2025-09-08-coi-cms-laenderinformationen-pakistan-version-8-9527
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
erwachsenen und minderjährigen Strafgefangenen in Vollzugsanstalten ist dies besonders pro blematisch. Der Jugendstrafvollzug erfüllt nicht die sowohl nach pakistanischem Recht (Juvenile Justice System Ordinance 2000) als auch vom Übereinkommen über die Rechte des Kindes vorgegebenen Mindestanforderungen (AA 21.10.2024). Es gibt Berichte über Vergewaltigungen und anderen Formen von Gewalt an Minderjährigen in Gefängnissen (USDOS 23.4.2024). Es gibt gesonderte Frauengefängnisse. Bei gemischten Gefängnissen sind Frauen- und Män nerabteilungen voneinander getrennt. Die Zahl der weiblichen Strafgefangenen in den Gefäng nissen Pakistans dürfte ca. 1.500 betragen. Weibliche Gefangene sind Belästigungen, unzu reichenden hygienischen Bedingungen und mangelnder medizinischer Versorgung ausgesetzt (AA 21.9.2023). Laut Gesetz müssen die Gefängnisbehörden den Inhaftierten erlauben, sich ohne Zensur bei den Justizbehörden zu beschweren und eine Untersuchung glaubwürdiger Vorwürfe über un menschliche Bedingungen zu verlangen. Berichten zufolge sehen Gefangene davon ab, Be schwerden einzureichen, um Vergeltungsmaßnahmen der Gefängnisbehörden zu vermeiden. Die Strafvollzugsbeamten verfügen über verschiedene Möglichkeiten für die Meldung von Be schwerden, und alle Gefängnisabteilungen verfügen über Mechanismen zur Untersuchung von Vorwürfen. Internationale Organisationen führen Kontrollbesuche in den Gefängnissen durch, berichten aber über Schwierigkeiten beim Zugang zu einigen Gefängnissen, insbesondere sol chen mit Häftlingen, die aufgrund sicherheitsrelevanter Vergehen angeklagt sind. Der Zugang zu Gefängnissen in den am stärksten von Gewalt betroffenen Gebieten von Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan ist den Organisationen untersagt. Einigen Menschenrechtsorganisationen ist es erlaubt, die Bedingungen für Jugendliche und weibliche Häftlinge zu überprüfen (USDOS 23.4.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.10.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2117687/Deutschland. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan, 21.10.2024.pdf, Zugriff 27.12.2024 ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.9.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2097816/Auswärtige s_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik _Pakistan_,_21.09.2023.pdf, Zugriff 13.10.2023 [Login erforderlich] ■ HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (8.5.2024): State of Human Rights in 2023, https: //hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/uploads/2020/09/2024-State-of-human-rights-in-2023-EN.pdf , Zugriff 10.5.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Reports on Human Rights Practices Pakistan, https://www.state.gov/reports/2023-country-reports-on-human-rights-p ractices/pakistan/, Zugriff 24.4.2024 ■ WPB - World Prison Brief (11.2024): Pakistan, https://www.prisonstudies.org/country/pakistan , Zugriff 29.5.2024 102

