2025-09-09-coi-cms-laenderinformationen-iran-version-10-33ca
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
die Mostazafin-Stiftung) (Harris/Diwan/Malik (A.)/Atiyas 2019, S. 363), wobei die wirtschaftlich mächtigen religiösen, revolutionären und militärischen Stiftungen auch als Bonyads bekannt sind (BS 19.3.2024). Die iranische Wirtschaft steht somit nicht einfach unter der Kontrolle der iranischen Regierung. Institutionen, die mit Hoheitsorganen abseits der Regierung (z. B. den Revolutionsgarden und dem Büro des Obersten Führers) verbunden sind, kontrollieren gro ße Teile der Wirtschaft des Landes (EPC 28.3.2023; vgl. BS 19.3.2024). Die Vermengung der politischen mit der wirtschaftlichen Sphäre hat eine staatliche Verteilungs- und Klientelpolitik gefördert, die mit hoher Korruption einhergeht (BPB 31.1.2020b; vgl. MEI 7.6.2022). Laut dem Human Development Index (HDI) des Entwicklungsprogramms der Vereinten Natio nen (UNDP) befindet sich Iran mit einem Indexwert von 0,799 für das Jahr 2023 [letztverfügbare Daten] unter den Ländern mit einem hohen Entwicklungsstand und dieser Wert stellt einen Höchststand für Iran seit Beginn der Messungen im Jahr 1990 dar. Der HDI misst den Ent wicklungsstand von Staaten anhand der Faktoren „ langes und gesundes Leben“, „ Zugang zu Bildung“ und „ menschenwürdige Lebensstandards für die Bevölkerung“ (UNDP 6.5.2025). Mit einem Pro-Kopf-BIP von 4.465,6 USD im Jahr 2023 [letztverfügbare Daten] zählt die Weltbank die Islamische Republik Iran zu den Ländern in der Kategorie „ oberes mittleres Einkommen“ (WB o.D.) und 2024 verzeichnete Iran ein Wirtschaftswachstum in der Höhe von rund 3 % (WKO 4.2025). Das BIP-Wachstum des Landes, gemessen in konstanten Dollar-Kursen, ist seit den frühen 2010er-Jahren jedoch weitgehend unverändert geblieben und das BIP pro Kopf liegt bei Kaufkraftparität etwa 10 % unter dem Niveau der späten 2000er-Jahre (FES 3.2024). Die Wirtschaft leidet unter verschiedenen Ungleichgewichten, die u. a. durch eine fehlgeleitete Sub ventionspolitik, Missmanagement und Korruption verursacht werden. Wichtige Phänomene, die die Wirtschaftsleistung untergraben, sind das Haushaltsdefizit, Stromknappheit und Unzuläng lichkeiten des Finanzsektors, wobei die größten Ursachen für die Instabilität die hohe Inflation und die [vom Westen verhängten] Sanktionen sind (Clingendael 30.1.2025). Die Inflation und der niedrige Wechselkurs des iranischen Rial (IRR) setzen die iranische Wirtschaft unter Druck (WKO 4.2025). Die Wirtschaftsleistung Irans wird auch stark von der Innenpolitik, regionalen Sicherheitsfragen und geopolitischen Entwicklungen beeinflusst (Clingendael 30.1.2025). Der Wechselkurs des IRR betrug bei Verhängung der US-Sanktionen im Jahr 2018 42.000 IRR zu 1 USD. Danach verlor er deutlich an Wert (IRINTL 29.1.2024; vgl. ALCH 11.6.2025), mit Stand 27.6.2025 steht der Kurs auf dem freien Markt bei 836.500 IRR zu 1 USD [Anm.: Iran hat ein System der multiplen Wechselkurse, hier wird auf den (grundsätzlich ohne Einschränkungen verfügbaren) Kurs auf dem freien Markt Bezug genommen. Informationen zum System der multiplen Wechselkurse können dem unten erwähnten Themenbericht entnommen werden] (ALCH 27.6.2025). Der IRR hat mit Beginn der israelischen Militäroperation Mitte Juni weitere Kursverluste erlebt (RFAR 19.6.2025). Der Wechselkurs reagiert weiterhin äußerst empfindlich auf jegliche politischen Entwicklungen (WKO 4.2025). Der niedrige IRR-Kurs verteuert vor allem Importe auf breiter Front (BAMF 13.2.2023). Die offiziell bekannt gegebene jährliche Inflationsrate lag seit 2018 immer über 30 %, was ei nen großen Teil des Mittelstands in die Armut getrieben hat (Clingendael 30.1.2025). Im Jahr 2023-2024 lag die Inflation gemäß Daten der Weltbank sogar bei über 50 % (WB 10.2024). Für 197

