2025-09-05-coi-cms-laenderinformationen-tuerkei-version-10-d827
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
zwei bulgarisch-orthodoxe und jeweils eine georgisch und eine maronitische türkisch-ortho doxe (Stand: August 2022). Die Errichtung neuer Gemeinschaftsstiftungen (cemaat vakıfları) ist rechtlich unmöglich. Die Registrierung als Verein oder Stiftung ist möglich, sofern das er klärte Ziel primär gemeinnütziger, erzieherischer oder kultureller Natur und nicht religiös ist. In Ermangelung einer Rechtsgrundlage vermochten cemaat vakıfları von 2013 bis 2022 ih re Stiftungsvorstandsmitglieder nicht zu erneuern, was zu Problemen in der Stiftungsleitung und zum Verlust von Eigentumsrechten führte. In der Praxis wurde dadurch das Tätigwerden der nicht-muslimischen Religionsgemeinschaften massiv erschwert (ÖB Ankara 4.2025, S.31; vgl. USCIRF 5.2023, S.67, Bianet 12.4.2022). Nicht-muslimische Gemeinschaften stehen bei der Rückgabe ihres Eigentums weiterhin vor Herausforderungen. Alle Aspekte der langwierigen Rückgabeverfahren fallen auf die Stiftungen zurück, von der Räumung durch die derzeitigen Bewohner bis hin zu den damit verbundenen hohen finanziellen Belastungen. Es gibt immer noch Probleme bei der Zuweisung von Eigentum, das den Stiftungen gehört (MRG 29.4.2024, S. 13). Nach türkischer Lesart können sich nur die vom Lausanner Vertrag erfassten drei [oben er wähnten] ethno-religiösen Gemeinschaften auf ihre religiösen Stiftungen (vakıflar) stützen. Die restlichen Religionsgruppen können sich ebenfalls, wenn sie die verwaltungsrechtlichen Vorga ben erfüllen, als Stiftung oder als Verein organisieren (AA 20.5.2024 S. 10). Andere islamische Strömungen neben dem sunnitischen Islam genießen zwar individuelle und – seit den 1990er-Jahren zunehmend auch – de facto kollektive Freiheiten. Sie werden aller dings aufgrund des kemalistischen Verständnisses einer „ unteilbaren Einheit“ der (sunnitisch- muslimischen) türkischen Nation weiterhin nicht als Religionsgemeinschaften anerkannt. Ihre Gebetshäuser sind nicht als solche anerkannt (BMZ/AA 22.11.2023, S. 153). Das Gesetz verbietet Sufi- und andere religiös-soziale Orden (tarikat) sowie Logen (tekke oder zaviye), obgleich die Regierung diese Einschränkungen im Allgemeinen nicht vollstreckt (US DOS 30.6.2024; vgl. BMZ/AA 22.11.2023, S.153). Die islamischen Bruderschaften werden in ihren wirtschaftlichen und politischen Aktivitäten nicht pauschal behindert (BMZ/AA 22.11.2023, S.153). Individuelle Religionsfreiheit und Diskriminierung Konversion: In der Türkei ist das individuelle Recht, zu glauben, nicht zu glauben und seinen Glauben zu wechseln, gesetzlich geschützt (NORHC 11.9.2020, S. 10). Das türkische Rechts system sieht kein Verbot der Konversion vor (NORHC 25.8.2022, S. 16). Rechtliche Hindernisse hinsichtlich der Konversion, etwa ein Übertritt zum Christentum, bestehen nicht. Allerdings wer den Konvertiten in der Folge oft von ihren Familien bzw. ihrem sozialen Umfeld ausgegrenzt (AA 20.5.2024, S. 10; vgl. BMZ/AA 22.11.2023) oder am Arbeitsplatz gemieden (USDOS 12.5.2021). D.h., dass trotz dieser rechtlichen Garantien gefährdet das Bekenntnis zu einer anderen Reli gion oder Weltanschauung als derjenigen, die in der Familie, im sozialen Netzwerk und in der Gesellschaft akzeptiert wird, in der Praxis die Rechte des Einzelnen. Der Einzelne kann diskrimi niert und strafrechtlich verfolgt werden, wenn er sich zu seinen religiösen oder philosophischen Ansichten äußert. Weit verbreitet ist auch die Besorgnis über die Gefahr der Diskriminierung 226

aufgrund der eigenen Religion oder des eigenen Glaubens am Arbeitsplatz. Betroffene berichten häufig, dass sie sich gezwungen sehen, sich an „ akzeptable Normen“ zu halten. Praktizierende Muslime fürchten Diskriminierung an säkularen Arbeitsplätzen; nicht-sunnitische Muslime fürch ten Diskriminierung an konservativen und einigen säkularen Arbeitsplätzen. Atheisten berichten, dass sie sich nicht wohl dabei fühlen, am Arbeitsplatz offen über ihre Identität als Atheisten zu sprechen, weil sie Angst vor Entlassung haben. Der daraus resultierende Druck zwingt die Menschen, ein Doppelleben zu führen. Eine Umfrage der Kadir Has Universität zur religiösen Toleranz im Jahr 2021 in 26 Städten hat ergeben, dass 57,3 % der Befragten keine Atheisten, 43,9 % keine Christen, 37,1 % keine Juden, 21,3 % keine Aleviten und 16,2 % keinen streng religiösen Menschen als Nachbarn haben möchten (NORHC 25.8.2022, S. 16). Missionierung: Religiöse Missionstätigkeit ist seit 1991 nicht mehr verboten (BMZ/AA 22.11.2023, S.152; vgl. NHC-FBI 19.4.2022, S. 37). Nach wie vor begegnet die große muslimische Mehrheit sowohl der Hinwendung zu einem anderen als dem muslimischen Glauben als