2025-09-15-coi-cms-laenderinformationen-nigeria-version-13-4eb2
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Auch ein funktionierendes nationales polizeiliches Fahndungssystem existiert nicht (ÖB Abu ja 10.2024; vgl. AA 8.1.2025). Verschiedene staatliche nigerianische Behörden führen eigene Strafverfolgungsdatenbanken, die untereinander nicht adäquat vernetzt sind, um effektiv In formationen zwischen ihren Strafregisterdatenbanken auszutauschen (AA 8.1.2025). Daraus resultiert, dass eine Ausforschung einmal untergetauchter Personen kaum mehr möglich ist. Das Fehlen von Meldeämtern und bundesweiten polizeilichen Fahndungsbehörden ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung unterzutauchen (ÖB Abuja 10.2024). Im Sheriffs and Civil Process Act Chapter 407, Laws of the Federation of Nigeria 1990 sind Ladungen vor Gericht geregelt. Der Sheriff oder von ihm bestellte Gerichtsvollzieher (Bailiffs) müssen die Ladungen in ganz Nigeria persönlich zustellen (ÖB Abuja 10.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (8.1.2025): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Nigeria (Stand: September 2024), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nodes/30496494, Zugriff 23.5.2025 [Login erforderlich] ■ ÖB Abuja - Österreichische Botschaft Abuja [Österreich] (10.2024): Asylländerbericht Nigeria Oktober 2024, https://www.ecoi.net/en/file/local/2116558/NIGR_ÖB-Bericht_2024_10.docx , Zugriff 24.10.2024 [Login erforderlich] 20 IDPs und Flüchtlinge Letzte Änderung 2025-08-08 07:18 In Nigeria lebten mit Stand 1.5.2025 rund 3.680.000 IDPs [Anm. Intern Vertriebene] (UNHCR 1.5.2025). Im Jahr 2024 wurden schätzungsweise 295.000 Binnenvertriebene im Zusammen hang mit Konflikten und Gewalt gemeldet. Wie in den letzten Jahren waren die nordwestlichen Bundesstaaten Katsina, Sokoto und Zamfara Schauplatz krimineller Gewalt im Zusammenhang mit Viehdiebstahl, Entführungen und Erpressung, die zu fast 123.000 Vertreibungen geführt ha ben. Konflikte und Gewalt in mehreren Bundesstaaten, darunter Borno, Katsina und Yobe, lösten 57.000 Vertreibungen aus, kommunale Gewalt in Benue 43.000. Vertreibungen aufgrund von Naturkatastrophen wurden in allen Bundesstaaten verzeichnet, alle infolge von Überschwem mungen, die sich teilweise mit Konflikten überschnitten (IDMC 14.5.2025). Der nordöstliche Bundesstaat Borno, wo rund 121.000 Menschen vertrieben wurden, war ein typisches Beispiel dafür und warf die Bemühungen um eine dauerhafte Lösung für Binnenver triebene zurück. Etwa die Hälfte der Vertreibungen ereignete sich in der Hauptstadt Maiduguri statt, nachdem heftige Regenfälle und strukturelle Schäden im September 2024 den Alau-Damm überflutet und etwa 40 Prozent der Stadt überschwemmt hatten. Einige Vertriebenenlager wa ren tagelang von der Außenwelt abgeschnitten, während in anderen neue Menschen ankamen, was zu Überbelegung und einer Verschärfung der Ernährungsunsicherheit sowie zu Problemen mit der Wasserversorgung und der sanitären Versorgung geführt hat. Die Überschwemmun gen ereigneten sich vor dem Hintergrund einer Initiative der Regierung, alle Vertriebenenlager in Borno bis Ende 2024 zu schließen. Bis Juni 2024 waren 17 Lager geschlossen worden, 66

einige mussten jedoch wieder geöffnet werden, um Menschen aufzunehmen, die vor den Über schwemmungen geflohen sind, was die Bereitstellung humanitärer Hilfe erleichterte. Selbst nach dem Rückgang der Fluten mussten einige Binnenvertriebene in den Lagern bleiben, da sie Schwierigkeiten hatten, ihre Lebensgrundlage wiederherzustellen - insbesondere diejenigen, die von der Landwirtschaft und informeller Arbeit lebten. Andere gaben an, dass die Unsicher heit ein Hindernis für den Zugang zu Märkten in ihren Herkunftsgebieten darstelle. Es wurde über eine Zunahme von Streitigkeiten um Wohnraum, Land und Eigentum berichtet, darunter Zwangsräumungen und Konflikte zwischen Gemeinschaften. Die Auswirkungen der Katastro phe behinderten auch die Bemühungen der Binnenvertriebenen, ihre Situation nachhaltig zu verbessern (IDMC 14.5.2025). Die Ereignisse in Borno im Jahr 2024 zeigen, wie die sich überschneidenden Auswirkungen von Konflikten und Katastrophen den Fortschritt bei der Lösung