2025-09-08-coi-cms-laenderinformationen-pakistan-version-8-9527
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
des Russland-Ukraine-Konflikts, Inflation, Ölpreisschocks sowie den enormen Schäden der Überschwemmungskatastrophe 2022 (MOFPAKI 11.6.2024; vgl. WB 2.4.2024a). Zusätzlich erschwerend führte das wiederholte Nichteinhalten der Umsetzung des Programms des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu einem Aussetzen internationaler Gelder und damit zu einem kritischen Stand an Währungsreserven bei gleichzeitiger hoher Inflation und einer starken Abwertung der Währung (WB 2.4.2024b). Das letzte Programm des IWF lief damit im Juni 2023 ohne Abschluss aus (DFAT 2024). Im Mai 2023 erreichte die Inflation eine noch nie da gewesene Höhe von 38 Prozent (TE 1.6.2023). Schließlich gelang es Pakistan, mit dem IWF eine Stand-By-Kreditvereinbarung in Höhe von 3 Milliarden USD mit einer Laufzeit bis April 2024 zu vereinbaren (DFAT 2024; vgl. WB 2.4.2024b). Außerdem wurde bei einer UN-Konferenz von internationalen Gebern beinahe 10 Milliarden USD zur Unterstützung der Bewältigung der Flutschäden zugesagt. Davon sind allerdings knapp 90 Prozent Kredite (WOZ 31.8.2023). In seiner Überprüfung der Ziele der Stand-By-Kreditvereinbarung im April 2024 attestierte der IWF eine Verbesserung der ökonomischen Bedingungen, Fortschritte in der wirtschaftlichen Stabilisierung, ein moderates Wachstum des BIP und ein Sinken der Inflation, wenn auch noch auf hohem Niveau (IMF 10.5.2024; vgl. MOFPAKI 11.6.2024; vgl. Current 11.6.2024). Im Mai 2024, ein Jahr nach dem historisch höchsten Stand, war die Inflationsrate bereits auf 11,8 Prozent gesunken (TE 3.6.2024). Im Oktober 2024 genehmigte der IWF einen ausgedehnten Hilfsfonds in der Höhe von 7 Milliarden USD für 37 Monate, um die begonnenen Reformen und die Stabilisierung zu unterstützen (DFAT 2024). In der Zwischenzeit ist die Inflationsrate für Jänner 2025 auf 2,4 Prozent gesunken. Auch die Kosten für Lebensmittel sanken wieder (TE 3.2.2025). Arbeitsmarkt Laut pakistanischem Finanzministerium stieg die Zahl der Erwerbsbevölkerung von 68,75 Mil lionen im Erhebungszeitraum 2018/19 auf 71,76 Millionen im Zeitraum 2020/21, die Zahl der Er werbstätigen im gleichen Zeitraum von 64,03 Millionen auf 67,25 Millionen (MOFPAKI 11.6.2024). Die Bevölkerung wächst jedes Jahr um etwa 2 Prozent (BMZ o.D.). Fast 3 Millionen junge Men schen treten jährlich in den Arbeitsmarkt ein (ILO 27.3.2024). Das Land steht damit vor der Herausforderung, seiner Bevölkerung berufliche Möglichkeiten zu bieten (BS 19.3.2024). Landwirtschaft und Fischerei stellen den größten Anteil am Arbeitsmarkt und tragen zum Ein kommen für ein noch breiteres Segment der Bevölkerung bei (EB 7.1.2025). So stellt die Land wirtschaft laut der offiziellen Arbeitskräfteerhebung 37,4 Prozent der Beschäftigten (MOFPAKI 11.6.2024; vgl. IOM 12.2024). Der Anteil des Dienstleistungssektors an der Gesamtzahl an Arbeitskräften wächst am stärksten und macht etwa 37,2 Prozent aus, die Industrie nimmt ca. 25,4 Prozent ein (MOFPAKI 11.6.2024). Handwerk und Produktion sind insbesondere durch die Textilindustrie ein bedeutendes Segment des Arbeitsmarktes. Der Handel, als einer der wichtigsten Sektoren der pakistanischen Wirtschaft, beschäftigt auch einen erheblichen Teil der Arbeitskräfte. Das Staatswesen ist traditionell ebenfalls ein Hauptarbeitgeber in Pakistan, dort 178

findet sich ungefähr ein Fünftel der Arbeitskräfte (EB 7.1.2025). Regional sind 60 Prozent der Arbeitskräfte des Landes in der Provinz Punjab konzentriert (IOM 22.3.2023). Arbeits- und Einkommensmöglichkeiten, die internationalen Sozialstandards entsprechen, sind kaum vorhanden, über 70 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse liegen im informellen Sektor, der breite arbeitsrechtliche Defizite aufweist (BMZ o.D.). Das durchschnittliche Monatseinkom men liegt zwischen 30.000 und 40.000 PKR [ca. 103 - 138 EUR; Umrechnungen laut finanzen.net 6.2.2025] (IOM 12.2024). Die offizielle Zahl der arbeitslosen erwerbsfähigen Bevölkerung betrug laut dem letzten Erhebungszeitraum 2021/22 4,51 Millionen. Damit liegt die offizielle Arbeitslo senquote bei 6,3 Prozent (MOFPAKI 11.6.2024). Im Jahr 2023 haben sich 862.625 Pakistaner im dafür zuständigen Bureau of Emigration & Overseas Employment offiziell registriert, um im Ausland zu