sene-shks-2024-07-02-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Das gegenständliche Produkt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde gemäß den vom Staatendokumentationsbeirat beschlossenen Standards und der Methodologie der Staatendokumentation erstellt. Ein Länderinformationsblatt (LIB) der Staatendokumentation ist ein COI-Dokument, das beruhend auf den Bedürfnissen in Verfahren des Asyl- und Fremdenwesens (RD, EASt, ASt, BVwG) mittels Recherche von vorhandenen, vertrauenswürdigen und vorrangig öffentlichen Informationen gemäß den Standards der Staatendokumentation erstellt wird. Ein LIB gibt eine einzelfallunabhängige Darstellung über die Lage betreffend relevanter Tatsachen in Herkunftsländern bzw. in EU- Mitgliedsstaaten. Die LIB dienen den Bedarfsträgern der Instanzen des Asyl- und Fremdenwesens. Für sie gilt § 5 Abs. 5 letzter Satz BFA-G, d.h. sie sind als solche nicht Teil der allgemein zugänglichen, öffentlichen Staatendokumentation. Sie werden aber durch Verwendung im Verfahren (Parteiengehör, Verwendung im Bescheid) der jeweiligen Partei zugänglich und durch Verwendung im Bescheid öffentlich gemacht. Dieses Produkt ist als Arbeitsbehelf für österreichische Behörden und Gerichte entwickelt worden. In diesem Sinne stehen Lesbarkeit, flexible Nutzbarkeit und einfache Verwertbarkeit in Entscheidungen im Vordergrund. Grundsätzlich wird jede Information mit mindestens einer Quelle belegt; aus vorgenannten Gründen wird jedoch auf die Hervorhebung von Originalzitaten verzichtet – nicht zuletzt auch deshalb, weil sich daraus für die Entscheidungsfindung kein Mehrwert ergibt. Das gegenständliche Produkt erhebt bezüglich der zur Verfügung gestellten Informationen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aus dem vorliegenden Produkt ergeben sich keine Schlussfolgerungen für die rechtliche Beurteilung eines konkreten Verfahrens. Das LIB stellt keine allgemeine oder individuelle Entscheidungsvorgabe dar. Das vorliegende Dokument kann insbesondere auch nicht als politische Stellungnahme seitens der Staatendokumentation oder des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gewertet werden. Zugunsten der besseren Les- und Verwendbarkeit wird im vorliegenden Produkt auf eine genderneutrale Schreibweise verzichtet. So nicht explizit angemerkt, sind immer alle Geschlechter gemeint. Qualitäts- und Aktualisierungshinweis Das LIB beinhaltet Arbeitsübersetzungen fremdsprachiger Quellen. Auswahl, Verwertung und Verwendung von Informationen im vorliegenden Produkt unterliegen dem Qualitätsmanagement der Staatendokumentation. Eine Aktualisierung des LIB erfolgt bei gegebenem Bedarf auf Anfrage. Die Aktualität der verwendeten Quellen wird seitens der Staatendokumentation überprüft. Daher können auch im LIB verwendete Quellen älteren Datums als inhaltlich aktuell erachtet werden. .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 2 von 28

Länderspezifische Anmerkungen Hinweis: COVID-19: Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports. Für historische Daten bis zum 10.3.2023 s. die Datenbank der Johns-Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd4029942 3467b48e9ecf6 . .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 3 von 28

Inhaltsverzeichnis 1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen................................................................5 2. COVID-19..................................................................................................................................5 3. Politische Lage..........................................................................................................................5 4. Sicherheitslage..........................................................................................................................6 4.1. Konflikt in der Casamance...................................................................................................7 5. Rechtsschutz / Justizwesen...................................................................................................... 