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vertieften den Vertrauensverlust der Bevölkerung gegenüber den Sicherheitsorganen, insbeson­
dere der Polizei und den Sondereinheiten des Innenministeriums. Zwar wurde die Geheimpolizei 
(„ police politique“) aufgelöst, allerdings steht eine umfassende Reform des Innenministeriums 
und der nachgeordneten Behörden bis heute aus. Die Sicherheitskräfte stehen immer wie­
der in der Kritik; es mangelt an Transparenz, zudem hält die Straflosigkeit für Vergehen der 
Sicherheitskräfte an (AA 22.6.2023).
Das Innenministerium verfügt über drei Generalinspektorate, eines für die Nationalpolizei, eines 
für die Nationalgarde und ein zentrales Generalinspektorat, das direkt dem Minister unterstellt ist. 
Diese Inspektorate können im Ministerium Ermittlungen durchführen. Die Generalinspektionen 
können Sicherheitsbeamte für Missbrauch zur Rechenschaft ziehen und Verwaltungsstrafen 
aussprechen, noch bevor die Gerichte ein endgültiges Urteil in Missbrauchsfällen verkünden 
(USDOS 23.4.2024). Allerdings haben es die Behörden weitgehend verabsäumt, Angehörige 
der Sicherheitskräfte und politische Vertreter, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen 
werden, zur Rechenschaft zu ziehen (AI 24.4.2024). Menschenrechtsgruppen behaupten, dass 
Untersuchungen zu Missbrauch durch Polizei, Sicherheitskräfte und Beamte in Haftzentren die 
Transparenz fehlt und es zu langen Verzögerungen und verfahrenstechnischen Hindernissen 
kommt (USDOS 23.4.2024). Die Polizeigewerkschaften haben sich jenen Reformbemühungen 
widersetzt, die darauf abzielen, das Problem anzugehen (FH 29.2.2024). Im April 2023 hat das 
Innenministerium eine Rechenschaftspflicht und einen Verhaltenskodex für die Polizei verab­
schiedet. Laut NGOs hat die Regierung es verabsäumt Missbrauchsvorwürfe zu untersuchen 
und die Täter bleiben zumeist straffrei. Wogegen das Innenministerium berichtet, dass gegen 
Sicherheitskräfte, welche sich Verstöße, insbesondere gegen Migranten, zuschulden kommen 
haben lassen, Disziplinarmaßnahmen wie Entlassung oder Versetzung verhängt wurden (US­
DOS 23.4.2024).
Das Militär genießt aufgrund seiner zurückhaltenden Rolle während der Revolution 2011 ein sehr 
hohes Ansehen in der Bevölkerung, welches bis dato anhält (AA 22.6.2023). Die tunesischen 
Streitkräfte (FAT) sind für die territoriale Verteidigung und die innere Sicherheit zuständig, sie sind 
für die Bekämpfung islamistischer Terrorgruppen und für die Unterstützung der Grenzsicherung 
verantwortlich. Das Militär absolviert Sicherheitsoperationen in den Bergregionen entlang der 
algerischen Grenze, wo es zu Schmuggel und kriminellen Aktivitäten gekommen ist und Kämpfer 
mit Verbindungen zu den Terrorgruppen al-Qaida und Islamischer Staat aktiv waren. Ferner 
hat das Militär auch gemeinsame Operationen mit algerischen Sicherheitskräften durchgeführt 
(CIA 23.10.2024). Die FAT hat in den letzten Jahren auch ihre Rolle bei der Sicherung der 
südlichen Grenze zu Libyen gegen terroristische Aktivitäten und Infiltratoren, kriminelle Banden, 
Schmuggel und Menschenhandel verstärkt, und in den abgelegenen Gebieten an der Grenze 
zu Libyen wurden auch Puffer-/Sperrzonen eingerichtet, in denen das Militär die Führung bei 
Sicherheits- und Antiterroroperationen innehat (CIA 23.10.2024; vgl. AA 22.6.2023).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
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Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World’s Human Rights - Tunisia 2023, 
https://www.ecoi.net/en/document/2107931.html, Zugriff 14.11.2024
■ CIA - Central Intelligence Agency [USA] (23.10.2024): Tunisia - The World Factbook, https://www.ci
a.gov/the-world-factbook/countries/tunisia/#military-and-security , Zugriff 14.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
6 Folter und unmenschliche Behandlung
Letzte Änderung 2025-02-26 15:32
Artikel 25 der tunesischen Verfassung garantiert den Schutz der Menschenwürde und der körper­
lichen Unversehrtheit, verbietet seelische oder körperliche Folter und schließt eine Verjährung 
des Verbrechens der Folter aus (AA 22.6.2023). Mit der Ratifizierung des Zusatzprotokolls zur 
Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder 
erniedrigende Behandlung oder Strafe am 29.6.2011 hat sich Tunesien zur Einrichtung eines 