arbeiten. Dies ist eine Steigerung um 4 Prozent gegenüber 2022. Diese Migration konzentriert sich v.a. auf die Golfstaaten, wo bei Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate die überwiegende Mehrheit stellen (MOFPAKI 11.6.2024). Arbeitslosenunterstützung, Arbeitsmarktförderung, Berufsförderung Pakistan verfügt über einige Programme zur Unterstützung Arbeitsloser. Diese beinhalten z.B. eine bezahlte Weiterbildung, die Förderung von Geschäftsgründungen oder auch Programme zur Anstellung im staatlichen Sektor (ILO 1.9.2021). Eine allgemeine Arbeitslosenversicherung gibt es allerdings nicht (ILO 27.3.2024). Weiterbildungs- und Berufsausbildungseinrichtungen der pakistanischen Regierung wie die Na tional Vocational & Technical Education Commission (NAVTEC) oder die Technical Education and Vocational Training Authorites (TEVTA) der jeweiligen Provinzregierungen des Punjab, des Sindh, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistans bieten eine Vielzahl von Kursen an. Abgedeckte Bereiche sind z.B. IT, Autoelektrik, Motorradmechanik oder Stickerei, Schneiderei und Kosmetik (IOM 12.2024; vgl. TVETPAKI 4.2023). Die staatlichen National Vocational & Technical Trai ning Commission NAVTTC hat dabei speziell den Auftrag, junge Menschen beruflich für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren (MOFPAKI 11.6.2024). Die wichtigste Maßnahme zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsmarkt ist das National Voca tional Educational & Technical Sector Support Programme (TVET-Reform). Das Programm hat das Ziel, die Bedarfsorientierung der technischen und beruflichen Ausbildung zu verbessern. Eine wichtige Säule des Programms ist die Reintegration von Rückkehrern (IOM 22.3.2023; vgl. TVETPAKI 4.2023). Für diese und andere Personengruppen werden Karriereberatung, Unter stützung beim Aufbau eines Kleinunternehmens, Fortbildung, Berufsmessen, Vermittlung von Mikrokrediten zum Aufbau eines Kleinunternehmens und andere Dienste angeboten (TVETPAKI o.D.; vgl. IOM 22.3.2023, MOFPAKI 11.6.2024). Im Bereich der beruflichen Weiterbildung junger Arbeitnehmer ist auch das Prime Minister’s Youth Skill Development Programme tätig, in dem mit Stand Juni 2024 56.000 junge Menschen eingeschrieben waren. Es bietet z.B. Weiterbildungen im IT- und Industriesektor für höher gebil dete junge Menschen. Ergänzt wird es durch das Prime Minister’s Youth Business and Agriculture 179

Loan Scheme, das Kredite für junge Menschen zur Gründung von Kleinunternehmen bereitstellt (MOFPAKI 11.6.2024; vgl. IOM 12.2024 zum Prime Minister’s Youth Business and Agriculture Loan Scheme siehe INCPak 25.1.2023). Es gibt einige Programme, bei denen Personen mit einem Bildungsabschluss und im Alter zwischen 21 und 45 Jahren bei Kreditinstituten zinslose Geschäftskredite beantragen können. Diese stehen auch Rückkehrern offen. Die Höhe und die Zinssätze hängen von mehreren Faktoren ab, wie dem Bildungsniveau, der Durchführbarkeit des Geschäftsplans und den Bürgschaften (IOM 12.2024). Der Pakistan Poverty Alleviation Fund, eine staatliche Institution zur Armutsreduzierung, bietet im Rahmen des Poverty Graduation Approach in Kooperation mit dem UNHCR einkommens schwachen Haushalten technische und berufliche Ausbildung, kombiniert mit der Finanzierung von Produktionsmitteln zur Sicherung der nachhaltigen Existenzgrundlage durch Unterneh mensgründungen oder Anstellungsmöglichkeiten. Die Größenordnung war für den Zeitraum Juli 2023 bis März 2024 eine Schulung von 3.057 Personen, wobei 41 Prozent der Auszubilden den Frauen waren, sowie 3.000 Finanzierungspakete zur Beschaffung der Produktionsmittel (MOFPAKI 11.6.2024). Auch im Rahmen anderer Programme dieses Fonds werden berufliche Ausbildung zur Einkommenssicherung sowie zinsfreie Mikrokredite zur Beschaffung von ent sprechenden Produktionsmitteln zur Gründung von Kleinunternehmen zur Verfügung gestellt. So wurden nach Angaben des Fonds 1.162.200 Personen, davon 48 Prozent Frauen, und 1.271 Kleinbetriebe in verschiedenen Bereichen geschult (PAKPFA o.D.) Ein weiteres wichtiges staatliches Programm zur Armutsreduzierung, das Benazir Income Sup port Programme, das an Frauen in Armut gerichtet ist, unterhält im Berufsförderungsbereich z.B. das Financial Inclusion and Digital & Financial Literacy Programme zur Schulung in digitaler und finanzieller Kompetenz