15 Todesstrafe Letzte Änderung 2025-05-07 06:10 Die Todesstrafe wird in Pakistan im Prinzip vollstreckt. Seit Dezember 2019 fand allerdings keine einzige Hinrichtung statt. Wenngleich kein offizielles Moratorium verkündet wurde und Todesurteile weiter ausgesprochen werden, herrscht de facto ein Moratorium (AA 21.10.2024). Im Jahr 2015 hatte Pakistan sein seit 2008 bestehendes offizielles Todesstrafenmoratorium als Folge des Terrorangriffs auf die Army Public School in Peshawar, bei dem ca. 150 Schüler getötet wurden, aufgehoben (AA 8.8.2022; vgl. ÖB Islamabad 19.12.2023) - zunächst nur für terroristische Straftaten, später auch für andere Kapitalverbrechen ohne terroristischen Bezug (ÖB Islamabad 19.12.2023). Nach einer Erhebung der NGO Justice Project Pakistan wurden nach der Aussetzung des Moratoriums 516 Personen hingerichtet, davon 325 allein im Jahr 2015 (JustPP o.D.). Bis zum Jahr 2019 war die Zahl der Hinrichtungen allerdings bereits schon stark rückläufig (AA 21.10.2024). So berichtetJustice Project Pakistan von 15 vollstreckten Hinrichtungen im Jahr 2018 und acht im Jahr 2019 (JustPP o.D.; vgl. ÖB Islamabad 19.12.2023). Bei 31 verschiedenen Straftatbeständen kann die Todesstrafe verhängt werden, darunter Blas phemie, Mord, Hochverrat, Spionage, Vergewaltigung und terroristischem Anschlag mit Todes folge. Der unter Todesstrafe gestellte Tatbestandskatalog geht weit über den nach dem Inter nationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte gesetzten Rahmen der most serious crimes hinaus, den auch Pakistan ratifiziert hat. Im Oktober 2022 wurde die Todesstrafe für das Delikt der „ Railway Sabotage“ abgeschafft, im Juli 2023 folgte die Abschaffung der Todesstra fe für Drogenhandel. Eine komplette Abschaffung der Todesstrafe für alle Delikte ist aufgrund der überwältigenden Unterstützung für die Todesstrafe in der Bevölkerung auf absehbare Zeit unwahrscheinlich (AA 21.10.2024). Die Gesamtzahl der zum Tode Verurteilten in pakistanischen Gefängnissen lag Ende 2023 bei 6.023 Personen (JustPP o.D.; vgl. AA 21.10.2024). Im Jahr 2024 lag sie bei 3.646 (JustPP o.D.). Davon wurden 98 Todesurteile im Jahr 2022 ausgesprochen, 112 im Jahr 2023 (JustPP o.D.; vgl. AA 21.10.2024). In vielen Fällen beruhen die Todesurteile auf rechtsstaatlich zweifelhaften Verfahren. Die Ana lyse einer Reihe von Fällen zeigt, dass auch in Verfahren, in denen die Todesstrafe verhängt wird, immer wieder schwere Justizirrtümer passieren und grundlegende Verfahrensrechte der Angeklagten missachtet werden(AA 21.10.2024; vgl. AI 29.5.2024). Urteile werden mitunter ausschließlich aufgrund von Geständnissen verhängt, wobei davon auszugehen ist, dass diese immer wieder durch Folter oder Misshandlung in Polizeigewahrsam erzwungen werden (AA 21.10.2024). Die Regierung stellt einen staatlich finanzierten Rechtsbeistand für Gefangene zur Verfügung, die wegen Verbrechen angeklagt sind, welche mit der Todesstrafe sanktioniert werden können (USDOS 23.4.2024). Zahlreiche Todesstrafen werden in Berufungsverfahren aufgehoben (DFAT 25.1.2022). Es besteht die Gefahr, dass Personen, die gemäß völkerrechtlich für Pakistan bindender Ver träge zwingend von der Verhängung der Todesstrafe ausgenommen sind, dennoch zum Tode 103

