2025-09-15-coi-cms-laenderinformationen-bangladesch-version-6-2bf5
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Einschränkungen der Bewegungsfreiheit Die Freizügigkeit der Rohingya ist eingeschränkt. Gemäß der Vereinbarung zwischen der Regie rung und dem UNHCR ist es registrierten Rohingya-Flüchtlingen nicht gestattet, sich außerhalb der offiziellen Lager zu bewegen. Nach dem Zustrom 2017 errichtete die Polizei Kontrollpunk te an den Straßen, um die Bewegungsfreiheit sowohl der registrierten Flüchtlinge als auch der Neuankömmlinge außerhalb der Unterbezirke Ukhiya und Teknaf einzuschränken (USDOS 20.3.2023). Viele Lagerbehörden führten Ausgangssperren und Polizeipatrouillen ein, insbesondere nachts, als Reaktion auf Berichte über gewalttätige Angriffe oder Entführungen in den Lagern. Um die Lager besser zu sichern, hat die Regierung Wachtürme und Zäune errichtet (USDOS 20.3.2023). 2022 setzen die Behörden laut HRW neue Maßnahmen zur Einschränkung der Bewegungs freiheit, wie Drohungen, häufige Ausgangssperren und Schikanen an Checkpoints ein (HRW 12.1.2023). Gesundheit Die Regierungsbehörden gestatten registrierten und nicht registrierten Rohingyas regelmäßigen Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversorgung. Rohingya benötigten jedoch eine behördliche Genehmigung, um das Lager zu verlassen. Die Hilfsorganisationen übernehmen die Gesund heitskosten. Den verfügbaren Daten zufolge entsprach die Gesamtversorgung den Mindest anforderungen (USDOS 20.3.2023). Quellen berichten allerdings, dass die Gesundheits- und Sozialdienste in den Lagern unzureichend sind, um den humanitären Bedarf zu decken. Ande rerseits können aufgrund der Präsenz internationaler Hilfsorganisationen in einigen Umständen die Bedingungen besser als in anderen Teilen Bangladeschs sein. Die Dienste der psychischen Gesundheitsversorgung sind unzureichend (DFAT 30.11.2022). Die Gefahr von Seuchen und Epidemien ist aufgrund der beengten Verhältnisse hoch (AA 23.8.2022). Übertragbare Krankheiten wie Masern, akute Diarrhöe, Diphtherie und Krätze sind weit verbreitet (DFAT 30.11.2022). Mit Stand September 2022 hatten 453.160 Rohingya- Flüchtlinge (die Hälfte) in Cox’s Bazar zwei Dosen des Impfstoffs COVID-19 erhalten (USDOS 20.3.2023). Das neu eingerichtete Lager auf der Insel Bhasan Char verfügt über Einrichtungen der medizi nischen Grundversorgung, aber nicht über Einrichtungen der Sekundär- und Tertiärversorgung, sodass Patienten für eine weiterführende Behandlung an medizinische Einrichtungen außerhalb der Insel überwiesen werden müssen. Durch die erforderlichen Genehmigungen, die Wetterbe dingungen und die Verfügbarkeit von Booten wird dies allerdings erschwert (USDOS 20.3.2023). Bildung UNICEF überwand den früheren Widerstand der Regierung gegen formale Bildung, mit einem Pilotprogramm für den Unterricht nach dem nationalen Lehrplan Myanmars (USDOS 20.3.2023). Aufgrund der COVID-19-Pandemie konnte die Umsetzung erst im Dezember 2021 beginnen. Im März 2022 durften alle Lernzentren in den Rohingya-Lagern geöffnet werden (DFAT 30.11.2022). 54

Die Regierung erlaubte humanitären Akteuren in den Lagern mit dem Unterricht nach dem Lehrplan von Myanmar zu beginnen, eine in Bangladesch anerkannte Bildung wird jedoch verweigert (HRW 12.1.2023). Berichten zufolge hat die Regierung zwischen Dezember 2021 und April 2022 von der Rohin gya Gemeinschaft selbst betriebene Schulen aufgelöst (AI 27.3.2023b; vgl. HRW 12.1.2023, FH 10.3.2023). Laut USDOS waren davon 32.000 Schüler betroffen (USDOS 20.3.2023). Die geschlossenen Schulen unterrichteten informell, ohne Rechtsstatus (DFAT 30.11.2022; vgl. US DOS 20.3.2023FH 10.3.2023). Allerdings reichen die schulischen Einrichtungen nicht aus, um den gesamten Bedarf zu decken (DFAT 30.11.2022). Rohingya-Flüchtlinge berichteten außer dem, dass einige Lehrer vorübergehend festgenommen wurden (AI 27.3.2023b). Insgesamt verbesserte sich der Zugang zu Bildung für Rohingya aufgrund des Pilotprojekts trotz der Rückschläge der Schulschließungen. Allerdings