auch jeglicher Missionierungstätigkeit mit großem Misstrauen (AA 20.5.2024, S. 10; vgl. NHC-FBI 19.4.2022, S. 37). Der Staat sieht eine Gefahr in Missionaren, nicht aus religiösen Gründen, sondern vielmehr aus nationalistischen Motiven. Der Staat fürchtet, Missionare würden vom Westen be nutzt, um die Türkei zu unterwandern. Dies erklärt die Ausweisung zahlreicher protestantischer Priester in der jüngsten Vergangenheit (DlF 12.7.2020). Aleviten und Nicht-Muslime werden in Schulen und im öffentlichen Sektor systematisch dis kriminiert (FH 26.2.2025, F4; vgl. AA 20.5.2024, S. 11). Mit Ausnahme wissenschaftlicher Einrichtungen sind Angehörige nicht-muslimischer Religionsgemeinschaften nur in Einzelfällen im öffentlichen Dienst und als Berufssoldaten zu finden. Ende Oktober 2021 wurde erstmals in der Geschichte der Republik ein der armenischen Gemeinde zugehöriger Kandidat zum Ver fahren für die Ausbildung zum Distriktgouverneur zugelassen. Und Mitte August 2022 erfolgte seine Ernennung zum Distriktgouverneur von Babadağ/Denizli. Früher bestehende Bestimmun gen, welche die Aufnahme von Minderheitenangehörigen in den Staatsdienst auch rechtlich eingeschränkt hatten, wurden in der Zwischenzeit zwar aufgehoben, doch werden sie als ge lebte Praxis weiterhin beachtet. Im Wissen, dass eine Bewerbung aussichtslos wäre, bemühen sich Angehörige, etwa der christlichen Minderheiten, inzwischen meist gar nicht mehr um eine Aufnahme. - Im türkischen Parlament zählt vom Mai 2023 nur die Grüne Linkspartei - YSP, (als Nachfolgerin der HDP) einen christlichen Abgeordneten in ihren Reihen (ÖB Ankara 4.2025, S.35). Staatliches Vorgehen gegen Blasphemie und Verletzung religiöser Werte Artikel 216 (3) des türkischen Strafgesetzbuchs (TCK) und seine Anwendung stellen eine wich tige Infragestellung des Rechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit, einschließlich des Rechts auf Nicht-Glauben, dar. Wer sich kritisch zu Religion oder Weltanschauung oder zu be stimmten Auslegungen, insbesondere des Islams, äußert, muss mit einer Anzeige rechnen und riskiert, nach dem Strafgesetzbuch verfolgt zu werden. Dies geschieht insbesondere unter Arti kel 216 (3): öffentliche Herabwürdigung religiöser Werte eines Teils der Bevölkerung (NORHC 25.8.2022, S. 17; vgl. DFAT 16.5.2025, S. 15, USCIRF 3.2025, S. 66). Die Venedig-Kommission 227

des Europarates bewertete in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2016 die Vereinbarkeit von Artikel 216 (3) mit internationalen Menschenrechtsnormen. In der Stellungnahme wurde auf die Empfehlung 1805 (2007) der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zu Blasphemie, religiösen Beleidigungen und Hassreden gegen Personen aufgrund ihrer Religion verwiesen, in der es heißt, dass „ das nationale Recht nur Äußerungen über religiöse Angelegenheiten bestra fen sollte, die die öffentliche Ordnung absichtlich und schwerwiegend stören und zu öffentlicher Gewalt aufrufen“. Artikel 216 (3) „ sollte nicht zur Bestrafung von Blasphemie angewandt wer den, sondern auf Fälle religiöser Beleidigungen beschränkt werden, die die öffentliche Ordnung absichtlich und schwerwiegend stören und zu öffentlicher Gewalt aufrufen“ (NORHC 25.8.2022, S. 17; vgl. DFAT 16.5.2025, S. 15). In der Türkei gibt es eine starke Tendenz, Artikel 216 (3) nur im Zusammenhang mit dem Islam anzuwenden und nicht im Zusammenhang mit Beleidigung oder Hass gegen andere Religionen oder Glaubensrichtungen (NORHC 25.8.2022, S. 17; vgl. USCIRF 3.2025, S. 66). Allerdings wurde im Februar 2023 ein Volkssänger zu sechs Monaten Haft verurteilt, weil er in einem Liedtext eine heilige Figur der Aleviten verspottete und damit „ religiöse Werte“ beleidigt hatte. Die Strafe wurde später in eine Geldstrafe umgewandelt (DFAT 16.5.2025, S. 15). Das Strafgesetzbuch verbietet nicht nur die „ Erregung von Hass und Feindseligkeit“, sondern stellt auch die öffentliche Respektlosigkeit gegenüber religiösen Überzeugungen unter Strafe. Das Gesetz bestraft beleidigende Äußerungen gegenüber Wertvorstellungen, die von einer Re ligion als heilig betrachtet werden (USDOS 30.6.2024; vgl. BMZ/AA 22.11.2023, S.152). Die Beleidigung einer Religion wird mit sechs Monaten bis zu einem Jahr Gefängnis sanktioniert. Die Störung des Gottesdienstes einer religiösen Gruppe wird mit ein bis drei Jahren, die Beschä digung religiösen Eigentums mit drei Monaten bis zu einem Jahr und die Zerstörung religiösen Eigentums mit ein bis vier Jahren Gefängnis bestraft. Da es illegal ist, Gottesdienste an Orten abzuhalten, die nicht als Gebetsstätten registriert sind, gelten diese gesetzlichen Verbote in der Praxis nur für anerkannte religiöse Gruppen (USDOS 30.6.2024). Das Strafgesetzbuch verbie tet es überdies, religiösen