Nationalpark Donau-Auen, Wiener Teil, Flächen geschützter Lebensraumtypen und ihr Erhaltungszustand
Die Flächen der geschützten Lebensraumtypen „Schlammfluren stehender Gewässer“ (3130), „Armleuchteralgen-Gesellschaften“ (3140) und „Natürliche Stillgewässer mit Wasserschweber-Gesellschaften“ (3150) im Nationalpark Donau-Auen, Wiener Teil, einem Natura 2000 Gebiet (AT1301000) gemäß der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH), betragen laut den Angaben im aktuellen Standard-Datenbogen (http://natura2000.eea.europa.eu/Natura2…) (zuletzt aktualisiert im September 2017) 0,2 Hektar (3130), 5,8 Hektar (3140) bzw. 146,7 Hektar (3150).
1. Aus welchem Jahr stammen diese Flächenangaben im Standard-Datenbogen, 2. ist der Erhaltungszustand dieser Lebensraumtypen nach Auffassung des Landes Wien als „günstig“ im Sinne von Art. 1 (e) FFH zu bewerten und 3. sofern ja, auf welcher Datengrundlage?
Ergebnis der Anfrage
Mit dem Auskunftsersuchen sollte in erster Linie geklärt werden, aus welchem Jahr die Flächenangaben für die geschützten Süßwasserlebensräume im Nationalpark Donau-Auen, Wiener Teil ("Lobau") stammen, die von der dafür verantwortlichen Umweltabteilung der Stadt Wien (MA 22) im Standard-Datenbogen für Natura-2000-Gebiete angegeben werden (die letzte Aktualisierung des Datenbogens erfolgte im September 2017). Der Auskunft zufolge stammen die Flächenangaben aus einer Biotoptypenkartierung, deren Ergebnisse 2008 veröffentlicht wurden. Sie dürften also bestenfalls den Stand im Jahr 2007 wiedergeben.
Da das gesamte Gebiet der Lobau einer seit Jahrzehnten etablierten (und im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie bis inkl. 2005 quantifizierten) Verlandungstendenz unterliegt, muss das aktuelle Ausmaß dieser Flächen um einiges unter den Werten aus der Biotoptypenkartierung liegen. Ob es aktuelle Daten zu den Flächen dieser Lebensraumtypen (3130, 3140, 3150) gibt, ist der Auskunft nicht zu entnehmen.
Laut dem Vermerk der EU-Kommission "Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG" vom 21.11.2018, S. 35f., ist eine Beeinträchtigung (Verringerung) der Fläche eines Lebensraumtyps als Verschlechterung einzustufen.
Die MA 22 hat jedoch im Dezember 2019 im Rahmen der Beantwortung einer früheren Anfrage per fragdenstaat.at zur Vereinbarkeit des Betriebs des Grundwasserwerks Lobau mit dem "Verschlechterungsverbot" in Artikel 6 der Habitat-Richtlinie (FFH) behauptet, dass sich diese Lebensraumtypen (3130, 3140, 3150) seit 2004 (!) nicht verschlechtert hätten. Das hieße implizit aber auch, dass die entsprechenden Flächen im Wesentlichen unverändert geblieben wären, was äußerst unwahrscheinlich ist. Es ist also davon auszugehen, dass sich die MA 22 bei der Auslegung des Begriffs "Verschlechterung" nicht an die Vorgaben der EU-Kommission hält oder, schlimmstenfalls, eine Verschlechterung schlicht bestreitet, ohne über aktuelle Daten zu den Flächen der Süßwasserlebensräume zu verfügen.
[Update] Der schlimmste Fall ist Tatsache, wie aus einer Beantwortung einer Anfrage der ÖVP-Gemeinderätin Mag. Caroline Hungerländer im Wiener Gemeinderat vom 28. August 2020 hervorgeht. Es gibt keine aktuellen Daten zu den Flächen der Süßwasserlebensräume. Eine neue Biotoptypenkartierung werde derzeit "vorbereitet". Siehe zu Frage 1 und 1a im folg. Dokument: https://www.hungerlaender.at/wp-content…
Außerdem stellt sich die Frage, ob die Bewertung des Erhaltungsgrads der Süßwasserlebensräume im Standard-Datenbogen mit "B" (= gut), die offenbar ebenfalls aus den Jahren 2007/8 stammt, noch gerechtfertigt ist bzw. überhaupt jemals gerechtfertigt war. Auch für diese Bewertungen gibt es Vorgaben der EU-Kommission. Ob diese Vorgaben zur Anwendung kamen, wird Gegenstand eines weiteren Auskunftsersuchens sein.
Anfrage teilweise erfolgreich
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Datum15. Mai 2020
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10. Juli 2020
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