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- AI - Amnesty International (24.4.2024): Der Zustand der Menschenrechte der Welt; Sierra Leone 2023, https://www.ecoi.net/de/document/2107963.html, Zugriff 20.2.2024 - BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105886/country_report_2024_SLE.pdf, Zugriff 27.11.2024 - FH - Freedom House (25.4.2024): Freedom in the World 2024 - Sierra Leone, 2024, https://www.ecoi.net/en/document/2108067.html, Zugriff 19.2.2025 - KAS - Konrad Andenauer Stiftung (10.7.2023): Die Wahlen in Sierra Leone vor dem Hintergrund geopolitischer Instabilität, Zugriff 4.3.2025 - TAZ - die Tageszeitung (26.11.2023): Putschangst in Sierra LeoneKämpfe in der Hauptstadt Freetown, https://taz.de/Putschangst-in-Sierra-Leone/ ! , Zugriff 4.3.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices, Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/2107719.html, Zugriff 19.2.2025 3. Sicherheitslage Es kann zu Demonstrationen oder großen Menschenansammlungen (BMEIA 18.2.2025) und gewaltsamen Ausschreitungen kommen, teilweise mit Todesfolge, da Berichten zufolge auch scharfe Munition eingesetzt werden kann (EDA 31.5.2024). Am 26.11.2023 kam es nach Überfällen auf ein Waffenlager des Militärs und diverse Haftanstalten zu Kämpfen in Freetown. Die Lage hat sich mittlerweile beruhigt, jedoch bleibt die politische, wirtschaftliche und soziale Situation angespannt (EDA 31.5.2024). Bei dem mutmaßlichen Putschversuch im November 2023 wurden etwa 20 Menschen bei Angriffen auf Militärkasernen und Gefängnisse getötet, bevor sie von staatlichen Sicherheitskräften gestoppt wurden. Mehr als ein Dutzend Militärangehörige und ein Zivilist wurden verhaftet. Mehrere Personen, nach denen im Zusammenhang mit den Anschlägen gefahndet wird, sind Berichten zufolge weiterhin auf der Flucht, und da die Angreifer ein Waffenlager ins Visier genommen haben, besteht weiterhin die Sorge, dass die Gefahr der Instabilität bestehen bleibt (FH 25.4.2024; vgl. AI 24.4.2024). Es besteht das Risiko von Terroranschlägen (EDA 31.5.2024). Angesichts der unsicheren Lage in anderen Regionen Westafrikas kann auch für Sierra Leone ein „Spill-Over“-Effekt bzw. ein Anschlagspotential gegenüber westlichen Einrichtungen und Staatsangehörigen nicht ausgeschlossen werden (BMEIA 18.2.2025). Das österreichische Außenministerium bewertet das Sicherheitsrisiko in den Grenzgebieten zu Liberia mit Stufe 3 von 6, im Rest des Landes mit Stufe 2 (BMEIA 18.2.2025). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.1.2025): Sierra Leone: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/sierraleone-node/ sierraleonesicherheit-203500, Zugriff 19.2.2025 - BMEIA - Bundesministerium Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (18.2.2025): Sierra Leone (Republik Sierra Leone), https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/sierra-leone, Zugriff 19.2.2025 - EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (31.5.2024): Reisehinweise für Sierra Leone, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und- reisehinweise/sierra-leone/reisehinweise-fuersierraleone.html, Zugriff 19.2.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 29

- FH - Freedom House (25.4.2024): Freedom in the World 2024 - Sierra Leone, 2024 https://www.ecoi.net/en/document/2108067.html, Zugriff 19.2.2025 4. Rechtsschutz / Justizwesen Obwohl die Verfassung und das Gesetz eine unabhängige Justiz vorsehen (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 25.4.2024), sind die Gerichte anfällig für Eingriffe der Exekutive (FH 25.4.2024). Das Gesetz sieht für alle Angeklagten das Recht auf ein faires Verfahren vor, doch wird dieses Recht nicht immer durchgesetzt bzw. wird es in der Praxis manchmal eingeschränkt. Die begrenzte Anzahl von