verurteilt und auch hingerichtet werden. Dies gilt etwa für Minderjährige oder Menschen mit geis tigen Behinderungen (AA 21.10.2024). Auch das staatliche Recht verbietet zwar die Anwendung der Todesstrafe für Minderjährige (USDOS 20.3.2023; vgl. HRW 11.3.2024). Dennoch verurtei len Gerichte Minderjährige nach dem Anti-Terrorismus-Gesetz zum Tode. Dabei erschwert die unzuverlässige Dokumentation die Bestimmung des Alters möglicher Minderjähriger (USDOS 20.3.2023). Im Februar 2021 wandelte der Supreme Court die Todesstrafe für drei Personen um, bei denen schwere geistige (psychosoziale) Behinderungen diagnostiziert worden waren, und verbot die Anwendung der Todesstrafe bei Personen, die nicht über die geistigen Fähigkeiten verfügen, um die Gründe für das verhängte Todesurteil zu verstehen (AI 24.5.2022; vgl. AA 21.10.2024). Das Urteil ist zwar wegweisend und die Regierung damit angehalten, das Verbot der Todesstrafe für psychisch kranke Personen zu implementieren, bisher wurden entsprechende Gesetzesände rungen jedoch nicht erlassen. Auch psychisch kranken Personen droht somit nach wie vor eine Verurteilung zum Tode (AA 21.10.2024). Das pakistanische Strafgesetzbuch sieht in § 295c selbst bei unbeabsichtigter Beleidigung des Propheten Mohammed die Todesstrafe vor. Diese wurde bislang zwar verhängt, jedoch noch nie für Blasphemie vollstreckt, sondern häufig durch ein höherrangiges Gericht aufgehoben. Nach divergierenden Angaben von Menschenrechtsaktivisten sollen mit Stand 2024 zwischen 30 und 80 aufgrund von Blasphemie zum Tode Verurteilte auf die Vollstreckung ihres Urteils warten (AA 21.10.2024). Neun Personen davon wurden im Jahr 2023 zum Tode aufgrund von Blasphemie verurteilt (AI 29.5.2024). In den letzten Jahren wurden auch einige Todesurteile aufgrund blasphemischer Inhalte in Textnachrichten in den sozialen Medien, wie WhatsApp, ausgesprochen (HRW 11.3.2024; vgl. als rezentes BeispielAP 25.1.2025). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.10.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2117687/Deutschland. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan, 21.10.2024.pdf, Zugriff 27.12.2024 ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (8.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan (Stand: Juni 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local /2077279/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_de r_Islamischen_Republik_Pakistan_(Stand_Juni_2022),_08.08.2022.pdf , Zugriff 21.3.2023 [Login erforderlich] ■ AI - Amnesty International (29.5.2024): Death sentences and executions in 2023, https://www.amne sty.org/en/documents/act50/7952/2024/en, Zugriff 4.6.2024 ■ AI - Amnesty International (24.5.2022): Death Sentences and Executions 2021, https://www.ecoi.n et/en/file/local/2073393/ACT5054182022ENGLISH.pdf, Zugriff 4.6.2024 ■ AP - Associated Press (25.1.2025): Pakistani court sentences 4 people to death for blasphemy, https: //apnews.com/article/pakistan-blasphemy-death-sentence-a3b46de9922fd63046cf0857a5a2f86f , Zugriff 26.2.2025 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (25.1.2022): Country Information Report - Pakistan - January 2022, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-pak istan.pdf, Zugriff 14.8.2024 ■ HRW - Human Rights Watch (11.3.2024): Pakistan’s Blasphemy Law Targets Youth on Social Media, https://www.hrw.org/news/2024/03/12/pakistans-blasphemy-law-targets-youth-social-media , Zugriff 26.2.2025 104

