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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter

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die Justiz drastisch zugenommen, dies trotz der Bestimmungen von Art. 138 der Verfassung und 
Art. 4 des Gesetzes Nr. 2802, die beide die Unabhängigkeit der Judikative betreffen (UNHRCOM 
28.11.2024, S. 9). - Das Europäische Parlament sah zuletzt im Mai 2025 u. a. den kritischen 
Zustand des Justizwesens – einschließlich der mangelnden Achtung der Urteile des Verfas­
sungsgerichts – als einen der Hauptgründe für die katastrophale Lage der Rechtsstaatlichkeit 
und sprach hierbei von der „ Untergrabung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in der 
Türkei durch die türkische Regierung“ (EP 7.5.2025, G, R).
Die ernsten Bedenken der EU über die anhaltende Verschlechterung der demokratischen Stan­
dards, der Rechtsstaatlichkeit, der Unabhängigkeit der Justiz und der Achtung der Grundrechte 
wurden laut Europäischer Kommission nicht berücksichtigt (EC 30.10.2024, S. 3; vgl. USDOS 
22.4.2024, S.1, 11f.). Ende November 2024 kam auch Kritik seitens des Menschenrechtsaus­
schusses der Vereinten Nationen, und zwar in Hinblick auf die Umsetzung des Internationalen 
Paktes über bürgerliche und politische Rechte (International Covenant on Civil and Political 
Rights - ICCPR). - Der Ausschuss war der Auffassung, „ dass die im April 2017 während des 
Ausnahmezustands vorgenommenen Verfassungsänderungen die Befugnisse der Exekutive 
auf Kosten des Parlaments und der Justiz unverhältnismäßig gestärkt haben, was berechtigte 
Bedenken hinsichtlich einer mangelnden Rechenschaftspflicht und Gewaltenteilung im Ver­
tragsstaat aufkommen lässt, insbesondere im Hinblick auf die Verabschiedung von Gesetzen 
ohne Beteiligung des Parlaments und die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten ohne 
wirksame Kontrollverfahren (Art. 4). […] Der Vertragsstaat sollte in Erwägung ziehen, seine Ge­
setzgebung zu überarbeiten, um die Rechenschaftspflicht zu gewährleisten und den Grundsatz 
der Gewaltenteilung strikt einzuhalten, insbesondere in Bezug auf die Judikative. Ferner sollte 
er in Gesetz und Praxis die volle Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz gewährleisten“
[Originalzitat auf Englisch] (UNHRCOM 28.11.2024, S. 2).
Justizreformen
Strategische Reformdokumente sind zwar vorhanden, reichen aber nicht aus, um die erheb­
lichen Mängel zu beheben. Die Strategie für die Justizreform 2019-2023 geht nicht in vollem 
Umfang auf Mängel des Justizwesens ein. Das achte Justizreformpaket wurde im März 2024 
angenommen, geht aber ebenfalls nicht angemessen auf die strukturellen Mängel des Justizsys­
tems ein (EC 30.10.2024, S. 25, S. 19). Die im Jänner 2025 veröffentlichte Justizreformstrategie 
(2025-2029) fokussiert auf die Beschleunigung von Gerichtsverfahren. Maßnahmen zur Stär­
kung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz, welche die zentralen Mängel des 
türkischen Justizsystems angehen, werden ausschließlich im Rahmen einer möglichen Verfas­
sungsreform behandelt. Die Strategie enthält keine konkreten Vorschläge zur Lösung der von 
der Venedig-Kommission identifizierten Probleme (ÖB Ankara 4.2025, S. 18). So bedauerte das 
Europäische Parlament im Mai 2025 „ zutiefst, dass sich die Unabhängigkeit der Justiz in der 
Türkei trotz einer Reformstrategie, die neun Pakete von Justizreformen umfasst, nach wie vor 
in einem desolaten Zustand befindet, nachdem die Regierung systematisch in das Justizsystem 
eingegriffen und es politisch instrumentalisiert hat“ (EP 7.5.2025, Pt. 8).
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Die Korrektur der Anti-Terror-Gesetzgebung stand im Zentrum des achten Reformpaketes. - 
Die umstrittenste Bestimmung des Pakets betraf nämlich den Straftatbestand der „ Begehung 
von Straftaten im Namen einer terroristischen Vereinigung, ohne deren Mitglied zu sein“, der in 
Artikel 220/6 des türkischen Strafgesetzbuchs (TCK) geregelt war, aber im September 2023 vom 
Verfassungsgericht als verfassungswidrig aufgehoben worden war. In der Begründung für seine 
einstimmige Entscheidung erklärte das Verfassungsgericht, dass die Bestimmung „ nicht klar 
und vorhersehbar genug ist, um willkürliche Praktiken von Behörden zu verhindern, und nicht 
den Kriterien der Rechtmäßigkeit entspricht“ (EI 4.4.2024; vgl. AI 29.4.2025, MLSA 23.2.2024). 
