turk-lib-2024-06-19-ke
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1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden. 2. Politische Lage Turkmenistan sieht sich als ein demokratischer, rechtlicher und säkularer Staat, in dem die Regierung die Form einer Präsidialrepublik hat (TURK 2016, Art. 1). Das Land wurde aufgrund im Januar 2023 beschlossener Verfassungsänderung zu einem Einkammerparlament (AA 6.3.2024; vgl. HRW 11.1.2024, OSZE 9.10.2023). Mit der Verfassungsreform 2023 wurde der Volksrat (Halk Maslahaty) als höchstes Organ wieder eingeführt (HRW 11.1.2024). Geleitet vom Ex-Präsidenten Gurbanguly Berdimuhamedow (HRW 11.1.2024; vgl. FH 2024) umfasst der Volksrat Vertreter aller Regierungszweige und überwacht die gesamte Politik (HRW 11.1.2024). Er verfügt über einen verfassungsrechtlichen Status über dem der Legislative und des Präsidenten (FH 2024). Der Präsident wird direkt für eine unbegrenzte Anzahl von siebenjähriger Amtszeit gewählt. Das Staatsoberhaupt Serdar Berdimuhamedow – gleichzeitig Regierungschef – wurde im März 2022 (AA 6.3.2024; vgl. FH 2024) mit fast 73 Prozent der Stimmen gewählt (FH 2024). Die Präsidentschaftswahlen wurden in geheimer Abstimmung durchgeführt und von der Zentralen Kommission für die Durchführung von Wahlen und Volksabstimmungen in Turkmenistan verwaltet (USDOS 23.4.2024). Die Exekutive verfügt über weitreichende verfassungsmäßige Befugnisse, wobei der Rahmen für Kontrollen und Gegenkontrollen unwirksam ist (OSZE 9.10.2023). Sie legt Gesetze und politische Maßnahmen fest, ohne dass die Legislative einen nennenswerten Beitrag leistet oder eine Kontrolle ausübt. Die Legislative segnet hauptsächlich die Dekrete und Maßnahmen des Präsidenten ab (FH 2024). Das Parteiensystem wird von der seit 1991 regierenden Demokratischen Partei Turkmenistans [DPT, die frühere Kommunistische Partei] beherrscht und von der Exekutive kontrolliert (FH 2024). Die drei registrierten politischen Parteien sind die DPT, die Partei der Industriellen und Unternehmer und die Agrarpartei. Eine organisierte Opposition oder unabhängige politische Gruppierungen sind nicht vorhanden (USDOS 23.4.2024). Das politische und institutionelle Umfeld hindert die politischen Parteien daran, echte Alternativen zu vertreten (OSZE 9.10.2023). Alle echten Oppositionsgruppen arbeiten entweder illegal oder im Exil. Sich unabhängig politisch zu betätigen ist praktisch keinem Teil der Bevölkerung möglich (FH 2024). Im März 2023 fanden Wahlen zum Parlament sowie zu den Lokal- und Provinzversammlungen statt (HRW 11.1.2024). Die OSZE berichtete über Mangel an echtem Wettbewerb und Pluralismus und über starke Einschränkung von Grundfreiheiten trotz verfassungsrechtlicher Garantien (OSZE 9.10.2023). Freie und fairen Wahlen sind trotz einer Verfassungsbestimmung, die den Bürgern die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 6 von 22

Möglichkeit gibt, ihre Regierung in regelmäßigen Wahlen auf der Grundlage des allgemeinen und gleichen Wahlrechts zu wählen, in Turkmenistan nicht gegeben (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024). Mit der Änderung der Verfassung und des Wahlgesetzes im Jahr 2016 wurde die Altersgrenze von 70 Jahren für Präsidentschaftskandidaten aufgehoben, die Amtszeit des Präsidenten von fünf auf sieben Jahre verlängert und das Recht der öffentlichen Verbände, Präsidentschaftskandidaten zu nominieren, abgeschafft (FH 2024). Turkmenistan verfolgt zwar eine Politik der dauerhaften und „positiven“ Neutralität und hat es abgelehnt, sich an postsowjetischen militärischen Gruppierungen zu beteiligen, doch hat es an multinationalen Übungen und bilateralen Trainings mit Nachbarländern, darunter Russland und Usbekistan, teilgenommen (CIA 6.6.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (6.3.2024): Turkmenistan: Steckbrief, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/turkmenistan-node/steckbrief/206772, Zugriff 19.6.2024 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (6.6.2024): The World Factbook: Turkmenistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/turkmenistan/, Zugriff 19.6.2024 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108024.html, Zugriff 19.6.2024 - HRW – Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103182.html, Zugriff 19.6.2024 - OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (9.10.2023): Turkmenistan, Parliamentary Elections 26 March 2023, ODIHR Election Assessment Mission, Final Report, https://www.osce.org/files/f/documents/d/5/554554_1.pdf, Zugriff 19.6.