sowie das Hybrid Social Protection Scheme zur Förderung der sozialen Absicherung von Arbeitnehmerinnen im informellen Bereich. Mit Stand Juni 2024 waren 56.000 Personen eingeschrieben (MOFPAKI 11.6.2024). Ebenfalls im ländlichen Gebiet leistet das National Rural Support Program bzw. das staatliche Punjab Rural Support Program durch Ausbildung, Mikrokredite und Beratung für Kleinunterneh men Unterstützung zum eigenständigen Einkommenserwerb. Ein besonderer Fokus liegt auf weiblichen Haushaltsvorständen (IOM 22.3.2023). Im Bereich der Berufsförderung für Frauen unterhält außerdem die staatliche Sozialhilfeeinrichtung Pakistan Bait-ul-Mal (PBM) ein Netz von landesweit 162 Berufsbildungszentren für Frauen - Women Empowerment Centres. Ziel ist es, Witwen, Waisen und unterprivilegierten Mädchen eine kostenlose Berufsausbildung in Berei chen wie Schneiderei oder grundlegende und weiterführende Computerkurse zu bieten und sie damit ökonomisch zu stärken. Außerdem erhalten sie während der Ausbildung ein Stipendium von 50 PKR [0,20 EUR] pro Tag (SOCPROTEC 3.5.2024b; vgl. PBM o.D.a, TNI 7.12.2023). Insgesamt gibt es landesweit 3.740 Berufsbildungseinrichtungen, darunter 2.100 des privaten Sektors. Von der Gesamtzahl richten sich 1.370 ausschließlich an Frauen. Diese Einrichtungen bieten jedes Jahr 437.000 Ausbildungsplätze an, was nicht ausreicht, um die Nachfrage zu decken. Die Zahl der Frauen in der Berufsausbildung hat sich verbessert - zwischen 2000 und 2018 stieg sie von 14.000 auf 121.000 Frauen (ILO 27.3.2024). 180

Staatliche Stellen zur Vermittlung von Arbeitsplätzen sind z.B. Career Pakistan, die Small and Medium Enterprises Development Authority, die Onlineportale der Job Placements Center (IOM 12.2024) oder das staatliche Online Portal NEXT - National Employment Exchange Tool (NAVTTCPAK o.D.). Private Online-Stellenportale sind z.B. ROZEE, Bright Spyre, Mustakbil oder Bayrozgar (IOM 12.2024). Im Jahr 2020 zählte die Weltbank Pakistan zu den zehn Ländern mit den bemerkenswertesten Verbesserungen beim Ease of Doing Business Index [Anm. ungefähre Übersetzung: Einfachheit der Geschäftstätigkeit] und verwies insbesondere auf die Erfolge Pakistans bei der Verbes serung der Verfahren für die Gründung eines Geschäfts/Unternehmens (ADB 8.2024). Beim Nachfolgerindex Business-Ready 2024 der Weltbank schnitt Pakistan beim Bereich Geschäfts- /Unternehmensgründung (Business Entry) sowie den staatlichen Regulierungen und staatlichen Dienstleistungen für diesen Bereich ebenfalls sehr gut ab und belegte Platz 6 der erfassten Länder (WB 10.2024). Quellen ■ ADB - Asian Development Bank (8.2024): Pakistan National Urban Assessment Pivoting Toward Sustainable Urbanization, https://www.adb.org/sites/default/files/institutional-document/988626/pak istan-national-urban-assessment.pdf , Zugriff 21.8.2024 ■ BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland] (o.D.): Soziale Situation - Fortschritte in Gefahr, https://www.bmz.de/de/laender/pakistan/soziale-situation -15408, Zugriff 19.6.2024 ■ BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Pakistan Country Report, https://bti-project.org/fil eadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_PAK.pdf, Zugriff 19.4.2024 ■ Current - The Current (11.6.2024): Economic Survey FY24: Pakistan sees economic progress with reduced deficit, stable rupee, https://thecurrent.pk/es-fy24, Zugriff 18.6.2024 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (2024): Pakistan country brief, https: //www.dfat.gov.au/geo/pakistan/pakistan-country-brief, Zugriff 8.1.2025 ■ EB - Encyclopaedia Britannica (7.1.2025): Pakistan - Economy, https://www.britannica.com/place/P akistan/Economy, Zugriff 8.1.2025 ■ finanzen.net - finanzen.net GmbH (6.2.2025): Pakistanische Rupie - Euro Währungsrechner, https: //www.finanzen.at/waehrungsrechner/pakistanische-rupie-euro, Zugriff 6.2.2025 ■ ILO - International Labour Organization (27.3.2024): Decent Work Country Programme for Pakistan (2023–27), https://www.ilo.org/media/519676/download, Zugriff 12.6.2024 ■ ILO - International Labour Organization (1.9.2021): World Social Protection Report 2020-22, https: //www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed_protect/---soc_sec/documents/publication/wcms_8175 72.pdf, Zugriff 6.2.2025 ■ IMF - International Monetary Fund (10.5.2024): Pakistan: Second and Final