2025-09-15-coi-cms-laenderinformationen-indien-version-9-afeb
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Das Gesetz verbietet es den Behörden, erzwungene Geständnisse als Beweismittel zuzulassen, aber einige NGO berichten, dass Behörden Folter anwenden, um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 23.4.2024; vgl. ÖB New Delhi 7.2023). Die meisten Fälle von Folter werden aus den Krisenregionen (Jammu & Kaschmir sowie Gebiete im Nordosten) gemeldet, sie wird jedoch auch in den übrigen Landesteilen, vor allem in städtischen Ballungsgebieten oder in sozial be nachteiligten, bevölkerungsreichen Staaten wie Uttar Pradesh und Bihar angewandt (ÖB New Delhi 7.2023). Der indische Staat verfolgt Anwender von Folter grundsätzlich und veranstal tet Kampagnen zur Bewusstseinsbildung bei den Sicherheitskräften (ÖB New Delhi 7.2023). Allerdings bleiben Menschenrechtsverletzungen, begangen von Polizeibeamten, Armee und paramilitärischen Einheiten, häufig ungeahndet (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023) und führen nicht einmal zu Ermittlungsverfahren (ÖB New Delhi 7.2023), weil Opfer ihre Rechte nicht kennen oder eingeschüchtert werden (AA 5.6.2023). Als besonders gefährdet gelten Angehörige unterer Kasten (ÖB New Delhi 7.2023) und andere sozial benachteiligte Bevölkerungsschichten (ÖB New Delhi 7.2023; vgl.FH 2025a). Folter wird systematisch als Befragungsmittel durch die Polizei und sogar als Form der Bestrafung vermeintlicher Täter eingesetzt (ÖB New Delhi 7.2023; vgl.USDOS 23.4.2024), oder auch um Geld zu erpressen (USDOS 23.4.2024). In eini gen Fällen wird von willkürlichen und nicht registrierten Verhaftungen berichtet, bei denen den Verhafteten mitunter ausreichend Wasser und Nahrung vorenthalten werden (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. USDOS 23.4.2024). Die angerufenen Gerichte haben in den letzten Jahren teilweise verstärkt Verantwortung gezeigt, zumal NGOs und die Presse kritisch über die ihnen bekannt gewordenen Fälle berichten (ÖB New Delhi 7.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.6.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Indien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2093231/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_a syl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Indien_(Stand_April_2023),_05.06.2023.pdf , Zugriff 19.10.2023 [Login erforderlich] ■ BICC - Bonn International Centre for Conflict Studies (7.2024): Indien - Länderinformationen zu den Europäischen Kriterien für Rüstungsexporte, https://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberi chte/indien/2024_Indien.pdf, Zugriff 3.2.2025 ■ BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report - India, https://www.ecoi.net/en/fi le/local/2105881/country_report_2024_IND.pdf, Zugriff 24.1.2025 ■ Charan/SCC - Charan, J. Lakshmi (Autor), SCC Times (Herausgeber) (23.3.2024): Custodial Torture in India: Intersection of Criminal Law and Constitutional Rights, https://www.scconline.com/blog/pos t/2024/03/23/custodial-torture-in-india-intersection-of-criminal-law-and-constitutional-rights/#fn3 , Zugriff 17.3.2025 ■ FH - Freedom House (2025a): Freedom in the World 2025 - India, https://freedomhouse.org/country /india/freedom-world/2025, Zugriff 4.3.2025 ■ HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - India, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2120041.html, Zugriff 22.1.2025 ■ NHRC India - National Human Rights Commission, India [Indien] (2024): Human Rights Cases Statistics, https://nhrc.nic.in/complaints/human-right-case-statistics , Zugriff 17.3.2025 ■ ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (7.2023): Asylländerbericht 2023 - Indien ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107729.html, Zugriff 3.5.2024 20