nationalen Präventionsmechanismus verpflichtet. Eine innerstaatliche gesetzliche Grundlage 
wurde 2013 geschaffen. 2016 wurde zur Umsetzung des Zusatzprotokolls die Nationale Instanz 
zur Verhütung von Folter und unmenschlicher Behandlung (Instance Nationale de Prévention 
de la Torture/INPT) eingerichtet (AA 22.6.2023; vgl. ÖB Tunis 10.2022). 2016 schließlich wählte 
das Parlament die Mitglieder der INPT (AA 22.6.2023). Der INPT gehören 16 Mitglieder an, 
die eine gestaffelte Amtszeit von sechs Jahren haben und befugt sind, alle Gefängnisse und 
Haftanstalten ohne Vorankündigung zu besuchen und Folter und Misshandlungen zu dokumen­
tieren, strafrechtliche und verwaltungsrechtliche Ermittlungen zu beantragen und Empfehlun­
gen für Maßnahmen zur Beseitigung von Missbrauch und Misshandlungen zu erteilen (USDOS 
23.4.2024; vgl. AA 22.6.2023). Die INPT hat bestätigt, dass für Folter keine Verjährung gilt. Im 
Oktober 2020 hat die INPT den unter Artikel 230 immer noch legalisierten Analtest bei Verdacht 
auf Homosexualität als Akt der Folter deklariert (ÖB Tunis 10.2022). Die INPT berichtet über 
die fortlaufende Zusammenarbeit mit Regierungsbehörden. Allerdings berichtete die Institution, 
dass die Behörden ihr den Zugang zu Gefangenen im Gefängnis Borj Alamri im Dezember 2023 
verwehrt hat (USDOS 23.4.2024). Die INPT nimmt auch Beschwerden entgegen und leitet diese 
an die Justizbehörden weiter. Insgesamt kommt es in der Praxis allerdings immer wieder zu 
Defiziten bei der Umsetzung (AA 22.6.2023).
Vorwürfe wegen willkürlicher Inhaftierung, Folter und unmenschlicher Behandlung, v. a. gegen­
über den Innenbehörden (seltener gegenüber der Justizvollzugsbehörde) werden in Einzelfällen 
immer wieder erhoben (AA 22.6.2023). Regelmäßig erhobene Foltervorwürfe insbesondere in 
Polizeigewahrsam lassen auf das Überleben alter Gewohnheit in den Rängen der Sicherheits­
kräfte schließen und bleiben häufig straflos. Immer noch führen Fälle von Missbrauch und Folter 
in Polizei- und Militärgewahrsam zum Tode (ÖB Tunis 10.2022). Den Behörden werden zahl­
reiche Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, die sie aktiv oder durch die Nichtgewährung 
von Schutz für die Opfer begangen haben. Im Juli 2023 dokumentierte HRW Schläge, übermä­
ßige Gewaltanwendung, Folter, willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen durch tunesische 
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Sicherheitskräfte (SFH 30.1.2024). Die Polizei ist seit langem Gegenstand von Beschwerden hin­
sichtlich der Brutalität von Beamten, denen vorgeworfen wird, Zivilisten und Häftlinge ungestraft 
zu misshandeln. Die Polizeigewerkschaften haben sich gegen Reformbemühungen widersetzt, 
mit denen das Problem angegangen werden soll (FH 29.2.2024). Das Gesetz Nr. 05/2016 sieht 
strengere Regelungen für den Polizeigewahrsam vor. Die Umsetzung bleibt defizitär. Insbeson­
dere erfolgt regelmäßig keine Rechtsaufklärung (inkl. Rechtsbeistand) (AA 22.6.2023).
Berichten zufolge, die nationalen und internationalen Organisationen aus erster Hand zugetra­
gen worden sind, setzt die Nationale Polizei Inhaftierte harter körperlicher Behandlung aus, wie 
z. B. Schlägen, Verbrennung mit Zigaretten und längerer Einzelhaft. Mehrere prominente örtliche 
Menschenrechtsaktivisten prangern die Praxis an, die sie als Folter bezeichnen, einschließlich 
Elektroschocks, Scheinhinrichtungen und Aufhängen an den Knöcheln in Polizeistationen und 
Haftanstalten. Die Weltorganisation gegen Folter (OMCT) meldete zwischen Jänner und Juni 
2023 53 mutmaßliche Fälle von Folter und Misshandlung in Haftanstalten und Gefängnissen 
(USDOS 23.4.2024). Gemäß OHCHR kam es im Mai 2023 zur gewaltsamen Festnahme von 
zwei Anwälten am Sitz der tunesischen Anwaltskammer. Einer der Anwälte wies Spuren von 
Schlägen, Prellungen und Kratzern am gesamten Körper auf. Das UN-Hochkommissariat für 
Menschenrechte forderte eine unabhängige Untersuchung bezüglich des Verdachts von Folter 
(OHCHR 31.5.2024). Gegner Saïeds veranstalteten im Jahr 2023 mehrmals große Proteste, 
u. a. als Reaktion auf die Welle politischer Verhaftungen im Feber - trotz des offiziellen De­
monstrationsverbots. Die Polizei setzt regelmäßig Gewalt ein, um Demonstrationen aufzulösen. 
