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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) (STJ 16.7.2021; vgl. AlMon 14.5.2020). Die Gefan genen wurden in das Hochsicherheitsgefängnis in Hilvan in der türkischen Provinz Şanlıurfa transferiert (AlMon 14.5.2020; vgl. HRW 3.2.2021). Augenzeugen berichteten von zahlreichen Gefangenen im türkischen Gefängnis in Yaylidağ in der Provinz Hatay, die aus Afrin und um liegenden Dörfern sowie aus Kobanê stammten, wobei einige Haftstrafen von acht und mehr Jahren ausfassten. Diesen Bericht zufolge gab es auch Syrer die 2018 in die Türkei verbracht, unter Misshandlungen verhört wurden und danach wieder nach Syrien transportiert und dort eingesperrt wurden (STJ 31.10.2024). Bereits Ende April 2020, anlässlich der Überstellung von 90 festgenommenen Syrern in die Türkei, richteten 41 Organisationen einen Appell an den UN-Generalsekretär und an die UN- Hochkommissarin für Menschenrechte, u. a. willkürliche Gerichtsverfahren zu verhindern und die Freilassung bzw. Rückkehr der Gefangenen zu erwirken (STJ 16.7.2021). Das Violations Documentation Centre of the Kurdish-led Autonomous Administration of North and East Syria sprach 2024 von annähernd 140 syrischen Bürgern, die aus von Söldnern betriebenen Gefäng nissen in den von der Türkei besetzten Gebieten in Gefängnisse in der Türkei illegal überstellt wurden (Medya 27.5.2024). Human Rights Watch ging 2021 ursprünglich noch von bis zu 200 Betroffenen aus. - Im Oktober 2020 wurden 63 Syrer vom Schwurgericht in Şanlıurfa verurteilt, fünf von ihnen zu lebenslanger Haft ohne die Möglichkeit auf Begnadigung (HRW 3.2.2021). Ähnliche Urteile folgten 2021. Zu lebenslanger Haft wurden insbesondere Mitglieder der Sy rischen Demokratischen Kräfte (SDF) verurteilt (NPA 24.3.2021; Rudaw 30.6.2021). Im März 2024 wurde über die Festnahme Mehmet Kiliç (Deckname Rizgar Amed) eines Führungskaders der YPG in Syrien als Resultat der Kooperation zwischen dem türkischen Geheimdienst MİT und der von der Türkei unterstützten Syrian National Army berichtet. Gegen Kiliç hatte die Staats anwaltschaft im türkischen Muş einen Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation erlassen (AnA 20.3.2024; vgl. DS 20.3.2024). Laut Aussagen des Vorsitzenden der Menschenrechtsvereinigung (İHD) in Urfa kommt es wei terhin zu Misshandlungen und Folter von syrischen Kurden, welche illegal in die Türkei verbracht und verurteilt wurden. Es gibt keine offiziellen Zahlen, aber nach Angaben von İHD und Anwälten befinden sich insgesamt 128 Gefangene in den Gefängnissen von Urfa und Hatay. Neben dem Besuchsrecht haben Häftlinge normalerweise das Recht, zehn Minuten pro Tag zu telefonieren. Die Gefangenen aus Nordostsyrien können jedoch keines dieser Rechte in Anspruch nehmen (Medya 24.3.2022). In diesem Sinne berichtete die von den Vereinten Nationen eingesetzte „ Unabhängige Internationale Untersuchungskommission“ im September 2022, dass auch Fa milienangehörige von in die Türkei überstellten Gefangenen keine Informationen über deren Verbleib erhalten hatten (UNHRC 14.9.2022, S. 12, Pt. 70). Das Europäische Parlament verurteilt in einer Entschließung vom März 2021, „ dass die Türkei kurdische Syrer aus dem besetzten Nordsyrien zum Zwecke der Inhaftierung und Strafverfolgung rechtswidrig in die Türkei überführt und dadurch gegen die internationalen Verpflichtungen des Landes im Rahmen der Genfer Konventionen verstößt; fordert nachdrücklich, dass alle syrischen Häftlinge, die in die Türkei verbracht wurden, unverzüglich in die besetzten Gebiete in Syrien zurückgeführt werden“ (EP 11.3.2021, Pt. 7). Im Juni 2022 verurteilte das EP, „ dass die Türkei 200