7 Korruption Letzte Änderung 2025-04-14 08:00 Der Kampf gegen Korruption und bürokratische Ineffizienz steht schon lange auf Premiermi nister Modis Agenda, doch der Korruptionswahrnehmungsindex [Anm.: Corruption Perceptions Index, CPI] von Transparency International (TI) stagniert seit 2016, nachdem er sich in den Jahren davor stetig verbessert hatte (BS 19.3.2024). 2024 lag Indien im CPI auf Platz 96 von 180 bewerteten Staaten (TI 2025), was einer Verschlechterung um drei Plätze gegenüber dem Vorjahr entspricht (TI 2024). Amtsträger, die sich korrupter Machenschaften schuldig machen, schlüpfen oft durch politische, rechtliche oder verfahrenstechnische Schlupflöcher und werden nicht wirksam verfolgt. Korruption ist auf allen Ebenen weit verbreitet und beeinträchtigt die Bürger weiterhin bei vielen ihrer Interaktionen mit Institutionen wie der Polizei, dem öffentlichen Dienst, der öffentlichen Auftragsvergabe (BS 19.3.2024). Aber auch im Justizwesen (CCPR 2.9.2024; vgl. AA 5.6.2023) und auf den Ebenen von Regierungsministerien sowie politischer Beamter kommt es zu Korruption (CCPR 2.9.2024). Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor. USDOS berichtet einerseits von einer allgemein wirksamen Umsetzung der Gesetze durch die Regierung, aber auch über zahlreiche Berichte über Kor ruption in der Regierung. NGOs berichteten über die Zahlung von Bestechungsgeldern, um Dienste wie Polizeischutz, Schuleinschreibung, Zugang zu Wasserversorgung oder staatliche Unterstützung zu beschleunigen (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz zur Korruptionsprävention von 1988 (Prevention of Corruption Act, PCA) ist heute das wichtigste Gesetz zur Korruptionsbekämpfung in Indien (CaP-GPG 22.11.2024). Allerdings wird über Hindernisse für die Einleitung von Ermittlungen oder Strafverfolgung berichtet, die durch Änderungen des Gesetzes zur Korruptionsprävention im Jahr 2018 geschaffen wurden (CCPR 2.9.2024; vgl. SAHRDC 14.7.2024). Groß angelegte politische Korruptionsskandale haben wiederholt Bestechung und andere Ver gehen aufgedeckt, aber es wird angenommen, dass ein großer Teil der Korruption nicht ge meldet und nicht geahndet wird, und die Behörden wurden beschuldigt, selektiv und parteiisch vorzugehen. 2013 wurden mit dem Lokpal- und Lokayuktas-Gesetz unabhängige nationale [Anm.: Lokpal] und bundesstaatliche [Anm.: Lokayukta] Stellen geschaffen, die Beschwerden über Korruption gegen Beamte oder Politiker entgegennehmen, den Vorwürfen nachgehen und Verurteilungen gerichtlich durchsetzen sollen. Allerdings sind sowohl die bundesstaatlichen Lo kayuktas (FH 2025a) als auch der nationale Lokpal unterbesetzt. Die Antikorruptionsbehörde Lokpal wurde erst 2019 eingerichtet, sechs Jahre nach Verabschiedung der entsprechenden Gesetze. Kritikern zufolge erwies sich die Organisation jedoch als machtlos. Die Zahl der dem Gremium vorgelegten Fälle ist gering, was auf ein geringes Vertrauen in die Institution schließen lässt, und es wurden keine prominenten Fälle aufgegriffen. Indien verfügt außerdem über eine zentrale Überwachungskommission (Central Vigilance Commission), die zur Bekämpfung von Korruption in der Regierung eingerichtet wurde, sowie ein zentrales Ermittlungsbüro (Central Bureau of Investigation), das sich allgemeiner mit Korruption befasst. Letzteres hat seine Ak tivitäten in den letzten Jahren jedoch ausgeweitet und wurde dabei stark kritisiert, da es als Instrument zur Verfolgung von Regierungskritikern eingesetzt wird (BS 19.3.2024). 21

Das Informationsfreiheitsgesetz 2005 (Right of Information Act 2005, RTI) soll die Transpa renz und Rechenschaftspflicht der Regierung gewährleisten und gilt für staatliche Behörden entweder ganz oder teilweise (wie etwa im Fall von Sicherheits- und Geheimdiensten) sowie für Einrichtungen im nicht-staatlichen Sektor, die direkt oder indirekt Finanzmittel von der Regie rung erhalten. Jährlich stellen vier bis sechs Millionen Bürger Informationsanfragen (SAHRDC 14.7.2024). Allerdings wird das RTI systematisch untergraben (BS 19.3.2024). Es gibt Berichte, dass die meisten Personen, die Informationen anfragen, nicht die gewünschten Informationen erhalten (CCPR 2.9.2024; vgl. FH 2025a). Nach Angaben verschiedener Quellen wurden seit 2018 zwischen 60 (CCPR 2.9.2024) und 65 Aktivisten (SAHRDC 14.7.2024), Whistleblower, Journalisten oder Menschenrechtsverteidiger, die über den Kampf gegen Korruption berichten oder sichfür dessen Bekämpfung einsetzen, getötet (CCPR 2.9.2024) und über 380 weitere körperlich angegriffen, bedroht oder schikaniert, weil sie das Informationsfreiheitsgesetz (RTI) nutzten, um Korruption im kleinen und großen Stil aufzudecken (SAHRDC 14.7.2024). Obwohl das Parlament 2014 mit dem Whistleblower Protection Act ein Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet hat, fehlt es jedoch bislang an der Umsetzung durch die Unionsregierung. Auch auf bundesstaatlicher Ebene gibt es bislang keinen gesetzlich geregelten Hinweisgeberschutz, da die Bundesstaaten auf die Umsetzung durch die Union warten (SAHRDC 14.7.