9 6. Sicherheitsbehörden...............................................................................................................10 7. Folter und unmenschliche Behandlung...................................................................................11 8. Korruption................................................................................................................................12 9. NGOs und Menschenrechtsaktivisten.....................................................................................13 10. Wehrdienst und Rekrutierungen.............................................................................................14 11. Allgemeine Menschenrechtslage............................................................................................14 12. Haftbedingungen.....................................................................................................................16 13. Todesstrafe..............................................................................................................................16 14. Religionsfreiheit.......................................................................................................................16 15. Minderheiten........................................................................................................................... 17 16. Relevante Bevölkerungsgruppen............................................................................................ 18 16.1. Frauen................................................................................................................................18 16.2. Kinder.................................................................................................................................20 16.3. Homosexuelle/Sexuelle Minderheiten................................................................................22 17. Bewegungsfreiheit...................................................................................................................24 18. Grundversorgung und Wirtschaft............................................................................................24 19. Medizinische Versorgung........................................................................................................ 26 20. Rückkehr................................................................................................................................. 27 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 4 von 28

1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden. 2. COVID-19 Gemäß dem französischen Außenministerium, wurden alle gesundheitlichen Beschränkungen für die Einreise in das Gebiet aufgehoben (FD 3.4.2024). Seit Beginn der Pandemie bis zum 28. März 2024 wurden in Senegal 89.050 Infizierte und 1.971 Todesfälle gemeldet. Die insgesamt 89.050 infizierten Menschen entsprechen aktuell einem Anteil von 0,53 % der Gesamtbevölkerung. Nach offiziellen Angaben der WHO sind bis zum Stichtag am 12. November 2023 insgesamt 3,18 Millionen Impfdosen verabreicht worden. 2,68 Millionen Menschen haben mindestens eine Impfung erhalten (16 %). Die Booster-Impfung erhielten 815.965 Personen (5 %). 