2025-09-10-coi-cms-laenderinformationen-algerien-version-10-7873
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Algeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107601.html, Zugriff 20.8.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Algeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089128.html, Zugriff 22.8.2024 15.3 Homosexuelle Letzte Änderung 2024-10-01 12:24 Homosexuelle Handlungen sind in Algerien verboten und werden mit bis zu zwei Jahren Haft sowie einer Geldstrafe bestraft (ÖB Algier 21.5.2024; vgl. USDOS 23.4.2024, AA 10.5.2023). Die gesetzliche Grundlage ist Art. 338 Strafgesetzbuch (Code Penal) (AA 10.5.2023). Ist ein Minder jähriger involviert, kann die Haftstrafe bis zu drei Jahre betragen und eine Geldstrafe (USDOS 23.4.2024). Mit Artikel 333 Absatz 2 Strafgesetzbuch wird die Ausführung gleichgeschlechtlicher Handlungen in der Öffentlichkeit unter Strafe gestellt. Dabei kann der Rechtsbegriff „ Öffent lichkeit“ auch die privaten Räume einschließen, wenn Fenster und Türen geöffnet sind oder während der Handlungen Dritte in den privaten Räumen anwesend sind. Das Strafmaß liegt in diesem Fall zwischen sechs Monaten und drei Jahren Haft und einer Geldstrafe (AA 10.5.2023). In der Rechtspraxis finden beide Vorschriften (Art. 333 und 338 Starfgesetzbuch) regelmäßig Anwendung (Zahl anhängiger Verfahren nicht überprüfbar). Insbesondere Art. 333 Strafgesetz buch wird von den Polizei- und Strafverfolgungsbehörden zur Verhinderung der Gründung von Schutzorganisationen homosexueller Personen herangezogen (AA 10.5.2023). Die vage Defini tion von „ homosexuelle Akte“ und „Akte gegen die Natur“ im Gesetz erlaubt gemäß Aktivisten se xueller Minderheiten pauschale Beschuldigungen, welche in zahlreichen Inhaftierungen wegen gleichgeschlechtlicher Beziehungen resultieren - allerdings in keinen Verurteilungen (USDOS 23.4.2024). Es kommt also mitunter zu polizeilichen Schikanen oder Anhaltungen, rechtliche Verfolgungen sind jedoch selten (ÖB Algier 21.5.2024). Eine systematische Verfolgung homosexueller Per sonen findet nicht statt. Homosexualität wird nach Kenntnis des Auswärtigen Amts immer dann strafrechtlich verfolgt, wenn den Behörden selbst oder durch Anzeige von Privatpersonen ein Sachverhalt bekannt geworden ist (AA 10.5.2023). Angehörige sexueller Minderheiten sind nicht durch Antidiskriminierungsgesetze geschützt (ÖB Algier 21.5.2024; vgl. USDOS 23.4.2024) und werden beim Zugang zu öffentlichen Diensten z. B. Gesundheitsversorgung) diskriminiert (ÖB Algier 21.5.2024; vgl. USDOS 23.4.2024, FH 2024). Während es zwischen den Sicherheitsbehörden und den Aktivisten sexueller Minderheiten ein informelles Stillhalteabkommen gibt, das von beiden Seiten respektiert wird, kommt es v. a. in den arabischsprachigen Medien immer wieder zu homophoben Äußerungen (ÖB Algier 21.5.2024). Angehörige sexueller Minderheiten sind Diskriminierungen und Gewalt ausgesetzt, und viele Aktivisten sind aus dem Land geflohen. Angehörige sexueller Minderheiten werden politisch marginalisiert und haben nur wenige Möglichkeiten, ihre Interessen öffentlich zu vertreten (FH 2024). Homosexualität ist ein Tabu-Thema. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Homosexuelle aufgrund ihrer als „ unislamisch“ empfundenen Lebensweise durch islamistische Gruppierungen 22