Staatsanwälten, Richtern und Anwälten führt zu langen Verfahrensverzögerungen. Aufgrund schwerfälliger Gerichtsverfahren und hohen Gerichtsgebühren ist der Zugang zur Justiz für die meisten Bürger eingeschränkt (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 25.4.2024). Häufig haben Angeklagte, die sich keinen Anwalt leisten können, vor dem Prozess keinen Zugang zu Rechtsbeistand (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 25.4.2024). Die auf öffentliche Kosten tätigen Anwälte sind überlastet. Die Angeklagten werden nicht immer rechtzeitig oder ausführlich über die gegen sie erhobenen Vorwürfe informiert und verfügen im Allgemeinen nicht über angemessene Möglichkeiten, ihre Verteidigung vorzubereiten. Die Berufungsverfahren verzögern sich übermäßig und dauern manchmal mehr als zwei Jahre (USDOS 23.4.2024). Das Fehlen klarer Verfahren für die Ernennung und Entlassung von Richtern macht die Verfahren anfällig für Missbrauch. Korruption in der Justiz, niedrige Gehälter und unzureichende Ressourcen untergraben außerdem die richterliche Autonomie. Die APC hat sich dafür entschieden, das Wahlergebnis von 2023 nicht vor Gericht anzufechten, da sie der Meinung waren, dass die Institution politisch vereinnahmt ist, und haben den Obersten Richter zum Rücktritt aufgefordert. Unabhängig davon wurde der Oberste Richter im Dezember 2023 auf unbestimmte Zeit beurlaubt und im selben Monat wurde er kommissarisch ersetzt (FH 25.4.2024). Die Justizbehörden haben 2023 die Zahl an Gerichtsverhandlungen in Justizvollzugsanstalten erhöht, um den erheblichen Rückstau an nicht zugewiesenen Fällen abzubauen und dadurch die Gefängnisse zu entlasten und die Dauer der Untersuchungshaft zu verkürzen (AI 24.4.2024; vgl. FH 25.4.2024). Am 28. August 2023 startete die Justiz ihre dritte "Woche für den Zugang zum Recht durch die Justiz". Im Auftrag des Obersten Richters bearbeitete ein Team von 23 Richtern innerhalb von zwei Wochen 802 Fälle von Sexualdelikten, Diebstahl, Einbruch und Mord im Schnellverfahren, um das Strafmaß [Anm,: überlange Untersuchungshaft] zu verringern und die Gefängnisse und Haftanstalten zu entlasten (USDOS 23.4.2024). Neben dem formellen Gerichtssystem üben lokale Häuptlingsgerichte mit Laienrichtern das Gewohnheitsrecht aus, vor allem in ländlichen Gebieten. Die Chiefs in den Dörfern unterhalten ihre eigene Polizei und ihre eigenen Gerichte, um das lokale Gewohnheitsrecht durchzusetzen. Die Polizei und die Gerichte der Häuptlinge haben die Befugnis, Personen zu verhaften, vor Gericht zu stellen und zu inhaftieren. Nach Angaben des Human Rights Commission of Sierra Leone .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 29

(HRCSL) und von NGOs in Bo, Kenema und Port Loko sind die traditionellen Gerichtsverfahren im Allgemeinen fair, aber es gibt glaubwürdige Hinweise darauf, dass viele Fälle durch Korruption beeinflusst werden, da die als Richter fungierenden Oberhäupter regelmäßig Bestechungsgelder annehmen und wohlhabendere Angeklagte bevorzugen. Der Campaign for Human Rights and Development International (CHRDI) zufolge ist Korruption in der Militärjustiz weniger verbreitet als in der zivilen Strafjustiz (USDOS 23.4.2024). Die District Human Rights Monitoring Groups (DHRMGs) der Polizei berichten, dass die traditionellen Behörden Straftaten anklagen, die nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, und bei der Verhängung von Strafen die Rechte von Personen verletzen. Ferner werden laut Angaben der DHRMG die Gesetze zur Gleichstellung der Geschlechter uneinheitlich angewandt, und viele traditionelle Gerichte ignorieren die Rechte von Frauen in Bezug auf Familienrecht und Erbschaft. Jugendlichen werden im traditionellen Rechtssystem nur wenige Rechte zugestanden (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AI - Amnesty International (24.4.2024): Der Zustand der Menschenrechte der Welt; Sierra Leone 2023, https://www.ecoi.net/de/document/2107963.html, Zugriff 20.2.2024 - FH - Freedom House (25.4.2024): Freedom in the World 2024 - Sierra Leone, 2024 https://www.ecoi.net/en/document/2108067.html, Zugriff 19.2.