2025-09-15-coi-cms-laenderinformationen-china-version-7-a024
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Staatsorganen versetzt werden. Leistungsfähigkeit und Transparenz des Justizsystems wer den durch die Kontrolle durch die KPCh über das Justizsystem beeinträchtigt. Der Mangel an richterlicher Unabhängigkeit wird zudem als Instrument zur Unterdrückung Andersdenkender eingesetzt (ÖB Peking 2024). Die KPCh beherrscht das Justizsystem, wobei die Gerichte auf allen Ebenen von parteipolitisch- juristischen Ausschüssen überwacht werden, die Einfluss auf die Ernennung von Richtern, die Arbeit der Gerichte sowie auf Urteile und Strafen haben. Die Aufsicht durch die KPCh ist in politisch heiklen Fällen offensichtlich, und die meisten Richter sind Mitglieder der KPCh. Von den Richtern wird erwartet, dass sie der Ideologie der KPCh entsprechen und den Grundsatz der Oberhoheit der Partei über die Justiz aufrechterhalten (FH 29.2.2024a). Die Richterernennung erfolgt auf Provinzebene durch Rechtskomitees, welchen hochrangige Partei-Funktionäre angehören und welche von einem KP-Inspektorat überwacht werden. Richter sind verpflichtet, über Einflussnahme seitens lokaler Politiker auf Verfahren Bericht zu erstatten. Es ist für Richter schwierig, zwischen „ Unabhängigkeit“ von lokalen politischen Einflüssen, und Loyalität zur KP-Linie (welche regelmäßig miteinander und mit einflussreichen Wirtschafts- und Privatinteressen verbunden sind) zu navigieren (ÖB Peking 2024). Viele Richter beschweren sich darüber, dass sich lokale Beamte in Fälle einmischen, um mächtige Prozessparteien zu schützen, wichtige Industrien zu unterstützen oder um ihre eigene mögliche Haftung zu ver meiden (FH 29.2.2024a).Diese fehlende Unabhängigkeit trägt dazu bei, dass immer weniger Juristen den Richterberuf ergreifen wollen (ÖB Peking 2024). Trotz der Vorschriften, wonach Verteidiger die Möglichkeit haben sollten, Verdächtige oder An geklagte zu treffen, haben die Anwälte oft keinen Zugang zu ihren Klienten vor dem Prozess (insbesondere in heiklen Fällen). Weiters haben sie nur begrenzte Zeit, um Beweise zu prüfen, und dürfen während des Prozesses nicht mit den Angeklagten sprechen. Ebenso wird Ange klagten häufig erst dann ein Anwalt zugewiesen, wenn der Fall vor Gericht kommt (USDOS 23.4.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.10.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik China (Stand: September 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/20814 20/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksr epublik_China_(Stand_September_2022),_26.10.2022.pdf, Zugriff 20.2.2023 [Login erforderlich] ■ FH - Freedom House (29.2.2024a): Freedom in the World 2024 - China, https://www.ecoi.net/de/do kument/2105013.html, Zugriff 10.6.2024 ■ lpb - Landeszentrale für politische Bildung - Baden Würtemberg - Infoportal östliches Europa (4.2024): Chinas Politisches System: Die Herrschaft der KPCh, https://www.lpb-bw.de/china-politisches-sys tem#c109017, Zugriff 10.6.2024 ■ ÖB Peking - Österreichische Botschaft Peking [Österreich] (2024): Asylbericht 2023: Volksrepublik China (Stand Juli 2024) ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107650.html, Zugriff 10.6.2024 18

6 Sicherheitsbehörden Letzte Änderung 2024-09-16 12:44 Sicherheitsbehörden sind das Ministerium für Staatssicherheit, das Ministerium für Öffentliche Sicherheit und die Bewaffnete Volkspolizei (BVP) der Volksbefreiungsarmee. Das Ministerium für Staatssicherheit soll vor Staatsfeinden, Spionen und konterrevolutionären Aktivitäten zur Sa botage oder dem Sturz des chinesischen sozialistischen Systems schützen. In die Zuständigkeit dieses Ministeriums fallen auch der Inlands- und Auslandsgeheimdienst (ÖB Peking 2024; CIA 6.6.2024). Das Ministerium für Öffentliche Sicherheit kontrolliert die zivile Nationalpolizei; ih re Hauptaufgabe ist die Strafverfolgung im Inland