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107632.html, Zugriff 19.6.2024 3. Sicherheitslage Die Regierung Turkmenistans bemüht sich, die Kapazitäten der Strafverfolgungsbehörden zur Bekämpfung des Terrorismus, zur Gewährleistung der Grenzsicherheit und zur Aufdeckung der Terrorismusfinanzierung zu verbessern. Darüber hinaus arbeitet es aktiv mit internationalen Organisationen zusammen und beteiligt sich an der diplomatischen C5+1-Plattform [Gipfel zentralasiatischer Länder, Anm.] zur Verhinderung von gewalttätigem Extremismus und zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (USDOS 30.11.2023). Die im Dezember 1995 erklärte dauerhafte Neutralität des Landes sowie die stabilen politischen Beziehungen zu den Nachbarländern werden als zentrale Elemente der Außenpolitik angesehen (BS 19.3.2024). So ist die Existenz von Turkmenen in den nördlichen Provinzen Afghanistans ein wichtiger Faktor für die Beziehungen mit Afghanistan (EEAS 19.10.2023) Die turkmenischen Behörden überwachen die Bevölkerung des Landes und seine Grenzen streng (USDOS 30.11.2023). Grenzgebiete, insbesondere wie jene zu Afghanistan und Iran, sind .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 7 von 22

besonders sensibel und teilweise von Drogen- und Warenschmuggel geprägt. Es gibt Sperrbezirke und Bereiche, für die besondere Erlaubnisse erforderlich sind (AA 19.6.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.6.2024): Turkmenistan: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/turkmenistan-node/ turkmenistansicherheit/206774#content_0, Zugriff 19.6.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Turkmenistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105842/country_report_2024_TKM.pdf, Zugriff 19.6.2024 - EEAS – European External Action Service (19.10.2023): EU-Turkmenistan Relations, https://www.eeas.europa.eu/sites/default/files/documents/2023/EEAS-%20FACTSHEET- Turkmenistan_October2023.pdf, Zugriff 19.6.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (30.11.2023): Country Report on Terrorism 2022 - Chapter 1 - Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2101614.html, Zugriff 19.6.2024 4. Rechtsschutz / Justizwesen Das Justizsystem ist dem Präsidenten untergeordnet, der Richter einseitig ernennt und entlässt (FH 2024). Das Justizsystem ist nicht unabhängig, und wird vom Regime weitgehend instrumentalisiert, um Kritiker, Aktivisten und in Ungnade gefallene politische Persönlichkeiten zu bestrafen (FH 24.5.2023; vgl. BS 19.3.2024, USDOS 23.4.2024). Käuflichkeit, Willkür und Klientelismus sind weit verbreitet (BS 19.3.2024) und die Justiz gilt als korrupt und ineffizient (USDOS 23.4.2024). Das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren ist gesetzlich vorgesehen, doch die Behörden verweigern dieses Recht (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024), einschließlich des Zugangs zu Verteidigern (FH 2024). Für die Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung häufig nicht, und sie werden nicht rechtzeitig über die gegen sie erhobenen Vorwürfe informiert (USDOS 23.4.2024). Quellen: - BS – Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Turkmenistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105842/country_report_2024_TKM.pdf, Zugriff 19.6.2024 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 – Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108024.html, Zugriff 19.6.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 - Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092916.html, Zugriff 19.6.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107632.html, Zugriff 19.6.2024 5. Sicherheitsbehörden Turkmenistans Streitkräfte setzen sich aus den Landstreitkräften, der Marine, den Luft- und Luftabwehrkräften (CIA 6.6.2024). Die Verfassung sieht den Präsidenten des Landes als den Oberbefehlshaber der Streitkräfte Turkmenistans vor, welcher Befehle zur allgemeinen oder teilweisen Mobilmachung erlässt und die Streitkräfte einsetzt (TURK 2016, Art. 71). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 22

