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Gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften können 
aber weiter nicht ausgeschlossen werden (AA 10.12.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (10.12.2024): Auswärtiges Amt, https://www.auswaertiges-amt
.de/de/ReiseUndSicherheit/tunesiensicherheit/219024#content_5, Zugriff 10.12.2024
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ BMEIA - Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] 
(10.12.2024): Tunesien, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/tunesien , 
Zugriff 10.12.2024
■ EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (10.12.2024): Rei­
sehinweise für Tunesien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/t
unesien/reisehinweise-fuertunesien.html#eda931a7d, Zugriff 10.12.2024
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
■ STDOK - Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] 
(27.6.2024): Themenbericht der Staatendokumentation: Terrorismus Nordafrika
4 Rechtsschutz / Justizwesen
Letzte Änderung 2025-02-26 14:57
Das Gesetz sieht eine unabhängige Justiz vor, aber die Regierung respektiert die Unabhängig­
keit und Unparteilichkeit der Justiz nicht (USDOS 23.4.2024). Seit der Machtergreifung durch 
Präsident Saïed im Juli 2021 wurde die Unabhängigkeit der Justiz immer weiter untergraben, bis 
hin zur völligen Aufhebung (BS 19.3.2024). Im Jahr 2022 löste Saïed den Hohen Justizrat (HJC), 
Tunesiens höchstes Justizorgan, auf (FH 29.2.2024; BS 19.3.2024). Der Oberste Justizrat hatte 
den Auftrag, das ordnungsgemäße Funktionieren des Justizsystems und die Wahrung seiner 
Unabhängigkeit durch seine Aufsichts- und Beratungsfunktion zu gewährleisten (BS 19.3.2024). 
Während die Verfassung von 2022 sowohl den Obersten Justizrat als auch das Verfassungs­
gericht dem Namen nach beibehielt, räumte sie dem Präsidenten die endgültige Befugnis zur 
Ernennung und Entlassung von Richtern nach der Ernennung durch den Obersten Justizrat ein 
(FH 29.2.2024; vgl. BS 19.3.2024). Zudem wurde in der neuen Verfassung eine Klausel aus 
der Verfassung von 2014 gestrichen, die dem Verfassungsgericht die Befugnis einräumte, über 
den Umfang der Befugnisse des Präsidenten zu entscheiden (FH 29.2.2024). Ferner wurde das 
Gesetzesdekret 2022-35 erlassen, das den Präsidenten ermächtigt, Richter zu entlassen (FH 
16.10.2024). Im Juni wurde vonseiten der Richter gestreikt, um gegen die Säuberung der Justiz 
durch den Präsidenten zu protestieren (FH 29.2.2024).
Weiters sieht die Verfassung keine Möglichkeit vor, den Präsidenten zur Rechenschaft zu zie­
hen, selbst bei schwerwiegenden Verstößen, wie dies zuvor durch Artikel 88 der Verfassung 
von 2014 gewährleistet war, der es dem Parlament ermöglichte, einen Antrag auf Amtsent­
hebung zu stellen. Im Gegenzug ist der Präsident berechtigt, das Parlament aufzulösen und 
sowohl den Regierungschef als auch die anderen Mitglieder der Exekutive zu entlassen, die 
dem Präsidenten und nicht dem Parlament rechenschaftspflichtig sind. Das Parlament ist bis zur 
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Bedeutungslosigkeit geschwächt und fungiert als Kontrollinstanz, da es keine Gesetze erlassen 
kann, sondern der Regierung lediglich Gesetzesvorschläge unterbreitet (BS 19.3.2024).
2023 setzte Saïed seine Angriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz mit unbegründeten Verhaf­
tungen und gerichtlichen Anklagen aus vagen Gründen fort. Saïed hat auch öffentlich Druck 
auf Richter und Staatsanwälte ausgeübt, damit diese gegen seine Gegner entscheiden (FH 
29.2.2024). Bis Ende 2023 hatte die Regierung 57 Richter, die 2022 vom Präsidenten entlassen 
wurden, weil er sie der Korruption und anderer Verfehlungen beschuldigte (USDOS 23.4.2024; 
vgl. FH 16.10.2024), nicht wieder eingestellt, obwohl das Verwaltungsgericht 49 der Entlas­
sungen für unzulässig erklärt hat. Die Vereinigung der tunesischen Richter (ATM) hat im Juni 
2023 eine Sitzblockade organisiert, um gegen die Entlassungen zu protestieren. Im August 
2023 wurde der Präsident der ATM, Anas Hamadi, vom Gericht erster Instanz in Kef wegen 
„ Behinderung der Arbeitsfreiheit“ angeklagt. Die Anklage scheint darauf abzuzielen, Hamadi 
dafür zu bestrafen, dass er gegen die gerichtlichen Entlassungen von 2022 Berufung eingelegt 
hatte (USDOS 23.4.2024).