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices, Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/2107719.html, Zugriff 19.2.2025 5. Sicherheitsbehörden Die Polizei von Sierra Leone (SLP) ist in erster Linie für die Strafverfolgung und Verbrechensaufklärung im ganzen Land zuständig (SLP 2022). Sie untersteht dem Ministerium für innere Angelegenheiten (CIA 12.2.2025). Die Polizisten der SLP sind schlecht bezahlt und kaum ausgebildet und werden nur selten für ihre Handlungen zur Rechenschaft gezogen, selbst wenn sie gewaltsam vorgehen (FH 25.4.2024). Vor allem innerhalb der SLP stellt Straflosigkeit ein ernstes Problem dar (USDOS 23.4.2024). Die Regierung hat einige Schritte unternommen, um Beamte, die an möglichen Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren, ausfindig zu machen und zu bestrafen, aber die Straffreiheit besteht weiterhin (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 25.4.2024). Quellen: - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (12.2.2025): The World Factbook, Sierra Leone, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/sierra-leone/, Zugriff 20.2.2025 - FH - Freedom House (25.4.2024): Freedom in the World 2024 - Sierra Leone, 2024 https://www.ecoi.net/en/document/2108067.html, Zugriff 19.2.2025 - SLP - Sierra Leone Police [Sierra Leone] (2022): Sierra Leone Police, http://www.police.gov.sl/, Zugriff 25.2.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/2107719.html, Zugriff 19.2.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 29

6. Folter und unmenschliche Behandlung Das Gesetz verbietet solche Praktiken, und anders als im Jahr 2022 gab es 2023 keine glaubwürdigen Berichte darüber, dass Regierungsbeamte solche Praktiken anwenden (USDOS 23.4.2024). Nach anderen Angaben ist die Misshandlung von Gefangenen weit verbreitet (BS 2024). Zivilisten können Misshandlungen bei der Abteilung für Beschwerden, Disziplinarmaßnahmen und interne Ermittlungen der Polizei oder beim Unabhängigen Beschwerdeausschuss der Polizei melden, doch sind die Kapazitäten und die Wirksamkeit dieser Stellen sehr begrenzt (FH 25.4.2024). Es gibt immer wieder Vorwürfe, dass Sicherheitskräfte willkürliche Verhaftungen und außergerichtliche Tötungen vornehmen (FH 25.4.2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Bei dem mutmaßlichen Putschversuch im November 2023 wurden etwa 20 Menschen bei Angriffen auf Militärkasernen und Gefängnisse getötet, bevor sie von staatlichen Sicherheitskräften gestoppt worden sind (FH 25.4.2024). Im Feber 2023 forderte die NGO AdvocAid ein Ende der Gewalt durch Strafverfolgungsbeamte. Ein Polizeibeamter stand wegen der Vergewaltigung eines Mädchens in einer Polizeistation vor Gericht (AI 24.4.2024). Am 25.6.2023, dem Tag nach den Wahlen vom 24.6. tötete die Polizei in der Parteizentrale der Oppositionspartei All People's Congress (APC) in Freetown Berichten zufolge einen Freiwilligen der Partei. Am 26.6. wurden vier weitere APC-Anhänger in der Stadt Masiaka von der Polizei getötet. Während der Proteste am 11.9.2023 tötete die Polizei Berichten zufolge zwei weitere Personen. Die Menschenrechtskommission von Sierra Leone (Human Rights Commission of Sierra Leone, HRCSL) hat das Independent Police Complaint Board, einen zivilen Aufsichtsmechanismus, aufgefordert, diese Tötungen durch die Sicherheitskräfte zu untersuchen und der SLP Empfehlungen zur Strafverfolgung zu geben (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AI - Amnesty International (24.4.2024): Der Zustand der Menschenrechte der Welt; Sierra Leone 2023, https://www.ecoi.net/de/document/2107963.html, Zugriff 20.2.2024 - BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105886/country_report_2024_SLE.pdf, Zugriff 27.11.2024 - FH - Freedom House (25.4.2024): Freedom in the World 2024 - Sierra Leone, 2024 https://www.ecoi.net/en/document/2108067.html, Zugriff 19.2.