Die Änderung von Artikel 220/6 trägt allerdings den bereits bestehenden Bedenken in Bezug auf 
Klarheit und Vorhersehbarkeit zum besseren Schutz der Menschenrechte von Personen, die 
einer Straftat beschuldigt werden, nicht in vollem Umfang Rechnung, da der vorgeschlagene 
Artikel nach wie vor keine klaren Kriterien dafür enthält, wann die Begehung einer Straftat im 
Namen einer bewaffneten Organisation unter Strafe gestellt werden kann, womit das Gesetz 
keine auf internationalen Standards basierenden Garantien gegen willkürliche Eingriffe durch 
staatliche Behörden bietet (AI 29.2.2024, S.2f.; vgl. UNHRCOM 28.11.2024, S. 4). Das heißt, 
mit dem Justizreformpaket 2024 wurde die Vorschrift über die „ Begehung von Straftaten im 
Namen einer Organisation, ohne Mitglied zu sein“, trotz vorhergehender Aufhebung und des 
Auftrages durch das Verfassungsgericht an den Gesetzesgeber innert vier Monaten die Mängel 
im Gesetzestext zu beheben, unverändert übernommen. Die gleiche Bestimmung gilt auch 
für „ bewaffnete kriminelle Organisationen“ gemäß Artikel 314 des Strafgesetzbuches (MLSA 
23.2.2024).
Auswirkungen der Anti-Terror-Gesetzgebung
Mit Auslaufen des Ausnahmezustandes im Juli 2018 beschloss das Parlament das Gesetz 
Nr. 7145, durch das Bestimmungen im Bereich der Grundrechte abgeändert wurden. Zu den 
zahlreichen, nunmehr gesetzlich verankerten Maßnahmen aus der Periode des Ausnahmezu­
standes zählt insbesondere die Übertragung außerordentlicher Befugnisse an staatliche Behör­
den sowie Einschränkungen der Grundfreiheiten. Problematisch ist vor allem der weit ausgelegte 
Terrorismus-Begriff in der Anti-Terror-Gesetzgebung (ÖB Ankara 4.2025, S.8f.). Das Europäi­
sche Parlament (EP) „ betont, dass die Anti-Terror-Bestimmungen in der Türkei immer noch zu 
weit gefasst sind und nach freiem Ermessen zur Unterdrückung der Menschenrechte und aller 
kritischen Stimmen im Land, darunter Journalisten, Aktivisten und politische Gegner, eingesetzt 
werden“ (EP 7.6.2022, S. 18, Pt. 29) „ unter der komplizenhaften Mitwirkung einer Justiz, die 
unfähig oder nicht willens ist, jeglichen Missbrauch der verfassungsmäßigen Ordnung einzu­
dämmen“, und „ fordert die Türkei daher nachdrücklich auf, ihre Anti-Terror-Gesetzgebung an 
internationale Standards anzugleichen“ (EP 19.5.2021, S. 9, Pt. 14).
In ähnlicher Weise äußerte sich Ende November 2024 der Menschenrechtsausschuss der Ver­
einten Nationen, indem er seiner Besorgnis über die mangelnde Vereinbarkeit des rechtlichen 
Rahmens zur Terrorismusbekämpfung mit dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politi­
sche Rechte (ICCPR) äußerte, wobei explizit das Antiterrorgesetzes (Nr. 3713), wo die Begriffe 
„Terrorismus“ und „ terroristischer Straftäter“ weit gefasst werden. Der Ausschuss war auch be­
sorgt über das Gesetz Nr. 7262 über die Verhinderung der Finanzierung der Verbreitung von 
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Massenvernichtungswaffen. Während das Ziel des Gesetzes die Bekämpfung der Geldwäsche 
und der Finanzierung des Terrorismus war, wurde es Berichten zufolge dazu benutzt, zivil­
gesellschaftliche Organisationen ins Visier zu nehmen und sie einer strengen Überwachung 
und Kontrolle, dem Einfrieren von Vermögenswerten und der Einschränkung ihrer Rechte zu 
unterwerfen, so der Ausschuss (UNHRCOM 28.11.2024, S. 4). Sie hierzu auch das Kapitel:Nicht­
regierungsorganisationen (NGOs).
Auf Basis der Anti-Terror-Gesetzgebung wurden türkische Staatsbürger aus dem Ausland ent­
führt oder unter Zustimmung der Drittstaaten in die Türkei verbracht (EP 19.5.2021, S. 16, Pt. 40). 
Das EP verurteilte so wie 2021 in seiner Entschließung vom Juni 2022 neuerlich „ aufs Schärfste 
die Entführung türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz außerhalb der Türkei und deren Aus­
lieferung in die Türkei, was eine Verletzung des Grundsatzes der Rechtsstaatlichkeit und der 
grundlegenden Menschenrechte darstellt“ (EP 7.6.2022, S. 19, Pt. 31). Die Europäische Kom­
mission kritisierte die Türkei für die hohe Zahl von Auslieferungsersuchen im Zusammenhang 
mit terroristischen Straftaten, die (insbesondere von EU-Ländern) aufgrund des Flüchtlingssta­
tus oder der Staatsangehörigkeit der betreffenden Person abgelehnt wurden. Überdies zeigte 
sich die Europäische Kommission besorgt ob der hohen Zahl der sog. „ Red Notices“ bezüglich 
wegen Terrorismus gesuchter Personen. Diese Red Notices wurden von INTERPOL entweder 
abgelehnt oder gelöscht (EC 19.10.2021, S. 44). Siehe auch die Kapitel: Verfolgung fremder 
Staatsbürger wegen Straftaten im AuslandSicherheitslage / Gülen- oder Hizmet-Bewegung.