gefährdet sind. In arabischen Zeitungen erscheinen vereinzelt Hassartikel. Betroffene von für se xuelle Minderheiten aktiven NGOs berichten, dass die Polizei Diskriminierung oder gewalttätige Übergriffe auf Homosexuelle duldet (AA 10.5.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (10.5.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091939/A uswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokr atischen_Volksrepublik_Algerien_(Stand_März_2023),_10.05.2023.pdf , Zugriff 20.8.2024 [Login erforderlich] ■ FH - Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Algeria, https://www.ecoi.net/de/dokume nt/2108025.html, Zugriff 20.8.2024 ■ ÖB Algier - Österreichische Botschaft Algier [Österreich] (21.5.2024): Asylländerbericht Algerien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2109608/ALGE_ÖB_Bericht_2024_05_21.pdf , Zugriff 20.8.2024 [Login erforderlich] ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Algeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107601.html, Zugriff 20.8.2024 16 Bewegungsfreiheit Letzte Änderung 2024-10-01 12:52 Die Verfassung garantiert Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbür gerung, diese Rechte werden jedoch von der Regierung in der Praxis eingeschränkt (USDOS 23.4.2024). Nach anderen Angaben können die meisten Bürger innerhalb des Landes und ins Ausland relativ frei reisen (FH 2024). Die Verfassung gewährt den Bürgern das Recht, in das Land ein- und auszureisen. Menschenrechtsgruppen äußern sich besorgt darüber, dass die Re gierung Reiseverbote, einschließlich außergerichtlicher Verbote, gegen Journalisten, Aktivisten und Kritiker einsetzt (USDOS 23.4.2024). Jungen wehrpflichtigen Männern, die ihren Wehrdienst noch nicht abgeleistet haben, wird die Ausreise ohne Sondergenehmigung verweigert (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024). Sonderge nehmigungen erhalten Studenten und Personen in besonderen Familienkonstellationen. Perso nen, die jünger als 18 Jahre sind, ist es gemäß Familienrecht nicht gestattet, ohne die Erlaubnis einer Aufsichtsperson ins Ausland zu reisen (USDOS 23.4.2024). Verheiratete Frauen, die jünger als 18 Jahre sind, dürfen ohne die Erlaubnis ihres Ehemanns nicht ins Ausland reisen (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024). Die Landgrenze zwischen Algerien und Marokko bleibt geschlossen (FH 2024). Quellen ■ FH - Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Algeria, https://www.ecoi.net/de/dokume nt/2108025.html, Zugriff 20.8.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Algeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107601.html, Zugriff 20.8.2024 23

17 Grundversorgung Letzte Änderung 2024-10-01 13:00 Algerien ist als flächenmäßig größtes Land des afrikanischen Kontinents ein bedeutender öko nomischer Akteur. Algerien stützt sich wirtschaftlich auf Förderung und Export von Öl und Gas. Eine Diversifizierung steht aber schon länger auf der politischen Agenda. Angesichts der Ener giekrise in Europa hat die Bedeutung Algeriens als verlässlicher Lieferant nochmals zugenom men. Algerien möchte diese Position im Energiesektor langfristig sichern. Dazu gehört neben Modernisierung und Ausbau der bestehenden Öl- und Gasinfrastruktur der Aufbau einer auf erneuerbaren Energiequellen basierenden Produktion von Wasserstoff (ABG 8.2024). Im Jahr 2021 trug eine kräftige Erholung der Erdöl- und Gasproduktion dazu bei, dass sich die Wirtschaft von der durch COVID-19 ausgelösten Rezession erholt hat. Die Außenhandels- und Haushaltssalden erholten sich 2022 merklich und profitierten vom Anstieg der Weltmarktpreise für Erdöl- und Gas. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat der Erdöl- und Gasboom Alge rien Fortschritte in der wirtschaftlichen und menschlichen Entwicklung ermöglicht. Das Land hat 2008 seine multilateralen Schulden fast beglichen, in Infrastrukturprojekte zur Förderung des Wirtschaftswachstums investiert und eine umverteilende Sozialpolitik eingeführt, die die Armut gelindert und die Indikatoren für die menschliche Entwicklung deutlich verbessert hat (WB 30.5.2023). Dennoch bleibt die Inflation mit 9,4% hoch. Um die Kaufkraft zu sichern, hat die Regierung Maßnahmen wie die Anhebung der Gehälter im öffentlichen Dienst und die Einfüh rung von Arbeitslosenunterstützung ergriffen. Dieses Ausgabenniveau könnte jedoch zu einer Herausforderung werden, wenn die Gaspreise in Zukunft sinken (BS 2024). Die algerische Wirtschaft wird voraussichtlich bis Ende 2023 um 2,8% wachsen, angetrieben durch steigende Erdgasförderung, eine erhebliche Zunahme der Getreideproduktion und ver stärkte Investitionen in Industrie und Bauwesen. Algeriens Wirtschaft ist stark von Erdöl und Erdgas abhängig. Etwa 60% der Steuereinnahmen und 90% der Exporteinnahmen des Landes kommen aus diesem Sektor. Das Land setzt verstärkt auf die Diversifizierung seiner Wirtschaft und den Ausbau der lokalen Produktion. Diese Strategie zielt darauf ab, die Abhängigkeit von Öl- und Gasexporten zu verringern und langfristiges, nachhaltiges Wachstum zu fördern (WKO 13.9.2024). Algerien leistet sich aus Gründen der sozialen und politischen Stabilität ein für die Möglichkei ten des Landes aufwendiges Sozialsystem, das aus den Öl- und Gasexporten finanziert wird. Das Land hat - als eines von wenigen Ländern - in den letzten 20 Jahren eine Reduktion der Armutsquote von 25% auf 5% erreicht. Schulbesuch und Gesundheitsfürsorge sind kostenlos. Energie, Wasser und Grundnahrungsmittel werden stark subventioniert. Ein Menschenrecht auf Wohnraum wird anerkannt. Für Bedürftige wird Wohnraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Missbräuchliche Verwendung ist häufig (ÖB Algier 21.5.2024). Im Bereich der Sozialfürsorge kommt, neben geringfügigen staatlichen Transferleistungen, vor nehmlich der Familien- und im Süden des Landes auch der Stammesverband für die Versorgung alter Menschen, Behinderter oder chronisch Kranker auf. In den Großstädten des Nordens exis tieren „ Selbsthilfegruppen“ in Form von Vereinen, die sich um spezielle Einzelfälle (etwa die 24

Einschulung behinderter Kinder) kümmern. Teilweise fördert das Solidaritätsministerium solche Initiativen mit Grundbeträgen (AA 10.5.2023). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln war bislang durch umfassende Im porte gewährleistet. Insbesondere im Vorfeld religiöser Feste, wie auch im gesamten Monat Ramadan, kommt es allerdings immer wieder zu substanziellen Preissteigerungen bei Grund nahrungsmitteln. Für Grundnahrungsmittel wie Weizenmehl, Zucker und Speiseöl gelten im Jänner 2011 eingeführte Preisdeckelungen und Steuersenkungen. Staatliche oder karitative Einrichtungen, die eine Befriedigung der existenziellen Bedürfnisse sicherstellen, sind nicht bekannt (AA 10.5.2023). In einer in drei großen algerischen Städten mit einem repräsentati ven Sample November bis Dezember 2023 durchgeführten Umfrage zur sozio-ökonomischen Lage gaben 61% der Befragten an, dass es ihnen gelingt, ihren Haushalt trotz der aktuellen Le bensmittelpreise ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen, 30% können sich gerade so mit Lebensmitteln versorgen und nur 9% können ihren Haushalt kaum oder gar nicht mit Lebensmit teln versorgen. Etwas schwieriger ist die Situation beim Kauf von grundlegenden Konsumgütern wie Kleidung oder Schuhen: 43% der