Journalisten haben fotografiert, wie Beamte bei unterschiedlichen Anlässen Schlagstöcke, Trä­
nengas und gepanzerte Fahrzeuge gegen Demonstranten eingesetzt haben (FH 29.2.2024).
Im Juli 2023 führten tunesische Sicherheitskräfte massenhafte und willkürliche Verhaftungen 
von schwarzafrikanischen Ausländern mit regulärem oder irregulärem Rechtsstatus in und um 
die Stadt Sfax durch, in mehreren Fällen wandten sie übermäßige Gewalt an oder misshandel­
ten sie körperlich oder sexuell, auch Frauen und Kinder (HRW 11.1.2024). Insgesamt wurde 
2023 ein extremes Ausmaß an Gewalt gegen schwarze und afrikanische Migranten in Tune­
sien verzeichnet. Es kam zu Gewalttaten und Enteignungen in mehreren tunesischen Städten 
(FH 29.2.2024). Gemäß HRW verübten die tunesische Polizei, das Militär und die Nationalgar­
de, einschließlich der Küstenwache, schwere Übergriffe gegen schwarzafrikanische Migranten, 
Flüchtlinge und Asylsuchende (HRW 11.1.2024).
Ferner haben die Sicherheitskräfte laut Angaben des UN-Hochkommissariats für Menschenrech­
te rund 2.000 Menschen, darunter Asylbewerber, schwangere Frauen und Kinder, in abgelegene 
Gebiete entlang der tunesischen Grenzen zu Libyen und Algerien gebracht, wo diese Menschen 
tage- bis wochenlang bei hohen Temperaturen festgesessen sind - ohne Zugang zu Wasser, 
Lebensmitteln oder medizinischer Versorgung (HRW 11.1.2024; vgl. FH 29.2.2024). Viele sind 
nach wie vor unauffindbar. Während die tunesischen Behörden und der tunesische Rote Halb­
mond über 700 Menschen in Unterkünfte der Internationalen Organisation für Migration (IOM) 
und staatliche Einrichtungen in Tunesien evakuierten, starben nach Angaben der libyschen Be­
hörden und des UN-Hochkommissars für Menschenrechte mindestens 27 Menschen an der 
Grenze (HRW 11.1.2024).
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Menschenrechtsbehörden behaupten, dass das Justizministerium, welche die primäre Behör­
de der Regierung zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen und zur Bekämpfung 
von Menschenrechtsbedrohungen ist, es verabsäumt, diese zu verfolgen oder angemessen 
zu untersuchen. Das Hohe Komitee für Menschenrechte und Grundfreiheiten wurde mit der 
Überwachung der Menschenrechte und der Beratung des Präsidenten zu verwandten Themen 
beauftragt. Der Ausschuss gab im Laufe des Jahres keine öffentlichen Berichte heraus, und es 
war nicht möglich, seine Wirksamkeit zu ermitteln. Die unabhängige INPT reagiert auf Vorwürfe 
von Folter und Misshandlung (USDOS 23.4.2024). Nationale und internationale Medien sowie 
spezialisierte NGOs wie die Organisation Mondiale contre la Torture (OMCT) oder die Organisa­
tion contre la Torture en Tunisie (OCTT) berichten bislang ungehindert über entsprechende Ein­
zelfälle sowie Bestrebungen, rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen einzuleiten. Bislang 
ist es Berichten zufolge jedoch nur sehr selten gelungen, eine Verurteilung von Amtspersonen 
oder ehemaligen Amtspersonen wegen Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung 
oder Bestrafung zu bewirken (AA 22.6.2023). Die Behörden sind dabei säumig, Angehörige 
der Sicherheitskräfte und politische Vertreter, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen 
werden, zur Rechenschaft zu ziehen (AI 24.4.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World’s Human Rights - Tunisia 2023, 
https://www.ecoi.net/en/document/2107931.html, Zugriff 14.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2103188.html, Zugriff 15.3.2024
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
■ OHCHR - Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (31.5.2024): Tunisia: 
Interference with the judiciary and harassment of lawyers must end, say UN experts, https://www.