Mit der neuen Verfassung wurde auch die Autonomie von Einrichtungen wie der Hohen Behörde 
für Wahlen und dem Justizrat aufgehoben (BS 19.3.2024). Und so wurde am 27.9.2024, einige 
Tage vor den anstehenden Präsidentschaftswahlen vom 6.10.2024, das Wahlgesetz durch die 
tunesische Versammlung der Volksvertreter - Tunisia’s Assembly of the Representatives of the 
People – verabschiedet. Dieses entzog dem Verwaltungsgericht seine Zuständigkeit in Wahl­
angelegenheiten und hinderte es somit an der Kontrolle von Machtmissbrauch. Somit hat nach 
Änderungen des Wahlgesetzes von 2024 das Berufungsgericht in Tunis die einzige Zuständig­
keit für die Beilegung von Wahlstreitigkeiten, wobei gegen die Entscheidungen Berufung beim 
Kassationsgerichtshof eingelegt werden kann (HRW 3.10.2024).
Der von Präsident Saïed erstmals im Juli 2021 verhängte und jedenfalls bis Dezember 2024 
verlängerte Ausnahmezustand, verleiht Regierungsbehörden übermäßige Befugnisse (FH 
16.10.2024). Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen sind die Behörden verstärkt gegen ver­
meintliche Kritiker oder Gegner Saïeds vorgegangen (HRW 3.10.2024). Die Justiz ist eigentlich 
dazu da, Rechte und Freiheiten zu schützen. Die einseitige Kontrolle der Exekutive über die 
Justiz könnte diese Garantien allerdings gefährden (FH 16.10.2024). Neben Wahlbeobachtern 
wurden auch Oppositionellen, Bloggern, Journalisten wie auch Aktivisten die Akkreditierung 
entzogen (FH 16.10.2024; vgl. HRW 3.10.2024). Blogger, Journalisten und Aktivisten wurden 
während der Berichterstattung wegen der Inhalte, die sie online veröffentlicht hatten, verhaftet. 
Mehrere Gesetze sehen strafrechtliche Sanktionen für Meinungsäußerungen im Internet vor. In 
den letzten Jahren wurden zahlreiche Blogger und Journalisten vor Militärgerichten und nicht 
vor Zivilgerichten angeklagt (FH 16.10.2024).
Militärgerichte werden von zivilen Richtern geleitet, die sich auf das Militärgesetzbuch stützen. 
Sie verhandeln einerseits Fälle, an denen Angehörige der Sicherheits- oder Streitkräfte beteiligt 
sind, andererseits solche, wo Zivilisten Verbrechen gegen die nationale Sicherheit oder Ver­
gehen wie Beleidigung des Präsidenten (als Oberbefehlshaber der Streitkräfte) oder anderer 
Angehöriger der Streitkräfte vorgeworfen werden. Gegen Entscheidungen der Militärgerichte 
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zu Zivilisten kann beim Kassationsgerichtshof, dem höchsten Berufungsgericht des Landes, 
das Teil des zivilen Justizsystems ist, berufen werden. Die Internationale Juristenkommission 
bewertet es als mit internationalen Standards unvereinbar, dass Verhandlungen gegen Zivilisten 
vor Militärgerichten stattfinden (USDOS 23.4.2024).
Das Gesetz sieht das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren vor, doch die Justiz setzt 
dieses Recht nicht immer durch. Auch laut lokalen und internationalen Menschenrechtsgruppen 
befolgen Behörden nicht immer. Angeklagten, die nach dem Antiterrorismusgesetz angeklagt 
worden sind, wurden nicht unverzüglich über die gegen sie erhobenen Anschuldigungen in­
formiert. Zudem wurde ihnen das Recht auf ein öffentliches Verfahren, in bestimmten Fällen 
auch das Recht, mit einem Anwalt zu sprechen, verweigert. Das Gesetz zur Terrorismusbe­
kämpfung besagt, dass die Richter in Fällen, in denen es um Terrorismus geht, die Öffentlichkeit 
von Anhörungen ausschließen, Aussagen von anonymen Zeugen zulassen und Informationen 
über Zeugen, Opfer und andere relevante Personen vertraulich behandeln können, auch ge­
genüber den Angeklagten und ihren Rechtsbeiständen. Im August 2023 wies der Afrikanische 
Gerichtshof für Menschenrechte und Rechte der Völker die Regierung an, „ alle Hindernisse zu 
beseitigen“ und vier inhaftierten politischen Gefangenen Zugang zu ihren Rechtsvertretern und 
Ärzten zu gewähren sowie die Familien und Anwälte der Gefangenen über die Gründe für ihre 
Inhaftierung zu informieren, nachdem die Familienangehörigen der Inhaftierten beim Gericht 
der Afrikanischen Union in Tansania Klage eingereicht hatten (USDOS 23.4.2024).