syrische Staatsangehörige weiterhin illegal in die Türkei verbringt, um sie dort wegen Terrorismus anzuklagen, was eine lebenslange Haftstrafe zur Folge haben kann“ (EP 7.6.2022, S. 27, Pt. 46). Die pro-kurdische Nachrichten Agentur NPA meldete auch im Herbst 2023, dass die türkischen Behörden in Zusammenarbeit mit der von der Türkei unterstützten Militärpolizei der Syrischen Nationalarmee (SNA) sieben Gefangene aus der Stadt Ra’s al-’Ayn (kurd.: Sere Kaniye) im Norden Syriens im Oktober 2023 in ein Gefängnis in der türkischen Provinz Urfa verlegt hatten. Ebenso seien zuvor im September mindestens zweimal syrische Gefangene aus Ra’s al-’Ain auf türkisches Hoheitsgebiet verbracht worden, was laut NPA einen Verstoß gegen die Vierte Genfer Konvention darstelle (NPA 12.10.2023; vgl. Medya 27.5.2024). Quellen ■ AlMon - Al Monitor (14.5.2020): Syrians held in Turkish prison ’in breach of international law,’ advoc ates say, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2020/05/syria-turkey-detainees-prison-breac h-international-law.html, Zugriff 25.10.2023 ■ AnA - Anadolu Agency (20.3.2024): YPG/PKK terrorist captured in northern Syria, https://www.aa.c om.tr/en/middle-east/ypg-pkk-terrorist-captured-in-northern-syria/3169517 , Zugriff 5.6.2024 ■ DS - Daily Sabah (20.3.2024): Syrian army nabs YPG terrorist trying to infiltrate Turkish op zone, https://www.dailysabah.com/politics/war-on-terror/syrian-army-nabs-ypg-terrorist-trying-to-infiltrat e-turkish-op-zone , Zugriff 5.6.2024 ■ EP - Europäisches Parlament (7.6.2022): Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juni 2022 zu dem Bericht 2021 der Kommission über die Türkei (2021/2250(ΙΝΙ)), https://www.europarl .europa.eu/doceo/document/TA-9-2022-0222_DE.pdf , Zugriff 12.9.2023 ■ EP - Europäisches Parlament (11.3.2021): Der Konflikt in Syrien: 10 Jahre nach dem Aufstand - Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. März 2021 zu dem Konflikt in Syrien zehn Jahre nach dem Aufstand (2021/2576(RSP)) [P9_TA(2021)0088], https://www.europarl.europa.eu/d oceo/document/TA-9-2021-0088_DE.pdf , Zugriff 25.10.2022 ■ HRW - Human Rights Watch (3.2.2021): Illegal Transfers of Syrians to Turkey, https://www.hrw.org/ news/2021/02/03/illegal-transfers-syrians-turkey , Zugriff 20.9.2023 ■ Medya - MedyaNews (27.5.2024): Report exposes illegal transfer of kidnapped Syrians to Turkish prisons, https://medyanews.net/report-exposes-illegal-transfer-of-kidnapped-syrians-to-turkish-pri sons, Zugriff 16.6.2025 ■ Medya - MedyaNews (24.3.2022): What happened to Afrin Kurds Imprisoned in Turkey, https://me dyanews.net/what-happened-to-afrin-kurds-imprisoned-in-turkey/ , Zugriff 25.10.2023 ■ NPA - North Press Agency (12.10.2023): Turkey transfers 7 detainees from Syria’s Sere Kaniye to Urfa, https://npasyria.com/en/106100, Zugriff 18.1.2024 ■ NPA - North Press Agency (24.3.2021): Turkey sentences Syrian Kurdish SDF member to life im prisonment, https://npasyria.com/en/56509/, Zugriff 25.10.2023 ■ Rudaw - Rudaw Media Network (30.6.2021): Three Syriac fighters from Rojava sentenced to life terms in Turkey, https://www.rudaw.net/english/middleeast/30062021, Zugriff 25.10.2023 ■ STJ - Syrians for Truth and Justice (31.10.2024): Syria/Afrin: Illegal Transfer of Syrian Detainees to Türkiye and Subjecting Them to Sham Trials - Syrians for Truth and Justice, https://stj-sy.org/en/syr ia-afrin-illegal-transfer-of-syrian-detainees-to-turkiye-and-subjecting-them-to-sham-trials , Zugriff 2.12.2024 ■ STJ - Syrians for Truth and Justice (16.7.2021): Illegal transfer of Dozens of Syrian detainees into Turkey following Operation Peace Spring - Syrians for Truth and Justice, https://stj-sy.org/en/illegal -transfer-of-dozens-of-syrian-detainees-into-turkey-following-operation-peace-spring/#_ftnref11 , Zugriff 25.10.2023 ■ UNHRC - United Nations Human Rights Council (14.9.2022): Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic [A/HRC/51/45], https://documents-dds-ny.un.o rg/doc/UNDOC/GEN/G22/463/09/PDF/G2246309.pdf?OpenElement, Zugriff 24.10.2023 201

■ UNHRC - United Nations Human Rights Council (14.8.2020): Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic [A/HRC/45/31], https://www.ecoi.net/en/file/loc al/2037646/A_HRC_45_31_E.pdf, Zugriff 25.10.2023 15 Haftbedingungen Letzte Änderung 2025-08-06 13:33 Überblick: Zustand der Gefängnisse und externe Überprüfung Allgemeingültige Aussagen zu den Haftbedingungen sind schwierig, da seit über fünf Jahren keine umfassende Bewertung der Situation in Gefängnissen durch einschlägige Nichtregie rungsorganisationen durchgeführt werden konnte. Beurteilungen können sich daher lediglich auf Einzelberichte, Informationen von Inhaftierten sowie Beobachtungen von internationalen Organisationen oder Botschaften stützen. Die materielle Ausstattung der Haftanstalten wurde in den letzten Jahren deutlich verbessert und die Schulung des Personals