Führern während der Ausübung ihres Amtes die Regierung oder die Gesetze des Staates „ zu tadeln oder zu verunglimpfen“. Darauf stehen Gefängnisstrafen von bis zu einem Jahr, im Falle einer Aufstachelung zur Missachtung des Gesetzes sogar von bis zu drei Jahren (USDOS 15.5.2023). Es wurden zahlreiche Einzelpersonen und Einrichtungen wegen „ Beleidigung religiöser Werte“ oder Blasphemie strafrechtlich verfolgt (USCIRF 5.2023, S.66; vgl. USCIRF 3.2025, S.66). Laut letztmaliger Statistik des Justizministeriums, welche noch den Artikel 216 getrennt auswies, wur den im Jahr 2020 insgesamt 317 Personen (296 Männer und 21 Frauen) gemäß Artikel 216 zu unterschiedlichen Strafen verurteilt. Zu einer Haftstrafe wurden 94, zu einer bedingten Haftstrafe 19 und zu einer Verwaltungsstrafe 45 verurteilt. (Der Rest viel auf andere Strafkategorien.) (MoJ - GDJR&S 2021, S. 109, 118, 127, 136; vgl. NORHC 25.8.2022, S. 17). Die Türkei macht nicht nur vom entsprechenden Artikel des Strafgesetzbuchs Gebrauch, son dern gehört auch zu den Top-10-Ländern der Welt, in denen Fälle von angeblicher Blasphemie durch die Nutzung sozialer Medien verfolgt werden. Beispiele: Im Jänner 2022 machte die 228

türkische Popsängerin Sezen Aksu Schlagzeilen, nachdem sie einen Clip eines fünf Jahre al ten Liedes von sich auf YouTube geteilt hatte. Das Lied erregte in den sozialen Medien große Aufmerksamkeit und löste bei mehreren Regierungsvertretern Kritik aus, weil der Text die re ligiösen Figuren Adam und Eva als „ ignorant“ bezeichnete. Nach dem Freitagsgebet in jenem Monat warnte Präsident Erdoğan, ohne Aksu namentlich zu nennen, dass „ niemand gegen seine Heiligkeit Adam sprechen darf. Wenn es sein muss, ist es unsere Pflicht, diese Zungen heraus zureißen. Niemand kann gegen unsere Mutter Eva sprechen. Es ist unsere Pflicht, diejenigen, die gegen sie sprechen, auf ihren Platz zu verweisen.“ Regierungsnahe Juristen erstatteten gegen die Sängerin Anzeige, die staatliche Religionsbehörde Diyanet und die Rundfunkbehörde RTÜK griffen ebenfalls ein (USCIRF 12.2022, S. 3; vgl. NZZ 1.2.2022). Im Jänner 2024 reichte das Diyanet Strafanzeige gegen den armenischen Autor Sevan Nişanyan ein, weil er 2021 auf YouTube den islamischen Gebetsruf verunglimpft hatte, indem er sich über dessen Lautstärke beschwerte (Duvar 25.1.2024; vgl. USCIRF 3.2025, S. 66). Im Februar 2024 ließ die Staatsan waltschaft Istanbul die Rechtsanwältin Beykoz Feyza Altun wegen eines Social-Media-Beitrags festnehmen, in welchem sie die Scharia verunglimpfte bzw. verurteilte. Die Istanbuler Gene ralstaatsanwaltschaft warf ihr die „Anstiftung zu Hass und Feindseligkeit“ gemäß Art. 216 des Strafgesetzbuches vor. Das Gericht entließ sie zwar einen Tag später, verhängte jedoch ein Ausreiseverbot (Duvar 19.2.2024; vgl. Cumhuriyet 20.2.2024, USCIRF 3.2025, S. 66), und im Mai 2024 wurde sie zu neun Monaten bedingt verurteilt (TM 17.5.2024). Heftige Diskussion und Straßenproteste löste einer Karikatur im regierungskritischen Satire magazin LeMan aus, das immer wieder ins Visier der Justiz sowie von regierungsnahen isla mistischen Bruderschaften gerät. Die veröffentlichte Karikatur zeigt zwei schwebende Männer mit Engelsflügeln, die sich einander als Mohammed und Moses vorstellen. Im Hintergrund sind Kugelhagel und brennende Häuser zu sehen, die Gaza symbolisieren. Die Istanbuler Staatsan waltschaft ermittelte wegen Volksverhetzung und Herabwürdigung religiöser Werte nach Art. 216 des Strafgesetzbuches. Gegen sechs Mitarbeiter des Magazins wurden Haftbefehle erlassen, vier von ihnen wurden abgeführt. Innenminister Yerlikaya bezeichnete die Karikatur als „ ab scheulich“ und als „ Provokation“. Konservativ-islamistische Gruppen versammelten sich nachts vor der LeMan-Redaktion, bewarfen Fenster mit Steinen und griffen insbesondere das Café an, das als Treffpunkt der LeMan-Mitarbeiter und ihrer Fans bekannt ist (DW 1.7.2025; vgl. Stan dard 1.7.2025b, TM 1.7.2025). Die Polizei war präsent, griff aber nicht ein. Stattdessen stürmten andere Polizisten die Redaktion. Es entwickelte sich ein Tumult, an dem rund 300-400 Leute beteiligt waren: Gäste des Lokals, die sich gegen die Islamisten verteidigten, und Polizisten, die Gäste festnahmen. (Standard 1.7.2025b; vgl. TM 1.7.2025). LeMan stellte klar, dass der in der Karikatur dargestellte Mann nicht der Prophet Mohammed sei, sondern ein unschuldig getöteter Moslem in Gaza, der eben Mohammed heiße (DW 1.7.2025; vgl. TM 1.7.2025). Tuncay Akgün, Chefredakteur von Leman, sagte, das Bild sei absichtlich falsch interpretiert worden (Standard 1.7.2025b). Staatspräsident Erdoğan verurteilte die Karikatur als Hassverbrechen und fügte hin zu, „ dass diejenigen, die sich gegenüber unserem Propheten und anderen Propheten respektlos verhalten, vor dem Gesetz zur Rechenschaft gezogen werden“ (TM 1.7.2025). 229