Quellen
■ BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Tunisia, https://www.ecoi.net/en/fi
le/local/2105847/country_report_2024_TUN.pdf, Zugriff 12.11.2024
■ FH - Freedom House (16.10.2024): Freedom on the Net 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2116595.html, Zugriff 28.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ HRW - Human Rights Watch (3.10.2024): Tunisia: Authorities Undermine Election Integrity, https:
//www.ecoi.net/de/dokument/2117488.html, Zugriff 28.11.2024
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
5 Sicherheitsbehörden
Letzte Änderung 2025-02-26 15:16
Dem Innenministerium unterstehen die Nationalpolizei und die Nationalgarde. Die National­
polizei ist für die Strafverfolgung in Großstädten verantwortlich, während die Nationalgarde 
(Gendarmerie) die Grenzsicherheit überwacht und in kleineren Städten und ländlichen Gebieten 
patrouilliert. Die Anti-Terrorismus-Brigade der Nationalpolizei und die Spezialeinheit der Natio­
nalgarde leiten Anti-Terror-Operationen des Innenministeriums (CIA 23.10.2024). Der Sicher­
heitsapparat war unter dem Ben-Ali-Regime allgegenwärtig und sicherte dessen Machterhalt. 
Die Rolle der Sicherheitskräfte während des Umsturzes aber teilweise auch bei gewaltsam 
aufgelösten Demonstrationen gegen die ersten beiden Interimsregierungen im Frühjahr 2011 
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vertieften den Vertrauensverlust der Bevölkerung gegenüber den Sicherheitsorganen, insbeson­
dere der Polizei und den Sondereinheiten des Innenministeriums. Zwar wurde die Geheimpolizei 
(„ police politique“) aufgelöst, allerdings steht eine umfassende Reform des Innenministeriums 
und der nachgeordneten Behörden bis heute aus. Die Sicherheitskräfte stehen immer wie­
der in der Kritik; es mangelt an Transparenz, zudem hält die Straflosigkeit für Vergehen der 
Sicherheitskräfte an (AA 22.6.2023).
Das Innenministerium verfügt über drei Generalinspektorate, eines für die Nationalpolizei, eines 
für die Nationalgarde und ein zentrales Generalinspektorat, das direkt dem Minister unterstellt ist. 
Diese Inspektorate können im Ministerium Ermittlungen durchführen. Die Generalinspektionen 
können Sicherheitsbeamte für Missbrauch zur Rechenschaft ziehen und Verwaltungsstrafen 
aussprechen, noch bevor die Gerichte ein endgültiges Urteil in Missbrauchsfällen verkünden 
(USDOS 23.4.2024). Allerdings haben es die Behörden weitgehend verabsäumt, Angehörige 
der Sicherheitskräfte und politische Vertreter, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen 
werden, zur Rechenschaft zu ziehen (AI 24.4.2024). Menschenrechtsgruppen behaupten, dass 
Untersuchungen zu Missbrauch durch Polizei, Sicherheitskräfte und Beamte in Haftzentren die 
Transparenz fehlt und es zu langen Verzögerungen und verfahrenstechnischen Hindernissen 
kommt (USDOS 23.4.2024). Die Polizeigewerkschaften haben sich jenen Reformbemühungen 
widersetzt, die darauf abzielen, das Problem anzugehen (FH 29.2.2024). Im April 2023 hat das 
Innenministerium eine Rechenschaftspflicht und einen Verhaltenskodex für die Polizei verab­
schiedet. Laut NGOs hat die Regierung es verabsäumt Missbrauchsvorwürfe zu untersuchen 
und die Täter bleiben zumeist straffrei. Wogegen das Innenministerium berichtet, dass gegen 
Sicherheitskräfte, welche sich Verstöße, insbesondere gegen Migranten, zuschulden kommen 
haben lassen, Disziplinarmaßnahmen wie Entlassung oder Versetzung verhängt wurden (US­
DOS 23.4.2024).