fortgesetzt (ÖB Ankara 4.2025, S. 15f.). Es muss hinsichtlich der Haftbedingungen zwischen der Haft in Polizeigewahrsam und der Un tersuchungshaft bzw. dem Strafvollzug unterschieden werden. Zum Polizeigewahrsam gibt es weiterhin glaubhafte Berichte, dass Mindestbedingungen der EMRK nicht in allen Fällen erfüllt werden, insbesondere Gewalt vorkommt, und Aussagen unter (psychischem) Druck aufgenom men werden. Es kann zudem nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Aussagen vor Polizei oder Untersuchungsrichter ohne rechtlichen Beistand durchgeführt oder in Unkenntnis darüber geführt werden, dass es sich um eine ermittlungsrelevante Aussage handelt (AA 20.5.2024, S. 17f.). Die Haftbedingungen in der Straf- und Untersuchungshaft nach richterlichen Anordnung sind, abhängig vom Alter, Typ und Größe usw. der Anstalt unterschiedlich. Dabei bleibt die Überbele gung von Gefängnissen problematisch. Besondere Haftbedingungen gelten z. B. für Häftlinge, die nach Einschätzung der türkischen Justiz eine Gefahr für andere Häftlinge darstellen oder denen Straftaten mit (vermeintlichem) terroristischem Hintergrund zur Last gelegt werden. In vielen Haftanstalten können Standards der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) grundsätzlich eingehalten werden. Es gibt insbesondere eine Reihe neuerer oder modernisier ter Haftanstalten, bei denen keine Anhaltspunkte für Bedenken bestehen (AA 20.5.2024, S. 18; vgl. ÖB Ankara 4.2025, S. 16). Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen nahm zwar die beträchtlichen Anstrengungen zur Kenntnis, die Kapazität des Strafvollzugs zu erhöhen, war jedoch darüber besorgt, dass die Gefängnisse nach wie vor überfüllt sind und insbesondere über Berichte hinsichtlich des mangelnden Zugangs zu angemessener medizinischer Versor gung, Trinkwasser, Nahrungsmitteln, Heizung, Belüftung und Beleuchtung sowie über schlechte sanitäre Bedingungen (UNHRCOM 28.11.2024, S. 7; vgl. DFAT 16.5.2025, S. 40). Das Europäi sche Parlament brachte im Mai 2025 hingegen „ […] seine tiefe Besorgnis über die katastrophale Lage in türkischen Gefängnissen zum Ausdruck, die auf die starke Überbelegung und schlechte Lebensbedingungen zurückzuführen ist, wobei Berichten, auch des Europarats, zufolge Folter und Misshandlung weit verbreitet sind und der Zugang zu grundlegenden Bedürfnissen wie Hygiene und Informationen stark eingeschränkt ist; […und war] besorgt über den fortgesetzten 202

Einsatz von erniedrigenden Leibesvisitationen in Gefängnissen und anderen Haftanstalten“ (EP 7.5.2025, Pt. 21). Häftlingsstatistik In der Türkei gibt es drei Kategorien von Häftlingen: verurteilte Häftlinge, Untersuchungshäftlinge und Häftlinge, die noch kein rechtskräftiges Urteil erhalten haben, aber mit der Verbüßung einer Haftstrafe im Voraus begonnen haben (CoE 30.3.2021, S. 38). Zum 1.1.2025 gab es insgesamt 405 Strafvollzugsanstalten, darunter 273 geschlossene und 99 offene Strafvollzugsanstalten, vier Kindererziehungszentren, zwölf geschlossene und acht offene Frauenvollzugsanstalten, und neun geschlossene Jugendvollzugsanstalten. Die Kapazität dieser Anstalten betrug 301.397 Plätze (ABC-TGM 1.1.2025). Die tatsächliche Zahl der Insassen betrug laut Behörden mit Stand 2.6.2025 416.927, davon waren 13,8% Untersuchungshäftlinge (nur „ pre-trial“). Mit Stand Juni 2025 ergab die Schätzung 488 Inhaftierte pro 100.000 Einwohner [zum Vergleich: Österreich: 104]. Die Belegung machte im April 2025 132,9 % [April 2024 noch 109,2%] aus. Rund 57.700 Häftlinge befanden sich 2025 (2020: 41.890) in Untersuchungshaft oder einer anderen Form der Inhaftierung ohne abgeschlossenen Prozess. 