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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
alleine über christliche Satellitenkanäle und das Internet ausüben (Landinfo 20.10.2023). Einige Konvertiten haben sich den „Assemblies of God“-Kirchen angeschlossen, andere gehören ver schiedenen evangelikalen Hauskirchen-Netzwerken an (RFE/RL 5.5.2022). Die Schließungen von „Assembly of God“-Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen (DIS 23.2.2018). Die Größe der Hauskirchen, ihre Art und Struktur variieren. Die meisten sind klein und informell, sie bestehen aus engen Verwandten und Freunden, die sich regelmäßig zum Beten und Bibellesen oder zum Ansehen von christlichen Fernsehprogrammen auf Farsi treffen (DFAT 24.7.2023). Während Treffen in größeren Gruppen früher üblicher waren, gibt es inzwischen viele kleine Hauskirchen mit maximal zehn Mitgliedern (Landinfo 20.10.2023). Die hauskirchlichen Vereinigungen stehen unter besonderer Beobachtung, ihre Versammlungen werden regelmäßig aufgelöst und ihre Angehörigen gelegentlich festgenommen (AA 15.7.2024; vgl. Landinfo 20.10.2023). Es ist unklar, inwieweit die iranischen Sicherheitsdienste einen Über blick über die Konvertitengemeinden in Iran haben. Ein von Landinfo befragter Interviewpartner gab an, dass es die mittlerweile kleinere Größe der Hauskirchen für die Sicherheitsbehörden schwieriger mache, den Überblick zu behalten. Ein anderer Interviewpartner war der Ansicht, dass die Sicherheitsbehörden vermutlich über die meisten Hauskirchen im Land Bescheid wüss ten, allerdings nicht die Kapazitäten hätten, gegen alle vorzugehen. Die Behörden gehen nicht notwendigerweise gegen alle ihnen bekannte Konvertitengemeinschaften vor. Gemäß einem von Landinfo befragten Konvertiten täten sie dies insbesondere, wenn die Gemeinschaften aktiv an der Verbreitung des Christentums beteiligt seien und die Gemeinschaft wächst. Unabhängig davon, ob Razzien gegen Hauskirchen durchgeführt werden oder nicht, können Konvertiten manchmal auch zur Befragung vorgeladen werden. Ziel ist es, das Umfeld zu erfassen, dem die Person angehört. Wenn der Konvertit bei der Befragung die Namen anderer Konvertiten angibt, können diese ebenfalls zur Befragung vorgeladen werden (Landinfo 20.10.2023). Eine Überwa chung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet, wenn ein Christ das Interesse der Behörden geweckt hat (DIS 23.2.2018). Wenn die Sicherheitsdienste eine Hauskirche entdeckt haben, überwachen sie diese in der Regel eine Zeit lang und sam meln weitere Informationen. Dazu gehören die Beschattung der Konvertiten, die Analyse ihrer Bewegungen sowie Online-Aktivitäten, auch in den sozialen Medien (Landinfo 20.10.2023). Die Sicherheitsdienste setzen Drohungen als eines von mehreren Mitteln ein, mit denen sie versuchen, das Wachstum konvertierter Gemeinschaften zu stoppen. Drohungen werden häufig im Zusammenhang mit Verhören ausgesprochen und umfassen beispielsweise eine in Aussicht gestellte Strafverfolgung, oder auch Drohungen, einem Familienmitglied eines Priesters könnte ein „ Unfall“ passieren. Laut einem von Landinfo befragten Interviewpartner setzen die Behörden zunehmend auf Drohungen und Schikanen anstelle von Verhaftungen (Landinfo 20.10.2023). Einige derjenigen Christen, die die schwersten Strafen erhalten haben (2-10 Jahre Gefäng nis), wurden wegen der Leitung/Organisation von Hauskirchen verurteilt (Landinfo 20.6.2022). Von Landinfo im Jahr 2023 befragte Quellen stimmten weitgehend darin überein, dass die Behörden vor allem die Ausbreitung des Christentums verhindern wollen. Dementsprechend konzentrieren sich ihre Bemühungen auf Personen, die Hauskirchen leiten und organisieren 120

