tads-lib-2024-05-10-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Dem Innenministerium unterstehen die Internen Truppen (Reserven für die Streitkräfte in Kriegszeiten) sowie die Polizei; dem Staatlichen Komitee für nationale Sicherheit die Grenzschutztruppen (CIA 1.5.2024). Die Sicherheitsbehörden – insbesondere das Innenministerium (MWD) und das „GKNB“ – dienen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und staatlichen Stabilität. Formal sind „MWD“, Polizei (Miliz) und „GKNB“ organisatorisch getrennt, wobei auch die Zuständigkeiten nicht immer klar abgegrenzt sind. Das „GKNB“ hat die Funktionen eines Inlands- und Auslandsnachrichtendienstes, ferner die Zuständigkeit des Grenzschutzes inne und wird in politisch sensiblen Fällen neben der Antikorruptionsbehörde tätig. Da das „GKNB“ jedoch über eine eigene Strafverfolgungskompetenz verfügt, gibt es eine Überlappung von Polizei- und Nachrichtendiensttätigkeit. Sowohl bei „MWD“ als auch bei „GKNB“ gibt es eigene bewaffnete Einheiten (AA 9.4.2024). Die Streitkräfte spielen im innerstaatlichen Machtgefüge eine nachgeordnete Rolle. Sie sind schlechter ausgerüstet und ausgebildet, haben aber durch den eskalierten militärischen Grenzkonflikt mit Kirgisistan seit Ende April 2021 eine Aufwertung erfahren (AA 9.4.2024). Straflosigkeit war ein erhebliches und weit verbreitetes Problem bei den Sicherheitskräften. Es fehlte an unparteiischen, unabhängigen Ermittlungsmechanismen, um gegen die Straflosigkeit vorzugehen, auch wenn in den letzten Jahren einige Strafverfolgungen zu einer kleinen Anzahl von Verurteilungen wegen Misshandlungen führten (USDOS 23.4.2024; vgl. BS 2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 29.4.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 30.4.2024 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (1.5.2024): The World Factbook, Tajikistan, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/tajikistan/#military-and-security, Zugriff 8.5.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 30.4.2024 7. Folter und unmenschliche Behandlung Die Verfassung verbietet solche Praktiken, aber es gab glaubwürdige Berichte, dass Regierungsbeamte sie anwandten (USDOS 23.4.2024; vgl. AA 9.4.2024, AI 24.4.2024). Laut dem Internationalen Roten Kreuz ist Folter in Tadschikistan derzeit jedoch nicht als systematisch zu betrachten (AA 9.4.2024). Regierung beabsichtigt die Folter zu bekämpfen und hat 2020 das Strafgesetzbuch geändert: Fälle von Folter können nunmehr zu einer Haftstrafe von fünf bis acht Jahren führen. In den letzten .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 36

Jahren hat es zwar Strafverfolgungen gegen Folternde gegeben, sie wurden aber häufig rasch amnestiert (AA 9.4.2024). Obwohl die Behörden einige begrenzte Schritte unternahmen, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, gab es weiterhin Berichte über Misshandlungen und Missbrauch von Gefangenen, und eine Kultur der Straflosigkeit und Korruption schwächte die Ermittlungen und die Strafverfolgung (USDOS 23.4.2024). Nach Angaben des UN-Menschenrechtsausschusses folterten die Behörden Angeklagte in der Untersuchungshaft, um ihnen Geständnisse zu entlocken (USDOS 23.4.2024; vgl. AA 9.4.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 29.4.2024 - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Tajikistan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107932.html, Zugriff 2.5.