schätzt UNICEF, dass von den mehr als 400.000 Rohingya-Kindern im schulpflichtigen Alter in den Flüchtlingslagern 100.000 keine Lernzentren besuchen (AI 27.3.2023b). Umsiedlungen auf die Insel Bhasan Char Im Jahr 2020 begannen die Behörden mit der Umsiedlung von Flüchtlingen auf die Insel Bhasan Char, auf der mit Stand August 2022 30.000 Flüchtlinge lebten. Die Regierung plant, mindestens 100.000 Menschen dort anzusiedeln (FH 10.3.2023; vgl. AA 23.8.2022, ÖB New Delhi 11.2022, AI 27.3.2023b). Bhasan Char ist allerdings, wie Cox’s Bazar, anfällig für Naturkatastrophen, insbesondere für Wirbelstürme und Überschwemmungen (DFAT 30.11.2022; vgl. FH 10.3.2023, FH 10.3.2023). Vor den Umsiedlungen sind dort feste Häuser und Wohnungen, inkl. Schulen und Gesundheits einrichtungen, errichtet worden. Menschenrechtsorganisation kritisieren, dass die Menschen auf der Insel ohne Unterstützung nicht selbstständig leben können, da es an nachhaltigen Ein kommensmöglichkeiten mangelt. Das Festland ist mehrere Stunden Bootsfahrt von der Insel entfernt. Die Regierung argumentiert mit der Reduzierung der starken Überbelegung der Lager auf dem Festland und folglich mit einer Verbesserung der Lebensbedingungen (ÖB New Delhi 11.2022). Human Rights Watch berichtet von Lebensmittel- und Medikamentenknappheit sowie Misshand lungen von Sicherheitskräften auf der Insel. Trotz des Engagements des UNHCR werden viele ohne vollständige und informierte Zustimmung umgesiedelt (HRW 12.1.2023). Teilweise kam es zu gewalttätigen Protesten der bereits auf der Insel befindlichen Rohingyas, die wieder zurück auf das Festland möchten (ÖB New Delhi 11.2022). Außerdem versuchten nach den ersten Umsiedlungen, Berichten zufolge, Hunderte von der Insel zu gelangen, einige ertranken. Boote wurden daraufhin beschlagnahmt (DFAT 30.11.2022). Es wird auch berichtet, dass Flüchtlinge, die versuchten, die Insel zu verlassen, von der Polizei festgenommen wurden (AI 27.3.2023b; vgl. USDOS 20.3.2023). 55

Die Regierung hat schließlich begrenzte Transportmöglichkeiten für diejenigen eingerichtet, die aus gesundheitlichen oder familiären Gründen nach Cox’s Bazar müssen (DFAT 30.11.2022). Das Katastrophenmanagement sagte zu, mindestens zwei Fahrten pro Monat von der Insel zu den Lagern in Cox’s Bazar für Familienbesuche zuzulassen. Regelmäßige und zuverlässige Verbindungen vom und zum Festland für Logistik, Handel, Familienbesuche, medizinische und andere Zwecke gibt es allerdings nicht (USDOS 20.3.2023). Das Memorandum of Understanding (MOU) zwischen den Vereinten Nationen und der Re gierung aus dem Jahr 2021 enthält Bestimmungen zur Verbesserung des Schutzes und der Dienstleistungen für Rohingya-Flüchtlinge in Bhasan Char (USDOS 20.3.2023). Rückführungsbemühungen Die Regierung Bangladeschs will eine dauerhafte Ansiedlung vermeiden. Nach erfolgreichen Verhandlungen um eine Repatriierung nach Myanmar lässt die Umsetzung jedoch auf sich war ten und verspricht, insbesondere im Lichte der jüngsten politischen Entwicklungen in Myanmar, wenig Aussicht auf Erfolg (AA 23.8.2022). Die Bedingungen für eine freiwillige, sichere und würdige Rückkehr sind nicht gegeben (HRW 12.1.2023). Aufgrund der bestehenden Gewalt und Menschenrechtsverletzungen gegen Rohingyas in Myanmar, war eine sichere und freiwil lige Rückkehr in ihr Herkunftsland bisher nicht möglich. Myanmar sagte zwar die Aufnahme von Rückkehrern mehrmals zu, unterband diese am Ende jedoch de facto immer mit zahlrei chen Hindernissen, allerdings nicht, ohne öffentlich zu verlautbaren, dass man durchaus eine Rückkehr wolle (ÖB New Delhi 11.2022). Registrierung und Dokumente Einige frühere Rohingya, die seit den 90er-Jahren in Bangladesch leben, wurden damals regis triert und verfügen über mehrere Ausweisdokumente, darunter UNHCR-Ausweise, Geburtsur kunden, Welternährungsprogrammkarten und andere Dokumente. Bei einer freiwilligen Volks zählung im Jahr 2016 wurden viele Neuankömmlinge registriert, und sie erhielten einen lami nierten biometrischen Ausweis (DFAT 30.11.2022). Seit 2018 führen UNHCR und die Regierung einen gemeinsamen Registrierungsprozess durch. Dabei werden Rohingya als Forcibly Dis placed Myanmar Nationals registriert (HRW 15.6.2021; vgl. CoM 5.4.2023). Sind damit nicht als Flüchtlinge registriert (CoM 5.4.2023). Hunderttausende wurden dabei erfasst und erhielten Identitätsausweise, genannt „ Smart Cards“, mit denen sie zu den Hilfsleistungen, inklusive Ge sundheitsdienste, Zugang erhalten. Human Rights Watch kritisierte allerdings, dass die Daten, inklusive biometrische Daten, von mindestens 830.000 dabei registrierten Rohingyas im Zuge der Rückführungsverhandlungen mit Myanmar geteilt wurden (HRW 15.6.2021). Wie alle Menschen in Bangladesch können auch Rohingya Zugang zu gefälschten Pässen haben (DFAT 30.11.2022). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/20780 56

27/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksr epublik_Bangladesch_(Stand_Juli_2022),_23.08.2022.pdf, Zugriff 12.4.2023 [Login erforderlich] ■ ACAPS - Assessment Capacities Project, The (12.5.2023): Bangladesh: Rising violence, insecurity, and protection concerns in Cox’s Bazar refugee camps - Bangladesh, https://reliefweb.int/report/b angladesh/bangladesh-rising-violence-insecurity-and-protection-concerns-coxs-bazar-refugee-c amps, Zugriff 24.5.2023 ■ AI - Amnesty International (27.3.2023b): Amnesty International Report 2022/23; The State of the World’s Human Rights; Bangladesh 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089426.html, Zugriff 3.5.2023 ■ BBC - British Broadcasting Corporation (19.5.2023): Cyclone Mocha death toll rises sharply in Myanmar, https://www.bbc.co.uk/news/world-asia-65646054, Zugriff 23.5.2023 ■ CoM - Council of Minorities (5.4.2023): Joint Submission to the Human Rights Council at the 44th Session of the Universal Periodic Review, https://www.nationalityforall.org/wp-content/uploads/202 3/04/UPR44_Bangladesh_Website.pdf, Zugriff 24.5.2023 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-information-report-banglad esh.pdf, Zugriff 18.4.2023 ■ FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (15.5.2023): Zyklon Mocha zerstört Flüchtlingscamps in My anmar und Bangladesch, https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/zyklon-mocha-zerstoert-fluechtli ngscamps-in-myanmar-und-bangladesch-18895334.html , Zugriff 23.5.2023 ■ FH - Freedom House (10.3.2023): Freedom in the World 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/d e/dokument/2088488.html, Zugriff 18.4.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Events of 2022: Bangladesh, https: //www.hrw.org/world-report/2023/country-chapters/bangladesh, Zugriff 4.5.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (15.6.2021): UN Shared Rohingya Data Without Informed Consent, https://www.hrw.org/news/2021/06/15/un-shared-rohingya-data-without-informed-consent , Zugriff 24.5.2023 ■ IOM - International Organization for Migration (16.5.2023): IOM Bangladesh: Rohingya humanitarian crisis response - situation report on cyclone Mocha - 16 May 2023 - Bangladesh, https://reliefweb.in t/report/bangladesh/iom-bangladesh-rohingya-humanitarian-crisis-response-situation-report-cyclo ne-mocha-16-may-2023 , Zugriff 23.5.2023 ■ ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Bangladesch Asyllän derbericht, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_ÖB-Bericht_2022_11.docx , Zugriff 12.4.2023 [Login erforderlich] ■ Tagesschau - Tagesschau (5.3.2023): Großbrand in Rohingya-Flüchtlingscamp in Bangladesch, https://www.tagesschau.de/ausland/feuer-bangladesch-rohingya-101.html , Zugriff 23.5.2023 ■ UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (9.5.2023): UNHCR Bangladesh Opera tional Update, March 2023 - Bangladesh, https://reliefweb.int/report/bangladesh/unhcr-banglades h-operational-update-march-2023 , Zugriff 23.5.2023 ■ UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (30.4.2023): Rohingya Refugee Re sponse/Bangladesh: Joint Government of Bangladesh - UNHCR Population factsheet (as of 30 Apr 2023) - Bangladesh, https://reliefweb.int/report/bangladesh/rohingya-refugee-responsebanglades h-joint-government-bangladesh-unhcr-population-factsheet-30-apr-2023 , Zugriff 24.5.