2025-09-15-coi-cms-laenderinformationen-bosnien-und-herzegowina-version-4-38a3
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
■ USDOS - United States Department of State [USA] (15.5.2023): 2022 Report on International Reli gious Freedom: Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2091872.html, Zugriff 12.12.2023 15 Ethnische Minderheiten Letzte Änderung 2024-02-19 12:33 Laut der Volkszählung im Jahr 2013 leben in Bosnien und Herzegowina (BiH) 50,1 % Bosniaken, 30,8 % Serben, 15,4 % Kroaten. 2,7 % entfallen auf andere Minderheiten. 1 % der Bevölkerung hat keine Angabe über die ethnische Zugehörigkeit gegeben (CIA 7.12.2023). Die Grundrechte stehen laut Verfassung allen Personen unabhängig von ihrer ethnischen Zu gehörigkeit in gleicher Weise zu. 17 Bevölkerungsgruppen, die insgesamt etwa 3,7 Prozent der Bevölkerung umfassen, sind als Minderheiten anerkannt. Ein Jahr nach Unterzeichnung der Konvention zum Schutz nationaler Minderheiten im Jahr 2002 hat BiH das Minderheitenschutz gesetz erlassen. Dieses findet allerdings aufgrund fehlender Ausführungsvorschriften und zu hoher Anforderungen zur Durchsetzung der Rechte in weiten Teilen keine Anwendung. Dies widerspricht der nationalen Verfassung, wo Minderheitenschutz in der Präambel erwähnt wird (AA 25.7.2023). Ethnische Minderheiten sind besonders anfällig für Ausgrenzung, während Binnenvertriebene einem hohen Armutsrisiko ausgesetzt sind. Andere Gruppen, die einem erhöhten Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung ausgesetzt sind, sind ältere Menschen, Jugendliche, Menschen mit Behinderungen, Roma und Frauen (BS 18.3.2022). Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) registrierte in den ers ten acht Monaten des Jahres 2023 88 meist aus ethnischen oder religiösen Gründen verübte Hassverbrechen. In den laufenden Gerichtsverfahren zu Hassverbrechen kam es zu keinen Verurteilungen (HRW 11.1.2024). Belästigung und Diskriminierung von Angehörigen von Minderheiten stellt in BiH weiterhin ein Problem dar und hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Minderheiten werden in den Be reichen Beschäftigung und Bildung sowohl im staatlichen als auch im privaten Sektor weiterhin diskriminiert. Menschenrechtsaktivisten monieren, dass Behörden jene Gesetze, die Diskrimi nierung verbieten, nicht konsequent durchgesetzt werden. Die häufigsten Vorfälle im Rahmen ethnischer Diskriminierung sind Sachbeschädigung, einschließlich Schändung religiöser Ein richtungen, sowie verbale Angriffe. Zu den Vorfällen gehörten direkte und ernsthafte Drohungen und verbale Angriffe persönlich und online, der Einsatz von Schusswaffen, Messern und Schlag stöcken sowie körperliche Gewalt, einschließlich Massenschlägereien zwischen Mitgliedern von Fußballfanclubs (USDOS 20.3.2023a). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.7.2023): AA - Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi .net/en/file/local/2095655/Auswärtiges_Amt,_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnie 18

n_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_§_29_a_AsylG,_25.07.2023.pdf, Zugriff 11.12.2023 [Login erforderlich] ■ BS - Bertelsmann Stiftung (18.3.2022): BTI 2022 - Country Report - Bosnia and Herzegowina, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069783/country_report_2022_BIH.pdf, Zugriff 12.12.2023 ■ CIA - Central Intelligence Agency [USA] (7.12.2023): Bosnia and Herzegovina - The World Factbook, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bosnia-and-herzegovina/#military-and-security , Zugriff 12.12.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Bosnia and Herzegovina, https: //www.ecoi.net/de/dokument/2103158.html, Zugriff 23.1.