1,55 Millionen davon gelten in Senegal als vollständig geimpft (= 9 %). Damit gehörte Senegal zu den am schlechtesten versorgten Ländern der Welt (LI 3.2024b). Quellen: - FD - France Diplomatie [Frankreich] (3.4.2024): Conseils aux Voyageurs, Sénégal, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/ senegal/#entree, Zugriff 29.4.2024 - LI - Länderdaten.info (3.2024b): Gesundheitswesen in Senegal, https://www.laenderdaten.info/Afrika/Senegal/gesundheit.php, Zugriff 28.3.2024 3. Politische Lage Senegal ist eine Republik, die von einer starken Exekutive beherrscht wird. Im Jahr 2019 wurde Macky Sall für eine zweite Amtszeit von fünf Jahren wieder zum Präsidenten gewählt. Die Wahlen wurden von lokalen und internationalen Beobachtern im Allgemeinen als frei und fair eingestuft. Auch die Parlamentswahlen im Juli 2022 wurden von Beobachtern im Allgemeinen als frei und fair bewertet (USDOS 20.3.2023; vgl. USDOS 22.4.2024). Am 3.7.2023 kündigte Präsident Macky Sall an, nicht mehr für eine dritte Amtszeit bei den Präsidentschaftswahlen 2024 zu kandidieren (HRW 11.1.2024). Neuer Präsident des Senegal ist Bassirou Diomaye Faye. Er ist der bisher jüngste Präsident des Landes. Er war der große Favorit dieser Wahl und konnte nach vorläufigen Zahlen 57 % aller Wählerstimmen auf sich vereinigen. Amadou Ba, der Kandidat der Regierungskoalition und bis vor kurzem Premierminister des Landes, konnte hingegen nur etwa 31 % der Stimmen für sich verbuchen. Khalifa Sall kam auf 3 %, Mamadou Dia auf 2,6 %. Alle anderen 15 Kandidaten bekamen jeweils weniger als 1 % (KAS 26.3.2024). Faye, der wichtigste Oppositionskandidat, vertritt das Anti-System-Programm seiner Partei Pastef. Er fordert ein Senegal, das mehr Unabhängigkeit gegenüber dem Ausland demonstriert, vor allem gegenüber der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Faye will den Austritt aus der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 5 von 28

westafrikanischen Währung CFA prüfen, die noch aus der Kolonialzeit stammt und an den Euro gebunden ist. Er will auch die Verträge mit den ausländischen Gasfirmen neu verhandeln, die Korruption stärker bekämpfen und die Macht des Präsidenten einschränken (NZZ 25.3.2024). Die Präsidentschaftswahlen hätten eigentlich am 25.2.2023 stattfinden sollen, jedoch beschloss das Parlament die Abstimmung auf den 15.12.2023 zu verschieben. Es kam landesweit zu Protesten. Die Polizei setzte Tränengas gegen die Demonstranten ein, und die Behörden setzten mobile Internetdienste aus. Mindestens drei Menschen kamen ums Leben und zahlreiche weitere wurden festgenommen (DW 14.2.2024). Quellen: - DW - Deutsche Welle (14.2.2024): Senegal's restless Casamance region sees deadly protests, https://www.dw.com/en/senegals-restless-casamance-region-sees-deadly-protests/a- 68255913, Zugriff 5.4.2024 - HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Senegal, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103208.html, Zugriff 18.3.2024 - KAS - Konrad Adenauer Stiftung (26.3.2024): Neuer Präsident mit absoluter Mehrheit, https://www.kas.de/de/web/senegal/laenderberichte/detail/-/content/neuer-praesident-mit- absoluter-mehrheit, 26.3.2024 - NZZ - Neue Zürcher Zeitung (25.3.2024): Bei der Wahl in Senegal liegt ein Oppositioneller klar vorne, der bis vor wenigen Tagen im Gefängnis sass, https://www.nzz.ch/international/wahl-in- senegal-die-opposition-liegt-vorne-ld.1822962, Zugriff 8.4.2024 - USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Senegal, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089141.html, Zugriff 19.3.2024 - USDOS - US Department of State [USA] (22.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Senegal, https://www.state.gov/reports/2023-country-reports-on-human-rights- practices/, Zugriff 26.4.2024 4. Sicherheitslage Nach der ruhig verlaufenden Präsidentschaftswahl am 24.3.2024 und der Vereidigung des Präsidenten am 2.4.2024 ist die Lage derzeit stabil (AA 10.4.2024). Demonstrationen kommen vor und können von Ausschreitungen und Zusammenstößen zwischen Demonstrierenden und der Polizei begleitet sein. So haben im Feber 2024 sowie im August und im Juni 2023 gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstrierenden und den Sicherheitskräften mehrere Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert. Es kam auch zu Straßensperren sowie Fällen von Brandstiftung, Plünderungen und Sachbeschädigungen (EDA 11.4.2024). In der gesamten Sahelregion besteht seit Jahren