Die Sicherheitskräfte machen die Internen Truppen, Nationale Polizei und der Föderale Grenzschutzdienst aus (CIA 6.6.2024). Die 2016 angekündigte Reform von der Polizei muss noch umgesetzt werden (BS 19.3.2024). Das Militär, ausgestattet mit Waffen aus der Sowjetzeit, ist für die Außenverteidigung zuständig und arbeitet beim Schutz der Landesgrenzen eng mit dem Grenzschutz zusammen (CIA 6.6.2024). Die primären Kampfeinheiten der Landstreitkräfte sind in mehreren „motorisierten Gewehrdivisionen“ organisiert, die von der ehemaligen Sowjetarmee nach dem Zusammenbruch der UdSSR 1991 übernommen wurden. Berichten zufolge gibt es auch einige separate motorisierte Gewehr- (mechanisierte Infanterie), Artillerie- und Boden-Boden-Raketen-Brigaden. In den letzten Jahren hat sich Turkmenistan bemüht, seine Marinekapazitäten im Kaspischen Meer zu stärken, unter anderem durch den Ausbau der Schiffsbaukapazitäten und die Aufnahme größerer Schiffe in den Bestand der Marine. Der Grenzschutz verfügt über eine Flotte von Patrouillenbooten. Die Luftwaffe verfügt über etwa 50 einsatzbereite Kampfflugzeuge und Bodenangriffsflugzeuge aus der Sowjetära sowie über einige Kampfhubschrauber (CIA 6.6.2024). Seit 2005 ist Turkmenistan Mitglied von Interpol (INTERPOL o.D.). 1994 trat es dem NATO- Programm „Partnerschaft für den Frieden“ bei, stellt jedoch keine Streitkräfte für Operationen unter der Führung der NATO zur Verfügung (CIA 6.6.2024). Quellen: - BS – Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Turkmenistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105842/country_report_2024_TKM.pdf, Zugriff 19.6.2024 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (6.6.2024): The World Factbook: Turkmenistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/turkmenistan/, Zugriff 19.6.2024 - INTERPOL – The International Criminal Police Organization (o.D.): Member Countries – Turkmenistan, https://www.interpol.int/Who-we-are/Member-countries/Asia-South-Pacific/ TURKMENISTAN, Zugriff 19.6.2024 - TURK – Die Verfassung Turkmenistans [Turkmenistan] (2016): The Constitution of Turkmenistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1086053/1226_1484303330_turkmenistan- constitution-am2016-eng.pdf, Zugriff 19.6.2024 6. Folter und unmenschliche Behandlung In der eigenen Verfassung hält Turkmenistan fest, dass niemand Folter, grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung ausgesetzt, und ohne seine Zustimmung medizinischen, wissenschaftlichen oder anderen Experimenten unterzogen werden darf (TURK 2016, Art. 33). Das Land hat im Juni 1999 das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe ratifiziert (OHCHR o.D.), jedoch nicht das Fakultativprotokoll dazu (BS 19.3.2024, vgl. OHCHR o.D.). Human Rights Watch nach halten Folter und Misshandlung an (HRW 11.1.2024). Die Oppositionsmedien berichten über harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen aufgrund von Nahrungsmittelknappheit, starker .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 22

Überbelegung, körperlicher Misshandlung und unzureichenden sanitären Bedingungen (USDOS 23.4.2024). Es gibt keine Berichte über willkürliche oder unrechtmäßige Tötungen, einschließlich außergerichtlicher Tötungen vonseiten der Regierung oder ihrer Vertretern während 2023 (USDOS 23.4.2024). Nach Angaben von NGOs sind Turkmenen gewaltsamem Verschwindenlassen ausgesetzt (FH 2024; vgl. HRW 11.1.2024), wobei seit mehr als zwei Jahrzehnten Dutzende von Menschen Opfer des Verschwindenlassens geworden sind (HRW 11.1.2024). Quellen: - BS – Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Turkmenistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105842/country_report_2024_TKM.pdf, Zugriff 19.6.2024 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108024.html, Zugriff 19.6.2024 - HRW – Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103182.html, Zugriff 19.6.2024 - OHCHR – Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (o.D.): View the ratification status by country or by treaty, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx? CountryID=180&Lang=en, Zugriff 17.5.2024 - TURK – Die Verfassung Turkmenistans [Turkmenistan] (2016): The Constitution of Turkmenistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1086053/1226_1484303330_turkmenistan- constitution-am2016-eng.pdf, Zugriff 19.6.