ecoi.net/de/dokument/2110403.html, Zugriff 9.12.2024
■ SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (30.1.2024): Tunisia: flussi migratori e tratta di esseri umani,  
https://www.ecoi.net/en/file/local/2106100/231130_TUN_IT_flussi_migratori___tratta_esseri_umani.
pdf, Zugriff 6.12.2024
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
7 Korruption
Letzte Änderung 2025-02-26 21:08
Laut Freedom House herrscht in Tunesien endemische Korruption (FH 29.2.2024). Auch die 
Rechtsstaatlichkeit hat sich erheblich verschlechtert (BS 19.3.2024). Tunesien weist seit letz­
tem Jahr keine Veränderung im globalen Korruptionsranking des öffentlichen Sektors auf und 
kommt im Jahr 2024 wieder auf 40 von 100 Punkten. Auf dem Corruption Perceptions Index 
von Transparency International (2023) nimmt Tunesien Platz 87 von 180 ein (TI 2024).
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Die 2011 gegründete Nationale Kommission zur Korruptionsbekämpfung (INLUCC) setzt ihre 
Arbeit mit unzureichender Finanzierung und wenig Befugnissen zur Durchsetzung rechtlicher 
Schritte fort (FH 29.2.2024). Im August 2021 schloss die Polizei die INLUCC-Zentrale (FH 
29.2.2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Im März 2022 organisierten die Mitarbeiter der INLUCC 
einen Sitzstreik, um gegen die Nichtzahlung ihrer Gehälter und das Einfrieren ihrer Arbeit zu pro­
testieren. Im Oktober 2022 setzte Präsident Saïed per Dekret Nadia Saadi als kommissarische 
Leiterin von INLUCC ein, doch die Zukunft der Organisation bleibt ungewiss (FH 29.2.2024).
Präsident Saïed rechtfertigte seine Machtergreifung im Jahr 2021 zum Teil damit, dass sie not­
wendig sei, um die Korruption im politischen Establishment auszurotten. Die anschließenden 
Maßnahmen seiner Regierung veranlassten Kritiker aber dazu, den Präsidenten zu beschul­
digen, die Korruptionsbekämpfung zu instrumentalisieren, um seine politischen Gegner aus­
zuschalten (FH 29.2.2024). Die Antikorruptionskommission wurde erheblich geschwächt. Ihre 
Schließung bedeutet einen schweren Schlag für die Rechenschaftspflicht und Transparenz und 
gefährdet die Sicherheit von Whistleblowern und Antikorruptionsaktivisten (TI 30.1.2024). So 
wurde bereits im Juli 2021 der ehemaliger Leiter des von Präsident Saïed aufgelösten Parla­
ments und Führer der islamistisch inspirierten Ennahda-Partei, Rached Ghannouchi, aufgrund 
des Verdachts auf Korruption und Geldwäsche in Zusammenhang mit Überweisungen aus 
dem Ausland an eine mit Ennahda verbundene Wohltätigkeitsorganisation befragt (ÖB Tunis 
10.2022).
Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, aber die Regierung 
setzt im Allgemeinen das Gesetz nicht effektiv um (USDOS 23.4.2024). Die Antikorruptionsge­
setzgebung gilt seit jeher als schwach (FH 29.2.2024). Trotz eines bestehenden Rechtsrahmens 
mit einem Strafgesetzbuch und einem Gesetz gegen Korruption und Interessenkonflikte von 
2018 bleiben korrupte Amtsträger weitgehend unangetastet, was v. a. an ihrem Einfluss auf die 
Medien und die Verwaltung (v. a. die Polizei) sowie an ihren politischen Verbindungen und an 
einer dysfunktionalen Justiz liegt. Die zahlreichen Strafverfolgungen, die nach der Machtergrei­
fung von Saïed stattfanden, wurden übereilt und aus politischen Gründen vollzogen - häufig von 
Militärgerichten, was die Glaubwürdigkeit der Prozesse beeinträchtigte. Die Bekämpfung der 
Korruption war das Leitmotiv für Saïeds Machtübernahme. Durch die gewaltsame Auflösung 
des Obersten Justizrates und die Entlassung von 57 Richtern ohne ordnungsgemäßes Verfah­
ren schwächte er die Justiz weiter und hat ihre Fähigkeit untergraben, gegen korrupte Beamte 
vorzugehen (BS 19.3.2024). Im Laufe des Jahres 2023 berichteten lokale und internationale 
Menschenrechtsgruppen, dass die Durchsetzung der Anti-Korruptionsgesetze häufig politisiert 
und eher zur Bekämpfung von Dissens als von Korruption eingesetzt wurde. Die Regierung 
verfügt über keine Strategie zur Korruptionsbekämpfung. Im Laufe des Jahres wurden einige 
Parlamentsabgeordnete aufgrund von Korruptionsvorwürfen angeklagt und inhaftiert. Präsident 
Saïed hat öffentlich erklärt, dass die Beseitigung der Korruption in den Behörden eine der Haupt­
prioritäten der Regierung sei, doch die Medien berichteten über zahlreiche Fälle von Korruption 
in der Regierung. Trotz der häufigen Versprechen des Präsidenten, gegen korrupte Beamte 
vorzugehen, berichten Oppositionsparteien und zivilgesellschaftliche Gruppen, dass der Präsi­
dent seine Antikorruptionsagenda dazu benutze, um politische Gegner willkürlich zu verhaften. 