sowie Missionierung betreiben. Alle anderen Konvertiten, die keine solche Führungs- oder Ein satzfunktion haben, sind nur selten von Inhaftierung und strafrechtlicher Verfolgung bedroht, können aber anderen Reaktionen wie Verhören durch die Sicherheitsbehörden, Drohungen und Druck zur Unterzeichnung von Erklärungen, nicht an christlichen Versammlungen teilzunehmen, ausgesetzt sein. Ebenso können sie vom Verlust ihres Arbeitsplatzes betroffen sein (Landinfo 20.10.2023). Die NGO Open Doors, die sich für Christen einsetzt, gibt dagegen an, dass auch einfache Mitglieder, die keine Leitungsfunktionen haben, angeklagt werden (OpD 2025). Die Aussage, dass Pastoren, Missionare oder Organisatoren von Hauskirchen besonders im Fokus der Sicherheitsbehörden befinden, bedeutet nicht, dass sich das Risiko für normale, nicht in entsprechende Aktivitäten involvierte Gemeindemitglieder automatisch auf null reduzieren wür de (BAMF 5.2022). So berichteten von Landinfo Anfang 2023 befragte Gesprächspartner, dass sie Fälle von Konvertiten kennen würden, die lediglich aufgrund der Teilnahme an Hauskirchen zu Haftstrafen verurteilt wurden. Sie hatten weder missioniert noch Leitungsfunktionen über nommen. Die meisten der zu Haftstrafen Verurteilten sind allerdings Leiter von Hauskirchen (Landinfo 20.10.2023). Neben Haftstrafen werden Konvertiten manchmal auch zur Teilnahme an islamischem Reli gionsunterricht verpflichtet, der sie davon überzeugen soll, zum Islam zurückzukehren. Der Unterricht wird oftmals von den Sicherheitsbehörden veranlasst, ohne dass es dazu eine rich terliche Anordnung gäbe (Landinfo 20.10.2023). Einerseits wird immer wieder von Razzien und Verhaftungen von Christinnen und Christen be richtet, was ein hartes staatliches Vorgehen signalisiert. Die Gemeinden sollen durch diese Unvorhersehbarkeit in Angst und Unsicherheit gehalten werden. Andererseits belegen Einzel beispiele, dass es immer darauf ankommt, welche Person dem Beschuldigten gegenübersitzt. Auch persönliche Einstellungen und Charakteristika von Amtsträgern spielen eine Rolle. Dabei kann es fallweise erhebliche Unterschiede geben (BAMF 5.2022). Der Umgang der Sicherheits dienste mit Konvertiten ist in den verschiedenen Teilen des Landes sehr unterschiedlich. Einige Mitglieder der Sicherheitsdienste sind korrupt. Sie drohen oder nehmen Festnahmen vor, um Schmiergelder zu erpressen. Ihre Informanten, die in allen lokalen Gemeinschaften zu finden sind, können ebenfalls korrupt sein und von Konvertiten Bestechungsgelder verlangen, damit sie diese nicht an die Sicherheitsdienste melden (Landinfo 20.10.2023). Inhaftierten Christen, besonders christlichen Konvertiten, wird oft eine Entlassung gegen Kau tion angeboten. Dabei geht es meist um hohe Geldbeträge, die Berichten zufolge zwischen 2.000 und 150.000 USD liegen. Die betroffenen Christen oder deren Familien werden dadurch gezwungen, ihre Häuser oder Geschäfte mit Hypotheken zu belasten. Diejenigen, die gegen Kaution freigelassen werden, schweigen oft, da sie den Verlust ihres Familienbesitzes fürchten müssen. Das iranische Regime drängt sie, das Land zu verlassen und damit ihre Kaution zu verlieren (OpD 2025). Behandlung von Konvertiten nach der Rückkehr Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die 121

im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konser vativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z. B. Eheschlie ßung, soziales Leben) (ÖB Teheran 11.2021). Informanten in westlichen Ländern berichten dem iranischen Geheimdienst über Aktivitäten iranischer Christen im Ausland (OpD 2025). Die Rückkehr von Konvertiten nach Iran führt nicht zwingend zu einer Festnahme oder Inhaftie rung (BAMF 3.2019). Wenn ein Konvertit den Behörden auch zuvor nicht bekannt war, dann ist eine Rückkehr weitgehend problemlos. Auch konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, kann sich die Situation anders darstellen. Auch Konvertiten, die ihre Konversion öffentlich machen, können sich womöglich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen berichtet, besteht die Möglichkeit, dass die Behörden auf ihn auf merksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang hängt davon ab, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein ’high-profile’-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist eine harsche Strafe eher unwahrscheinlich. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein führt zumeist nicht zu einer Verfolgung, aber dies kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, wird diese aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das aber zu Problemen führen (DIS 23.2.2018). Eine befragte Rechtsanwältin schilderte in diesem Zusammenhang auch, dass es Fälle gibt, bei denen Personen aufgrund von Bei trägen in den sozialen Netzwerken mit nur geringer Reichweite oder Beiträgen von lediglich „ privat“ einsehbaren Profilen inhaftiert wurden, da sie von Personen aus ihrem Umfeld gemeldet wurden. Der Staat ist rechtlich dazu in der Lage, Personen in derartigen Fällen aufgrund von „ Vergehen gegen die nationale Sicherheit“ oder „ Vergehen gegen den Islam“ zu verfolgen (MRAI 19.6.2023). Die iranischen Behörden fokussieren bei der Überwachung von Konvertiten zuletzt zunehmend auf Online-Aktivitäten (Landinfo 20.6.2022). Taufe Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung hat, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein kann (DIS 23.2.2018). Die NGO Open Doors gibt an, dass die Taufe als öffentliches Zeichen der Abwendung vom Islam gesehen wird und deshalb verboten ist (OpD 2025). 122

Christliche Schriften Christlichen NGOs zufolge werden die staatlichen Beschränkungen für die Veröffentlichung von religiösem Material fortgesetzt, obwohl staatlich genehmigte Bibelübersetzungen Berichten zu folge weiterhin erhältlich sind. Regierungsbeamte beschlagnahmen häufig Bibeln und ähnliche nicht schiitische religiöse Literatur und üben Druck auf Verlage aus, die nicht genehmigtes nicht- muslimisches religiöses Material drucken, um ihre Tätigkeit einzustellen (USDOS 26.6.2024). Der Besitz christlicher Literatur in Farsi, besonders in größeren Stückzahlen, legt den Verdacht nahe, dass sie zur Weitergabe an muslimische Iraner gedacht ist (OpD 2025). Gleichzeitig ist bekannt, dass ein Projekt seitens des Erschad-Ministeriums zur Übersetzung der „ Katholischen Jerusalem Bibel“ ins Farsi genehmigt und durchgeführt wurde. Auch die Universität für Religi on und Bekenntnis in Qom, die Religionsstudien betreibt, übersetzte noch im Jahr 2015 den „ Katechismus der Katholischen Kirche“ ins Farsi. Beide Produkte waren mit Stand 2019 ohne Probleme in Büchergeschäften erhältlich (BAMF 3.2019). Atheismus Rechtlich gesehen ist es in Iran nicht möglich, sich nicht zu einer Religion zu bekennen. Es gibt mehrere Situationen, in denen Iraner den Behörden ihre Religionszugehörigkeit mitteilen müs sen (MBZ 9.2023). Personen, die sich öffentlich vom Islam lossagen, können wegen Apostasie (DFAT 24.7.2023) und Blasphemie angeklagt werden (SäkF 24.8.2020; vgl. RFE/RL 8.5.2023). Beispielsweise im Mai 2023 wurden zwei atheistische Aktivisten exekutiert, die wegen Blas phemie zum Tod verurteilt worden waren, da sie in den sozialen Medien angeblich „Atheismus und die Beleidigung von religiösen und islamischen Heiligtümern“ gefördert hätten (RFE/RL 8.5.2023; vgl. AJ 8.5.2023). Atheisten sind daher üblicherweise diskret bei der Zurschaustel lung ihrer Anschauung (DFAT 24.7.2023; vgl. USDOS 26.6.2024). Wenn sie diese nicht weithin bekannt machen, ist es eher unwahrscheinlich, dass die Behörden auf sie aufmerksam werden (DFAT 24.7.2023). Unter anderem verbietet auch das Pressegesetz ausdrücklich eine Verbrei tung von atheistischen Inhalten oder von Inhalten, die als schädlich für die islamischen Kodizes oder als Beleidigung islamischer Rechtsgelehrter angesehen werden. Die weit gefassten Defi nitionen erleichtern hierbei eine umfassende Zensur und verwehren den Bürgern den Zugang zu verschiedenen Informationsquellen (ARTICLE19 27.2.2018). Atheisten aus konservativen Familien könnten mit familiärem Druck und potenzieller Ächtung konfrontiert werden, wenn ihr Atheismus bekannt würde. Atheisten aus liberaleren Familien und Teilen des Landes, wie dem Norden Teherans, sind solchem Druck dagegen nicht ausgesetzt (DFAT 24.7.2023). Gemäß einer anderen Quelle gaben Atheisten dagegen an, dass sie ihren Atheismus in den meisten gesellschaftlichen und sogar familiären Kontexten zu ihrer eigenen Sicherheit verbergen müssen (IRWIRE 27.2.2023). Rückkehr zum Islam Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder 123

dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 11.2021). Wechsel vom Schiitentum zum Sunnitentum, Konversion von einer nicht-islamischen Religion Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammen hang mit ’Konversion’ bzw. Wechsel vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Dieser Wechsel [zwischen den beiden Hauptzweigen des Islam] ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen (ÖB Teheran 11.2021). Er gilt nicht als Konversion, da es sich dabei um keinen Religionswechsel handelt, schließlich zählen Sunni tentum wie Schiitentum zum Islam. Eine befragte Rechtsanwältin geht nicht davon aus, dass es für einen Wechsel vom Schiitentum zum Sunnitentum bestimmte formale Anforderungen bzw. Regeln gibt. Personen, die dies wünschen, können schlicht in eine sunnitische Moschee gehen und dort beten. Aus rechtlicher Sicht besteht kein Problem bei einem Wechsel vom Schiiten tum zum Sunnitentum. Es sind keine Fälle einer rechtlichen Verfolgung ähnlich wie bei einer Konversion von Muslimen zum Christentum bekannt (MRAI 19.6.2023). Aufgrund von Diskri minierung von Sunniten in Iran könnten öffentlich „ konvertierte“ Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese ebenfalls nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 11.2021). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.7.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: 03. April 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/211 2796/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islami schen_Republik_Iran,_15.07.2024.pdf, Zugriff 25.7.2024 ■ AI - Amnesty International (13.5.2024): „ Dass Zahra tatsächlich freikam, hat mich sprachlos gemacht“, https://www.amnesty.de/taetigkeitsbericht-2023-interview-rupert-haag-queeramnesty , Zugriff 17.6.2025 ■ AI - Amnesty International (7.9.2023): Iran: Javad Rouhi in Haft verstorben, https://www.amnesty. de/informieren/aktuell/iran-javad-rouhi-tod-gefangenschaft-haft-folter , Zugriff 4.1.2024 ■ AI - Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Iran 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070223.html, Zugriff 14.3.2023 ■ AJ - Al Jazeera (8.5.2023): Iran executes two ‘Quran burners’ for blasphemy, https://www.aljazeera. com/news/2023/5/8/iran-executes-two-quran-burners-for-blasphemy , Zugriff 4.1.2024 ■ ARTICLE18 - ARTICLE18 (1.2025): ‘The Tip of the Iceberg’ – 2025 annual report, https://articleeig hteen.com/reports/15541/, Zugriff 17.6.2025 ■ ARTICLE19 - ARTICLE19 (6.7.2022): Iran: New Penal Code provisions as tools for further attacks on the rights to freedom of expression, religion, and belief, https://www.ecoi.net/en/file/local/20753 55/Iran-Legal-analysis-Iran-New-Penal-Code-provisions-as-tools-for-further-attacks-on-the-right s-to-freedom-of-expression-religion-and-belief-06.07.22-1.pdf , Zugriff 17.3.2023 ■ ARTICLE19 - ARTICLE19 (27.2.2018): Iran: Increased support for UN human rights scrutiny needed amid crackdown on dissent, https://www.article19.org/resources/iran-increased-support-un-human -rights-scrutiny-needed-amid-crackdown-dissent/ , Zugriff 4.1.2024 ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (5.2022): Länderreport 52 Iran: Konversion und Evangelikalismus aus der Sicht der staatlichen Verfolger, https://www.ecoi.net/en/fi le/local/2079128/Deutschland._Bundesamt_für_Migration_und_Flüchtlinge,_Iran_-_Konversion_u nd_Evangelikalismus_aus_der_Sicht_der_staatlichen_Verfolger,_01.05.2022._(Länderreport___52 ).pdf, Zugriff 16.3.2023 124

■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (3.2019): Länderreport 10 Iran: Situation der Christen, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentr um/Laenderreporte/2019/laenderreport-10-iran.pdf?__blob=publicationFile&v=5, Zugriff 16.3.2023 ■ BBC - British Broadcasting Corporation (1.4.2024): Iran: The Christians celebrating Easter in secret, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-68693309 , Zugriff 11.6.2024 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (24.7.2023): DFAT Country Information Report Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2095685/country-information-report-iran.pdf , Zugriff 4.1.2024 ■ DIS - Danish Immigration Service [Denmark] (23.2.2018): IRAN House Churches and Converts, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf , Zugriff 16.3.2023 ■ Hengaw - Hengaw Organization for Human Rights (28.5.2025): Death sentence overturned: Shahriar Bayat now faces prison and community service, https://hengaw.net/en/news/2025/05/article-127 , Zugriff 17.6.2025 ■ Hengaw - Hengaw Organization for Human Rights (3.3.2024): Urmia; Inhaftierung von Elham Choubdar, LGBT Aktivistin, zur Verbüßung einer Haftstrafe, https://hengaw.net/de/news/archi ve/64700, Zugriff 17.6.2025 ■ IRINTL - Iran International (2.4.2025): Imprisonment of Christians jumps sixfold as state cracks down on converts, https://www.iranintl.com/en/202504023776, Zugriff 17.6.2025 ■ IRWIRE - IranWire (27.2.2023): Iran’s Religious Freedom Worsened Last Year: An IranWire Special Report, https://iranwire.com/en/religious-minorities/114246-irans-religious-freedom-worsened-las t-year-an-iranwire-special-report/ , Zugriff 16.3.2023 ■ Landinfo - Referat für Länderinformationen der Einwanderungsbehörde [Norwegen] (20.10.2023): Iran: Myndighetsreaksjoner mot kristne konvertitter, https://www.ecoi.net/de/dokument/2101731.h tml, Zugriff 12.6.2024 ■ Landinfo - Referat für Länderinformationen der Einwanderungsbehörde [Norwegen] (20.6.2022): Iran: Arrestasjon og straffeforfølgelse av kristne konvertitter – en oppdatering, https://www.ecoi.net /en/file/local/2075761/Temantoat-Iran-Arrestasjon-og-straffeforfolgelse-av-kristne-konvertitter-en-o ppdatering-20062022-utenENDNOTE.pdf, Zugriff 17.3.2023 ■ MBZ - Außenministerium der Niederlande [Niederlande] (9.2023): Algemeen ambtsbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2098089/Algemeen ambtsbericht Iran van september 2023.pdf, Zu griff 30.11.2023 ■ MRAI - Menschenrechtsanwältin aus Iran (19.6.2023): Interview, via Videotelefonie ■ MRG - Minority Rights Group (12.12.2023): Criminalizing Blasphemy: Implications for Iran’s Religious Minorities, https://minorityrights.org/criminalizing-blasphemy-implications-for-irans-religious-minorit ies/, Zugriff 11.6.2024 ■ ÖB Teheran - Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht – Islami sche Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_ÖB-Bericht_2021.pdf, Zugriff 7.2.2023 [Login erforderlich] ■ OpD - Open Doors (2025): Weltverfolgungsindex 2025: Länderprofil Iran, https://downloads.opendo ors.de/wvi/wvi_2025/country_dossier/iran_wvi_2025_laenderprofil.pdf, Zugriff 16.6.2025 ■ OpD - Open Doors (1.2025): Iran: Persecution Dynamics, https://www.opendoors.org/persecution/ reports/Iran-Full_Country_Dossier-ODI-2025.pdf , Zugriff 17.6.2025 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (8.5.2023): Iran Hangs Two Men For Blasphemy, https: //www.rferl.org/a/iran-hangs-two-men-for-blasphemy/32401390.html , Zugriff 4.1.2024 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (5.5.2022): No Place For Converts: Iran’s Persecuted Christians Struggle To Keep The Faith, https://www.rferl.org/a/iran-christian-converts-persecuted/ 31836143.html, Zugriff 17.3.2023 ■ SäkF - Säkulare Flüchtlingshilfe e.V. (24.8.2020): Atheismus im Iran, https://atheist-refugees.com/ gastbeitrag/atheismus-im-iran/, Zugriff 4.1.2024 ■ Spiegel - Spiegel, Der (19.5.2024): Rapper Tataloo in Iran wegen »Blasphemie« verurteilt, https: //www.spiegel.de/ausland/iran-verbotener-rapper-tataloo-zu-mehrjaehriger-haftstrafe-verurteilt-a-a 3dbb566-9bc1-458e-a5ad-9672df2fa10b , Zugriff 11.6.2024 ■ taz - Tageszeitung, Die (19.2.2024): Haft und Peitschenhiebe, https://taz.de/Christinnen-in-Iran/!5 990311/, Zugriff 11.6.2024 ■ USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom [USA] (14.9.2023): 2023 Blasphemy Law Compendium, https://www.uscirf.gov/sites/default/files/2023-09/2023 Blasphemy Law Compendium.pdf, Zugriff 11.6.2024 125

■ USDOS - United States Department of State [USA] (26.6.2024): 2023 Report on International Reli gious Freedom: Iran, https://www.ecoi.net/en/document/2111574.html, Zugriff 3.1.2025 16.3 Baha‘i Letzte Änderung 2025-07-17 12:29 Obwohl die Anhänger des Baha’i-Glaubens die Legitimität des Islams - einschließlich der Zwölfer- Schiiten, der offiziellen Religion Irans - anerkennen, werden sie von den Klerikern des Regimes seit den Anfängen der Islamischen Republik als potenzielle Herausforderer betrachtet (TWI 21.1.2022). Sie gelten für die Regierung nicht als Mitglieder einer Religionsgemeinschaft, son dern als Abtrünnige (AA 15.7.2024) oder Anhänger einer abweichlerischen Sekte (HRW 4.2024). Die Baha’i glauben, dass die Lehren über den zwölferschiitischen Messias (den Mahdi) irrelevant wurden, als ihr eigener Glaube den Islam verdrängte. Allerdings wird diese Sichtweise nicht in konfrontativer Form verbreitet - Baha’i gelten als eine sehr friedliche Religionsgemeinschaft, sie lehnen jede Art von gewaltsamen Konflikten ab. Jedoch sind sie auch der festen Überzeugung, dass es ihre Pflicht ist, im Namen ihrer Religion zu missionieren. Insbesondere, da der Glaube an den Mahdi ein Hauptpfeiler des Glaubens der Zwölfer-Schiiten ist, versucht