Die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Unabhängigkeit von Richtern und 
Anwälten, Margaret Satterthwaite, äußerte im Juni 2024 ihre tiefe Besorgnis über die Verschlech­
terung der Unabhängigkeit der Justiz und der Menschenrechte in der Türkei. Vorliegende Infor­
mationen würden ferner darauf hindeuten, dass der Rechtsrahmen zur Terrorismusbekämpfung 
der Regierung Befugnisse über die Justiz einräumt und damit deren Unabhängigkeit untergräbt. 
- Das Gesetz Nr. 7145 gebe der Regierung die Befugnis, jeden Beamten, Richter oder Staats­
anwalt zu entlassen, und zwar ausschließlich auf der Grundlage einer Bewertung ihrer Kontakte 
zu terroristischen Organisationen oder Strukturen, Einrichtungen oder Gruppen und nicht auf 
der Grundlage von Beweisen. Der Nationale Sicherheitsrat (MGK) sei als Sicherheitsorgan in 
der Lage, solche Entscheidungen ohne richterliche Aufsicht und Überprüfung zu treffen. Um die 
Entlassung eines Richters zu rechtfertigen, verlange das Gesetz lediglich eine „ Verbindung“, 
„ Vereinigung“ oder „ Zugehörigkeit“ zu einer „ Struktur, Formation oder Gruppe“, die der Nationale 
Sicherheitsrat der Türkei als „ gegen die nationale Sicherheit des Staates gerichtet“ eingestuft 
hat. Diese vage und zu weit gefasste Formulierung schaffe ein großes Potenzial für die willkür­
liche Entlassung von Richtern unter Verletzung der Garantien der richterlichen Unabhängigkeit 
(OHCHR 21.6.2024, S. 1f.).
Verfolgung von Strafverteidigern bei Terrorismusverfahren
Die Verfassung sieht zwar das Recht auf ein faires öffentliches Verfahren vor, doch Anwalts­
kammern und Rechtsvertreter behaupten, dass die zunehmende Einmischung der Exekutive in 
die Justiz und die Maßnahmen der Regierung durch die Notstandsbestimmungen dieses Recht 
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gefährden. Einige Anwälte gaben an, dass sie zögerten, Fälle anzunehmen, insbesondere sol­
che von Verdächtigen, die wegen Verbindungen zur PKK oder zur Gülen-Bewegung angeklagt 
waren, aus Angst vor staatlicher Vergeltung, einschließlich Strafverfolgung (USDOS 20.3.2023 
S. 11, 19). Strafverteidiger, die Angeklagte in Terrorismusverfahren vertreten, sind mit Verhaftung 
und Verfolgung aufgrund der gleichen Anklagepunkte wie ihre Mandanten konfrontiert (USDOS 
20.3.2023, S. 11; vgl. TT/Perilli 2.2021, S. 41, HRW 13.1.2021). Beispielsweise gab ein von Pro 
Asyl befragter Rechtsanwalt an, dass gegen ihn fünf Ermittlungsverfahren wegen Terrorismus­
delikten liefen, die alle im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stünden (Pro Asyl 
9.2024, S. 75).
Das EP zeigte sich entsetzt „ wonach Anwälte, die des Terrorismus beschuldigte Personen ver­
treten, wegen desselben Verbrechens, das ihren Mandanten zur Last gelegt wird, oder eines 
damit zusammenhängenden Verbrechens strafrechtlich verfolgt wurden, das heißt, es wird ein 
Kontext geschaffen, in dem ein eindeutiges Hindernis für die Wahrnehmung des Rechts auf ein 
faires Verfahren und den Zugang zur Justiz errichtet wird“ (EP 7.6.2022, S. 12, Pt. 15). Auch der 
UN-Menschenrechtsausschuss war besorgt aufgrund der sehr hohen Zahl von Rechtsanwälten, 
gegen die insbesondere während des Ausnahmezustands wegen des Verdachts der Mitglied­
schaft in einer bewaffneten terroristischen Vereinigung gemäß Art. 314/2 des Strafgesetzbuchs 
ermittelt wurde, die verhaftet oder in Untersuchungshaft genommen wurden, nur weil sie ihren 
Beruf als Rechtsanwalt ausübten (UNHRCOM 28.11.2024, S. 9).
Im Februar 2024 erhob die Generalstaatsanwaltschaft Anklage gegen zehn Rechtsanwälte in 
Diyarbakır unter dem Vorwurf der „ Mitgliedschaft in einer bewaffneten/terroristischen Organisa­
tion“ gemäß Artikel 314 des Strafgesetzbuches, weil sie „ als Verteidiger für inhaftierte Personen 
tätig waren, die an illegalen organisatorischen Handlungen und Aktivitäten teilgenommen haben“. 
Die Anklagen stützten sich auf die Aussagen eines Zeugen und die Anwesenheit der angeklag­
ten Anwälte bei der Vernehmung von Gefangenen, gegen die „ ein Gerichtsverfahren wegen 
Straftaten im Zusammenhang mit einer illegalen Organisation“ läuft. Die Staatsanwaltschaft 
wertete die Anwesenheit der Anwälte bei den Verhören als Beweis dafür, dass die Anwälte als 
Verteidiger „ auf Anweisung einer illegalen Organisation“ an diesen Verhören teilnahmen. Die 
Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Unabhängigkeit von Richtern und Anwäl­
ten zeigte sich dementsprechend äußerst besorgt über Berichte, wonach die Staatsanwaltschaft 
die Tätigkeit als Verteidiger von Personen, gegen die ein Gerichtsverfahren wegen Straftaten 
im Zusammenhang mit einer illegalen Organisation läuft, mit der Tätigkeit als Anwalt im Auftrag 
einer illegalen Organisation gleichsetzt. Internationale und regionale Standards verbieten, so 
die Sonderberichterstatterin, ausdrücklich die Identifizierung von Anwälten mit ihren Mandanten 
oder deren Anliegen bei der Ausübung ihrer beruflichen Pflichten (OHCHR 21.6.2024, S. 8, 11).