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.6.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Indien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2093231/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_a syl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Indien_(Stand_April_2023),_05.06.2023.pdf , Zugriff 19.10.2023 [Login erforderlich] ■ BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report - India, https://www.ecoi.net/en/fi le/local/2105881/country_report_2024_IND.pdf, Zugriff 24.1.2025 ■ CaP-GPG - Chambers and Partners Global Practice Guides (22.11.2024): Anti-Corruption 2025: India, https://practiceguides.chambers.com/practice-guides/anti-corruption-2025/india/trends-and-d evelopments, Zugriff 24.2.2025 ■ CCPR - UN Human Rights Committee (CCPR) of the International Covenant on Civil and Political Rights (2.9.2024): Human Rights Committee - Concluding observations on the fourth periodic report of India, https://docstore.ohchr.org/SelfServices/FilesHandler.ashx?enc=FWgVcNI4OVyUckRlbEnbaDHOm/ VJRAevfxu95By/Jr9YGrTBH/xTYVrl8YtqU l q0N0QsGW1ag0v7qHmCRF8Q==, Zugriff 17.2.2025 ■ FH - Freedom House (2025a): Freedom in the World 2025 - India, https://freedomhouse.org/country /india/freedom-world/2025, Zugriff 4.3.2025 ■ SAHRDC - South Asia Human Rights Documentation Centre (14.7.2024): UNHRC’s examination of India’s periodic report after 28 years: Part 8, https://hrdc.net/unhrcs-examination-of-indias-periodi c-report-after-28-years-part-8 , Zugriff 24.2.2025 ■ TI - Transparency International (2025): Corruption Perceptions Index 2024 - Indien, https://www.tr ansparency.org/en/cpi/2024/index/ind, Zugriff 24.2.2025 ■ TI - Transparency International (2024): CPI - Corruption Perceptions Index 2023, https://www.tran sparency.org/en/cpi/2023, Zugriff 9.4.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107729.html, Zugriff 3.5.2024 22

8 NGOs und Menschenrechtsaktivisten Letzte Änderung 2025-04-14 08:00 Eine Vielzahl von NGOs ist in Indien tätig, aber einige, insbesondere diejenigen, die an der Unter suchung von Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind, sind weiterhin Drohungen, rechtlichen Schikanen, übermäßiger Polizeigewalt und gelegentlich tödlicher Gewalt ausgesetzt (FH 2025a). Nationale Finanz- und Ermittlungsbehörden nahmen zivilgesellschaftlich engagierte Personen, Menschenrechtsverteidiger, Aktivisten, Journalisten und Kritiker ins Visier und schränkten den zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraum weiter ein (AI 24.4.2024). Immer wieder werden Ak tivisten, oftmals unter dem Vorwurf, mit terroristischen Organisationen in Verbindung zu stehen, verhaftet (ÖB New Delhi 7.2023). Zivilgesellschaftliche Organisationen, Mitglieder der Diaspora und Journalisten, die im Ausland tätig sind und sich für die Menschenrechte einsetzen, berichten von Drohungen, Schikanen, willkürlicher Überwachung und Nötigung, auch im Internet, die sie der Regierung oder Perso nen, die angeblich mit der Regierung in Verbindung stehen, zuschreiben. Sie berichten, dass auch einige ihrer Familienangehörigen, Freunde oder Bekannten in Indien wegen ihrer Men schenrechtsaktivitäten von den lokalen Behörden schikaniert und unter Druck gesetzt werden. Sie stellen fest, dass diese Aktivitäten eine „ abschreckende Wirkung“ auf ihre Menschenrechts arbeit haben und zu Selbstzensur führen, da sie Repressalien gegen sich und ihre Familien in Indien befürchten. Es gibt auch zahlreiche Berichte über Drohungen und Gewalt gegen Men schenrechtsverteidiger, die Frauen, religiöse Minderheiten und marginalisierte Gemeinschaften vertreten (USDOS 23.4.2024). Einige inländische und internationale Menschenrechtsgruppen, die sich für die Menschenrechte einsetzen oder Menschenrechtsentwicklungen beobachten, arbeiten ohne staatliche Einschrän kungen, um Menschenrechtsbedingungen oder -fälle zu überwachen, zu untersuchen und ihre Ergebnisse zu veröffentlichen (USDOS 23.4.2024; vgl. ÖB New Delhi 7.2023), zumindest au ßerhalb von Jammu und Kaschmir (J & K) (ÖB