4,5% waren Frauen und 1 % Insassen unter 18 Jahren (ICPR 6.2025). Menschenrechtssituation Die auf Zuständen in Gefängnissen spezialisierte NGO Prison Insider stellte die Lage in den türkischen Gefängnissen 2024 zusammenfassend folgendermaßen dar: Fälle von Folter und Misshandlung wurden von Überwachungsorganen, der Zivilgesellschaft, den Medien sowie in ternationalen Organisationen und Institutionen umfassend dokumentiert. Diese Praktiken sind systemisch und weit verbreitet. Es werden hierbei verschiedene psychologische und physische Methoden angewendet. Die in der nationalen Gesetzgebung festgelegten Grundrechte werden nicht respektiert. Sie werden oft als Privilegien angesehen und Gefangenen, die sich nicht daran halten, willkürlich entzogen. Der Zugang zu einem Anwalt, Vertraulichkeit und das Recht auf Be rufung können von den Behörden behindert werden. Es werden häufig willkürliche Sanktionen verhängt und Gefangene, die dagegen Beschwerde einlegen, können Repressalien ausgesetzt sein (Prison Insider 2024). Die Gefängnisse in der Türkei sind seit jeher Orte, an denen Folter und Misshandlung weit verbreitet sind. Der Menschenrechtsstiftung der Türkei (TİHV) zufolge ist seit dem Wiederaufflammen des Konfliktes mit der PKK (2015) und dem Putschversuch (2016) und dem darauf folgenden Ausnahmezustand ein außerordentlicher Anstieg der Folter- und Misshandlungspraktiken gegenüber Gefangenen zu verzeichnen. Die TİHV gibt an, dass 2.729 von 5.553 ihrer Beschwerdeführer zwischen dem 1.1.2016 und dem 31.12.2023 in der Haft ge foltert und misshandelt wurden (TİHV/HRFT 11.2024, S. 23f.). Das Anti-Folter-Komitee der UNO zeigte sich 2024 besorgt über die Vorwürfe, dass Folter und Misshandlung weiterhin in großem Umfang vorkommen, insbesondere in Haftanstalten, einschließlich der Vorwürfe von Schlägen und sexuellen Übergriffen und Drangsalierungen durch Strafverfolgungs- und Geheimdienst beamte sowie der Verwendung von Elektroschocks und Waterboarding in einigen Fällen (CAT 14.8.2024, S. 6). Nebst der Anwendung von Folter und Misshandlung gab es weitere Vorwürfe 203

wegen Menschenrechtsverletzungen in den Gefängnissen, darunter willkürliche Einschränkun gen der Rechte der Häftlinge, Verweigerung des Zugangs zu medizinischer Versorgung, die Verhinderung offener Besuche und Isolationshaft (EP 7.6.2022, S. 19f., Pt. 32; vgl. ÖB Ankara 4.2025, S. 16). Die materiellen und hygienischen Bedingungen sind in mehreren Gefängnissen unzureichend. Zu den gemeldeten Problemen gehören u. a.: schlechter Zugang zu Belüftung, natürlichem Licht, Temperaturregelung, sauberem Trinkwasser und hochwertigen Lebensmitteln. Einige Einrichtungen sind von Nagetieren und Insekten befallen (Prison Insider 2024; vgl. UNHRCOM 28.11.2024, S. 6f.). Als in vielen Aspekten, insbesondere aufgrund gravierender Menschenrechtsverletzungen, nicht den Erfordernissen der EMRK entsprechende Haftanstalten gelten u. a. die Einrichtungen in: Ankara Sincan (Strafvollzugsanstalt für Frauen, welche bei einer Kapazität von 400 Personen 700 Frauen und 46 Kinder beherberg), Amasya (Typ E), Aksaray (Typ T), Kayseri, Malatya, Mer sin Tarsus (geschlossene Strafvollzugsanstalt für Frauen) und Van (Hochsicherheitsgefängnis). Die Strafvollzugsanstalten in Adana-Mersin, Elazığ, Izmir, Kocaeli Gebze, Maltepe, Osmaniye, Şakran, Silivri und Urfa sind wiederum chronisch überbelegt (ÖB Ankara 4.2025, S. 16). Insbesondere werden von NGOs, aber auch von der Türkischen Medizinischen Vereinigung (TTB) die Zustände in den, oft neu errichteten, Gefängnissen der Typen S und Y sowie Hochsi cherheitsgefängnissen angeprangert und deren Schließung gefordert, da diese berüchtigt für Folter, Misshandlungen und anderen Menschenrechtsverletzungen seien. In einer Erklärung vom 31.5.2024 wurde betont, dass diese Einrichtungen darauf ausgelegt sind, soziale Isolation und Entmenschlichung zu fördern, was sich stark auf die psychische und physische Gesundheit der Insassen auswirkt. Die Menschenrechtsvereinigung (İHD), die Menschenrechtsstiftung der Türkei (TİHV) und die Menschenrechtsabteilung der Türkischen Ärztekammer (TTB) verwiesen auf zahlreiche Berichte und Briefe von Gefangenen, in denen die harten Bedingungen wie der Mangel an Sonnenlicht, unzureichende Belüftung und extreme Isolation, die zu psychischen und physischen Gesundheitsproblemen führen, detailliert beschrieben werden. Prof. Dr. Fin cancı von der TTB betonte, dass die Bedingungen in diesen Gefängnissen die Entwicklung von psychischen Störungen und anderen Gesundheitsproblemen begünstigen. Die Gefange nen verbringen bis zu 22,5 Stunden am Tag in Einzelhaft, was einer sensorischen Deprivation gleichkommt und zu einer schweren Verschlechterung der psychischen Gesundheit führt. Sie wies auch darauf hin, dass die Insassen oft Misshandlungen ausgesetzt sind, hinzu kommen die Verweigerung des Zugangs zu Büchern oder Aktivitäten im Freien, was die Isolation und den Stress der Häftlinge noch verstärkt (Medya 2.6.2024; vgl. İHD/HRA 31.5.2024). Die Gefängnisse erfüllen im Allgemeinen die baulichen Standards, d. h. Infrastruktur und Grund ausstattung, aber erhebliche Probleme mit der Überbelegung führen in vielen Gefängnissen zu Bedingungen, die nach Ansicht des Europäisches Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (Committee for the Prevention of Torture - CPT) des Europarats als unmenschlich und erniedrigend angesehen werden können (USDOS 204