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices, Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/2107719.html, Zugriff 19.2.2025 7. Korruption Korruption ist nach wie vor allgegenwärtig (FH 25.4.2024). Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, die Regierung setzt das Gesetz nicht wirksam durch. Es gibt zahlreiche Berichte über Korruption in der Regierung (USDOS 23.4.2024). Es gibt Gesetze, Strategien und Institutionen zur Korruptionsbekämpfung (BS 2024). Die Regierung hat in den letzten Jahren einige Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung erzielt. Die Anti- .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 29

Korruptionskommission untersucht und verfolgt Korruptionsfälle (USDOS 23.4.2024). In den letzten Jahren haben sich die Bemühungen der Antikorruptionskommission (ACC) weitgehend auf die Wiedererlangung gestohlener Gelder und nicht auf Verurteilungen konzentriert, und Korruption ist nach wie vor weit verbreitet (FH 25.4.2024). Die ACC hat ihren Tätigkeitsbereich ausgeweitet und eine eigene Spezialeinheit, die Scorpion Squad geschaffen, die Milliarden von Leones von korrupten Beamten zurückfordert, regelmäßig Berichte veröffentlicht und Öffentlichkeitsarbeit betreibt (BS 2024). Einige Beobachter werfen der Kommission vor, Oppositionspolitiker ins Visier zu nehmen, während sie glaubwürdigen Korruptionsvorwürfen gegen die regierende SLPP, einschließlich der dem Präsidenten nahestehenden Personen, nicht nachgeht (USDOS 23.4.2024). Die ACC hat es mehrfach verabsäumt, hochrangige Beamte anzuklagen, und sich stattdessen auf untergeordnete Beamte konzentriert und Ermittlungen durchgeführt, die - angesichts des massiven Ausmaßes der Korruption - zu kurz gedacht waren. Während der vorherigen APC-Regierung wurde der Anti-Korruptions-Kommission vorgeworfen, sie sei parteiisch zugunsten der APC (BS 2024). Ein im Dezember 2023 veröffentlichter offizieller Rechnungsprüfungsbericht für das Haushaltsjahr 2022 wies auf Mängel bei der Verhinderung des Missbrauchs von Finanzmitteln in den Ministerien, Abteilungen und Behörden der Regierung hin (FH 25.4.2024). Auf dem Index von Transparency International befand sich Sierra Leone im Jahr 2024 auf Rang 114 von 180 untersuchten Ländern und fiel um 2 Punkte im Vergleich zum Vorjahr (TI 2024). Quellen: - BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105886/country_report_2024_SLE.pdf, Zugriff 27.11.2024 - FH - Freedom House (25.4.2024): Freedom in the World 2024 - Sierra Leone, 2024 https://www.ecoi.net/en/document/2108067.html, Zugriff 19.2.2025 - TI - Transparency International (2024): Corruption Perceptions Index 2024, 2025 https://www.transparency.org/en/countries/sierra-leone, Zugriff 27.2.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices, Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/2107719.html, Zugriff 19.2.2025 8. NGOs und Menschenrechtsaktivisten Eine Vielzahl von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen arbeitet im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkungen, um Menschenrechtsbedingungen oder -Fälle zu überwachen oder zu untersuchen und ihre Ergebnisse zu veröffentlichen (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 25.4.2024). Die zivilgesellschaftlichen Organisationen haben sich traditionell sowohl vor als auch nach der Unabhängigkeit Sierra Leones wirksam eingebracht und sich während des Bürgerkriegs lautstark für den Frieden eingesetzt. Im Laufe der Jahre wurden sie jedoch mundtot gemacht. Sie sind nicht unabhängig von der Regierung. Aktivisten, die es versuchen, werden inhaftiert (BS 2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 29