und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, einschließlich der Bekämpfung von Ausschreitungen und Terrorismus (CIA 6.6.2024). Darüber hinaus beschäftigen zahlreiche lokale Kader u. a. entlassene Militärangehörige in para militärischen Schlägertrupps. Diese Banden gehen häufig bei Zwangsaussiedlung im Zuge von Immobilienspekulation durchaus auch im Zusammenspiel mit der BVP gegen Zivilisten vor. Die Zuständigkeiten des Ministeriums für Öffentliche Sicherheit sind die innere Sicherheit, Wirtschaft und Kommunikationssicherheit, neben der Verantwortung für Polizeieinsätze und Gefängnisver waltung. Die Organisationseinheit auf niedrigster Ebene sind die lokalen Polizeikommissariate, die für den alltäglichen Umgang mit der Bevölkerung verantwortlich sind und die Aufgaben von Polizeistationen erfüllen. Es besteht ein enges Netz an lokalen Partei-Büros welche mittels frei williger „ Blockwarte“ die Bewegungen der Bewohner einzelner Viertel überwachen und mit der Polizei zusammenarbeiten (ÖB Peking 2024). Quellen ■ CIA - Central Intelligence Agency [USA] (6.6.2024): CIA - Central Intelligence Agency, https://www. cia.gov/the-world-factbook/countries/china/#military-and-security , Zugriff 10.6.2024 ■ ÖB Peking - Österreichische Botschaft Peking [Österreich] (2024): Asylbericht 2023: Volksrepublik China (Stand Juli 2024) 7 Folter und unmenschliche Behandlung Letzte Änderung 2024-11-28 10:41 China ratifizierte bereits 1988 die UN-Konvention gegen Folter (AA 26.10.2022; vgl.ÖB Peking 2024). Das Gesetz verbietet körperliche Misshandlungen und Herabwürdigungen von Häftlingen, wie auch das Erzwingen von Geständnissen (USDOS 23.4.2024). Das revidierte Strafverfah rensrecht verbietet die Verwendung von Geständnissen und Zeugenaussagen, die unter Folter oder anderweitig mit illegalen Mitteln zustande gekommen sind, sowie sonstiger illegal erlangter Beweismittel (Art. 54) im Strafprozess. Trotzdem soll Folter in der Untersuchungshaft häufiger vorkommen als in regulären Gefängnissen. Folter zur Erzwingung eines Geständnisses oder zu anderen Zwecken wird in schweren Fällen mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe, in beson ders schweren Fällen mit bis zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe oder Todesstrafe geahndet (AA 26.10.2022). 19

In den letzten Jahren wurden außerdem einige Verordnungen erlassen, die formell für Tatver dächtige im Ermittlungsverfahren einen besseren Schutz vor Folter bieten sollen. Ein großes Problem bleibt jedoch die mangelnde Umsetzung dieser Rechtsinstrumente. Die Sicherheits behörden genießen weiterhin auch aufgrund des Mangels an Kontrolle und Transparenz einen großen Handlungsspielraum (ÖB Peking 2024). Es gibt glaubwürdige Berichte, dass die Behör den das Folterverbot routinemäßig ignorieren, insbesondere in politisch sensiblen Fällen (US DOS 23.4.2024). Der Vorwurf der Folter im Gewahrsam ist weit verbreitet (DFAT 22.12.2021). Für die Polizei stellt Straflosigkeit im Falle von Brutalität und bei verdächtigen Todesfällen in Gewahrsam die Norm dar (FH 29.2.2024a). Die chinesische Führung erklärte 2014 das Ziel, die Rechtsstaatlichkeit zu verbessern und Folter, Misshandlungen und Missstände in der Justiz zu verhindern. Gleichzeitig wird radikal gegen unabhängige Rechtsanwälte, Menschenrechtsverteidiger, und Medien vorgegangen, sodass das Ziel einer Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit infrage gestellt wird. Neben politischen Absichtserklärungen und einigen wenigen „ Vorzeigefällen“, in denen einzelne Polizisten nach tödlicher Folter (und öffentlicher Empörung) entlassen werden, ist jedoch nicht bekannt, dass strukturelle Maßnahmen getroffen werden, um das Risiko von Folter und Misshandlungen zu vermindern (ÖB Peking 2024). Soweit die chinesische Regierung und die staatlich gelenkte Presse Folterfälle einräumen, stellen sie diese als vereinzelte Übergriffe „ unterer Amtsträger“ dar, gegen die man energisch