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023a): Country Report on Terrorism 2020 - Chapter 1 - Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2065382.html , Zugriff 11.12.2023 15.1 Roma Letzte Änderung 2024-02-19 12:33 Die größte Minderheit in der Region sind die Roma, wobei Schätzungen zu ihrer Anzahl erheblich variieren. Aktivistinnen und Aktivisten gehen von etwa 40.000 Roma aus. Im Jahr 2005 hat die Regierung basierend auf dem Minderheitenschutzgesetz eine Strategie für Angelegenheiten der Roma verabschiedet. Seitdem wurden alle vier Jahre Aktionspläne eingeführt, zuletzt für den Zeitraum 2021-2025 (AA 25.7.2023). Für die Umsetzung dieses landesweiten Aktionsplans zur sozialen Eingliederung von Roma- Männern und -Frauen hat das Land für das Jahr 2023 700.000 EUR bereitgestellt, gegenüber 1 Mio. EUR im Jahr 2020, dem letzten Jahr, in dem ein Budget zugewiesen wurde. Da der Aktionsplan ein breites Spektrum an Maßnahmen umfasst, erfordert er eine angemessene Finanzierung durch alle Regierungsebenen, um den Abwärtstrend umzukehren, sowie eine ständige Überwachung, auch durch den Roma-Beirat (Roma-Ausschuss). Insgesamt haben 15 lokale Gemeinschaften ihre lokalen Roma-Aktionspläne überarbeitet (EC 8.11.2023). Beim Ministerrat gibt es zwei Gremien für die Belange der Roma; deren Einfluss ist jedoch begrenzt. Trotz des gesetzlich vorgesehenen Schutzes werden Roma oft diskriminiert, teilweise sogar von staatlichen Stellen. Obwohl in der Gesellschaft immer noch negative Stereotype existieren, ist ethnisch motivierte Gewalt allerdings die Ausnahme (AA 25.7.2023). Die Roma sind weiterhin in hohem Maße von extremer Armut betroffen. Der Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung ist eingeschränkt (AA 25.7.2023). Etwa ein Drittel der Roma hat keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung; die größten Hürden bestehen hierbei für Kinder außerhalb der Schule und für ältere Roma (EC 8.11.2023). Lediglich 11-13 % der Roma sind erwerbstätig und nur 15-20 % verfügen über eine Krankenver sicherung. Die Teilnahme am Grundschulunterricht hat sich jedoch von 35 auf 50-60 % erhöht (AA 25.7.2023), wenngleich die Zahl der Schulabbrecher immer noch sehr hoch ist. Es gibt zwar keine getrennten Klassen oder Schulen; allerdings wird auch nicht in der Roma-Sprache unterrichtet und die Kenntnis der Roma-Kultur ist in der übrigen Bevölkerung sehr begrenzt (EC 8.11.2023). 19

Diskriminierung ist ein häufiges Problem. Insbesondere Roma-Frauen sind hierbei am stärksten gefährdet und werden beim Zugang zu Wohnraum, Gesundheitsfürsorge, Bildung und Beschäf tigungsmöglichkeiten am meisten benachteiligt (USDOS 20.3.2023b; vgl: EC 8.11.2023). Die Arbeitslosenquote der Roma ist sehr hoch und liegt bei fast 95 % (USDOS 20.3.2023b). Ein erheblicher Prozentsatz der Roma ist zudem obdachlos oder ohne Wasser und Strom in ihren Häusern. Viele Wohnungen sind überfüllt, und den Bewohnern fehlt der Nachweis von Eigen tumsrechten. Ohne einen solchen Nachweis wiederum ist es schwierig, Identitätsdokumente zu erhalten, die eine Grundvoraussetzung für den Zugang zu vielen anderen Bürgerrechten wie Bildung und Gesundheitsversorgung sind. Ungefähr drei Viertel der Roma lebten in offen segregierten Vierteln mit sehr schlechter Basisinfrastruktur (USDOS 20.3.2023b). Die erfolgte Wahlreform hat es versäumt, die politische Diskriminierung von Roma, Juden und anderen, die laut Verfassung nicht für das Präsidentenamt kandidieren dürfen, zu beseiti gen (HRW 11.1.2024). Während das gesetzliche Mindestalter für die Eheschließung in Bosnien und Herzegowina (BiH) bei 18 Jahren liegt (mit Herabsetzungsmöglichkeit auf 16 Jahre bei Zustimmung der Eltern), werden Mädchen in bestimmten Roma-Gemeinschaften bereits im Alter von 12 bis 14 Jahren verheiratet, wobei Roma-Menschenrechtsaktivisten berichten, dass die Zahl der frühen Eheschließungen zunimmt und Staatsanwälte oft zögerten, Zwangsverheiratungen von minderjährigen Roma zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen, da sie diese auf Roma- Bräuche zurückführen (USDOS 20.3.2023b). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.7.2023): AA - Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi .net/en/file/local/2095655/Auswärtiges_Amt,_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnie n_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_§_29_a_AsylG,_25.07.2023.pdf, Zugriff 11.12.2023 [Login erforderlich] ■ EC - Europäische Kommission (8.11.2023): EC - Europäische Kommission Bosnia and Herzegowina 2023 Report, https://neighbourhood-enlargement.ec.europa.eu/system/files/2023-11/SWD_2023_- 691 Bosnia and Herzegovina report.pdf, Zugriff 11.12.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Bosnia and Herzegovina, https: //www.ecoi.net/de/dokument/2103158.html, Zugriff 23.1.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023b): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089212.html, Zugriff 11.12.2023 16 Frauen Letzte Änderung 2024-02-19 12:33 Die Verfassung garantiert die Gleichheit von Frauen und Männern vor dem Gesetz. Frauen und Männer sind nach dem Gleichberechtigungsgesetz unabhängig von ihrem Familienstand in allen gesellschaftlichen Bereichen gleichgestellt. In der konservativen Gesellschaft Bosnien und Herzegowinas (BiHs) sind Frauen jedoch häufig geschlechtsspezifischen Benachteiligungen in Politik, Wirtschaft, Bildung und Erziehung ausgesetzt, insbesondere dann, wenn sie der 20

jeweiligen Minderheitsbevölkerung angehören. Auch wirtschaftlich werden Frauen benachteiligt; so sind sie beispielsweise bei gemeinsamem Grundbesitz mit einem Mann oftmals nicht im Grundbuch eingetragen (AA 25.7.2023). Das Gesetz schreibt nicht ausdrücklich gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit vor, aber es ver bietet geschlechtsspezifische Diskriminierung. Frauen und Männer erhalten in staatlichen Un ternehmen für gleiche Arbeit in der Regel den gleichen Lohn, aber nicht in allen Bereichen der Privatwirtschaft (USDOS 20.3.2023b). Lokale NGOs gehen davon aus, dass jede zweite bis dritte Frau - teilweise regelmäßig - Opfer häuslicher Gewalt ist. In einer Umfrage der OSZE gaben 48 Prozent der befragten Frauen an, seit ihrem 15. Lebensjahr schon einmal eine Form von Missbrauch erfahren zu haben (AA 25.7.2023; vgl. USDOS 20.3.2023b). Es ist anzunehmen, dass Fälle häuslicher Gewalt nur unzureichend angezeigt werden, weil die meisten Betroffenen kein Vertrauen in Polizei, Sozialhilfezentren oder Justiz haben (USDOS 20.3.2023b). Experten und Expertinnen zufolge wird lediglich ein Zehntel der Fälle der Polizei gemeldet (AA 25.7.2023). Im Jahr 2014 trat die Istanbul-Konvention in Bosnien und Herzegowina (BiH) in Kraft, und zur effektiven Umsetzung wurden verschiedene Aktionspläne und Richtlinien zur besseren Be kämpfung häuslicher Gewalt gegen Frauen erlassen. Im Mai 2020 wurde beispielsweise das überarbeitete Gesetz zum Schutz vor häuslicher Gewalt in der Republika Srpska wirksam, das häusliche Gewalt als Straftat qualifiziert. In der Föderation BiH ist häusliche Gewalt bereits seit 2017 strafbar. Trotz dieser Fortschritte besteht jedoch nach wie vor ein Mangel an einheitlichen und effektiven landesweiten Regelungen sowie an einer effizienten Umsetzung des Schutzes. Formal gelten häusliche Gewalt und Vergewaltigungen in der Ehe als Straftaten, die mit Gefäng nisstrafen von bis zu 15 Jahren geahndet werden können. Dennoch wird häusliche Gewalt oft als private Angelegenheit betrachtet, teilweise sogar sozial akzeptiert, und die Strafverfolgung wird nicht immer mit gebotener Ernsthaftigkeit betrieben. Obwohl der Europarat ein System zur Datenerhebung bezüglich Gewalt gegen Frauen empfohlen und unterstützt hat, wurde dies bisher noch nicht umgesetzt (AA 25.7.2023). Ein weiteres Problem besteht darin, dass Polizisten und Polizistinnen oft nicht angemessen auf Fälle häuslicher Gewalt reagieren können, und es fehlt an einem klaren Leitfaden. In vielen Fällen lassen sie die Täter trotz ihrer gesetzlichen Befugnisse, diese aus der Wohnung zu verweisen, in den Familien verbleiben (AA 25.7.2023). Zehn Jahre nach Ratifizierung der Istanbul-Konvention haben die Behörden noch immer keine gesetzlichen Maßnahmen zur Verhütung, Untersuchung und Bestrafung von geschlechtsspe zifischer Gewalt ergriffen. Die Umsetzung des im Jahr 2022 verabschiedeten Gesetzes zur Angleichung der nationalen Rechtsvorschriften an die Istanbul-Konvention verzögert sich auf grund eines fehlenden Konsenses auf lokaler Ebene (HRW 11.1.2024). Die Institution des Ombudsmanns für Menschenrechte in Bosnien und Herzegowina hat im Januar 2022 dem UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Gesundheit mitgeteilt, dass häusliche Gewalt in Bosnien und Herzegowina, insbesondere Gewalt gegen Frauen, zu den 21