Im Jahr 2018 traten strengere Vorschriften in Kraft, die eine jährliche Erneuerung der Registrierung und eine ministerielle Genehmigung für Projekte vorschreiben (FH 25.4.2024). Im Jahr 2020 hat die Regierung den Rahmen für die Entwicklungszusammenarbeit verabschiedet. Dieser Rahmen sieht den Aufbau von Kapazitäten und die Rechenschaftspflicht der Entwicklungspartner vor. Allerdings haben NGOs Bedenken geäußert, da dieser das Potenzial hat, von der Regierung genutzt zu werden, um NGOs in bestimmte Richtungen zu lenken. Zu den zahlreichen Maßnahmen, die das Rahmenwerk einführt, gehören restriktive Zulassungskriterien, ein kompliziertes Registrierungsverfahren und die Verpflichtung, eine Dienstleistungsvereinbarung mit den zuständigen Regierungsstellen zu unterzeichnen, um sich für die Registrierung zu qualifizieren. Die Dienstleistungsvereinbarung sieht vor, dass NGOs ihre Ziele an den von den Behörden festgelegten nationalen Prioritäten ausrichten müssen. Unter den Organisationen der Zivilgesellschaft besteht die Befürchtung, dass die geltende Politik der Regierung die Möglichkeit zur Kontrolle bietet (BS 2024). Im Oktober 2023 wurde diese von der Regierung fertiggestellt (AI 24.4.2024). Im Juni 2023 gab die National Election Watch (NEW) - ein Zusammenschluss pro-demokratischer zivilgesellschaftlicher Organisationen in Sierra Leone - ihre parallelen Hochrechnungen der Stimmenauszählung für die Wahlen bekannt und berichtete, dass die Ergebnisse erheblich von den von der Regierung vorgelegten abweichen. NEW und ihre Mitglieder wurden daraufhin bedroht, auch vom staatlichen Sicherheitsapparat, was die Behinderung des zivil- gesellschaftlichen Raums verdeutlicht (FH 25.4.2024). Die Regierung, einschließlich der Sicherheitskräfte, reagiert im Allgemeinen auf die Menschenrechtsbedenken, die von Organisationen der Zivilgesellschaft geäußert werden, aber setzt manchmal nur langsam ihre Empfehlungen um (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AI - Amnesty International (24.4.2024): Der Zustand der Menschenrechte der Welt; Sierra Leone 2023, https://www.ecoi.net/de/document/2107963.html, Zugriff 20.2.2024 - BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105886/country_report_2024_SLE.pdf, Zugriff 27.11.2024 - FH - Freedom House (25.4.2024): Freedom in the World 2024 - Sierra Leone, 2024 https://www.ecoi.net/en/document/2108067.html, Zugriff 19.2.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices, Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/2107719.html, Zugriff 19.2.2025 9. Wehrdienst und Rekrutierungen Es gibt keine Wehrpflicht. Von 18-30 Jahren können sich Männer und Frauen freiwillig für den Militärdienst melden (CIA 12.2.2025). Quellen: .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 29

- CIA - Central Intelligence Agency [USA] (12.2.2025): The World Factbook, Sierra Leone, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/sierra-leone/, Zugriff 20.2.2025 10. Allgemeine Menschenrechtslage Die Bürgerrechte sind gesetzlich festgeschrieben, und Sierra Leone hat mit der Ratifizierung wichtiger internationaler Menschenrechtsverträge de jure erhebliche Fortschritte erzielt. Das Land arbeitet mit internationalen Institutionen wie dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, UNICEF und UN Women sowie auf nationaler Ebene mit dem parlamentarischen Menschenrechtsausschuss und dem Nationalen Forum für Menschenrechte zusammen, das als Dachorganisation für zahlreiche Organisationen