vorgehe (AA 26.10.2022). Bürger und Anwälte, die Wiedergutmachung für Misshandlungen einfordern, werden oft mit Repressalien oder mit Gefängnisstrafen belegt (FH 29.2.2024a). Neben der Anwendung zur Erlangung von Geständnissen werden Folter und andere Formen der Nötigung häufig eingesetzt, um politische und religiöse Dissidenten zu zwingen, ihre Über zeugungen zu widerrufen (FH 29.2.2024a). Die medizinische Versorgung wird insbesondere Menschenrechtsverteidiger in Haft bewusst verweigert (ÖB Peking 12.2021). Die Unterdrückung Andersdenkender im Ausland löste nach wie vor Besorgnis aus, auch der von den staatlichen Stellen Chinas auf andere Länder ausgeübte Druck, chinesische Staats angehörige zwangsweise in ihr Heimatland zurückzuführen, wo ihnen willkürliche Inhaftierung, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen drohen (AI 24.4.2024). Angehörige der ethnischen Minderheit der Uiguren berichten von systematischer Folter und anderer erniedrigender Behandlung durch im Strafvollzug und in den Internierungslagern be schäftigte Beamte (USDOS 23.4.2024; vgl. DFAT 22.12.2021). Einige Aktivisten und Organisa tionen beschuldigen die Regierung, gewaltsam Organe politischer Gefangener zu entnehmen, darunter auch von religiösen und spirituellen Anhängern wie Falun Gong-Praktizierenden und muslimischen Gefangenen in Xinjiang (USDOS 23.4.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.10.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik China (Stand: September 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/20814 20/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksr epublik_China_(Stand_September_2022),_26.10.2022.pdf, Zugriff 20.2.2023 [Login erforderlich] 20

■ AI - Amnesty International (24.4.2024): Amnesty International Report 2023/24; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; China 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107862.html , Zugriff 10.6.2024 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.12.2021): DFAT Country Information Report People’s Republic of China, https://www.ecoi.net/en/file/local/2067346/country-information-r eport-china-22122021.pdf, Zugriff 15.2.2023 ■ FH - Freedom House (29.2.2024a): Freedom in the World 2024 - China, https://www.ecoi.net/de/do kument/2105013.html, Zugriff 10.6.2024 ■ ÖB Peking - Österreichische Botschaft Peking [Österreich] (2024): Asylbericht 2023: Volksrepublik China (Stand Juli 2024) ■ ÖB Peking - Österreichische Botschaft Peking [Österreich] (12.2021): Asylbericht 2021: Volksrepublik China (Stand: Dezember 2021) ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107650.html, Zugriff 10.6.2024 8 Korruption Letzte Änderung 2024-11-28 10:41 Die Regierung nimmt Korruption als Bedrohung ihrer Legitimität ernst (DFAT 22.12.2021) und propagiert seit der Machtübernahme von Präsident XI Jinping einen harten, nahezu vollständig außerhalb rechtsstaatlicher Verfahren abgewickelten Anti-Korruptionskampf (ÖB Peking 2024), wobei das harte Vorgehen innerhalb von fünf Jahren zur Verhaftung von mehr als 1.800 Beamten führte, darunter sehr hochrangige politische Persönlichkeiten. Die Strafen für Korruption können in schweren und aufsehenerregenden Fällen bis zum Todesurteil führen (DFAT 22.12.2021). Während der streng kontrollierte staatliche Medienapparat einige bemerkenswerte Korrupti onsermittlungen publik machte, wurden im Allgemeinen nur sehr wenige Einzelheiten über das Verfahren veröffentlicht, mit dem gegen KPCh- und Regierungsbeamte wegen Korruption er mittelt wurde. Beobachter berichten allerdings, dass Korruptionsvorwürfe oft ein Vorwand sind, um politische Rivalen aus dem Weg zu räumen (USDOS 23.4.2024). Über eine Million Beamte wurden nach offiziellen Angaben bisher untersucht und bestraft, darunter hochrangige Staats-, Partei- und Militärbeamte (FH 29.2.2024a). Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, und die Regierung setzt ihre Anti-Korruptions- und Disziplinierungskampagne fort, setzt das Gesetz jedoch nicht konsequent oder transparent um. Korruption ist weiterhin weit verbreitet. Viele Korruptionsfälle betreffen von der Regierung stark regulierte Bereiche wie Landnutzungsrechte, Immobilien, Bergbau und Infrastrukturentwicklung, die anfällig für Betrug, Bestechung und Schmiergelder sind (USDOS 23.4.2024). Für die Korruptionsbekämpfung ist die „ National Supervisory Commission“ (NSC, Nationalen Kontrollkommission) zuständig, die 2018 durch die Zusammenlegung bestehender staatlicher und parteiinterner Stellen eingerichtet wurde und auch für die Durchsetzung politischer und ideologischer Disziplin zuständig ist (FH 29.2.2024a; vgl.USDOS 23.4.2024). Die Untersuchungen der Nationalen Kontrollkommission können sich gegen jeden öffentlichen Angestellten, alle Personen, die öffentliche Aufgaben innehaben, wie Ärzte, Wissenschafter und Angestellte von Firmen in staatlichem Besitz sowie auch gegen Personen, die mit diesen in Verbindung stehen, richten (USDOS 23.4.2024). 21

Die Behandlung und Misshandlung von Häftlingen im Rahmen des Liuzhi-Haft-Systems, das außerhalb des Justizsystems als legales Instrument der Regierung und der KPCh zur Un tersuchung von Korruption und anderen Vergehen von Beamten diente, war Presseberichten zufolge durch ausgedehnte Einzelhaft, Schlafentzug, Schläge und erzwungenes Stehen oder Sitzen in unbequemen Positionen über Stunden und manchmal Tage gekennzeichnet (USDOS 23.4.2024). Auch sollen Richter mit den außergerichtlichen KP-Organen bei der „ Beschaffung“ von Geständnissen zusammengearbeitet haben (ÖB Peking 2024). China scheint im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International für das Jahr 2023 auf dem 76. Rang von 180 Staaten auf (TI 1.7.2024). 2022 befand sich China in der Reihung auf dem 65. Rang von 180 Staaten (TI 2023). Quellen ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.12.2021): DFAT Country Information Report People’s Republic of China, https://www.ecoi.net/en/file/local/2067346/country-information-r eport-china-22122021.pdf, Zugriff 15.2.2023 ■ FH - Freedom House (29.2.2024a): Freedom in the World 2024 - China, https://www.ecoi.net/de/do kument/2105013.html, Zugriff 10.6.2024 ■ ÖB Peking - Österreichische Botschaft Peking [Österreich] (2024): Asylbericht 2023: Volksrepublik China (Stand Juli 2024) ■ TI - Transparency International (1.7.2024): 2023 Corruption Perceptions Index: Explore the results, https://www.transparency.org/en/cpi/2023, Zugriff 1.7.2024 ■ TI - Transparency International (2023): Corruption Perceptions Index 2022, https://images.transpa rencycdn.org/images/Report_CPI2022_English.pdf, Zugriff 1.7.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107650.html, Zugriff 10.6.2024 9 NGOs und Menschenrechtsaktivisten Letzte Änderung 2024-09-17 16:11 Unabhängige Menschenrechtsinstitutionen gibt es in China nicht. Die bestehenden strengen Regeln für NGOs machen deren Registrierung de facto unmöglich (AA 26.10.2022). Insbeson dere nach 2016 wurde NGOs, die sich für den Schutz und die Förderung von Rechten einsetzen, häufig die Registrierung verweigert (BS 2.7.2024). Die Rolle der Zivilgesellschaft wird von der KPCh nur in kleinteiliger Organisationsform bzw. in Bereichen wie Umwelt und Wohlfahrt zugelassen, wenn kein sozialer Aktivismus in Form von öffentlicher Kritik an Behörden, KPCh oder Politikern geübt wird (ÖB Peking 2024). In China gibt es NGOs und staatlich organisierte und finanzierte Nichtregierungsorganisatio nen (GONGOs). Diese sollen Fachwissen und Finanzmittel erhalten, die für die Regierung schwer zugänglich sind. Die Zahl der NGOs hat in den letzten zwei Jahrzehnten dramatisch zugenommen. Die meisten Organisationen sind in Bereichen wie Bildung, Armutsbekämpfung, Gemeindeentwicklung, Umwelt und Gesundheitswesen tätig und bieten Dienstleistungen wie Rechtshilfe und Verbraucherschutz an (BS 2.7.2024). 22