Am 16.1.2025 äußerte die UN-Sonderberichterstatterin für die Situation von Menschenrechts­
verteidigern, Mary Lawlor, ihre tiefe Besorgnis über die anhaltende Langzeitinhaftierung von 
neun prominenten Menschenrechtsverteidigern und Anwälten, die alle im Zusammenhang mit 
ihrer friedlichen Arbeit willkürlich verhaftet und in unfairen Prozessen unter fadenscheinigen 
Anschuldigungen im Zusammenhang mit Terrorismus verurteilt wurden. Acht sind Mitglieder der 
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Progressiven Anwaltsvereinigung (Çağdaş Hukukçular Derneği - ÇHD), die Opfer von Polizeige­
walt und Folter sowie Bürgerinnen und Bürger vertritt, die wegen ihrer Meinung verfolgt werden. 
Sie wurden zwischen 2018 und 2019 verhaftet und wegen „ Mitgliedschaft in einer terroristischen 
Vereinigung“ angeklagt; zwei von ihnen wurden auch wegen „ Propaganda für eine terroristi­
sche Vereinigung“ angeklagt. Sie wurden in einem als ÇHD II-Prozess bekannten Verfahren, 
das nicht den internationalen Standards für faire und ordnungsgemäße Gerichtsverfahren ent­
sprach, zu bis zu 13 Jahren Haft verurteilt. Alle neun Menschenrechtsverteidiger befinden sich 
in geschlossenen Hochsicherheitsgefängnissen (OHCHR 16.1.2025).
Im Mai (2023) erklärte der damalige Innenminister Soylu: „ Wenn die Anwälte der PKK eingesperrt 
werden, dann wird es in der Türkei keine PKK mehr geben. Sie sind das Ziel … Die PKK vergiftet 
die Türkei über die Anwälte“ (USDOS 22.4.2024, S. 9).
Statistiken der Anti-Terror-Gesetzgebung
Laut Statistiken des türkischen Justizministeriums wurden zwischen 2016 und 2020 mehr als 
265.000 Personen wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung 
verurteilt. Im Juni 2022 lag die Gesamtzahl der von der Justiz eingeleiteten Gerichtsverfahren 
wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung bei über zwei Millionen. In Anbetracht 
der großen Zahl der strafrechtlich verfolgten Personen gehen Schätzungen davon aus, dass 
mehr als vier Millionen Menschen in der türkischen Gesellschaft direkt betroffen sind bzw. waren 
(OHCHR 21.6.2024, S. 4).
Der offiziellen Statistik des türkischen Justizministeriums für das Jahr 2021 [Anm.: Danach 
gab es keine detaillierteren Aufschlüsselungen in den Statistiken] zufolge wurden 7.059 Strafur­
teile gem. Art. 220 und 44.042 gem. Art. 314 des Strafgesetzbuches (Gesetz Nr. 5237) gefällt. 
3.057 wurden nach Art. 220 und 18.816 nach Art. 314 zu Haftstrafen verurteilt. 1.912 (Art.220) 
bzw. 12.093 (Art. 314) fielen in die Kategorie „ sonstige Verurteilungen“. 7.098 Angeklagte nach 
Artikel 220 und 17.970 nach Artikel 314 wurden freigesprochen [Anm.: der Rest fällt in diverse 
andere Kategorien, welche hier nicht speziell angeführt werden]. 2021 gab es nach dem An­
ti-Terror-Gesetz (Gesetz Nr. 3713) 2.892 Verurteilungen, davon 1.149 Haftstrafen und 210 
bedingte Haftstrafen. Die Zahl der sonstigen Verurteilungen von Angeklagten vor Strafgerichten 
nach dem Anti-Terror-Gesetz betrug 751 (MoJ - GDJR&S 2022, S.95, 98, 102, 112, 154, 157, 
163, 166, 181, 184; S. 63, 113, 122, 140, 158, 167).
Verfolgt werden Personen auch nach dem Gesetz Nr. 6415 (2003), dem Gesetz zur Verhin­
derung der Finanzierung des Terrorismus’. 2024 wurden laut offizieller Statistik gegen fast 
11.000 Verdächtige ermittelt. Gerichtlich verfolgt wurden 2024 810 Personen (MoJ - GDJR&S 
3.2025, S. 76f.). Im Oktober 2024 wurde beispielsweise Hatice Onaran, Mitglied des Gefäng­
nisausschusses des türkischen Menschenrechtsvereins İHD, gemäß dem Gesetz Nr. 6415 zu 
vier Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. Grund dafür war, dass sie acht Personen, die sich 
wegen terrorismusbezogener Straftaten in Haft befanden, kleinere Geldsummen zur Deckung 
persönlicher Bedürfnisse überwiesen hatte (AI 29.4.2025; vgl. ANF 15.4.2025).