der Zivilgesellschaft dient. Die Regierung hat eine Reihe von Gesetzen zum Schutz der Menschenrechte erlassen (z.B. das Gesetz über die Rechte des Kindes aus dem Jahr 2007, das Gesetz über Menschen mit Behinderungen aus dem Jahr 2011, die Änderung des Gesetzes über Sexualdelikte aus dem Jahr 2019). Im Jahr 2020 wurden Strategien wie die Gender Equality and Women's Empowerment Policy und die National Male Involvement Strategy for the Prevention of Sexual and Gender-Based Violence veröffentlicht. Im März 2020 hob die Regierung das Ausbildungsverbot für schwangere Schülerinnen auf (BS 2024). Zu den bedeutenden Menschenrechtsproblemen gehörten 2023 glaubwürdige Berichte über: willkürliche oder rechtswidrige Tötungen; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Verhaftungen oder Inhaftierungen; politische Gefangene oder Häftlinge. Ferner auch erhebliche Beeinträchtigung der friedlichen Versammlungsfreiheit, und schwerwiegende staatliche Korruption. Zudem kommt es zu weit verbreiteter geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich häuslicher und sexueller Gewalt (USDOS 23.4.2024), zu geschlechtsspezifischer Diskriminierung und ausbeuterischen Witwenriten. Kinderarbeit, Früh- und Zwangsheirat und Menschenhandel sind nach wie vor ein ernstes Problem (BS 2024). Es kommt zu Genitalverstümmelung und - beschneidung bei Frauen (USDOS 23.4.2024). Randgruppen, wie Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen, leben meist unter prekären Bedingungen, und die Rechte von sexuellen Minderheiten werden vernachlässigt (BS 2024). Es gibt zudem Gesetze, die einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen unter Strafe stellen, auch wenn sie nicht durchgesetzt werden und Straftaten, die mit Gewalt oder der Androhung von Gewalt gegen sexuelle Minderheiten begangen werden (USDOS 23.4.2024). De facto kommt es auch immer wieder zu Verletzungen der Bürgerrechte (BS 2024). Am 10.8.2022 kam es in Freetown und anderen Teilen des Landes zu Protesten, ausgelöst durch die zunehmende Frustration über den Anstieg der Lebenshaltungskosten. Einige Demonstranten forderten den Rücktritt von Präsident Bio (AI 20.3.2023). Im April 2023 veröffentlichte die Sonderermittlungskommission (SIC) einen Bericht nach ihrer Untersuchung der Tötung von sechs Polizisten und mindestens 27 Demonstranten und Zuschauern während der Proteste im August 2022. Der Bericht beschrieb die Proteste als Aufstand und Versuch, die Regierung zu stürzen. .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 29

Obwohl die SIC die Ausbildung von Polizeibeamten empfahl, um „Willkür“ zu vermeiden, wurde keine Untersuchung des Einsatzes übermäßiger Gewalt durch die Sicherheitskräfte empfohlen (AI 24.4.2024). Quellen: - AI - Amnesty International (20.3.2023): Sierra Leone: Seven months after August’s protests which turned violent in some locations, no justice yet for those injured or the families of those killed, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2023/03/sierra-leone-seven-months-after- augusts-protests-which-turned-violent-in-some-locations-no-justice-yet-for-those-injured-or-the- families-of-those-killed/, Zugriff 25.2.2025 - AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Sierra Leone 2023, https://www.ecoi.net/en/document/2107963.html, Zugriff 25.2.2025 - BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Sierra Leone, https://bti- project.org/en/reports/country-dashboard/SLE, Zugriff 20.2.2024 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices, Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/2107719.html, Zugriff 19.2.2025 11. Meinungs- und Pressefreiheit In der Verfassung und in den Gesetzen ist das Recht auf freie Meinungsäußerung verankert, auch für Mitglieder der Presse und anderer Medien, und die