Dass es auch zu Haftstrafen kommen kann, zeigt das Beispiel vom Oktober 2023, als ein Mann wegen „ Beleidigung der religiösen Werte eines Teils der Öffentlichkeit“ zu 7 1/2 Monaten Gefängnis verurteilt, als er in den sozialen Medien ein Foto veröffentlichte, welches Alkohol in einer Moschee zeigte. Im selben Monat nahmen die Behörden drei 16-Jährige wegen Be leidigung religiöser Werte in den sozialen Medien fest. In einem Fall von behördlicher Zensur verbot ein Gericht im Februar die Koranübersetzung des Theologen İhsan Eliaçık, weil sie ver meintlich Elemente enthält, die im Hinblick auf die grundlegenden Eigenschaften des Islams zu beanstanden seien (USCIRF 5.2024, S. 70). Die staatliche Religionsverwaltung und Religionspolitik Das Amt für Religionsangelegenheiten (Diyanet), eine durch die Verfassung eingerichtete staat liche Institution, regelt und koordiniert religiöse Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Islam. Laut Gesetz hat das Diyanet den Auftrag, den Glauben, die Praktiken und die morali schen Grundsätze des Islams zu ermöglichen und zu fördern - wobei der Schwerpunkt auf dem sunnitischen Islam liegt - die Öffentlichkeit über religiöse Fragen aufzuklären und Moscheen zu verwalten (USDOS 30.6.2024; SE 2.1.2024). Im Juni 2025 erhielt der Diyanet-Rat per Gesetz die Kompetenz, die religiösen Inhalte von Publikationen zu überwachen und Koranüberset zungen zu zensieren, welche er als „ unangemessen“ erachtet. Nach dem neuen Gesetz kann der Rat, wenn er solche Texte als „ im Sinne der Grundprinzipien des Islam anstößig“ einstuft, deren Verbreitung untersagen, bereits vorhandene Exemplare einziehen und die Materialien vernichten lassen. Im Falle von Oneline-Publikationen kann das Diyanet per Gerichtsanweisung Inhalte entfernen oder blockieren lassen (TM 4.6.2025). Das Diyanet ist verwaltungstechnisch unter dem Büro des Staatspräsidenten angesiedelt. Der Leiter des Diyanet wird vom Staatspräsidenten ernannt und von einem 16-köpfigen Rat verwaltet, der von Klerikern und den theologischen Fakultäten der Universitäten gewählt wird. Obwohl das Gesetz nicht vorschreibt, dass alle Mitglieder des Rates sunnitische Muslime sein müssen, ist dies in der Praxis der Fall (USDOS 30.6.2024; SE 2.1.2024). Diyanet ist eine der größten religiösen Institutionen der Welt, die jenseits der Türkei weltweit tätig ist. Sie wird aus dem Staatshaushalt finanziert. Im Jahr 2023 wurde das Budget von Diyanet bereits auf 3,18 Milliarden US-Dollar aufgestockt (SE 2.1.2024) und für das Jahr 2025 waren bereits 130,1 Milliarden Lira, rund 3,8 Milliarden US-Dollar, veranschlagt, was mehr ist als die Budget-Mittel für das Innen- oder Außenministerium (Duvar 20.10.2024). Während das Diyanet alle Angelegenheiten bezüglich der Ausübung des Islams verwaltet, ist die Generaldirektion für Stiftungen (Vakiflar) für alle anderen Religionen zuständig (DFAT 16.5.2025, S. 14). Kritiker werfen der AKP vor, sunnitische Muslime zu bevorzugen (FH 26.2.2025, B4) und verwei sen auf die Umgestaltung des Bildungssystems, welches den islamischen Unterricht in säkularen Schulen begünstigt und den Aufstieg religiöser Schulen gefördert hat. Die AKP baute auch das Diyanet aus und nutzte diese Institution als Kanal für politische Klientelpolitik. Neben anderen Funktionen nutzt die Partei das Diyanet, um regierungsfreundliche Predigten in Moscheen in der Türkei sowie in Ländern, in denen die türkische Diaspora präsent ist, zu verbreiten (FH 10.3.2023, B4). Seit ihrer Machtübernahme hat die AKP-Regierung eine Reihe von Maßnahmen 230

ergriffen, die ihre Sicht des Islams und der Gesellschaft widerspiegeln. Dazu gehört die Anpas sung der Lehrpläne, um Themen wie Darwins Evolutionstheorie zu eliminieren. Darüber hinaus versucht die Regierung, den Alkoholkonsum zu reduzieren, indem sie hohe Steuern einführt und Werbung für Alkohol verbietet. Die Regierung fördert auch sog. „ nationale und spirituelle Werte“ durch die von ihr kontrollierten Medien und unterstützt die islamische Zivilgesellschaft mit Ressourcen. Bereits 2010 hob die AKP-Regierung das von einigen türkischen Frauen als diskriminierend empfundene Verbot des Tragens eines Kopftuches auf, wenn sie in staatlichen Einrichtungen arbeiten oder studieren wollen (MBZ 31.10.2019). Das Kopftuch ist das einzige religiöse Symbol, das für Beamte oder Schüler in Grund-, Mittel- oder Oberschulen erlaubt ist. Andere religiöse Symbole wie die Kippa, das Kreuz oder der Zulfikar [Symbol von Schiiten, Aleviten und Alawiten] sind hingegen nicht erlaubt (NHC-FBI 19.4.2022, S. 39). Das türkische Bildungssystem garantiert keine Neutralität und