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Der Präsident erklärte in einer öffentlichen Ansprache im April 2023, dass die Regierung gegen 
korrupte Beamte vorgehen wird (USDOS 23.4.2024).
2022 erließ Präsident Saïed ein Dekret, welches das Konzept der „ strafrechtlichen Versöhnung“
ausgeweitet hat. Es ermöglicht Geschäftsleuten, die wegen Korruption angeklagt sind, einer 
Bestrafung zu entgehen, indem sie angeblich gestohlene Gelder zurückzahlen oder sie in aus­
gewiesene regionale Entwicklungsprojekte investieren. Das Verfahren sollte demnach von einer 
vom Präsidenten ernannten Kommission geleitet werden (FH 29.2.2024).
Quellen
■ BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Tunisia, https://www.ecoi.net/en/fi
le/local/2105847/country_report_2024_TUN.pdf, Zugriff 12.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
■ TI - Transparency International (30.1.2024): CPI 2023 for Middle East & North Africa: Dysfunctional 
approach to fighting corruption undermines progress, https://www.transparency.org/en/news/cpi-2
023-middle-east-north-africa-dysfunctional-approach-fighting-corruption , Zugriff 11.11.2024
■ TI - Transparency International (2024): 2023 Corruption Perceptions Index - Explore Tunisia’s results, 
https://www.transparency.org/en/cpi/2023/index/tun, Zugriff 11.11.2024
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
8 NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Letzte Änderung 2025-02-26 21:10
Eine Vielzahl nationaler und internationaler NGOs untersucht Menschenrechtsfälle und publi­
ziert Ergebnisse ohne staatliche Restriktionen. Diese Organisationen berichten, dass Regie­
rungsbeamte selten kooperativ sind und auf ihre Ansichten eingehen (USDOS 23.4.2024; vgl. 
AA 22.6.2023). Internationale Organisationen wie Amnesty International, Organisation Mondia­
le contre la Torture oder Human Rights Watch können weitgehend ohne Einschränkungen in 
Tunesien arbeiten. Aufgrund der Sondermaßnahmen seit dem 25.7.2021 beklagen Menschen­
rechtsorganisationen allerdings erschwerte Arbeitsbedingungen (AA 22.6.2023). Aufgrund der 
Verschwörungsrhetorik von Präsident Saïed werden viele Organisationen in ihrer täglichen Ar­
beit behindert. Seine feindselige Haltung gegenüber zivilgesellschaftlichen Organisationen und 
ausländischer Hilfe im Allgemeinen sowie die Aushöhlung des Gesetzesdekrets 2011-88 und 
des neueren Gesetzesdekrets zur Cyberkriminalität 2022-54 hindern diese Gruppen daran, frei 
zu arbeiten, und schränken ihren potenziellen Einfluss auf politische Aktionen weitgehend ein 
(BS 19.3.2024).
Ein Gesetz aus dem Jahr 2018 setzt NGO faktisch mit Unternehmen gleich und sieht strenge 
Berichtspflichten vor. Nach dem Gesetz müssen sich alle NGOs (und Unternehmen) in ein na­
tionales Einrichtungsregister eintragen lassen und Angaben zu Mitarbeitern, Vermögenswerten, 
Fusions- oder Auflösungsentscheidungen und Tätigkeiten machen. Die Nichtregistrierung kann 
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zu einem Jahr Haft und einer Geldstrafe führen. Im Oktober 2023 brachten mehrere Parlamenta­
rier einen Gesetzentwurf ein, der dem Premierminister weitreichende Befugnisse einräumt, um 
die Gründung einer NGO auszusetzen, zu verweigern oder eine NGO aufzulösen. Der Gesetz­
entwurf enthält auch Bestimmungen zur Überwachung der Finanzierung von NGOs. Tunesische 
Vereinigungen, die ohne vorherige Genehmigung ausländische Gelder annehmen, müssen 
demnach mit Sanktionen und einer möglichen Auflösung rechnen. Menschenrechtsaktivisten 
haben ihre Besorgnis darüber geäußert, dass dieses Gesetz, so es verabschiedet wird, die 
tunesische Zivilgesellschaft erheblich unterdrücken würde (FH 29.2.2024).