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 2.5.2024 8. Korruption Zügellose Korruption und Machtmissbrauch sind nach wie vor fester Bestandteil des politischen Systems Tadschikistans, trotz wiederholter Ankündigungen des Präsidenten, die Korruptionsbekämpfung zu verstärken (BS 2024; vgl. USDOS 23.4.2024, FH 24.5.2023). Das Rahmon-Regime räumt korrupten Interessen und der Bereicherung der Eliten Vorrang vor den Bedürfnissen der Bevölkerung ein. Obwohl die Regierung mehrere Reformen zur Korruptionsbekämpfung verabschiedet hat - einschließlich derjenigen, die mit der Teilnahme am OECD-Antikorruptionsnetzwerk (OECD/ACN) für Osteuropa und Zentralasien und durch die Zusammenarbeit mit der Abteilung für Wirtschaftskriminalität und Zusammenarbeit (ECCD) des Europarats verbunden sind - haben diese Reformen keine nennenswerten Ergebnisse gebracht (FH 24.5.2023). Die korruptesten Behörden Tadschikistans sollen im Gesundheits- und Bildungssektor anzutreffen sein, in welchen Bestechungsgelder für den Zugang zu besseren – und gesetzlich kostenlosen - Dienstleistungen gezahlt werden (ÖB 1.2023). Die Regierung versäumt es weitgehend, die Korruption wirksam zu bekämpfen oder einzudämmen. Obwohl mehrere Behörden, darunter das Innenministerium, die Antikorruptionsbehörde, die Staatsanwaltschaft und das Staatliche Komitee für Nationale Sicherheit, mit der Korruptionsbekämpfung betraut sind, scheint Tadschikistan nicht über eine kohärente Antikorruptionsstrategie zu verfügen. Es gibt keine Regeln für Interessenkonflikte und keine Verhaltenskodizes, und es werden keine unabhängigen Prüfungen der Staatsausgaben durchgeführt (BS 2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 36

Die öffentliche Verfolgung von Korruptionsfällen findet fast ausschließlich auf den unteren Ebenen der staatlichen Verwaltung statt, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Landwirtschaft (BS 2024; vgl. USDOS 23.4.2024, FH 24.5.2023) und findet findet breites Echo in den tadschikischen Medien (ÖB 1.2023). Die Korruptionsbekämpfungsbehörde untersuchte keine Korruptionsfälle auf hoher Ebene, in die die Familie und der innere Kreis von Präsident Rahmon verwickelt waren (USDOS 23.4.2024). Ansonsten werden hochrangige Persönlichkeiten, die häufig der Familie des Präsidenten oder seinem engsten Kreis angehören, nur selten für korrupte Praktiken bestraft (BS 2024). Der Corruption Perceptions Index 2023 von Transparency International listet Tadschikistan auf Platz 162 von 180 Staaten auf (TI ohne Datum). Quellen: - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 30.4.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 3.5.2024 - ÖB – Österreichische Botschaft Astana [Österreich] (1.2023): Asylländerbericht Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2085309/TADS_%C3%96B-Bericht_2023_01.pdf, Zugriff - TI – Transparency International (ohne Datum): Corruption Perceptions Index 2023, Tajikistan, https://www.transparency.org/en/cpi/2023, Zugriff 27.3.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 2.502024 9. NGOs und Menschenrechtsaktivisten / Ombudsperson Menschenrechtsorganisationen können sich grundsätzlich in Tadschikistan betätigen, ihr Aktionsradius ist in den letzten Jahren aber immer kleiner geworden (AA 9.4.2024). Staatliche Beschränkungen behinderten die Bemühungen inländischer Menschenrechtsgruppen, die Menschenrechte zu überwachen und darüber zu berichten (USDOS 23.4.2024; vgl. AI 24.4.2024). Inländische NRO und Journalisten hüteten sich davor, den Präsidenten oder andere hochrangige Beamte öffentlich zu kritisieren, und unterließen es, Angelegenheiten im Zusammenhang mit verbotenen politischen Gruppen wie dem IRPT (Islamic Renaissance Party of Tajikistan) zu erörtern (USDOS 23.4.2024). In der ersten Jahreshälfte 2023 kündigten die tadschikischen Behörden die Schließung von 239 Nichtregierungsorganisationen (NRO) an, nachdem im Jahr 2022 bereits mehr als 500 Organisationen entweder durch Gerichtsbeschluss oder durch Selbstliquidation auf angeblichen Druck der Regierung hin geschlossen worden waren (HRW 11.1.2024). Das dem Parlament unterstellte Büro der Ombudsperson für Menschenrechte unternahm kaum Anstrengungen, um auf Beschwerden aus der Öffentlichkeit zu reagieren. Das Büro der Ombudsperson traf mit NRO zusammen, um spezifische Menschenrechtsfälle und -probleme .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 36

