugen Jehovas vor, wenn diese an von der Regierung vorgeschriebenen Aktivitäten aus Gewissensgründen nicht teilnehmen. Zahlreiche religiöse Gruppen tragen zu Toleranz und Verständnis bei, indem sie an interkonfessionellen Treffen teilnehmen und gemeinsame Projekte organisieren (USDOS 15.8.2017). Schon seit der deutschen, vor allem aber seit der belgischen Kolonisation nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Land christlich missioniert, was zu einer Dominanz des in Belgien vorherrschenden Katholizismus führte, dem kurz vor dem Völkermord (1994) etwa zwei Drittel der Bevölkerung angehörten. Wegen ihrer umstrittenen Rolle im Völkermord wird die katholische Kirche bis heute oft kritisiert (GIZ 9.2017c). Quellen: - CIA - Central Intelligence Agency (7.2.2018): The World Factbook – Rwanda: https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rw.html, Zugriff 20.2.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2017c): Ruanda – Gesellschaft, http://liportal.giz.de/ruanda/gesellschaft.html, Zugriff 20.2.2018 - USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Rwanda, https://www.ecoi.net/en/document/1408631.html, Zugriff 20.2.2018 13.Ethnische Minderheiten Das Land wird von drei Bevölkerungsgruppen bewohnt. Den Bahutu, die Schätzungen zufolge 80-90 Prozent der Bevölkerung ausmachen, den Batutsi (ca. 10-20 Prozent) und den Batwa mit circa 1 Prozent. Die Bezeichnung "Ethnie" ist für die Charakterisierung der ruandischen Bevölkerungsgruppen wissenschaftlich nicht korrekt. Bei "Hutu" oder "Tutsi" handelt es sich auch nicht um verschiedene Stämme, wie es in zahlreicher Literatur zu lesen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 20