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089131.html, Zugriff 18.4.2023 20.2 IDPs Letzte Änderung 2023-06-14 16:54 Binnenvertriebene aufgrund von Gewalt Der Aufstand der indigenen Bevölkerung in den Chittagong Hills Tracts von 1973-97 hat sowohl zu internen als auch zu externen Vertriebenen geführt. Auch nach Beilegung des Konflikts be richten Indigene weiterhin, dass sich bengalische Siedler ihr Land aneignen (DFAT 30.11.2022). 57

Menschenrechtsorganisationen sprechen von Vertreibungen und kommunalen Übergriffen ge gen die lokale Bevölkerung [siehe Kapitel Ethnische Minderheiten - Chittagong Hill Tracts / Jumma-Völker]. Die Binnenvertriebenen (IDPs) in den Chittagong Hill Tracts waren in ihrer Sicherheit eingeschränkt (USDOS 20.3.2023). Die Zahl der IDPs in den Chittagong Hills Tracts ist umstritten. NGOs schätzen die Zahl auf über 500.000, darunter sowohl nicht-indigene als auch indigene Personen. Die Chittagong Hills Tracts Kommission schätzt, dass im Jahr 2020 etwas mehr als 90.000 indigene Binnenvertriebene in dem Gebiet lebten (USDOS 20.3.2023). Das Internal Displacement Monitoring Center (IDMC) schätzt die Zahl der IDPs in den Chittagong Hill Tracts auf 275.000. Die Mehrheit der gewaltbe dingten IDPs im Land ist hierher zurückzuführen. Laut Regierung ist ihre Vertriebenensituation gelöst, doch nach anderen Informationen haben sie keinen Zugang zu den grundlegenden staatlichen Dienstleistungen, ökonomische Möglichkeiten oder Aussicht auf Rückkehr oder Um siedlung (IDMC 15.5.2023). Für ganz Bangladesch schätzt IDMC die Zahl der gewaltbedingten IDPs mit Stand Ende 2022 insgesamt auf 427.000. Die meisten sind bereits seit Jahrzehnten in dieser Situation. Die Zahl der IDPs unter den Biharis schätzt es auf 151.000 [siehe Kapitel Ethnische Minderheiten - Biharis]. Alle Schätzungen basieren auf älteren Erhebungen, da es keine Organisationen gibt, die Datenerhebungen vornehmen. Politische bzw. gesellschafltiche Gewalt lösen jedes Jahr lokal begrenzte Vertreibungen aus. So wurden im Oktober 2021 Dutzende Häuser bei lokalen Ausschreitungen zwischen Muslimen und Hindus zerstört (IDMC 15.5.2023). Für 2022 gibt IDMC 560 neue aufgrund von Gewalt vertriebene Personen an (IDMC 11.5.2023). Naturkatastrophen, inklusive Zyklon Mocha (14. Mai 2023) Aufgrund seiner Lage und der hohen Bevölkerungsdichte ist Bangladesch eines der für Ka tastrophen anfälligsten Länder der Welt. Naturkatastrophen sind auch der Hauptauslöser für Vertreibungen in dem Land, insbesondere während der Monsunzeit von Juni bis September, wenn Überschwemmungen jedes Jahr durchschnittlich eine Million Menschen vertreiben. Durch Wirbelstürme werden durchschnittlich 110.000 Menschen pro Jahr vertrieben. Die Katastrophen betreffen jedes Jahr dieselben Gebiete (IDMC 15.5.2023). Die Fluten von 2020 gehörten zu den zerstörerischsten in der Landesgeschichte. 1,9 Millionen Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Doch zeigten erfolgreiche Vorbereitungen, dass die Folgen für die Ver triebenen reduziert werden können. Die Regierung verabschiedete im Jahr 2021 eine nationale Strategie zum Umgang mit klimabedingten Binnenvertreibungen, die einen wichtigen Schritt zur Bewältigung und Verhinderung von Katastrophenvertreibungen darstellt (IDMC 15.5.2023). 2022 verursachten Monsunfluten mindestens 482.000 Vertreibungen im Land. Im Oktober mussten außerdem 1 Million Menschen aufgrund des Zyklons Sitrang evakuiert werden, alle konnten innerhalb von Tagen zu rückkehren. Insgesamt wurden im Jahr 2022 über 1.5 Millionen Menschen durch Naturkatastrophen vertrieben. 8.600 waren am Jahresende weiterhin in der Situation (IDMC 11.5.2023). Im Mai 2023 verursachte der Zyklon Mocha starke Schäden. Am meisten betroffen war das Gebiet Cox’s Bazar, wo um die 930,000 Rohingya Flüchtlinge in 33 Camps leben (IOM 22.5.2023). Laut den ersten 58

