2025-09-05-coi-cms-laenderinformationen-tuerkei-version-10-d827
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Türkei konsequent jede Beteiligung, in Bezug auf Letztere gibt sie offen zu, diese Entführungen durchgeführt zu haben. In beiden Fällen ist der Ablauf der Ereignisse identisch: (Vermeintliche) Gegner der Regierung werden entführt und verschwinden in der Folge von der Bildfläche, einige sind bis heute vermisst (TT 7.2021, S. 2). Die meisten von ihnen tauchen jedoch nach ein paar Monaten, z. B. in bestimmten Polizeistationen wieder auf (TT 7.2021, S. 2; vgl. FR 15.2.2021, TM 10.9.2021). Auch ist vermeintlich mitunter Folter im Spiel. So berichtete Human Rights Watch über den Fall Ayten Öztürk, die 2019 wegen Verbindungen zur bewaffneten Gruppe Revolu tionäre Volksbefreiungspartei/Front (DHKP-C) vor Gericht gestellt wurde. Sie wurde 2018 vom Flughafen Beirut im Libanon von türkischen Geheimdiensten entführt und in die Türkei gebracht, wo sie gewaltsam verschwand und über fünf Monate lang gefoltert wurde, bevor sie offiziell in Polizeigewahrsam genommen wurde (HRW 22.2.2024, S. 19). Offenkundig eingeschüchtert, schweigen die meisten Betroffenen nach ihrem Wiederauftauchen (TM 10.9.2021). Entführungen und gewaltsames Verschwindenlassen von Personen werden jedenfalls weiterhin vermeldet und nicht ordnungsgemäß untersucht (HRW 13.1.2022; vgl. ÖB Ankara 4.2025, S. 44). Besorgniserregend ist hierbei nach wie vor, so die Europäische Kom mission, dass extraterritoriale Entführungen und Zwangsrückführungen unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung und des Schutzes der nationalen Sicherheit gerechtfertigt werden (EC 8.11.2023, S. 20). Gemeinsame Recherchen des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) und acht internationaler Medien, koordiniert vom gemeinnützigen Recherchezentrum Corrective, basierend auf Über wachungsvideos, internen Dokumenten, Augenzeugen und befragten Opfern, ergaben Ende 2018, wonach ein Entführungsprogramm existiert, bei dem der Nationale Nachrichtendienst Millî İstihbarat Teşkilâtı (MİT) nach politischen Gegnern sucht, die dann in Geheimgefängnisse verschleppt - auch aus dem Ausland - und diese foltert, um beispielsweise belastende Aussagen gegen Dritte zu erwirken (ZDF 11.12.2018; vgl. Correctiv 11.12.2018, Haaretz 11.12.2018). Es gibt immer noch kein umfassendes, kohärentes Konzept in Bezug auf vermisste Personen, die Exhumierung von Massengräbern oder die unabhängige Untersuchung aller mutmaßlichen Fälle von außergerichtlicher Tötung durch Sicherheits- und Strafverfolgungsbeamte. Die meisten Ermittlungen in Fällen von gewaltsamem Verschwindenlassen aus den 1990er-Jahren sind nach 20 Jahren verjährt. In den mehr als 1.400 Fällen vermisster Personen wurden nur 16 Gerichtsverfahren eingeleitet. 14 hiervon endeten mit einem Freispruch (EC 8.11.2023, S. 20; vgl. EC 30.10.2024). Laut der „ UN-Arbeitsgruppe gegen gewaltsames und unfreiwilliges Verschwindenlassen“ (UN Working Group against Enforced and Involuntary Disappearances - UN-WGEID) galten mit Stand Juli 2024 von 240 Fällen noch immer fast 83 als ungelöst (UNHRC/WGEID 26.7.2024, S. 31). Ömer Faruk Gergerlioğlu, Menschenrechtsaktivist und Abgeordneter der pro-kurdischen HDP, geht davon aus, dass seit 2016 mindestens 30 Menschen in der Türkei „ verschwunden“ sind. In vielen Fällen handle es sich um ehemalige Staatsbedienstete (FR 15.2.2021; vgl. TM 10.9.2021) oder um Anhänger der Gülen-Bewegung und Kurden (AlMon 17.9.2021; vgl. TT 7.2021, S. 50, TM 10.9.2021). Einige der Entführten werden Berichten zufolge immer noch 104