von Vertreibungen behindern können. Um diese Herausforderungen anzugehen, hat die Landesregierung die Strategie des Bundesstaates Borno für dauerhafte Lösungen für Binnenvertreibungen für den Zeitraum 2025- 2027 verabschiedet, in der die wichtigsten Prioritäten und Maßnahmen zur Deckung der kurz- und langfristigen Bedürfnisse von Binnenvertriebenen und Aufnahmegemeinden dargelegt sind (IDMC 14.5.2025). Berichten zufolge begehen Angehörige des Militärs schwere Menschenrechtsverletzungen in den Lagern von Binnenflüchtlingen. Dort kommt es immer wieder zu Vergewaltigungen, oder Soldaten erteilen den Bewohnern Freigang und Lebensmittelrationen nur gegen sexuelle Gegen leistungen. Die Regierung bestreitet dies, ohne die Fälle untersuchen zu lassen (AA 8.1.2025). Binnenvertriebene, insbesondere im Nordosten des Landes, sind mit schwerwiegenden Schutz problemen konfrontiert, darunter Terror- oder Bombenanschläge, fehlender Rechenschaftspflicht für humanitäre Hilfe und deren Verteilung, Drogenmissbrauch, Feindseligkeit, Unsicherheit und geschlechtsspezifische Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, sexueller Ausbeutung und Miss brauch. Die Sicherheitsbehörden nehmen weiterhin mutmaßliche Boko-Haram- und ISWAP (Islamic State West Africa Province) - Mitglieder in den Lagern für Binnenvertriebene und in den Aufnahmegemeinden fest und inhaftieren diese, manchmal willkürlich und ohne ausrei chende Beweise, und sie schränken den Zugang der Familien zu den Inhaftierten ein (USDOS 23.4.2024). Die Nationale Kommission für Flüchtlinge, Migranten und IDPs arbeitet bei der Unterstützung von Flüchtlingen und Asylsuchenden mit dem UNHCR und humanitären Organisationen zusammen (USDOS 23.4.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (8.1.2025): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Nigeria (Stand: September 2024), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nodes/30496494, Zugriff 23.5.2025 [Login erforderlich] ■ IDMC - Internal Displacement Monitoring Centre (14.5.2025): Country Profile Nigeria, https://www. internal-displacement.org/countries/nigeria, Zugriff 17.6.2025 ■ UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (1.5.2025): Operational Data Portal - Nigeria, https://data.unhcr.org/en/country/nga, Zugriff 17.6.2025 67

■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107771.html, Zugriff 3.6.2024 21 Grundversorgung Letzte Änderung 2025-08-08 07:20 Nigeria ist als bevölkerungsreichstes Land Afrikas (ÖB Abuja 10.2024; vgl. ABG 8.2024) mit offiziell 224 Millionen Einwohnern (geschätzt werden jedoch mehr als 230 Millionen) eine der größten Volkswirtschaften des Kontinents (ÖB Abuja 10.2024). Zwar hat es seinen Rang als größte Volkswirtschaft des Kontinents eingebüßt, wird aber auch weiterhin neben Südafrika und Ägypten zu den Top-Drei gehören. Trotz der zahlreichen Herausforderungen ist das Land ein vielversprechender Wirtschaftsstandort. Neben Öl und Gas spielen der Handel und vermehrt der Konsumgüterbereich eine Rolle. Alleine aufgrund seiner Bevölkerungsgröße ist Nigeria ein interessanter Verbrauchermarkt (ABG 8.2024) - die Vereinten Nationen gehen von einer Verdoppelung der Einwohnerzahl auf 400 Millionen bis zum Jahr 2050 aus (ABG 8.2024; vgl. ÖB Abuja 10.2024). Zwischen 2000 und 2014 verzeichnete die nigerianische Wirtschaft ein breit angelegtes und nachhaltiges Wachstum von durchschnittlich über sieben Prozent pro Jahr, das von günstigen globalen Bedingungen sowie makroökonomischen und strukturellen Reformen der ersten Stufe profitiert hat (WB 21.3.2024). Im Zeitraum 2015-2022 gingen die Wachstumsraten zurück und das Pro-Kopf-BIP flachte ab, was auf politische Fehlentscheidungen zurückzuführen war, die durch Schocks verstärkt wurden. Die Wirtschaft wurde auch durch externe Schocks wie die CO VID-19-Pandemie und höhere weltweite Lebensmittel- und Düngemittelpreise nach Russlands Einmarsch in der Ukraine sowie durch inländische Schocks wie die zerstörerische Demoneti sierungspolitik Anfang 2023 und die verheerenden Überschwemmungen im Oktober 2022 und September 2024 erschüttert (WB 10.4.2025). Nigerias Wirtschaft konnte im vierten Quartal 2024 das stärkste Wachstum seit drei Jahren verzeichnen. Laut