Unparteilichkeit gegenüber ver schiedenen Religionen, Konfessionen und Glaubensrichtungen, (EC 30.10.2024, S. 31). Die Zahl der Religionsschulen, die den sunnitischen Islam fördern, ist unter AKP-Regierungszeit gestiegen (MBZ 31.10.2019). Der staatliche Unterricht umfasst einen verpflichtenden Religions unterricht, wobei sich die Regierung auch weiterhin nicht an ein Urteil des EGMR aus dem Jahr 2013 gehalten hat, wonach der von der Regierung verordnete verpflichtende Religionsunter richt an öffentlichen Schulen gegen die Bildungsfreiheit verstößt (USDOS 30.6.2024; vgl. EC 30.10.2024, S. 31). Im Gegenteil. - Im August 2023 erließ die Regierung eine Verordnung, wo nach Schüler der Mittelstufe (fünfte bis zehnte Klasse) wöchentlich zwei zusätzliche Stunden Religionsunterricht im sunnitischen Islam besuchen müssen. Die Lehrergewerkschaft Eğitim Sen bezeichnete diese Änderung als Verstoß gegen die Religions- und Gewissensfreiheit (USDOS 30.6.2024). Der grundsätzlich verpflichtende Religionsunterricht ist stark sunnitisch-hanafitisch geprägt und entspricht nicht pluralistischen Standards (BMZ/AA 22.11.2023, S. 152; vgl. USCIRF 3.2025, S. 67). Säkularisten, Aleviten, protestantische Christen und andere Gemeinschaften äußerten zusätzliche Beschwerden über angeblich „ frei wählbare“ Kurse (z. B. Musik, Sport), in denen der Unterricht häufig ausdrücklich auf den sunnitischen Islam Bezug nimmt (USCIRF 3.2025, S. 67). Das Verfassungsgericht entschied im April 2022, dass der obligatorische Religionsunterricht gegen die Religionsfreiheit verstößt, und bestätigte damit die beiden früheren Urteile des Euro päischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), welcher die Türkei wegen des Prinzips und des Inhalts des obligatorischen Religionsunterrichts kritisiert hatte (AlMon 12.4.2022; vgl. BMZ/ AA 22.11.2023, S. 152). Eine Umsetzung des Urteils ist bislang nicht erfolgt (BMZ/AA 22.11.2023, S. 152). Das Bildungsministerium hat die Freistellungsmöglichkeit für alle nicht-muslimischen Schüler (nicht nur für jene im Lausanner Vertrag genannten) 2009 offiziell eingeräumt, voraus gesetzt, die entsprechende Religionszugehörigkeit ist im Personenstandsregister eingetragen (BMZ 10.2020). Für Nichtgläubige besteht keine Möglichkeit zur Freistellung. Seit 2016 erscheint die Religionszugehörigkeit nicht mehr im Personalausweis (BMZ/AA 22.11.2023, S. 152) wird aber weiterhin im Personenstandsregister verpflichtend erfasst und ist für die Verwaltung inklu sive der Polizei einsehbar (BMZ/AA 22.11.2023, S. 152; vgl. ÖB Ankara 4.2025, S.30). Atheisten, Agnostiker, Baha’i, Jesiden, Hindus, Buddhisten, Aleviten, andere nicht-sunnitische Muslime 231

oder diejenigen, die den Abschnitt „ Religion“ auf ihrem nationalen Personalausweis [vor 2016] leer gelassen haben, werden selten vom Religionsunterricht befreit (USDOS 30.6.2024). Religiöse Einstellungen der Bevölkerung Während ein Großteil der Bevölkerung an den von der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) geförderten Werten des sozialen Konservativismus und der religiösen Frömmigkeit festhält, gibt es auch einen großen Teil der Bevölkerung, der Religion in erster Linie als Privatsache betrachtet. Zu dieser Gruppe gehören Menschen mit sehr unterschiedlichen Hintergründen und Lebensstilen, wobei der Säkularismus der wichtigste gemeinsame Nenner ist. Sie fühlen sich durch staatliche Maßnahmen im Sinne einer Islamisierung zunehmend margina lisiert (MBZ 31.10.2019). In einer vom Ankara-Institut durchgeführten Studie wurde festgestellt, dass 92,3 % der türkischen Bevölkerung sich als Muslime bezeichnen, während 6 % Atheisten (2,7%) oder Deisten (3,2%) sind. Die Mehrheit der Teilnehmer, 86 %, glaubt an die Existenz Gottes, und 62 % glauben an die Erfüllung religiöser Anforderungen. Diejenigen, die sich als religiös bezeichnen, machten 70 % aus (BNN 7.11.2023). Den Ergebnissen einer Umfrage des KONDA-Instituts zufolge sank der Anteil der Befragten, die sich als streng gläubig oder fromm bezeichneten, von 55 % im Jahr 2008 auf 46 % im Jahr 2025. Im Gegensatz dazu stieg der Anteil der Menschen, die sich als Atheisten oder Nichtgläubige bezeichneten, im gleichen Zeit raum von 2 % auf 8 %. Der Anteil der Befragten, die sich als „ gläubig“ bezeichneten, sich aber nicht als „ streng gläubig“ betrachteten, stieg leicht von 31 % auf 34 %. Die einzige Gruppe, die unverändert blieb, waren die „ sehr streng Gläubigen“, deren Anteil in beiden Umfragen bei 12 % lag (TM 30.5.2025). Religiöse Minderheiten als Ziele staatlicher und gesellschaftlicher Anfeindungen Regierungsvertreter bedienen sich zunehmend einer Rhetorik, die auf religiöse Minderheiten abzielt oder diese ausgrenzt (USCIRF 5.2024, S. 70). Neben der Rhetorik gegen Minderhei