Faires Verfahren
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Die Auswirkungen dieser Situation auf das Strafrechtssystem zeigen sich dadurch, dass sich 
zahlreiche seit Langem bestehende Probleme, wie der Missbrauch der Untersuchungshaft, ver­
schärft haben, und neue Probleme hinzugekommen sind. Vor allem bei Fällen von Terrorismus 
und Organisierter Kriminalität hat die Missachtung grundlegender Garantien für ein faires Ver­
fahren durch die türkische Justiz und die sehr lockere Anwendung des Strafrechts auf eigentlich 
rechtskonforme Handlungen zu einem Grad an Rechtsunsicherheit und Willkür geführt, der das 
Wesen des Rechtsstaates gefährdet (CoE-CommDH 19.2.2020). 2024 betrafen von den 73 Ur­
teilen, wobei 67 hiervon zumindest eine Verletzung umfassten, des Europäischen Gerichtshofes 
für Menschenrechte (EGMR) im Sinne der Verletzung der Menschenrechte in der Türkei allein 
19 das „ Recht auf Freiheit und Sicherheit“ und 13 das „ Recht auf ein faires Verfahren“ (ECHR 
22.1.2025). Die fehlende Unabhängigkeit der Richter und Staatsanwälte ist die wichtigste Ur­
sache für die vom EGMR in seinen Urteilen gegen die Türkei häufig monierten Verletzungen 
von Regelungen zu fairen Gerichtsverfahren, obgleich dieses Grundrecht in der Verfassung 
verankert ist (ÖB Ankara 4.2025, S.10f.).
Bereits im Juni 2020 wies der damalige Präsident des türkischen Verfassungsgerichts, Zühtü 
Arslan [Anm.: am 21.3.2024 aus dem Amt geschieden], darauf hin, dass die Mehrzahl der 
Rechtsverletzungen (52 %) auf das Fehlen eines Rechts auf ein faires Verfahren zurückzuführen 
ist, was laut Arslan auf ein ernstes Problem hinweise, das gelöst werden müsse (Duvar 9.6.2020). 
2022 zitiert das Europäische Parlament den Präsidenten des türkischen Verfassungsgerichtes, 
wonach mehr als 73 % der über 66.000 im Jahr 2021 eingereichten Gesuche sich auf das 
Recht auf ein faires Verfahren beziehen, was den Präsidenten veranlasste, die Situation als 
katastrophal zu bezeichnen (EP 7.6.2022, S. 12, Pt. 16).
Einschränkungen für den Rechtsbeistand
Mängel gibt es weiters beim Umgang mit vertraulich zu behandelnden Informationen, insbeson­
dere persönlichen Daten und beim Zugang zu den erhobenen Beweisen gegen Beschuldigte 
sowie bei den Verteidigungsmöglichkeiten der Rechtsanwälte bei sog. Terror-Prozessen. Fälle 
mit Bezug auf eine angebliche Mitgliedschaft in der Gülen-Bewegung oder der Arbeiterpar­
tei Kurdistans (PKK) werden häufig als geheim eingestuft, mit der Folge, dass Rechtsanwälte 
bis zur Anklageerhebung keine Akteneinsicht nehmen können (AA 20.5.2024, S. 12; vgl. AI 
26.10.2020). Gerichtliche Geheimhaltungsbeschlüsse werden regelmäßig ohne konkrete Be­
gründung erteilt, vor allem fehlt ihnen die notwendige Abwägung zwischen den Grundrechten 
des Beschuldigten und der Gefährdung des Untersuchungszwecks. Teilweise wird nicht einmal 
Akteneinsicht in jene Teile der Ermittlungsakte gewährt, die nach der gesetzlichen Regelung 
nicht von der Akteneinsicht ausgeschlossen werden dürfen (Pro Asyl 9.2024, S. 7). Gerichts­
protokolle werden mit wochenlanger Verzögerung erstellt. Beweisanträge der Verteidigung und 
die Befragung von Belastungszeugen durch die Verteidiger werden im Rahmen der Verhand­
lungsführung des Gerichts eingeschränkt. Geheime Zeugen können im Prozess nicht direkt 
befragt werden. Der subjektive Tatbestand wird nicht erörtert, sondern als gegeben unterstellt 
(AA 20.5.2024, S. 12; vgl. AI 26.10.2020). Einerseits werden oftmals das Recht auf Zugang zur 
Justiz und das Recht auf Verteidigung aufgrund der vorgeblichen Vertraulichkeit der Unterlagen 
eingeschränkt, andererseits tauchen gleichzeitig in den Medien immer wieder Auszüge aus den 
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Akten der Staatsanwaltschaft auf, was zu Hetzkampagnen gegen die Verdächtigten/Angeklagten 
führt und nicht selten die Unschuldsvermutung verletzt (ÖB Ankara 4.2025, S.12).