Informationen der nationalen Katastrophenschutzbehörde waren 429.337 bangladeschische Staatsan gehörige in den 4 Distrikten Cox’s Bazar, Chattogram, Noakhali und Feni betroffen. 2.052 Häuser wurden völlig zerstört und 10.692 teilweise. Rohingya Flüchtlinge in den Camps von Teknaf sowie den benachbar ten bangladeschischen Gemeinschaften waren am stärksten betroffen. Sofort nach dem Sturm wurden die Unterstützungsleistungen durch die Regierung und humanitäre Organisationen sowie die Räumung der Straßen durch das Militär und lokale Behörden begonnen. Es dürfte keine Todesopfer gegeben ha ben (UNHCR 17.5.2023). Laut einem Update des World Food Programm waren 780.000 Menschen in Bangladesch vom Zyklon betroffen. Alle Flüchtlingscamps waren betroffen und dort 536.000 Flüchtlinge. In den umliegenden Gemeinden waren 243.000 Bangladescher betroffen (WFP 24.5.2023). Quellen ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-information-report-banglad esh.pdf, Zugriff 18.4.2023 ■ IDMC - Internal Displacement Monitoring Centre (15.5.2023): Bangladesh Country Profile, https: //www.internal-displacement.org/countries/bangladesh#displacement-data, Zugriff 19.5.2023 ■ IDMC - Internal Displacement Monitoring Centre (11.5.2023): 2023 Global Report on Internal Dis placement, https://www.internal-displacement.org/global-report/grid2023, Zugriff 24.5.2023 ■ IOM - International Organization for Migration (22.5.2023): Myanmar & Bangladesh: Cyclone Mocha Response Situation Report (May 15 - 18th) - Bangladesh, https://reliefweb.int/report/bangladesh/io m-myanmar-bangladesh-cyclone-mocha-response-situation-report-may-15-18th , Zugriff 25.5.2023 ■ UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (17.5.2023): Bangladesh: Cyclone Mocha Humanitarian Response, Situation Report (As of 15 May 2023) - Bangladesh, https://reliefweb.int/re port/bangladesh/bangladesh-cyclone-mocha-humanitarian-response-situation-report-15-may-202 3, Zugriff 25.5.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089131.html, Zugriff 18.4.2023 ■ WFP - World Food Programme (24.5.2023): Myanmar and Bangladesh Situation Report, Cyclone Mocha (24 May 2023) - Myanmar, https://reliefweb.int/report/myanmar/wfp-myanmar-and-banglad esh-situation-report-cyclone-mocha-24-may-2023 , Zugriff 25.5.2023 21 Grundversorgung Letzte Änderung 2023-06-13 14:20 Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich ver bessert (AA 23.8.2022). Bangladesch hat in den letzten Jahren ein beträchtliches Wirtschafts wachstum erzielt und die Armut im Land erheblich reduzieren können (GIZ 31.12.2022). Den Rückschlag durch die Corona-Pandemie konnte Bangladesch sehr schnell wieder aufholen (BMZ 14.2.2023a; vgl. WB 6.4.2023). Im Durchschnitt ist die Wirtschaft in den letzten zwei Jahr zehnten jährlich um etwa sechs Prozent gewachsen (CIA 14.4.2023; vgl. WB 6.4.2023).Laut Weltbank erreichte Bangladesch 2015 den Status eines Landes mit niedrigem mittlerem Ein kommen und es ist am Weg, 2026 von der UN-Liste der am wenigsten entwickelten Länder gestrichen zu werden (WB 6.4.2023). Die Armutsbekämpfung bleibt jedoch eine der wichtigsten Aufgaben für die Regierung. Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 20,5 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze (BMZ 14.2.2023a). Staatlicherseits gibt es Nahrungsmittel-, Düngemittel- und Treibstoffsubventionen. Außerdem gibt es ein ebenfalls 59