tengruppen geben die aggressive Kampagne seitens der Regierung und der Medien gegen Israel im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt Anlass zur Sorge. Die Wortwahl hat sich seit dem Terrorangriff der Hamas vom 7.10.2023 und dem darauffolgenden Militäreinsatz Is raels in Gaza massiv verschärft. - Staatspräsident Erdoğan hat den Terrorangriff der Hamas als Freiheitskämpfer eingestuft. Ein anti-westliches, insbesondere gegen Europa gerichtetes Islamophobie-Narrativ dominiert den Diskurs. Das Zusammenspiel dieser Tendenzen begüns tigt eine gegenüber religiösen Minderheiten feindliche Stimmung, die auch in Hassreden in sozialen Medien Ausdruck findet. Letztere werden von den Justizbehörden oft als Ausdruck freier Meinungsäußerung toleriert, was implizit zu Gewalt und Aggression ermutigt (ÖB Ankara 4.2025, S.33; vgl. EC 30.10.2024, S. 31). Die Anfeindungen richten sich gegen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften und deren Gotteshäuser, zugehörige Einrichtungen, religiö se/spirituelle Führer und Mitglieder, und diese Straftaten bleiben zumal ungestraft. Die derzeitige Gesetzgebung ist unzureichend, um gegen Hassverbrechen vorzugehen. Die Straftaten werden weder ausreichend gemeldet noch von den Behörden ausreichend erfasst (NHC-FBI 19.4.2022, S. 37). Es kommt zu Vandalismus und der Zerstörung von Gebetsstätten und Friedhöfen von Minderheiten (EC 30.10.2024, S. 31). Im Mai 2025 forderte das Europäische Parlament „ die 232

staatlichen Stellen der Türkei auf, Fälle von Hassdelikten, einschließlich Hetze, gegen Min derheiten wirksam zu untersuchen und die Verantwortlichen strafrechtlich zu verfolgen“ (EP 7.5.2025, Pt.27). Antisemitische und antichristliche Ressentiments gehören nicht nur in der (regierungsnahen) Boulevardpresse und in sozialen Medien zum Standardrepertoire. Auch hochrangige Politiker bis in die Staatsspitze und Führung der Opposition greifen in ihren öffentlichen Äußerungen gelegentlich auf antisemitische bzw. antiarmenische Verschwörungstheorien zurück(BMZ/AA 22.11.2023, S. 154; vgl. USDOS 30.3.2021, S.90). Siehe auch: Religionsfreiheit und religiöse Minderheiten / Christen und Juden Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (20.5.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und ab schiebungsrelevante Lage in der Republik Türkei (Stand: Januar 2024), https://www.ecoi.net/en/file /local/2110308/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_ der_Republik_Türkei,_20.05.2024.pdf, Zugriff 27.6.2024 [Login erforderlich] ■ ACN - Kirche in Not (2023): Türkei Report 2023, https://acninternational.org/religiousfreedomreport/ de/berichte/land/2023/turkei, Zugriff 6.12.2024 ■ AlMon - Al Monitor (12.4.2022): Turkey’s top court rules compulsory religion courses violate rights, https://www.al-monitor.com/originals/2022/04/turkeys-top-court-rules-compulsory-religion-courses -violate-rights, Zugriff 29.11.2023 ■ Bianet - Bianet (12.4.2022): Why Turkey’s minorities not able to elect their community leaders for nine years?, https://bianet.org/english/minorities/260380-why-turkey-s-minorities-not-able-to-elect -their-community-leaders-for-nine-years , Zugriff 29.11.2023 ■ BMI/BMLVS - Bundesministerium für Inneres [Österreich], Bundesministerium für Landesverteidi gung und Sport [Österreich] (2017): Atlas: Middle East & North Africa, https://www.ecoi.net/en/file/l ocal/1408000/90_1487770786_2017-02-bfa-mena-atlas.pdf , Zugriff 27.8.2024 ■ BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland] (10.2020): Zweiter Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religionsfreiheit, https: //www.auswaertiges-amt.de/blob/2410402/9e394a9928461b6c4ac0d4368b7a26af/201028-zweiter -bericht-der-bundesregierung-zur-weltweiten-lage-der-religionsfreiheit-data.pdf , Zugriff 24.11.2023 ■ BMZ/AA - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland], Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.11.2023): Dritter Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religionsfreiheit (Berichtszeitraum 2020 bis 2022), https://religionsfreiheit.bmz.de/resourc e/blob/190798/dritter-religions-und-weltanschauungsfreiheitsbericht.pdf , Zugriff 24.11.2023 ■ BNN - BNN Network (7.11.2023): Perception of Religiosity in Turkey: A Study by Ankara Institute, https://bnn.network/world/turkey/perception-of-religiosity-in-turkey-a-study-by-ankara-institute/ , Zugriff 30.11.2023 ■ Cumhuriyet - Cumhuriyet (20.2.2024): Feyza Altun’s release: Lawyer freed after social media de tention, https://www.cumhuriyetdaily.com/turkiye/feyza-altuns-release-lawyer-freed-after-social-m edia-detention-2134705, Zugriff 11.6.2025 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (16.5.2025): DFAT Country Information