innerhalb des Landes zu erörtern, was jedoch keine Maßnahmen der Regierung zur Folge hatte (USDOS 23.4.2024). Das Büro der Ombudsperson führte das ganze Jahr über Gefängnisbesuche durch, löste jedoch weniger als 2 % der Beschwerden über Misshandlungen. Nichtregierungsorganisationen (NRO) berichteten von Misstrauen gegenüber der Ombudsperson, da diese dem Präsidenten gegenüber loyal sei und Menschenrechtsbelange häufig abtue (USDOS 23.4.2024). Das zur Präsidialverwaltung gehörende Regierungsbüro für verfassungsmäßige Garantien der Bürgerrechte untersuchte und beantwortete weiterhin die Beschwerden der Bürger, doch die unzureichende Personalausstattung und die uneinheitliche Zusammenarbeit mit anderen Regierungseinrichtungen beeinträchtigten die Wirksamkeit des Büros (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 6.5.2024 - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Tajikistan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107932.html, Zugriff 30.4.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 29.4.2024 - HRW – Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103198.html, Zugriff 2.5.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 29.4.2024 10. Wehrdienst und Rekrutierungen Der Militärdienst dauert in der Regel zwei Jahre und ist für Männer zwischen 18 und 27 Jahren obligatorisch (AA 9.4.2024; vgl. CIA 1.5.2024). Es besteht eine 24-monatige Wehrpflicht (CIA 1.5.2024). Die Rekrutierung wird nicht an bestimmten Merkmalen wie Herkunft/Abstammung, Hautfarbe, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen oder sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung ausgerichtet. Praktisch soll man sich jedoch entziehen können, wenn die dafür notwendigen Geldmittel oder einflussreiche Verbindungen vorhanden sind aber unter anderem auch durch Arbeitsmigration nach Russland. Manche von ihnen werden aber - auch über ihre Familien - unter Druck gesetzt, zurückzukehren und den Dienst abzuleisten (AA 9.4.2024). Jährlich finden offiziell im Frühjahr und Herbst Rekrutierungskampagnen statt. Berichten zufolge kommt es vor, dass bei Nichterfüllung der regionalen Quoten junge Männer willkürlich zwangsrekrutiert werden können (AA 9.4.2024). Im August 2021 hob die tadschikische Regierung die Ausnahmeregelung für Hochschulabsolventen auf, erlaubte aber Männern, eine Gebühr zu entrichten, um sich der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 36

Wehrpflicht zu entziehen, wobei die Zahl der Personen, die diese Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen können, begrenzt ist (CIA 1.5.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 2.5.2024 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (1.5.2024): The World Factbook, Tajikistan, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/tajikistan/#military-and-security, Zugriff 8.5.2024 10.1. Wehrersatzdienst, Wehrdienstverweigerung / Desertion Gemäß dem Gesetz „Über die allgemeine Wehrpflicht und Wehrdienst“ hat jeder Wehrpflichtige ein Recht auf „alternativen Wehrdienst“, jedoch wurde bisher noch kein Gesetz zum Verfahren des Ersatzdienstes eingeführt. Ein entsprechender Entwurf, der unter anderem auch die Verweigerung aus Glaubens- und Gewissensgründen vorsieht, liegt dem Parlament bereits seit längerem vor. Er wurde bislang noch nicht verabschiedet. Wehrdienst-Verweigerungen werden mit Geld- bzw. Haftstrafen belegt, Fahnenflucht mit Haftstrafen von zwei bis fünf Jahren (AA 9.4.2024). Eine Möglichkeit zur Ableistung von Zivildienst gibt es in Tadschikistan nicht (ÖB 1.