Regierung respektiert dieses Recht im Allgemeinen, aber es gibt Ausnahmen (USDOS 23.4.2024). Zahlreiche unabhängige Zeitungen sind frei im Umlauf, und es gibt Dutzende von öffentlichen und privaten Radio- und Fernsehsendern. Viele von ihnen bevorzugen jedoch eine der führenden politischen Parteien in ihrer Berichterstattung (FH 25.4,2024; vgl. BS 2024). Im Ranking von Reporter ohne Grenzen ist Sierra Leone auf Platz 64 von 180 Ländern (RSF 2024). Die Abschaffung von Abschnitt 5 des Gesetzes über die öffentliche Ordnung (Public Order Act) im Juli 2020, der Verleumdung, Falschnachrichten und aufrührerische Verleumdung unter Strafe stellt, wurde von internationalen und nationalen Aktivisten, dem Journalistenverband von Sierra Leone und anderen Akteuren zunächst als Sieg für die Pressefreiheit gefeiert. Im Mai 2022 führte der Journalistenverband die Unterdrückung der Pressefreiheit jedoch darauf zurück, dass die Polizei den Straftatbestand der „Aufwiegelung“ weit auslegt und ausnutzt (BS 2024). Beamte nehmen häufig Journalisten ins Visier, und es gibt Berichte über Todesdrohungen. Zwar stehen die meisten Medien nicht direkt unter politischer Kontrolle, doch sind sie aufgrund ihrer mangelnden materiellen, finanziellen und logistischen Ressourcen anfällig für politische Manipulation. Zudem sind viele Medien vom Verkauf von Werbung abhängig – und der größte Inserent ist die Regierung (BS 2024). Die Unabhängige Medienkommission (IMC) wird von Medienschaffenden weitgehend als effizient und fair angesehen. In den letzten Jahren wurden die Regulierungsbefugnisse der IMC durch neue Gesetze gestärkt. Während der Wahlen 2023 setzte die IMC die Lizenzen von drei Radiosendern aus, weil sie angebliche "Hassreden" während Live-Call-In-Programmen zugelassen hatten. 2023 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 29

wurden in Sierra Leone laut Reporter ohne Grenzen (RSF) keine Journalisten getötet. RSF stellt außerdem fest, dass die Gewalt gegen und die Inhaftierung von Journalisten in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist, auch wenn Politiker manchmal die Polizei einsetzen, um Journalisten in ihrer Arbeit zu behindern (FH 25.4.2024). Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird weiterhin eingeschränkt (AI 24.4.2024), dennoch sind private Diskussionen nach wie vor weitgehend offen (FH 25.4.2024), obwohl die Freiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung durch Androhung von Gewalt seitens mächtiger Interessen beeinträchtigt werden kann (AI 24.4.2024; vgl. FH 25.4.2024). Berichten zufolge ist der Raum für Diskussionen über den versuchten Staatsstreich vom November 2023 begrenzt, was Analysten zufolge ein Zeichen dafür sein könnte, dass sich der Raum für Meinungsäußerungen zu sensiblen Themen schließt (FH 25.4.2024). Obwohl die Behörden Berichten zufolge Diskussionen auf Social-Media-Plattformen, einschließlich WhatsApp, überwachen, wurden nur eine Handvoll Verhaftungen wegen Online-Postings im Rahmen des Gesetzes über Cybersicherheit und Cyberkriminalität von 2021 vorgenommen (FH 25.4.2024). Im April 2023 wurde eine Unternehmerin verhaftet, nachdem sie ein Video veröffentlicht hatte, in dem sie die Regierung kritisiert und den Präsidenten beschuldigt hat, Menschen zu töten. Sie wurde nach zwei Tagen gegen Kaution freigelassen, und die Polizei hat erklärt, sie ermittle gegen sie wegen eines Verstoßes gegen Bestimmungen des Gesetzes über Cybersicherheit und Kriminalität (AI 24.4.2024). Die Regierung berief sich jedoch auf das Gesetz, als sie öffentlich präventive Warnungen an Online-Kritiker aussprach, und die Regierung bemüht sich, ihre Kapazitäten zur digitalen Überwachung zu verstärken (FH 25.4.2024). Quellen: - AI - Amnesty International (24.4.2024): Der Zustand der Menschenrechte der Welt; Sierra Leone 2023, https://www.ecoi.net/de/document/2107963.html, Zugriff 20.2.2024 - BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Sierra Leone, https://bti- project.org/en/reports/country-dashboard/SLE, Zugriff 20.2.2024 - FH - Freedom House (25.4.2024): Freedom in the World 2024 - Sierra Leone, 2024 https://www.ecoi.net/en/document/2108067.html, Zugriff 19.2.2025 - RSF - Reporters without borders (2024): Freedom of the press worldwide 2024, Sierra Leone, https://rsf.org/en/country/sierra-leone, Zugriff 4.3.