Die tunesische Zivilgesellschaft unterliegt inzwischen immer stärkeren Restriktionen. So stehen 
u. a. Treffen von Vertretern der Zivilgesellschaft und politischen Aktivisten mit ausländischen 
Diplomaten sowie die Finanzierung von Aktivitäten durch internationale Geber verstärkt im kriti­
schen Fokus der Öffentlichkeit – und auch strafrechtlicher Ermittlungen. Viele Organisationen 
fühlen sich in ihren Betätigungsmöglichkeiten eingeschränkt und immer mehr Aktivisten sorgen 
sich um ihre persönliche Sicherheit (AA 22.6.2023). Es gibt zahlreiche Berichte über Drohungen 
und Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger. Laut dem Bericht „ Global Analysis 2022“ von 
Front Line Defenders missbraucht die Regierung Strafgesetze - zur Terrorismusbekämpfung, zur 
nationalen Sicherheit, zur Cyberkriminalität u. a. - um die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern 
zu unterbinden oder zu bestrafen (USDOS 23.4.2024). Behörden sind gegen zivilgesellschaft­
liche Gruppen vorgegangen, insbesondere gegen solche, die sich vor dem Hintergrund des 
EU-Migrationspakts für die Rechte von Migranten und Flüchtlingen einsetzen, was zu einer 
noch nie da gewesenen Einschränkung des zivilen Raums seit der Revolution von 2011 geführt 
hat (AI 30.5.2024). Die Behörden haben mehrere zivilgesellschaftliche Gruppen und Aktivisten 
ins Visier genommen, indem sie sie verhaftetet und verhört sowie Ermittlungen über ihre Finan­
zierung eingeleitet haben. Sie sind rigoros gegen die Solidarität mit Migranten vorgegangen und 
haben Mitglieder von Organisationen verhaftet, die Asylbewerbern und Flüchtlingen helfen. Im 
Mai 2024 verhafteten Sicherheitskräfte mindestens sechs Mitglieder von drei legal registrierten 
NGOs, die sich für Migration, Asyl und Gerechtigkeit einsetzen: Mnemty, der Tunesische Flücht­
lingsrat (TRC) und Terre d’Asile Tunisie. Im gleichen Zeitraum wurden auch Mitglieder anderer 
Organisationen untersucht und vorgeladen (HRW 16.1.2025).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ AI - Amnesty International (30.5.2024): Tunisia: Authorities escalate clampdown on media, freedom 
of expression, https://www.ecoi.net/de/dokument/2110115.html, Zugriff 23.1.2025
■ BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Tunisia, https://www.ecoi.net/en/fi
le/local/2105847/country_report_2024_TUN.pdf, Zugriff 12.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2120124.html, Zugriff 21.1.2025
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
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9 Wehrdienst und Rekrutierungen
Letzte Änderung 2025-02-26 21:10
Die Wehrpflicht war in der Verfassung von 2014 noch explizit verankert, in der per Referendum 
im Juli 2022 in Kraft gesetzten neuen Verfassung findet sich jedoch nur noch der Satz: „ Die 
Verteidigung der Heimat ist eine heilige Pflicht für jeden Bürger“ (Art. 14). In der Praxis hat 
schon zuvor nur ein verschwindender Anteil der Wehrpflichtigen tatsächlich Dienst geleistet 
(Schätzungen liegen bei 2 %) (AA 22.6.2023). Der verpflichtende Wehrdienst dauert ein Jahr 
und muss von männlichen Staatsbürgern im Alter von 20-23 Jahren abgeleistet werden. Freiwillig 
kann man sich bereits ab 18 Jahren zum Militärdienst melden (CIA 23.10.2024; vgl. USDOS 
26.6.2024). Die tunesische Staatsbürgerschaft ist Voraussetzung (CIA 23.10.2024; vgl. ÖB 
Tunis 10.2022). Allerdings ist diese zwölfmonatige Wehrpflicht nur theoretisch gegeben. Ab 
dem 18. Lebensjahr kann, mit dem 20. Lebensjahr muss jeder Tunesier theoretisch den Dienst 
leisten. De facto werden nur noch sich freiwillig Stellende und diese nur nach einer genauen 
Sicherheitsüberprüfung eingezogen. Im Jahr 2017 meldeten sich von 31.000 Einberufenen 
nur 506 zur Absolvierung ihres Wehrdienstes (ÖB Tunis 10.2022). Im Jahr 2023 waren etwa 
35.000 aktive Militärangehörige im aktiven Dienst (CIA 23.10.2024). Seit März 2003 gibt es 
auch für Frauen die Möglichkeit zur Ableistung des Wehrdienstes (ÖB Tunis 10.2022; vgl. CIA 
23.10.2024).