das Regime, die Ausbreitung eines Glaubens, der eben dies ablehnt, mit Gewalt zu verhindern (TWI 21.1.2022). Nachdem sich das religiöse Zentrum der Baha’i in Israel befindet, werden sie zudem bezichtigt, Agenten Israels zu sein (IRJ 27.6.2025; vgl. Zeit Online 19.6.2025). Nach Beginn des 12-tägigen Krieges zwischen Israel und Iran im Juni 2025 wurden zahlreiche Baha’i in ganz Iran gezielt verhaftet (CHRI 26.6.2025; vgl. IRJ 27.6.2025, IRWIRE 29.6.2025a). Als nicht anerkannte religiöse Minderheit können die Baha’i ihren Glauben nicht frei ausüben, auch im Privaten nicht, und keine offiziellen Institutionen einrichten (HRW 4.2024). Baha’i sind seit langer Zeit von systematischer Verfolgung, Unterdrückung und Einschüchterung betroffen, mit dem Ziel, sie zum Verlassen des Landes zu bewegen (TWI 21.1.2022). Die etwa 300.000 Baha’i in Iran sind massiver wirtschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt. Sie sind die am stärksten in ihren Rechten eingeschränkte Minderheit und werden bereits seit der Gründung ihrer Religionsgemeinschaft im 19. Jahrhundert in unterschiedlicher Ausprägung diskriminiert und verfolgt. Baha’i sind vom Pensions- und Sozialversicherungs system ausgeschlossen, Kriminalitätsopfer erhalten keine staatliche Kompensation und Ge werbescheine werden unter Hinweis auf die Baha’i-Zugehörigkeit verweigert. Es gibt Berichte über faktische Berufsverbote (AA 15.7.2024). 2024 wurde auch von Zerstörungen von Grä bern von Baha’i durch die Behörden und Vandalenakten auf einem Baha’i-Friedhof berichtet (AI 29.4.2025; vgl. FH 2025). Die Behörden verhinderten die Beisetzung von Baha’i auf einem Friedhof in Teheran, den die Gemeinschaft seit Jahrzehnten genutzt hatte (AI 29.4.2025). Es kommt immer wieder zu Landbeschlagnahmungen und Eigentumsentzug bei Hausdurchsu chungen (AA 15.7.2024; vgl. USCIRF 1.3.2025, AI 29.4.2025). Ebenso wird ihnen der Zugang zu höherer Bildung verwehrt (AA 15.7.2024). Im November 2024 gaben die Menschenrechtsor ganisation Center for Human Rights (CHRI) und die Baha’i International Community an, dass momentan 1.200 Baha’i vor Gericht stehen oder zu Haftstrafen verurteilt wurden und dass im Jahr 2024 bislang 93 von ihnen vor Gericht geladen oder ins Gefängnis gebracht wurden (FH 126

2025). Die UN-Sonderberichterstatterin zur Menschenrechtslage in Iran zeigte sich auch alar miert über die zunehmende Verfolgung von Baha’i-Frauen in der Islamischen Republik Iran, die ein systematisches Muster der gezielten Verfolgung unter religiöser Diskriminierung und geschlechtsspezifischer Unterdrückung deutlich macht. Baha’i-Frauen scheinen nach Informa tionen aus dem Jahr 2024 zwei Drittel aller Baha’i-Häftlinge im Land auszumachen, von denen viele ohne ordentliches Verfahren oder an unbekannten Orten festgehalten werden (UNHRC 12.3.2025). Die Behörden setzen eine Reihe von Taktiken ein, um Baha’i daran zu hindern, ein stabiles Einkommen im privaten Sektor zu erzielen, einschließlich der Verweigerung von Handelslizen zen, der Schikanierung von Baha’i-Geschäftsinhabern und der Beschlagnahme von Land und Vermögen (MRG 24.11.2022; vgl. HRW 4.2024). Insbesondere die Streichung der Option „ an dere Religionen“ vom Antragsformular für ID-Karten Anfang 2020 setzte die Baha’i unter Druck (ÖB Teheran 11.2021). Es kann nur noch eine der in der Verfassung anerkannten Religionen - also Islam, Christentum, Judentum oder Zoroastrismus - angegeben werden (AA 5.2.2021). Somit sind sie gezwungen, entweder das Formular nicht wahrheitsgemäß auszufüllen (was ihnen ihre Religion verbietet), oder schwere Einschränkungen in Kauf zu nehmen (ÖB Teheran 11.2021). Ebenso wird ihnen damit der Zugang zu höherer Bildung verwehrt (FH 2025; vgl. IRINTL 20.8.2022). Seit der Revolution von 1979 haben Regierungsvertreter, staatliche Institutionen, staatliche Me dien und das schiitische klerikale Establishment (das eng mit dem iranischen Staat verflochten ist) in ihren Reden immer wieder zum Hass gegen die Baha’i-Gemeinschaft in Iran aufgestachelt (HRW 4.2024). Die medial verbreitete Kampagne gegen die Baha’i bedient sich seit Langem eines Narrativs, das die Baha’i der politischen Einflussnahme und Intrigen beschuldigt. Auch wird ihnen „ moralische Abartigkeit“ vorgeworfen (USCIRF 7.2022). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.7.