20.3.2023, S. 9). Diese Überbelegung führt zu Gesundheitsproblemen, einschließlich der Aus breitung von Krankheiten wie Tuberkulose, Hepatitis, Hautkrankheiten und COVID-19 (MBZ 2.2025a, S. 39). Kontrollorgane Mehrere nationale und internationale Gremien verfügen über die Befugnis oder ein spezifisches Mandat zur Inspektion von Haftanstalten. Dazu gehören der Sonderberichterstatter, das CPT, Staatsanwälte, die Ombudsstelle und die Menschenrechts- und Gleichstellungsbehörde der Türkei (TİHEK, engl.: HREI). Polizeistationen und Arrestzellen unterliegen der Kontrolle durch Gouverneure, Bürgermeister und zivile Inspektoren. Häftlinge können sich beim Leiter ihrer Haftanstalt oder bei Institutionen wie dem Ombudsmann oder der TİHEK beschweren, obwohl laut Angaben nur selten auf diese Beschwerden reagiert wird (DFAT 16.5.2025, S. 41; vgl. ÖB Ankara 4.2025, S. 15). Im September 2022, beispielsweise, zeigten sich Experten des UN-Unterausschusses zur Ver hütung von Folter (SPT) nach ihrem Besuch besorgt wegen der Lebensbedingungen in Haftein richtungen, einschließlich der Überbelegung, sowie über die Situation von Migranten in Abschie bezentren (OHCHR 21.9.2022). Mitunter berichten auch zuständige türkische Institutionen über Missstände. - Zum Beispiel deckte der Bericht der TİHEK - siehe dazu Kapitel: Ombudsperson und die Nationale Institution für Menschenrechte und Gleichstellung - die Mängel im Gefängnis von Aydın auf, das eine starke Überbelegung und schlechte Lebensbedingungen aufweist. So sind aufgrund der Überbelegung einige Insassen gezwungen, auf dem Boden zu schlafen. Die Behörden haben außerdem eine Werkstatt auf dem Dachboden, die nicht ausreichend belüf tet ist, in eine Krankenstation umgewandelt. In diesem Raum sind 37 Insassen untergebracht. TİHEK berichtete von alten, abgenutzten Betten und dem Fehlen einer Wäscherei für die Insas sen. Darüber hinaus haben die Insassen nur zwei Stunden am Tag Zugang zu heißem Wasser. Die schlechten Bedingungen führten zu einem Ausbruch von Krätze. Die infizierten Insassen wurden nicht von den anderen isoliert, wodurch sich die Krankheit ausbreitete (SCF 8.8.2024; vgl. BirGün 4.8.2024). Zudem gab es Insektenbefall. - Mehrere Überwachungskameras funktio nierten nicht, Aufnahmen gingen verloren und es gab örtlich tote Winkel (BirGün 4.8.2024). Der TİHEK-Bericht wies auf mehrere weitere Probleme hin, darunter die mangelnde Schulung des Personals in Menschenrechten und Kommunikation sowie die fehlende Schulung zum Verbot von Folter und Misshandlung (SCF 8.8.2024; vgl. BirGün 4.8.2024). Bildungs-, Rehabilitations- und Resozialisierungsprogramme blieben begrenzt (EC 30.10.2024, S.30f.). Praktiken wie das Verprügeln von Gefangenen aus verschiedenen Gründen, wie z. B. wegen Verweigerung der Leibesvisitation, medizinischen Untersuchungen in Handschellen, er zwungener Anwesenheit bei Standesappellen oder die Titulierung von Personen, die wegen politischer Vergehen inhaftiert wurden, als „Terroristen“ und das Verprügeln aus diesem Grund haben, İHD zufolge, ein noch nie da gewesenes Ausmaß erreicht (İHD/HRA 6.11.2022b, S. 14). Laut Rechtsanwaltskammer Ankara sollen Festgehaltene in der Polizeidirektion Ankara regel mäßig Leibesvisitationen, Folter und Misshandlungen ausgesetzt sein. Das Verfassungsgericht 205