vermisst. In jüngster Zeit wurden nach Angaben der türkischen Menschenrechtsstiftung (TİHV) neben HDP-Mitgliedern auch mehrere Aktivisten marxistischer Gruppen auf ähnliche Weise verschleppt. Dies bekräftigten auch die vermeintlich entführten Mitglieder der HDP und linker Organisationen selbst (AlMon 17.9.2021). Fast alle Entführten gaben an, dass sie unter Druck gesetzt wurden, ihre Organisationen zu verraten. Einige gaben an, sie seien schwer gefoltert worden (AlMon 17.9.2021; vgl. TT 7.2021, S. 2). Die Entführten werden auch unter Druck gesetzt, sich nicht umfassend zu verteidigen, und gezwungen, Beschwerden über Folter und Misshand lung zurückzuziehen. Außerdem ist es ihnen untersagt, unabhängige Ärzte zu konsultieren, um ihre Verletzungen zu bescheinigen (TT 7.2021, S. 2). Vielfach wurden die Betroffenen wegen Spionage angeklagt (FR 15.2.2021). Laut Gülseren Yoleri von der türkischen Menschenrechts vereinigung İHD habe diese in allen Entführungsfällen Strafanzeige erstattet, doch all diese Fälle seien eingestellt worden. Ein Gesetz, das die Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes (MİT) vor Strafverfolgung schützt, sei ein wichtiger Faktor hierbei. Wenn die Entführung eine MİT-Aktivität ist, könne die Staatsanwaltschaft nicht ermitteln, so Yoleri (AlMon 17.9.2021). Der UN-Menschenrechtsausschuss forderte im November 2024, die gesetzlichen Bestimmungen abzuschaffen, die nationalen Geheimdienstmitarbeitern in Fällen von gewaltsamem Verschwin denlassen Immunität vor Strafverfolgung gewähren (UNHRCOM 28.11.2024, S. 5). Entführungen und Verschwindenlassen im Ausland Was die Entführungen türkischer Staatsbürger aus dem Ausland betrifft, so zeigte sich die UN- Arbeitsgruppe gegen gewaltsames und unfreiwilliges Verschwindenlassen (WGEID) zutiefst besorgt darüber, dass eine Reihe von Staaten, namentlich auch die Türkei, weiterhin extra-ter ritoriale Entführungen und Zwangsrückführungen unter dem Vorwand der Terrorismusbekämp fung und des Schutzes der nationalen Sicherheit rechtfertigt. Die Situation in der Türkei sei besonders besorgniserregend, da mindestens 100 türkische Staatsangehörige aus zahlreichen Staaten in die Türkei zwangsrückgeführt worden sein sollen, weil sie im Verdacht stehen, Mit glieder einer angeblichen terroristischen Organisation zu sein oder mit dieser zu sympathisieren (UNHRC/WGEID 7.8.2020, S. 16). 40 von den 100 entführten Personen verschwanden unter Gewaltanwendung, meist von der Straße, oder sie wurden aus ihren Häusern und Wohnungen in der ganzen Welt entführt, in mehreren Fällen zusammen mit ihren Kindern (UNHRC/WGEID 5.5.2020, S. 2). Wenn es den türkischen Behörden nicht gelingt, die Auslieferung auf legalem Wege zu erwirken, greifen sie in Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden von Drittländern, einschließ lich Geheimdiensten und Polizei, auf verdeckte Operationen zurück. Dazu gehören in erster Linie rasche illegale Aktionen, um gefährdete Personen dem Schutz des Gesetzes zu entziehen und sie anschließend zu überstellen (UNHRC/WGEID 5.5.2020, S. 3; vgl. FH 2.2021, S. 10). In einigen Fällen haben diese Handlungen direkt gegen gerichtliche Anordnungen gegen illega le Abschiebungen verstoßen. Angesichts des zunehmenden Drucks seitens der Türkei führen die Aufnahmestaaten eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung durch, gefolgt von Hausdurchsu chungen und willkürlichen Verhaftungen in verdeckten Operationen. Die Namen der Personen werden mit vorbereiteten Listen abgeglichen, bevor sie gewaltsam zu nicht gekennzeichneten 105