Es gibt mehrere Regelungen zur Befreiung vom Wehrdienst. Für Wehrdienstverweigerer aus 
Gewissensgründen gibt es keine Möglichkeit eines Ersatzdienstes (USDOS 26.6.2024). Die 
einjährige Wehrpflicht kann auch in den Arbeitsverbänden des Service National abgeleistet wer­
den. Einberufene können aufgrund von Freistellungsregelungen Teile der Wehrpflichtzeit durch 
Zahlung von entsprechenden Beiträgen verkürzen (AA 22.6.2023). Immer wieder angekündigte 
grundlegende Reformen des Militärdienstes in Richtung Frauen, Freiwilligkeit, Ausbildung und 
Verdienst scheiterten bislang u. a. an Regierungswechseln (ÖB Tunis 10.2022).
Kriegsdienstverweigerung und Fahnenflucht sind strafbar, entsprechende Verurteilungen aber 
nicht bekannt (AA 22.6.2023).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ CIA - Central Intelligence Agency [USA] (23.10.2024): Tunisia - The World Factbook, https://www.ci
a.gov/the-world-factbook/countries/tunisia/#military-and-security , Zugriff 14.11.2024
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
■ USDOS - United States Department of State [USA] (26.6.2024): 2023 Report on International Reli­
gious Freedom: Tunisia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2111975.html, Zugriff 28.11.2024
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10 Allgemeine Menschenrechtslage
Letzte Änderung 2025-02-27 10:00
Tunesien hat die meisten Konventionen der Vereinten Nationen zum Schutz der Menschenrech­
te einschließlich der entsprechenden Zusatzprotokolle ratifiziert und bestehende Vorbehalte 
größtenteils zurückgezogen. Die Umsetzung der Konventionen in nationales Recht dauern 
weiterhin an. Das zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und poli­
tische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe (OP2-ICCPR) wurde bislang nicht unterzeichnet. 
Der zur Erleichterung der Terrorabwehr seit November 2015 immer wieder verlängerte Aus­
nahmezustand (auf Grundlage eines Dekrets von 1978) gestattet den Sicherheitsbehörden 
nicht nur weitreichende Eingriffe in die Bewegungsfreiheit, sondern dadurch auch mittelbar in 
weitere Grundrechte. Menschenrechtsorganisationen konstatieren in vielen Bereichen  - etwa 
bei der Normsetzung, beim Respekt für und bei der Durchsetzung von Menschenrechten, bei 
der Offenheit der Regierung für Konsultationen mit der Zivilgesellschaft und den Opfern von 
Menschenrechtsverletzungen - einen negativen Trend, der schon vor der politischen Krise im 
Sommer 2021 spürbar war, sich seither aber merklich verstärkt hat (AA 22.6.2023).
Seit Beginn des von Präsident Kaïs Saïed vorangetriebenen Staatsumbaus („ Prozess des 25. 
Juli“) ist beim Menschenrechtsschutz eine Trendumkehr zu verzeichnen. Insbesondere seit 
Jahresbeginn 2023 hat sich die Lage nochmals deutlich verschlechtert. Die neue Verfassung 
vom 25.7.2022 hat die seit 2011 hart errungene, aber seit Jahren krisengeplagte parlamentari­
sche Demokratie Tunesiens in ein hyper-präsidentielles System umgebaut: nahezu vollständige 
Machtkonzentration beim Staatspräsidenten, Schwächung des Parlaments, Fehlen institutionel­
ler „ checks and balances“ zur Einhegung der Macht des Präsidenten, zudem zahlreiche mögliche 
Einfallstore für die Einschränkung von Grundrechten, obgleich diese weitgehend wortgleich aus 
der Verfassung von 2014 übernommen worden sind. Dies ist jedoch nur die Papierform, in der 
Praxis geraten die Menschenrechte und insbesondere die politischen und bürgerlichen Rechte 
und Freiheiten in Tunesien immer stärker unter Druck (AA 22.6.2023).