eine islamistische terroristische Bedrohung (AA 10.4.2024). Grundsätzlich hat sich die Sicherheitslage im Senegal in den letzten Jahren verbessert. Angesichts der unsicheren Lage in anderen Staaten Westafrikas kann aber auch für den Senegal ein „Spill-Over“ - Effekt bzw. ein Anschlagspotential nicht mehr ausgeschlossen werden (BMEIA 22.3.2024). Senegal selbst blieb bislang von terroristischen Anschlägen verschont. Die Regierung hat in Reaktion auf die unbeständige Lage in der Region mit einer Verstärkung und höheren Sichtbarkeit seines eigenen Sicherheitsapparats reagiert (AA 10.4.2024). Es gibt Hinweise, dass Terrorgruppen aus der Sahelzone ihren Aktionsradius in den Senegal ausdehnen. .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 6 von 28

Sie sind gut organisiert, operieren grenzüberschreitend und haben Verbindungen zu lokalen, kriminellen Gruppen. In verschiedenen Grenzgebieten besteht zudem das Risiko von Entführungen und das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land, einschließlich in Dakar (EDA 11.4.2024). In der Grenzregion zu Mauretanien und Mali, besteht ein hohes Sicherheitsrisiko (BMEIA 22.3.2024; vgl. EDA 11.4.2024). Auf malischem Staatsgebiet besteht in den grenznahen Gebieten zu Senegal, insbesondere im Dreiländereck Senegal-Mali-Mauretanien, ein erhöhtes Entführungsrisiko (AA 10.4.2024; vgl. EDA 11.4.2024). In den Grenzregionen zu Gambia und Guinea-Bissau sollten aufgrund von Aktivitäten separatistischer Gruppen, gelegentlicher Militäreinsätze und der nicht auszuschließenden Gefahr von Landminen gemieden werden (BMEIA 22.3.2024). Taschendiebstähle, Handtaschenraub und seltener auch gewalttätige Übergriffe können landesweit vorkommen. Häufig nähern sich die Diebe auf Motorrädern (AA 10.4.2024). Internetkriminalität ist weit verbreitet (BMEIA 22.3.2024). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (10.4.2024): Senegal: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/senegalsicherheit/208190, Zugriff 28.4.2024 - BMEIA - Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten [Österreich] (22.3.2024): Reiseinformation Senegal (Republik Senegal), https://www.bmeia.gv.at/reise- services/reiseinformation/land/senegal, Zugriff 29.4.2024 - EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (11.4.2024): Reisehinweise für Senegal, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und- reisehinweise/senegal/reisehinweise-fuersenegal.html#eda0500b1, Zugriff 11.4.2024 4.1. Konflikt in der Casamance Im Allgemeinen gibt es im Senegal keine gewaltsamen Konflikte, mit der bemerkenswerten Ausnahme der separatistischen Rebellion in der Casamance (BS 19.3.2024). Die senegalesischen Sicherheitskräfte sind seit 1982 in der südlichen Casamance-Region an einer Aufstandsbekämpfungskampagne gegen verschiedene Fraktionen der separatistischen Bewegung der Demokratischen Kräfte der Casamance (MDFC-Mouvement des forces démocratiques de Casamance) beteiligt (CIA 1.5.2024). Der Separatistenaufstand in der Casamance ist der schwerste und am längsten andauernden Konflikt in der senegalesischen Geschichte, aber er bleibt weitgehend eingefroren (CIA 1.5.2024; vgl. BS 19.3.2024). Die Situation ist größtenteils eine Pattsituation, da weder die Regierungstruppen noch die Rebellen in der Lage sind die völlige Kontrolle über das Gebiet? zu übernehmen (BS 19.3.2024). Der Konflikt hat bisher? mehr als 5.000 Todesopfer und weitere 60.000 Vertriebene gefordert; im Mai 2023 stimmte eine Fraktion der MFDC einem Friedensabkommen zu (2023) (CIA 1.5.2024). Allerdings gibt es keinen formellen Versöhnungsprozess. Die Regierung hat das klare Ziel, den langjährigen Konflikt zu beenden, es .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 7 von 28