schwersten Menschenrechtsverletzungen des Landes gehört (HRW 12.1.2023; vgl. USDOS 20.3.2023b). Derzeit gibt es zum Schutz betroffener Frauen neun sichere Unterkünfte (Fraunhäuser), von denen sich sechs in der Föderation BiH und drei in der Republika Srpska befinden. Diese Häuser bieten Therapien sowie eine Unterkunft für die Dauer von grundsätzlich sechs Monaten, bei speziellem Bedarf auch länger. Seit Oktober 2000 betreibt die Stiftung für lokale Demokratie das einzige Safe House - Schutzhaus für Frauen und Kinder, die Opfer häuslicher Gewalt sind, im Kanton Sarajevo. Die Unterbringung erfolgt auf Empfehlung des Zentrums für Sozialarbeit und der Polizeibehörden und ist jederzeit möglich und verfügbar (Sarajewo Times). Im Jahr 2021 stellte die Gleichstellungsbehörde des Ministeriums für Menschenrechte und Flüchtlinge 225.000 KM (112.000 USD) für die Durchführung des Projekts „ Stärkung der Ka pazitäten von Institutionen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt“ bereit. Ziel des Projekts war es, die Standards der Istanbul-Konvention umzusetzen, die BiH 2013 ratifiziert hat. Das Projekt sieht die Einrichtung von drei Krisen-/Hilfszentren in den Kliniken von Sarajevo, Mostar und Tuzla vor und finanziert die Renovierung von Räumlichkeiten in geburtshilflichen und gynäkologischen Kliniken sowie den Kauf von Ausrüstung (USDOS 20.3.2023b). Frauen leiden überproportional unter sozialer Ausgrenzung und Armut. Der Gender Inequality Index 2019 des UNDP stufte BiH auf Platz 38 von 62 Ländern ein. Chancengleichheit wird nur teilweise erreicht. Frauen und Angehörige ethnischer, religiöser und anderer Minderheitengrup pen haben nur eingeschränkten Zugang zu Bildung, öffentlichen Ämtern und Beschäftigung. Im Jahr 2019 lag die Erwerbsquote der Frauen in Bosnien und Herzegowina bei 37,4 %, verglichen mit einer Quote von 58,15 % bei den Männern, die zu den niedrigsten Quoten in Europa gehört. Darüber hinaus verfügten 74 % der Frauen im Vergleich zu 89,3 % der männlichen Bevölkerung über mindestens einen Sekundarschulabschluss (BS 18.3.2022). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.7.2023): AA - Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi .net/en/file/local/2095655/Auswärtiges_Amt,_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnie n_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_§_29_a_AsylG,_25.07.2023.pdf, Zugriff 11.12.2023 [Login erforderlich] ■ BS - Bertelsmann Stiftung (18.3.2022): BTI 2022 - Country Report - Bosnia and Herzegowina, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069783/country_report_2022_BIH.pdf, Zugriff 12.12.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Bosnia and Herzegovina, https: //www.ecoi.net/de/dokument/2103158.html, Zugriff 23.1.2024 ■ HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Bosnia and Herzegovina, https: //www.ecoi.net/de/dokument/2085393.html, Zugriff 11.12.2023 ■ Sarajewo Times (10.9.2023): Women report to the Safe Houses across Bosnia and Herzegovina every Day - Sarajevo Times, https://sarajevotimes.com/women-report-to-the-safe-houses-across-b osnia-and-herzegovina-every-day , Zugriff 23.1.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023b): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089212.html, Zugriff 11.12.2023 22