Einschränkungen für den Rechtsbeistand ergeben sich auch bei der Festnahme und in der Un­
tersuchungshaft. - So sind die Staatsanwälte beispielsweise befugt, die Polizei mit nachträglicher 
gerichtlicher Genehmigung zu ermächtigen, Anwälte daran zu hindern, sich in den ersten 24 
Stunden des Polizeigewahrsams mit ihren Mandanten zu treffen, wovon sie laut Human Rights 
Watch auch routinemäßig Gebrauch machen. Die privilegierte Kommunikation von Anwälten mit 
ihren Mandanten in der Untersuchungshaft wurde faktisch abgeschafft, da es den Behörden 
gestattet ist, die gesamte Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant aufzuzeichnen und zu 
überwachen (HRW 10.4.2019; vgl. Pro Asyl 9.2024, S. 111). Laut von Pro Asyl befragten Rechts­
anwälten besteht der Hauptzweck der Einschränkung des Zugangs zu einem Rechtsbeistand 
in den ersten 24 Stunden darin, zu erreichen, dass Beschuldigte in informellen Vernehmungen 
gegen sich selbst und gegen andere aussagen, oder auch die Person durch Beeinflussung zu 
„ tätiger Reue“ zu bewegen und sie zu einem „ geheimen Zeugen“ zu machen (Pro Asyl 9.2024, 
S. 109).
Ein prominentes Beispiel hierfür: In seinem Urteil vom 6.6.2023 in der Rechtssache Demirtaş 
und Yüksekdağ Şenoğlu [seit November 2016 in Haft] gegen die Türkei entschied der Euro­
päische Gerichtshof für Menschenrechte mehrheitlich (mit 6 gegen 1 Stimme), dass ein Verstoß 
gegen Artikel 5 Absatz 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Recht auf eine rasche 
Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Inhaftierung) vorliegt. Die beiden ehemaligen Ko-Vorsit­
zenden der HDP beschwerten sich darüber, dass sie keinen wirksamen Rechtsbeistand erhalten 
hatten, um gegen ihre Untersuchungshaft zu klagen, da die Gefängnisbehörden ihre Treffen 
mit ihren Anwälten überwacht und die mit ihnen ausgetauschten Dokumente beschlagnahmt 
hatten. Der EGMR war der Ansicht, dass die nationalen Gerichte keine außergewöhnlichen 
Umstände dargelegt hatten, die eine Abweichung vom Grundprinzip der Vertraulichkeit der Ge­
spräche der Beschwerdeführer mit ihren Rechtsanwälten rechtfertigen könnten, und dass die 
Verletzung des Anwaltsgeheimnisses den Beschwerdeführern einen wirksamen Beistand durch 
ihre Rechtsanwälte im Sinne von Artikel 5 § 4 der Konvention vorenthalten hatte. In Anbetracht 
der in seinen früheren Urteilen getroffenen Feststellungen war der Gerichtshof außerdem der 
Ansicht, dass es nicht möglich war, das Vorliegen solcher Umstände nachzuweisen, da der 
Gerichtshof das Argument der türkischen Regierung vormals zurückgewiesen hatte, dass sich 
die Beschwerdeführer wegen terrorismusbezogener Straftaten in Untersuchungshaft befunden 
hätten. Schließlich stellte das Gericht fest, dass die nationalen Behörden keine detaillierten Be­
weise vorgelegt hatten, die die Verhängung der angefochtenen Maßnahmen gegen die Kläger 
im Rahmen des Notstandsdekrets Nr. 676 rechtfertigen könnten. Das Gericht entschied, dass 
die Türkei den Klägern jeweils 5.500 Euro an immateriellem Schaden und zusammen 2.500 
Euro an Kosten und Auslagen zu zahlen hat (ECHR 6.6.2023).
Geheime bzw. anonyme Zeugen
Das Thema der geheimen Zeugenaussagen kam mit dem 2008 verabschiedeten Zeugenschutz­
gesetz auf die Tagesordnung. Trotz dutzender Skandale fällen die Gerichte nach wie vor Urteile 
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auf der Grundlage der Aussagen anonymer bzw. geheimer Zeugen, bzw. sehen diese kritisch 
als ein politisches Instrument (Mezopotamya 2.8.2022; vgl. TM 26.11.2020). Die Entscheidung, 
die Identität eines Zeugen geheim zu halten, wird regelmäßig entgegen der Rechtsprechung 
des Verfassungsgerichts und des EGMR nicht mit konkreten und objektiven Tatsachen be­
gründet. In Terrorismusverfahren können die abstrakten und allgemeinen Aussagen solcher 
geheimer Zeugen jedoch zur wesentlichen und entscheidenden Grundlage für Verhaftungs- und 
Verurteilungsentscheidungen werden (Pro Asyl 9.2024, S. 84).
Ein Zeuge mit dem Codenamen „ Garson“ (Kellner) ist wahrscheinlich der bekannteste, da er 
Zeuge in einem Fall war, an dem rund 4.000 Polizisten, vermeintliche Unterstützer der Gülen-
Bewegung, beteiligt waren. Problematisch sind insbesondere Fälle, bei denen sich herausstellt, 
dass die anonymen Zeugen gar nicht existieren. Etwa wurden die Aussagen des anonymen 
Zeugen „ Mercek“ zur Begründung für die Verurteilung vieler Politiker herangezogen, u. a. auch 
gegen den seit 2016 inhaftierten, ehemaligen Ko-Vorsitzenden der pro-kurdischen Demokra­
tischen Partei der Völker (HDP), Selahattin Demirtaş. Später stellte sich jedoch heraus, dass 
es diese Person gar nicht gab (Mezopotamya 2.8.2022; vgl. TM 26.11.2020). Mitunter geben 
die Behörden zu, dass es keine anonymen Zeugen gibt. So musste die Polizeibehörde von 
Diyarbakır 2019 eingestehen, dass eine anonyme Zeugin mit dem Codenamen „ Venus“, de­
ren Aussage zur Festnahme und Inhaftierung zahlreicher Personen führte, in Wirklichkeit nicht 
existierte (NaT 19.2.2019). Im seit 2022 laufenden Verbotsverfahren gegen die HDP wurde 
zumindest ein anonymer Zeuge gehört, der laut der HDP-Parlamentarierin, Meral Danış-Beştaş, 
der Generalstaatsanwaltschaft Auskunft über die Parteifinanzen erteilte, was vermeintlich zur 
Sperrung der Parteienförderung für die HDP führte (Bianet 30.1.2023).