ist jedoch unklar, ob der Wunsch nach einem formellen Versöhnungsprozess weit verbreitet ist (BS 19.3.2024). In der südlichen Casamance-Region, die zwischen Gambia und Guinea-Bissau liegt, kommt es weiterhin zu Aufständen auf niedrigem Niveau zwischen den Sicherheitskräften und bewaffneten Separatisten (USDOS 22.4.2024). Es wurden mehrere Sicherheitsvorfälle gemeldet (FD 3.4.2024). Mit der Verschiebung der Präsidentschaftswahl, löste Präsident Macky Sall Demonstrationen im ganzen Land aus, vor allem aber in der Region Casamance; mindestens drei Menschen starben (DW 14.2.2024). In der Casamance kam es zu sporadischen Gewaltausbrüchen, an denen Personen beteiligt waren, die mit verschiedenen Fraktionen der separatistischen Bewegung der Demokratischen Kräfte der Casamance in Verbindung stehen (USDOS 22.4.2024). Im Jänner 2022 tötete die Bewegung der Demokratischen Kräfte der Casamance vier Angehörige der Armee und nahm sieben gefangen, die sie im Feber wieder frei ließ (USDOS 20.3.2023). Präsident Macky Sall setzte seine Bemühungen zur Beilegung des seit 40 Jahren andauernden Konflikts zwischen Separatisten und staatlichen Sicherheitskräften in der südlichen Casamance fort. Nach der Entwaffnungsvereinbarung von 2022 zwischen Regierungsvertretern und dem MFDC wurde am 13.5.2022 mit einer feierlichen Zeremonie zur Einsammlung der Waffen das Rebellenlager der MFDC in Diakaye aufgelöst. NGOs befürchteten jedoch weiterhin, dass die Abwesenheit von Salif Sadio, dem Anführer der militanten MFDC-Fraktion, den Nutzen und die Nachhaltigkeit des Abkommens gefährden könnte. Die Armee führte mehrere Luft- und Bodenoperationen durch, um die Rückkehr der von dem Konflikt betroffenen lokalen Vertriebenen zu erleichtern (USDOS 22.4.2024). Im Jänner 2022 berichteten die Medien, dass ein Jugendlicher von einer Rebellengruppe der MFDC an der Grenze zu Guinea-Bissau festgenommen wurde. Mehrere Initiativen der Zivilgesellschaft und der Gemeinden zur Rettung des Jugendlichen blieben erfolglos. Sein Leichnahm wurde am 21.6.2022 entdeckt (USDOS 22.4.2024). Der 2012 einseitig von der Unabhängigkeitsbewegung MFDC verkündete Waffenstillstand mit der senegalesischen Regierung hat die Lage merklich beruhigt. Am 4.8.2022 wurde ein Friedensabkommen zwischen der Regierung und einer Splittergruppe des MFDC unterzeichnet. Dennoch bleibt die Sicherheitslage volatil. Die Rebellen haben sich in die Wälder in die Grenzgebiete zu Guinea-Bissau und Gambia zurückgezogen, von wo aus sie illegalen Holzschlag und Schmuggel betreiben. In abgelegenen Gebieten können Überfälle durch Rebellen auf Zivilpersonen nicht ausgeschlossen werden. Es sind noch zahlreiche verminte Zonen vorhanden, die oft ungenügend markiert sind (EDA 11.4.2024). Aufgrund der hohen politischen Spannungen kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Demonstrierenden und den Sicherheitskräften. Zum Beispiel wurden am 31.7.2023 bei .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 28

Unruhen in der Stadt Ziguinchor zwei Personen getötet. Während mehrerer Tage war der Zugang zu Ziguinchor erschwert (EDA 11.4.2024). Quellen: - BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI Coutry Report Senegal, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105891/country_report_2024_SEN.pdf, Zugriff 26.3.2024 - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (1.5.2024): Senegal - The World Factbook, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/senegal/, Zugriff 2.5.2024 - DW - Deutsche Welle (14.2.2024): Senegal's restless Casamance region sees deadly protests, https://www.dw.com/en/senegals-restless-casamance-region-sees-deadly-protests/a- 68255913, Zugriff 5.4.2024 - FD - France Diplomatie [Frankreich] (3.4.2024): Conseils aux Voyageurs, Sénégal, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/ senegal/#entree, Zugriff 29.4.2024 - USDOS - US Department of State [USA] (22.