Review Under the Stand- by Arrangement-Press Release; Staff Report; and Statement by the Executive Director for Pakistan, https://www.imf.org/en/Publications/CR/Issues/2024/05/10/Pakistan-Second-and-Final-Review-U nder-the-Stand-by-Arrangement-Press-Release-Staff-Report-548741 , Zugriff 20.6.2024 ■ INCPak - Independent News Coverage Pakistan (25.1.2023): PM’s Youth Business and Agriculture Loan Scheme 2023, https://incpak.com/national/pms-youth-business-and-agriculture-loan-schem e-2023, Zugriff 23.6.2024 ■ IOM - International Organization for Migration (12.2024): Pakistan - Länderinformationsblatt 2024, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_Pakistan_2024_DE.pdf, Zugriff 8.1.2025 ■ IOM - International Organization for Migration (22.3.2023): Information on the socio-economic situ ation in the Islamic Republic of Pakistan [E-Mail mit pdf liegt in der Staatendokumentation auf] ■ MOFPAKI - Ministry of Finance [Pakistan] (11.6.2024): Pakistan Economic Survey, https://www.fina nce.gov.pk/survey/chapter_24/Economic_Survey_2023_24.pdf, Zugriff 14.6.2024 ■ NAVTTCPAK - National Vocational & Technical Training Commission [Pakistan] (o.D.): National Employment Exchange Tool (NEXT) - About Us, https://jobs.gov.pk/home/about, Zugriff 22.6.2024 181

■ PAKPFA - Pakistan Poverty Alleviation Fund (o.D.): Pakistan Poverty Alleviation Fund, https://www. ppaf.org.pk/index, Zugriff 9.1.2025 ■ PBM - Pakistan Bait-ul-Mal [Pakistan] (o.D.a): Pakistan Bait-ul-Mal, https://www.pbm.gov.pk/vds.h tml, Zugriff 23.6.2024 ■ SOCPROTEC - Socialprotection.org (3.5.2024b): Women Empowerment Center, WEC, https://soci alprotection.org/discover/programmes/women-empowerment-center-wec , Zugriff 22.6.2024 ■ TE - Trading Economics (3.2.2025): Pakistan Inflation Rate, https://tradingeconomics.com/pakistan/ inflation-cpi, Zugriff 6.2.2025 ■ TE - Trading Economics (3.6.2024): Pakistan Inflation Rate, https://tradingeconomics.com/pakistan/ inflation-cpi, Zugriff 19.6.2024 ■ TE - Trading Economics (1.6.2023): Pakistan News - Pakistan Inflation Rate Hits Record High, https://tradingeconomics.com/pakistan/news, Zugriff 19.6.2024 ■ TNI - The News International (7.12.2023): Pakistan Bait-ul-Mal at a glance, https://www.thenews.co m.pk/print/1135806-pakistan-bait-ul-mal-at-a-glance , Zugriff 22.6.2024 ■ TVETPAKI - Technical and Vocational Education and Training Reform Support Programme [Pakistan] (o.D.): Reintegration Of Returnees In Pakistan, https://tvetreform.org.pk/reintegration , Zugriff 21.6.2024 ■ TVETPAKI - Technical and Vocational Education and Training Reform Support Programme [Pakistan] (4.2023): Technical and Vocational Education and Training Reform Introduction, https://tvetreform.o rg.pk/tvet-reform-support-programme/ , Zugriff 21.6.2024 ■ WB - Weltbank (10.2024): Business Ready 2024, https://openknowledge.worldbank.org/server/api /core/bitstreams/08942fab-9080-4f37-b7be-ef61c9f9aed9/content , Zugriff 6.2.2025 ■ WB - Weltbank (2.4.2024a): Pakistan Development Update April 2024: Fiscal Impact of the Federal State Owned Enterprises, https://thedocs.worldbank.org/en/doc/140b30353b40dbb294cca42bcb8 6529a-0310062024/original/Pakistan-Development-Update-April-2024.pdf , Zugriff 16.6.2024 ■ WB - Weltbank (2.4.2024b): Pakistan Overview, https://www.worldbank.org/en/country/pakistan/ov erview#1, Zugriff 19.6.2024 ■ WOZ - Die Wochenzeitung (31.8.2023): Pakistan nach der Flut: Keine Zeit zur Erholung, https: //www.woz.ch/2335/pakistan-nach-der-flut/keine-zeit-zur-erholung/!VT8XB5H0H3BY , Zugriff 19.6.2024 21.2 Versorgungssicherheit Letzte Änderung 2025-06-05 08:04 Armut Das solide Wirtschaftswachstum trägt dazu bei, dass das hohe Bevölkerungswachstum nicht wie in anderen südasiatischen Ländern zu einem hohen Anteil an absoluter Armut geführt hat. Dennoch lebt ein bedeutender Anteil der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze (EB 7.1.2025). Wirtschaftliche Fragilität, politische Polarisierung, wiederkehrende Naturkatastrophen und hohe Inflationsraten erhöhen das Armutsniveau und behindern die Fortschritte bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) (WFP 13.1.2025). Im Human Development Index 2023/2024 des UN Development Programme (UNDP), der 192 Staaten umfasst und Fortschritte in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Einkommen im internationalen Vergleich misst, liegt Pakistan auf Rang 164. Demnach schätzt UNDP den in multidimensionaler Armut lebenden Teil der Bevölkerung auf 38,3 Prozent der Gesamtbevöl kerung, jenen von Armut gefährdet zu sein auf 12,9 und jenen in schwerer multidimensionaler Armut auf 21,5 Prozent (UNDP 13.3.2024). Verschärft wird die Situation durch einen scharfen Kontrast zwischen der relativen Prosperität der industrialisierten Regionen um Karatschi und Lahore und der Armut in den semi-ariden 182

