2025-09-12-coi-cms-laenderinformationen-kosovo-version-5-6cc6
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
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Übersetzungen der Länderinformationen ins Englische Bei den von der Staatendokumentation bereitgestellten Übersetzungen der Länderinformationen ins Englische handelt es sich um Arbeitszusammenfassungen. Anderes als bei den automati schen Übersetzungen (siehe unten) werden diese einer eigenen Überprüfung unterzogen. Die Staatendokumentation ist bemüht, dass die jeweiligen deutsch- und englischsprachigen Versionen (so vorhanden) zum selben Zeitpunkt veröffentlicht werden. Jedoch kann es, aufgrund der umfangreichen Qualitätssicherung vorkommen, dass sich das Datum der Veröffentlichung der beiden Versionen geringfügig unterscheidet. Es sei darauf verwiesen, dass trotz eines möglichen geringfügig unterschiedlichen Veröffentlichungsdatums, der Inhalt der deutsch- und englischsprachigen Version derselbe ist. Automatische Übersetzungen Bei der automatischen Übersetzung handelt es sich um eine maschinelle Übersetzung einer Län derinformation mittels einer Übersetzungssoftware, in eine vom Nutzer festgelegte Zielsprache. Diese Übersetzung wird, da vom Nutzer direkt generiert, weder im Hinblick auf Grammatik und Rechtschreibung noch auf Sinnerhaltung kontrolliert und soll lediglich dazu dienen, einen Ein druck über den Inhalt des Originaldokuments bzw. der verwendenten Quellen zu erlangen. Die Staatendokumentation übernimmt keinerlei Gewähr für die Richtigkeit der maschinellen Über setzung. Sollte das Produkt vom Nutzer für eine weitere Verwendung herangezogen werden, insbesondere für eine behördliche Entscheidung, so wird dringend empfohlen die Übersetzung durch einen professionellen Übersetzer kontrollieren bzw. durchführen zu lassen. Qualitätssicherung der maschinellen Übersetzung von DeepL Die Übersetzung, welche nicht als „ automatische Übersetzung“ ausgewiesen wird, wurde von einer/einem professionellen Übersetzer/in qualitätsgesichert. Etwaige in der Übersetzung ent stehende Unstimmigkeiten oder Differenzen sind nicht bindend und haben keine rechtliche Wirkung für Compliance- oder Durchsetzungszwecke. Sollten Fragen zur Richtigkeit der quali tätsgesicherten Übersetzung entstehen, nehmen sie bitte Kontakt mit der Staatendokumentation des BFA unter BFA-Staatendokumentation@bmi.gv.at auf. III

Inhalt 1 Länderspezifische Anmerkungen 1 2 COVID-19 1 3 Politische Lage 1 4 Sicherheitslage 3 5 Rechtsschutz / Justizwesen 4 5.1 Der Kanun / Blutrache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 6 Sicherheitsbehörden 6 7 Folter und unmenschliche Behandlung 7 8 Korruption 8 9 NGOs und Menschenrechtsaktivisten 9 10 Ombudsperson 9 11 Wehrdienst und Rekrutierungen 10 12 Allgemeine Menschenrechtslage 11 13 Meinungs- und Pressefreiheit 11 14 Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition 13 15 Haftbedingungen 13 16 Todesstrafe 14 17 Religionsfreiheit 15 17.1 Religiöse Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 17.2 Radikaler Islamismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 18 Ethnische Minderheiten 17 18.1 Serben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 18.2 Roma, Aschkali und Ägypter (RAE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 18.3 Türken, Bosniaken, Gorani, Montenegriner und Kroaten . . . . . . . . . . . . . 22 19 Relevante Bevölkerungsgruppen 22 19.1 Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 19.2 Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 19.3 Homosexuelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 20 Bewegungsfreiheit 27 IV