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Senegal, https://www.state.gov/reports/2023-country-reports-on-human-rights- practices/, Zugriff 26.4.2024 - USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Senegal, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089141.html, Zugriff 19.3.2024 5. Rechtsschutz / Justizwesen Die Justiz ist formal unabhängig (USDOS 22.4.2024; vgl. FH 2023, BS 19.3.2024), aber nicht gegen politische Einflussnahme (USDOS 22.4.2024; vgl. BS 19.3.2024). Der Präsident kontrolliert die Ernennungen in den Verfassungsrat, das Berufungsgericht und den Staatsrat (USDOS 22.4.2024; vgl. FH 2023), und der Präsident und der Justizminister führen gemeinsam den Vorsitz im Obersten Justizrat, dem Gremium, das für die Verwaltung der Laufbahnen der Richter zuständig ist (USDOS 22.4.2024). Der Oberste Justizrat, der der Exekutive die Ernennung von Richtern empfiehlt, wird vom Präsidenten und vom Justizminister geleitet, was nach Ansicht von Kritikern seine Unabhängigkeit beeinträchtigt (FH 2023). Es gibt Berichte, dass die Justiz der Korruption und der Einflussnahme der Regierung ausgesetzt sei. In Korruptionsfällen und anderen Angelegenheiten, in die hochrangige Beamte oder Anhänger der Regierung verwickelt waren, waren die Richter anfällig für Druck seitens der Regierung (USDOS 22.4.2024; vgl. BS 13.3.2024). Die Korruption innerhalb der Justiz ist nach wie vor ein Problem, ebenso wie die Unterfinanzierung und Unterbesetzung des Justizwesens (BS 19.3.2024). Die Richter und Staatsanwälte beklagen eine hohe Arbeitsbelastung, einen Mangel an angemessenen Räumlichkeiten und Büroausstattung, sowie unzureichende Transportmöglichkeiten und stellten die Bereitschaft der Regierung in Frage, angemessene Ressourcen für einen ordnungsgemäßen Justizbetrieb bereitzustellen (USDOS 22.4.2024). Die Unabhängigkeit senegalesischer Richter wird von der Exekutive eingeschränkt, insbesondere in Fällen, die Politiker betreffen. In den letzten Jahren wurden mehrere Oppositionspolitiker wegen verschiedener Straftaten angeklagt. Die Tatsache, dass nur Oppositionspolitiker wegen Korruption angeklagt sind, lässt vermuten, dass diese Anklagen politisch motiviert sind (BS 19.3.2024). Zahlreiche strafrechtliche Verfolgungen von .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 28

Oppositionspolitikern in den letzten Jahren unterstreichen die Besorgnis über politische Einflussnahme. Im Vorfeld der Kommunalwahlen 2022 hat das Berufungsgericht jedoch Kandidaten, die zuvor disqualifiziert worden waren, wieder zugelassen (FH 2023). Die Verfassung sieht vor, dass alle Angeklagten das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren haben, und die Justiz hat dieses Recht im Allgemeinen durchgesetzt (USDOS 22.4.2024; vgl. FH 2023), aber willkürliche Verhaftungen und längere Inhaftierungen geben weiterhin Anlass zur Sorge. Obwohl die Regierung verpflichtet ist, Angeklagten, die sich keinen Anwalt leisten können, einen zur Verfügung zu stellen, ist diese Vertretung in der Praxis uneinheitlich. Die lange Untersuchungshaft bleibt ein Problem. Die Reichweite des Justizsystems erstreckt sich nicht durchgängig auf ländliche Gebiete, die sich häufiger auf traditionelle Methoden der Konfliktlösung verlassen (FH 2023). Der Rückstau von Fällen, der Mangel an Rechtsbeistand (insbesondere außerhalb von Dakar), die Ineffizienz und Korruption der Justiz und die lange Untersuchungshaft untergruben viele Rechte der Angeklagten (USDOS 22.4.2024). Zum Regionalgericht Dakar gehört ein Militärgericht, das für Verbrechen zuständig ist, die von Militärangehörigen begangen wurden (USDOS 22.4.2024). Quellen: - BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI Coutry Report Senegal, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105891/country_report_2024_SEN.pdf, Zugriff 26.3.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Senegal, 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2097725.html, Zugriff 20.3.2024 - USDOS - US Department of State [USA] (22.