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107632.html, Zugriff 19.6.2024 7. Korruption Gemäß Korruptionsindex von Transparency International wird Turkmenistan mit 18 von 100 Punkten bewertet (0 = sehr korrupt, 100 = sehr wenig korrupt) (TI 2024). Es gibt keine unabhängigen Institutionen, die sich mit der Bekämpfung der in Turkmenistan weit verbreiteten Korruption befassen (FH 2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Es gibt strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte, doch die Regierung setzt das Gesetz dafür nicht wirksam um (USDOS 23.4.2024). Das Vorgehen gegen Korruption ist in der Regel selektiv und steht im Zusammenhang mit Konflikten innerhalb der herrschenden Elite (FH 2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Zu den Faktoren, die zur Korruption beitragen, gehören das Vorhandensein von Klientelnetzwerken, niedrige Gehälter in der Regierung, ein Mangel an finanzieller Transparenz und Rechenschaftspflicht sowie die Angst vor Vergeltungsmaßnahmen der Regierung gegen Bürger, die auf korrupte Handlungen hinweisen wollen (USDOS 23.4.2024). Quellen: - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108024.html, Zugriff 19.6.2024 - TI – Transparency International (2024): Corruption Perceptions Index 2023, https://images.transparencycdn.org/images/CPI-2023-Report.pdf, Zugriff 19.6.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 22

- USDOS – United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107632.html, Zugriff 19.6.2024 8. Wehrdienst und Rekrutierungen Im Sinne der Landesverfassung ist der Schutz Turkmenistans die heilige Pflicht eines jeden Bürgers. Für die männlichen Bürger gilt die allgemeine Wehrpflicht (TURK 2016, Art. 58), im Alter zwischen 18 und 27 Jahren (CIA 6.6.2024; vgl. PARL 2010, Art. 17). Die staatlich vorgeschriebene Dienstzeit beim Militär ist zwei Jahre (FH 2024; vgl. CIA 6.6.2024, PARL 2010, Art. 35) bzw. 30 Monate für die Marine. Männliche Jugendliche ab einem Alter von 15 Jahren können in eine Militärschule antreten (CIA 6.6.2024). Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der Präsident Turkmenistans. Er erlässt Befehle zur allgemeinen oder teilweisen Mobilmachung, zum militärischen Status und zum Einsatz der Streitkräfte. Er billigt die Militärdoktrin des Landes (TURK 2016, Art. 71). Seit Dezember 2022 bietet die Regierung für Verweigerer aus Gewissensgründen einen Zivildienst im staatlichen Migrationsdienst an. Die Verweigerung des obligatorischen zweijährigen Dienstes wird mit maximal zwei Jahren Gefängnis oder zwei Jahren Besserungsarbeit bestraft (USDOS 15.5.2023; vgl. FH 2024; BS 19.3.2024). Dies betrifft auch jene junge Wehrpflichtige, die den Dienst in den Streitkräften aus gesundheitlichen Gründen oder Gewissensgründen verweigern, selbst wenn berechtigte medizinische Gründe vorliegen (BS 19.3.2024). Berichten zufolge haben körperliche Misshandlungen und Schikanen beim Militär in den letzten Jahren zu mehreren Todesfällen unter Wehrpflichtigen geführt (FH 2024). Jungen Männern, die zum Militärdienst verpflichtet sind, kann eine Ausreise verweigert werden (USDOS 23.4.2024). Quellen: - BS – Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Turkmenistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105842/country_report_2024_TKM.pdf, Zugriff 19.6.2024 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108024.html, Zugriff 19.6.2024 - PARL – Das Parlament Turkmenistans [Turkmenistan] (2010): О воинской обязанности и военной службе [Über die Wehrplficht und den Wehrdienst], https://mejlis.gov.tm/single-law/281? lang=ru, Zugriff 19.6.2024 - TURK – Die Verfassung Turkmenistans [Turkmenistan] (2016): The Constitution of Turkmenistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1086053/1226_1484303330_turkmenistan- constitution-am2016-eng.pdf, Zugriff 19.6.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107632.html, Zugriff 19.6.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (15.5.2023): 2022 Report on International Religious Freedom: Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2091917.html, Zugriff 19.6.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 22