■ JustPP - Justice Project Pakistan (o.D.): Death Penalty Database, https://data.jpp.org.pk/en/page/ 6mhr9wutz9d, Zugriff 26.2.2025 ■ ÖB Islamabad - Österreichische Botschaft Islamabad [Österreich] (19.12.2023): Asylländerbericht Pakistan ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Reports on Human Rights Practices Pakistan, https://www.state.gov/reports/2023-country-reports-on-human-rights-p ractices/pakistan/, Zugriff 24.4.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Pakistan, https://www.state.gov/reports/2022-country-reports-on-human-rights-p ractices/pakistan, Zugriff 14.9.2023 16 Religionsfreiheit Letzte Änderung 2025-06-05 08:04 Dem digitalen Zensus von 2023 zufolge sind 96,4 Prozent der Bevölkerung Muslime. Hindus stellen demnach mit um die 3,9 Millionen Gläubigen und 1,61 Prozent der Bevölkerung die größte religiöse Minderheit, gefolgt von Christen, die mit gerundet 3,3 Millionen Anhängern 1,37 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Ahmadis stellen offiziell einen Anteil von 0,07 Prozent. Auf andere religiöse Gruppen entfallen 0,6 Prozent. Zu diesen werden nun auch die sogenannten „ Scheduled“ Kasten gezählt, die bei der vorherigen Volkszählung dem Hinduismus zugerechnet wurden (PAKBS 18.7.2024). Weitere Religionen, die in diese Kategorie fallen, sind z. B. Baha’is, Sikhs, Parsen bzw. Zoroastrier und Kalasch (USDOS 30.6.2024). Verschiedene Organisationen von Minderheitenreligionen zweifeln diese Zahlen an und vermu ten, dass ihre jeweilige Anhängerzahl im Zensus unterrepräsentiert ist. Manche meinen, dies geschehe, um den politischen Einfluss geringer zu halten, da sich die Festlegung der Anzahl der Minderheitensitze an den Bevölkerungszahlen orientiert. So würden Gebiete mit hohem Minderheitenanteil in den Bemühungen der nationalen Registrierungsbehörde, mehr Bürger für die ID-Registrierung zu erreichen, nicht berücksichtigt. Speziell Ahmadis stehen außerdem bei der ID-Registrierung vor der Schwierigkeit, dass sie dabei ihren Religionsgründer [Anm.: Mirza Ghulam Ahmad] entweder als falschen Propheten angeben müssen, wenn sie sich als Muslime registrieren lassen wollen, oder sich als Nicht-Muslime bezeichnen müssen (USDOS 30.6.2024). Die pakistanische Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion und hält fest, dass alle Ge setze in Einklang mit den Prinzipien des Islams zu bringen sind und keine Gesetze verabschie det werden dürfen, die diesen zuwiderlaufen. Die Verfassung hält allerdings fest, dass diese Vorgaben nicht das Personenstandsrecht sowie die Staatsbürgerschaft von Nicht-Muslimen be einträchtigen dürfen. Zur Prüfung von Gesetzen und Urteilen in Bezug auf ihre Konformität mit islamischen Prinzipien ist in der Verfassung das Federal Shariat Court und für Empfehlungen an den Gesetzgeber der Council of Islamic Ideology vorgesehen (USDOS 30.6.2024). Die Verfassung verlangt vom Staat gleichzeitig, die Rechte und Interessen der Minderheiten zu schützen, und sieht reservierte Sitze für Minderheiten in den gesetzgebenden Institutionen vor. In der Nationalversammlung sind zehn von 336 Sitzen, im Senat vier von 96 und innerhalb der Provinzparlamente sind drei in Khyber Pakhtunkhwa, acht in Punjab, neun in Sindh sowie drei in Belutschistan für Minderheitenangehörige reserviert (USDOS 30.6.2024). Außerdem 105