17 Kinder Letzte Änderung 2024-02-19 12:33 Es gibt Gesetze gegen Kindesmissbrauch; dennoch ist familiäre Gewalt gegen Kinder ein Pro blem. Körperliche Züchtigung ist in der Republica Srpska (RS) verboten, in der Föderation BiH und im Distrikt Brcko jedoch weiterhin gesetzlich erlaubt. Die Daten über Kindesmissbrauch auf der Ebene des Staates und der Gebietseinheiten sind nach wie vor begrenzt. Die Polizei un tersuchte und verfolgte einzelne Fälle von Kindesmissbrauch. Es wurden nur wenige Fälle von Gewalt gegen Kinder gemeldet, und folglich wurden auch nur wenige Fälle vor Gericht gebracht. Die Gleichstellungsbehörde des Landes schätzt, dass eine von fünf Familien von häuslicher Gewalt betroffen ist. In vielen Fällen waren die Kinder indirekte Opfer der familiären Gewalt. Die Kinderrechte werden durch Gemeindezentren für Sozialarbeit geschützt, die jedoch unter finanziellem Mangel und Unterbringungsmöglichkeiten für Kinder, die vor häuslicher Gewalt fliehen, leiden (USDOS 20.3.2023b). Obwohl nach amtlichen Angaben 90 % der 2021-2022 identifizierten Opfer des Menschenhan dels Kinder sind, bilden Kinderrechte keinen Schwerpunkt der Politik: Für den Aktionsplan für Kinder 2015-2018 gab es keine Mittel, ein Nachfolgeplan wurde nicht erarbeitet. Ein Kinder rat soll überwachen, ob Kinderrechte eingehalten werden und gegebenenfalls helfen, diese durchzusetzen. Er hat bislang aber kaum Wirkung entfaltet (AA 25.7.2023). Im Jahr 2022 gingen beim Ombudsmann 219 Beschwerden bezüglich der Rechte des Kindes ein. 2020 waren über 1.000 Kinder ohne elterliche Fürsorge, wobei viele dieser Kinder Be hinderungen aufwiesen. Die Ausbeutung von Kindern, Kinderbettelei und teilweise fehlende Krankenversicherungen geben weiterhin Anlass zu ernster Besorgnis. Entsprechende Gegen maßnahmen wurden nicht getroffen. Randgruppen wie etwa die Roma erleben vielfältige Formen der Diskriminierung, wobei insbesondere Mädchen und Frauen betroffen sind. Zudem fehlen konkrete Schritte seitens der Behörden, um genaue und kohärente Daten zu Gewalt gegen Kinder und Kinderarmut zu erheben (EC 8.11.2023). Das Mindestheiratsalter beträgt bei elterlicher Zustimmung 16 Jahre, ansonsten 18 Jahre. In bestimmten Roma-Gemeinschaften heiraten Mädchen im Alter zwischen 12 und 14 Jahren. Ro ma-Menschenrechtsaktivisten berichten, dass frühe Eheschließungen auf dem Vormarsch sind. Das Gesetz verbietet sexuelle Handlungen mit einer Person, die jünger als 18 Jahre ist. Mädchen werden kommerziell sexuell ausgebeutet, und es gibt Berichte, dass Roma-Mädchen im Alter von 12 Jahren früh verheiratet bzw. zwangsverheiratet werden und als Hausangestellte arbeiten müssen. Kinder werden für die Produktion von Pornografie benutzt (USDOS 20.3.2023b). Die Bildung ist bis zur Oberstufe kostenlos, aber verpflichtend nur für Kinder zwischen sechs und 15 Jahren. Die Vorschulerziehung im Jahr vor der Einschulung ist obligatorisch. Jedoch nicht alle Bildungsbehörden setzen diese Vorschrift um. Das statistische Zentralamt von BiH meldete, dass nur 30 % der Kinder im Alter von fünf Jahren am organisierten Lernen teilnehmen, während UNICEF für das Jahr 2021 von 78 % ausgeht. Der Mangel an strategischer Planung bei der Politikgestaltung und der Haushaltsplanung im Bildungsbereich spiegelt sich in der unzureichenden Ausstattung mit Informationstechnologie (IKT) für eine qualitativ hochwertige, 23

integrative Bildung für das 21. Jahrhundert. Die Ergebnisse der UNICEF-Kartierung der IKT- Ressourcen von Grund- und Sekundarschulen in BiH zeigen, dass 583 Schulen, davon 579 Satellitenschulen, keinen Internetanschluss haben. Dies bedeutet, dass mehr als 14.000 Schüler der Primar- und Sekundarstufe im Rahmen des formalen Bildungssystems keinen Zugang zu Online-Informationen hatten, die eine Grundlage für den Aufbau von Fähigkeiten und Wissen für den modernen Arbeitsmarkt darstellen. Die Ergebnisse der UNICEF-Kartierung zeigten auch, dass sich im Durchschnitt 19,9 Schüler in BiH einen Computer teilen (USDOS 20.3.2023b). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.7.2023): AA - Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi .net/en/file/local/2095655/Auswärtiges_Amt,_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnie n_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_§_29_a_AsylG,_25.07.2023.pdf, Zugriff 11.12.2023 [Login erforderlich] ■ EC - Europäische Kommission (8.11.2023): EC - Europäische Kommission Bosnia and Herzegowina 2023 Report, https://neighbourhood-enlargement.ec.europa.eu/system/files/2023-11/SWD_2023_- 691 Bosnia and Herzegovina report.pdf, Zugriff 11.12.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023b): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089212.html, Zugriff 11.12.2023 18 Sexuelle Minderheiten Letzte Änderung 2024-02-19 12:33 Es gibt keine Gesetze, die einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zwi schen Erwachsenen unter Strafe stellen. Obwohl das Gesetz auf staatlicher Ebene Diskrimi nierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung verbietet, setzen die Behörden das Gesetz nicht vollständig durch. Sowohl in den Entitäten als auch im Distrikt Brcko gibt es Gesetze, die je de Form von Hassverbrechen aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität unter Strafe stellen (USDOS 20.3.2023b). Ein LGBTI- Aktionsplan 2021-2024 wurde Anfang 2021 an den Ministerrat übermittelt und im Juli 2022 letztlich von der Regierung übernommen (AA 25.7.2023; vgl. AI 28.3.2023). Die Ent wicklung des Plans erfolgte durch die 25 Repräsentant:innen der vertretenen Entitäten durch Hinzuziehung von LGBTI-Organisationen. Der Plan sieht die Stärkung der Rechte von Mitglie dern sexueller Minderheiten vor und spezifiziert messbare Maßnahmen, die zusammen mit NGOs definiert wurden. Die NGOs gehen jedoch davon aus, dass der Aktionsplan nur durch massive finanzielle Unterstützung und Druck umgesetzt werden kann (AA 25.7.2023). Viele Homosexuelle stehen angesichts einer ausgeprägt homophoben gesellschaftlichen Mehr heit nicht offen zu ihrer sexuellen Orientierung. Diskriminierung findet vor allem in der Schule und im Beruf statt, beispielsweise sind Kündigungen aufgrund der sexuellen Identität keine Seltenheit. Trotz des kürzlich übernommenen Aktionsplans kündigte der Präsident der Repu blica Srpska (RS), Milorad Dodik, im März 2023 an, in den nächsten Monaten ein Gesetz zu verabschieden, das LGBTI Aktivisten und –aktivistinnen den Zugang zu Bildungseinrichtungen zu Propagandazwecken verwehren solle (AA 25.7.2023). 24

Hassreden, Diskriminierung und Gewalt gegen LGBTI-Personen sind weit verbreitet (USDOS 20.3.2023b; vgl. AA 25.7.2023). Die Sarajevo Pride fand im Juni 2022 statt. Im Vorfeld der Parade kam es zu einer Zunahme von LGBT-feindlichen Äußerungen in den sozialen Medi en, auch von Politikern (HRW 12.1.2023). Am 4.4.2022 erließ das Stadtgericht Sarajevo ein bahnbrechendes erstinstanzliches Urteil, in dem die Diskriminierung von LGBTQI+-Personen zum ersten Mal in Bosnien und Herzegowina von einem Gericht bestätigt wurde. Das Urteil bezieht sich auf einen Facebook-Post eines ehemaligen Mitglieds des Kantonsrats von Saraje vo, das im Internet schrieb, dass LGBTQI+-Personen „ isoliert“ und von „ unseren Kindern und der Gesellschaft entfernt“ werden sollten. In dem erstinstanzlichen Urteil heißt es, dass Kritik oder negative Kommentare zu LGBTQI+-Personen und dem Pride March zwar als Redefreiheit angesehen werden können, öffentliche Aufrufe zur Isolierung, Segregation und Entfernung von Personen aus der Gesellschaft aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität oder Geschlechtsmerkmale jedoch als Hassrede gelten (USDOS 20.3.2023b; vgl. HRW 12.1.2023, AI 28.3.2023). Im Jahr 2021 dokumentierte die SOC [Anm.: Sarajewo Open Center, eine GBTI- und Frauen rechtsgruppe] 13 Fälle von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung und der Ge schlechtsidentität: 12 Fälle ereigneten sich in der Öffentlichkeit oder online und ein Fall stand im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt. Im Jahr 2021 dokumentierte die SOC auch 14 Fälle von Hassverbrechen, was einen Anstieg gegenüber dem vorangegangenen Berichtszeitraum