9. Allgemeine Menschenrechtslage Gemäß der eigenen Verfassung garantiert Turkmenistan die Gleichheit der Rechte und Freiheiten einer Person und eines Bürgers sowie die Gleichheit einer Person und eines Bürgers vor dem Gesetz, ungeachtet ihrer Nationalität, Hautfarbe, ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, ihres Eigentums und offiziellen Status, ihres Wohnorts, ihrer Sprache, Religion, politischen Überzeugungen und anderer Umstände (TURK 2016, Art. 28). Zu den von Turkmenistan ratifizierten völkerrechtlichen Verträgen zählen: 1) die Konvention gegen Folter (CAT); 2) der Zivilpakt (ICCPR) und 3) das Zweite Fakultativprotokoll dazu, das auf die Abschaffung der Todesstrafe abzielt; 4) die Frauenrechtskonvention (CEDAW); 5) die Konvention gegen Rassismus (ICERD); 6) der Sozialpakt (ICESCR); 7) die Kinderrechtskonvention (CRC); 8) das Fakultativprotokoll zur Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten (CRCAC); 9) das Fakultativprotokoll betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie; 10) die Behindertenrechtskonvention (CRPD) (OHCHR o.D.). Jedoch werden Bürgerrechte systematisch verletzt (BS 19.3.2024; vgl. USDOS 23.4.2024). In den letzten Jahren hat die Regierung immer ausgefeiltere Methoden zur Überwachung der Bevölkerung eingesetzt. Äußerung persönlicher Ansichten sind aufgrund der Überwachung durch die staatlichen Sicherheitsdienste, einschließlich der physischen Überwachung, der Überwachung der telefonischen und elektronischen Kommunikation und des Einsatzes von Informanten, stark eingeschränkt (FH 2024). Weiters gibt es kaum zivilgesellschaftliche Organisationen und damit auch kaum zivilgesellschaftliche Traditionen (BS 19.3.2024) wie auch praktisch keine unabhängige Zivilgesellschaft (HRW 11.1.2024). Auch gibt es keine internationalen Menschenrechts-NGOs mit ständiger Präsenz im Land. Obwohl die Regierung internationalen Organisationen wie der OSZE erlaubt, eine ständige Mission zu unterhalten (USDOS 23.4.2024), können internationale Beobachter nicht frei arbeiten (HRW 11.1.2024). Nicht-registrierte Aktivitäten sind verboten, und die Registrierungsanforderungen sind aufwändig. Jede Form von Dissens und öffentlicher Kritik wird von der Regierung bestraft (HRW 11.1.2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Die Interessengruppen der Zivilgesellschaft sind im politischen System Turkmenistans deutlich unterrepräsentiert (BS 19.3.2024). In Turkmenistan gibt es keine Medienfreiheit (HRW 11.1.2024; vgl. FH 2024). Der Staat kontrolliert fast alle Rundfunk- und Printmedien. Laut Freedom House werden unabhängige Journalisten schikaniert, inhaftiert, körperlich misshandelt und aufgrund erfundener Anschuldigungen verfolgt .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 22

(FH 2024; vgl. RG o.D.). Der staatliche Internetdienstleister blockiert Webseiten (FH 2024; vgl. HRW 11.1.2024), die unabhängige Nachrichten oder oppositionelle Inhalte enthalten (FH 2024). Die Verfassung garantiert die Versammlungsfreiheit, und das Versammlungsgesetz von 2015 legt das Recht von Einzelpersonen und Gruppen fest, nach vorheriger Genehmigung friedliche Versammlungen abzuhalten. Das Gesetz räumt den Behörden jedoch einen großen Ermessensspielraum bei der Verhinderung von Versammlungen ein, und die Behörden lassen keine organisierten regierungsfeindlichen Demonstrationen zu (FH 2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen sind an der Tagesordnung, insbesondere bei Dissidenten, Mitgliedern nicht zugelassener religiöser Gruppen, Aktivisten und Journalisten, die für ausländische Organisationen arbeiten (FH 