Im Februar 2022 stellte das Verfassungsgericht fest, dass die Aussagen geheimer Zeugen, die 
konkrete Tatsachen enthalten, als „ starke Indizien für eine Straftat“ akzeptiert werden können, 
ohne dass sie durch andere Beweise gestützt werden, und dass die auf diese Weise vorgenom­
menen Verhaftungen im Einklang mit dem Gesetz stehen würden (DW 17.2.2022; vgl. Duvar 
18.2.2022). Allerdings liegt die Betonung auf „ konkrete Tatsachen“, denn das Urteil war die Folge 
einer laut Verfassungsgericht rechtswidrigen Verhaftung eines Gemeinderates in Diyarbakır-Eğil 
im Jahr 2020 und basierte auf einer geheimen Zeugenaussage, mit welcher der Gemeinderat 
der „ Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ beschuldigt wurde. Diese Aussage war 
rechtswidrig weil „ abstrakt“ und eben nicht „ konkret“. Kritiker der Hinzuziehung geheimer bzw. 
anonymer Zeugen betrachten diese Praxis als Instrument, Zeugenaussagen zu fälschen und 
abweichende Meinungen und Widerstand zum Schweigen zu bringen (Duvar 18.2.2022).
Im Gegensatz zum Verfassungsgericht hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 
(EGMR) bereits Mitte Oktober 2020 entschieden, dass geheime Zeugenaussagen, welche die 
türkischen Gerichte insbesondere in Prozessen gegen politische Dissidenten als Beweismittel 
akzeptiert haben, nicht als ausreichendes Beweismaterial für eine Verurteilung angesehen wer­
den können. Wenn die Verteidigung die Identität des Zeugen nicht kennt, wird ihr nach Ansicht 
des EGMR in jedem Stadium des Verfahrens die Möglichkeit genommen, die Glaubwürdigkeit 
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des Zeugen infrage zu stellen oder in Zweifel zu ziehen. Infolgedessen können geheime Zeu­
genaussagen allein keine rechtmäßige Verurteilung begründen, es sei denn, eine Verurteilung 
stützt sich noch auf andere solide Beweise (SCF 26.11.2022; vgl. TM 26.11.2020).
Beleidigung des Präsidenten sowie die Herabwürdigung des türkischen Staates und der 
türkischen Nation als Strafbestand
„ [E]ntsetzt über den grob missbräuchlichen Rückgriff auf Artikel 299 des Strafgesetzbuchs der 
Türkei über Beleidigungen des Präsidenten, die eine Haftstrafe zwischen einem und vier Jahren 
nach sich ziehen können“, forderte das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 
7.6.2022, „ das Gesetz über die Beleidigung des Staatspräsidenten gemäß den Urteilen des 
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu ändern“ (EP 7.6.2022, S. 10, Pt. 13). Das 
türkische Verfassungsgericht hat für die Strafgerichte einen Kriterienkatalog für Verfahren ge­
mäß Artikel 299 erstellt und weist im Sinne der Angeklagten mitunter Urteile wegen Mängeln 
zurück an die unteren Gerichtsinstanzen. Dennoch sieht das Verfassungsgericht die Ehre des 
Präsidenten als Verkörperung der Einheit der Nation als besonders schützenswert. Dieses Pri­
vileg steht im Widerspruch zur Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte 
(EGMR), der in seiner Stellungnahme vom 19.10.2021 (Fall Vedat Şorli vs. Turkey) feststell­
te, dass ein Straftatbestand, der schwerere Strafen für verleumderische Äußerungen vorsieht, 
wenn sie an den Präsidenten gerichtet sind, grundsätzlich nicht dem Geist der Europäischen 
Menschenrechtskonvention entspricht (LoC 7.11.2021).
Die Zahl der Personen, gegen die nach den Artikeln 299 und 301 (Verunglimpfung/Herabsetzung 
des türkischen Staates und seiner Institutionen) des Strafgesetzbuches ermittelt wurde, stieg im 
Jahr 2022 laut den Statistiken des Ministeriums auf 16.753 von zuvor 12.304 im Jahr 2021 (TM 
14.3.2024). Im Einzelnen wurden im Jahr 2021 gemäß Artikel 299 1.239 Personen zu Haftstrafen 
verurteilt, darunter nur zwei Minderjährige im Alter zwischen 15 und 17. 38 Personen wurden 
gemäß Artikel 300, der Herabwürdigung staatlicher Symbole, und 111 Personen (darunter auch 
ein Minderjähriger in der Altersklasse 12-14) laut Artikel 301 zu Gefängnisstrafen verurteilt. 