Fahrzeugen gebracht werden. Sie bleiben bis zu mehreren Wochen in geheimer oder Isolati onshaft verschwunden, bevor sie in die Türkei abgeschoben werden. Während dieser Zeit sind sie häufig Zwang, Folter und erniedrigender Behandlung ausgesetzt, um ihre Zustimmung zu einer freiwilligen Rückkehr zu erlangen und Geständnisse zu erpressen, die bei der Ankunft in der Türkei zur Strafverfolgung dienen sollen. In dieser Phase wird den Betroffenen der Zugang zu medizinischer Versorgung und Rechtsbeistand verwehrt, und sie können die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung nicht vor einem zuständigen Gericht anfechten, sodass sie de facto außerhalb des Schutzes des Gesetzes stehen. Ihre Familienangehörigen sind über ihr Schicksal und ihren Verbleib nicht informiert. Den Zeugenaussagen zufolge haben die Opfer dieser Operationen von unverminderten Misshandlungen durch Geheimdienstmitarbeiter berichtet, die vor allem darauf abzielen, ein Geständnis zu erzwingen. Zu den gängigsten Formen der Folter gehören Nahrungs- und Schlafentzug, Schläge, Waterboarding und Elektroschocks (UNHRC/WGEID 5.5.2020, S. 3). Was die Entführungen außerhalb des Hoheitsgebiets betrifft, so hat die Türkei durch mehrere ihrer höchsten Vertreter, inklusive Staatspräsident Erdoğan, die Verantwortung dafür übernom men (TT 7.2021, S. 50; vgl. FH 2.2021, S. 39f) und hierbei insbesondere die Rolle des Ge heimdienstes MİT hervorgestrichen (FH 2.2021, S. 39f). Die Entführungen werden in der Türkei öffentlich verkündet und von den Regierungsmedien gefeiert; die Opfer werden beispielsweise in Handschellen öffentlich präsentiert, bevor sie im Kerker verschwinden (DlF 22.6.2021). Beispiele: Anfang September 2022 verschwand Ugur Demirok in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku auf den Weg in sein Büro. Zwei Monate später verbreitete die staatliche tür kische Nachrichtenagentur Anadolu ein Polizeifoto Demiroks in Handschellen zwischen zwei großen türkischen Fahnen. Laut einer regierungsnahen Tageszeitung hatte der Geheimdienst MİT Demirok „ gefangen“. Auf ihn warte nun eine Anklage wegen Mitgliedschaft in einer Terror organisation (RND 10.12.2022). Auch Flüchtlingslager im Ausland können Ziele der türkischen Sicherheitsbehörden sein. - So nahm 2022 der türkische Geheimdienst MİT bei einem Einsatz im Lager Makhmour im irakischen Gouvernement Ninewa [auch: Nineveh] zwei PKK-Mitglieder fest und verbrachte diese in die Türkei (Shafaq 14.9.2022). Nach den Wahlen im Mai 2023 setzte der türkische Geheimdienst seine Praxis fort, in Zusammenarbeit mit Behörden in Län dern mit schwachen Rechtsstaatlichkeitsstrukturen Personen, die angeblich Verbindungen zur Gülen-Bewegung haben, zu entführen und an die Türkei auszuliefern. Im Juli und September 2023 umgingen beispielsweise die tadschikischen Behörden die gesetzlichen Auslieferungsver fahren, indem sie Emsal Koç und Koray Vural entführten und in die Türkei flogen, wo sie bis zu ihrem Prozess in Untersuchungshaft genommen wurden (HRW 22.2.2024). Am 21.10.2024 erklärte das kenianische Außenministerium, dass vier türkische Staatsangehörige auf Ersuchen der türkischen Regierung von Kenia in die Türkei überführt worden seien. Laut Berichten sollen die Betroffenen vom türkischen Nachrichtendienst MİT entführt und teilweise vor Ort verhört worden sein, bevor sie in die Türkei überführt worden waren. Bei den vier Personen handelt es sich um Geflüchtete, die beim UNHCR registriert waren, was sie vor einer Zwangsrückführung in die Türkei schützen sollte (BAMF 28.10.2024, S. 11; vgl. SCF 21.10.2024, BBC 21.10.2024, taz 21.10.2024). UNHCR zeigte sich ob der Vorgänge „ zutiefst besorgt“ (BBC 21.10.2024). Ein 106