stellte am 16.9.2024 im Fall Naif Bal fest, dass dieser einer mit der Menschenwürde unverein baren Behandlung durch Justizwachebeamte ausgesetzt war, und ordnete eine Schadenersatz zahlung in Höhe von 25.000 Lira (ca. 660 EUR) an (ÖB Ankara 4.2025, S. 16). Mangel an unabhängiger Überwachung Die Regierung gestattet es unabhängigen NGOs nicht, Gefängnisse zu inspizieren (USDOS 22.4.2024, S.7; vgl. İHD/HRA 26.7.2024, S. 6, OMCT 2022). NGOs, wie die World Organisation Against Torture (OMCT), orten ein Fehlen einer unabhängigen Überwachung der Gefängnisse, wodurch die Situation in diesen verschleiert wird. Hinzu kommt, dass die verfügbaren nationalen Mechanismen wie die TİHEK, die die Türkei als nationalen Präventionsmechanismus (NPM) im Rahmen des OPCAT eingerichtet hatte, und die 2011 eingerichteten Gefängnisüberwachungs ausschüsse, aufgrund der Defizite bei den Nominierungsverfahren ihrer Mitglieder und des Mangels an politischer Unabhängigkeit sowie einer soliden Methodik, unwirksam sind (OMCT 2022). Auch die Europäische Kommission charakterisierte die für die Gefängnisse vorgesehe nen Monitoring-Institutionen als weitgehend wirkungslos und speziell die TİHEK als nicht voll funktionsfähig, wodurch es keine Aufsicht über Menschenrechtsverletzungen in Gefängnissen gibt. Obwohl mit der Rolle des Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) betraut, erfüllt die TİHEK nicht die wichtigsten Anforderungen des Fakultativprotokolls zum UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OPCAT) und hat Fälle, die an sie verwiesen wurden, nicht wirksam bearbeitet (EC 8.11.2023, S.30f.). Sanktionen und Diskriminierung bestimmter Gruppen Disziplinarstrafen, einschließlich Einzelhaft, werden exzessiv und unverhältnismäßig eingesetzt (DIS 31.3.2021, S. 1; vgl. İHD/HRA 6.11.2022b, S. 14). Die Gefängnisverwaltungen reagieren auf alle Arten von Forderungen nach Rechten oder Reaktionen auf Rechtsverletzungen, indem sie Aufzeichnungen führen und Disziplinarverfahren einleiten. Als Ergebnis dieser Disziplinar verfahren können Gefangene Strafen erhalten, die ihr Recht auf Kommunikation verbieten oder sie in Einzelhaft stecken. Noch wichtiger ist jedoch, dass Gefangene unter dem Vorwand dieser Untersuchungen und Strafen nicht von einer bedingten Entlassung profitieren dürfen. Diszipli narstrafen sind zu einer Bedrohung geworden, insbesondere für benachteiligte Gefangene, wie Minderjährige, ältere und behinderte Gefangene. Sie haben es den Häftlingen erschwert, ihre Stimme gegen die Rechtsverletzungen zu erheben, denen sie in Gefängnissen ausgesetzt sind. Selbst der Versuch von Gefangenen, die Verletzung ihrer Rechte durch Briefe an die Außenwelt öffentlich zu machen, ist ein Grund für eine Disziplinarstrafe wegen „ Schädigung des Rufs der Einrichtung“ (İHD/HRA 26.7.2024, S. 25). NGOs bestätigten, dass bestimmte Gruppen von Gefangenen diskriminiert werden, darunter Kurden, religiöse Minderheiten, politische Gefangene, Frauen, Jugendliche, LGBT-Personen, kranke Gefangene und Ausländer (DIS 31.3.2021, S. 1). 206

Die Überbelegung der Gefängnisse ist nicht nur problematisch in Hinblick auf den persönlichen Bewegungsfreiraum, sondern auch in Bezug auf die Aufrechterhaltung der persönlichen Hygie ne. Darüber hinaus haben sich viele Gefangene über die Ernährung sowie über den Umstand beschwert, dass das Taggeld für die Gefangenen nicht ausreicht, um selbst eine gesunde Ernäh rung zu gewährleisten (DIS 31.3.2021, S. 1; vgl. EC 8.11.2023, S. 26). - Gefangene unterliegen strengen wöchentlichen Ausgabenbeschränkungen, die nicht die Kosten für ihre Grundbedürf nisse widerspiegeln. Sie müssen für Körperpflegeprodukte, Reinigungsmittel, Strom (außer für die Beleuchtung) und zusätzliche Lebensmittel aufkommen, falls die Portionen bei den Mahl zeiten nicht ausreichen. Bedürftige Gefangene erhalten keine finanzielle Unterstützung (Prison Insider 2024). Kontakte zur Außenwelt Im Allgemeinen haben die Gefangenen Kontakt zu ihren Familien und Anwälten, allerdings be steht die Tendenz, Personen weit entfernt von ihren Herkunftsregionen und in abgelegenen Gegenden zu inhaftieren, was den unmittelbaren Kontakt mit der Familie oder den Anwälten er schwert (DIS 31.3.2021, S. 1; vgl. EC 30.10.2024, S.30, DFAT 16.5.2025, S. 40). Im September 2019 urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dass die Überstellung von Häftlingen in weit von ihrem Wohnort entfernte Gefängnisse eine Verletzung der „ Verpflich tung zur Achtung des Schutzes des Privat- und Familienlebens“ darstellt (EC 6.10.2020, S. 32). Eines der prominentesten Beispiele ist der ehemalige Ko-Vorsitzende der pro-kurdischen De mokratischen Partei der Völker - HDP, Selahattin Demirtaş, der seit 2016 im Gefängnis von Edirne in der Westtürkei sitzt, dass sich