Grundsätzlich versucht die Regierung, die Kontrolle über zivilgesellschaftliche Gruppen aufrecht zuerhalten, das Entstehen unabhängiger NGOs zu verhindern und die Aktivitäten der Zivilgesell schaft und von Menschenrechtsgruppen zu behindern. In diesem Zusammenhang schikaniert sie häufig inländische NGOs und erlaubt ihnen in vielen Fällen nicht, die Menschenrechtslage offen zu beobachten oder zu kommentieren. Die Regierung äußert ihr Misstrauen gegenüber unabhängigen Organisationen und nimmt NGOs mit finanziellen oder sonstigen Verbindungen ins Ausland genau unter die Lupe. Weiters unterstellt sie alle inländischen NGOs ihrer direkten Kontrolle und schränkt damit den Raum für die Existenz unabhängiger NGOs ein. Die meisten großen NGOs sind quasi-staatlich, und alle offiziellen NGOs müssen von einer Regierungsbe hörde unterstützt werden (USDOS 23.4.2024). Im Laufe des Jahres 2023 wurden zahlreiche im Menschenrechtsbereich aktive Anwälte, Wis senschaftler, Journalisten, politisch engagierte Bürger und Mitarbeiter nicht staatlicher Organi sationen aufgrund von vage definierten Anschuldigungen im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit strafrechtlich verfolgt (AI 24.4.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.10.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik China (Stand: September 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/20814 20/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksr epublik_China_(Stand_September_2022),_26.10.2022.pdf, Zugriff 20.2.2023 [Login erforderlich] ■ AI - Amnesty International (24.4.2024): Amnesty International Report 2023/24; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; China 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107862.html , Zugriff 10.6.2024 ■ BS - Bertelsmann Stiftung (2.7.2024): BTI 2024 China Country Report, https://bti-project.org/en/re ports/country-report/CHN, Zugriff 2.7.2024 ■ ÖB Peking - Österreichische Botschaft Peking [Österreich] (2024): Asylbericht 2023: Volksrepublik China (Stand Juli 2024) ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107650.html, Zugriff 10.6.2024 10 Wehrdienst: Rekrutierungen, Wehrdienstverweigerung, Desertion Letzte Änderung 2024-09-19 09:25 Die Zentrale Militärkommission (ZMK) leitet die Streitkräfte des Landes. Gemäß dem Gesetz zur Landesverteidigung von 1997 unterstehen die Streitkräfte der KPCh. Vorsitzender der ZMK ist Generalsekretär der KPCh und Staatspräsident XI Jinping (ÖB Peking 2024). Die „ Volksbefreiungsarmee“ ist zwar formal eine Wehrpflichtigen-Armee, sie verfügt jedoch über eine ausreichende Zahl an Freiwilligen. Von Zwangsrekrutierungen über verpflichtende Wehrübungen in Bildungsanstalten hinaus ist nichts bekannt. Der aktive Wehrdienst beträgt für wehrpflichtige Männer und Frauen, die jeweils das 18. Lebenjahr vollendet haben, grundsätzlich zwei Jahre (AA 26.10.2022). Laut CIA-World-Factbook unterliegen Männer im Alter von 18-22 Jahre der Wehrpflicht, mit einer zweijährigen Dienstverpflichtung; Frauen im Alter von 18-19 Jahren unterliegen ebenfalls der Wehrpflicht, sofern sie einen Schulabschluss haben und die Anforderungen für bestimmte militärische Berufe erfüllen (CIA 6.6.2024). Diejenigen, die nicht 23

im Alter von 18 Jahren zum aktiven Wehrdienst einberufen werden, können noch vor dem 22. Lebensjahr einberufen werden. Das Eintrittsalter kann für Absolventen regulärer Hochschulen auf 24 Jahre und für Postgraduierte auf 26 Jahre gehoben werden. Um den Bedarf der Streitkräf te zu decken, können weibliche Staatsangehörige zum aktiven Wehrdienst einberufen werden (CLP o.D.). Fahnenflucht wird gemäß dem Strafgesetz je nach Schwere der Tat mit mehrjährigen Freiheits strafen (drei Jahre bis lebenslänglich) geahndet. In besonders schweren Fällen kann auch die Todesstrafe verhängt werden. Die Disziplin in den Streitkräften ist allerdings als sehr hoch zu bezeichnen (AA 26.10.2022). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.10.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik China (Stand: September 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/20814 20/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksr epublik_China_(Stand_September_2022),_26.10.2022.pdf, Zugriff 20.2.2023 [Login erforderlich] ■ CIA - Central Intelligence Agency [USA] (6.6.2024): CIA - Central Intelligence Agency, https://www. cia.gov/the-world-factbook/countries/china/#military-and-security , Zugriff 10.6.2024 ■ CLP - China Laws Portal (o.D.): Military Service Law of China (2021) xn–f6qp55afnk - China Laws Portal - CJO, https://www.chinajusticeobserver.com/law/x/military-service-law-of-china-20210820 , Zugriff 2.7.2024 ■ ÖB Peking - Österreichische Botschaft Peking [Österreich] (2024): Asylbericht 2023: Volksrepublik China (Stand Juli 2024) 11 Allgemeine Menschenrechtslage Letzte Änderung 2024-11-28 10:41 Im März 2004 wurde der Schutz der Menschenrechte in der Verfassung als „ Grundprinzip“ verankert. Die Anpassung der Gesetze an die neue Verfassungsbestimmung verläuft jedoch schleppend. 1998 hat China den VN-Pakt über zivile und politische Rechte unterzeichnet, die sen jedoch bisher nicht ratifiziert (ÖB Peking 2024). Menschenrechte gelten im ideologischen System des Sozialismus chinesischer Prägung nicht als universale Individualrechte und Frei heitsansprüche gegen Staatswillkür und Behördenunrecht, sondern sie werden vielmehr einem vage formulierten Konzept verordneter kollektiver Wohlfahrt und Sicherheit untergeordnet. Dies führt zu einer absoluten Priorisierung wirtschaftlicher und sozialer vor bürgerlichen und politi schen Rechten (AA 26.10.2022). Die Menschenrechtslage in China hat sich seit dem Amtsantritt Xi Jinpings 2012/13 kontinuierlich verschlechtert (AA 26.10.2022). Die chinesische Führung geht vor allem gegen regierungskriti sche Blogger, Kunstschaffende, Bürgerrechtsaktivisten, Menschenrechtsanwälte, Militärgegner und Mitglieder nicht anerkannter Religionsgemeinschaften sowie generell gegen all jene Men schen, die als Bedrohung für das System empfunden werden, weiterhin hart vor (AA 26.10.2022). Chinas autoritäres Regime ist in den letzten Jahren zunehmend repressiver geworden. Die regierende Kommunistische Partei Chinas (KPCh) übt eine strenge Kontrolle über alle Aspekte des Lebens und des Regierens aus, einschließlich der staatlichen Bürokratie, der Medien, der 24

Online-Sprache, der religiösen Praxis, der Universitäten, der Unternehmen und der Zivilgesell schaft. KPCh-Generalsekretär Xi Jinping hat seine persönliche Macht in einem Maße gefestigt, wie es in China seit Jahrzehnten nicht mehr der Fall war. Nach einem mehrjährigen harten Vor gehen gegen politisch Andersdenkende, unabhängige NGOs und Menschenrechtsverteidiger wurde die chinesische Zivilgesellschaft weitgehend dezimiert (FH 29.2.2024a). Im Jahr 2023 kam es in China zu Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an überwiegend muslimischen Uiguren und Angehörigen anderer ethnischer und religiöser Minder heitengruppen in Xinjiang. Zu den bedeutenden Menschenrechtsproblemen gehören glaubwür dige Berichte über: willkürliche oder rechtswidrige Tötungen durch die Regierung; erzwungenes Verschwindenlassen durch die Regierung; Folter durch die Regierung; willkürliche Verhaftun gen und Inhaftierungen durch die Regierung, darunter seit 2017 mehr als eine Million Uiguren und Angehörige anderer überwiegend muslimischer Minderheitengruppen in außergerichtlichen Internierungslagern und Gefängnissen; das Fehlen einer unabhängigen Justiz und die Kontrolle der Kommunistischen Partei über das Justiz- und Rechtssystem; politische Gefangene; willkürli che Eingriffe in die Privatsphäre, einschließlich allgegenwärtiger technischer Überwachung und Kontrolle; schwerwiegende Einschränkungen der Meinungs- und Medienfreiheit, schwerwiegen de Einschränkungen der Internetfreiheit, erhebliche Eingriffe in die friedliche Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Einschränkungen der Religionsfreiheit, Einschränkungen der Freizügigkeit und der Aufenthaltsfreiheit, schwerwiegende und unangemessene Einschränkungen der politi schen Partizipation, Gewaltverbrechen gegen Angehörige nationaler, rassischer und ethnischer Minderheiten, einschließlich der Uiguren, und einige der schlimmsten Formen von Kinderarbeit (USDOS 23.4.