Das Militär genießt aufgrund seiner zurückhaltenden Rolle während der Revolution 2011 ein sehr 
hohes Ansehen in der Bevölkerung, welches bis dato anhält (AA 22.6.2023). Die tunesischen 
Streitkräfte (FAT) sind für die territoriale Verteidigung und die innere Sicherheit zuständig, sie sind 
für die Bekämpfung islamistischer Terrorgruppen und für die Unterstützung der Grenzsicherung 
verantwortlich. Das Militär absolviert Sicherheitsoperationen in den Bergregionen entlang der 
algerischen Grenze, wo es zu Schmuggel und kriminellen Aktivitäten gekommen ist und Kämpfer 
mit Verbindungen zu den Terrorgruppen al-Qaida und Islamischer Staat aktiv waren. Ferner 
hat das Militär auch gemeinsame Operationen mit algerischen Sicherheitskräften durchgeführt 
(CIA 23.10.2024). Die FAT hat in den letzten Jahren auch ihre Rolle bei der Sicherung der 
südlichen Grenze zu Libyen gegen terroristische Aktivitäten und Infiltratoren, kriminelle Banden, 
Schmuggel und Menschenhandel verstärkt, und in den abgelegenen Gebieten an der Grenze 
zu Libyen wurden auch Puffer-/Sperrzonen eingerichtet, in denen das Militär die Führung bei 
Sicherheits- und Antiterroroperationen innehat (CIA 23.10.2024; vgl. AA 22.6.2023).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
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Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World’s Human Rights - Tunisia 2023, 
https://www.ecoi.net/en/document/2107931.html, Zugriff 14.11.2024
■ CIA - Central Intelligence Agency [USA] (23.10.2024): Tunisia - The World Factbook, https://www.ci
a.gov/the-world-factbook/countries/tunisia/#military-and-security , Zugriff 14.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
6 Folter und unmenschliche Behandlung
Letzte Änderung 2025-02-26 15:32
Artikel 25 der tunesischen Verfassung garantiert den Schutz der Menschenwürde und der körper­
lichen Unversehrtheit, verbietet seelische oder körperliche Folter und schließt eine Verjährung 
des Verbrechens der Folter aus (AA 22.6.2023). Mit der Ratifizierung des Zusatzprotokolls zur 
Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder 
erniedrigende Behandlung oder Strafe am 29.6.2011 hat sich Tunesien zur Einrichtung eines 
nationalen Präventionsmechanismus verpflichtet. Eine innerstaatliche gesetzliche Grundlage 
wurde 2013 geschaffen. 2016 wurde zur Umsetzung des Zusatzprotokolls die Nationale Instanz 
zur Verhütung von Folter und unmenschlicher Behandlung (Instance Nationale de Prévention 
de la Torture/INPT) eingerichtet (AA 22.6.2023; vgl. ÖB Tunis 10.2022). 2016 schließlich wählte 
das Parlament die Mitglieder der INPT (AA 22.6.2023). Der INPT gehören 16 Mitglieder an, 
die eine gestaffelte Amtszeit von sechs Jahren haben und befugt sind, alle Gefängnisse und 
Haftanstalten ohne Vorankündigung zu besuchen und Folter und Misshandlungen zu dokumen­
tieren, strafrechtliche und verwaltungsrechtliche Ermittlungen zu beantragen und Empfehlun­
gen für Maßnahmen zur Beseitigung von Missbrauch und Misshandlungen zu erteilen (USDOS 
23.4.2024; vgl. AA 22.6.2023). Die INPT hat bestätigt, dass für Folter keine Verjährung gilt. Im 
Oktober 2020 hat die INPT den unter Artikel 230 immer noch legalisierten Analtest bei Verdacht 
auf Homosexualität als Akt der Folter deklariert (ÖB Tunis 10.2022). Die INPT berichtet über 
die fortlaufende Zusammenarbeit mit Regierungsbehörden. Allerdings berichtete die Institution, 
dass die Behörden ihr den Zugang zu Gefangenen im Gefängnis Borj Alamri im Dezember 2023 
verwehrt hat (USDOS 23.4.2024). Die INPT nimmt auch Beschwerden entgegen und leitet diese 
an die Justizbehörden weiter. Insgesamt kommt es in der Praxis allerdings immer wieder zu 
Defiziten bei der Umsetzung (AA 22.6.2023).
Vorwürfe wegen willkürlicher Inhaftierung, Folter und unmenschlicher Behandlung, v. a. gegen­
über den Innenbehörden (seltener gegenüber der Justizvollzugsbehörde) werden in Einzelfällen 
immer wieder erhoben (AA 22.6.2023). Regelmäßig erhobene Foltervorwürfe insbesondere in 
Polizeigewahrsam lassen auf das Überleben alter Gewohnheit in den Rängen der Sicherheits­
kräfte schließen und bleiben häufig straflos. Immer noch führen Fälle von Missbrauch und Folter 
in Polizei- und Militärgewahrsam zum Tode (ÖB Tunis 10.2022). Den Behörden werden zahl­
reiche Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, die sie aktiv oder durch die Nichtgewährung 
von Schutz für die Opfer begangen haben. Im Juli 2023 dokumentierte HRW Schläge, übermä­
ßige Gewaltanwendung, Folter, willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen durch tunesische 
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Sicherheitskräfte (SFH 30.1.2024). Die Polizei ist seit langem Gegenstand von Beschwerden hin­
sichtlich der Brutalität von Beamten, denen vorgeworfen wird, Zivilisten und Häftlinge ungestraft 
zu misshandeln. Die Polizeigewerkschaften haben sich gegen Reformbemühungen widersetzt, 
mit denen das Problem angegangen werden soll (FH 29.2.2024). Das Gesetz Nr. 05/2016 sieht 
strengere Regelungen für den Polizeigewahrsam vor. Die Umsetzung bleibt defizitär. Insbeson­
dere erfolgt regelmäßig keine Rechtsaufklärung (inkl. Rechtsbeistand) (AA 22.6.2023).