2025 wird ein jährlicher Durchschnittswert von 38,5 % erwartet. Viele Produktgruppen weisen allerdings einen weitaus höheren Inflationswert auf (bei Lebensmitteln liegt dieser laut Schät zungen unabhängiger Experten derzeit bei knapp 80 %) (WKO 4.2025). Die hohe Inflation trifft Haushalte mit geringem Einkommen unverhältnismäßig stark, da deren Ausgaben für Lebens mittel und Wohnen etwa 80 % ihres Budgets ausmachen, während ihre Reallöhne sinken (WB 24.8.2023). Entsprechend der von der Weltbank für Iran verwendeten Definition der Armutsgrenze (Verfüg barkeit von mindestens 6,85 USD tägl.) befanden sich im Fiskaljahr 2023/2024 [Anm.: letztver fügbare Daten] 19,9 % der Iraner unter der Armutsgrenze, wobei dies ein leichter Rückgang nach einem Höhepunkt während der COVID-19-Pandemie ist (WB 23.4.2025). Ein Vertreter des iranischen Instituts für Arbeit und Wohlfahrt bezifferte den Anteil jener Iraner, die Probleme damit haben, ihre Grundbedürfnisse zu decken, im Jänner 2025 dagegen auf bis zu 27 % (IRWIRE 6.1.2025). Ein anderer, von einer iranischen Nachrichtenseite zitierter iranischer Ökonom sprach Anfang 2025 davon, dass rund die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben würde (AFTAB 6.1.2025).Nach wie vor gibt es auch regionale Unterschiede, insbesondere gegenüber den ländlichen und südöstlichen Regionen. Die Ungleichheiten wurden durch anhaltende Dürre und Wasserknappheit noch verschärft. Die südöstlichen Provinzen, insbesondere Sistan und Belutschistan, sind von großer Armut betroffen, die deutlich über dem nationalen Durchschnitt liegt (WB 4.2024). Laut dem aktuellsten Bericht des iranischen Statistikzentrums lagen die jährlichen Lebenser haltungskosten in Teheran, der teuersten Stadt des Landes, im Jahr 2022/2023 bei mehr als 2 Mrd. IRR (über 2.100 EUR), wobei die Lebenserhaltungskosten vor allem seit der COVID-19- Pandemie deutlich angestiegen sind. Die Weltbank definiert die Armutsgrenze für eine dreiköpfi ge Familie in Ländern mit ähnlichem Wirtschaftsniveau wie Iran bei 450 Mio. IRR (476,19 EUR). Der gesetzliche Mindestlohn für einen verheirateten Arbeiter liegt allerdings nur bei 110 Mio. IRR (116,40 EUR) pro Jahr (IOM 9.5.2025). Die Grundversorgung ist gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch ein enger Familienzu sammenhalt sowie das islamische Spendensystem beitragen (AA 15.7.2024). Der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen ist im ganzen Land nahezu flächendeckend, mit Ausnahme des Zugangs zu modernen Abwassersystemen und zum Internet, wo es eine große Kluft zwischen ländlichen und städtischen Haushalten gibt (WB 11.2023). Obwohl Iran zu den Ländern mit den größten Erdöl- und Gasvorkommen zählt, wurde im Winter 2024/2025 von einer Energiekri se berichtet, die Stromabschaltungen nach sich zog, um das weitgehend von Gas abhängige Heizsystem für die Bevölkerung aufrecht zu halten. Neben Missmanagement, den verhängten Sanktionen und veralteter Infrastruktur wurde dies auch auf israelische Angriffe im Februar 2024 zurückgeführt, bei denen zwei iranische Gaspipelines beschädigt wurden (NYT 26.12.2024). Iranische Banken sind vom globalen Finanzsystem effektiv ausgeschlossen (BS 19.3.2024). Anm.: Informationen zu den gegen Iran verhängten Sanktionsregimes und ihren Auswirkun gen auf das iranische Bankensystem sowie den Möglichkeiten zum grenzüberschreitenden Geldtransfer können dem Themenbericht der Staatendokumentation „ Finanztransfers zwischen 198

Iran und Europa“ entnommen werden, der im COI-CMS und auf ecoi.net zu finden ist. Dem Themenbericht können u. a. auch Informationen zum System der multiplen Wechselkurse und verschiedenen Möglichkeiten zum Geldtransfer zwischen Iran und Europa entnommen werden, darunter eine Beschreibung des Hawala-Systems. Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.7.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: 03. April 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/211 2796/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islami schen_Republik_Iran,_15.07.2024.pdf, Zugriff 25.7.2024 ■ AFTAB - Aftab News (6.1.2025): رقف طخ تسا رقف راچد رفن ۱ یناریا ۲ ره زا ۵۳ نویلیم تسا ناموت [Jeder zweite Iraner lebt in Armut Die Armutsgrenze liegt bei 35 Millionen Toman], https://aftabnews.ir/fa/news/961513/--------------- , Zugriff 5.2.2025 ■ ALCH - Alanchand (27.6.2025): Dollar Cash Archive, https://alanchand.com/en/currencies-price/arc hive/usd, Zugriff 27.6.2025 ■ ALCH - Alanchand (11.6.2025): Dollar Cash Archive, https://alanchand.com/en/currencies-price/arc hive/usd, Zugriff 11.6.2025 ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (13.2.2023): Briefing Notes KW 7, https://www.ecoi.net/de/dokument/2087060.html, Zugriff 31.3.2023 ■ BPB - Bundeszentrale für politische Bildung [Deutschland] (15.5.2020): Irans Wirtschaft im Zeichen von US-Sanktionen und Corona-Krise, https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/309950/irans-w irtschaft-im-zeichen-von-us-sanktionen-und-corona-krise/ , Zugriff 31.3.2023 ■ BPB - Bundeszentrale für politische