bedeutet, in dem nur zwei Fälle gemeldet wurden. Von den 14 Fällen bezogen sich zwei auf häusliche Gewalt, acht waren Drohungen gegen LGBTQI+-Personen, und vier Fälle waren nicht spezifiziert. Die SOC geht davon aus, dass die tatsächliche Zahl der LGBTQI+-Personen, die Diskriminierung erfahren haben, viel höher ist, aber aus Angst zu wenig berichtet wird. Die SOC berichtet weiters, dass die Justiz im Jahr 2022 große Fortschritte beim Schutz der Rechte von LGBTQI+ gemacht habe (USDOS 20.3.2023b). Transgender-Personen gelten als die verwundbarste Gruppe. Gleichgeschlechtliche Paare ha ben nicht die Möglichkeit, sich offiziell zu registrieren. Nachdem die Föderationsregierung bereits 2018 angekündigt hatte, eine Lösung für gleichgeschlechtliche Paare, die im Ausland geheiratet haben, finden zu wollen, wurde im April 2020 eine Arbeitsgruppe zu dieser Frage einberufen, die Ende 2021 Schlussfolgerungen verabschiedete; diese kamen jedoch aufgrund der politischen Blockade nicht zur weiteren Abstimmung (AA 25.7.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.7.2023): AA - Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi .net/en/file/local/2095655/Auswärtiges_Amt,_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnie n_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_§_29_a_AsylG,_25.07.2023.pdf, Zugriff 11.12.2023 [Login erforderlich] ■ AI - Amnesty International (28.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Bosnien und Herzegowina 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2094512 .html, Zugriff 5.12.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Bosnia and Herzegovina, https: //www.ecoi.net/de/dokument/2085393.html, Zugriff 11.12.2023 25

■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023b): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089212.html, Zugriff 11.12.2023 19 Bewegungsfreiheit Letzte Änderung 2024-02-19 12:33 Die Freiheit, sich innerhalb des Landes frei zu bewegen, zu reisen, zu emigrieren und wieder zurückzukehren ist gesetzlich garantiert. In der Praxis kann es jedoch zu gewissen Einschrän kungen kommen (USDOS 20.3.2023b). Alle Reisenden werden an den Außengrenzen kontrolliert. Allein oder mit nur einem der bei den Sorgeberechtigten reisende Kinder benötigen eine schriftliche Zustimmung der Eltern bzw. des mitsorgeberechtigten Elternteils. Soweit Angehörige einer der drei konstitutiven Volksgrup pen (Bosniaken, Serben, Kroaten; Anm.) Repressionen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gruppe entgehen möchten, können sie sich i. d. R. in einen anderen Teil des Staatsgebiets begeben. Für Angehörige gemischter Ehen und gemischter Familien gibt es kein „ Mehrheits gebiet“ ihrer Volksgruppe. In der Republika Srpska stellt sich die gesellschaftliche Akzeptanz gemischt-ethnischer Ehen bzw. Familien schwieriger dar (AA 25.7.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.7.2023): AA - Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG, https://www.ecoi .net/en/file/local/2095655/Auswärtiges_Amt,_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Bosnie n_und_Herzegowina_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_§_29_a_AsylG,_25.07.2023.pdf, Zugriff 11.12.2023 [Login erforderlich] ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023b): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089212.html, Zugriff 11.12.2023 20 IDPs und Flüchtlinge Letzte Änderung 2024-02-19 12:33 In Folge des Konflikts von 1992-95 besitzen noch immer 96.305 Personen den IDP-Status. Die Mehrheit der Bosniaken und Kroaten flohen aus der Republica Srpska (RS), eine große Anzahl von Serben aus der Föderation. Der Zugang zu kostenlosem Rechtsbeistand für Bin nenvertriebene und Rückkehrer blieb im ganzen Land uneinheitlich. Da die kantonalen Rechts beistandsbüros über zu geringe finanzielle Mittel verfügen und die Gesetzgebung lückenhaft ist, obliegt es weiterhin dem UNHCR, eine begrenzte Anzahl von gefährdeten Binnenvertrie benen beim Zugang zu ihren Rechten zu unterstützen. Nach Angaben des UNHCR sind 35 Sammelunterkünfte im ganzen Land weiterhin von Binnenvertriebenen belegt, die auf eine dau erhafte Unterbringung warten. Obwohl die Unterkünfte ursprünglich nur als vorübergehende Lösung vorgesehen waren, leben einige der betreffenden Personen nunmehr bereits seit mehr als 20 Jahren dort. Zahlreiche Binnenvertriebene und Rückkehrer leben unter sehr schwierigen Bedingungen (USDOS 20.3.2023b). 26