Gebieten in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (EB 7.1.2025). So liegt der Anteil der in multidimensionaler Armut lebenden Bevölkerung in einem großen Teil der Distrikte Belutschi stans und der Newly Merged Districts von Khyber Pakhtunkhwa (ehemalige FATA) laut UNDP bei über 70 Prozent. Im Vergleich dazu weisen die reichsten Distrikte Pakistans im Norden und in der Mitte des Punjabs eine Armutsrate von unter 10 Prozent auf (UNDP 24.4.2024). Die Fortschritte bei der Armutsbekämpfung haben sich in letzter Zeit angesichts der wirtschaft lichen Instabilität, der COVID-19-Pandemie und der katastrophalen Überschwemmungen des Jahres 2022 verzögert. Während die Armutsrate zwar gleich bleibt, dürften im Jahr 2023/2024 7 Millionen Menschen mehr unter die Armutslinie fallen als im Vergleichsjahr 2018. Von den katastrophalen Überschwemmungen im Jahr 2022 waren rund 33 Millionen Menschen betrof fen, viele wurden dauerhaft vertrieben. Mehr als 13.000 Kilometer Straßen wurden zerstört, 2,2 Millionen Häuser beschädigt, rund 3,8 Millionen Hektar Anbaufläche überflutet und schät zungsweise 1,2 Millionen Tiere getötet. Der eingeschränkte Zugang zu den Märkten und die vorübergehende Unterbrechung der Versorgungsketten trieben die Lebensmittelpreise in die Höhe und verstärkten den Preisdruck, der durch die geringeren landwirtschaftlichen Erträge und den weltweiten Anstieg der Lebensmittelpreise entstand (WB 2.4.2024b). Ernährungssicherheit Pakistan ist eine überwiegend agrarisch geprägte Gesellschaft und aus verschiedenen Gründen von Ernährungsunsicherheit bedroht. Um die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage bei Grundnahrungsmitteln zu überbrücken, muss Pakistan regelmäßig u.a. Weizen und verschiede ne Hülsenfrüchte importieren, was eine ernste Ursache für die Nahrungsmittelunsicherheit dar stellt (DT 22.1.2023). Ein durchschnittlicher pakistanischer Haushalt wendet 50,8 Prozent seines monatlichen Einkommens für Lebensmittel auf. Das macht sie besonders anfällig für wirtschaft liche Schocks, wie eine Erhöhung der Lebensmittelpreise (WFP o.D.). Die Inflation erreichte mit 38 Prozent im Mai 2023 den höchsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen, besonders betraf die Inflation Lebensmittelpreise [Zur wirtschaftlichen Erholung siehe Grundversorgung / Wirtschaft und Arbeitsmarkt] (TE 1.6.2023). Das World Food Programme (WFP) schätzt, dass 8,6 Millionen Menschen von hoher akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sind, und sieht Pakistan mit einem ernsten Hungerniveau konfrontiert (WFP 5.2024). 18 Prozent der Kinder unter 5 Jahren leiden an akuter Mangeler nährung, 40 Prozent sind unterentwickelt und 29 Prozent untergewichtig. Frauen und Mädchen sind aufgrund sozialer und kultureller Normen und Praktiken mit Schwierigkeiten beim Zugang zu humanitärer Unterstützung konfrontiert (WFP o.D.). WFP unterhält mehrere Programme zur Versorgung mit Nahrungsmitteln von vulnerablen Bevölkerungsgruppen und führt in Kooperation mit staatlichen Stellen das Benazir Nashonuma Programme zur Nahrungsmittelsicherheit von Kleinkindern durch [zu diesem und weiteren Armutsreduzierungsprogrammen siehe Grundver sorgung / Sozialwesen] (WFP 13.1.2025). 183

Wohnraum Pakistan ist mit einer kritischen Wohnraumknappheit konfrontiert. Das Bevölkerungswachstum, die Abwanderung aus ländlichen Gebieten und der Verfall bestehender Wohnhäuser führen zu einer zunehmenden Knappheit in städtischen Gebieten (WB 11.3.2022). Pakistan weist die fünftgrößte Bevölkerung der Welt aus und 36,4 Prozent seiner Bevölkerung leben in städtischen Gebieten (UN-Habitat 2023). Die dort entstandene Nachfrage nach Wohnraum übersteigt bei Weitem die Fähigkeit der Wirtschaft, mehr Wohnraum zu schaffen (EB 23.6.2024a). Das Defizit an Wohnraum wird auf 10 bis 12 Millionen Wohneinheiten geschätzt (TNI 25.6.2023; vgl. ähnliche Schätzungen PROPT 