New Delhi 7.2023). Allerdings gelang es auch einigen Menschenrechtsbeobachtern in J & K, Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren, aber Berichten zufolge wurden sie von den Sicherheitskräften, der Polizei und anderen Strafver folgungsbehörden gelegentlich zurückgehalten oder schikaniert (USDOS 23.4.2024). Zahlreiche Menschenrechtsgruppen sehen sich mit Einschränkungen konfrontiert und stellen fest, dass Regierungsvertreter nur selten mit Menschenrechts-NGOs zusammenarbeiten. Dagegen arbei tet die Nationale Menschrechtskommission [Anm.: National Human Rights Commission; siehe Allgemeine Menschenrechtslage] (NHRC) mit zahlreichen NGOs zusammen, von denen einige auch in mehreren Ausschüssen der NHRC vertreten sind (USDOS 23.4.2024). Ausländische NGOs Das Gesetz zur Regulierung ausländischer Zuwendungen (Foreign Contribution (Regulation) Act, FCRA) von 2010 erlaubt es der Bundesregierung, NGOs unter bestimmten Umständen den Zugang zu ausländischen Geldern zu verweigern, und die Behörden wurden beschuldigt, diese Befugnisse selektiv gegen vermeintliche politische Gegner einzusetzen (FH 2025a). Kritische ausländische NGOs werden in der Praxis an der Arbeit im Land gehindert (BS 19.3.2024) bzw. 23

unterliegen nicht unwesentlichen Restriktionen, wie Verweigerung eines Einreisevisums. Mitun ter sehen sich Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen auch Drohungen und tätlichen Übergriffen oder polizeilicher Willkür ausgesetzt. Von Polizeiaktionen sind nicht nur indische Menschenrechtsaktivisten betroffen, sondern auch ausländische NGOs (ÖB New Delhi 7.2023). Vertreter einiger internationaler Menschenrechts-NGOs haben mitunter Schwierigkeiten, Vi sa zu erhalten, und berichten, dass ihre öffentliche Verbreitung von Materialien gelegentlich durch behördliche Schikanen und Einschränkungen behindert wird. Die Regierung kooperiert im Allgemeinen bei Besuchen von UN-Vertretern oder von den Vereinten Nationen anerkannten regionalen Organisationen, aber die Vereinten Nationen haben nur begrenzten oder gar kei nen Zugang zu J & K sowie den nordöstlichen Bundesstaaten, einschließlich Manipur (USDOS 23.4.2024). Quellen ■ AI - Amnesty International (24.4.2024): Amnesty International Report 2023/24; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Indien 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108022.html , Zugriff 10.7.2024 ■ BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report - India, https://www.ecoi.net/en/fi le/local/2105881/country_report_2024_IND.pdf, Zugriff 24.1.2025 ■ FH - Freedom House (2025a): Freedom in the World 2025 - India, https://freedomhouse.org/country /india/freedom-world/2025, Zugriff 4.3.2025 ■ ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (7.2023): Asylländerbericht 2023 - Indien ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107729.html, Zugriff 3.5.2024 9 Wehrdienst und Rekrutierungen Letzte Änderung 2025-03-19 08:03 Indien unterhält eine Berufsarmee (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023). Es besteht keine Wehrpflicht (BICC 7.2024; vgl. CIA 16.1.2025). Das Mindesteintrittsalter für den Eintritt in die Armee ist das 16. Lebensjahr (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. CIA 16.1.2025, AA 5.6.2023). Nach Section 38 des „Army Act“ von 1950 und den entsprechenden Regelungen im „ Navy Act“ und „Air Force Act“ können Deserteure je nach Schwere des Falles mit einer geringeren Strafe bis hin zur (theoretischen) Todesstrafe belegt werden. (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. AA 5.6.2023). Eine höchstrichterliche Rechtsprechung aus dem Jahr 2020 stellt die Chancengleichheit von Frauen in den indischen Streitkräften sicher (AA 5.6.2023). Im Jahr 2023 stellten Frauen we niger als 1 % des Heeres, ca. 1% der Luftwaffe und ca. 6% der Marine (CIA 16.1.2025). Über Zwangsrekrutierungen durch die Armee ist nichts bekannt (AA 5.6.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.6.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Indien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2093231/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_a syl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Indien_(Stand_April_2023),_05.06.2023.pdf , Zugriff 19.10.2023 [Login erforderlich] 24