Bildung [Deutschland] (31.1.2020b): Erdöl, Klientelpolitik, Sank tionen: Irans sozioökonomische Entwicklung, https://www.bpb.de/themen/naher-mittlerer-osten/ira n/40128/erdoel-klientelpolitik-sanktionen-irans-soziooekonomische-entwicklung/ , Zugriff 31.3.2023 ■ BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Iran, https://www.ecoi.net/en/file/l ocal/2105885/country_report_2024_IRN.pdf, Zugriff 26.3.2024 ■ Clingendael - Clingendael - The Netherlands Institute of International Relations (30.1.2025): Ap proaching the precipe: Near-term prospects of Iran’s economy, https://www.clingendael.org/public ation/approaching-precipe-near-term-prospects-irans-economy , Zugriff 5.2.2025 ■ EPC - Emirates Policy Center (28.3.2023): Iran’s New Year Budget and Its Impact on Inflation and Deficit, https://epc.ae/en/details/featured/iran-s-new-year-budget-and-its-impact-on-inflation-and-d eficit, Zugriff 14.5.2024 ■ FES - Friedrich-Ebert-Stiftung (3.2024): Iran: Gewerkschaftsmonitor, https://library.fes.de/pdf-files/i nternational/gm-mona/21130/2024-iran.pdf, Zugriff 10.5.2024 ■ Harris/Diwan/Malik (A.)/Atiyas - Harris, Kevan (Autor), Diwan, Ishac (Herausgeber), Malik, Adeel (Herausgeber), Atiyas, Izak (Herausgeber) (2019): Iran’s Commanding Heights: Privatization and Conglomerate Ownership in the Islamic Republic. In: Crony Capitalism in the Middle East. Oxford: Oxford University Press. S. 363-399., https://ucla.app.box.com/s/tp2lvif7ql37cql3knkz27y1wavlomgt, Zugriff 13.2.2025 ■ IOM - International Organization for Migration (9.5.2025): Information on the socio-economic situation for Afghans in the Islamic Republic of Iran requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum ■ IRINTL - Iran International (29.1.2024): Iran’s Currency Falls To An All-Time Low With Prospect Of US Action, https://www.iranintl.com/en/202401297224, Zugriff 23.2.2024 ■ IRWIRE - IranWire (6.1.2025): Poverty Surge in Iran: 27% Can’t Afford Essentials, https://iranwire.c om/en/news/137790-poverty-surge-in-iran-27-cant-afford-essentials/ , Zugriff 5.2.2025 ■ MEI - Middle East Institute (7.6.2022): A country in free fall, a corruptocracy in full swing: Why a building collapse in Iran matters, https://www.mei.edu/publications/country-free-fall-corruptocracy-f ull-swing-why-building-collapse-iran-matters , Zugriff 31.3.2023 ■ NYT - New York Times, The (26.12.2024): Iran’s Energy Crisis Hits ‘Dire’ Point as Industries Are Forced to Shut Down, https://www.nytimes.com/2024/12/21/world/middleeast/iran-economy-energ y-crisis.html, Zugriff 5.2.2025 199

■ REU - Reuters (26.6.2025b): Damaged unit of Iran’s South Pars refinery back operating, Nour News says, https://www.reuters.com/world/middle-east/damaged-unit-irans-south-pars-refinery-back-o perating-nour-news-says-2025-06-26/ , Zugriff 27.6.2025 ■ RFAR - Radio Farda (19.6.2025): شزرا ددجم طوقس ؛تخادنا هیاس سروب و زرا رازاب رب گن ناریا لوپ [Die Krise warf einen Schatten auf die Devisen- und Aktienmärkte; der Wert der iranischen Währung fiel erneut], https://www.radiofarda.com/a/iran-s-currency-in-free-fall-as-conflict-with-isr ael-continues/33443669.html, Zugriff 27.6.2025 ■ Standard - Standard, Der (15.6.2025): Raffinerien und Gasdepots als Kriegsziele: Was für Iran, Israel und die Welt auf dem Spiel steht, https://www.derstandard.at/story/3000000274054/raffineri en-und-gasdepots-als-kriegsziele-was-fuer-iran-israel-und-die-welt-auf-dem-spiel-steht , Zugriff 27.6.2025 ■ UNDP - United Nations Development Programme (6.5.2025): Iran (Islamic Republic of): HDI Human Development Index, https://hdr.undp.org/data-center/specific-country-data#/countries/IRN , Zugriff 11.6.2025 ■ WB - Weltbank (o.D.): Iran, Islamic Rep., https://data.worldbank.org/country/iran-islamic-rep, Zugriff 5.2.2025 ■ WB - Weltbank (23.4.2025): Poverty & Equity Brief Islamic Republic of Iran, https://documents1.wor ldbank.org/curated/en/099640404212584734/pdf/IDU-707990f6-e879-41c1-9d99-c93c15967845. pdf, Zugriff 11.6.2025 ■ WB - Weltbank (10.2024): Iran, Islamic Republic, https://thedocs.worldbank.org/en/doc/65cf93926 fdb3ea23b72f277fc249a72-0500042021/related/mpo-irn.pdf, Zugriff 5.2.2025 ■ WB - Weltbank (4.2024): Poverty & Equity Brief Islamic Republic of Iran, https://www.worldbank.or g/en/topic/poverty/publication/poverty-and-equity-briefs , Zugriff 15.5.2024 ■ WB - Weltbank (11.2023): Poverty and Shared Prosperity, https://documents1.worldbank.org/curat