Report; Türkiye, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-turkey.pdf , Zugriff 21.5.2025 ■ DlF - Deutschlandfunk (12.7.2020): Religionsfreiheit - Schwere Zeiten für Protestanten in der Türkei, https://www.deutschlandfunkkultur.de/religionsfreiheit-schwere-zeiten-fuer-protestanten-in-der-100 .html, Zugriff 10.9.2024 ■ Duvar - Duvar (20.10.2024): Turkish top religious body demands 130 bln liras for 2025 budget, https://www.duvarenglish.com/turkish-top-religious-body-demands-130-bln-liras-for-2025-budge t-news-65129, Zugriff 6.12.2024 ■ Duvar - Duvar (19.2.2024): Famous Turkish lawyer Feyza Altun detained over sharia remark, https: //www.duvarenglish.com/famous-turkish-lawyer-feyza-altun-detained-over-sharia-remark-news-6 3861, Zugriff 11.6.2025 233

■ Duvar - Duvar (25.1.2024): Turkeys Religious Affairs Directorate files criminal complaint against Armenian author Nişanyan over remark on adhan, https://www.duvarenglish.com/turkeys-religious -affairs-directorate-files-criminal-complaint-against-armenian-author-nisanyan-over-remark-on-adh an-news-63718, Zugriff 11.6.2025 ■ DW - Deutsche Welle (1.7.2025): Türkei: Verhaftungen wegen angeblicher Mohammed-Karikatur, https://www.dw.com/de/tuerkei-mohammed-karikatur-leman-satire-v2/a-73109237 , Zugriff 2.7.2025 ■ EC - Europäische Kommission (30.10.2024): Türkiye 2024 Report [SWD(2024) 696 final], ht tps://neighbourhood-enlargement.ec.europa.eu/document/download/8010c4db-6ef8-4c85-aa06- 814408921c89_en?filename=Türkiye Report 2024.pdf, Zugriff 5.11.2024 ■ EP - Europäisches Parlament (7.5.2025): Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Mai 2025 zu den Berichten 2023 und 2024 der Kommission über die Türkei (2025/2023(INI)), https: //www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-10-2025-0092_DE.html , Zugriff 11.6.2025 ■ FH - Freedom House (26.2.2025): Freedom in the World 2025 - Turkey, https://www.ecoi.net/de/do kument/2125459.html, Zugriff 20.5.2025 ■ FH - Freedom House (10.3.2023): Freedom in the World 2023 - Turkey, https://freedomhouse.org/c ountry/turkey/freedom-world/2023, Zugriff 28.4.2023 ■ MBZ - Außenministerium der Niederlande [Niederlande] (2.2025a): Algemeen ambtsbericht Turkije, https://www.ecoi.net/de/dokument/2122226.html, Zugriff 13.3.2025 ■ MBZ - Außenministerium der Niederlande [Niederlande] (31.10.2019): General Country of Ori gin Information Report Turkey, https://www.rijksoverheid.nl/binaries/rijksoverheid/documenten/ ambtsberichten/2019/10/31/algemeen-ambtsbericht-turkije-oktober-2019/Turkije October 2019.pdf, Zugriff 29.11.2023 [Login erforderlich] ■ MoJ - GDJR&S - Republic of Turkey Ministry of Justice - General Directorate of Judicial Record and Statistics (2021): ADALET İSTATİSTİKLERİ Judicial Statistics 2020, https://adlisicil.adalet.gov.tr/Re simler/SayfaDokuman/1692021162011adalet_ist-2020.pdf, Zugriff 9.9.2024 ■ MRG - Minority Rights Group (29.4.2024): Unveiling Discrimination: Minorities in Türkiye, https: //minorityrights.org/app/uploads/2024/04/mrge-turkey-en-apr24-spreads.pdf , Zugriff 2.12.2024 ■ NHC-FBI - Norwegian Helsinki Committee’s Freedom of Belief Initiative (19.4.2022): An Appeal to Move Forward from Aspirations to Actions - Monitoring Report on the Right to Freedom of Religion or Belief in Turkey, https://inancozgurlugugirisimi.org/wp-content/uploads/2022/04/iog-monitoring-r eport-on-forb-2022-en.pdf , Zugriff 29.11.2023 ■ NORHC - Norwegian Helsinki Committee (25.8.2022): Monitoring report on the right to freedom of religion or belief in Turkey, https://www.nhc.no/content/uploads/2022/08/iog-monitoring-report-on-f orb-2022-en.pdf, Zugriff 6.9.2024 ■ NORHC - Norwegian Helsinki Committee (11.9.2020): Pursuing Rights and Equality: Monitoring Report on the Right to Freedom of Religion or Belief in Turkey, https://www.nhc.no/content/uploads /2020/09/Report_Turkey_ENG_web.pdf, Zugriff 29.11.2023 ■ NZZ - Neue Zürcher Zeitung (1.2.2022): Kulturkampf in der Türkei: Die türkische Pop-Königin ist unantastbar – auch für Erdogan, https://www.nzz.ch/podcast/sezen-aksu-erdogans-kulturkampf-n zz-akzent-ld.1667345, Zugriff 29.11.2023 ■ ÖB Ankara - Österreichische Botschaft Ankara [Österreich] (4.2025): Asylländerbericht 2024 – ÖB An kara, https://www.ecoi.net/en/file/local/2125282/TUER_ÖB Bericht_2025_04.pdf, Zugriff 13.5.2025 ■ Pew - Pew Research Center (5.3.2024): Globally, Government Restrictions on Religion Reached Peak Levels in 2021, While Social Hostilities Went Down, https://www.pewresearch.org/wp-content /uploads/sites/20/2024/03/PR_2024.3.5_religious-restrictions_REPORT.pdf, Zugriff 6.12.2024 ■ SE - SpecialEurasia (2.1.2024): Diyanet’s Role to promote Turkey in Central Asia and Russia, https: //www.specialeurasia.com/2024/01/02/diyanet-turkey-geopolitics, Zugriff 