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.10.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik China (Stand: September 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/20814 20/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksr epublik_China_(Stand_September_2022),_26.10.2022.pdf, Zugriff 20.2.2023 [Login erforderlich] ■ FH - Freedom House (29.2.2024a): Freedom in the World 2024 - China, https://www.ecoi.net/de/do kument/2105013.html, Zugriff 10.6.2024 ■ ÖB Peking - Österreichische Botschaft Peking [Österreich] (2024): Asylbericht 2023: Volksrepublik China (Stand Juli 2024) ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107650.html, Zugriff 10.6.2024 12 Meinungs- und Pressefreiheit Letzte Änderung 2024-11-28 10:41 Pressefreiheit Die Verfassung (Art. 35) gewährt das Recht auf Freiheit der Presse (AA 26.10.2022; vgl. BS 2.7.2024). Die Regierung verstößt jedoch gegen dieses Recht (BS 2.7.2024). Es ist durch Individuen nicht einklagbar und wird in der Praxis stark eingeschränkt (AA 26.10.2022). 25

Somit gehört China laut der NGO „ Reporter ohne Grenzen“ zu den Ländern mit den stärksten Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit (AA 26.10.2022). Es nimmt dort den 175. Platz von 180 Ländern ein (RSF 2024). China hat eines der restriktivsten Medienumfelder der Welt und das ausgefeilteste Zensursys tem, insbesondere im Internet (FH 29.2.2024a). Die meisten Fernseh-, Radio- und Printmedien werden von staatlichen Organen kontrolliert und/oder sind in deren Besitz (BS 2.7.2024; vgl. FH 29.2.2024a). Sämtliche Medien, von Print bis hin zu online Spielen, werden von den Behörden rigoros zensiert (ÖB Peking 2024). Nur Journalisten mit einer offiziellen Akkreditierung der Regierung dürfen Nachrichten in gedruckter Form oder online veröffentlichen. Die KPCh überwacht ständig alle Formen der journalistischen Veröffentlichungen, einschließlich gedruckter Nachrichten, Fern sehberichte, Online-Nachrichten und Livestreaming. Journalisten und Redakteure zensieren sich selbst, um innerhalb der von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) vorgegebenen Grenzen zu bleiben. Bei Überschreitung dieser Grenzen drohen ernsthafte Strafen, wobei diese Grenzen oft vage sind, nach Ermessen geändert und auch rückwirkend durchgesetzt werden können (USDOS 23.4.2024). Ausländische wie auch inländische Journalisten, Blogger und Intellektuelle werden - zusehends unter Einsatz moderner Technologie, wie z. B. Drohnen - genauestens überwacht. Drohungen und Belästigungen von Journalisten sind äußerst häufig (ÖB Peking 2024). Als Sprachrohr von Partei und Staat bleibt es Hauptaufgabe der Medien, die „ Einheit von Volk, Staat und Partei“ und die politischen Ziele der Staatsführung zu propagieren. Politische Inhalte, die für den Erhalt des Systems und der Herrschaft zentral sind, unterstehen einer strengen staatlichen Kontrolle. Verstöße gegen die Regeln werden teilweise empfindlich bestraft, etwa mit Verlust des Arbeitsplatzes oder Inhaftierung (AA 26.10.2022). Offiziell haben nur staatlich geführte Medienkanäle die Genehmigung der Regierung, über Füh rungspersonen der Kommunistischen Partei (KPCh) oder andere als „ sensibel“ erachtete The men zu berichten. Zwar schreiben die KPCh und die Regierung nicht alle zu veröffentlichenden Inhalte vor, doch haben sie die uneingeschränkte Befugnis anzuordnen, wann und wie über bestimmte Themen berichtet wird, oder nicht berichtet