über 1.700 von seiner Heimatstadt Diyarbakır befindet (Stand: Juni 2025). Seine Frau Başak Demirtaş muss jede Woche 3.500 Kilometer für einen einstündigen Besuch zurücklegen (3Sat 6.5.2023; vgl. DTJ 4.12.2020). Laut İHD können auch (potenzielle) Besucher Opfer von Behördenvorgehen werden. - Es kommt zu polizeilichen Untersuchungen über die Personen, die die Gefangenen sehen wollen, die mit einem Besuchsverbot enden können, wenn sie als „ gefährlich“ einstuft werden. In jüngster Zeit wurden zudem Entscheidungen gegen Personen gefällt, die Gefangene besucht und ihnen Geld überwiesen haben. Nicht nur, dass den Häftlingen externe Geldzuwendungen versperrt wurden, was zu körperlichen und psychischen Problemen führt, wurden mitunter Familienangehörige und Freunde wegen solcher (versuchter) Geldüberweisungen strafrechtlich verfolgt, inklusive Inhaftierung (İHD/HRA 26.7.2024, S. 29). Politische Gefangene Seit dem gescheiterten Putschversuch im Jahr 2016 und dem darauf folgenden Ausnahmezu stand wurden immer mehr Menschen nach dem ursprünglich 1991 eingeführten Anti-Terrorge setz verurteilt. Zu diesen Gefangenen gehören ausgesprochene Regierungskritiker, politische Gegner, Aktivisten, Journalisten, Anwälte und kurdische Aktivisten. Schätzungen zufolge fallen mehr als 10 % der Gefängnisinsassen in diese Kategorie (Prison Insider 2024). Einer Quelle des niederländischen Außenministeriums zufolge gab es mit Stand April 2024 zwischen 20.000 und 25.000 politische Gefangene, wobei die meisten Kurden - Schätzungen gehen von bis zu 80 % aus - (MBZ 2.2025a, S. 39f.). In diesem Sinne äußerte sich Ende November auch 207

der UN-Menschenrechtsausschuss und fügte diesbezüglich seine Sorge über die lange Un tersuchungshaft hinzu, einschließlich der langen Zeiträume, in denen die erwähnten Gruppen ohne Anklage inhaftiert sind. In diesem Zusammenhang brachte der Ausschuss seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass Strafverteidiger gezielt angegriffen werden, dass es schwierig ist, rechtswidrige Inhaftierungen anzufechten, dass Strafverteidiger Beschränkungen unterliegen, wenn sie sich mit ihren Mandanten treffen und Zugang zu den Fallakten erhalten wollen, und dass das Berufungsverfahren langwierig ist (UNHRCOM 28.11.2024, S. 6). Lokale Quellen des australischen Außenministeriums besagen, dass wegen terroristischer Straf taten verurteilte Häftlinge, darunter auch politische Gefangene, in Hochsicherheitsgefängnissen festgehalten würden. Für politische Gefangene gelten besondere Bedingungen, ebenso wie für diejenigen, die zu „ verschärfter lebenslanger Haft“ verurteilt worden waren, darunter ein geschränkte Telefon- und Besuchsrechte und nur eine Stunde pro Tag für den Kontakt mit anderen Gefangenen (DFAT 16.5.2025, S. 40). Menschenrechtsorganisationen berichten, dass politische Gefangene häufiger in Einzelhaft gehalten werden und von den Initiativen der Regie rung zur Verringerung der Gefangenenpopulation durch Amnestien und vorzeitige Entlassungen ausgeschlossen waren. Berichtet wird auch, dass die Aufsichtsgremien in den Gefängnissen die Entlassung von Gefangenen zum Zeitpunkt ihrer Bewährung häufiger mit der Begründung „ mangelnder guter Führung“ verweigern, obwohl ihre gerichtlich angeordneten bedingten Ent lassungstermine bereits verstrichen sind (USDOS 22.4.2024, S. 16f.; vgl. ÖB Ankara 4.2025, S. 16), EC 30.10.2024, S. 30, DFAT 16.5.2025, S. 40). Laut NGO-Berichten haben Gefängnisbehörden seit 2021 (bis 2023) willkürlich die Bewäh rungsrechte von über 300 Insassen aberkannt. Insbesondere politische Gefangene sind von solchen Praktiken betroffen. Laut dem türkischen Strafgesetzbuch können auch Personen, die wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt wurden, nach Verbüßung von zwei Dritteln ihrer Strafe auf Bewährung entlassen werden. Anwälte berichten jedoch, dass viele politische Gefangene, die schon lange inhaftiert sind, bewusst von einer Freilassung aus geschlossen werden (TM 29.8.2023; vgl. SCF 18.5.2021). Verwaltungs- und Beobachtungsaus schüssen, die die bedingte Freilassung von Gefangenen genehmigen oder ablehnen sollen, fehlt es an institutioneller Unabhängigkeit, da sie hauptsächlich aus Gefängnispersonal bestehen und angeblich mit einem hohen Maß an Willkür arbeiten (CAT 14.8.2024, S. 