Berichten zufolge, die nationalen und internationalen Organisationen aus erster Hand zugetra­
gen worden sind, setzt die Nationale Polizei Inhaftierte harter körperlicher Behandlung aus, wie 
z. B. Schlägen, Verbrennung mit Zigaretten und längerer Einzelhaft. Mehrere prominente örtliche 
Menschenrechtsaktivisten prangern die Praxis an, die sie als Folter bezeichnen, einschließlich 
Elektroschocks, Scheinhinrichtungen und Aufhängen an den Knöcheln in Polizeistationen und 
Haftanstalten. Die Weltorganisation gegen Folter (OMCT) meldete zwischen Jänner und Juni 
2023 53 mutmaßliche Fälle von Folter und Misshandlung in Haftanstalten und Gefängnissen 
(USDOS 23.4.2024). Gemäß OHCHR kam es im Mai 2023 zur gewaltsamen Festnahme von 
zwei Anwälten am Sitz der tunesischen Anwaltskammer. Einer der Anwälte wies Spuren von 
Schlägen, Prellungen und Kratzern am gesamten Körper auf. Das UN-Hochkommissariat für 
Menschenrechte forderte eine unabhängige Untersuchung bezüglich des Verdachts von Folter 
(OHCHR 31.5.2024). Gegner Saïeds veranstalteten im Jahr 2023 mehrmals große Proteste, 
u. a. als Reaktion auf die Welle politischer Verhaftungen im Feber - trotz des offiziellen De­
monstrationsverbots. Die Polizei setzt regelmäßig Gewalt ein, um Demonstrationen aufzulösen. 
Journalisten haben fotografiert, wie Beamte bei unterschiedlichen Anlässen Schlagstöcke, Trä­
nengas und gepanzerte Fahrzeuge gegen Demonstranten eingesetzt haben (FH 29.2.2024).
Im Juli 2023 führten tunesische Sicherheitskräfte massenhafte und willkürliche Verhaftungen 
von schwarzafrikanischen Ausländern mit regulärem oder irregulärem Rechtsstatus in und um 
die Stadt Sfax durch, in mehreren Fällen wandten sie übermäßige Gewalt an oder misshandel­
ten sie körperlich oder sexuell, auch Frauen und Kinder (HRW 11.1.2024). Insgesamt wurde 
2023 ein extremes Ausmaß an Gewalt gegen schwarze und afrikanische Migranten in Tune­
sien verzeichnet. Es kam zu Gewalttaten und Enteignungen in mehreren tunesischen Städten 
(FH 29.2.2024). Gemäß HRW verübten die tunesische Polizei, das Militär und die Nationalgar­
de, einschließlich der Küstenwache, schwere Übergriffe gegen schwarzafrikanische Migranten, 
Flüchtlinge und Asylsuchende (HRW 11.1.2024).
Ferner haben die Sicherheitskräfte laut Angaben des UN-Hochkommissariats für Menschenrech­
te rund 2.000 Menschen, darunter Asylbewerber, schwangere Frauen und Kinder, in abgelegene 
Gebiete entlang der tunesischen Grenzen zu Libyen und Algerien gebracht, wo diese Menschen 
tage- bis wochenlang bei hohen Temperaturen festgesessen sind - ohne Zugang zu Wasser, 
Lebensmitteln oder medizinischer Versorgung (HRW 11.1.2024; vgl. FH 29.2.2024). Viele sind 
nach wie vor unauffindbar. Während die tunesischen Behörden und der tunesische Rote Halb­
mond über 700 Menschen in Unterkünfte der Internationalen Organisation für Migration (IOM) 
und staatliche Einrichtungen in Tunesien evakuierten, starben nach Angaben der libyschen Be­
hörden und des UN-Hochkommissars für Menschenrechte mindestens 27 Menschen an der 
Grenze (HRW 11.1.2024).