ed/en/099110623175541902/pdf/P1777150fa1dcd02108b55086af5f3268f5.pdf, Zugriff 15.5.2024 ■ WB - Weltbank (24.8.2023): Iran Economic Monitor, https://openknowledge.worldbank.org/server/a pi/core/bitstreams/1c94cb80-5f40-408f-a5c7-c7cfd97dc438/content , Zugriff 21.2.2024 ■ WB - Weltbank (20.10.2022): Islamic Republic of Iran: Overview, https://www.worldbank.org/en/cou ntry/iran/overview, Zugriff 31.3.2023 ■ WKO - Wirtschaftskammer Österreich (4.2025): Wirtschaftsbericht Iran, https://www.wko.at/oe/auss enwirtschaft/iran-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 11.6.2025 21.1 Sozialbeihilfen Letzte Änderung 2025-07-04 08:42 Das sozialstaatliche System Irans besteht aus Subventionen für grundlegende Güter, Bargeld transfers, Organisationen zur Armutsbekämpfung, die einen Teil der ärmeren Bevölkerung nach Bedürftigkeit versorgen, und Sozialversicherungsorganisationen, welche die mittleren und obe ren Einkommensschichten des Landes abdecken (CERI 12.2021). Zu den Sicherungsmaßnah men gehören Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosengeld, Krankenurlaub, Mutterschaftsgeld und Zuwendungen für Behinderte (WB 11.2023). Das Bildungs- und Gesundheitswesen ist für alle iranischen Staatsangehörigen, einschließlich der Rückkehrenden, über das Bildungsmi nisterium und das Ministerium für Gesundheit und medizinische Ausbildung zugänglich (IOM 9.2024). Sozialversicherungsleistungen Das iranische Sozialversicherungssystem wird vom Ministerium für Kooperativen, Arbeit und Wohlfahrt überwacht und v. a. von der „ Organisation für Sozialversicherung“ (Social Security Organization, SSO [Farsi: Sazman Tamin Ejtemaei]) (SSA o.D.) als Sozialversicherungsträger mit rund 27 Mio. Begünstigten verwaltet (Bimeh 24.9.2024). Gemäß der iranischen Arbeits gesetzgebung müssen alle regulär Angestellten des privaten Sektors bei der SSO versichert 200

sein (SAIS Rethinking Iran 2023; vgl. Bimeh 24.9.2024), wobei die Versicherungsprämien durch Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie staatliche Zuschüsse gedeckt werden. Öf fentliche Bedienstete mit befristeten Verträgen sind ebenfalls bei der SSO versichert (Landinfo 12.8.2020). Für [andere] Staatsbedienstete und Angehörige der Streitkräfte gibt es spezielle Versicherungssysteme (IOM 9.2024). Freiberufler können sich freiwillig bei der SSO versichern (Bimeh 24.9.2024). Seit den 1990ern werden auch Angestellte in kleinen Firmen und informell tätige Selbstständige dazu ermutigt, sich bei der SSO zu versichern (Landinfo 12.8.2020), wobei hierzu bestimmte Voraussetzungen gelten (IOM 9.2024). Personen aus den untersten Einkom mensklassen fallen unter die Salamat-Versicherung, die mittels staatlicher Finanzierung eine medizinische Grundversorgung bietet (Amwaj 29.4.2024). Offiziellen Statistiken zufolge erhält rund die Hälfte der iranischen Bevölkerung irgendeine Art von Leistung von der SSO (IRINTL 26.10.2023; vgl. Amwaj 29.4.2024), wobei dies auch un terhaltsberechtigte Angehörige von Versicherten mit einschließt (Landinfo 12.8.2020). Rund ein Drittel der Bevölkerung ist über Salamat versichert (Amwaj 29.4.2024). Zur Größe des in formellen Sektors der iranischen Wirtschaft existieren unterschiedliche Daten. Demnach sind 25 bis rund 60 % der Arbeitskräfte informell beschäftigt (SAIS Rethinking Iran 2023). Gemäß einem Bericht von Landinfo aus dem Jahr 2020 sind rund 25% der Beschäftigten, vor allem im informellen Sektor und unter Saisonarbeitern, nicht pensionsversichert (Landinfo 12.8.2020). Laut Daten der International Labour Organization aus dem Jahr 2019 erhielten dagegen 87,2 % der Bevölkerung im pensionsberechtigten Alter eine Alterspension (ILO 24.9.2024), wobei nur jene Personen eine Alterspension erhalten, die auch in die Pensionsversicherung eingezahlt haben. Hierbei gibt es unterschiedliche Versicherungsmöglichkeiten, z. B. für Angestellte und Selbstversicherer, einschließlich spezieller Versicherungspläne für Hausfrauen oder Unterneh mer (IOM 9.5.2025). Die SSO bietet ihren Mitgliedern Krankenversicherungs-, Pensions- und Arbeitslosenversicherungsleistungen (IOM 9.2024; vgl. Bimeh 24.9.2024). Arbeitnehmer, die mindestens sechs Monate hintereinander Sozialversicherungsbeiträge ge leistet haben, und unfreiwillig arbeitslos werden, können mindestens sechs Monate lang Leis tungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen. Sie erhalten dabei 55 % ihres angegebenen Monatslohns. Dies gilt auch