■ BICC - Bonn International Centre for Conflict Studies (7.2024): Indien - Länderinformationen zu den Europäischen Kriterien für Rüstungsexporte, https://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberi chte/indien/2024_Indien.pdf, Zugriff 3.2.2025 ■ CIA - Central Intelligence Agency [USA] (16.1.2025): India - The World Factbook, https://www.cia. gov/the-world-factbook/countries/india/#military-and-security , Zugriff 3.2.2025 ■ ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (7.2023): Asylländerbericht 2023 - Indien 10 Allgemeine Menschenrechtslage, nationale Menschenrechtskommissionen Letzte Änderung 2025-04-14 08:00 Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 5.6.2023). Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. AA 5.6.2023). Die Verfassung garantiert den Bürgern das Recht, ihre eigene Sprache, Schrift und Kultur zu bewahren (DFAT 29.9.2023). Darüber hinaus garantiert sie bürgerliche Freiheiten (FH 2025a; vgl. AA 5.6.2023), einschließlich der Meinungs- und Religionsfreiheit, aber die Schika nen gegen Journalisten, Nichtregierungsorganisationen (NGO) und andere Regierungskritiker haben unter Modi erheblich zugenommen (FH 2025a). Zudem gibt die Verfassung den Bürgern die Möglichkeit, ihre Regierung in freien und fairen, regelmäßig stattfindenden und geheimen Wahlen zu wählen, die auf dem allgemeinen und gleichen Wahlrecht für alle Bürger ab 18 Jah ren basieren (USDOS 23.4.2024). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet. Indien bleibt ein Land extremer Kontraste (AA 5.6.2023). Die Menschenrechtslage hat sich insgesamt verschlechtert und die Gefahr konfessionell motivierter Gewalt gegen Minderheiten und die Schikanierung bekannter Menschenrechtsverteidiger nimmt zu (ICNL 13.2.2025). Die Menschenrechtssituation spiegelt die komplexe Lebenswirklichkeit ei nes multiethnischen und multireligiösen Landes wider, die sich aus jahrtausendealten kulturellen Traditionen speist, die in Teilen die Durchsetzung universeller Menschenrechte behindern. Der Alltag vieler Bevölkerungsgruppen ist von systematischer gesellschaftlicher Benachteiligung geprägt. Ursache hierfür sind häufig tief verwurzelte soziale Praktiken wie das Kastenwesen und der niedrige Bildungsstand von Teilen der Bevölkerung und weniger systematische Men schenrechtsverletzungen durch den Staat (AA 5.6.2023). In Jammu und Kaschmir (J&K) begehen sowohl indische Sicherheitskräfte (FH 2025b) als auch Aufständische Menschenrechtsverletzungen; ebenso in den nordöstlichen Bundesstaaten und in den vom maoistischen Terrorismus betroffenen Gebieten, auch hier kommt es zu Tötungen und Folter von Angehörigen der Streitkräfte, der Polizei, von Regierungsbeamten und Zivilisten, Entführungen sowie die Rekrutierung und den Einsatz von Kindersoldaten. Einige Menschen rechtsbeobachter in J & K sind in der Lage, Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren, aber Berichten zufolge werden sie von den Sicherheitskräften, der Polizei und anderen Straf verfolgungsbehörden gelegentlich bei ihrer Arbeit gestört oder schikaniert (USDOS 23.4.2024). [für mehr Informationen wird auf das KapitelJ & K verwiesen] Die Gesetze gestatten der Regierung das Abhören von Gesprächen zum Schutz der Souverä nität und Integrität des Landes, der Sicherheit des Staates, der freundschaftlichen Beziehungen zu ausländischen Staaten, der öffentlichen Ordnung oder zur Verhinderung der Anstiftung zur 25

Begehung einer Straftat. Es gab Berichte, wonach Regierungsbehörden willkürlich oder unrecht mäßig oder ohne entsprechende rechtliche Befugnisse auf private Kommunikation zugriffen, diese sammelten oder nutzten und Praktiken entwickelten, die einen willkürlichen oder unrecht mäßigen Eingriff in die Privatsphäre ermöglichen, einschließlich des Einsatzes von Technologien zur willkürlichen oder unrechtmäßigen Überwachung oder Beeinträchtigung der Privatsphäre von Personen (USDOS 20.3.2023). Ein landesweites zentrales Überwachungssystem soll es den Behörden ermöglichen, die digitale Kommunikation ohne richterliche Aufsicht in Echtzeit abzuhören (FH 2025a). Die indische Regierung erfüllt die Mindeststandards für die Beseitigung des Menschenhan dels nicht vollständig, unternimmt jedoch erhebliche Anstrengungen, um dies zu erreichen. Die Hauptverantwortung für die Bemühungen zur Bekämpfung des