21 IDPs und Flüchtlinge 28 21.1 Exkurs: Asylsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 22 Grundversorgung 29 22.1 Sozialbeihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 23 Medizinische Versorgung 32 23.1 Diabetes/Dialyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 23.2 HIV/Aids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 24 Rückkehr 36 24.1 Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge (UMF)/alleinstehende Frauen . . . . . . 37 25 Dokumente 38 25.1 Serbische Pässe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 25.2 Gefälschte Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 26 Impressum 40 26.1 Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 26.2 Hinweis zum Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 26.3 Veröffentlichte Versionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 V

1 Länderspezifische Anmerkungen Letzte Änderung 2024-03-14 12:40 Hinweis: Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://ww w.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports. Für historische Daten bis zum 10.3.2023 s. die Datenbank der Johns-Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd402 99423467b48e9ecf6. 2 COVID-19 Letzte Änderung 2024-03-20 06:36 Per 25. Mai 2023 wird der Antrag des Gesundheitsministeriums auf Beendigung des öffent lichen Gesundheitsnotstands genehmigt. Mit dem Inkrafttreten dieses Beschlusses wird der Regierungsbeschluss Nr. 01/11 vom 15. März 2020 über die Ausrufung des öffentlichen Ge sundheitsnotstands aufgehoben. Außerdem wird der Beschluss Nr. 19/73 vom 30. April 2022 über allgemeine und besondere Maßnahmen zur Kontrolle, Vorbeugung und Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für nichtig erklärt. Das Gesundheitsministerium und andere zuständige Institutionen sind verpflichtet, die epidemiologische Situation im Land weiter zu überwachen und alle erforderlichen Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie zu ergreifen (WHO 8.12.2023). In Kosovo wurden bislang 274.279 COVID-19 Infektionen erfasst, bei 3.212 Todesfällen an oder mit COVID-19 (Stand: 19.2.2024). Dies entspricht einer Infektionsrate von 15,39 % so wie eine Todes- bzw. Letalitätsrate von 1,17 %. In Kosovo wurden bislang 906.858 COVID-19 Erstimpfungen durchgeführt (Stand: 12.02.2023). Dies entspricht einer Impfquote mindestens einmal geimpfter Personen von 50,9 %. Grundimmunisiert sind 46,3 % der Bevölkerung. Eine Auffrischungsimpfung haben 5,9 % bekommen (CiZ 12.3.2024). Quellen ■ CiZ - Conona in Zahlen (12.3.2024): Corona-Zahlen für Kosovo, https://www.corona-in-zahlen.de/w eltweit/kosovo, Zugriff 12.3.2024 ■ WHO - World Health Organization (8.12.2023): COVID-19 PHSM database – Kosovo, https://phsm .euro.who.int/covid-19/measuresDatabase/26, Zugriff 12.3.2024 [Login erforderlich] 3 Politische Lage Letzte Änderung 2024-04-26 11:28 Die kosovarische Verfassung sieht eine parlamentarische Demokratie mit Gewaltenteilung vor. Ein umfassender Schutz der anerkannten Minderheiten wird garantiert. Die politische Macht konzentriert sich beim Ministerpräsidenten (AA 29.1.2024a). 1

Die Republik Kosovo genießt die Anerkennung von mehr als 110 Staaten weltweit, jedoch nicht von Serbien. Das ungeklärte Verhältnis zu Serbien beeinträchtigt die Bestrebungen des Kosovo, sich der Europäischen Union (EU) und der NATO anzunähern. Seit 2011 fungiert die EU als Vermittler in einem politischen Dialog zwischen den beiden Ländern. Das übergeordnete Ziel dieses Dialogs ist es, durch ein umfassendes Abkommen eine dauerhafte Normalisierung der Beziehungen zwischen Kosovo und Serbien zu erreichen und die regionale Stabilität zu fördern (AA 29.1.2024a). Das kosovarische Parlament wird häufig dafür kritisiert, dass es die Politik der Regierung nicht wirksam überwacht. Korruption und Vetternwirtschaft sind in der öffentlichen Verwaltung weit verbreitet. Die Beziehungen zwischen der Regierungskoalition und der Opposition