wurden in allen Provinzen Ministerien zur Wahrung der Rechte der Minderheiten eingerichtet (AA 21.10.2024). Grundsätzlich garantiert die Verfassung jedem Bürger das Recht, sich zu seiner Religion zu bekennen, sie auszuüben und zu propagieren - unter dem Vorbehalt der Aufrechterhaltung der Rechtsordnung sowie von öffentlicher Ordnung und Moral (USDOS 30.6.2024). In der ge sellschaftlichen Realität ist die freie Religionsausübung nicht durchgehend gewährleistet (AA 21.10.2024). Einerseits üben bewaffnete, religiös motivierte Gruppen Gewalt gegen Minderhei ten aus (USDOS 30.6.2024). So sind religiöse Minderheiten eines der Hauptziele von Anschlä gen islamistischer militanter Gruppen (HRW 11.1.2024). Andererseits schränken von rechtlicher Seite die Blasphemiegesetze Äußerungen in Bezug auf religiöse Angelegenheiten oder Lehren ein(USDOS 23.4.2024). Vorwürfe der Blasphemie werden als Mittel zur Erreichung politischer Zwecke benutzt und damit Minderheitenangehörige und muslimische Sekten eingeschüchtert und zu Opfern gemacht (CSJPak 3.2024). Ahmadis werden darüber hinaus von militanten Grup pen und der islamistischen politischen Partei Tehreek-e-Labbaik (TLP) beschuldigt, sich „ als Muslime auszugeben“ - ebenfalls ein Straftatbestand nach dem pakistanischen Strafgesetzbuch (HRW 16.1.2025). Das Strafgesetzbuch sieht bei Prophetenbeleidigung die Todesstrafe vor. Diese wird in erster Instanz oft auf Druck von Extremisten zwar verhängt, wurde allerdings für Blasphemie bislang noch nie vollstreckt und häufig durch ein höherrangiges Gericht aufgehoben (AA 21.10.2024). Personen, die wegen Blasphemie im Berufungsverfahren freigesprochen worden sind, werden vielfach von extremistischen Organisationen weiter verfolgt. Insbesondere bei Angehörigen re ligiöser Minderheiten geraten Familienangehörige häufig ebenfalls ins Visier von Extremisten. Blasphemie-Vorwürfe werden zudem immer wieder zum Anlass oder Vorwand für Mob-Ge walt, Mordanschläge oder zum Ausfechten persönlicher Fehden genommen (AA 21.10.2024, vgl. USDOS 30.6.2024). Ein gewöhnlicher Disput kann für Mitglieder der Minderheitenreligionen das Risiko einer Anschuldigung der Blasphemie bergen, die zu Strafverfolgung und Mobgewalt führen kann (FH 5.2024a). Im August 2023 randalierte eine aufgebrachte Menschenmenge von mehreren Hundert Personen im Punjab, nachdem zwei Christen der Blasphemie beschul digt wurden, und zerstörte mehrere Kirchen und Dutzende Häuser in einem christlichen Viertel (HRW 11.1.2024). Religiöse Minderheiten, wie Christen, Hindus und Ahmadis sind somit mit gelegentlichen Ausbrüchen von Mobgewalt konfrontiert (USDOS 23.4.2024). Die Blasphemiegesetze und ihr Missbrauch durch religiöse Fanatiker beschränken auch die Meinungsfreiheit von sunnitischen Muslimen (FH 5.2024a). So sammelte die NGO Commission on Social Justice, CSJ, für das Jahr 2023 sieben Fälle von Morden an Muslimen nach Blas phemievorwürfen. Damit waren in diesem Jahr alle aufgrund von Blasphemie-Anschuldigungen getöteten Personen Muslime (CSJPak 3.2024). PIPS berichtet für dasselbe Jahr von drei Fällen von durch Mob-Gewalt getöteten Muslimen nach Blasphemie-Vorwürfen (PIPS 10.1.2024). Für 2024 berichtet CSJ von neun aus diesem Grund getöteten Muslimen (CSJPak 4.2025). PIPS zählt für das Jahr vier getötete Blasphemie-Beschuldigte, darunter ein Christ. Für die übrigen Opfer ist keine Religion angegeben [Anm.: Da PIPS Morde an Minderheiten besonders bewertet, ist davon auszugehen, dass es diese Fälle als Muslime zählt] (PIPS 30.1.2025a). 106