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Senegal, https://www.state.gov/reports/2023-country-reports-on-human-rights- practices/, Zugriff 26.4.2024 6. Sicherheitsbehörden Polizei und Gendarmerie sind für die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung zuständig, in Ausnahmefällen auch die Armee. Die Nationale Polizei ist Teil des Innenministeriums und ist in den größeren Städten tätig. Die Gendarmerie ist Teil des Verteidigungsministeriums und hauptsächlich außerhalb der Großstädte tätig. Die zivilen Behörden behielten im Allgemeinen eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte. Es wurde berichtet, dass Angehörige der Sicherheitskräfte Übergriffe begangen haben (USDOS 20.3.2023; vgl. CIA 1.5.2024). Die Kriminalpolizei (DIC) der Nationalpolizei ist befugt, Personen bis zu 24 Stunden festzuhalten, bevor sie freigelassen oder angeklagt werden. Die Kriminalpolizisten der Nationalen Gendarmerie in den Forschungsbrigaden sind ebenfalls befugt, Festnahmen, Inhaftierungen und Ermittlungen durchzuführen und konnten Personen bis zu 48 Stunden festhalten. Die Behörden informierten viele Festgenommene nicht umgehend über die gegen sie erhobenen Anschuldigungen. Die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 28

Polizei, einschließlich der DIC-Beamten, sind befugt, die Haftdauer ohne Anklageerhebung von 24 auf 48 Stunden zu verdoppeln, wenn sie stichhaltige Gründe für eine künftige Anklage nachweisen konnte und wenn ein Staatsanwalt dies genehmigt (USDOS 22.4.2024). Quellen: - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (1.5.2024): Senegal - The World Factbook, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/senegal/, Zugriff 2.5.2024 - USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Senegal, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089141.html, Zugriff 19.3.2024 - USDOS - US Department of State [USA] (22.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Senegal, https://www.state.gov/reports/2023-country-reports-on-human-rights- practices/, Zugriff 26.4.2024 7. Folter und unmenschliche Behandlung Die Verfassung und das Gesetz verbieten solche Praktiken. Menschenrechtsorganisationen wiesen auf Beispiele für körperliche Misshandlungen durch die Behörden hin, einschließlich übermäßiger Gewaltanwendung sowie grausamer und erniedrigender Behandlung in Gefängnissen und Haftanstalten (USDOS 22.4.2024). Die Straffreiheit für solche Handlungen stellt ein großes Problem dar (USDOS 20.3.2023; vgl. USDOS 22.4.2024). Zu den mit der Untersuchung von Missbräuchen beauftragten Stellen gehörten das Justizministerium und der Nationale Beobachter für Orte des Freiheitsentzugs. Die DIC und die mit der Untersuchung von polizeilichen Übergriffen beauftragten Einheiten für interne Angelegenheiten von Polizei und Gendarmerie gingen nicht wirksam gegen Straflosigkeit und Korruption vor (USDOS 20.3.2023). Lokale und internationale Medien berichteten über Menschenrechtsverletzungen, die von der Polizei und der Gendarmerie als Reaktion auf die Proteste im Juni begangen wurden. Einige Demonstranten warfen den Sicherheitskräften schwere körperliche Misshandlungen während der Inhaftierung nach den Juni-Protesten vor. Die Behörden untersuchten diese Vorwürfe weiter (USDOS 20.3.2023; vgl. USDOS 22.4.2024). Einzelpersonen sind im Allgemeinen vor der unrechtmäßigen Anwendung körperlicher Gewalt geschützt. Die Sicherheitskräfte gehen jedoch gewaltsam gegen Demonstranten vor und haben in den vergangenen zwei Jahren mehr als ein Dutzend Menschen getötet und Hunderte verletzt (FH 2023). Dem Nationalen Menschenrechtsausschuss der Regierung gehören Regierungsvertreter, Gruppen der Zivilgesellschaft und unabhängige Menschenrechtsorganisationen an. Der Ausschuss hat die Befugnis, Missstände zu untersuchen, ist jedoch nicht glaubwürdig, führte keine Untersuchungen durch und veröffentlichte zuletzt 2001 einen Jahresbericht (USDOS 22.4.2024). Quellen: .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 28