sind seit der Unabhängigkeitserklärung schwierig und polarisiert. Wichtige Debatten im Parlament - z. B. über die Verabschiedung des Haushalts und Entschließungen über den Dialog und die nachbar schaftlichen Beziehungen zu Serbien - wurden durch gewaltsame Proteste der nationalistischen Opposition innerhalb des Parlaments unterbrochen. Die Opposition hat die pro-europäischen Regierungen des Verrats zugunsten Serbiens beschuldigt. Die Konsolidierung der Demokratie im Kosovo wird durch mehrere Faktoren ernsthaft untergraben, darunter die mangelnde Re chenschaftspflicht der politischen Klasse, die ihre Effizienz und Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt. Die demokratischen Institutionen werden als undurchsichtig und wenig kooperationsbereit wahr genommen. Die Wähler kritisieren Wahlversprechen, die oft nicht umgesetzt wurden. Dadurch sinkt die Bereitschaft der Bürger, sich zu engagieren und an den Wahlen teilzunehmen (BS 18.3.2022). Seit den Neuwahlen von Februar 2021 wird die Regierung von einer neuen Koalition aus der Partei VV (Vetevendosje – Selbstbestimmung) unter Premierminister Albin Kurti, der Wahlinitia tive der bisherigen Parlamentspräsidentin und aktuellen Staatspräsidentin Vjosa Osmani sowie Parteien der ethnischen Minderheiten getragen (AA 25.7.2023). Im Konflikt zwischen Serbien und Kosovo bestand im Jahr 2023 zweimal die Gefahr einer Eska lation (GTAI 12.12.2023). Dies war beispielsweise im Frühjahr 2023 nach den Kommunalwahlen der Fall. Da diese Wahlen im Norden von der mehrheitlich ethnisch-serbischen Bevölkerung boykottiert wurden, wurden Kosovo-Albaner mit knapper Mehrheit zu Bürgermeistern gewählt, was bei den dort lebenden Serben Unmut auslöste. Die kosovarische Polizei und die KFOR mussten daraufhin die neugewählten Bürgermeister vor serbischen Demonstranten schützen. Ende Mai 2023 kam es neuerlich zu gewalttätigen Ausschreitungen auf beiden Seiten. Als Re aktion darauf beschloss die NATO, die KFOR-Truppe um 700 Soldaten aufzustocken. Im Juni 2023 verschärfte sich der Konflikt weiter, als drei kosovarische Polizisten in einen Vorfall verwi ckelt waren, der zu teilweisen Grenzschließungen durch die kosovarische Regierung führte. Im September 2023 verstärkte Serbien nach erneuten Auseinandersetzungen seine Militärpräsenz an der Grenze (lpb 29.1.2024). Mittlerweile hat sich die Lage etwas entspannt. Die internatio nale Gemeinschaft, allen voran die EU, versucht weiterhin, zwischen Serbien und Kosovo zu vermitteln (GTAI 12.12.2023). 2

Im Kosovo sind einige internationale Missionen tätig: Die NATO-Mission KFOR mit ca. 3.700 Soldaten, die EU-Rechtsstaatlichkeitsmission (EULEX), die Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen (UNMIK) sowie die OSZE-Mission (OMmiK) (AA 29.1.2024a). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.1.2024a): Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-a mt.de/de/service/laender/kosovo-node/politisches-portraet/207468, Zugriff 29.1.2024 ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.7.2023): AA – Federal Foreign Office (Germany) (Author): Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunfts land im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Juni 2023), 25 July 2023, https://www.ecoi.net/en/file/local /2095656/Auswärtiges_Amt,_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_ sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_§_29_a_AsylG,_25.07.2023.pdf, Zugriff 29.1.2024 [Login erforderlich] ■ BS - Bertelsmann Stiftung (18.3.2022): BS - Bertelsmann Stiftung, https://www.ecoi.net/en/file/local /2069803/country_report_2022_RKS.pdf, Zugriff 29.1.2024 ■ GTAI - Germany Trade and Invest (12.12.2023): Kosovos Wirtschaft trotzt den Krisen, https://ww w.gtai.de/de/trade/kosovo/wirtschaftsumfeld/kosovos-wirtschaft-trotzt-den-krisen-263994 , Zugriff 29.1.2024 ■ lpb - Landeszentrale für politische Bildung - Baden Würtemberg - Infoportal östliches Europa (29.1.2024): Kosovo Geschichte - Kosovo Serbien Konflikt aktuell 2023 - Kosovo-Krieg - Unabhän gigkeit des Kosovo - Übersicht - Zusammenfassung, https://osteuropa.lpb-bw.de/kosovo-geschichte, Zugriff 29.1.2024 4 Sicherheitslage Letzte Änderung 2024-04-26 11:28 Im Norden Kosovos bleibt die Situation angespannt. Nach dem Rückzug der Kosovo-Serben aus den kosovarischen Institutionen im Herbst 2022 kam es mehrfach zu gewaltsamen Zwi schenfällen, bei denen auch Zivilpersonen verletzt wurden. Selbst die verstärkte Präsenz der internationalen Schutzmissionen EULEX und KFOR konnte dies nicht verhindern. Das Risiko weiterer Vorfälle, die auch Ausländer betreffen und die Bewegungsfreiheit einschränken könnten, kann nicht ausgeschlossen werden (AA 29.1.2024b; vgl. BMEIA 29.1.2024). Besonders in der zwischen den kosovo-serbischen und kosovo-albanischen Bevölkerungsgrup pen geteilten Stadt Mitrovicë (Mitrovica) und in den Gemeinden Leposaviq (Leposavic), Zubin Potoku (Zubin Potok) und Zvecan kam es vermehrt zu Spannungen zwischen den kosovo-ser bischen und kosovo-albanischen Bevölkerungsgruppen. Diese können unvermittelt aufflammen und in gewaltsame Unruhen ausarten. Kurzfristige Schließungen der beiden Grenzübergänge nach Serbien Brnjak und Jarinje sind möglich (EDA 30.1.2024). Im September 2023 kam es nach Darstellung der kosovarischen Regierung zu einem Angriff von Serben auf eine kosovarische Polizeieinheit - ein Polizist wurde getötet. Im Zuge der Ge genoperationen kamen drei Serben zu Tode. In der Folge marschierte die serbische Armee an der serbisch-kosovarischen Grenze auf. Die Situation konnte schließlich auf politischer Ebene gelöst werden (Tagesschau 2.10.2023a). Ethnisch motivierte Spannungen können sich ohne oder nur mit kurzer Vorwarnung in Form von Unruhen oder einzelnen, gezielten Gewaltakten entladen (EDA 30.1.2024). 3

Während in Pristina und anderen Städten des Landes gelegentliche Demonstrationen die Bewe gungsfreiheit beeinträchtigen können, herrschen in den übrigen Teilen Kosovos grundsätzlich Ruhe und Stabilität. Seit dem ersten Halbjahr 2016 hat es keine gewalttätigen Protestaktionen der Opposition gegen die Regierung gegeben (AA 29.1.2024b). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.1.2024b): Kosovo: Reise- und Sicherheitshinweise, https: //www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/kosovosicherheit/207442, Zugriff 29.1.2024 ■ BMEIA - Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (29.1.2024): Kosovo, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/kosovo, Zugriff 29.1.2024 ■ EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (30.1.2024): Rei sehinweise für Kosovo, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/k osovo/reisehinweise-fuerkosovo.html, Zugriff 30.1.2024 ■ Tagesschau - Tagesschau (2.10.2023a): Warum die Spannungen im Kosovo wieder aufflammen, https://www.tagesschau.de/ausland/europa/serbien-kosovo-124.html, Zugriff 30.1.2024 5 Rechtsschutz / Justizwesen Letzte Änderung 2024-03-18 07:25 Laut Verfassung ist Kosovo eine demokratische Republik, die auf dem Grundsatz der Gewalten teilung und der gegenseitigen Kontrolle beruht; diese Kontrolle ist in der Praxis jedoch schwach und ineffizient. Die Legislativgewalt wird vom Parlament (120 Abgeordnete, darunter 20 Minder heitenvertreter), die Exekutivgewalt von der Regierung (Premierminister und Minister) und die Judikative von den Gerichten, darunter dem Obersten Gerichtshof und dem Verfassungsgericht, ausgeübt. Das Verfassungsgericht hat sich jedoch als unabhängige Institution erwiesen und mehr als einmal gegen die Interessen der Regierungsparteien entschieden (BS 18.3.2022). Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, diese gewährleistete aber nicht immer ord nungsgemäße Verfahren. Nach Angaben der Ombudsstelle war die Justizverwaltung langsam und verfügte nicht über die Mittel, um die Rechenschaftspflicht der Justizbeamten zu gewähr leisten (USDOS 20.3.2023). Die Justizstrukturen waren Gegenstand politischer Einmischung (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 9.3.2023), strittiger Ernennungen und unklarer Mandate (USDOS 20.3.2023). Kosovo befindet sich generell in einem frühen Stadium der Entwicklung eines gut funktionieren den Justizsystems. Fortschritte werden trotz einer Zunahme der Anzahl produktiver Gerichtsver handlungen, einer schnelleren Anberaumung von Gerichtsverhandlungen und Verbesserungen bei der Einstellung von Richtern und Staatsanwälten, nur langsam erzielt. Die Personalsituation und die Organisation der Verwaltung im gesamten Justizwesen sind nach wie vor von Ineffi zienz geprägt. Das nationale, zentralisierte Strafregistersystem wurde eingerichtet und ist seit Dezember 2022 online zugänglich und ermöglicht es der Öffentlichkeit, Strafregisterauszüge online zu erhalten (EC 27.11.2023). Die Unabhängigkeit der Justiz wird durch die politischen Behörden und ein hohes Maß an Korruption beeinträchtigt. Die Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union (EULEX) 4

und die kosovarischen Institutionen haben einige Fortschritte in Bezug auf Nachhaltigkeit, Re chenschaftspflicht, Freiheit von politischer Einmischung und Gewährleistung der Integration in eine multiethnische Gesellschaft erzielt, einschließlich der Einhaltung bewährter europäischer Verfahren und internationaler Standards. Gesetze zur Regelung der disziplinarischen Haftung von Richtern und Staatsanwälten wurden eingeführt, weiters bewährte Verfahren zur Mediation sowie ein elektronisches Fallverwaltungssystem und ein zentrales Strafregister. Das langsame und häufig unterbesetzte Gerichtssystem des Landes wurde durch die Coronavirus-Pandemie weiter beeinträchtigt. Nach dem Strafgesetzbuch müssen Strafverfahren neu aufgerollt werden, wenn sie nicht nach einer bestimmten Zeit wieder aufgenommen werden. Besser ausgebildetes Personal sollte es nun ermöglichen, mehr Fortschritte bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität zu erzielen, wobei der Norden Kosovos nach wie vor ein Problem darstellt. Kosovo hat im Juli 2020 eine Arbeitsvereinbarung mit Europol unterzeichnet (BS 18.3.2022). Die Ombudsstelle äußerte allgemeine Besorgnis über die Nichtdurchsetzung von Gerichts entscheidungen, was zu einer Zunahme der Vollstreckungsforderungen führte und zu einem erhöhten Rückstau von Fällen beitrug, und meldete weiters einen Mangel an wirksamen, recht zeitigen Rechtsbehelfen, um Verstöße gegen ein ordnungsgemäßes Verfahren zu beheben (USDOS 20.3.2023). Eine komplexe Mischung aus Gesetzen, Regulierungen, verwaltungstechnischen Anweisungen und Gerichtspraktiken, sowie die illegale Beschlagnahmung oder mehrere Ansprüche auf das selbe Grundstück erschweren die Lösung von Eigentumsstreitigkeiten infolge des Krieges. Mehr als 95 % der diesbezüglichen Anträge stammt von ethnischen Serben (USDOS 20.3.2023). Die European Rule of Law Mission in Kosovo (EULEX) besteht seit 2008. EULEX‘s Hauptauf gabe ist die Unterstützung relevanter rechtsstaatlicher Institutionen auf ihrem Weg in Richtung verbesserter Effektivität, langfristiger Funktionsfähigkeit und Verantwortung, frei von politischer Einmischung und unter Beachtung internationaler Menschenrechtsstandards und -praktiken. Die Mission führt Beobachtungstätigkeiten aus, hat aber nur begrenzte exekutive Befugnisse. Beobachtung ist eine Säule der Aktivitäten von EULEX, operationelle Aktivitäten bilden die ande re Säule. EULEX bietet Unterstützung