extrem ineffizientes System der Nahrungsmittelausgabe mittels Rationskarten. Oft werden die für Arme vorgesehenen preisgestützten Lebensmittel aber illegal zu Marktpreisen verkauft. Die Bevölkerung ist auf die Versorgung durch ihre Familie und ihre Ersparnisse angewiesen (ÖB 11.2022). Gemäß Welthunger-Index 2022 (WHI) belegt Bangladesch Platz 84 von 121 Ländern und mit einem Wert von 19,6 auf dem WHI fällt es in die Schweregradkategorie „ mäßig“ (WHI 10.2022). Bei der Grundversorgung der Bevölkerung sind somit noch große Defizite zu verzeichnen. Nur 59 Prozent der Menschen in Bangladesch Zugang zu einer sicher betriebenen Trinkwasserver sorgung. Etwa ein Viertel der Erwachsenen kann nicht lesen und schreiben, etwa 25 Prozent der Bevölkerung nutzen das Internet (BMZ 14.2.2023a). Zur Stromnachfrage hat sich seit 2009 die Zahl der Haushalte mit Stromanschluss auf rund 43 Millionen fast vervierfacht - womit etwa 77 Prozent der rund 170 Millionen Einwohner Zugang zu Strom haben. Vor allem in den ländli chen Regionen sind aber viele Haushalte noch nicht an das Stromnetz angeschlossen (GTAI 28.6.2022). 2017 trugen die Landwirtschaft, Industrie und der Dienstleistungssektor jeweils geschätzt 14,2 Prozent, 29,3 Prozent und 56,5 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung (CIA 14.4.2023). Die offizielle Ar beitslosenrate lag 2022 laut der Internationalen Arbeitsorganisation bei lediglich 4,7 Prozent (ILO 11.2022). Formelle und organisierte Beschäftigung gibt es allerdings lediglich im staatlichen Bereich sowie bei größeren Unternehmen. 85 Prozent der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor. Für diese gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absiche rung, sei es durch ein System der Kranken-, Unfall-, Pensions- oder Arbeitslosenversicherung. Von ca. 70 Millionen Beschäftigten sind nur rund zwei Millionen gewerkschaftlich organisiert. Die Gewerkschaften sind stark politisiert oder von einzelnen Führern oder Unternehmen abhängig. Ein Streikrecht gibt es in Bangladesch nicht (ÖB 11.2022). Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt (AA 23.8.2022; vgl. CIA 14.4.2023) und wird von der Regierung gefördert. Etwa zehn Millionen bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland (AA 23.8.2022). Pro Jahr verlas sen schätzungsweise bis zu 400.000 Personen Bangladesch zur legalen Beschäftigung im Ausland (hauptsächlich in Indien, Pakistan, Malaysia, Jordanien und den Golfstaaten). Nach Schätzungen des Germany Trade & Invest dürften die für den privaten Konsum wichtigen Rücküberweisungen von im Ausland arbeitenden bangladeschischen Staatsbürgern im Jahr 2022 rund 21 Milliarden USD betragen (GTAI 16.12.2022). Die Migration wird durch das „ Bureau of Manpower, Employment and Training“ gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen (z.B. „ BRAC“, „ Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees“, „ Bangladesh Migrant Cent re“, „ Bangladesh Women Migrants Association“). Dachverband ist das „ Bangladesh Migration Development Forum“. Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 23.8.2022). 60

Zunehmend ziehen mehr Menschen in die Städte. Die rasche Urbanisierung setzt die Städ te unter Druck. Zugleich ist das Land vom Klimawandel betroffen. Überschwemmungen und Wirbelstürme treten öfter und stärker auf (GIZ 31.12.2022). Insbesondere informelle urbane Siedlungsgebiete (Slums) sind überschwemmungsgefährdet und es fehlt an Wohn- und Versor gungsinfrastruktur (BMZ 14.2.2023b). Darüber hinaus führen der Klimawandel und die Über nutzung von Ökosystemen zum Verlust der Artenvielfalt und zur Degradierung der Biotope. Der Nutzungsdruck auf die Land- und Meeresflächen steigt (GIZ 31.12.2022). Quellen: ■ AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi .net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_ab schiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_2 3.08.2022.pdf, Zugriff 26.4.2023 ■ BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland] (14.2.2023a): Soziale Situation, Das Wachstum erreicht nicht alle, https://www.bmz.de/de/laender/bangladesch/soziale-situation-10692, Zugriff 26.4.2023 ■ BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung [Deutschland] (14.2.2023b): Kernthema „ Klima und Energie, Just Transition“, Energie effizienter nutzen und er neuerbare Energien ausbauen, https://www.bmz.de/de/laender/bangladesch/klima-und-energie-jus t-transition-10738, Zugriff 26.4.2023 ■ CIA – Central Intelligence Agency [USA] (14.4.2023): The World Factbook – Bangladesh, https: //www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bangladesh/#economy, Zugriff 