Sonstige Strafen gem. Artikel 299 wurden gegen 1.130, gem. Artikel 300 gegen 24 und dem 
Artikel 301 folgend gegen 87 Individuen verfügt [Anm.: Neuere Statistiken differenzieren nicht 
mehr nach einzelnen Artikeln des Strafgesetzbuches] (MoJ - GDJR&S 2022, S. 120, 156).
Artikel 
StGB
Jahr 2021
Anklagen Verurtei­
lungen
Gefängnis Freilas­
sungen
andere Ent­
scheidungen
299 11.211 4.112 1.239 2.112 2.098
300 366 107 38 130 77
301 1.093 363 111 127 343
Summe 12.670 4.582 1.388 2.369 2.518
Quelle 1:  MoJ - GDJR&S 2022, S.97, 111, 120, 165, 181)
Im Jahr 2024 wurden laut offizieller Statistik gemäß den Artikeln 299-301 des türkischen Straf­
gesetzbuches in Summe 6.124 Personen angeklagt, davon wurden 1.658 verurteilt (Anmerkung: 
76
81

Details zur Anzahl der Haftstrafen fehlen) und 1.807 freigelassen. Der Rest entfiel auf verscho­
bene bzw. andersartige Urteile. 44 der Verurteilten waren Minderjährige, bei 299 minderjährigen 
Angeklagten (MoJ - GDJR&S 3.2025, S. 100, 109).
Siehe, insbesondere für konkrete Beispiele, auch die (Unter-)Kapitel: Meinungs- und Presse­
freiheit / InternetVersammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition.
Politisierung der Justiz - Vorgehen gegen Anwälte, Richter und Staatsanwälte
Teile der Notstandsvollmachten wurden auf die vom Staatspräsidenten ernannten Provinzgou­
verneure übertragen (AA 14.6.2019). Diesen vom Präsidenten zu ernennenden Gouverneuren 
der 81 Provinzen werden weitreichende Kompetenzen eingeräumt. Gesetz Nr. 7145 stärkt die 
Stellung der Gouverneure in ihrer jeweiligen Provinz. Sie können zum Beispiel Personen, die 
verdächtigt werden, die öffentliche Ordnung behindern oder stören zu wollen, den Zutritt oder 
das Verlassen bestimmter Orte in ihren Provinzen für eine Dauer von bis zu 15 Tagen verbieten 
und auch Versammlungen untersagen. Sie haben zudem großen Spielraum bei der Entlassung 
von Beamten, inklusive Richter (ÖB Ankara 4.2025, S.9; vgl. USDOS 22.4.2024, S. 38, 42).
Berichten zufolge wurde mit dem Anwaltsgesetz von 2020 (Nr. 7249) ein weiterer Versuch 
unternommen, Anwälte zum Schweigen zu bringen. Damit wurde die Möglichkeit geschaffen, 
in großen Städten konkurrierende Anwaltskammern zu gründen, was zu einer Politisierung der 
Anwaltskammern und zur Schwächung der einheitlichen Stimme der Anwälte führte, die die 
Menschenrechte verteidigen und die Exekutive kritisieren (OHCHR 21.6.2024, S. 2; vgl. HRW 
13.1.2021, UNHRCOM 28.11.2024, S. 9). Auch das Europäische Parlament sah darin die Gefahr 
einer weiteren Politisierung des Rechtsanwaltsberufs, was zu einer Unvereinbarkeit mit dem Un­
parteilichkeitsgebot des Rechtsanwaltsberufs führt und die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte 
gefährdet. Außerdem erkannte das EP darin „ einen Versuch, die bestehenden Anwaltskammern 
zu entmachten und die verbliebenen kritischen Stimmen auszumerzen“ (EP 19.5.2021, S. 10, 
Pt. 19).
Das EGMR in Straßburg urteilte am 22.10.2024, dass die Türkei das Recht von zehn Richtern 
und Staatsanwälten auf ein faires Verfahren verletzt habe. Das Gericht stellte fest, der Hohe Rat 
der Richter und Staatsanwälte (HSYK) [inzwischen umbenannt in: Rates der Richter und Staats­
anwälte - HSK] habe es versäumt, ausreichende Verfahrensgarantien wie formelle Anhörungen, 
Regeln für die Beweisführung und eine ausführliche Begründung seiner Entscheidungen in Be­
zug auf die zehn Antragsteller einzuhalten. In dem Fall „ Şişman und andere gegen die Türkei“
ging es um die unfreiwillige Versetzung (2014-2015) durch den HSYK in andere Städte oder in 
einem Fall um die Degradierung in derselben Stadt. Die türkische Regierung bestritt die Zustän­
digkeit des EGMR mit dem Argument, dass die Kläger während des innerstaatlichen Verfahrens 
keinen ausdrücklichen Antrag auf Zugang zu einem Gericht gestellt hätten. Außerdem seien 
die Kläger nach dem Putschversuch vom 15.07.2016 wegen angeblicher Anhängerschaft zur 
Gülen-Bewegung entlassen worden, was den Ausschluss einer gerichtlichen Überprüfung aus 
Gründen der nationalen Sicherheit rechtfertige. Der EGMR wies diese Argumente zurück und 
betonte, dass der HSYK aufgrund der Verfahrensmängel in seinem Prozess nicht als Gericht 
angesehen werden könne (BAMF 28.10.2024, S. 11; ECHR 22.10.2024).
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