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices, Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/2107719.html, Zugriff 19.2.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 29

12. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition Die Verfassung und das Gesetz gewähren das Recht auf Versammlungsfreiheit. Es gibt Berichte, dass die Regierung das Recht auf friedliche Versammlung einschränkt (USDOS 23.4.2024; vgl. AI 24.4.2024, BS 2024). Das Gesetz verlangt eine vorherige Abstimmung von Demonstrationen mit der Polizei (SLP), und der Generalinspektor der Polizei muss die Proteste genehmigen (USDOS 23.4.2024). Obwohl die Versammlungsfreiheit in der Verfassung garantiert ist, hat sich die Polizei wiederholt geweigert, Organisatoren von Protesten eine Genehmigung zu erteilen (FH 25.4.2024). Der Polizei wird vorgeworfen, bei zahlreichen Gelegenheiten übermäßige Gewalt anzuwenden und häufig gegen friedliche Proteste vorzugehen (BS 2024). 2022 reagierten die Behörden mit Gewalt auf größere Proteste gegen die Lebenshaltungskosten, bei denen sechs Polizisten und mehr als 20 Zivilisten getötet wurden. Nach Angaben von Amnesty International wurde bis Oktober 2023 keiner der Todesfälle unter der Zivilbevölkerung untersucht (FH 25.4.2024). Im September 2023 starben zwei Menschen an Schussverletzungen, als Sicherheitskräfte Proteste in Freetown und anderen Gebieten gewaltsam aufgelöst haben. Die Polizei gab an, dass sie 72 Personen festgenommen und eine Untersuchung der Todesfälle eingeleitet habe. Über 40 Personen wurden wegen Straftaten angeklagt, die von der Verschwörung zu einer Straftat bis hin zu ungebührlichem Verhalten reichen (AI 24.4.2024). Die Verfassung und das Gesetz respektieren im Allgemeinen die Vereinigungsfreiheit und setzen die geltenden Gesetze wirksam durch (USDOS 23.4.2024; vgl. BS 2024). Grundsätzlich haben die Bürger das Recht, Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen zu gründen und öffentliche Versammlungen abzuhalten (BS 2024). Opposition: Seit dem Ende des Bürgerkriegs im Jahr 2002 hat es zwei friedliche Machtwechsel nach Wahlsiegen der Opposition gegeben. Und obwohl die Menschen das Recht haben, sich in verschiedenen politischen Parteien zu organisieren, sind Oppositionsparteien und -führer Einschüchterungen und Schikanen ausgesetzt (FH 25.4.2024). Die Nominierungsgebühren für Kandidaten werden subventioniert, doch die Kosten für eine Kandidatur und eine Vorschrift, wonach Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes 12 Monate vor einer Wahl zurücktreten müssen, stellen für viele Kandidaten eine Zugangsbarriere dar und verschaffen größeren Parteien und solchen mit größeren Ressourcen einen Vorteil (FH 25.4.2024). Politische Gewalt ist nicht unüblich, insbesondere zwischen und durch Anhänger von SLPP und APC und deren radikalisierten Jugendorganisationen (BS 2024). Quellen: - AI - Amnesty International (24.4.2024): Der Zustand der Menschenrechte der Welt; Sierra Leone 2023, https://www.ecoi.net/de/document/2107963.html, Zugriff 20.2.2024 - BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Sierra Leone, https://bti- project.org/en/reports/country-dashboard/SLE, Zugriff 20.2.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 29