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Menschenrechtsbehörden behaupten, dass das Justizministerium, welche die primäre Behör­
de der Regierung zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen und zur Bekämpfung 
von Menschenrechtsbedrohungen ist, es verabsäumt, diese zu verfolgen oder angemessen 
zu untersuchen. Das Hohe Komitee für Menschenrechte und Grundfreiheiten wurde mit der 
Überwachung der Menschenrechte und der Beratung des Präsidenten zu verwandten Themen 
beauftragt. Der Ausschuss gab im Laufe des Jahres keine öffentlichen Berichte heraus, und es 
war nicht möglich, seine Wirksamkeit zu ermitteln. Die unabhängige INPT reagiert auf Vorwürfe 
von Folter und Misshandlung (USDOS 23.4.2024). Nationale und internationale Medien sowie 
spezialisierte NGOs wie die Organisation Mondiale contre la Torture (OMCT) oder die Organisa­
tion contre la Torture en Tunisie (OCTT) berichten bislang ungehindert über entsprechende Ein­
zelfälle sowie Bestrebungen, rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen einzuleiten. Bislang 
ist es Berichten zufolge jedoch nur sehr selten gelungen, eine Verurteilung von Amtspersonen 
oder ehemaligen Amtspersonen wegen Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung 
oder Bestrafung zu bewirken (AA 22.6.2023). Die Behörden sind dabei säumig, Angehörige 
der Sicherheitskräfte und politische Vertreter, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen 
werden, zur Rechenschaft zu ziehen (AI 24.4.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World’s Human Rights - Tunisia 2023, 
https://www.ecoi.net/en/document/2107931.html, Zugriff 14.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2103188.html, Zugriff 15.3.2024
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
■ OHCHR - Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (31.5.2024): Tunisia: 
Interference with the judiciary and harassment of lawyers must end, say UN experts, https://www.
ecoi.net/de/dokument/2110403.html, Zugriff 9.12.2024
■ SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (30.1.2024): Tunisia: flussi migratori e tratta di esseri umani,  
https://www.ecoi.net/en/file/local/2106100/231130_TUN_IT_flussi_migratori___tratta_esseri_umani.
pdf, Zugriff 6.12.2024
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
7 Korruption
Letzte Änderung 2025-02-26 21:08
Laut Freedom House herrscht in Tunesien endemische Korruption (FH 29.2.2024). Auch die 
Rechtsstaatlichkeit hat sich erheblich verschlechtert (BS 19.3.2024). Tunesien weist seit letz­
tem Jahr keine Veränderung im globalen Korruptionsranking des öffentlichen Sektors auf und 
kommt im Jahr 2024 wieder auf 40 von 100 Punkten. Auf dem Corruption Perceptions Index 
von Transparency International (2023) nimmt Tunesien Platz 87 von 180 ein (TI 2024).
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Die 2011 gegründete Nationale Kommission zur Korruptionsbekämpfung (INLUCC) setzt ihre 
Arbeit mit unzureichender Finanzierung und wenig Befugnissen zur Durchsetzung rechtlicher 
Schritte fort (FH 29.2.2024). Im August 2021 schloss die Polizei die INLUCC-Zentrale (FH 
29.2.2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Im März 2022 organisierten die Mitarbeiter der INLUCC 
einen Sitzstreik, um gegen die Nichtzahlung ihrer Gehälter und das Einfrieren ihrer Arbeit zu pro­
testieren. Im Oktober 2022 setzte Präsident Saïed per Dekret Nadia Saadi als kommissarische 
Leiterin von INLUCC ein, doch die Zukunft der Organisation bleibt ungewiss (FH 29.2.2024).
Präsident Saïed rechtfertigte seine Machtergreifung im Jahr 2021 zum Teil damit, dass sie not­
wendig sei, um die Korruption im politischen Establishment auszurotten. Die anschließenden 
Maßnahmen seiner Regierung veranlassten Kritiker aber dazu, den Präsidenten zu beschul­
digen, die Korruptionsbekämpfung zu instrumentalisieren, um seine politischen Gegner aus­
zuschalten (FH 29.2.2024). Die Antikorruptionskommission wurde erheblich geschwächt. Ihre 
Schließung bedeutet einen schweren Schlag für die Rechenschaftspflicht und Transparenz und 
gefährdet die Sicherheit von Whistleblowern und Antikorruptionsaktivisten (TI 30.1.2024). So 
wurde bereits im Juli 2021 der ehemaliger Leiter des von Präsident Saïed aufgelösten Parla­
ments und Führer der islamistisch inspirierten Ennahda-Partei, Rached Ghannouchi, aufgrund 
des Verdachts auf Korruption und Geldwäsche in Zusammenhang mit Überweisungen aus 
dem Ausland an eine mit Ennahda verbundene Wohltätigkeitsorganisation befragt (ÖB Tunis 
10.2022).
Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, aber die Regierung 
setzt im Allgemeinen das Gesetz nicht effektiv um (USDOS 23.4.2024). Die Antikorruptionsge­
setzgebung gilt seit jeher als schwach (FH 29.2.2024). Trotz eines bestehenden Rechtsrahmens 
mit einem Strafgesetzbuch und einem Gesetz gegen Korruption und Interessenkonflikte von 
2018 bleiben korrupte Amtsträger weitgehend unangetastet, was v. a. an ihrem Einfluss auf die 
Medien und die Verwaltung (v. a. die Polizei) sowie an ihren politischen Verbindungen und an 
einer dysfunktionalen Justiz liegt. Die zahlreichen Strafverfolgungen, die nach der Machtergrei­
fung von Saïed stattfanden, wurden übereilt und aus politischen Gründen vollzogen - häufig von 
Militärgerichten, was die Glaubwürdigkeit der Prozesse beeinträchtigte. Die Bekämpfung der 
Korruption war das Leitmotiv für Saïeds Machtübernahme. Durch die gewaltsame Auflösung 
des Obersten Justizrates und die Entlassung von 57 Richtern ohne ordnungsgemäßes Verfah­
ren schwächte er die Justiz weiter und hat ihre Fähigkeit untergraben, gegen korrupte Beamte 
vorzugehen (BS 19.3.2024). Im Laufe des Jahres 2023 berichteten lokale und internationale 
Menschenrechtsgruppen, dass die Durchsetzung der Anti-Korruptionsgesetze häufig politisiert 
und eher zur Bekämpfung von Dissens als von Korruption eingesetzt wurde. Die Regierung 
verfügt über keine Strategie zur Korruptionsbekämpfung. Im Laufe des Jahres wurden einige 
Parlamentsabgeordnete aufgrund von Korruptionsvorwürfen angeklagt und inhaftiert. Präsident 
Saïed hat öffentlich erklärt, dass die Beseitigung der Korruption in den Behörden eine der Haupt­
prioritäten der Regierung sei, doch die Medien berichteten über zahlreiche Fälle von Korruption 
in der Regierung. Trotz der häufigen Versprechen des Präsidenten, gegen korrupte Beamte 
vorzugehen, berichten Oppositionsparteien und zivilgesellschaftliche Gruppen, dass der Präsi­
dent seine Antikorruptionsagenda dazu benutze, um politische Gegner willkürlich zu verhaften. 
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Der Präsident erklärte in einer öffentlichen Ansprache im April 2023, dass die Regierung gegen 
korrupte Beamte vorgehen wird (USDOS 23.4.2024).
2022 erließ Präsident Saïed ein Dekret, welches das Konzept der „ strafrechtlichen Versöhnung“
ausgeweitet hat. Es ermöglicht Geschäftsleuten, die wegen Korruption angeklagt sind, einer 
Bestrafung zu entgehen, indem sie angeblich gestohlene Gelder zurückzahlen oder sie in aus­
gewiesene regionale Entwicklungsprojekte investieren. Das Verfahren sollte demnach von einer 
vom Präsidenten ernannten Kommission geleitet werden (FH 29.2.2024).
Quellen
■ BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Tunisia, https://www.ecoi.net/en/fi
le/local/2105847/country_report_2024_TUN.pdf, Zugriff 12.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
■ TI - Transparency International (30.1.2024): CPI 2023 for Middle East & North Africa: Dysfunctional 
approach to fighting corruption undermines progress, https://www.transparency.org/en/news/cpi-2
023-middle-east-north-africa-dysfunctional-approach-fighting-corruption , Zugriff 11.11.2024
■ TI - Transparency International (2024): 2023 Corruption Perceptions Index - Explore Tunisia’s results, 
https://www.transparency.org/en/cpi/2023/index/tun, Zugriff 11.11.2024
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
8 NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Letzte Änderung 2025-02-26 21:10
Eine Vielzahl nationaler und internationaler NGOs untersucht Menschenrechtsfälle und publi­
ziert Ergebnisse ohne staatliche Restriktionen. Diese Organisationen berichten, dass Regie­
rungsbeamte selten kooperativ sind und auf ihre Ansichten eingehen (USDOS 23.4.2024; vgl. 