weiteres Beispiel ist die Festnahme von Kadir Çelik, Mitglied der Maoistischen Kommunistischen Partei (MKP), durch den Geheimdienst MİT in einem nicht näher genannten Land des Nahen Ostens im November 2024 (AnA 20.11.2024). Reaktionen internationaler Institutionen In seiner Entschließung vom Juni 2022 verurteilt das Europäische Parlament „ aufs Schärfste die Entführung türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz außerhalb der Türkei und deren Auslieferung in die Türkei, was eine Verletzung des Grundsatzes der Rechtsstaatlichkeit und der grundlegenden Menschenrechte darstellt“ (EP 7.6.2022, S. 19, Pt. 31). Im Juni 2023 verabschiedete die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) eine Resolution zur transnationalen Gewalt. Die Resolution verurteilt alle Formen und Prak tiken der grenzüberschreitenden Repression, einschließlich derjenigen, die direkt von einem Herkunftsstaat außerhalb seiner Grenzen ausgeübt werden, und derjenigen, bei denen ein Her kunftsstaat andere Staaten mit einbezieht, um rechtswidrig gegen eine Zielperson in seinem eigenen Hoheitsgebiet vorzugehen. In diesem Kontext zeigte sich PACE besorgt darüber, dass die Türkei einige der Instrumente der transnationalen Repression eingesetzt hat, insbesonde re nach dem Putschversuch vom Juli 2016 bei der Verfolgung von vermeintlichen Anhängern der Gülen-Bewegung. Zu diesen Instrumenten gehören: Überstellungen, der Missbrauch von Auslieferungsverfahren, INTERPOL Red Notices und Maßnahmen zur Bekämpfung der Terro rismusfinanzierung sowie die Zusammenarbeit mit anderen Staaten (CoE-PACE 23.6.2023). Der UN-Menschenrechtsausschuss zeigte sich Ende November 2024 ebenfalls besorgt über Berichte über die extraterritoriale Entführung und gewaltsame Überstellung von mehr als 100 Personen, die verdächtigt werden, der Gülen-Bewegung anzugehören, sowie von politischen Gegnern oder regierungskritischen Journalisten, ohne dass ein gerichtliches Auslieferungsver fahren durchgeführt wurde. Der Ausschuss äußert seine Besorgnis über den mutmaßlichen Missbrauch der „ Red Notices“ von INTERPOL gegen diese Personen und über die Anwendung politisch motivierter Auslieferungsverfahren. Der Ausschuss verlangte u. a, dass die Türkei al le Fälle von gewaltsamem Verschwindenlassen aufklären und unverzüglich unparteiische und gründliche Ermittlungen durchführen und sicherstellen, dass die Opfer und ihre Angehörigen über den Verlauf und die Ergebnisse der Ermittlungen informiert werden sollten. Außerdem sollten die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt werden und die Opfer des gewaltsamen Ver schwindenlassens und ihre Familien eine umfassende Wiedergutmachung erhalten (UNHRCOM 28.11.2024, S. 5f.). Zuletzt äußerte sich auch das Anti-Folter-Komitee (CAT) der Vereinten Nationen im Sommer 2024 „ besorgt über die Vorwürfe, wonach es eine systematische Praxis staatlich geförderter exterritorialer Entführungen und erzwungener Rückführungen von Personen gibt, die angeb lich mit der Hizmet/Gülen-Bewegung in Verbindung stehen, in Abstimmung mit Behörden in Afghanistan, Albanien, Aserbaidschan, Kambodscha, Gabun, Kasachstan, Libanon und Paki stan sowie mit Behörden im Kosovo, […] Solche Entführungen sollen unter Beteiligung des Nationalen Nachrichtendienstes […] stattgefunden haben und Menschenrechtsverletzungen 107

wie Verschwindenlassen und andere Formen von Folter und Misshandlung (Art. 2, 3, 11–13 und 16) beinhalten“ [Übersetzung des englischen Originalzitates] (CAT 14.8.2024, S. 8). Die UN-Arbeitsgruppe gegen gewaltsames und unfreiwilliges Verschwindenlassen erhielt weiter hin Informationen über Schikanen und Einschüchterungsversuche gegenüber Familienangehöri gen von gewaltsam verschwundenen Personen und Organisationen der Zivilgesellschaft, die an diesen Fällen arbeiten. Die Arbeitsgruppe erinnert an ihren Bericht an die UN-Vollversammlung an die Verpflichtung der türkischen Regierung, das Recht der Familien von Verschwundenen zu wahren, an den Ermittlungsverfahren und der Suche nach verschwundenen Personen beteiligt zu werden und nicht Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt zu sein, die