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: 03. April 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/211 2796/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islami schen_Republik_Iran,_15.07.2024.pdf, Zugriff 25.7.2024 ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.2.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: Dezember 2020), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe /fetch/2000/702450/683266/683300/683479/683557/6039039/22618901/-/Deutschland___Ausw ärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_ Republik_Iran_(Stand_Dezember_2020),_05.02.2021.pdf?nodeid=22618137&vernum=-2, Zugriff 14.3.2023 ■ AI - Amnesty International (29.4.2025): Iran: Human rights in Iran: Review of 2024/2025, https: //www.amnesty.org/en/documents/mde13/9275/2025/en/, Zugriff 21.5.2025 ■ CHRI - Center for Human Rights in Iran (26.6.2025): Iran Launches Sweeping Crackdown: Hundreds Detained, Executions Underway, https://iranhumanrights.org/2025/06/iran-launches-sweeping-cra ckdown-hundreds-detained-executions-underway/ , Zugriff 30.6.2025 ■ FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 - Iran, https://freedomhouse.org/country/i ran/freedom-world/2025, Zugriff 10.3.2025 ■ HRW - Human Rights Watch (4.2024): „The Boot on My Neck“ Iranian Authorities’ Crime of Persecu tion Against Baha’is in Iran, https://www.hrw.org/sites/default/files/media_2024/03/iran0424 web.pdf, Zugriff 10.6.2024 127

■ IRINTL - Iran International (20.8.2022): At Least 90 Iranians Of Baha’i Faith Denied University This Year, https://www.iranintl.com/en/202208202759, Zugriff 20.3.2023 ■ IRJ - Iran Journal (27.6.2025): Sündenböcke des Regimes: wie die Baha’i erneut ins Visier geraten, https://iranjournal.org/politik/suendenboecke-des-regimes-wie-die-bahai-erneut-ins-visier-geraten , Zugriff 1.7.2025 ■ IRWIRE - IranWire (29.6.2025a): Iranian Intelligence Agents Arrest Baha’i Citizen in Crackdown After Ceasefire, https://iranwire.com/en/bahais-of-iran/142795-iranian-intelligence-agents-arrest-bahai-c itizen-in-crackdown-after-ceasefire/ , Zugriff 1.7.2025 ■ MRG - Minority Rights Group (24.11.2022): Protests, discrimination and the future of minorities in Iran, https://minorityrights.org/wp-content/uploads/2023/02/MRG_Brief_Baloch_ENG_Nov22_CO RRECT.pdf, Zugriff 16.3.2023 ■ ÖB Teheran - Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht – Islami sche Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_ÖB-Bericht_2021.pdf, Zugriff 7.2.2023 [Login erforderlich] ■ TWI - Washington Institute for Near East Policy, The (21.1.2022): Iran’s Increased Persecution of the Bahai, https://www.washingtoninstitute.org/policy-analysis/irans-increased-persecution-bahai , Zugriff 20.3.2023 ■ UNHRC - United Nations Human Rights Council (12.3.2025): Situation of human rights in the Islamic Republic of Iran*, https://www.ohchr.org/sites/default/files/documents/hrbodies/hrcouncil/sessions-r egular/session58/advance-version/a-hrc-58-62-aev.pdf , Zugriff 17.3.2025 ■ USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom [USA] (1.3.2025): Annual Report USCIRF–Recommended for Countries of particular Concern (CPC): Iran, https://www.ecoi. net/en/file/local/2124278/Iran 2025 USCIRF Annual Report.pdf, Zugriff 16.6.2025 ■ USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom [USA] (7.2022): Religious Propaganda in Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2077154/2022 Iran Propaganda Report.pdf, Zugriff 21.3.2023 ■ Zeit Online - Zeit Online (19.6.2025): Als Bahai gerät man ins Kreuzfeuer, https://www.zeit.de/2025 /26/minderheit-iran-bahai-israel-nahostkrieg-islam , Zugriff 1.7.2025 16.4 Sunniten Letzte Änderung 2025-07-17 12:29 Der sunnitische Islam konzentriert sich in Iran vor allem auf Regionen mit einem hohen Bevölke rungsanteil an Kurden, Belutschen und Turkmenen. Dazu gehören die Provinzen West-Aserbai dschan, Kurdistan und Kermanshah, Golestan und Nord-Khorasan (zusammen als turkmenische Sahra bekannt) sowie Sistan und Belutschistan. Einige ethnisch persische und arabische sunni tische Gemeinschaften gibt es auch im Süden und Westen Irans (AIC 17.10.2019; vgl. Qantara 11.1.2016). Es gibt hierbei also deutliche Überschneidungen zwischen ethnischen und religiösen Minderheiten (UNHRC 19.3.2024). In den sunnitischen Siedlungsgebieten im