Menschenhandels liegt bei den indischen Bundesstaaten und Unionsterritorien, die von der Zentralregierung politisch beauf sichtigt werden (USDOS 15.6.2023). Die Regierung unternimmt kaum glaubwürdige Schritte oder Maßnahmen, um Beamte zu ermitteln und zu bestrafen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben (USDOS 23.4.2024). Nationale Menschenrechtskommissionen Seit 1993 gibt es eine Nationale Menschenrechtskommission [Anm.: National Human Rights Commission (NHRC)] als unabhängiges Organ, die auf Antrag oder von Amts wegen Men schenrechtsverletzungen untersuchen und Empfehlungen an die Regierung richten oder beim Obersten Gerichtshof die Einleitung von Strafverfolgungsmaßnahmen beantragen kann (ÖB New Delhi 7.2023). Die NHRC hat ein breit gefächertes Mandat, das ein breites Spektrum von Menschenrechtsfragen abdeckt, darunter auch die Themen Geschlecht, Gender und Behin derung, und ist in den Bereichen Forschung, Bildung und Ausbildung sowie Sensibilisierung tätig. Neben dem NHRC gibt es eine Reihe weiterer nationaler Menschenrechtsinstitutionen, darunter die Nationale Kommission für Frauen, die Nationale Kommission für den Schutz der Rechte des Kindes, die Nationale Kommission für Minderheiten, die Nationale Kommission für zurückgebliebene Klassen, die Nationale Kommission für festgelegte Kasten und die Nationale Kommission für festgelegte Stämme (DFAT 29.9.2023). Die NHRC ist dem Parlament gegenüber direkt rechenschaftspflichtig, arbeitet aber in enger Abstimmung mit dem Innenministerium und dem Ministerium für Recht und Justiz zusammen. Das Gesetz ermächtigt die NHRC, Vorladungen zu erlassen und Zeugenaussagen zu erzwin gen, Unterlagen vorzulegen und öffentliche Dokumente anzufordern. Die NHRC empfiehlt auch angemessene Abhilfemaßnahmen für Missstände in Form von Entschädigungen für die Opfer von Tötungen durch die Regierung oder deren Familien (USDOS 23.4.2024). Allerdings hat die NHRC weder die Befugnis, die Umsetzung ihrer Empfehlungen durchzusetzen, noch die Kompetenz, sich mit Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen gegen Militär- und Paramilitärpersonal auseinanderzusetzen (USDOS 23.4.2024; vgl. ÖB New Delhi 7.2023). Ohne die Weisungsbefugnis zur Einleitung von Strafverfahren und mangelnder Ermittlungsbefugnis sen ist die Menschenrechtskommission auf die Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden und 26

Polizei angewiesen. Die NHRC arbeitet mit verschiedenen Akteuren zusammen, um Menschen rechtsverletzungen zu ahnden und zu verhindern und kooperiert mit NGOs (ÖB New Delhi 7.2023), von denen einige wiederum in NHRC-Ausschüssen vertreten sind (USDOS 23.4.2024). Im Mai 2024 verweigerte die mit den Vereinten Nationen verbundene Globale Allianz natio naler Menschenrechtsinstitutionen der indischen Nationalen Menschenrechtskommission für das zweite Jahr in Folge die Akkreditierung (HRW 16.1.2025), wodurch die NHRC nicht mehr berechtigt ist, das Land im UN-Menschenrechtsrat zu vertreten. Als Gründe für das Ausbleiben der Akkreditierung gelten, Bedenken hinsichtlich der Beteiligung der Polizei an den NHRC-Un tersuchungen, die politische Einflussnahme bei Ernennungen und unzureichende Maßnahmen zum Schutz marginalisierter Gruppen (USDOS 23.4.2024). Der Protection of Human Rights Act, 1993, empfiehlt, dass jeder Bundesstaat eine Menschen rechtskommission einrichtet (ÖB New Delhi 7.2023). Seit September 2023 gibt es bereits in 26 Bundesstaaten Menschenrechtskommissionen, die unter der Schirmherrschaft des NHRC unabhängig arbeiten (USDOS 23.4.2024). In manchen Fällen kann es vorkommen, dass Be schwerden, die an die NHRC gerichtet werden, an eine staatliche Kommission weitergeleitet werden (DFAT 29.9.2023). Menschenrechtsgruppen äußerten jedoch Bedenken, dass staat liche Ausschüsse von der Lokalpolitik beeinflusst werden können und dass diese weniger zu fairen Urteilen fähig sind als die NHRC (USDOS 23.4.2024). Kritiker behaupten, die NHRC und andere offizielle Menschenrechtsgremien auf nationaler und bundesstaatlicher Ebene sind politisch voreingenommen und ineffektiv. Die staatlichen Menschenrechtskommissionen sind von unterschiedlicher Qualität (DFAT 29.9.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.6.