26.4.2023 ■ GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (31.12.2022): Bangladesch, https: //www.giz.de/de/weltweit/351.html, Zugriff 26.4.2023 ■ GTAI - Germany Trade & Invest [Deutschland] (16.12.2022): Globale Krisen bremsen die Konjunktur, https://www.gtai.de/de/trade/bangladesch/wirtschaftsumfeld/globale-krisen-bremsen-die-konjunktu r-255380, Zugriff 26.4.2023 ■ GTAI - Germany Trade & Invest [Deutschland] (28.6.2022): Auf der Suche nach dem richtigen Mix, https://www.gtai.de/de/trade/bangladesch/branchen/auf-der-suche-nach-dem-richtigen-mix-85141 4, Zugriff 26.4.2023 ■ ILO - International Labour Organization (11.2022): Unemployment rate by sex and age – ILO mo delled estimates, Nov. 2022 (%) - Annual, https://www.ilo.org/shinyapps/bulkexplorer41/?lang=en& segment=indicator&id=UNE_2EAP_SEX_AGE_RT_A, Zugriff 26.4.2023 ■ ÖB New Delhi – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/document/2090012.html, Zugriff 11.5.2023 ■ WB - World Bank (6.4.2023): The World Bank in Bangladesh, https://www.worldbank.org/en/country /bangladesh/overview, Zugriff 24.4.2023 ■ WHI - Welthunger-Index (10.2022): Welthunger-Index 2022: Bangladesch, https://www.globalhung erindex.org/pdf/de/2022/Bangladesh.pdf, Zugriff 26.4.2023 21.1 Sozialbeihilfen Letzte Änderung 2023-06-13 14:23 Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen bzw. subventionierte Lebensmittel ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen gibt es nicht (AA 23.8.2022).Aufgrund des Fehlens eines staatlichen Sozi alversicherungssystems muss allgemein auf Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückge griffen werden. Dies gilt auch für die Absicherung alter und behinderter Menschen (ÖB 11.2022). Nicht-staatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere 61

NGOs kann in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht (AA 23.8.2022). Eine Alterspension in der Höhe von monatlich 500 Taka [ca. 4 Euro] wird an Männer über 65 und Frauen über 62 Jahren mit Wohnsitz in Bangladesch ausgezahlt, wobei nur ein Familienmitglied eine Pension beziehen kann. Eine Behindertenpension beträgt monatlich 700 Taka [ca. 6 Euro], wobei die Bezugsberechtigung durch eine Kommission festgestellt wird. Im Falle einer Krankheit wird das Gehalt zu 100 Prozent für insgesamt 14 Tage jährlich ausbezahlt. Mütter erhalten den Durchschnitt ihres Gehalts der letzten drei Monate vor der Ankündigung der Schwangerschaft für den Zeitraum von acht Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt, für insgesamt zwei Lebendgeburten, ausbezahlt; ab der dritten Geburt ist keine Unterstützung vorgesehen. Bei temporärer Behinderung nach einem Arbeitsunfall werden 100 Prozent des Gehaltes für zwei Monate, danach 2/3 für die nächsten zwei Monate, danach die Hälfte des Gehaltes bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren bezahlt. Bei permanenter Behinderung in Folge eines Arbeitsun falles wird ein Fixbetrag von 125.000 Taka [ca. 1.074 Euro] bezahlt. Es gibt keine staatliche Arbeitslosenunterstützung, Unternehmen müssen eine Kündigungsabfindung in der Höhe von 30 Tagesgehältern pro Jahr Firmenzugehörigkeit bezahlen (USSSA 3.2019). 85 Prozent der Beschäftigten arbeiten allerdings im informellen Sektor. Für diese gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absicherung (ÖB 11.2022) Quellen: ■ AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi .net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_ab schiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_2 3.08.2022.pdf, Zugriff 26.4.2026 ■ ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_%C3%96B-Bericht_2022_11. docx, Zugriff 26.4.2023 ■ USSSA – United States Social Security Administration [USA] (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005488/bangl adesh.pdf, Zugriff 26.4.2023 22 Medizinische Versorgung Letzte Änderung 2023-06-13 14:29 Alle Bürger Bangladeschs haben das Recht auf den Zugang zu öffentlichen Gesundheitsein richtungen (WHO 2021a). Die Finanzierung des Gesundheitswesens erfolgt