Am 17.8.2022 trat also die neue Verfassung in Kraft, die nach dem Referendum am 25.7.2022 
von den Wählern angenommen worden ist. Diese Verfassung spricht Präsident Saïed zuneh­
mend autoritäre Entscheidungskraft zu, schränkt die Gewaltenteilung substanziell ein und wurde 
so gut wie im Alleingang vom Präsidenten erstellt. Der Vorgang zeichnete sich durch Intranspa­
renz und Missachtung des Rechts der Öffentlichkeit, Informationen darüber einzuholen, aus. Die 
Einschränkungen bei der Durchsetzung von Menschenrechten seit dem Ausrufen des Ausnah­
mezustands als Antwort auf die Terroranschläge 2015 werden nun durch die neue Verfassung 
weiter vertieft. Die Verfassung beinhaltet zwar unterschiedlichste Menschenrechtsbestimmun­
gen im Kapitel „ Rechte und Freiheiten“, hat jedoch jegliche Referenz zu universellen Menschen­
rechten in der Präambel verloren und schränkt die institutionelle Garantie für Rechtsstaatlichkeit 
und Schutz der Menschenrechte im Vergleich zur Verfassung von 2014 erheblich ein. Die neue 
Verfassung räumt dem Präsidenten weitreichende Notstandsbefugnisse ohne den erforderlichen 
Kontrollmechanismus ein, die zur Beschneidung der Menschenrechte und zur Untergrabung 
der Rechtsstaatlichkeit genutzt werden können. Darüber hinaus untergräbt die neue Verfassung 
die Garantien für die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts, einer wichtigen Institution für 
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den Schutz der Menschenrechte, und schränkt dessen Mandat ein, indem sie ihm die Kontrolle 
über die Verfassungsmäßigkeit der Verlängerung des Ausnahmezustands entzieht. Die Rechte 
auf persönliche Freiheit, auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit sind aufgrund 
von Verlängerungen des Ausnahmezustands teilweise noch immer eingeschränkt. Der Tatbe­
stand der „ Gefährdung der öffentlichen Moral“ gilt weiterhin, ebenso wie immer wieder Fälle von 
Folter angeprangert werden. Zudem fehlt ein verfassungsrechtliches Höchstgericht (ÖB Tunis 
10.2022).
Zu den bedeutenden Menschenrechtsproblemen gehören glaubwürdige Berichte über Folter 
oder grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung durch Regie­
rungsbeamte; willkürliche Verhaftungen oder Inhaftierungen; schwerwiegende Probleme mit der 
Unabhängigkeit der Justiz; politische Gefangene oder Häftlinge; willkürliche oder rechtswidri­
ge Eingriffe in die Privatsphäre; schwerwiegende Einschränkungen der Meinungs- und Medi­
enfreiheit, einschließlich ungerechtfertigter Verhaftungen oder strafrechtlicher Verfolgung von 
Journalisten, Zensur oder Durchsetzung oder Androhung der Durchsetzung von Verleumdungs­
gesetzen zur Einschränkung der Meinungsäußerung; schwerwiegende Einschränkungen der 
Internetfreiheit; erhebliche Eingriffe in die Vereinigungsfreiheit, einschließlich übermäßig restrik­
tiver Gesetze über die Organisation, Finanzierung oder Tätigkeit von NGOs und Organisationen 
der Zivilgesellschaft; Einschränkungen des Rechts, das Land zu verlassen; Zurückweisung von 
Flüchtlingen in ein Land, in dem ihnen Folter oder Verfolgung droht; schwerwiegende und un­
angemessene Einschränkungen der politischen Beteiligung; schwerwiegende Korruption in der 
Regierung, sowohl auf hoher Ebene als auch in großem Umfang; Verbrechen, die mit Gewalt 
oder Gewaltandrohung gegen Schwarztunesier und Afrikaner südlich der Sahara verbunden 
sind; Gesetze, die einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zwischen Er­
wachsenen unter Strafe stellen, und die Durchsetzung dieser Gesetze; Gewaltverbrechen oder 
Gewaltandrohungen gegen Angehörige sexueller Minderheiten; und erhebliche Einschränkun­
gen der Vereinigungsfreiheit von Arbeitnehmern (USDOS 23.4.2024).
Die wichtigste Behörde der Regierung zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen und 
zur Bekämpfung von Menschenrechtsbedrohungen ist das Justizministerium. Menschenrechts­
organisationen bemängeln allerdings, dass das Ministerium mutmaßlichen Menschenrechtsver­
letzungen nicht nachgeht oder sie nicht angemessen untersucht. Innerhalb des Präsidialamtes 
wurde das Hohe Komitee für Menschenrechte und Grundfreiheiten mit der Überwachung der 
Menschenrechte und der Beratung des Präsidenten in damit zusammenhängenden Fragen 
beauftragt. Darüber hinaus befasst sich das unabhängige INPT (The National Authority for 
the Prevention of Torture) mit Folter- und Misshandlungsvorwürfen. Die Regierung unternimmt 
einige glaubwürdige Schritte, um gegen Straflosigkeit vorzugehen oder Missbräuche einzu­
dämmen, aber Menschenrechtsgruppen machen häufig geltend, dass es den Ermittlungen zu 
Missbräuchen durch die Polizei, die Sicherheitskräfte und Beamte von Haftanstalten an Trans­
parenz mangelt und dass es zu langen Verzögerungen und verfahrenstechnischen Hindernissen 
kommt (USDOS 23.4.2024).
2014 richtete Tunesien eine Kommission für Wahrheit und Würde (IVD) ein, um die seit 1956 
begangenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verbrechen zu untersuchen. Anfang 2018 
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