2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Häftlinge mit nicht- turkmenischer Staatsangehörigkeit werden besonders diskriminiert (BS 19.3.2024). Die Haftbedingungen sind hart, und die Sicherheitskräfte wenden routinemäßig Folter an, um Geständnisse zu erzwingen oder Häftlinge zu bestrafen (FH 2024). Gefangene leiden unter unzureichender Ernährung, überfüllten und unhygienischen Bedingungen, unzureichender medizinischer Versorgung und der Verbreitung von Infektionskrankheiten. Besonders grausam ist die Situation für Personen, die wegen politisch motivierter Anschuldigungen verurteilt sind (FH 24.5.2023). In Gefängnissen, Straflagern, Polizeistationen und Sicherheitsbehörden sind Korruption sowie physische, psychische und sexuelle Folter verbreitet (BS 19.3.2024). Der Staat soll die Religions- und Glaubensfreiheit garantieren. Der Verfassung nach sind religiöse Organisationen vom Staat getrennt, ihre Einmischung in die staatlichen Angelegenheiten und die Wahrnehmung der staatlichen Aufgaben ist untersagt (TURK 2016, Art. 18; vgl. USDOS 15.5.2023). Jede Person soll unabhängig ihre Einstellung zur Religion bestimmen und das Recht haben, ihre Überzeugungen in Bezug auf ihre religiöse Einstellung zum Ausdruck zu bringen und zu verbreiten, an religiösen Bräuchen, Ritualen und Zeremonien teilzunehmen (TURK 2016, Art. 41; vgl. USDOS 15.5.2023). Für die Mehrheit der Bevölkerung ist der Islam (Sunnismus) Teil ihrer traditionellen nationalen Kultur und Geschichte und dient der Aufrechterhaltung ihrer moralischen Werte, Bräuche und Traditionen (BS 19.3.2024). Die turkmenischen Behörden überwachen registrierte religiöse Gruppen streng und verbieten nicht-registrierte Gemeinden und Gruppen. Personen, die sich angeblich an religiösen Aktivitäten außerhalb der staatlich anerkannten Religionen beteiligen, werden streng bestraft und zu langen Haftstrafen verurteilt (HRW 11.1.2024; vgl. FH 2024, BS 19.3.2024). Die Bürgerrechte der nationalen Minderheiten werden in allen Bereichen der Gesellschaft verletzt. Die Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung ihrer Rechte ergeben sich aus der von den Eliten betriebenen „Turkmenisierung“ der Gesellschaft (BS 19.3.2024). Die Beteiligung Angehöriger von Minderheitengruppen am politischen Prozess wird gesetzlich nicht einschränkt, aber ihre Vertretung und ihr Einfluss sind begrenzt. Bei der Besetzung von Regierungsämtern sind ethnische Turkmenen bevorzugt (USDOS 23.4.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 22

Das Gesetz verbietet nicht die Diskriminierung durch staatliche und nichtstaatliche Akteure aufgrund der sexuellen Ausrichtung, der Geschlechtsidentität oder des Geschlechtsausdrucks oder der Geschlechtsmerkmale (USDOS 23.4.2024). Sexuelle Kontakte zwischen Männern sind illegal (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024) und können mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden (FH 2024; vgl. HRW 11.1.2024). Für die Verbreitung von HIV oder anderen sexuell übertragbaren Infektionen sind Strafen von bis zu acht Jahren vorgesehen. Gleichgeschlechtliche sexuelle Kontakte zwischen Frauen werden im Gesetz nicht erwähnt, welches selektiv durchgesetzt wird (USDOS 23.4.2024). In Turkmenistan lebt eine große Zahl ehemaliger Bürger der Sowjetunion. Staatenlosen ist es gesetzlich erlaubt, sich legal im Land aufzuhalten und mit staatlich ausgestellten Ausweis- und Reisedokumenten international zu reisen. Staatenlose ohne Papiere haben keinen Zugang zu öffentlichen Leistungen, Bildungs- oder Beschäftigungsmöglichkeiten (USDOS 23.4.2024). Quellen: - BS – Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Turkmenistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105842/country_report_2024_TKM.pdf, Zugriff 19.6.2024 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (6.6.2024): The World Factbook: Turkmenistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/turkmenistan/, Zugriff 19.6.2024 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108024.html, Zugriff 19.6.