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 29.4.2024 - ÖB – Österreichische Botschaft Astana [Österreich] (1.2023): Asylländerbericht Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2085309/TADS_%C3%96B-Bericht_2023_01.pdf, Zugriff 30.4.2024 11. Allgemeine Menschenrechtslage Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert. In Artikel 5 heißt es: „Das Leben, die Ehre, die Würde und die sonstigen Rechte des Einzelnen sind heilig. Die Anerkennung, die Beachtung und der Schutz der Menschen- und Bürgerrechte und -freiheiten ist die Pflicht des Staates“ (AA 9.4.2024). In der Praxis kommen allerdings glaubwürdige Berichte über zahlreiche Menschenrechtsverletzungen unterschiedlichster Art vor (USDOS 23.4.2024). Im August 2023 hat die Regierung von Tadschikistan eine Nationale Strategie der Menschenrechte für den Zeitraum bis 2038 verabschiedet, welche laut Kritikern aber nicht der gelebten Praxis entspricht (AA 9.4.2024; vgl. BS 2024, USDOS 23.4.2024). Die Verfassung garantiert allen Bürgern einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung, öffentlichen Ämtern und Beschäftigung. In der Praxis ist die Chancengleichheit jedoch nicht erreicht worden (BS 2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 36

Im Jahr 2020 fanden in dem Land getrennt voneinander Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Die vom Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa entsandte Wahlbeurteilungsmission beschrieb "systematische Verstöße gegen grundlegende politische Rechte und Freiheiten", die "keinen Raum für eine pluralistische politische Debatte ließen", und stellte fest, dass eine echte Opposition "aus der politischen Landschaft entfernt wurde". Der Bericht kam auch zu dem Schluss, dass "seit langem bestehende Probleme mit der Transparenz und der Rechenschaftspflicht die Integrität und Glaubwürdigkeit" der Wahlen untergraben haben. Aufgrund des restriktiven politischen Umfelds des Landes waren beide Wahlen weder fair noch frei von Missbrauch und Unregelmäßigkeiten (USDOS 23.4.2024). Die Bildungsmöglichkeiten stehen allen Bürgern gleichermaßen offen, doch beschränken korrupte Zulassungspraktiken den Zugang zur Hochschulbildung auf diejenigen, die hohe Bestechungsgelder zahlen können (BS 2024). Es gibt zwar gesetzliche Bestimmungen gegen Diskriminierung, doch werden diese nicht konsequent durchgesetzt (BS 2024). Willkürliche Festnahmen kommen vor, das Verschwindenlassen von Personen in Einzelfällen (AA 9.4.2024). Die Regierung unternahm nur selten glaubwürdige Schritte, um Beamte, die möglicherweise Menschenrechtsverletzungen begangen haben, zu identifizieren, zu untersuchen, strafrechtlich zu verfolgen und zu bestrafen (USDOS 23.4.2024). Obwohl die Verfassung und die Gesetze willkürliche oder ungesetzliche Eingriffe in die Privatsphäre, die Familie, die Wohnung oder den Schriftverkehr generell untersagten, gab es zahlreiche Berichte, dass die Regierung diese Verbote nicht einhielt (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 2.5.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 26.4.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 30.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 26.4.2024 12. Meinungs- und Pressefreiheit Meinungs- und Pressefreiheit sind in der Verfassung festgeschrieben; in der Praxis sind sie jedoch massiv beschränkt (AA 9.4.2024; vgl. USDOS 23.4.2024, AI 24.4.2024) durch Verhaftungen, strafrechtliche Verfolgung, die Androhung hoher Geldstrafen, die Verabschiedung strenger und .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 36