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Indien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2093231/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_a syl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Indien_(Stand_April_2023),_05.06.2023.pdf , Zugriff 19.10.2023 [Login erforderlich] ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.9.2023): DFAT COUNTRY INFORM ATION REPORT INDIA, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-india .pdf, Zugriff 19.10.2023 ■ FH - Freedom House (2025a): Freedom in the World 2025 - India, https://freedomhouse.org/country /india/freedom-world/2025, Zugriff 4.3.2025 ■ FH - Freedom House (2025b): Freedom in the World 2025 - Indian Kashmir, https://freedomhouse .org/country/indian-kashmir/freedom-world/2025, Zugriff 7.3.2025 ■ HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - India, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2120041.html, Zugriff 22.1.2025 ■ ICNL - The International Center for Not-for-Profit Law (13.2.2025): Civic Freedom Monitor: India, https://www.icnl.org/resources/civic-freedom-monitor/india, Zugriff 7.3.2025 ■ ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (7.2023): Asylländerbericht 2023 - Indien ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107729.html, Zugriff 3.5.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (15.6.2023): 2023 Trafficking in Persons Report: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2093624.html, Zugriff 24.10.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089116.html, Zugriff 31.10.2023 27

11 Meinungs- und Pressefreiheit, Freiheit im Internet Letzte Änderung 2025-04-14 08:00 Die Verfassung sieht zwar die Meinungs- (BAMF 9.2024; vgl. FH 16.10.2024) und Redefrei heit vor (FH 16.10.2024), erwähnt aber nicht ausdrücklich die Pressefreiheit; welche allerdings durch das Recht der freien Meinungsäußerung geschützt ist (BAMF 9.2024). In der aktuellen Rangliste der Pressefreiheit 2024 der NGO Reporter ohne Grenzen (RSF) belegt Indien Platz 159 von 180 bewerteten Ländern, was eine Verbesserung um 2 Plätze im Vergleich zum Vorjahr darstellt (RSF 2024; vgl. BAMF 9.2024). Laut USDOS gibt es schwerwiegende Einschränkun gen der Meinungs- und Medienfreiheit, darunter Gewalt oder die Androhung von Gewalt gegen Journalisten, ungerechtfertigte Verhaftungen oder strafrechtliche Verfolgung von Journalisten, Zensur und die Anwendung oder Androhung der Anwendung von Verleumdungsgesetzen zur Einschränkung der Meinungsäußerung sowie schwerwiegende Einschränkungen der Freiheit im Internet (USDOS 23.4.2024). Das indische Gesetz kriminalisiert bestimmte Ausdrucksformen, die häufig als Grund für die Verhaftung oder Inhaftierung von Personen dienen, die sich online zu politischen und sozialen Themen äußern (FH 16.10.2024). Beleidigung und Verleumdung sind strafbar. Die Regierung nutzt Gesetze, um öffentliche Debatten einzuschränken und Ver geltungsmaßnahmen gegen Journalisten, Mitglieder marginalisierter Gruppen und politische Gegner zu ergreifen. Im Juli 2023 berichteten die Medien, dass die Polizei in Maharashtra in den zwei Jahren davor mehr als 600 Fälle von Beleidigung und Verleumdung gegen Nutzer sozialer Medien wegen anstößiger religiöser Inhalte eingeleitet hatte. Es gibt Berichte über grenzüberschreitende Repressionen der Regierung gegen Journalisten, Angehörige der Dia spora-Bevölkerung, Aktivisten der Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger (USDOS 23.4.2024). Die Verfassung enthält zwar kein ausdrückliches Recht auf Privatsphäre, aber der Oberste Gerichtshof entschied 2017, dass die Privatsphäre ein „ Grundrecht“ ist. Es wird berichtet, dass die Behörden willkürlich oder unrechtmäßig auf private Kommunikation zugriffen, diese sammeln oder nutzen, um die Privatsphäre von Personen zu überwachen oder zu stören. Die Gesetze gestatten es der Regierung, Anrufe abzuhören, um die Souveränität und Integrität des Landes, die Sicherheit des Staates und die freundschaftlichen Beziehungen zu ausländischen Staaten zu schützen, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten und die Anstiftung zur Begehung einer Straftat zu verhindern (USDOS 23.4.2024). Das Strafgesetzbuch sieht eine Haftstrafe von zwei bis sieben Jahren für aufrührerische, obs zöne oder verleumderische Äußerungen vor; für Personen, die „ Feindschaft zwischen verschie denen Gruppen