für Rückkehrer. Darüber hinaus existiert keine staatliche Arbeits losenhilfe (IOM 9.2024). Selbstständige und Beamte sind nicht Teil der Arbeitslosenversiche rung, da angenommen wird, dass ihre Arbeitsverträge nicht gekündigt werden können (Landinfo 12.8.2020). Die Mittel für die Alterspension werden durch gemeinsame Beiträge der versicherten Person, des Arbeitgebers und der Regierung gedeckt und variieren je nach Beitragsjahren. Die Hinter bliebenenrente wird an Angehörige einer versicherten verstorbenen Person gezahlt (Landinfo 12.8.2020). Die durchschnittliche Pensionshöhe liegt derzeit bei rund 150 Mio. IRR (158,73 EUR) pro Jahr (IOM 9.5.2025). Andere Hilfsleistungen Der Staat gewährt iranischen Bürgern im Rahmen des iranischen Plans für gezielte Subven tionen Bargeldzuschüsse. Nach diesem Plan werden je nach Einkommensklassen Zuschüsse 201

ausbezahlt. Personen in den drei niedrigsten Einkommensklassen erhalten eine monatliche Bargeldunterstützung von 4 Mio. IRR (4,23 EUR), Personen in den fünf darüberliegenden Ein kommensklassen 3 Mio. IRR (3,17 EUR) (IOM 9.5.2025). Nach Auskunft des IOM-Büros in Teheran gibt es abseits der Bargeldzuschüsse keine Bargeld leistungen, die speziell auf Familien abzielen würden. Angesichts der alternden Bevölkerung und gesunkenen Geburtenrate versucht der Gesetzgeber allerdings, eine frühe Heirat und Geburt von Kindern durch Maßnahmen zu fördern. Dazu gehören Darlehensprogramme, bei denen bei spielsweise Kredite bei Heirat, Geburt eines Kindes oder für Mietkosten (für verheiratete Frauen unter 35 bzw. Männer unter 45) vergeben werden können. Die Summen für die Kredite mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einer Zinsrate von vier Prozent variieren u. a. je nach Anlass und betragen zwischen 1 und 3,5 Mrd. IRR. Die Kredite stehen nur iranischen Staatsbürgern offen (IOM 9.5.2025). Es gibt soziale Absicherungsmechanismen, wie z. B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z. B. Frauengruppen) (AA 15.7.2024; vgl. IOM 9.2024). Es gibt zwei öffentliche Organisationen für gefährdete Gruppen. Je nach den Bedürfnissen der Zielgruppen stellen sie Dienste für bestimmte vulnerable Gruppen bereit. Eine der wichtigsten öffentlichen Organisationen ist Behzisti [Anm.: auch State Welfare Organization, SWO], die eine breite Palette von Dienstleistungen für verschiedene gefährdete Gruppen anbietet, wie z. B. für Drogenabhängige, alleinerziehende Mütter, arbeitende Kinder, unbegleitete Minderjährige und Hochbetagte. Zu den Dienstleistungen gehören sozialpsychologische Sitzungen, Beratungs dienste, vorübergehende Unterkünfte (Garm Khaneh) und Wohnheime, geistige und körperliche Rehabilitationsdienste, Suchtbehandlung und vieles mehr. Die Imam Khomeini Relief Foun dation bietet auch Dienstleistungen für von Frauen geführte Haushalte, Waisen, Familien von Häftlingen usw. an, um deren Lebensbedingungen zu verbessern (IOM 9.2024). Auch Personen mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung können von der SWO bzw. Behzisti Unterstützung erhalten. Sie können sich bei der Organisation registrieren lassen und einen Ausweis beantragen, der die Art und den Grad ihrer Behinderung dokumentiert. Die Leistungen der SWO stehen allerdings nur iranischen Staatsbürgern offen. Darüber hinaus gibt es auch wohltätige Organisationen, die beispielsweise Menschen mit Behinderung unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsstatus mit begrenzten finanziellen Mitteln oder Hilfsgeräten unterstützen (IOM 9.5.2025). Behzisti und die Imam Khomeini Relief Foundation helfen bedürftigen Menschen auch bei der Anmietung einer Wohnung. Anspruchsberechtigte Personen erhalten unter besonderen Bedin gungen eine monatliche Beihilfe für Grundbedürfnisse wie Wohnraum. Aufgrund des Anstiegs der Wohnungspreise und des Rückgangs der Einkommen können diese Beträge die Wohnkos ten in Iran nicht decken (IOM 9.2024). 202