Medienberichten, die sich auf das Nationale Statistikamt beziehen, ist dies insbesondere auf positive Tendenzen im Dienstleistungssektor zurückzuführen. Das Bruttoin landsprodukt Nigerias ist demnach im Jahresvergleich um 3,84 Prozent gestiegen und damit stärker als im dritten Quartal (3,46 Prozent), im zweiten Quartal (3,19 Prozent) und im ersten Quartal (2,98 Prozent). Der Dienstleistungssektor ist im vierten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 5,37 Prozent gewachsen. Das Wirtschaftswachstum für das ganze Kalenderjahr hat von 2,74 Prozent im Jahr 2023 auf 3,40 Prozent im Jahr 2024 zugelegt (BAMF 10.3.2025). Insgesamt ist Nigerias Wirtschaft 2024 um 3,4 Prozent gewachsen, für 2025 wird ein Wachstum von 4,1 Prozent prognostiziert. Im Februar 2025 wurde das größte Budget in Nigerias Geschichte verabschiedet. Viele makroökonomische Indikatoren zeigen nach zwei schwierigen Jahren eine leicht positive Tendenz. Die Ölproduktion soll von 1,34 mbpd [Anm.: million barrels per day] im Jahr 2024 auf durchschnittlich 1,5 mbpd steigen. Die Inflation ist nach Rekordwerten 2024 mit einer Lebensmittelinflation von über 40 Prozent wieder niedriger, wenn auch auf noch immer hohem Niveau. Die Währungsreserven sollen 2025 steigen, ebenso wie die Konsumausgaben und Investitionen (WKO 3.2025). 68

Nach einem Regierungswechsel [Anm.: Machtübernahme durch Präsident Tinubu] im Mai 2023 hat Nigeria mutige Reformen auf den Weg gebracht, um die makroökonomischen Voraussetzun gen für Stabilität und Wachstum wiederherzustellen. Die Benzinsubventionen wurden vollständig abgeschafft, der Wechselkurs vereinheitlicht und an den Markt angepasst, wodurch die Par allelmarktprämie entfiel und erhebliche fiskalische und gesamtwirtschaftliche Vorteile erzielt wurden. Die Zentralbank von Nigeria hat die Geldpolitik angemessen gestrafft, sich wieder auf ihr Preisstabilitätsmandat konzentriert und die Defizitfinanzierung eingestellt. Diese Maßnahmen tragen zwar dazu bei, dass die nigerianische Wirtschaft die Talsohle durchschritten hat, doch die Inflation bleibt hoch, sodass die Behörden ihren Kurs mit einer straffen Geldpolitik, Wechsel kursflexibilität und Haushaltsdisziplin unbedingt beibehalten müssen. Nach Jahren langsamen Wachstums und hoher Inflation sind Armut und Not nach wie vor groß. Um die ärmsten und wirtschaftlich am stärksten gefährdeten Haushalte zu unterstützen, hat die Regierung geziel te, befristete Geldtransfers eingeführt, die beschleunigt und ausgeweitet werden sollten (WB 10.4.2025). Die makroökonomischen Reformen schaffen, sofern sie nachhaltig sind, eine neue Grundlage für inklusives Wachstum und Armutsbekämpfung, erfordern jedoch auch tiefgreifende Strukturre formen. Die neue politische Ausrichtung Nigerias stärkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit, erhöht die Attraktivität des Landes für in- und ausländische Investitionen und hat begonnen, die schuldenbedingten fiskalischen Risiken zu verringern und den fiskalischen Spielraum wieder zu vergrößern. Die Beseitigung tief verwurzelter Hindernisse ist jedoch entscheidend für ein nachhaltigeres Wachstum in Nigeria. Dies erfordert den Abbau von Handelshemmnissen, die Erleichterung des Handels, die Verbesserung des Zugangs zu einer zuverlässigen Stromver sorgung und die Verbesserung des Geschäftsumfelds (WB 10.4.2025). Der Naira hat seit Juni 2023 rund 70 Prozent seines Wertes im Vergleich zum USD verloren. Das Floaten des Naira war zwar eine notwendige Maßnahme für längerfristiges Wirtschaftswachstum, trieb die Inflation aber noch mehr an. Für 2025 deuten einige Anzeichen darauf hin, dass sich die Währung stabilisiert. Der Wertverlust stellt Nigerianer aus allen Einkommensschichten vor Herausforderungen, importierte Produkte sind spürbar teurer geworden. Im Jänner(24,5 Prozent) und Februar 2025 (23,3 Prozent) war die Inflation erstmals wieder rückfläufig (Dezember 2024: 34,8 Prozent). Teils ist das auch darauf zurückzuführen, dass das Jahr 2024 nun als neues Basisjahr für die Berechnung herangezogen wird. Nach 34,6 Prozent im Jahr 2024 wird für 2025 eine Inflation von 17,9 Prozent prognostiziert (WKO 3.2025). Die nigerianische Regierung hat am 27.8.2024 unter Berufung