Befragten sind in der Lage, ihren Haushalt mit diesen Gü tern zu versorgen, 42% schaffen es gerade so, und 14% können ihren Haushalt kaum oder gar nicht mit diesen Gütern versorgen (STDOK 31.12.2023). [Anm.: Zu beachten ist, dass es sich hier um eine Befragung in Städten handelt, ländliche Gebiete sind nicht erfasst - hier können Unterschiede im Zugang zu Grundnahrungsmitteln und Konsumgütern bestehen.] Die Prognosen für die Entwicklungen am algerischen Arbeitsmarkt sind ungünstig, die Arbeits losigkeit steigt. Dies ist nicht nur auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, sondern auch auf sinkende Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft und einer politischen Krise im Jahr 2019. Die Gehälter im öffentlichen Sektor sind höher als in der Privatwirtschaft. Allgemein steigen die Reallöhne in Algerien langsamer als das allgemeine Preisniveau (ABG 8.2024). Die Arbeitslosigkeit (15-64-Jährige) lag 2022 bei 11,6% (ÖB Algier 21.5.2024; vgl. BS 2024) bzw. 12,4% und 2023 bei 11,8% (WKO 8.2024), die Jugendarbeitslosigkeit (15-24-Jährige) 2022 bei 29,0% (ÖB Algier 21.5.2024) bzw. 32,0% und 2023 bei 30,8% (WKO 8.2024). Die Perspektivenlosigkeit der Jugend ist ungebrochen, eine hohe Zahl findet keine geregelte Arbeit. Die Regierung anerkennt die Problematik der hohen Akademikerarbeitslosigkeit. Schwer zu beziffern ist der informelle Sektor, der laut UN-Quellen (inoffiziell) auf bis zu 60% geschätzt wird (ÖB Algier 21.5.2024). Das staatliche Arbeitsamt Agence national d’emploi / ANEM bietet Dienste an, es existieren auch private Jobvermittlungsagenturen. Seit Feber 2011 stehen jungen Menschen Starthilfe kredite offen, wobei keine Daten darüber vorliegen, ob diese Mittel ausgeschöpft wurden. In manchen Regionen stellt der Staat kostenlos Land, Sach- sowie Geldmittel zur Verfügung, um landwirtschaftliche Unternehmungen zu erleichtern. Grundsätzlich ist anzumerken, dass allen staatlichen Genehmigungen/Unterstützungen eine (nicht immer deklarierte) sicherheitspoliti sche Überprüfung vorausgeht und dass Arbeitsplätze oft aufgrund von Interventionen besetzt werden. Der offiziell erfasste Wirtschaftssektor ist von staatlichen Betrieben dominiert (ÖB Algier 21.5.2024). 25

Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (10.5.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091939/A uswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokr atischen_Volksrepublik_Algerien_(Stand_März_2023),_10.05.2023.pdf , Zugriff 20.8.2024 [Login erforderlich] ■ ABG - Africa Business Guide (8.2024): Länderprofil - Wirtschaft in Algerien, https://www.africa-bus iness-guide.de/de/maerkte/algerien, Zugriff 12.9.2024 ■ BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Algeria Country Report, https://bti-project.org/de/report s/country-report/DZA, Zugriff 20.8.2024 ■ ÖB Algier - Österreichische Botschaft Algier [Österreich] (21.5.2024): Asylländerbericht Algerien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2109608/ALGE_ÖB_Bericht_2024_05_21.pdf , Zugriff 20.8.2024 [Login erforderlich] ■ STDOK - Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (31.12.2023): Algeria: Socio-Economic Survey 2023, https://www.ecoi.net/en/file/local/21068 69/2024-04-03_Dossier, Zugriff 13.9.2024 ■ WB - Weltbank (30.5.2023): Algeria - Overview, https://www.worldbank.org/en/country/algeria/overv iew, Zugriff 12.9.2024 ■ WKO - Wirtschaftskammer Österreich (13.9.2024): Algerien: Wirtschaftslage, https://www.wko.at/a ussenwirtschaft/algerien-wirtschaftslage, Zugriff 13.9.2024 ■ WKO - Wirtschaftskammer Österreich (8.2024): Länderprofil Algerien 18 Medizinische Versorgung Letzte Änderung 2024-10-01 13:51 Die Effizienz des Gesundheitswesens in Algerien ist im weltweiten Vergleich eher überdurch schnittlich. Die wohl wichtigste Kennzahl, mit der sich die Effizienz aller Maßnahmen zusam menfassen lässt, ist die allgemeine Lebenserwartung. Also das theoretische Alter, das ein heute Neugeborenes potenziell erreichen wird. Im Moment liegt dieses Alter in Algerien für Männer bei 75,9 und für Frauen bei 78,5 Jahren. Zum Vergleich: Weltweit liegt die Lebenserwartung etwa 5,1 Jahre niedriger (Männer: 69,6 / Frauen: 74,5 Jahre). Insgesamt wird pro Einwohner eine Summe von 188,19 Euro veranschlagt, die jährlich auf Staatskosten für gesundheitliche Maßnahmen ausgegeben wird. Dies entspricht circa 5,5 % des Bruttoinlandsproduktes. Inter national liegt dieser Betrag bei durchschnittlich 1.170,47 Euro (~ 10,4 % des jeweiligen BIP) (Laenderdaten 15.9.2024). Die medizinische Versorgung durch Ärzte und Krankenhäuser in Algerien ist im Vergleich zur Weltbevölkerung unterdurchschnittlich. Pro 1000 Einwohner stehen im Land 1,9 Krankenhaus betten zur Verfügung. Der weltweite Mittelwert liegt hier bei 2,9 Betten. Innerhalb der EU stehen 4,6 Betten für jeweils 1000 Einwohner zur Verfügung. Mit rund 79.000 ausgebildeten Ärzten in Algerien stehen pro 1000 Einwohner rund 1,73 Ärzte zur Verfügung. Auch hier wieder der Ver gleich: Weltweit liegt dieser Standard bei 1,70 Ärzten pro 1000 Einwohnern und in der EU sogar bei 4,28. Durch den niedrigen Versorgungsstand kann die Sterblichkeit wesentlicher, bekannter Krankheiten nur in vergleichsweise wenigen Fällen reduziert werden (Laenderdaten 15.9.2024). Der Standard in öffentlichen Krankenhäusern entspricht nicht europäischem Niveau (ÖB Algier 21.5.2024; vgl. AA 10.5.2023). Krankenhäuser, in denen schwierigere Operationen durchge führt werden können, existieren in jeder größeren Stadt; besser ausgestattete Krankenhäuser 26

gibt es an den medizinischen Fakultäten von Algier, Oran, Annaba und Constantine. Häufig auftretende chronische Krankheiten wie Diabetes, Krebs, Tuberkulose, Herz- und Kreislaufbe schwerden, Geschlechtskrankheiten und psychische Erkrankungen können auch in anderen staatlichen medizinischen Einrichtungen behandelt werden. AIDS-Patienten werden in sechs Zentren behandelt (AA 10.5.2023). Vor allem in Algier sind Privatspitäler entstanden, die nach europäischem Standard bezahlt werden müssen. Der Sicherheitssektor kann auf ein eigenes Netz von Militärspitälern zurückgreifen. Mit Frankreich besteht ein Sozialabkommen aus den 1960er-Jahren, das vorsieht, dass komplizierte medizinische Fälle in Frankreich behandelt wer den können. Dieses Abkommen ist seit einiger Zeit überlastet. Nicht alle Betroffenen können es in Anspruch nehmen. Dies soll nun auch aus Kostengründen weiter eingeschränkt werden und entsprechende medizinische Zentren im Land geschaffen werden. Auch mit Belgien besteht ein entsprechendes Abkommen (ÖB Algier 21.5.2024). In einer in drei großen algerischen Städten mit einem repräsentativen Sample im November bis Dezember 2023 durchgeführten Umfrage zur sozio-ökonomischen Lage wurde, was den Zugang zu Allgemeinmediziner/Hausarzt betrifft, erhoben, dass 85% des Samples Zugang haben und sich den Besuch leisten können. 11% haben demnach Zugang, können sich den Besuch aber nicht leisten. Zu einem Facharzt (Zahnarzt, Augenarzt, Gynäkologe, Urologe,…) haben drei Viertel der Befragten (75%) Zugang und können sich den Besuch leisten. 