vollständig über das allgemeine Steuersystem der Regierung (ANN 23.9.2022). Doch ein staatliches Kranken versicherungssystem existiert nicht (AA 23.8.2022; vgl. ÖB 11.2022). Das Gesundheitssystem in Bangladesch besteht aus vier Hauptkomponenten: dem öffentlichen (staatlichen) Sektor, dem privaten Sektor, den Nichtregierungsorganisationen und einem „ infor mellen“ Sektor (UKHO 7.2022; vgl. WHO 11.1.2023). Das staatliche Gesundheitssystem ist vor allem in der Primärversorgung mit kleinen - meist schlecht ausgestatteten - ambulanten Klini ken (Upazila Health Complexes) aktiv (GTAI 1.7.2022; vgl. WHO 11.1.2023), wobei jede von 62

ihnen etwa 6.000 Menschen versorgt (WHO 11.1.2023). Die nächste Ebene sind die Gesund heits- und Familienfürsorgezentren der Union, die Gesundheitsdienste für Mütter und Kinder sowie eine begrenzte kurative Versorgung anbieten. Auf der Upazila- und Distriktebene gibt es Upazila-Gesundheitskomplexe (Krankenhäuser mit 50 Betten) und Distriktkrankenhäuser (250 Betten). Auf tertiärer Ebene bieten medizinische Hochschulen und Postgraduierten-Institute ein breites Spektrum an spezialisierten Dienstleistungen an (WHO 11.1.2023). Überlebensnot wendige Maßnahmen können in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen in der Hauptstadt Dhaka sowie in Sylhet, Chittagong und Barishal durchgeführt werden (AA 23.8.2022). Einige teure Privatkliniken, die bei der sekundären und tertiären Versorgung (GTAI 1.7.2022) dominieren, bieten bessere Dienstleistungen (DFAT 30.11.2022) nach internationalem Ausstat tungsstand an. Die Behandlung in diesen Krankenhäusern ist den zahlungsfähigen Patienten vorbehalten (AA 23.8.2022; vgl. ÖB 11.2022). Ferner bestehen private Arztpraxen, deren In haber häufig im Ausland ausgebildet wurden (AA 23.8.2022). Viele Gesundheitseinrichtungen werden auch von Entwicklungspartnern und NGOs bereitgestellt (DFAT 30.11.2022; vgl. AA 23.8.2022, WHO-SEAJPH 2.2021). Ende 2019 wurden 5.300 private Kliniken und Krankenhäuser mit insgesamt 91.000 Betten verzeichnet. Darüber hinaus gab es 2019 rund 250 staatliche Krankenhäuser mit 55.000 Betten. Zwar lag Bangladesch mit 0,8 Klinikbetten pro 1.000 Einwohner knapp über dem Durchschnitt aller LDC (Least Developed Countries)-Staaten, aber noch weit unter dem globalen Mittelwert von drei Betten pro 1.000 Personen (GTAI 1.7.2022; vgl. BIDA o.D.). Außerhalb der Städte ist die medizinische Versorgung nicht gewährleistet (BMEIA 9.3.2023; vgl. DFAT 30.11.2022). Schätzungsweise erreichen lediglich 12 Prozent aller schweren Krankheits fälle das staatliche Gesundheitssystem (ÖB 11.2022). Der Großteil der armen Landbevölkerung ist auf Selbsthilfe oder private Hilfsinitiativen angewiesen (ÖB 11.2022), während wohlhaben de Bangladescher und westliche Ausländer bei Erkrankungen häufig das regionale Ausland vorziehen (AA 23.8.2022). Gemäß Schätzung der WHO sind etwa 68 Prozent der gesamten Gesundheitsdienstleister qualifiziert und anerkannt. Im Gegensatz dazu machen unqualifizierte bzw. nicht anerkannte Gesundheitsdienstleister, wie z. B. traditionelle Heiler oder Verkäufer von Heilmitteln und ähn liche Anbieter, die verbleibenden 32 Prozent des nationalen Gesundheitspersonals aus. Laut WHO stehen für das gesamte Land 531.454 anerkannte Gesundheitsfachkräfte (staatliche und nicht-staatliche), davon 184.691 Ärzte, 276.684 medizinisch-technische Fachkräfte und 53.204 persönliche Pflegekräfte zur Verfügung. Davon werden die Beschäftigten im staatlichen Sektor auf rund 137.932 und im nicht-staatlichen auf 393.522 geschätzt. Im Jahr 2020 wies Bangla desch eine Dichte von 9,9 Ärzten, Krankenschwestern und Hebammen pro 10.000 Einwohner auf: eine Zahl, die weit unter dem weltweiten Durchschnitt von 48,6 liegt. Die Dichte des an erkannten Gesundheitspersonals (sowohl staatlich als auch nicht-staatlich) ist in städtischen Gebieten höher als in ländlichen Gebieten (WHO 2021b). Es sind mehr Ärzte als Kranken schwestern im Dienst. Mit einem Verhältnis von 1:0,6 zwischen Ärzten und Krankenschwestern 63