auf eine Studie mehrerer inter nationaler Organisationen bekannt gegeben, dass mehr als 31,8 Mio. Nigerianer von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sind. Besonders Frauen und Kinder sind Medienberichten zu folge betroffen. Die Ergebnisse eines internationalen Berichts deuten auf einen starken Anstieg der Anzahl an Betroffenen hin. Nach Angaben des WFP waren zwischen Oktober und Dezem ber 2023 noch rd. 18,6 Mio. Nigerianer von akuter Ernährungsunsicherheit bedroht. U. a. durch Überfälle von Mitgliedern bewaffneter Gruppen sind demnach sesshafte Landwirte gezwungen worden, ihre Felder zu verlassen, was zu höheren Lebensmittelpreisen und einer steigenden 69

Inflation beigetragen hat. Nigeria ist mit der stärksten Lebenshaltungskostenkrise seit einer Generation konfrontiert (BAMF 2.9.2024b). Die Regierung hat wenig getan, um die Auswirkungen der 2023 eingeführten Wirtschaftsrefor men abzufedern. Diese Reformen, darunter die Abschaffung der Subventionierung des Kraft stoffverbrauchs und die Liberalisierung der Wechselkurse, trugen zu einer hohen Inflation bei und führten zur schlimmsten Lebenskostenkrise in Nigeria seit 30 Jahren. Im Februar 2024 nahm die Regierung ein Bargeldtransferprogramm zur Unterstützung von Familien wieder auf, nachdem es aufgrund von Unregelmäßigkeiten ausgesetzt worden war. Das Programm wurde im Oktober 2023 ins Leben gerufen und sollte letztlich 15 Millionen Familien zugutekommen, indem 25.000 Naira (USD 15) über einen Zeitraum von drei Monaten, von Oktober bis Dezember 2023, an jeden Begünstigten verteilt wurden. Bis Dezember 2023 hatten jedoch nur 1,7 Millionen Menschen davon profitiert (HRW 16.1.2025). Bei einer im Jahr 2024 durchgeführten Studie mittels Befragung eines repräsentativen Samples in drei Städten kamen folgende Ergebnisse heraus: 16 Prozent der Befragten (n = 608) schaffen es, ihre Familie ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen, während 27 Prozent der Befragten es gerade so schaffen, ihre Familie ausreichend zu versorgen. 49 Prozent der Befragten schaffen es kaum, ihre Familie ausreichend zu ernäh ren, während achtProzent ihre Familie nicht ausreichend ernähren können. NeunProzent der befragten Teilnehmer (n = 608) schaffen es, ihre Familie mit grundlegenden Konsumgütern wie Kleidung oder Schuhen zu versorgen, während 23 Prozent es gerade so schaffen, ihre Familie mit grundlegenden Konsumgütern zu versorgen. 51 Prozent schaffen es kaum, ihre Familie mit grundlegenden Konsumgütern zu versorgen, während 17 Prozent ihre Familie nicht mit grundlegenden Konsumgütern versorgen können. 68 Prozent der Teilnehmer (n = 608) haben immer Zugang zu sauberem Trinkwasser, während 20 Prozent manchmal Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Im Gegensatz dazu haben siebenProzent der Umfrageteilnehmer selten Zugang zu sauberem Trinkwasser, während fünfProzent nie Zugang zu sauberem Trinkwasser haben (BFA 1.2025). Trendentwicklungen in den Jahren 2023 und 2024 (diese werden nur angegeben, wenn ein signifikanter, also mehr als vier Prozentpunkte ausmachender Unterschied feststellbar ist): Der Anteil derjenigen, die sich die Lebensmittel für die Familie leisten können, ist von 21 Prozent im Jahr 2023 auf 16 Prozent im Jahr 2024 gesunken. Ein positiver Trend beim Zugang zu sauberem Trinkwasser ist im Vergleich zwischen 2023 und 2024 zu erkennen: 2023 hatten 60 Prozent immer Zugang zu sauberem Trinkwasser, während dies 2024 für 68 Prozent gilt. Eine Verschlechterung in Bezug auf die Fähigkeit, die Familie mit grundlegenden Verbrauchsgütern zu versorgen, ist zwischen 2023 und 2024 festzustellen: Während 2023 17 Prozent in der Lage waren, die Familie mit grundlegenden Verbrauchsgütern zu versorgen, ist dieser Anteil im Jahr 2024 auf neunProzent gesunken (BFA 1.2025). Stärken der nigerianischen Wirtschaft: Reiche Erdöl- und Gasvorkommen; relativ breit aufgestell te Industrie in Lagos; größter Verbrauchermarkt Afrikas mit mehr als 220 Millionen Einwohnern; 70