wird. Das Propaganda-Ministerium der Regierung gibt tägliche Anleitungen heraus, welche Themen in allen Medien veröffentlicht wer den sollen und wie darüber zu berichten ist. Chinesische Reporter, die für private Medienun ternehmen arbeiten, bestätigen, dass sie zunehmend unter Druck gesetzt werden, sich an die Anforderungen der Regierung hinsichtlich der Auswahl und des Inhalts von Artikeln zu halten (USDOS 23.4.2024). Bürgerjournalisten [„ citizen journalists“, Blogger] sehen sich mit einem schwierigen Klima kon frontiert, da die Behörden versuchen, die über soziale Medien veröffentlichten Inhalte zu kon trollieren. Dabei handelt es sich in der Regel um Blogs, die unabhängig in sozialen Medien betrieben wurden, ohne offizielle Unterstützung durch etablierte Medien. Nicht akkreditierte Re porter müssen mit rechtlichen Konsequenzen oder sogar strafrechtlichen Anklagen rechnen (USDOS 23.4.2024). 26

Ausländische Fernsehsender werden bei China betreffenden Meldungen sensiblen Inhalts in der Regel abgeschaltet, Internetseiten und Social Media Dienste wie Facebook, Twitter, Instagram und YouTube sind dauerhaft gesperrt, Inhalte mit sensiblen Schlüsselwörtern werden blockiert (ÖB Peking 2024). Internet Die Regierung kontrolliert und zensiert die Internetnutzung im Inland streng und überwacht auch die private Online-Kommunikation. Gesetzlich ist es der Regierung erlaubt, „ Cybersicherheitsri siken und -bedrohungen, die aus dem Inland oder aus dem Ausland stammen, zu überwachen, abzuwehren und zu bewältigen“. Die Nutzung des Internets zur „ Schaffung oder Verbreitung falscher Informationen zur Störung der wirtschaftlichen oder sozialen Ordnung“ ist unter Strafe gestellt. Gesetzlich haben die Sicherheitsbehörden außerdem die Befugnis, bei „ größeren Si cherheitsvorfällen“ die Kommunikationsnetze in einer ganzen Region zu unterbrechen (USDOS 23.4.2024). Die staatliche Verwaltung der Telekommunikationsinfrastruktur ermöglicht die Sperrung von Websites, die Entfernung von Smartphone-Anwendungen vom heimischen Markt und die mas senhafte Löschung von Beiträgen und Benutzerkonten in sozialen Medien, die sich mit ver botenen Themen befassen. Tausende von Websites wurden gesperrt, viele davon seit Jahren, darunter wichtige Nachrichten- und Social-Media-Drehscheiben wie die New York Times, die British Broadcasting Corporation (BBC), YouTube, X und Facebook (FH 29.2.2024a). Meinungsfreiheit inklusive soziale Medien Laut Verfassung besteht das Recht auf Redefreiheit (AA 26.10.2022; vgl. BS 2.7.2024). Aller dings werden von der offiziellen politischen Linie abweichende Meinungsäußerungen, insbe sondere wenn sie die Führungsrolle der KP in Staat und Gesellschaft infrage stellen, mit allen Mitteln unterdrückt (ÖB Peking 2024). Die Möglichkeit von Bürgern zur offenen Meinungsäußerung im privaten Kreis und etwas ab gestuft in den sozialen Medien sind teilweise vorhanden und wird geduldet, ist aber immer mit unkalkulierbaren persönlichen Risiken verbunden. De facto unterliegt die Meinungsfreiheit nach wie vor strenger Reglementierung. Kritik an Partei und Regierung – v. a. bei Verbreitung über Flugblätter oder (elektronische) Medien – wird immer wieder als Gefährdung der Staatssicherheit verfolgt und drakonisch bestraft (AA 26.10.2022). Soziale Medien werden überwacht. Jede Diskussion in sozialen Medien ist für die Behörden sichtbar (DFAT 22.12.2021). Soziale Medien stehen besonders im Fokus der staatlichen Ein flussnahme. Kritische Beiträge oder Webseiten werden mit erheblichem personellem und tech nischem Aufwand zensiert bzw. gesperrt (AA 26.10.2022). Der Zugang zu Internetseiten und Social Media Diensten wie Facebook, Twitter, Instagram und YouTube ist dauerhaft blockiert (ÖB Peking 2024). Sowohl im Internet wie auch in der realen Welt unterliegen Diskussionen über eine Vielzahl von Themen einer drakonischen Zensur. 2023 hat die chinesische Aufsichtsbehörde für das 27