22% haben Zugang, könne sich den Besuch aber nicht leisten. Wenn es um Krebsbehandlungen oder Operationen in Krankenhäusern geht, haben nur die Hälfte (50%) der Befragten Zugang und können sich diesen leisten, ca. ein Drittel (30%) haben Zugang, können sich die Behandlung aber nicht leisten. 83% haben Zugang zu Medikamenten und können sie sich auch leisten (STDOK 31.12.2023). [Anm.: Zu beachten ist, dass es sich hier um eine Befragung in Städten handelt, ländliche Gebiete sind nicht erfasst - hier kann ein großer Unterschied v. a. in der medizinischen Versorgung bestehen.] Immer wieder wird darauf aufmerksam gemacht, dass sich in Algerien ausgebildete Ärzte in Frankreich und Deutschland niederlassen, was zu einem Ärztemangel in Algerien führt. Die Ver sorgung im Landesinneren mit fachärztlicher Expertise ist nicht sichergestellt. Augenkrankheiten sind im Süden häufig. Algerien greift für die Versorgung im Landesinneren auf kubanische Ärzte zurück, z. B. die im April 2013 neu eröffnete Augenklinik in Bechar. Immer wieder kommt es zu Beschwerden und Protesten über den unzureichenden Zustand des Gesundheitssystems, im Zuge der COVID-Pandemie kam es auch zu tätlichen Übergriffen auf Spitalspersonal. Probleme sind auch bei der Spitalshygiene und Medikamentenversorgung (nur Billigimporte oder lokale Produktion) gegeben. Die Müttersterblichkeit und Komplikationen bei Geburten sind aufgrund von Nachlässigkeiten in der Geburtshilfe hoch. Tumorpatienten können medizinisch nicht nach westlichem Standard betreut werden. Schwierig ist die Situation von Alzheimer- und Demenz patienten und sowie von Behinderten. Oft greift man zu Bestechung, um ein Intensivbett zu bekommen oder zu behalten (ÖB Algier 21.5.2024). Grundsätzlich ist medizinische Versorgung in Algerien allgemein zugänglich und kostenfrei (ÖB Algier 21.5.2024; vgl. AA 10.5.2023). Krankenversichert ist jedoch nur, wer einer angemeldeten Arbeit nachgeht. Die staatliche medizinische Betreuung in Krankenhäusern steht auch Nicht versicherten beinahe kostenfrei zur Verfügung, allerdings sind Pflege und Verpflegung nicht 27

sichergestellt, Medikamente werden nicht bereitgestellt, schwierige medizinische Eingriffe sind nicht möglich. Grundsätzlich meiden Algerier nach Möglichkeit die Krankenhäuser und bemühen sich, Kranke so schnell wie möglich in häusliche Pflege übernehmen zu können. Ohne stän dige familiäre Betreuung im Krankenhaus ist eine adäquate Pflege nicht gesichert (ÖB Algier 21.5.2024). In der gesetzlichen Sozialversicherung sind Angestellte, Beamte, Arbeiter oder Rentner sowie deren Ehegatten und Kinder bis zum Abschluss der Schul- oder Hochschulausbildung obliga torisch versichert. Die Sozial- und Krankenversicherung ermöglicht grundsätzlich in staatlichen Krankenhäusern eine kostenlose, in privaten Einrichtungen eine kostenrückerstattungsfähige ärztliche Behandlung. Immer häufiger ist jedoch ein Eigenanteil zu übernehmen. Die höheren Kosten bei Behandlung in privaten Kliniken werden nicht oder nur zu geringerem Teil übernom men. Algerier, die nach jahrelanger Abwesenheit aus dem Ausland zurückgeführt werden, sind nicht mehr gesetzlich sozialversichert und müssen daher sämtliche Kosten selbst übernehmen, sofern sie nicht als Kinder oder Ehegatten von Versicherten erneut bei der Versicherung einge schrieben werden oder selbst einer versicherungspflichtigen Arbeit nachgehen (AA 10.5.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (10.5.