großer Pool an motivierten Arbeitskräften. Schwächen: schlechte Infrastruktur; Korruption und Vetternwirtschaft in der öffentlichen Verwaltung; hohe Standortkosten und steigende Sicher heitskosten; Großteil der Bevölkerung mit rückläufiger Kaufkraft (ABG 8.2024). Nigeria verfügt über weitreichende, jedoch nicht erschlossene Bodenschätze, weitläufige und fruchtbare Agrar flächen und ein günstiges Klima, eine vergleichsweise gut ausgebaute, jedoch unzureichend instandgehaltene Infrastruktur sowie einem Binnenmarkt von mehr als 200 Millionen Menschen und daher über deutlich bessere Entwicklungschancen als die meisten anderen Staaten West afrikas. Zudem wurden in den 1950er- und 1970er-Jahren riesige Öl- und Gasvorkommen im Land entdeckt (ÖB Abuja 10.2024). Gleichzeitig leidet Nigeria, ebenso wie andere ressourcenreiche Entwicklungsländer, unter dem sogenannten Erdöl-Fluch. Dieser hat in den letzten 40 Jahren zur Vernachlässigung vieler an derer Wirtschaftszweige geführt und die Importabhängigkeit des Landes in vielen Bereichen sehr groß werden lassen. Der Erdölsektor erwirtschaftet rund 80 Prozent der Exporteinnahmen und über 50 Prozent der Staatseinnahmen Nigerias. Aufgrund des Rückzugs vieler westlicher Ölunternehmen, schlechter Wartung und großer Verluste durch Öldiebstahl sank jedoch der Beitrag des Erdölsektors zum BIP immer weiter, zuletzt auf rund 5,5 Prozent. Die große Ab hängigkeit von Erdöl und Erdgas im Bereich des Exports und damit der Einnahme von Devisen war die grundlegende Ursache der nigerianischen Wirtschaftskrisen der Jahre 2016, 2017 und 2020. Paradoxerweise ist der Import von raffinierten Erdölprodukten trotz der großen Rohöl vorkommen einer der gewichtigsten Ausgabenposten Nigerias. Dies ist einerseits durch die mangelnde Funktionstüchtigkeit der vier großen staatlichen nigerianischen Raffinerien zu erklä ren, andererseits aber durch den Umstand, dass die Stromversorgung von Produktionsbetrieben und Infrastruktureinrichtungen sowie von wohlhabenderen Haushalten zum Großteil durch Die selgeneratoren erfolgt. Trotz der versprochenen Instandsetzungsarbeiten an den staatlichen Ölraffinerien sind diese nach wie vor alle außer Betrieb. Lange Zeit hoffte man auf eine Verbes serung der innerstaatlichen Versorgungslage durch die Inbetriebnahme der ersten in Privatbesitz der Dangote-Gruppe befindlichen Ölraffinerie, welche auch die größte Einstrangraffinerie der Welt ist. Sie ist nun nach Verzögerungen bei der Inbetriebnahme mit eingeschränkten Kapazi täten in Betrieb. Ihr Besitzer, der reichste Afrikaner, Aliko Dangote, beschuldigt den staatlichen Ölregulator NNPC, die Regierung sowie die großen Ölhändler des Landes regelmäßig, den Vollbetrieb absichtlich zu behindern (ÖB Abuja 10.2024). Neben dem geringen Wirtschaftswachstum und der hohen Inflation ist die Bevölkerung zudem mit steigenden Treibstoff- und Elektrizitätskosten (bei gleichzeitig sinkender Versorgung) kon frontiert. Die Verarmung des Großteils der nigerianischen Bevölkerung wird sich fortsetzen. Das Fehlen wirtschaftlicher Chancen bei gleichzeitig hohem Bevölkerungswachstum gilt als Haupt antrieb für Migration. Sozio-ökonomisch betrachtet gehören die Migranten eher zur wachsenden gebildeten unteren Mittelklasse und kommen oft aus Städten des Südens und Südwestens Ni gerias (vor allem aus dem Bundesstaat Edo). Dort gibt es seit Jahrzehnten eine hohe Mobilität landwirtschaftlicher Arbeitskräfte, Schmuggel- und Menschenhandelsnetzwerke, eine prekäre 71

Arbeitssituation und kaum Aussicht für Jugendliche, das angestrebte Lebensziel zu verwirkli chen. Sozio-kulturelle Zwänge sowie ein von sozialen Medien falsches kolportiertes Bild von Europa sind weitere Push-Faktoren (ÖB Abuja 10.2024). Nigeria ist im Bereich der Landwirtschaft keineswegs autark, sondern auf Importe, vor allem von Reis, angewiesen. Historisch war Lebensmittelknappheit in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent. In einzelnen Gebieten im äußersten Norden (Grenzraum zu Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation allerdings schwierig. Aufgrund der Wetterbedingungen, aber auch wegen der Vertriebenenbewegungen als Folge der Attacken durch Boko Haram und IS WAP (Islamic State West Africa Province), herrschen lang andauernde Hungerperioden in den nördlichen, insbesondere nordöstlichen Bundesstaaten (ÖB Abuja 10.2024). Obwohl Nigeria die größte Wirtschaft und Bevölkerung Afrikas hat, bietet es