Insgesamt wurden im Jahr 2023 329 Personen in 180 Fällen der Blasphemie beschuldigt. Davon waren 65 Ahmadis, elf Christen, ein Hindu und 247 Muslime. Von den Muslimen war circa die Hälfte Schiiten(CSJPak 3.2024). Für das Jahr 2024 berichtete CSJ von 344 der Blasphemie Beschuldigten, darunter 242 Muslime, 49 Ahmadis, 32 Hindus und 20 Christen (CSJPak 4.2025). Auch eine Abkehr vom Islam, die Apostasie, wird von der Gesellschaft keinesfalls akzeptiert, obwohl das Gesetz selbst nicht die Freiheit einschränkt, seine Religion zu wechseln. Personen, die sich vom Islam abwenden, vertreten dies in aller Regel nicht öffentlich (AA 21.10.2024). Eine Konversion vom Islam wird weithin als eine Form der Blasphemie gesehen und kann damit in einer Strafverfolgung unter den Blasphemiegesetzen münden, aber auch in Einschüchterungen, Diskriminierung, Freiheitsentzug durch die Familie, Gewalt oder Übergriffen durch aufgebrachte Mengen (UKHO 4.2024). Gesellschaftliche Gewalt aufgrund religiöser Intoleranz bleibt damit ein ernstes Problem (USDOS 23.4.2024; vgl. AI 4.2024). Insgesamt hat die Gewalt gegen Minderheiten im Jahr 2023 zugenommen. Das Sicherheits analyseinstitut CRSS listet 13 Fälle von religiös motivierter Gewalt gegen religiöse Minderheiten mit acht Todesopfern bzw. 36 Verletzten für das Jahr 2023 auf, sowie 193 Gewaltakte ohne Tote oder Verletzte, z. B. Zerstörungen an Gebetsstätten oder Entführungen gegen Lösegeld, auf. Hinzu kommen sieben Gewaltakte gegen Schiiten, inklusive Hazara und Ismaeliten, mit 14 Toten und fünf Verletzten (CRSS 19.2.2024; vgl. CSJPak 3.2024). Das Sicherheitsanalyse institut PIPS berichtet für das Jahr 2023 von neun terroristischen Anschlägen gegen religiöse Minderheiten mit drei Todesopfern unter den Sikh, einem unter den Christen und 18 unter den Schiiten sowie von sieben Vorfällen kommunaler religiös-motivierter Gewalt gegen Minderheiten - ohne Todesopfer. Allerdings starben drei Muslime nach Blasphemievorwürfen durch derarti ge Gewaltausbrüche (PIPS 10.1.2024). Für 2024 listet PIPS neun Vorfälle religiös motivierter Gewalt mit sieben Toten, darunter drei Ahmadis, ein der Blasphemie beschuldigter Christ so wie drei weitere Blasphemiebeschuldigte [Anm.: ohne Religionsangabe durch PIPS, da PIPS Minderheiten besonders berücksichtigt, ist davon auszugehen, dass es sich um Mitglieder der Mehrheitsbevölkerung handelt] auf; außerdem vier Anschläge gegen Schiiten mit 53 Toten und einen gegen einen Hindu mit einem Toten [siehe dazu Sicherheitslage] (PIPS 1.1.2025; vgl. zu den einzelnen Vorfällen religiöser Gewalt PIPS 6.6.2024, PIPS 5.7.2024,ABC News 21.6.2024, PIPS 9.8.2024a, ANI 20.9.2024). Berichten zufolge schützt die Polizei in einigen Fällen der Blasphemie Beschuldigte vor der Gewalt aufgebrachter Mengen, in anderen versagt sie darin, in manchmal sind Polizisten auch selbst in Morde oder Misshandlungen an Minderheitenangehörigen verwickelt (USDOS 30.6.2024). Die Behörden haben die Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit an religiösen Orten der Minderheiten verstärkt. Zu bestimmten Zeiten, unter anderem während religiöser Feiertage oder als Antwort auf Bedrohungslagen, erhöht die Polizei außerdem die Sicherheitsmaßnahmen in Abstimmung mit den Religionsführern. Die Polizei von Sindh hat eine eigene, 4.000 Mann starke Special Protection Force for Minorities eingerichtet, welche Kirchen, Tempel und Gurdwaras 107