deren staatsbürgerliche und politische Rechte beschneiden (UNHRC/WGEID 26.7.2024, S. 22). Vergleiche hierzu auch das Unter-Kapitel zu: Sicherheitslage / Gülen- oder Hizmet-Bewegung. Quellen ■ AlMon - Al Monitor (17.9.2021): Turkish civic groups protest abductions, forced disappearances, https://www.al-monitor.com/originals/2021/09/turkish-civic-groups-protest-abductions-forced-disap pearances, Zugriff 23.10.2023 ■ AnA - Anadolu Agency (20.11.2024): Turkish intelligence nabs PKK-linked terrorist, https://www.aa .com.tr/en/turkiye/turkish-intelligence-nabs-pkk-linked-terrorist-/3398584 , Zugriff 29.11.2024 ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (28.10.2024): Briefing Notes KW44 / 2024, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNot es/2024/briefingnotes-kw44-2024.html, Zugriff 29.10.2024 ■ BBC - British Broadcasting Corporation (21.10.2024): UN is ’deeply concerned’ Kenya returned refugees to Turkey, https://www.bbc.com/news/articles/cvgwg5n0y0lo, Zugriff 29.10.2024 ■ CAT - UN Committee Against Torture (14.8.2024): Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment, Concluding observations on the fifth periodic report of Türkiye [CAT/C/TUR/CO/5], https://digitallibrary.un.org/record/4059747/files/CAT_C_TUR _CO_5-EN.pdf?ln=en, Zugriff 21.3.2025 ■ CoE-PACE - Council of Europe - Parliamentary Assembly (23.6.2023): Transnational repression as a growing threat to the rule of law and human rights [Res. 2509], https://pace.coe.int/en/files/32999/ html, Zugriff 21.11.2023 [Login erforderlich] ■ Correctiv - Correctiv – Recherchen für die Gesellschaft (11.12.2018): BlackSitesTurkey, https://corr ectiv.org/top-stories/2018/12/06/black-sites/, Zugriff 23.10.2023 ■ DlF - Deutschlandfunk (22.6.2021): Türkei entführt systematisch Oppositionelle aus dem Ausland, https://www.deutschlandfunk.de/der-lange-arm-ankaras-tuerkei-entfuehrt-systematisch-100.html , Zugriff 23.10.2023 ■ EC - Europäische Kommission (30.10.2024): Türkiye 2024 Report [SWD(2024) 696 final], ht tps://neighbourhood-enlargement.ec.europa.eu/document/download/8010c4db-6ef8-4c85-aa06- 814408921c89_en?filename=Türkiye Report 2024.pdf, Zugriff 5.11.2024 ■ EC - Europäische Kommission (8.11.2023): Türkiye 2023 Report [SWD (2023) 696 final], https:// neighbourhood-enlargement.ec.europa.eu/system/files/2023-11/SWD_2023_696 Türkiye report.pdf, Zugriff 9.11.2023 ■ EP - Europäisches Parlament (7.6.2022): Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juni 2022 zu dem Bericht 2021 der Kommission über die Türkei (2021/2250(ΙΝΙ)), https://www.europarl .europa.eu/doceo/document/TA-9-2022-0222_DE.pdf , Zugriff 12.9.2023 ■ FH - Freedom House (2.2021): Out of Sight, not out of Reach: the Global Scale and Scope of Transnational Repression, https://freedomhouse.org/sites/default/files/2021-02/Complete_FH_Tran snationalRepressionReport2021_rev020221.pdf, Zugriff 23.10.2023 ■ FR - Frankfurter Rundschau (15.2.2021): Mysteriöse Vermisstenfälle in der Türkei: Was hat Erdoğans Regierung damit zu tun?, https://www.fr.de/politik/tuerkei-recep-tayyip-erdogan-vermisste-gewalts ames-verschwindenlassen-putsch-90204396.html , Zugriff 20.10.2023 108

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des Europarates über Korruption. Der Rechtsrahmen zur Korruptionsbekämpfung ist in meh reren nationalen Gesetzen enthalten (DFAT 16.5.2025, S. 9; vgl. USDOS 17.7.2024). Zudem beteiligt sich die Türkei an regionalen Initiativen zur Korruptionsbekämpfung wie der G20-Ar beitsgruppe zur Korruptionsbekämpfung (USDOS 17.7.2024). Das türkische Strafgesetzbuch (Artikel 247 und 252) stellt verschiedene Formen der Korruption unter Strafe, darunter aktive und passive Bestechung, versuchte Korruption, Erpressung, Bestechung eines ausländischen