den meisten seiner Bürger nur begrenzte Möglichkeiten. Ein Nigerianer, der im Jahr 2020 geboren wurde, wird vor aussichtlich nur 36 Prozent so produktiv sein, wie er es sein könnte, wenn er uneingeschränkten Zugang zu Bildung und Gesundheit hätte - der siebentniedrigste Humankapitalindex der Welt. Die schwache Schaffung von Arbeitsplätzen und die schwachen unternehmerischen Aussichten erschweren die Aufnahme von 3,5 Millionen Nigerianern, die jedes Jahr ins Erwerbsleben eintre ten, in den Arbeitsmarkt, und viele Arbeitnehmer entscheiden sich auf der Suche nach besseren Möglichkeiten für die Auswanderung (WB 10.4.2025). Nach dem multidimensionalen Armuts index, der Indikatoren zu Bildung, Gesundheit, Lebensstandard und Arbeitslosigkeit umfasst, waren im Jahr 2018 63 Prozent der Bevölkerung als arm einzustufen (BS 2024). In Nigeria leben etwa 37 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze von zwei US-Dollar pro Tag, rund 133 Millionen Menschen gelten in Nigeria als multidimensional arm (ÖB Abuja 10.2024). Die Armutsquote hat im Jahr 2023 schätzungsweise 38,9 Prozent erreicht, wobei schätzungsweise 87 Millionen Nigerianer unterhalb der Armutsgrenze leben - die zweitgrößte Gruppe an armer Bevölkerung weltweit nach Indien (WB 10.4.2025). Der gesetzlich vorgesehene nigerianische Mindestlohn liegt bei 70.000 Naira (EUR 39). Die Anhebung erfolgte von vormals 30.000 Naira Anfang August 2024 und ist innerhalb der Re gionen umstritten und bisher auch nicht flächendeckend umgesetzt. Trotz der Anhebung ist es mit diesem Betrag in Anbetracht der Währungsentwertung, der Verringerung von Treibstoff- und Elektrizitätssubventionen, der Inflation und im Speziellen der Nahrungsmittelinflation kaum möglich auch nur die Grundbedürfnisse zu decken. Im landwirtschaftlichen sowie im privaten (Haushaltshilfen)Bereich und im Kleingewerbe sind nach wie vor viel kleinere monatliche Zah lungen der Regelfall. Im ländlichen Bereich arbeiten Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer zum Teil auch nur für Kost und Logis bzw. werden für Erntearbeit in Naturalien entlohnt (ÖB Abuja 10.2024). In Nigeria arbeitslos zu sein, sollte nicht mit dem europäischen Verständnis dieses Begriffs ver wechselt werden. Es gibt keine Arbeitslosenversicherung. Arbeitssuchende sind auf das soziale Netz ihrer Großfamilie angewiesen und wandern in drei- bis sechsmonatigen Abständen von Verwandten zu Verwandten auf der Suche nach Beschäftigung. „ Work“ wird mit sozial niedrig 72

eingestuften Tätigkeiten (Landwirtschaft, Haushalt) assoziiert und wird kaum angestrebt. Selb ständigkeit („ Business“), auch wenn es nur der Straßenverkauf („ Hawking“) von Trinkwasser ist, wird als erstrebenswerter erachtet. Anstellungen in Banken oder bei Behörden sind für viele das große Ziel. Eine für die Lebensmittelversorgung Nigerias so wichtige Tätigkeit in der Landwirt schaft ist aufgrund der schwierigen Sicherheitslage in vielen Teilen des Landes kontinuierlich rückläufig (ÖB Abuja 10.2024). Laut dem National Bureau of Statistics in Nigeria (NBS) betrug die Arbeitslosigkeit im 3. Quartal 2023 5,0 Prozent und 4,2 Prozent im 2. Quartal. Diese sehr niedrigen Zahlen sind auf eine Än derung der Methodik im August 2023 zurückzuführen, laut der jene Personen als erwerbstätig gelten, die innerhalb der letzten Woche zumindest eine Stunde einer bezahlten Arbeit nach gegangen sind. Zuvor betrug die statistische Arbeitslosenrate noch 33 Prozent (WKO 5.2024) [Anm.: Zahlen beim NBS überprüft - nicht als Quelle angegeben, da die Zahlen nur in der Goog le-Suche aufscheinen, die Website des NBS selbst aber einen Ladefehler aufwies.], wie die Statistik des nigerianischen National Bureau of Statistics für das vierte Quartal 2020 zeigte. Hin zukamen 2020 noch 22,8 Prozent Unterbeschäftigte. Demnach waren Ende 2020 56,1 Prozent der arbeitsfähigen nigerianischen Bevölkerung entweder arbeitslos oder unterbeschäftigt. Damit hatte sich 2020 die Arbeitslosigkeit laut offiziellen Daten innerhalb von fünf Jahren [Anm.: seit 2015] mehr als vervierfacht. - Zumindest jeder zweite erwerbsfähige nigerianische Bürger ist völlig ohne Arbeit oder unterbeschäftigt. Verschiedene Programme auf Ebene der Bundesstaa ten aber auch der Zentralregierung zielen auf die Steigerung der Jugendbeschäftigung ab. Die Effekte dieser Maßnahmen sind jedoch bisher zumeist bestenfalls temporär. Heute ist davon auszugehen, dass die Arbeitslosenzahl weiter gestiegen ist (ÖB Abuja 10.2024). Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige. Die Chancen, einen sicheren Ar beitsplatz im öffentlichen Dienst, staatsnahen Betrieben oder Banken zu finden, sind gering, au ßer man verfügt über eine europäische Ausbildung und über Beziehungen (ÖB Abuja 10.2024). Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerin nen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für „ peppersoup“, „ garri“ oder „ pounded yam“, für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundaus stattung für eine mobile Küche ist für einen relativ geringen Betrag erhältlich. Hauptsächlich im Norden ist auch der Verkauf von bestimmten Holzstäbchen zur Zahnhygiene eine Möglich keit, genügend Einkommen zu erlangen. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch „ mini-farming“ eine Möglichkeit, selbstständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entwe der das Sammeln der in Nigeria als „ bushmeat“ gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun „ grasscutter“ (Bisamratten-ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als „ bushmeat“ gezüchtet. Großfarmen bieten Tagessemina re zur Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Rascher Gewinn und gesicherte Abnahme des gezüchteten Nachwuchses sind gegeben. Schnecken und „ grasscutter“ finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbstständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten 73

erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden zehn Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖB Abuja 10.2021). Quellen ■ ABG - Africa Business Guide (8.2024): Länderprofil Wirtschaft in Nigeria, https://www.africa-busin ess-guide.de/de/maerkte/nigeria, Zugriff 9.1.2025 ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (10.3.2025): Briefing Notes KW 11, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2025/ briefingnotes-kw11-2025.pdf?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 27.6.2025 ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (2.9.2024b): Briefing Notes KW 36, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2024/ briefingnotes-kw36-2024.pdf?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 10.1.2025 ■ BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (1.2025): Socio-economic report Nigeria 2024 ■ BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Nigeria Country Report, https://bti-project.org/en/report s/country-report/NGA, Zugriff 3.6.2024 ■ HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/do kument/2120043.html, Zugriff 20.1.2025 ■ ÖB Abuja - Österreichische Botschaft Abuja [Österreich] (10.2024): Asylländerbericht Nigeria Oktober 2024, https://www.ecoi.net/en/file/local/2116558/NIGR_ÖB-Bericht_2024_10.docx , Zugriff 24.10.2024 [Login erforderlich] ■ ÖB Abuja - Österreichische Botschaft Abuja [Österreich] (10.2021): Asylländerbericht Nigeria Oktober 2021 ■ WB - Weltbank (10.4.2025): Nigeria - Overview, https://www.worldbank.org/en/country/nigeria/ove rview, Zugriff 17.6.2025 ■ WB - Weltbank (21.3.2024): Nigeria - Overview, https://www.worldbank.org/en/country/nigeria/ove rview, Zugriff 25.7.2024 ■ WKO - Wirtschaftskammer Österreich (3.2025): Nigeriea Wirtschaftsbericht, https://www.wko.at/wie n/aussenwirtschaft/nigeria-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 17.6.2025 ■ WKO - Wirtschaftskammer Österreich (5.2024): Wirtschaftsbericht Nigeria, https://www.wko.at/wie n/aussenwirtschaft/nigeria-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 25.7.2024 22 Medizinische Versorgung Letzte Änderung 2025-08-08 07:19 Nigeria verfügt über ein pluralistisches Gesundheitssystem, in dem die Gesundheitsfürsorge ge meinsam vom öffentlichen und privaten Sektor sowie durch moderne und traditionelle Systeme erbracht wird. Die Verwaltung des nationalen Gesundheitssystems ist dezentralisiert in einem dreistufigen System zwischen Bundes-, Landes- und Lokalregierungen (EUAA 4.2022). Die medizinische Versorgung in den Haupt- und