Bezüglich Themen, die Kinder betreffen, ist die SWO laut IOM sehr strikt. Wenn ein Minderjäh riger als unbegleitet identifiziert wurde, wird das Kind in einem Zentrum der SWO untergebracht und erhält dort Zugang zu Diensten, einschließlich Verpflegung und Kleidung, sofern das Kind die iranische Staatsbürgerschaft besitzt (IOM 9.5.2025). Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt (AA 15.7.2024; vgl. IOM 9.2024). Für Rückkehrer im Rahmen des IOM-Projekts „Assisted Voluntary Return and Reintegration“ (AVRR) können jedoch auf Anfrage Hotelzimmer für ein paar Tage gebucht werden. Vorübergehende Unterkünfte, auch bekannt als Garm Khaneh, nehmen nur extrem gefährdete Obdachlose und Drogenabhängige auf (IOM 9.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.7.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: 03. April 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/211 2796/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islami schen_Republik_Iran,_15.07.2024.pdf, Zugriff 25.7.2024 ■ Amwaj - Amwaj Media (29.4.2024): How changes in Iran’s health sector weaken the executive branch, https://amwaj.media/article/how-changes-in-iran-s-health-sector-weaken-the-executive-branch , Zugriff 15.5.2024 ■ Bimeh - Bimeh (24.9.2024): یعامتجا نیمأت نامزاس یا همیب تاعالطایعامتجا نیمات همیب ناریا :تادهعت و تامدخ ،فادها لماک تخانش [Iranische Sozialversicherungsanstalt: Um fassendes Verständnis der Ziele, Leistungen und Verpflichtungen], https://bimeh.com/mag/so cial-security-organization/, Zugriff 5.2.2025 ■ CERI - Centre de Recherches Internationales SciencesPo (12.2021): In Defiance of Rentier-State Theory: the Welfare System in the Islamic Republic of Iran, https://www.sciencespo.fr/ceri/en/cont ent/dossiersduceri/defiance-rentier-state-theory-welfare-system-iran , Zugriff 19.2.2024 ■ ILO - International Labour Organization (24.9.2024): World Social Protection Report 2024–26 Re gional Companion Report for Asia and the Pacific, https://www.social-protection.org/gimi/Media.act ion?id=20154, Zugriff 22.1.2025 ■ IOM - International Organization for Migration (9.5.2025): Information on the socio-economic situation for Afghans in the Islamic Republic of Iran requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum ■ IOM - International Organization for Migration (9.2024): The Islamic Republic of Iran: Country Fact Sheet 2024, https://milo.bamf.de/otcs/cs.exe/fetchcsui/-30350224/Iran_-_Country_Fact_Sheet_202 4,_Englisch.pdf?nodeid=30351552&vernum=-2, Zugriff 5.2.2025 ■ IRINTL - Iran International (26.10.2023): Pension Fund Crisis In Iran Can Lead To More Political Instability, https://www.iranintl.com/en/202310264363, Zugriff 16.2.2024 ■ Landinfo - Referat für Länderinformationen der Einwanderungsbehörde [Norwegen] (12.8.2020): Iran: The Iranian Welfare System, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036035/Report-Iran-Welfare-s ystem-12082020.pdf, Zugriff 15.3.2023 ■ SAIS Rethinking Iran - Rethinking Iran Initiative at The Johns Hopkins’ School of Advanced Interna tional Studies (2023): Civilian Pain Without a Significant Political Gain, https://www.rethinkingiran.c om/iran-sanctions-reports/economic-sanctions-welfare-system-9gynw-ad4hy , Zugriff 19.2.2024 ■ SSA - Social Security Administration [USA] (o.D.): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018: Iran, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/i ran.html, Zugriff 19.2.2024 ■ WB - Weltbank (11.2023): Poverty and Shared Prosperity, https://documents1.worldbank.org/curat ed/en/099110623175541902/pdf/P1777150fa1dcd02108b55086af5f3268f5.pdf, Zugriff 15.5.2024 203

22 Medizinische Versorgung Letzte Änderung 2025-07-04 11:44 Anm.: Mit Stand 27.6.2025 sind die Auswirkungen der israelischen Luftangriffe ab dem 13.6.2025 auf die Gesundheitsversorgung in Iran nicht absehbar, insbesondere nicht bezüglich möglicher längerfristiger Folgen auf die Verfügbarkeit von Medikamenten, Infrastruktur und finanziellen Mitteln. Iranische Behörden und regimenahe iranische Medien behaupten, Israel hätte u. a. auch Krankenhäuser in Teheran und Kermanshah bombardiert, was gegenwärtig nicht verifiziert werden kann (AnA 20.6.2025, TEHT 19.6.2025). Während der Phase intensiver Luftbombarde ments sahen sich manche Krankenhäuser in Iran mit einer Flut an Verwundeten konfrontiert, wodurch die Gesundheitseinrichtungen überlastet wurden (Guardian 16.6.2025). Die Lage wird von der Staatendokumentation weiter beobachtet. Es wird erbeten, bei Bedarf Rücksprache mit der Staatendokumentation zu halten. Grundsätzlich entspricht die medizinische Versorgung, insbesondere in ländlichen Gebieten, nicht (west-)europäischen Standards. Das Land hat in den Jahrzehnten seit der Revolution 1979 allerdings viel in das nationale Gesundheitssystem investiert. Die Mütter- und Säuglings sterblichkeit ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen, die Lebenserwartung ist auf inzwischen 74 Jahre (Männer) bzw. 