Beamten, Geldwäsche und Amtsmissbrauch. Die Strafe für Bestechung kann eine Freiheitsstra fe von bis zu zwölf Jahren umfassen (DFAT 16.5.2025, S. 9; vgl. GAN 5.11.2020). Unternehmen müssen mit der Beschlagnahme von Vermögenswerten und dem Entzug staatlicher Betriebsge nehmigungen rechnen. Schmiergeldzahlungen und Geschenke sind zwar illegal, kommen aber dennoch häufig vor (GAN 5.11.2020). Strukturelle Defizite und behördliches Vorgehen gegen Korruptionsberichterstattung Das Land hat keine Schritte unternommen, um einen Rahmen für die Prävention und Kon trolle zu schaffen oder Korruptionsbekämpfungsstellen gemäß den zivil- und strafrechtlichen Übereinkommen des Europarats über Korruption, den Empfehlungen der Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO) und dem UN-Übereinkommen gegen Korruption einzurichten (EC 30.10.2024, S. 5). Der Rechtsrahmen und die institutionelle Struktur müssen laut Europäischer Kommission verbessert werden, um unzulässige politische Einflussnahme bei der Verfolgung und Entscheidung von Korruptionsfällen zu begrenzen. Die öffentlichen Einrichtungen müssen ihre Rechenschaftspflicht und Transparenz verbessern (EC 30.10.2024, S. 5). Wie in der OECD- Konvention zur Bekämpfung der Bestechung dargelegt, hatte die Türkei mehrere Strategien zur Korruptionsbekämpfung entwickelt, diese jedoch nicht beibehalten oder aktualisiert. Viele davon sind nicht mehr in Kraft und wurden nicht ersetzt, was zu einem Mangel an nationalen strategi schen Maßnahmen sowohl zur Bekämpfung der Korruption im Inland als auch der Bestechung im Ausland führt. Darüber hinaus hat das Land auch keine Fortschritte bei der Einführung von Gesetzen zum Schutz von Whistleblowern erzielt (OECD 10.4.2025, S. 122; vgl. EC 30.10.2024, S. 28). Die Türkei erfüllt 27 % der Kriterien hinsichtlich der Qualität des strategischen Rahmens gemäß den OECD-Standards und 13 % hinsichtlich der Umsetzung der Strategie, verglichen mit dem OECD-Durchschnitt von 45 % bzw. 36 %. Gemessen an den OECD-Standards für das Risiko management, das interne Kontrollen und interne Revisionen umfasst, erfüllt die Türkei 56 % der Kriterien für Vorschriften und 26 % für die Praxis, verglichen mit dem OECD-Durchschnitt von 67 % bzw. 33 %. Die Türkei erfüllt keine Kriterien hinsichtlich der Vorschriften und Praktiken zur Minderung von Korruptionsrisiken im Zusammenhang mit Lobbyismus, da es in diesem Bereich keine Rechtsvorschriften gibt. Gemessen an den OECD-Standards zu Interessenkonflikten er füllt die Türkei 56 % der Kriterien in Bezug auf Vorschriften, erfasst jedoch die erforderlichen Daten in der Praxis nicht. Im Durchschnitt erfüllen die OECD-Länder 76 % der Kriterien für Vorschriften und 40 % für die Praxis. Gemessen an den OECD-Standards zur politischen Fi nanzierung erfüllt die Türkei 40 % der Kriterien in Bezug auf Vorschriften und 43 % in Bezug auf die Praxis, verglichen mit dem OECD-Durchschnitt von 73 % bzw. 58 %. Gemessen an den OECD-Standards zur Information der Öffentlichkeit, die den Zugang zu Informationen und 110

offenen Daten umfassen, erfüllt die Türkei 44 % der Kriterien für Vorschriften und 54 % für die Praxis, verglichen mit dem OECD-Durchschnitt von 67 % bzw. 62 % (OECD 16.3.2024, S. 4-9): Quelle 4: OECD 16.3.2024, S. 3 Die Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) bescheinigte Ende Juni 2024 der Türkei, dass sie die Wirksamkeit ihres Systems zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terroris musfinanzierung gestärkt habe, um die in ihrem Aktionsplan eingegangenen Verpflichtungen in Bezug auf die von der FATF im Oktober 2021 festgestellten strategischen Schwachstellen zu erfüllen. Infolgedessen hob die FATF die verstärkte Überwachung (increased monitoring) auf (FATF 