größeren Städten in Nigeria sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor hat sich verbessert. So ist mittlerweile insbesondere für Privatzahler eine medizinische Versorgung für viele Krankheiten und Notfälle erhältlich. Trotzdem ist die Gesundheitsversorgung - vor allem auf dem Land - mangelhaft (AA 8.1.2025). Die Bundesre gierung gibt weniger für Gesundheit und Bildung aus als fast jedes andere Land der Welt (fünf Prozent - 1,33 Billionen Naira - des Staatshaushaltes für Gesundheit) (ÖB Abuja 10.2024). Im April 2025 haben Meldungen zu sowohl positiven Aspekten als auch Herausforderungen im nigerianischen Gesundheitswesen für Aufsehen gesorgt. Die folgende Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Medien haben berichtet, dass sich die Zahl der Personen in Nige ria, die mit HIV leben, auf über zwei Mio. beläuft. Besorgniserregend sei ferner, dass das Land 74

die weltweit höchste Zahl ungeimpfter Kinder aufweist. Andererseits seien seit Oktober 2023 rund 61,5 Mio. Nigerianerinnen und Nigerianer, insbesondere Kinder, gegen Malaria, Gelbfieber, HPV und andere Krankheiten geimpft worden. Der Gesundheitssektor wird demnach derzeit dadurch gestärkt, dass die Regierung landesweit 18 medizinische Fakultäten für 110 Mrd. Naira [Anm.: rd. 62. Mio EUR, Stand: 18.7.2025] saniert. Ferner seien im Jahr 2024 insgesamt 901 Primary Healthcare Centres (PHCs) revitalisiert worden und bis Ende 2025 sei die Moderni sierung von 2.700 weiteren geplant. Obgleich Medienberichten aus und über Nigeria mit einer gewissen Regelmäßigkeit Fortschritte und positive Entwicklungen im Gesundheitssystem, z. B. hinsichtlich erfolgreicher Impfkampagnen, Präventionsmaßnahmen und Therapiemöglichkei ten, zu entnehmen sind, gilt das öffentliche Gesundheitswesen als unterfinanziert und geprägt von zum Teil sehr begrenzter Infrastruktur. Auch besteht bzgl. medizinischer Versorgung ein Leistungsgefälle zwischen städtischen und ländlichen Gebieten (BAMF 19.5.2025). Obwohl die durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt gestiegen ist (53,6 Jahre laut Human Development Report 2023/24), hat die Verbesserung des Zugangs zu einer angemes senen Gesundheitsversorgung in Nigeria keine hohe Priorität. Aufgrund von Konflikten, Ter roranschlägen, sozioökonomischen Bedingungen, Unterernährung, Klimawandel, Zugang zu Wasser, sanitären Einrichtungen und Hygiene gibt es nach wie vor große Unterschiede im Ge sundheitszustand zwischen den Bundesstaaten und geopolitischen Zonen (ÖB Abuja 10.2024). Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser. Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor, die im öffentlichen Gesund heitssektor allerdings in der Regel unter europäischem Standard liegt. Der private Sektor bietet hingegen in einigen Krankenhäusern (z. B. in Abuja, Ibadan, Lagos) westlichen Medizinstandard (AA 8.1.2025). Wie die meisten afrikanischen Länder leidet auch Nigeria unter einem kritischen Mangel an Fach kräften beim Gesundheitspersonal (human resources for health - HRH). Obwohl das Land einen der größten Bestände an Gesundheitspersonal hat, ist die Dichte an Ärzten, Krankenschwestern und Hebammen unzureichend (1,95 pro 1.000). Nach Schätzungen der Weltbank kamen im Jahr 2018 etwa 0,4 Ärzte auf 1.000 Einwohner, während die Zahl der Krankenschwestern und Heb ammen im Jahr 2019 auf 1,5 pro 1.000 Einwohner geschätzt wurde. Weitere Herausforderungen im Bereich der Humanressourcen sind die ungleiche Verteilung des Gesundheitspersonals auf die Bundesstaaten, Finanzierungslücken und Abwanderung von qualifiziertem Gesundheitsper sonal in andere Länder (EUAA 4.2022). Bei einer im Jahr 2024 durchgeführten Studie mittels Befragung eines repräsentativen Samples in drei Städten kamen folgende Ergebnisse heraus: Was medizinische Grundversorgung, z. B. durch einen Hausarzt, betrifft, so haben 24 Pro zent der Befragten immer Zugang und können sich einen Besuch leisten, während 37 Prozent Zugang haben, sich diesen aber nicht leisten können. 37 Prozent haben keinen Zugang zur medizinischen Grundversorgung. ZweiProzent haben keine Antwort gegeben. 54 Prozent der Umfrageteilnehmer haben immer Zugang zu Medikamenten und Arzneimitteln und können sie 75