aufgrund von Religion, Volkszugehörigkeit, Geburtsort, Wohnort oder Sprache“ schüren; für Äußerungen, die als „ der Aufrechterhaltung der Harmonie abträglich“ angesehen werden oder aus Äußerungen, Gerüchten oder Berichten bestehen, die Angst oder Besorgnis hervorrufen, die öffentliche Ruhe stören oder Feindseligkeit oder Böswilligkeit schüren können. Das Gesetz über Amtsgeheimnisse (Official Secrets Act) kriminalisiert die Weitergabe von In formationen, die der Souveränität und Integrität Indiens schaden könnten. Das Gesetz über die nationale Sicherheit erlaubt es der Polizei, eine Person bis zu einem Jahr ohne Anklage festzu halten, und wird im Zusammenhang mit Äußerungen im Internet herangezogen (FH 16.10.2024). 28

Die Behörden beriefen sich auf Gesetze gegen Terrorismus oder zum Schutz der nationalen Si cherheit, um Kritiker der Regierung zu verhaften oder zu bestrafen. Medienbeobachtergruppen äußerten sich besorgt über die „ exzessive“ Anwendung des Gesetzes zur Verhinderung unge setzlicher Aktivitäten (Unlawful Activities Prevention Act, UAPA) gegen Journalisten (USDOS 23.4.2024). Einzelpersonen üben ihr Recht auf freie Meinungsäußerung aus, indem sie regelmäßig öffentlich und privat über Online-Plattformen, Fernsehen, Radio oder Printmedien Kritik an der Regierung üben (USDOS 23.4.2024; vgl. BAMF 9.2024). Unabhängige Medien sind aktiv und bringen im Allgemeinen ein breites Spektrum von Meinungen zum Ausdruck, darunter auch regierungs kritische. Einige Medien sehen sich jedoch zunehmenden Einschränkungen ausgesetzt und es gibt zahlreiche Fälle, in denen die Regierung oder regierungsnahe Akteure Druck auf re gierungskritische Medien ausüben oder diese schikanieren. Medienunternehmen und einzelne Journalisten, die regierungskritische Ansichten äußern, werden gelegentlich verhaftet, bedroht oder eingeschüchtert. Berichten zufolge durchsucht die Polizei Arbeitsplätze und Wohnungen von Journalisten und beschlagnahmt Telefone, Laptops und andere Ausrüstung. Es gibt auch Berichte über Aufständische und Extremisten, die Morde, Gewalt und Einschüchterungen gegen regierungskritische Journalisten verübten. Das Gesetz verbietet Inhalte, die religiöse Gefüh le verletzen oder Feindseligkeiten zwischen Gruppen schüren könnten (USDOS 23.4.2024). Menschen laufen Gefahr, wegen politischer, gesellschaftlicher oder religiöser Äußerungen oder anderer Online-Inhalte, die die Behörden als anstößig oder abwertend erachten, festgenommen und inhaftiert zu werden, insbesondere bei großen politischen Ereignissen (FH 16.10.2024). Die Behörden berufen sich auf diese Bestimmungen, um Print- und Rundfunkmedien, digitale Me dienplattformen einschließlich Streaming-Dienste sowie die Veröffentlichung oder Verbreitung von Büchern einzuschränken. Organisationen der Zivilgesellschaft äußerten die Befürchtung, dass regierungsnahe Geschäftsinteressen, die Anteile an Medienorganisationen erwerben, die Unabhängigkeit der Medien gefährden können. Die Presse und andere Medien berichten, dass sie aus Angst vor Repressalien der Regierung Selbstzensur üben. Die Verstümmelung oder Beschädigung der Nationalflagge wird mit bis zu drei Jahren Haft bestraft (USDOS 23.4.2024). Freiheit im Internet Die Regierung schränkte den Internetzugang ein, unterbrach ihn in einigen Fällen und zensierte Online-Inhalte (USDOS 23.4.2024; vgl. AI 24.4.2024). Die indischen Behörden verhängen nach wie vor die weltweit meisten Internetsperren (HRW 16.1.2025; vgl. BAMF 9.2024) und verstoßen damit gegen indische Gesetze und internationale Menschenrechtsstandards. Die Abschaltun gen treffen sozial und wirtschaftlich marginalisierte Bevölkerungsgruppen unverhältnismäßig stark, da ihnen der Zugang zu kostenlosen oder subventionierten Lebensmittelrationen und Lebensgrundlagen verwehrt wird (HRW 16.1.2025). Aufgrund der Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen ist das Internet unverzichtbar für den Zugang zu staatlichen Sozialprogram men, wie der Arbeitsgarantie durch den Mahatma Gandhi National Rural Employment Gua rantee Act (NREGA), dem öffentlichen Verteilungssystem im Rahmen des Food Security Act und für E-Government im ländlichen Raum. Seit Januar 2023 verlangt die Regierung von al len NREGA-Beschäftigten eine digitale Anwesenheitskontrolle. Zu diesem Zweck werden die 29