weitreichender Verleumdungsgesetze und die erzwungene Schließung von Medienunternehmen (USDOS 23.4.2024). Repressionen aufgrund politischer Überzeugungen sind häufig (AA 9.4.2024). Jahrelanger Druck der Regierung und Einschränkungen in Tadschikistan haben die Medien ihrer Fähigkeit beraubt, effektiv zu arbeiten (FH 24.5.2023). Die Regierung schränkt die Medien erheblich ein, indem sie unabhängigen Journalisten die Akkreditierung verweigert, Blogger inhaftiert und den Inhalt von Sendungen kontrolliert. Der zivilgesellschaftliche Sektor spielt eine aktive Rolle im öffentlichen Leben, leidet jedoch unter unzureichender Finanzierung und ständiger Einmischung der Regierung. Politische und abweichende Meinungen werden von einer Justiz, die die grundlegenden Garantien für ein ordnungsgemäßes Verfahren nicht einhält, hart bestraft (FH 24.5.2023). Medienberichten und Journalisten zufolge übten sich Journalisten regelmäßig in Selbstzensur, um Vergeltungsmaßnahmen der Behörden zu vermeiden (USDOS 23.4.2024; vgl. AI 24.4.2024). Der Nationale Verband unabhängiger Massenmedien Tadschikistans (NANSMIT) stellt fest, dass es für Journalisten immer schwieriger geworden ist, Informationen von den lokalen Behörden zu erhalten. In ihrem jüngsten Bericht stellte sie fest, dass selbst die Generalstaatsanwaltschaft die gesetzlichen Anforderungen an die Bereitstellung von Informationen nicht erfüllt (FH 24.5.2023). Menschenrechtsaktivisten und Journalisten berichteten über verstärkte Aktivitäten von Troll- Fabriken und staatlich organisierten Bloggern, die Kampagnen durchführten, um kritische Stimmen online zu diskreditieren und zum Schweigen zu bringen - eine Maßnahme, die die Regierung in der Vergangenheit implizit zugegeben hat. Die NRO International Partnership for Human Rights (IPHR) dokumentierte den Einsatz gezielter Rache-Porno-Attacken gegen Journalistinnen, denen mit der Veröffentlichung von kompromittierendem intimen Material im Internet gedroht wurde, um sie von kritischer Berichterstattung abzuhalten (FH 24.5.2023). Kritik an praktischen Versäumnissen, spezifischen Gesetzen und Systemen auf unterer Ebene wird in bestimmten Bereichen wie den Rechten von Kindern mit Behinderungen toleriert (FH 24.5.2023). Jegliche direkte Kritik am Präsidenten, seiner Familie oder der Art des Regimes und den Beamten der Regierung ist verboten (FH 24.5.2023; vgl. USDOS 23.4.2024). Zwar gibt es im Internet noch eine gewisse „Bewegungsfreiheit“, auch wird Unmut über Missstände in sozialen Medien geäußert, doch bemüht sich die Regierung hier ebenfalls um Beschränkungen: Alle E-Mails werden über ein einheitliches Kontrollzentrum geleitet. Der Zugang zu kritischen Seiten und Social-Media-Plattformen ist oft auch ohne gerichtlichen Beschluss blockiert. Ein Gesetz aus dem Jahr 2017 erlaubt es den Behörden, das Online-Verhalten der Bürger zu überwachen und ermöglicht u.a. Geld- und Haftstrafen für den Besuch „unerwünschter“ Seiten. Der Zugang zum Internet wird zeitweise breitflächig ausgesetzt (AA 9.4.2024; vgl. USDOS 23.4.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 36

Dem Gesetz zufolge konnten die Sicherheitsbehörden den Internetverkehr überwachen und hatten Zugang zu Informationen darüber, welche Internetseiten Einzelpersonen besuchten und nach welcher Art von Informationen die Personen suchten (USDOS 23.4.2024). Angesichts der umfassenden staatlichen Überwachung von Internetaktivitäten, einschließlich E- Mails, zensierten Einzelpersonen und Gruppen ihre Ansichten bei der Nutzung des Internets häufig selbst (USDOS 23.4.2024; vgl. BS 2024). In der Rangliste der Pressefreiheit 2024 liegt Tadschikistan auf Platz 155 von 180 gelisteten Staaten, was eine Verschlechterung um 2 Plätze gegenüber 2023 darstellt (RSF 2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 3.5.2024 - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Tajikistan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107932.html, Zugriff 3.5.