Die Verfassung und die Gesetze von BiH sehen die freiwillige Rückkehr oder lokale Integration von Binnenvertriebenen im Einklang mit den UN-Leitprinzipien für Binnenvertreibung vor. Die Regierung fördert aktiv die sichere Rückkehr von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen an ihren Heimatort oder deren lokale Integration an deren Vertreibungsort. Die Regierung stellt zudem Mittel für die Rückkehr zur Verfügung und beteiligt sich an international finanzierten Program men für die Rückkehr. Es gibt weiterhin vereinzelte Angriffe auf Rückkehrer, insbesondere wenn sie einer Minderheit angehören. Derartige Übergriffe werden im Allgemeinen nicht angemessen untersucht oder verfolgt. Auch hinsichtlich eines besseren Zugangs für gefährdete Binnenvertrie bene und Rückkehrer zu Rechten und Dienstleistungen - insbesondere zum Recht auf Bildung in der eigenen Sprache - gibt es kaum positive Entwicklungen (USDOS 20.3.2023b). Die Regierung arbeitet mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, zurückkehrenden Flüchtlingen oder Asylbewerbern und anderen betroffenen Personen Schutz und Hilfe zu gewähren (USDOS 20.3.2023b). Zwischen Januar und August 2023 registrierte die Ausländerbehörde 18.995 Personen, die die Absicht äußerten, Asyl zu beantragen, gegenüber 11.881 im gleichen Zeitraum 2022 (HRW 11.1.2024). Das Asylsystem ist nach wie vor weitgehend ineffektiv. So dauerte die Bearbeitung von Asylanträgen durch schnittlich mehr als 400 Tage. Die Anerkennungsquoten blieben extrem niedrig. Die Anträge schutzsuchender Ukrainer hingegen wurden in Bosnien und Herzegowina schnell bearbeitet. Sie erhielten jedoch statt des Flüchtlingsstatus subsidiären Schutz, wodurch ihr Zugang zu elementaren Rechten wie Familienzusammenführung und Ausstellung von Reisedokumenten eingeschränkt war (AI 27.3.2023). Im Rahmen des von der EU, von UNHCR, OSZE, CEB [Council of Europe Development Bank; Anm.], USA, Deutschland, Italien, Dänemark, Schweiz, Norwegen, Türkei, Niederlande, Zy pern, Rumänien, Tschechien, Slowakei und Ungarn unterstützen Regional Housing Programms wurden bis Dezember 2023 2.778 neue Sozialwohnungen fertiggestellt und an die Endnutzer bzw. Familien zu günstigen Konditionen übergeben. Die Verschuldung von BiH für dieses Pro jekt bei der Entwicklungsbank des Europarates (CEB) belaüft sich auf über 60 Mio EUR (RHP 29.1.2024). Die Behörden registrierten 2022 fast 27.000 Personen, die Bosnien und Herzegowina bei dem Versuch, EU-Länder zu erreichen, durchquerten. 2021 waren es noch etwa 16.000. Etwa 1.300 Personen, die meisten davon aus Afghanistan, befanden sich auch Ende 2022 noch im Land. Während sich die Aufnahmebedingungen im Allgemeinen verbesserten, verfügten die für Mi gration zuständigen Schlüsselinstitutionen nach wie vor über zu wenig Mittel und waren nicht in der Lage, die Aufnahmezentren ohne die Unterstützung der Internationalen Organisation für Mi gration (IOM) zu verwalten. Weil die Behörden keine Verteilung von Asylsuchenden auf andere Landesteile anordneten, saßen die meisten Personen im Kanton Una-Sana fest. Die unerwar tete Zunahme der Zahl eintreffender Personen ab August 2022 sowie die hohe Fluktuation in den Aufnahmeeinrichtungen führten zu einer weiteren Beeinträchtigung der Bereitstellung ange messener langfristiger Hilfeleistungen für die Bewohner. Während die meisten Flüchtlinge und Migranten in Aufnahmezentren untergebracht waren, mussten in der Nähe der Grenze, haupt sächlich im Kanton Una-Sana, mehrere Hundert Menschen im Freien übernachten, darunter 27