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 - Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092916.html, Zugriff 19.6.2024 - HRW – Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103182.html, Zugriff 19.6.2024 - OHCHR – Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (o.D.): View the ratification status by country or by treaty, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx? CountryID=180&Lang=en, Zugriff 17.5.2024 - RG – Reporter ohhne Grenzen (o.D.): Turkmenistan, https://www.reporter-ohne- grenzen.de/turkmenistan, Zugriff 17.5.2024 - TURK – Die Verfassung Turkmenistans [Turkmenistan] (2016): The Constitution of Turkmenistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1086053/1226_1484303330_turkmenistan- constitution-am2016-eng.pdf, Zugriff 19.6.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107632.html, Zugriff 19.6.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (15.5.2023): 2022 Report on International Religious Freedom: Turkmenistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2091917.html, Zugriff 19.6.2024 10. Todesstrafe Gemäß der turkmenischen Verfassung hat jedes Individuum das Recht auf Leben und Freiheit und auf die Ausübung dieses Rechts. Niemandem kann das Recht auf Leben genommen werden. Das Recht eines jeden Menschen auf ein freies Leben wird vom Staat auf der Grundlage des Gesetzes geschützt. Die Todesstrafe ist in Turkmenistan abgeschafft worden (TURK 2016, Art. 32 f.). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 22

Zusätzlich ratifizierte Turkmenistan im Jahr 2000 völkerrechtlich das Zweite Fakultativprotokoll zum Zivilpakt, das auf die Abschaffung der Todesstrafe abzielt (OHCHR o.D.). Quellen: - OHCHR – Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (o.D.): View the ratification status by country or by treaty, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx? CountryID=180&Lang=en, Zugriff 17.5.2024 - TURK – Die Verfassung Turkmenistans [Turkmenistan] (2016): The Constitution of Turkmenistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1086053/1226_1484303330_turkmenistan- constitution-am2016-eng.pdf, Zugriff 19.6.2024 11. Relevante Bevölkerungsgruppen 11.1. Frauen Es gibt vonseiten Turkmenistans Bemühungen, den institutionellen und politischen Rahmen zu verbessern, um die Beseitigung der Diskriminierung von Frauen zu beschleunigen und die Geschlechtergleichstellung zu fördern (CEDAW 20.2.2024). Obwohl Frauen den Männern rechtlich gleichgestellt sind – gleiche Bezahlung, Zugang zu Krediten, die Möglichkeit, ein Unternehmen zu gründen und zu besitzen, sowie Zugang zu staatlichen Stellen (UDOS 23.4.2024; vgl. BS 19.3.2024), ist ihre Situation in der Gesellschaft prekär (BS 19.3.2024; vgl. HRW 11.1.2024), und sie haben aufgrund kultureller Vorurteile nicht die gleichen Chancen wie die Männer (BS 19.3.2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Das Gesetz wird nicht wirksam durchgesetzt (USDOS 23.4.2024). Der Hauptgrund für die systematische Diskriminierung von Frauen in Turkmenistan ist die streng patriarchalische Gesellschaftsordnung (BS 19.3.2024). Die Beteiligung von Frauen am politischen Prozess wird gesetzlich nicht eingeschränkt, aber ihre Vertretung und ihr Einfluss sind begrenzt (USDOS 23.4.2024). In der stark patriarchalisch geprägten Gesellschaft Turkmenistans haben Frauen selten Zugang zu höheren Positionen in Politik und Wirtschaft (BS 19.3.2024). Der Zugang von Frauen und Mädchen zur Justiz wird nach wie vor durch Hindernisse wie ihre begrenzte Kenntnis ihrer Rechte und der zu ihrer Durchsetzung verfügbaren Rechtsmittel erschwert. Die Zahl von Zentren für Rechtshilfe ist begrenzt, insbesondere in ländlichen und abgelegenen Gebieten. Einzelpersonen können je nach ihrer finanziellen Situation ganz oder teilweise von den Prozesskosten befreit werden (CEDAW 20.2.2024). Traditionelle soziale und religiöse Normen tragen dazu bei, den Zugang von Frauen zu Bildung und wirtschaftlichen Möglichkeiten einzuschränken (FH 2024). Frauen steht eine medizinische Versorgung zu, einschließlich pränataler Versorgung und sicherer sowie wirksamer Empfängnisverhütung. Sie haben das Recht, Verhütungsmittel frei zu verwenden (USDOS 23.4.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 22