4; vgl. İHD/HRA 26.7.2024, ÖB Ankara 4.2025, S. 17, MBZ 2.2025a, S. 41f.). In jedem Fall entscheidet ein Richter über die vorzeitige Entlassung, allerdings auf Grundlage eben jener ihm vorgelegten Gefängnis berichte. Gefangene haben behauptet, dass ihnen schlechte Verhaltensberichte u. a. auch für das Trinken von zu viel Wasser, den Besuch einer offenen Universität im Gefängnis, das Lesen zu vieler Bücher und das Treffen mit dem Imam des Gefängnisses ausgestellt wurden (BChalk 11.2023, S. 24; vgl. TM 29.8.2023, SCF 18.5.2021), oder umgekehrt weil der Häftling keine Literatur in der Gefängnisbibliothek liest, nicht an Gruppenaktivitäten teilnimmt oder den Ge fängnis-Imam nicht besucht. Letzteres ist fallweise darauf zurückzuführen, dass nur sunnitische Imame zur Verfügung stehen, Vertreter anderer Religionen jedoch nicht (MBZ 2.2025a, S. 41f.). Bei Bewährungsanhörungen werden Gefangene ausführlich zu ihren politischen Ansichten und persönlichen Angelegenheiten befragt. Wenn sie aus politischen Gründen verhaftet wurden, 208

werden sie gefragt, ob sie ihre Überzeugungen bereut haben, bzw. es wird verlangt, „ Reue“ zu deklarieren. - Aufgrund dieser Entscheidungen werden Hunderte von politischen Gefangenen ihres Rechts auf Bewährung und bedingte Entlassung beraubt (CAT 14.8.2024, S. 4; vgl. İHD/ HRA 26.7.2024, ÖB Ankara 4.2025, S. 16, BChalk 11.2023, SCF 18.5.2021, MBZ 2.2025a, S. 41). Die Behörden verwehren Menschenrechts- und humanitären Organisationen wie dem Internatio nalen Komitee vom Roten Kreuz den Zugang zu politischen Gefangenen. Es gibt glaubwürdige Berichte über Misshandlungen politischer Gefangener durch die Behörden, darunter lange Ein zelhaft, unnötige Leibesvisitationen, strenge Beschränkungen der Bewegung im Freien und der Aktivitäten außerhalb der Zellen, Verweigerung des Zugangs zur Gefängnisbibliothek und zu den Medien, schleppende medizinische Versorgung und in einigen Fällen die Verweigerung medizinischer Behandlungen (USDOS 22.4.2024, S. 16f.). Bei politischen Gefangenen wird in den Krankenakten die Art des Verbrechens angegeben, für das sie verurteilt wurden. Es gibt Fälle aus kleineren Städten, in denen Ärzte mit nationalistischen Neigungen sich geweigert haben, Personen zu behandeln, die wegen Mitgliedschaft in der PKK verurteilt wurden (DIS 31.3.2021, S. 30, 50). - Es gibt auch Berichte, wonach die Behörden Besucher von politischen Gefangenen misshandeln, einschließlich Leibesvisitationen (USDOS 22.4.2024, S. 16f.). Medizinische Behandlungen und Kontrollen Im Strafvollzugssystem gibt es nicht genügend medizinisches Fachpersonal. Gefangene werden bei der Überführung in Gesundheitseinrichtungen und während ihrer Behandlung häufig gefes selt und unter unangemessenen Bedingungen festgehalten. Das CAT war auch besorgt über Informationen, die darauf hindeuteten, dass Entscheidungen über die Überweisung von Gefan genen in Krankenhäuser manchmal von Gefängnisverwaltungen und nicht von medizinischen Fachkräften getroffen werden (CAT 14.8.2024, S. 4), und dass Gefangenen mit lebensbedroh lichen Krankheiten die vorläufige Entlassung mit der Begründung verweigert wird, dass sie angeblich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen (CAT 14.8.2024, S. 4; vgl. İHD/ HRA 26.7.2024, S. 19f.). Das Stockholm Center for Freedom hat insbesondere seit Oktober 2020 über eine Reihe von Fällen berichtet, in denen Gefangene mit angeblichen Verbindungen zur Gülen-Bewegung unzu reichend behandelt wurden, was manchmal zum Tod oder zur Verschlechterung ihres Zustands führte (DIS 31.3.2021, S. 19). Das CAT zeigte sich 2024 besorgt über Informationen, wonach Todesfälle in Haft nur unzureichend untersucht werden, und es bei den durchgeführten Untersu chungen an einer sinnvollen Beteiligung von Familienangehörigen, den gesetzlichen Vertretern der Verstorbenen sowie einer unabhängigen Überwachung durch die Zivilgesellschaft mangelt (CAT 14.8.2024, S. 6). Zwei Quellen des niederländischen Außenministeriums weisen darauf hin, dass einige Ärzte sich weigerten, tatsächliche oder angebliche Gülenisten und PKK-Mitglieder zu behandeln, aus Angst, mit der PKK oder der Gülen-Bewegung in Verbindung gebracht zu werden (MBZ 2.3.2022, S. 30; vgl. USDOS 20.3.2023, S. 10). Infolgedessen sind die Opfer oft nicht in der 209