23.10.2023, UN-Habitat 2023, ADB 8.2024). Viele städtische Haushalte sind nicht in der Lage, die Miete für die billigste verfügbare Wohnung zu zahlen (EB 23.6.2024b; vgl. UKHO 7.2024). Die ungedeckte Nachfrage hat dazu geführt, dass mehr als 50 Prozent der Stadtbevölkerung in Slums bzw. informellen Siedlungen, den so genannten Katchi Abadis, leben (UN-Habitat 2023; vgl. ADB 8.2024, EB 23.6.2024a). Deren Zustand ist überwiegend unhygienisch und extrem überbelegt (PROPT 23.10.2023; vgl. ADB 8.2024). Die Häuser sind meist nicht stabil. Sauberes Trinkwasser und angemessene sanitäre Einrichtungen sind selten - wie allerdings auch in vielen ländlichen Gebieten (EB 23.6.2024a). Nur 65 Prozent der Haushalte in den zehn größten Städten Pakistans haben Zugang zu Leitungswasser (UN-Habitat 2023). Die Wohnraumkrise ist somit nicht mit einer vollständigen Obdachlosigkeit gleichzusetzen. Die Feststellung drängt vielmehr auf eine Verbesserung der minderwertigen Unterkünfte, die dem Recht auf ein würdiges Leben nicht gerecht werden (PROPT 23.10.2023). Gleichzeitig können sich einkommensstärkere Bevölkerungsgruppen Einfamilienhäuser in gut erschlossenen Stadtvierteln leisten. Diese zwei gegensätzlichen Szenarien haben zu einer ausufernden Flächenentwicklung der Städte bei geringer Bevölkerungsdichte beigetragen, was die Verwaltung der Infrastruktur zusätzlich erschwert (UN-Habitat 2023; vgl. ADB 8.2024). Da die informellen Siedlungen zur Eindämmung der Wohnungslosigkeit beitragen, wurden Kat chi-Abadi-Gesetze eingeführt, die sie vor Räumung schützen oder sogar auch legalisieren. Die Legalisierung verbessert dabei auch den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wie Gas und Strom (PROPT 23.10.2023; vgl. UN-Habitat 2023). Bisher wurden ungefähr die Hälfte der Katchi Abadis über Bleibe- oder Eigentumsrechte formalisiert, während allerdings weiterhin neue entstehen. UN-Habitat arbeitet an Projekten zur Verbesserung ihrer Wasserversorgung, Kanalisation und Abfallwirtschaft (UN-Habitat 2023). Der Zugang zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung hat sich in den Städten insgesamt verbessert, jedoch nur schrittweise, und es bestehen weiterhin große Defizite (ADB 8.2024). Außerdem wurden von öffentlicher Seite unterschiedliche Initiativen zur erschwinglichen Fi nanzierung von Wohnlösungen für einkommensschwache Haushalte, wie das Apna-Ghar-Pro gramm und das Naya Pakistan Housing Program, eingeleitet. Dabei sollten in Partnerschaften mit dem privaten Bausektor und Finanzinstituten Millionen von Wohneinheiten gebaut werden. Beide Programme brachten bisher insgesamt allerdings nur knapp 50.000 neue Wohneinheiten hervor (TNI 25.6.2023). Viele Programme zielen darauf ab, bei der Schaffung von Wohnraum 184

in Eigentum zu unterstützen, was dennoch nicht die ärmsten Bevölkerungsgruppen erreicht (PROPT 23.10.2023). Auch die Weltbank unterstützt mehrere Projekte zur Schaffung von städ tischem Wohnraum (UKHO 7.2024). In ländlichen Gebieten und am Stadtrand kleinerer Städte, berichtet IOM hingegen, sind Woh nungsmöglichkeiten kostengünstig und zahlreich vorhanden sind (IOM 12.2024). Quellen ■ ADB - Asian Development Bank (8.2024): Pakistan National Urban Assessment Pivoting Toward Sustainable Urbanization, https://www.adb.org/sites/default/files/institutional-document/988626/pak istan-national-urban-assessment.pdf , Zugriff 21.8.2024 ■ DT - Daily Times (22.1.2023): Food Security in Pakistan - Daily Times, https://dailytimes.com.pk/10 54801/food-security-in-pakistan , Zugriff 7.2.2025 ■ EB - Encyclopaedia Britannica (7.1.2025): Pakistan - Economy, https://www.britannica.com/place/P akistan/Economy, Zugriff 8.1.2025 ■ EB - Encyclopaedia Britannica (23.6.2024a): Pakistan - Government and society - Housing of Pakistan, https://www.britannica.com/place/Pakistan/Housing, Zugriff 27.6.2024 ■ EB - Encyclopaedia Britannica (23.6.2024b): Pakistan - Urban settlement, https://www.britannica.c om/place/Pakistan/Urban-settlement#ref989773, Zugriff 27.6.2024 ■ IOM - International Organization for Migration (12.2024): Pakistan - Länderinformationsblatt 2024, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_Pakistan_2024_DE.pdf, Zugriff 8.1.2025 ■ PROPT - Profit - Pakistan Today (23.10.2023): Welcome home…or not, https://profit.pakistantoday .com.pk/2023/10/22/welcome-homeor-not, Zugriff 27.6.2024 ■ TE - Trading