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 30.4.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 2.5.2024 - RSF – Reporter ohne Grenzen (2024): Tadschikistan, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/ Rangliste_2024/RSF_Rangliste_der_Pressefreiheit_2024.pdf, Zugriff 3.5.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 30.4.2024 13. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind in der Verfassung festgeschrieben; in der Praxis sind sie jedoch massiv beschränkt (AA 9.4.2024; vgl. AI 24.4.2024), indem sie für die Abhaltung friedlicher Proteste oder die Registrierung zivilgesellschaftlicher Organisationen eine Genehmigung der örtlichen Behörden verlangte, die routinemäßig und willkürlich ohne Begründung verweigert wurde. Die Steuerbehörden und andere Aufsichtsbehörden schüchterten die Zivilgesellschaft ein oder erzwangen die Schließung von NRO durch häufige und willkürliche Inspektionen, politisierte Gerichtsverfahren sowie Drohungen und Schikanen seitens der Sicherheitsdienste, die die NRO zur Selbstauflösung zwangen (USDOS 23.4.2024). Demonstrationen benötigen eine Genehmigung, diese wird häufig nicht erteilt bzw. wird die Demonstration unterbunden. Wenn Kundgebungen stattfinden, sind sie in der Regel von staatlicher Seite inszeniert und organisiert (AA 9.4.2024). Versammlungen der Opposition sind verboten (FH 24.5.2023). Die Mitgliedschaft in einigen politischen Parteien oder Oppositionsgruppen wurde kriminalisiert und diente als Grundlage für mehrere strafrechtliche Verurteilungen. Das Gesetz verpflichtete alle .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 36

„öffentlichen Vereinigungen“, detaillierte Finanzberichte auf ihren Websites zu veröffentlichen, und erlegte ihnen weitere aufwändige Berichtspflichten auf (USDOS 23.4.2024). Die PDP kontrolliert die Majlis Namoyandagon (Repräsentantenversammlung) und verfügt über 47 Sitze in der 63 Sitze umfassenden Unterkammer des Parlaments. Seit den Parlamentswahlen 2020 haben fünf nominelle Oppositionsparteien die restlichen 16 Sitze in der Versammlung inne. Keine dieser Parteien bietet jedoch eine substantielle Opposition zur Regierungspolitik. Die lautstärkste Kritikerin der Regierung, die Sozialdemokratische Partei, hat keine Sitze in der Versammlung (FH 24.5.2023). Präsident Rahmon hat in den letzten Jahren seine Macht weiter abgesichert und die Opposition im Inland völlig ausgeschaltet, Oppositionsgruppen können nur aus dem Ausland operieren. Die Sozialdemokratische Partei Tadschikistan (SDPT), zweite Oppositionspartei, ist weitgehend bedeutungslos (AA 9.4.2024). Oppositionsparteien sowie lokale und internationale Beobachter berichteten, dass die Regierung selektiv politische Gegner verhaftete und strafrechtlich verfolgte. Über die Zahl der politischen Gefangenen gibt es keine endgültigen Angaben, aber NRO und Oppositionsgruppen schätzen die Zahl der politischen Gefangenen auf etwa 400 (USDOS 23.4.2024). Mitglieder der Opposition befinden sich entweder im Exil im Ausland oder machen in Tadschikistan so wenig wie möglich auf sich aufmerksam. Um im Ausland befindliche Mitglieder der Opposition zu belangen benützt Tadschikistan immer wieder das Red-Notice System von Interpol (ÖB 1.2023). Schutzfähigkeit und vor allem Schutzwillen vonseiten des Staates bei oppositioneller Tätigkeit ist nicht gegeben (ÖB 1.2023). Die Regierung nutzte Einschüchterung und missbrauchte gerichtliche Verfahren, um grenzüberschreitend