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091939/A uswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokr atischen_Volksrepublik_Algerien_(Stand_März_2023),_10.05.2023.pdf , Zugriff 20.8.2024 [Login erforderlich] ■ Laenderdaten - Laenderdaten.info (15.9.2024): Gesundheitswesen in Algerien, https://www.laende rdaten.info/Afrika/Algerien/gesundheit.php, Zugriff 16.9.2024 ■ ÖB Algier - Österreichische Botschaft Algier [Österreich] (21.5.2024): Asylländerbericht Algerien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2109608/ALGE_ÖB_Bericht_2024_05_21.pdf , Zugriff 20.8.2024 [Login erforderlich] ■ STDOK - Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (31.12.2023): Algeria: Socio-Economic Survey 2023, https://www.ecoi.net/en/file/local/21068 69/2024-04-03_Dossier, Zugriff 13.9.2024 19 Rückkehr Letzte Änderung 2024-10-01 14:04 Eine behördliche Rückkehrhilfe ist der österreichischen Botschaft in Algier nicht bekannt (ÖB Algier 21.5.2024). Es gibt seitens der algerischen Regierung keine Reintegrationsprojekte. In der Regel werden Rückkehrer von der Familie aufgefangen. Unterkunft, Verpflegung und me dizinische Versorgung werden von den Familienmitgliedern geleistet. Rückkehrer werden erst wieder in das staatliche Sozialversicherungssystem aufgenommen, wenn sie erwerbstätig sind (AA 10.5.2023). Von 2018 bis 2022 gab es allerdings das Europäische Rückkehr- und Reintegrationsnetzwerk (ERRIN) – eine Arbeitsgemeinschaft aus 16 EU-Mitgliedstaaten und Schengen-assoziierten Staaten, der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (EBCGA/FRONTEX) und der Europäischen Kommission – die in Fragen der Hilfestellung und Begleitung von Rückkehrern 28

tätig war. Als Fortführung des ERRIN-Projekts wurde mit 1.4.2022 das JRS-Programm (Joint Reintegration Services) gestartet. Dieses bietet individuelle Reintegrationshilfen für Rückkehrer in ihre Herkunftsländer. Für die Koordinierung der Reintegrationshilfen bleibt das BMI auf natio naler Ebene weiterhin zuständig. Reintegrationshilfen können ab 1.7.2022 über das europäische JRS-Programm beantragt werden. Für die Umsetzung der 12-monatigen Reintegrationshilfen gelten die bisherigen Projektinhalte fort. Es kann davon ausgegangen werden, dass Familien zurückkehrende Mitglieder wieder aufnehmen und unterstützen; häufig sind Fälle, in denen Familien Angehörige mit beträchtlichen Geldmitteln bei der illegalen Ausreise unterstützt haben. Sollten Rückkehrer auf familiäre Netze zurückgreifen können, würde man annehmen, dass sie diese insbesondere für eine Unterkunft nützen. Die Botschaft kennt auch Fälle von finanzieller Rückkehrhilfe (1.000-2.000€) durch Frankreich und Deutschland, für Personen, die freiwillig ausgereist sind, ähnliches gibt es in unterschiedlicher Höhe auch für andere EU-Staaten. In Österreich bietet Return From Austria in Kooperation mit Frontex (JRS) finanzielle Rückkehrhilfe an (ÖB Algier 21.5.2024). IOM führt ein Programm zur Unterstützung der freiwilligen Rückkehr nach und der Integration in Algerien durch. Das Programm wird aus EU-Mitteln und auch bilateral von deutscher Seite unterstützt (AA 10.5.2023). Algerien erklärt sich bei Treffen mit EU-Staatenvertretern immer wieder dazu bereit, Rückkehrer aufzunehmen, sofern zweifelsfrei feststeht, dass es sich um algerische Staatsbürger handelt. Nachfragen bei EU-Botschaften bestätigen, dass Algerien bei Rückübernahmen kooperiert, al lerdings ist der Rhythmus relativ langsam, angeblich maximal 5-10 pro Tag, bzw. auch pro Woche. Algerien behauptet, dass dies auf die insgesamt vielen Rückübernahmen aus zahlrei chen Staaten zurückzuführen ist, weil die Aufnahmebehörden sonst überlastet wären. Zwischen Algerien und