78 Jahre (Frauen) gestiegen (AA 15.7.2024). Selbst in ländlichen Gebieten haben 85 % der Bevölkerung Zugang zur primären Gesundheits versorgung, 90 % werden mit sauberem Trinkwasser versorgt, 80 % sind an entsprechende Sanitäranlagen angeschlossen. Dennoch haben bei Weitem nicht alle Zugang zu komplexen, spezialisierten und damit auch teureren Diensten (AA 15.7.2024). Die spezialisierte, medizini sche Versorgung, gerade bei Notfällen oder Unfällen, ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt. In Teheran ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau mög lich (AA 12.12.2024). Auch wenn der Zugang zu gesundheitlicher Erstversorgung größtenteils gewährleistet ist, gibt es dennoch gravierende Qualitätsunterschiede zwischen den Regionen. Gesundheitsdienste sind geografisch nicht nach Häufigkeit von Bedürfnissen, sondern eher nach Wohlstand verteilt (ÖB Teheran 11.2021). Fast die gesamte Landbevölkerung hat Zugang zu primären Gesundheitsdiensten, die in Ge sundheitshäusern und ländlichen Gesundheitszentren erbracht werden. Auf Provinzebene sind die Universitäten für medizinische Wissenschaften und die Gesundheitsdienste die wichtigsten staatlichen Einrichtungen, die die Menschen mit Gesundheitsdiensten versorgen. Auf städtischer und ländlicher Ebene ist ein Bezirksgesundheitsnetz, bestehend aus einem Bezirksgesundheits zentrum, städtischen und ländlichen Gesundheitszentren, Gesundheitsposten und Gesundheits häusern, mit dieser Aufgabe betraut. Neben den Universitäten für medizinische Wissenschaften und den Gesundheitsdiensten wird ein Teil der Leistungen von Versicherungsgesellschaften und den Provinz- und Bezirkseinheiten der Social Welfare Organization [Anm.: State Welfare Organization (SWO), Behzisti] erbracht. Die peripheren Einrichtungen (Gesundheitshäuser/Lan desgesundheitszentren) auf dem Gelände der medizinischen Hochschulen bieten kostenlose Gesundheitsdienste an. In anderen Einrichtungen müssen die Patienten einen Teil des Betrags 204

auf der Grundlage ihrer Krankenversicherung bezahlen (IOM 9.2024). Staatliche Institutionen wie die Iranian National Oil Corporation, die Justiz und die Revolutionsgarden betreiben ihre eigenen Krankenhäuser (Landinfo 12.8.2020) bzw. verfügen die meisten Regierungsbehörden über eigene Sozialleistungszentren, die unter anderem Gesundheitsdienste für ihre Bedienste ten bereitstellen (SAIS Rethinking Iran 2023). Neben dem zuständigen Ministerium und den Universitäten gibt es auch Gesundheitsdienstleis ter des privaten Sektors und NGOs (ÖB Teheran 11.2021; vgl. Landinfo 12.8.2020). Diese bedie nen jedoch eher die sekundäre und tertiäre Versorgung, während die Primär-/Grundversorgung (z. B. Impfungen, Schwangerschaftsvorsorge) staatlich getragen wird (ÖB Teheran 11.2021). Der private Sektor ist vor allem in den größeren Städten vertreten und bietet denjenigen, die private Krankenhäuser und Gesundheitsdienste in Anspruch nehmen möchten, verschiedene Preiskategorien. In den öffentlichen Krankenhäusern sind fast alle Gesundheitsleistungen zu ei nem niedrigeren Preis erhältlich und können von der Krankenversicherung übernommen werden [Anm.: allerdings mit Selbstbehalten, s. weiter unten]. Aufgrund der langen Aufnahmezeiten, der überfüllten öffentlichen Zentren und der besseren Leistungen in privaten Gesundheitszentren ziehen es die Menschen möglicherweise vor, mehr zu bezahlen und sich an private Gesund heitseinrichtungen zu wenden (IOM 9.2024). Notfallhilfe bei Natur- oder menschlich verursachten Katastrophen wird durch den gut ausge statteten und flächendeckend organisierten iranischen Roten Halbmond besorgt (ÖB Teheran 11.2021). Alle Krankenhäuser sind verpflichtet, Notfälle rund um die Uhr aufzunehmen (IOM 9.2024). Ein zuverlässig funktionierendes Rettungswesen besteht auch in den Städten nicht überall (AA 12.12.2024). Alle iranischen Staatsbürger, einschließlich der Rückkehrenden, haben Anspruch auf grundle gende Gesundheitsleistungen (PHC) und weitere Gesundheitsdienste. Die beiden am weitesten verbreiteten Arten von primären Krankenversicherungen sind Tamin Ejtemaei und Salamat (Kha damat Darmani) [Anm.: auch Universal Public Health Insurance (UPHI)]. Die Erstversicherung übernimmt die Kosten für Medikamente, medizinische und Krankenhausleistungen, Impfun gen usw. [Anm.: bzgl. Selbstbehalten s. jedoch auch weiter unten]. Unternehmen müssen ihre Angestellten bei Tamin Ejtemaei versichern (IOM 9.2024), der „ Krankenversicherung der Sozial versicherung“ (bimeh-ye darmani-ye ta’min-e ejtema’i), die von der Social Security Organization (SSO) bereitgestellt wird [Anm.: s. zur Sozialversicherung Kap. Sozialbeihilfen ] (Landinfo 12.8.2020). Darüber hinaus ist unter bestimmten Bedingungen auch eine freiwillige Versiche rung über Tamin Ejtemaei möglich, beispielsweise für Selbstständige oder Hausfrauen. Bei der Salamat-Versicherung wird die finanzielle Situation des Antragstellers geprüft und auf dieser Grundlage die Höhe der Versicherungsprämie berechnet. In einigen Fällen kann die Versiche rungsgebühr entfallen. Salamat-Versicherte haben keinen Anspruch auf eine Versicherung bei Tamin Ejtemaei. Die Versicherung umfasst auch nur medizinische Leistungen in öffentlichen und universitären medizinischen Zentren (IOM 9.2024). Über Salamat, bzw. den Versicherungsträ ger Iran Health Insurance Organization (IHIO), sind auch öffentliche Bedienstete und Studenten versichert (Landinfo 12.8.2020). 205

Obwohl primäre Gesundheitsdienstleistungen kostenlos sind, und die Staatsausgaben für das Gesundheitswesen erheblich zugenommen haben, müssen noch immer Selbstbehalte von den versicherten Personen geleistet werden (ÖB Teheran 11.2021). Aufgrund des Budgetdefizits vie ler Sozialversicherungsträger werden durchschnittlich nur rund 30 % der Gesundheitsausgaben von öffentlicher Hand gedeckt, für den Rest müssen die Patienten selbst aufkommen (Amwaj 29.4.2024). Im Allgemeinen ist der Versicherungsschutz in der primären Krankenversicherung begrenzt. Für mehr Leistungen schließen die Menschen in der Regel eine private Zusatzversi cherung ab. Damit sollen die Kosten für Leistungen und die Selbstbehalte abgedeckt werden, welche die Grundversicherung nicht bezahlt (IOM 9.2024). Es ist davon auszugehen, dass sich eine Vielzahl an Haushalten keine ausreichende Gesundheitsversorgung leisten kann (ÖB Te heran 11.2021). Wohltätigkeitsorganisationen, u. a. die „ Imam Khomeini Stiftung“, kümmern sich um nicht versicherte Personen - etwa mittellose Personen oder nicht anerkannte Flüchtlinge [Anm.: s. Kap. Afghanen in Iran zur Gesundheitsversorgung für afghanische Staatsbürger in Iran] (ÖB Teheran 11.2021; vgl. Landinfo 12.8.2020). Medikamente Iran produziert einen Großteil der im Land benötigten Medikamente selbst (AA 15.7.2024). Die meisten Medikamente sind laut IOM grundsätzlich in Iran verfügbar. Es besteht kein ernsthafter Mangel an Medikamenten (IOM 9.2024). Obwohl die US-Sanktionen gegen Iran den huma nitären Handel ausnehmen, gibt es jedoch faktisch Transaktionshindernisse, die die Einfuhr bestimmter Arzneimittel verhindern (BNE 13.8.2023; vgl. IRWIRE 8.1.2025, AA 15.7.2024). Es kommt daher zu Engpässen bei der Einfuhr einiger spezieller Medikamentengruppen und dies hat auch zu Preisanstiegen für manche Medikamente geführt (IOM 9.2024; vgl. AA 15.7.2024). Während über die Quantität der Versorgungsengpässe keine gesicherten Erkenntnisse vorlie gen (AA 15.7.2024), berichteten exiliranische Medien Anfang 2025 jedoch von Versorgungs engpässen in verschiedenen Provinzen, die auch grundlegende Medikamente betrafen (IRINTL 19.2.2025; vgl. IRWIRE 8.1.2025). Iranische Pharmaunternehmen haben demnach mit staatli chen Preiskontrollen, einem Devisenmangel beim Erwerb von Rohstoffen und dem massiven staatlichen Budgetdefizit zu kämpfen. Die Eigenproduktion hat im Pharmabereich zuletzt ab genommen (IRWIRE 8.1.2025). Laut den Unternehmen haben der Devisenmangel und die Abwertung des Rial (IRR) die Kosten für importierte Medikamente sowie auch für Medikamente, die auf importierte Inhaltsstoffe angewiesen sind, erheblich erhöht (IRINTL 19.2.2025). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.12.2024): Iran: Reise- und Sicherheitshinweise (Reise warnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/iran-node/iransicherheit/202396# content_5, Zugriff 12.6.2025 ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.7.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: 03. April 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/211 2796/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islami schen_Republik_Iran,_15.07.2024.pdf, Zugriff 25.7.2024 ■ Amwaj - Amwaj Media (29.4.2024): How changes in Iran’s health sector weaken the executive branch, https://amwaj.media/article/how-changes-in-iran-s-health-sector-weaken-the-executive-branch , Zugriff 15.5.2024 206