AA 22.6.2023). Internationale Organisationen wie Amnesty International, Organisation Mondia­
le contre la Torture oder Human Rights Watch können weitgehend ohne Einschränkungen in 
Tunesien arbeiten. Aufgrund der Sondermaßnahmen seit dem 25.7.2021 beklagen Menschen­
rechtsorganisationen allerdings erschwerte Arbeitsbedingungen (AA 22.6.2023). Aufgrund der 
Verschwörungsrhetorik von Präsident Saïed werden viele Organisationen in ihrer täglichen Ar­
beit behindert. Seine feindselige Haltung gegenüber zivilgesellschaftlichen Organisationen und 
ausländischer Hilfe im Allgemeinen sowie die Aushöhlung des Gesetzesdekrets 2011-88 und 
des neueren Gesetzesdekrets zur Cyberkriminalität 2022-54 hindern diese Gruppen daran, frei 
zu arbeiten, und schränken ihren potenziellen Einfluss auf politische Aktionen weitgehend ein 
(BS 19.3.2024).
Ein Gesetz aus dem Jahr 2018 setzt NGO faktisch mit Unternehmen gleich und sieht strenge 
Berichtspflichten vor. Nach dem Gesetz müssen sich alle NGOs (und Unternehmen) in ein na­
tionales Einrichtungsregister eintragen lassen und Angaben zu Mitarbeitern, Vermögenswerten, 
Fusions- oder Auflösungsentscheidungen und Tätigkeiten machen. Die Nichtregistrierung kann 
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zu einem Jahr Haft und einer Geldstrafe führen. Im Oktober 2023 brachten mehrere Parlamenta­
rier einen Gesetzentwurf ein, der dem Premierminister weitreichende Befugnisse einräumt, um 
die Gründung einer NGO auszusetzen, zu verweigern oder eine NGO aufzulösen. Der Gesetz­
entwurf enthält auch Bestimmungen zur Überwachung der Finanzierung von NGOs. Tunesische 
Vereinigungen, die ohne vorherige Genehmigung ausländische Gelder annehmen, müssen 
demnach mit Sanktionen und einer möglichen Auflösung rechnen. Menschenrechtsaktivisten 
haben ihre Besorgnis darüber geäußert, dass dieses Gesetz, so es verabschiedet wird, die 
tunesische Zivilgesellschaft erheblich unterdrücken würde (FH 29.2.2024).
Die tunesische Zivilgesellschaft unterliegt inzwischen immer stärkeren Restriktionen. So stehen 
u. a. Treffen von Vertretern der Zivilgesellschaft und politischen Aktivisten mit ausländischen 
Diplomaten sowie die Finanzierung von Aktivitäten durch internationale Geber verstärkt im kriti­
schen Fokus der Öffentlichkeit – und auch strafrechtlicher Ermittlungen. Viele Organisationen 
fühlen sich in ihren Betätigungsmöglichkeiten eingeschränkt und immer mehr Aktivisten sorgen 
sich um ihre persönliche Sicherheit (AA 22.6.2023). Es gibt zahlreiche Berichte über Drohungen 
und Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger. Laut dem Bericht „ Global Analysis 2022“ von 
Front Line Defenders missbraucht die Regierung Strafgesetze - zur Terrorismusbekämpfung, zur 
nationalen Sicherheit, zur Cyberkriminalität u. a. - um die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern 
zu unterbinden oder zu bestrafen (USDOS 23.4.2024). Behörden sind gegen zivilgesellschaft­
liche Gruppen vorgegangen, insbesondere gegen solche, die sich vor dem Hintergrund des 
EU-Migrationspakts für die Rechte von Migranten und Flüchtlingen einsetzen, was zu einer 
noch nie da gewesenen Einschränkung des zivilen Raums seit der Revolution von 2011 geführt 
hat (AI 30.5.2024). Die Behörden haben mehrere zivilgesellschaftliche Gruppen und Aktivisten 
ins Visier genommen, indem sie sie verhaftetet und verhört sowie Ermittlungen über ihre Finan­
zierung eingeleitet haben. Sie sind rigoros gegen die Solidarität mit Migranten vorgegangen und 
haben Mitglieder von Organisationen verhaftet, die Asylbewerbern und Flüchtlingen helfen. Im 
Mai 2024 verhafteten Sicherheitskräfte mindestens sechs Mitglieder von drei legal registrierten 
NGOs, die sich für Migration, Asyl und Gerechtigkeit einsetzen: Mnemty, der Tunesische Flücht­
lingsrat (TRC) und Terre d’Asile Tunisie. Im gleichen Zeitraum wurden auch Mitglieder anderer 
Organisationen untersucht und vorgeladen (HRW 16.1.2025).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ AI - Amnesty International (30.5.2024): Tunisia: Authorities escalate clampdown on media, freedom 
of expression, https://www.ecoi.net/de/dokument/2110115.html, Zugriff 23.1.2025
■ BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Tunisia, https://www.ecoi.net/en/fi
le/local/2105847/country_report_2024_TUN.pdf, Zugriff 12.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2120124.html, Zugriff 21.1.2025
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
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