schützen soll. Zusätzlich wurden ungefähr 2.000 Kameras vor Gebetsstätten installiert. In Pun jab und KP befinden sich derartige Einheiten im Aufbau, in Belutschistan noch nicht. Doch auch dort bestätigen Vertreter von Christen und Hindus, dass die Polizei im allgemeinen ausreichend Sicherheitspersonal, insbesondere während der Feiertage, stellt. Seit den gewalttätigen Aus schreitungen gegen eine christliche Siedlung wurden die Sicherheitsmaßnahmen im Punjab für christliche Glaubensstätten erhöht. Die Sicherheitsmaßnahmen für Schiiten während der Muharram-Prozessionen wurde ebenfalls nochmals erhöht, u. a. mit 24-Stunden-Videoüberwa chung, Metalldetektoren und Sicherheitsschleusen. Laut Ahmadis gibt es allerdings landesweit keine polizeilichen Schutzmaßnahmen für ihre religiösen Stätten (USDOS 30.6.2024). Laut Vertretern einiger religiöser Minderheiten erlaubt die Regierung den meisten organisierten religiösen Gruppen, Gebetsstätten zu errichten und Geistliche auszubilden. Einige Kirchen und Tempel wurden von den Behörden renoviert. Ahmadis jedoch verweigern die lokalen Behörden regelmäßig die notwendigen Baubewilligungen für Gebetshäuser. Offizielle Restriktionen dies bezüglich gibt es allerdings nicht, abgesehen davon, dass sie ihre Gebetshäuser nicht Moscheen nennen dürfen (USDOS 30.6.2024). Es gibt Fälle von Entführungen mit Zwangsverheiratungen und Zwangskonversionen zum Islam sowie Vergewaltigungen von christlichen und hinduistischen Mädchen und Frauen (USDOS 30.6.2024; vgl. USCIRF 1.5.2024, FH 5.2024a, HRCP 8.5.2024). Die Zahl an Entführungen soll in die Hunderte gehen und besonders Minderheiten betreffen, da sie aufgrund ihrer mar ginalen ökonomischen Lage ungeschützter sind und ihre Konversion zum Islam als religiös wünschenswert gesehen wird (DFAT 25.1.2022). Die pakistanische christliche NGO Centre for Social Justice hat für das Jahr 2023 Berichte zu 136 Fällen von Entführungen und Zwangs konversionen von hinduistischen oder christlichen Mädchen und Frauen dokumentiert (CSJPak 3.2024). Geschätzte 80 Prozent der pakistanischen Minderheitenbevölkerung leben unterhalb der Ar mutsgrenze (AA 21.9.2023; vgl. AA 21.10.2024). Christen berichten von weitverbreiteter Diskri minierung bei privaten Anstellungen. Sowohl im sozialen als auch staatlichen Bereich sehen sich Minderheiten mit Diskriminierungen in unterschiedlichem Ausmaß konfrontiert, wobei Ahmadis am stärksten davon betroffen sind (USDOS 30.6.2024). Gemäß Verfassung dürfen Personen bei der Anstellung im öffentlichen Dienst nicht aufgrund ihrer Religion diskriminiert werden. Im öffentlichen Dienst gilt außerdem eine Minimumquote von 5 Prozent für Minderheiten. Laut Vertretern der Minderheiten wird diese Quote oft nicht erreicht. Laut der christlichen Organisation CSJ sind 30.866 für Minderheiten reservierten Stellen unbesetzt (USDOS 30.6.2024). Nach Angaben der staatlichen Menschenrechtskommission liegt die tatsächlich erreichte Quote nur bei knapp mehr als der Hälfte, während von den besetzten Posten ungefähr 80 Prozent im Niedriglohnbereich liegen (UKHO 4.2024). Die meisten religiösen Minderheiten berichten von Diskriminierung bei Anstellungen und Beförderungen im öffentlichen Dienst sowie bei der Aufnahme an Hochschulen. Eine NGO berichtet auch, dass durch die geringeren Bildungschancen nur wenige Angehörige der Minderheiten die Anforderungen für gehobene Positionen erfüllen. Auch im Militärdienst gibt es zwar keine offiziellen Hürden für einen 108