28.6.2024; vgl. REU 28.6.2024). Allerdings bleibt die Kritik von Wirtschaftswissenschaft lern aufrecht, wonach die Türkei aufgrund der tief verwurzelten Korruption, der wiederholten Amnestieprogramme und der unzureichenden Durchsetzung der Finanzvorschriften zu einer wichtigen Drehscheibe für Geldwäsche geworden ist, wodurch Milliarden von Dollar an illegalen Geldern ins Land gelangen. Ein Schlüsselfaktor für die Verwandlung der Türkei in ein Zentrum der Geldwäsche sei die Aufhebung eines Gesetzes aus dem Jahr 2003, das von Einzelpersonen verlangte, die rechtmäßige Herkunft großer finanzieller Gewinne nachzuweisen. Der ehemalige Vorsitzende der Ermittlungsbehörde für Finanzkriminalität (MASAK), Ramazan Başak, erklärte, dass die Abschaffung des Gesetzes es ermöglicht habe, dass riesige Mengen an nicht-zurück verfolgbarem Vermögen unkontrolliert in das Finanzsystem gelangen konnten. Seit 2008 wurden überdies wiederholt Gesetze zur Vermögensamnestie eingeführt, jüngste Version, im Juli 2022 111

verabschiedet, blieb bis März 2023 in Kraft. Diese Gesetze, die ursprünglich der wirtschaftlichen Erholung dienen sollten, wurden weithin dafür kritisiert, dass sie den Fluss illegaler Gelder ins Land ermöglichen (TM 17.1.2025). Die Antikorruptionsgesetze werden nicht konsequent durchgesetzt, und die Antikorruptionsbe hörden sind ineffektiv oder politisiert (FH 26.2.2025, C2; vgl. USDOS 22.4.2024, S. 58f., US DOS 17.7.2024), was eine Kultur der Straflosigkeit hervorruft (FH 26.2.2025, C2; vgl. USDOS 22.4.2024, S. 58). In der Türkei gibt es nach wie vor kein ständiges, funktional unabhängiges Gremium zur Korruptionsbekämpfung. Die Koordinierung zwischen den verschiedenen Präventi onsstellen ist nach wie vor unzureichend. Der staatliche Aufsichtsrat (State Supervisory Council), der für die Korruptionsbekämpfung zuständig ist, arbeitet nicht als unabhängige Korruptionsbe kämpfungsbehörde, da es ihm an funktionaler Unabhängigkeit mangelt (EC 30.10.2024, S. 28; vgl. OECD 10.4.2025, S. 122, BS 23.2.2022, S. 35). Kritiker behaupten, dass Regierungsbeamte weiterhin große Aufträge an Firmen vergeben, die mit der regierenden Partei AKP befreundet sind, insbesondere für große öffentliche Bauprojekte (USDOS 17.7.2024). Das Parlament betraute den Rechnungshof mit der Rechenschaftspflicht in Bezug auf die Ein nahmen und Ausgaben der staatlichen Stellen. Außerhalb dieses Rechnungsprüfungssystems gibt es aber keine spezielle Behörde, die ausschließlich für die Untersuchung und Verfolgung von Korruptionsfällen zuständig ist (USDOS 22.4.2024, S. 58). Offizielle Aufsichtsorgane wie der Rechnungshof und die Ombudsperson veröffentlichen Berichte oft verspätet und decken nur selten Korruptionsvorwürfe ab (DFAT 10.9.2020). Sorge besteht auch hinsichtlich der Unparteilichkeit der Justiz in der Handhabe von Korrupti onsfällen, die Justiz ist auch bei den Ermittlungen und der Strafverfolgung in großen Korrupti onsfällen der Einmischung der Regierung ausgesetzt (USDOS 22.4.2024, S.58.) Die Regierung bestraft Strafverfolgungsbeamte, Richter und Staatsanwälte, die korruptionsbe zogene Ermittlungen oder Fälle gegen Regierungsbeamte eingeleitet haben, und behauptet, dass Erstere dies auf Veranlassung der Gülen-Bewegung taten (USDOS 12.4.2022, S. 63f.). Die Bilanz der Ermittlungen, Strafverfolgungen und Verurteilungen in Korruptionsfällen ist, ins besondere bei Korruptionsfällen auf höchster Ebene, an denen Politiker und Beamte beteiligt sind, nach wie vor schlecht. Die Urteile sind milde und haben keine abschreckende Wirkung (EC 8.11.2023, S.27; vgl. UNHRCOM 28.11.2024, S. 5). Es gibt nur vereinzelte offizielle Unter suchungen der Korruption in der Regierung (USDOS 22.4.2024, S.58f.). Gesetzliche Privilegien für Beamte, wie