Westen und Südosten Irans ist die Religionsausübung ohne Einschränkungen möglich (AA 15.7.2024). Sunniten können ihren Glauben in der Provinz Sistan und Belutschistan beispielsweise freier praktizieren als in Teheran (Qantara 3.7.2017), wo es keine einzige offizielle sunnitische Moschee gibt (DW 7.4.2024; vgl. UNHRC 19.3.2024, Qantara 3.7.2017). Sistan und Belutschistan entwickelte sich in den letzten Jahrzehnten zu einem Zentrum sunnitischer Gelehrsamkeit (USIP 9.3.2023; vgl. Clingendael 31.7.2024). Die iranische Verfassung erkennt die vier sunnitischen Rechtsschulen der Hanafiten, Hanbaliten, Schafiiten und Malikiten an und erlaubt es ihnen, Belange der religiösen Erziehung und Per sonenstandsfragen (betr. Heirat, Scheidung, Erbschaft/Nachlass) entsprechend ihrer eigenen Rechtssprechung zu regeln (UNHRC 19.3.2024). Trotz des rechtlichen Schutzes sind sie von 128

Diskriminierung betroffen (UNHRC 19.3.2024; vgl. HRW 16.1.2025), und zwar sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben (AI 29.4.2025). Der iranische Präsident muss beispielswei se laut Verfassung Schiit sein (UNHRC 19.3.2024), wobei nach dem Amtsantritt von Präsident Masoud Pezeshkian 2024 erstmals ein sunnitischer Belutsche zum Provinzgouverneur ernannt wurde (IRWIRE 24.1.2025). Die Anwendung des gozinesh-Systems trägt zur Marginalisierung der Sunniten bei [Anm.: s. Überkap. für eine Beschreibung] (Clingendael 31.7.2024). Ein Ge setz verbietet den Bau sunnitischer Gotteshäuser in städtischen Gebieten, die überwiegend von Schiiten bewohnt werden, und umgekehrt (Qantara 3.7.2017). Sunnitische Bürger müssen sich oft in privaten Gebetszentren versammeln, von denen einige von den Sicherheitskräften ge schlossen wurden (UNHRC 19.3.2024; vgl. AIC 17.10.2019). Darüber hinaus wurden Berichten zufolge in den letzten Jahren mehrere sunnitische Moscheen und religiöse Schulen abgerissen und beschlagnahmt (UNHRC 19.3.2024). Im Zuge der Proteste ab September 2022 übten auch prominente sunnitische Stimmen wie Kak Hasan Amini, einer der profiliertesten sunnitischen Geistlichen Irans, oder Mawlawi Abdulhamid Ismaeelzahi [Anm.: Mawlawi ist dabei ein Ehrentitel] aus Belutschistan, Führer der sunnitischen Gemeinschaft im Osten des Irans, Kritik am Regime (Posch 2023). Sunnitische Geistliche wer den immer wieder verhaftet (ÖB Teheran 11.2021; vgl. USIP 9.3.2023). Im Februar 2024 wurde auch von einem Todesurteil gegen einen sunnitischen Kleriker berichtet, der beim Begräbnis eines getöteten Protestteilnehmers eine Rede gehalten hatte (IRWIRE 13.2.2024). Der Rek tor der Großen Makki-Moschee in Zahedan in der Provinz Sistan und Belutschistan, Mawlawi Abdolhamid, hat sich in seinen Reden wiederholt gegen die Vorgehensweise des iranischen Regimes bei den Protesten ab September 2022 ausgesprochen und Gleichberechtigung für die ethnischen Minderheiten des Landes eingefordert (USIP 9.3.2023), bzw. fordert diese im mer noch ein. Ende 2024 kritisierte er beispielsweise die gestiegene Anzahl an Hinrichtungen unter den Angehörigen ethnischer Minderheiten in Iran (IRWIRE 19.12.2024). Er ist damit zu einem der (wenigen bekannten) Gesichter der inneriranischen Opposition geworden (Standard 11.9.2023). Nach seinen Freitagsgebeten fanden ab September 2022 wöchentlich Proteste in Zahedan statt (IRINTL 15.9.2023; vgl. IRWIRE 17.11.2023), Zahedan entwickelte sich zur Pro testhochburg (DW 7.4.2024). Am 30.9.2022 kam es dabei zum tödlichsten Zwischenfall (UNHRC 7.2.2023), als Sicherheitskräfte in der Nähe der Makki-Moschee von Häuserdächern in die Men ge schossen. Rund 80 bis 100 Menschen starben bei dem Vorfall (UNHRC 19.3.2024; vgl. DW 7.4.2024). Sunniten werden mitunter sowohl aufgrund ihrer religiösen wie auch ethnischen Zugehörig keit diskriminiert, da viele kurdischer, arabischer oder belutschischer Volkszugehörigkeit sind (AA 15.7.2024; vgl. UNHRC 19.3.2024). In den Siedlungsgebieten der Sunniten gibt es starke Autonomiebewegungen, gegen welche die Zentralregierung in Teheran vorgeht. Angehörige der ethnischen Minderheiten haben deshalb auch schlechteren Zugang zu Wasser, Wohnraum, Arbeit oder Bildung. Sunnitentum, ethnische Zugehörigkeit und Autonomiebestrebungen ver mischen sich in der staatlichen Wahrnehmung (Qantara 11.1.2016). [Anm.: s. dazu auch Kap. Ethnische Minderheiten]. Quellen 129