6.12.2024 ■ Standard - Standard, Der (1.7.2025b): Festnahmen bei türkischem Satiremagazin wegen angeblicher Mohammed-Karikatur, https://www.derstandard.at/story/3000000277583/randale-und-festnahme n-wegen-mohammed-zeichnung-in-tuerkischem-satiremagazin , Zugriff 2.7.2025 ■ TM - Turkish Minute (1.7.2025): Protesters rally against İstanbul magazine over alleged Prophet cartoon, invoke Charlie Hebdo - Turkish Minute, https://www.turkishminute.com/2025/07/01/protest ers-rally-against-istanbul-magazine-over-alleged-prophet-cartoon-invoke-charlie-hebdo , Zugriff 2.7.2025 ■ TM - Turkish Minute (4.6.2025): Turkeys religious authority granted power to censor, destroy improper Quran translations - Turkish Minute, https://www.turkishminute.com/2025/06/04/turkeys-religious-a uthority-granted-power-to-censor-destroy-improper-quran-translations , Zugriff 12.6.2025 234

■ TM - Turkish Minute (30.5.2025): More Turks identify as nonbelievers, fewer as devout, new survey reveals - Turkish Minute, https://www.turkishminute.com/2025/05/30/more-turks-identify-as-nonbeli evers-fewer-as-devout-new-survey-reveals , Zugriff 4.6.2025 ■ TM - Turkish Minute (17.5.2024): Lawyer gets suspended sentence due to remarks on Islamic law - Turkish Minute, https://www.turkishminute.com/2024/05/17/lawyer-got-suspended-sentence-due-r emark-on-islamic-law , Zugriff 12.6.2025 ■ UNHRCOM - United Nations Human Rights Committee (28.11.2024): Concluding observations on the second periodic report of Türkiye [CCPR/C/TUR/CO/2, https://www.ecoi.net/en/file/local/21203 09/g2420766.pdf, Zugriff 24.1.2025 ■ USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom [USA] (3.2025): United States Commission on International Religious Freedom 2025 Annual Report, https://www.ecoi.net/ en/file/local/2124284/Nigeria 2025 USCIRF Annual Report.pdf, Zugriff 5.6.2025 ■ USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom [USA] (5.2024): United States Commission on International Religious Freedom 2024 Annual Report; USCIRF–Recommen ded for Special Watch List; Turkey, https://www.ecoi.net/en/file/local/2111600/Turkey.pdf , Zugriff 5.9.2024 ■ USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom [USA] (5.2023): United States Commission on International Religious Freedom 2023 Annual Report; USCIRF–Recommen ded for Special Watchlist: Turkey, https://www.ecoi.net/en/file/local/2092561/Turkey.pdf , Zugriff 30.11.2023 ■ USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom [USA] (12.2022): Charges for Blasphemy and „ Insulting Religious Values“, https://www.uscirf.gov/sites/default/files/2022-12/ 2022 Turkey Charges for Blasphemy and Insulting Religious Values v2.pdf, Zugriff 29.11.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (30.6.2024): 2023 Report on International Reli gious Freedom: Turkey (Türkiye), https://www.ecoi.net/de/dokument/2111578.html, Zugriff 6.8.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (15.5.2023): 2022 Report on International Re ligious Freedom: Turkey (Türkiye), https://www.ecoi.net/de/dokument/2091933.html , Zugriff 28.11.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Reli gious Freedom: Turkey, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051585.html, Zugriff 29.11.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 – Turkey, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2021/03/TURKEY-2020-HUM AN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 29.11.2023 17.1 Aleviten Letzte Änderung 2025-08-06 13:34 Alevi ist die Bezeichnung für eine große Zahl von heterodoxen schiitischen Gemeinschaften mit unterschiedlichen Merkmalen. Damit bilden die Aleviten die größte religiöse Minderheit in der Türkei. Technisch gesehen fallen sie unter die schiitische Konfession des Islam, folgen aber einer grundlegend anderen Interpretation als die schiitischen Gemeinschaften in anderen Ländern. Sie unterscheiden sich auch erheblich in ihrer Praxis und Interpretation des Islam von der sunnitischen Mehrheit (MRG 6.2018a; vgl. BPB 14.9.2014, MBZ 2.2025a, S. 67). Während die meisten Aleviten ihren Glauben als eigenständige Religion betrachten, identifizieren sich einige als Schiiten oder Sunniten oder sehen ihre alevitische Identität überwiegend in einem kulturellen und nicht religiösen Rahmen. Aleviten sind meist säkular orientiert und unterstützen eine strikte Trennung von Religion und Politik. Aleviten berichten, dass sie religiöse Zeremonien und Feste im Allgemeinen ohne behördliche Einmischung durchführen konnten (DFAT 16.5.2025, S.15; vgl. MBZ 2.2025a, S. 67). Die Zahl der Aleviten im Land ist umstritten. Schätzungen aus verschiedenen Quellen variieren beträchtlich, von etwa 10 % bis zu 40 % der Gesamtbevölkerung. Aktuelle Zahlen deuten auf eine 235