gegen Einzelpersonen sowohl außerhalb als auch innerhalb der Landesgrenzen vorzugehen, wobei politische Gegner, Aktivisten der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und deren Familienangehörige zur Zielscheibe wurden (USDOS 23.4.2024). Die Regierung verhängte Verbote gegen die IRPT, die Gruppe 24 und die Nationale Allianz Tadschikistans, bei denen es sich um friedliche politische Parteien oder Bewegungen handelte, die aus zweifelhaften politischen Gründen gemäß den Rechtsvorschriften zur Bekämpfung des Extremismus verboten wurden. Religiös nahestehende politische Parteien wurden verboten (USDOS 23.4.2024; vgl. ÖB 1.2023). Mitglieder der Opposition werden bei der Vergabe von Ämtern und bei der Aufnahme einer Geschäftstätigkeit weiterhin diskriminiert bzw. sind diese Möglichkeiten nahezu verwehrt (BS 2024). Oppositionspolitiker hatten keinen Zugang zum staatlichen Fernsehen. Die Regierung räumte den Oppositionsparteien nur minimale Sendezeit ein, um ihre politischen Ansichten zu äußern. Privaten Sendern war es untersagt, Kooperationsvereinbarungen mit ausländischen Medien einzugehen, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 36

und sie durften ohne Genehmigung des Staatskomitees keine Sendungen veröffentlichen oder ausstrahlen. Darüber hinaus waren die Privatsender verpflichtet, die staatlichen Medien an allen kommerziellen Projekten zu beteiligen, die Einnahmen generierten. Die Nichteinhaltung dieser Vorschriften konnte zum Verlust der Sendelizenz führen (USDOS 23.4.2024). Tadschikistan wird wegen seines brutalen Vorgehens gegen die politische Opposition in den letzten Jahren, zu dem auch glaubwürdige Foltervorwürfe gehören, zunehmend als Menschenrechtsparia angesehen (BS 2024). Es ist davon auszugehen, dass tadschikische Sicherheitsdienste die Aktivitäten von Exiloppositionellen und regierungskritischen Personen genau beobachten: Auf nahe Angehörige in Tadschikistan wird Druck ausgeübt, damit diese ihre Verwandten beeinflussen, deren politische Aktivitäten im Ausland einzustellen (AA 9.4.2024; vgl. USDOS 23.4.2024, AI 24.4.2024). Auch können sie selbst Strafverfolgungsmaßnahmen ausgesetzt werden. Exil-politisch aktive Mitglieder der als terroristische Organisationen verbotenen „G24“ und „PIWT“ und prominente Kritikerinnen und Kritiker müssten bei Rückkehr nach Tadschikistan mit massiven staatlichen Repressionen rechnen (AA 9.4.2024). Oppositionsnachrichtenagenturen und Websites, die sich außerhalb des Landes befinden, wurden von der Regierung weiterhin blockiert (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz sah das Recht vor, unabhängige Gewerkschaften zu gründen und ihnen beizutreten, verlangte jedoch die Registrierung aller Nichtregierungsorganisationen, einschließlich der Gewerkschaften (USDOS 23.4.2024). Die Föderation der unabhängigen Gewerkschaften Tadschikistans (FNPT) steht unter strenger Aufsicht und unterstützt die Initiativen der Regierung in vollem Umfang. Nur zwei NRO, die FNPT und der Jugendverband Tadschikistans, haben das Recht, Kandidaten für das Präsidentenamt zu nominieren (FH 24.5.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 6.5.2024 - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Tajikistan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107932.html, Zugriff 7.5.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 30.4.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 29.4.2024 - ÖB – Österreichische Botschaft Astana [Österreich] (1.2023): Asylländerbericht Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2085309/TADS_%C3%96B-Bericht_2023_01.pdf, Zugriff 30.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 2.5.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 20 von 36