einzelnen EU-Mitgliedsstaaten bestehen bilaterale Rückübernahmeabkommen (ÖB Algier 21.5.2024). Die illegale Ausreise ist strafbar (ÖB Algier 21.5.2024; vgl. AA 10.5.2023). Das Gesetz sieht ein Strafmaß von zwei bis sechs Monaten und/oder eine Geldstrafe (ÖB Algier 21.5.2024; vgl. AA 10.5.2023) zwischen 20.000 DA bis 60.000 DA [Anm.: ca. 137 - 410 Euro] vor (ÖB Algier 21.5.2024). Üblicherweise werden lediglich Geldstrafen in Höhe von 20.000 Dinar (nach offiziellem Kurs rd. 150 Euro, am Schwarzmarkt ca. 100 Euro) verhängt, die Höhe richte sich nach der Art der illega len Ausreise. So wird eine Ausreise mit dem Boot etwa höher bestraft als ein simpler „ Overstay“ (ÖB Algier 21.5.2024). Nach anderen Angaben werden Rückkehrer, die ohne gültige Papiere das Land verlassen haben, mitunter zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Für illegale Bootsflüchtlinge („ harraga“) sieht das Gesetz Haftstrafen von zwei bis zu sechs Monaten und zusätzliche Geldstrafen vor. In der Praxis werden zumeist Bewährungsstrafen verhängt (AA 10.5.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (10.5.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091939/A uswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokr 29

atischen_Volksrepublik_Algerien_(Stand_März_2023),_10.05.2023.pdf , Zugriff 20.8.2024 [Login erforderlich] ■ ÖB Algier - Österreichische Botschaft Algier [Österreich] (21.5.2024): Asylländerbericht Algerien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2109608/ALGE_ÖB_Bericht_2024_05_21.pdf , Zugriff 20.8.2024 [Login erforderlich] 20 Impressum Herausgegeben von der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Wien (BFA - https://bfa.gv.at), Österreich Telefon: +43 59133 98 7271 Mail: BFA-Staatendokumentation@bmi.gv.at https://www.staatendokumentation.at https://cloud.staatendokumentation.at https://coi-cms.staatendokumentation.at 20.1 Urheberrecht Diese Publikation und alle darin enthaltenen Daten sind urheberrechtlich geschützt. Alle Ver wertungsrechte liegen bei der Fachstelle für Herkunftsländerinformationen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Die Vervielfältigung und Verbreitung in jeglicher Form - zu kom merziellen und nicht kommerziellen Zwecken - ist nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung durch das Referat Herkunftsländerinformationen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gestattet. 20.2 Hinweis zum Datenschutz Die Herkunftsländer-Informationsstelle des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verarbei tet Daten in Übereinstimmung mit der General Data Protection Regulation (GDPR. Verordnung (EU) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG) und des österreichischen Datenschutzgesetzes (Bundes gesetz über den Schutz personenbezogener Daten, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF). Zum Zweck der Verteilung werden Name, Post- und/oder E-Mail-Adressen gespeichert. Den Empfängern stehen die allgemeinen Rechte auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung, Datenübertrag barkeit, Widerruf und Widerspruch zu. Das Abonnement kann jederzeit gekündigt werden (E-Mail mit dem Betreff „ unsubscribe“ an BFA-Staatendokumentation@bmi.gv.at). Informationen zum E-Mail-Verkehr mit dem BMI (Kundmachung gemäß § 13 Abs. 2 AVG) https: //www.bmi.gv.at/Impressum/email_richtlinien.aspx Hinweise für elektronische Anbringen (96,7 KB) https://www.bfa.gv.at/Kontakt/files/Kundmachung_nach_13_Abs_2_und_5_AVG.pdf Amtssignatur – Bildmarke (117,7 KB) 30

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