Economics (1.6.2023): Pakistan News - Pakistan Inflation Rate Hits Record High, https://tradingeconomics.com/pakistan/news, Zugriff 19.6.2024 ■ TNI - The News International (25.6.2023): Govt housing schemes fail to make dent in housing deficit, https://www.thenews.com.pk/print/1084361-govt-housing-schemes-fail-to-make-dent-in-housing-d eficit, Zugriff 17.7.2024 ■ UKHO - United Kingdom Home Office [United Kingdom] (7.2024): Country Policy and Information Note Pakistan: Internal relocation - 2, https://www.ecoi.net/en/file/local/2112264/PAK CPIN Internal relocation.pdf, Zugriff 5.9.2024 ■ UNDP - United Nations Development Programme (24.4.2024): Digital Development Index for Pakistan, https://undppknhdr2024.com/wp-content/uploads/2024/05/NATIONAL-HUMAN-DEVEL OPMENT-REPORT-2024.pdf, Zugriff 25.6.2024 ■ UNDP - United Nations Development Programme (13.3.2024): The 2023/2024 Human Development Report, https://hdr.undp.org/system/files/documents/global-report-document/hdr2023-24reporten. pdf, Zugriff 24.6.2024 ■ UN-Habitat - UN-Habitat (2023): UN-Habitat Pakistan Country Report 2023, https://unhabitat.org.pk /wp-content/uploads/2024/01/Pakistan-Country-Report-2023.pdf , Zugriff 11.7.2024 ■ WB - Weltbank (2.4.2024b): Pakistan Overview, https://www.worldbank.org/en/country/pakistan/ov erview#1, Zugriff 19.6.2024 ■ WB - Weltbank (11.3.2022): World Bank Blogs - Managing supply and demand: The key to getting ‘housing’ right in Pakistan [Blog], https://blogs.worldbank.org/en/endpovertyinsouthasia/managing-s upply-and-demand-key-getting-housing-right-pakistan , Zugriff 11.7.2024 ■ WFP - World Food Programme (o.D.): Pakistan, https://www.wfp.org/countries/pakistan , Zugriff 25.6.2024 ■ WFP - World Food Programme (13.1.2025): Pakistan Country Brief - December 2024, https://docs .wfp.org/api/documents/WFP-0000163810/download/, Zugriff 7.2.2025 ■ WFP - World Food Programme (5.2024): WFP Pakistan Country Brief, https://docs.wfp.org/api/doc uments/WFP-0000159603/download/, Zugriff 25.6.2024 185

21.3 Sozialwesen Letzte Änderung 2025-06-05 08:04 Soziale Wohlfahrt Pakistan unterhält mehrere soziale Wohlfahrtsprogramme, die darauf abzielen, ein grundlegen des und universelles soziales Sicherheitsnetz für seine Bürger zu schaffen. Staatliche Schulen und Krankenhäuser bieten der gesamten Bevölkerung hoch subventionierte Bildungs- und Ge sundheitsversorgung. Darüber hinaus verteilen staatliche Institutionen wie Zakat und Pakistan Bait-ul-Mal an etwa drei Millionen bedürftige Bürger im ganzen Land kleine wohltätige Geld beträge, die über Steuereinnahmen finanziert werden. Über den Pakistan Poverty Alleviation Fund (PPAF) stellt die Regierung außerdem Mikrofinanzierungskredite für ihre Bürger bereit. Das 2008 ins Leben gerufene Benazir Income Support Programme (BISP), ein Programm mit bedingungslosen Geldleistungen zur Armutsbekämpfung, wurde unter der vorigen Regierung zum Ehsaas [Anm. Mitgefühl] Programm ausgedehnt, was einen wichtigen Fortschritt darstellt (BS 19.3.2024; vgl. ILO 27.3.2024). Bereits vor dieser Umstrukturierung war das BISP eines der größten Geldtransferprogramme Südasiens. Die Umstrukturierung zu Ehsaas verbesserte die Kohärenz und Koordinierung der zuvor etwa 134 fragmentierten und unzureichend verwalteten Sozialschutzprogramme(ILO 27.3.2024). Mit dem Regierungswechsel 2022 wurde zwar Ehsaas namentlich nicht beibehalten, jedoch das BISP ausgedehnt (ADB 11.2024a). So wurde auch das Budget für sozialen Schutz in jenem Jahr um 45 Prozent erhöht (ILO o.D.). Nun ist das Mi nistry of Poverty Alleviation and Social Safety für die Koordinierung und Umsetzung der sozialen Programme zuständig und bringt u.a. BISP, Bait-ul-Mal und PPAF unter ein Dach. Insgesamt wurde das Budget stetig erhöht (ADB 11.2024b). Dessen ungeachtet wird die Bereitstellung von effektiven Sozialleistungen nach wie vor durch starke Kapazitätsengpässe und andere große Herausforderungen behindert (BS 19.3.2024). Et wa 2 Prozent des BIP gibt Pakistan für Programme zur Armutsreduktion und sozialen Sicherheit aus (ILO 27.3.2024; vgl. ILO 2024, Stanford-CDDRL 6.6.2022). Der geringe Erfassungsgrad der Bevölkerung, unzureichende Höhe und Abdeckungsbereich der Leistungen, die schwache Koor dinierung zwischen der Zentralregierung und den Provinzen - sowohl bei beitragsfinanzierten als auch bei steuerfinanzierten Systemen - und