der kosovarischen Polizei im Bereich der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit durch die Erleichterung des Informationsaustauschs zwischen der kosovarischen Polizei und Interpol, Europol oder dem serbischen Innenministerium, er leichtert. Die Mission unterstützt auch die Fachkammern und die Fachstaatsanwaltschaft des Kosovo durch logistische und operative Unterstützung im Einklang mit den einschlägigen koso varischen Rechtsvorschriften. Darüber hinaus arbeiten die EULEX-Experten weiterhin mit ihren einheimischen Kollegen am Institut für Gerichtsmedizin zusammen, um das Schicksal vermiss ter Personen zu klären, indem sie Fachwissen und Beratung bei der Identifizierung möglicher illegaler Gräber sowie bei der Exhumierung und Identifizierung von Opfern des Kosovo-Konflikts anbieten. Nicht zuletzt verwaltet die Mission auch weiterhin ihr eigenes Zeugenschutzprogramm (EULEX 12.2.2024). 5

Quellen ■ BS - Bertelsmann Stiftung (18.3.2022): BS - Bertelsmann Stiftung, https://www.ecoi.net/en/file/local /2069803/country_report_2022_RKS.pdf, Zugriff 29.1.2024 ■ EC - Europäische Kommission (27.11.2023): Kosovo 2023 Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/ 2101212/SWD_2023_692 Kosovo report_0.pdf, Zugriff 12.2.2024 ■ EULEX - European Union Rule of Law Mission in Kosovo (12.2.2024): What is EULEX? - EULEX - European Union Rule of Law Mission in Kosovo, https://www.eulex-kosovo.eu/?page=2,16, Zugriff 12.2.2024 ■ FH - Freedom House (9.3.2023): Freedom in the World 2023 - Kosovo, https://www.ecoi.net/de/do kument/2094370.html, Zugriff 2.2.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Kosovo, https://www.ecoi.net/en/document/2089218.html, Zugriff 2.2.2024 5.1 Der Kanun / Blutrache Letzte Änderung 2024-03-18 07:27 Die albanische Tradition der Blutrache wird heute nur mehr selten praktiziert, wenngleich Ra cheakte - auch unter Verwendung von Schusswaffen - vor allem außerhalb der größeren Städte auch heute noch vorkommen. Diese werden zwar oft als „ Blutrache“ bezeichnet, tatsächlich aber häufig ohne Beachtung der Regeln des Kanun, der normalerweise den Ablauf und die Be endigung solcher Racheakte regelt, durchgeführt. Personen, die sich durch Racheakte bedroht fühlen, können sich an die Polizei um Hilfe wenden. Diese ist verpflichtet, Schutz zu gewährleis ten so wie der kosovarische Staat grundsätzlich bereit und in der Lage ist, Schutz vor Blutrache zu bieten. Obwohl der Begriff „ Blutrache“ nicht ausdrücklich im kosovarischen Strafgesetzbuch erwähnt wird, werden damit in Zusammenhang stehende Morde untersucht und strafrechtlich verfolgt, die Täter üblicherweise zu 15-25 Jahren Haft verurteilt (AA 25.7.2023). Quelle ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.7.2023): AA – Federal Foreign Office (Germany) (Author): Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunfts land im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Juni 2023), 25 July 2023, https://www.ecoi.net/en/file/local /2095656/Auswärtiges_Amt,_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Kosovo_als_ sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_§_29_a_AsylG,_25.07.2023.pdf, Zugriff 29.1.2024 [Login erforderlich] 6 Sicherheitsbehörden Letzte Änderung 2024-03-15 07:09 Die innere Sicherheit der Republik Kosovo beruht auf drei Komponenten: der Kosovo Polizei (KP), den unterstützenden internationalen EULEX-Polizeikräften (EU-Rechtstaatlichkeitsmissi on, Anm.) und den KFOR-Truppen. Die KP galt bislang als gutes Beispiel für gelungene Inte gration von Kosovo-Albanern und Kosovo-Serben (AA 25.7.2023), leidet aber seit Ende 2022 infolge weiter ungelöster Streits zwischen Kosovo und Serbien an dem massenhaften Rückzug kosovo-serbischer Polizisten (ca. 500) im Norden des Landes. In der Folge haben EULEX und 6