Aufstieg, doch es gibt nur einige wenige christliche Generäle. Ahmadis steigen nur selten in einen höheren Dienstgrad als Oberst auf und werden nicht mit höheren Positionen betraut (USDOS 30.6.2024). Minderheiten sind besonders in den Streitkräften, der Polizei und der Judikative - trotz öffentlichkeitswirksam gefeierter Einzelfälle - stark unterrepräsentiert (AA 21.10.2024). Vertreter der Minderheiten berichten, dass die verschiedenen zuständigen Ministerien bei der Anwendung der Gesetze zur Sicherstellung der Minderheitenrechte sowie der Durchsetzung der Schutzregelungen für Minderheiten inkonsequent sind. Der Schutz der Minderheiten vor gesellschaftlicher Diskriminierung ist somit wechselhaft (USDOS 30.6.2024; vgl. FH 5.2024a). Während das Ministerium für Recht und Justiz offiziell für die Gewährleistung der gesetzlichen Rechte aller Bürger verantwortlich ist, übernimmt das Ministerium für Menschenrechte in der Praxis weiterhin die Hauptverantwortung für den Schutz der Rechte religiöser Minderheiten. Die National Commission on Human Rights (NCHR) ist mit der Untersuchung von Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen beauftragt, verfügt aber zur Durchsetzung ihrer Forderungen und Empfehlungen nur über geringe Macht (USDOS 30.6.2024). Im Mai 2020 richtete die Regierung die Nationale Kommission für Minderheiten ein (UKHO 4.2024). Die Kommission umfasst Mitglieder einiger Minderheiten, u. a. Hindus, Christen und Sikhs. Sie ist allerdings nicht unabhängig und hält weder besondere Kompetenzen und Entschei dungsgewalten, noch - da sie per Dekret ohne Parlamentsbeteiligung konstituiert wurde - die vom Supreme Court geforderte gesetzliche Grundlage (AA 21.9.2023; vgl. USDOS 30.6.2024). Zivilgesellschaftliche Gruppen und Aktivisten für Religionsfreiheit bemängeln die begrenzten Kompetenzen sowie den Ausschluss der Ahmadis aus der Kommission. Letztere müssten - entgegen ihrer eigenen Auffassung - zuerst ihren Status als Nicht-Muslime anerkennen, um teilhaben zu können. Die Kommission ist im Ministerium für Religiöse Angelegenheiten und interreligiöse Harmonie verortet. Vertreter der Minderheiten kritisieren allerdings, dass das Mi nisterium von Klerikern dominiert wird, welche bereits mit Vorurteilen bei öffentlichen Auftritten auffielen und es in erster Linie mit der Organisation der Pilgerreise nach Mekka beschäftigt ist (USDOS 30.6.2024). In Bezug auf religiöse Minderheiten gewährt das Ministerium finanzielle Hilfen für die Instandsetzung und Instandhaltung von Gebetsstätten, für Bedürftige sowie Stipen dien. Es führt Schulungen für Richter, Staatsanwälte und Beamte zu Fragen im Zusammenhang mit religiösen Rechten und Freiheiten durch. Im August 2023 wurde eine Gesetzesgrundlage für die Kommission von der Nationalversammlung verabschiedet, aber im Senat fallen gelas sen. Das Gesetz war von Gruppen der Zivilgesellschaft kritisiert worden, weil es die Rechte und den Schutz von Minderheitengemeinschaften nicht in vollem Umfang gewährleistet (UKHO 4.2024). Der Supreme Court hat eine eigene Kommission zur Prüfung des Schutzes der Min derheiten eingerichtet (USDOS 30.6.2024). Auch die ständigen Ausschüsse des Senats und der Nationalversammlung für Minderheiten und für Menschenrechte halten Anhörungen ab, und auf Provinzebene beschäftigen sich ebenfalls einige staatliche Organisationen und Ministerien mit dem Thema Gewalt gegen Minderheiten (USDOS 23.4.2024). 109

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