der niedrige Beitragssatz bei beitragsfinanzierten Systemen stellen weitere Herausforderungen dar (ILO 27.3.2024). Rund 20,2 Prozent der Bevölkerung werden durch zumindest eine Art von Leistung der sozialen Sicherheit, abgesehen von der Gesundheitsversorgung, erreicht. Der weltweite Durchschnitt liegt zum Vergleich bei 52,4 Prozent, die Werte der in der Nähe befindlichen Länder Bangladesch und Indien bei 22 bzw. 48,4 Prozent (ILO 24.9.2024 vgl. ILO 2024). Leistungen der Sozialversicherung, staatliche Altersversorgung Von einer Sozialversicherung sind die meisten Arbeitnehmer ausgeschlossen, da der Großteil in der informellen Wirtschaft tätig ist und das bestehende System informelle Arbeitnehmer, ein schließlich Selbstständige und Heimarbeiter, weitgehend nicht abdeckt. Hausangestellte fallen neuerdings unter die Sozialversicherungsverordnungen. Aber auch in der formellen Wirtschaft, 186

wo die Arbeitnehmer Anspruch hätten, ist nur ein geringer Anteil von Unternehmen und Arbeit nehmern bei den Sozialversicherungsanstalten der Provinzen, den Employees’ Social Security Institutions (ESSIs) registriert. Es sind dies 34 Prozent oder etwa 1,8 Millionen der 5,27 Millio nen anspruchsberechtigten Arbeitnehmer in Pakistan. Ein weiteres Problem stellt die fehlende Übertragbarkeit von Leistungen für Wanderarbeitnehmer, die in einer anderen Provinz als ihrer Heimatprovinz beschäftigt sind, bzw. für ihre Familien dar (ILO 27.3.2024). Die jeweiligen ESSIs sind in den Provinzen sowie in Islamabad mit dem Arbeitsministerium der Provinz verbunden. Erfasst sind Industrie- und Gewerbebetriebe, die fünf oder mehr Mitarbeiter haben (ADB 2.9.2022; vgl. ILO 2021, WHO 22.11.2023). Finanziert durch eine zusätzliche Abgabe von 6 Prozent der Lohnsumme, die vom Arbeitgeber zu zahlen ist, bieten die ESSIs Mutterschafts- und Krankheitsleistungen, Leistungen bei Invalidität und Verletzungen sowie Renten für die Familien von Arbeitnehmern, die bei Arbeitsunfällen ums Leben gekommen sind. Leistungen umfassen sowohl Einkommensersatz als auch medizinische Leistungen (ILO 2021; vgl KPESSI o.D., SESSI o.D., IESSI o.D., Rizvi Law o.D.). Des Weiteren finanziert der staatliche Workers’ Welfare Fund u.a. Projekte zur Errichtung von Wohnsiedlungen oder Häusern für Industriearbeiter sowie Stipendien für deren Kinder (PAKI WWF o.D.). So wurden z.B. im Finanzjahr 2024, also von Juli 2023 bis März 2024, für 12.303 Stipendien im Rahmen des Workers Welfare Fund Ausgaben in Höhe von 1,37 Milliarden PKR [ca. 4.74 Millionen EUR; alle Umrechnungen lautfinanzen.net 6.2.2025] getätigt und 4.107 Ar beitnehmern jeweils 400.000 PKR [ca. 1.383 EUR] als Heiratsbeihilfen ausgezahlt (MOFPAKI 11.6.2024). Im Bereich der staatlichen Altersabsicherung verfügt Pakistan nur über zwei Pensionssyste me (HelpAge 18.2.2021). Die Pensionen der staatlichen Angestellten, die ungefähr sieben Pro zent der Erwerbsbevölkerung ausmachen, werden ausschließlich aus Steuermitteln finanziert (BRP 15.1.2025). Mitarbeiter der Bundes- und Provinzregierungen, der Regierung von Azad Jammu & Kaschmir, der Streitkräfte und der halbstaatlichen / autonomen Einrichtungen sind dabei rentenberechtigt (IOM 12.2024). Außerdem müssen sich alle privaten Unternehmen im Bereich Industrie, Handel, Bildung, Wohltätigkeit und Gesundheit mit mehr als fünf Beschäftigten bei der Employees’ Old Age Benefits Institution (EOBI) registrieren (Express Tribune 24.4.2024; vgl. HelpAge 18.2.2021). Arbeitnehmer, die nicht im Rahmen der Industrie- und Handelskammer arbeiten, profitieren somit nicht von dem EOBI-Rentensystem (IOM 22.3.2023; vgl. HelpAge 18.2.2021). Hinzu kommt, dass sich zwar 149.130 Betriebe mit Stand 2024 bei der EOBI regis triert haben, doch nur 40.000 auch tatsächlich Beiträge einzahlen (Express Tribune 24.4.2024). Laut Bertelsmann Stiftung sind über neun Millionen Arbeitnehmer durch dieses beitragsfinan zierte Rentensystem erfasst (BS 19.3.2024). Personen, die bei den ESSIs registriert sind, sind auch für eine Pension im Rahmen der EOBI berechtigt (ILO 2021). Zusammengenommen er halten laut ILO knapp unter 18 Prozent aller Personen im entsprechenden Alter derzeit eine Pension (ILO 24.9.2024). Pensionsberechtigt sind Männer ab 60 und Frauen sowie Minenarbeiter ab 55 Jahren. Das Rentensystem bietet folgende vier Arten von Leistungen: Altersrente, Hinterbliebenenrente, 187