z. B. das Erfordernis einer vorherigen Genehmigung durch ihre Vorgesetzten, bevor eine Untersuchung gegen sie wegen eines mutmaßlichen Fehlverhaltens eingeleitet wird, bieten nach wie vor Schutz bei Ermittlungen zur Korruptionsbekämpfung und behindern somit effektiv die Ermittlungen (EC 30.10.2024, S. 28). Kritische Berichte über Korruptionsfälle in der Regierung ziehen im negativen Sinne die Auf merksamkeit der türkischen Behörden auf sich (MBZ 2.3.2022, S. 25). Journalisten und zivil gesellschaftliche Organisationen berichten, dass sie Vergeltungsmaßnahmen für ihre Bericht erstattung über Korruption befürchten (USDOS 22.4.2024, S. 59). So wurde am 1.11.2023 der 112

Journalist Tolga Şardan wegen des Verdachts der Verbreitung von Desinformationen festge nommen. Der Journalist hatte in einem Artikel über mögliche Korruption in der Justiz berichtet. Dabei bezog er sich u. a. auf einen Bericht des Geheimdienstes MİT (Duvar 6.11.2023). Ge richte und der Oberste Radio- und Fernsehrat (RTÜK) blockierten regelmäßig den Zugang zu Presseberichten über Korruptionsvorwürfe (USDOS 22.4.2024, S.59). Verbreitung und Ausmaß von Korruption Trotz eines strengen Rechtsrahmens berichten internationale und inländische Beobachter, dass Korruption im öffentlichen und privaten Sektor der Türkei weit verbreitet ist und sich in den letzten Jahren verschlimmert hat (DFAT 16.5.2025, S. 9; vgl. FH 26.2.2025, C2), auch auf den höchsten Ebenen der Regierung (FH 26.2.2025, C2). Sichtbar wurde die weitverbreitete Korruption angesichts des Erdbebens im Februar 2023 (EP 13.9.2023, Pt.3). Darüber hinaus sind die Finanzierung der politischen Parteien, die Justiz und die öffentliche Verwaltung, die Gemeinden, die Landverwaltung, die Raumordnung und das Bauwesen weiterhin anfällig für Korruption (EC 30.10.2024, S. 28). Obwohl der Umfang der informellen Wirtschaft in den letzten Jahren zurückgegangen ist, macht sie immer noch einen erheblichen Teil der Wirtschaftstätigkeit aus. Die Regierung hat die Um setzung ihres Aktionsplans zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft (2023-2025) fortgesetzt, aber das Fehlen von Leistungsindikatoren erschwert die Überwachung der Fortschritte bei der Umsetzung (EC 30.10.2024, S. 46). Anderen Quellen zufolge soll die Schattenwirtschaft in den letzten Jahren enorm expandiert sein. Der Anstieg der illegalen Einnahmen stammt nicht nur aus dem Untergrundsektor wie Prostitution, Drogenhandel und Kraftstoffschmuggel, sondern auch aus der Einflussnahme durch Bestechung bei öffentlichen Ausschreibungen und Schmier geldzahlungen ausländischer Unternehmen, die in der Türkei Geschäfte machen wollen. Nach dem Putschversuch im Jahr 2016 ist der Fluss illegaler Gelder um einen weiteren Aspekt erwei tert worden. Im Rahmen der politischen Säuberungsaktionen wurden Unternehmen, die sich im Besitz von Gülenisten befanden, beschlagnahmt und dann verkauft, meist an Freunde der regierenden AKP. Wie sich später herausstellte, zahlten viele Geschäftsleute, denen Verbindun gen zu den Gülenisten nachgesagt wurden, hohe Bestechungsgelder, um einer Untersuchung oder einem Prozess zu entgehen (AlMon 21.5.2021). Transparency International reihte die Türkei im Korruptionswahrnehmungsindex 2024 wie 2023 mit einem Punktewert von 34 von 100 (bester Wert) auf Platz 107 (2023: 115) von 180 unter suchten Ländern und Territorien ein. Den besten Wert in der vergangenen Dekade erreichte das Land 2013 mit 50 von 100 Punkten (TI 11.2.2025; vgl. TI 30.1.2024). World Justice Project verlieh der Türkei für das Jahr 2024 einen Skalenwert von 0,45 (1 = statistischer Bestwert), welcher unter dem globalen Durchschnittswert von 0,51 lag, wodurch das Land auf Rang 78 von 142 Ländern rangierte (WJP 10.2024). 113
