2025-09-09-coi-cms-laenderinformationen-iran-version-10-33ca
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Wehrdienstpflichtige, d. h. männliche Staatsangehörige über 18 Jahren, die nicht etwa aufgrund eines Studiums vorübergehend von der Wehrdienstpflicht befreit sind, dürfen mit wenigen Aus nahmen vor Ableistung ihres Wehrdienstes das Land nicht verlassen (d. h. sie erhalten erst danach einen Reisepass) bzw. müssen eine größere Kaution hinterlegen (ÖB Teheran 11.2021). Studenten, die als Touristen oder zu Forschungszwecken ins Ausland reisen möchten, können bei der Wehrpflichtbehörde (Polizei) eine Kaution zur Ausreise hinterlegen. Die Höhe der Kauti on wird von der Wehrpflichtbehörde bestimmt und soll zwischen 60 EUR (z. B. bei Pilgerreisen) und 900 EUR (Studium) variieren (AA 15.7.2024). Angehörige der Streitkräfte und der Polizei dürfen das Land nur mit Zustimmung ihres Dienstgebers verlassen (ÖB Teheran 11.2021). Die Bedingungen beim iranischen Militär können sehr hart sein, vor allem in abgelegenen Ge bieten, wobei die Erfahrungen der Wehrpflichtigen variieren, je nachdem, wo sie eingesetzt werden und welche Art von Arbeit sie verrichten (DFAT 24.7.2023). Wehrdienst bei den Revolutionsgarden Der Wehrdienst kann u. a. bei den folgenden Organisationen abgeleistet werden: reguläre Streitkräfte (Artesh), Revolutionsgarden (IRGC), Polizei, Verteidigungsministerium, Sicherheits garde der Justizbehörden, aber auch bei Naturschutzbehörden und Stadtverwaltungen (AA 15.7.2024). Die Wehrpflichtigen können sich weder die Art des Dienstes noch den Ort aussu chen, an dem sie eingesetzt werden (DFAT 24.7.2023), und somit nicht, ob sie den Wehrdienst bei der regulären Armee oder bei den Revolutionsgarden ableisten. Eine Ausnahme besteht, wenn sie schon zuvor für eine bestimmte Organisation gearbeitet haben (ACCORD 7.2015). Von den rund 400.000 jährlichen Rekruten leisten ca. 50.000 ihren Wehrdienst bei den Revo lutionsgarden ab (FP 30.1.2023). Es bestehen grundsätzlich zwei unterschiedliche Wege, wie Wehrpflichtige in die Revolutionsgarden aufgenommen werden. Einerseits weist die Wehrdienst behörde der Organisation, so wie auch den anderen Dienstorten für Wehrpflichtige, Rekruten nach dem Zufallsprinzip zu. Andererseits besteht - im Gegensatz zu Dienstorten wie den Artesh - auch die Möglichkeit, sich für den Wehrdienst bei den Revolutionsgarden aktiv zu bewerben (IRTAHSIL 12.3.2024). Seit 2010 gibt es Bestrebungen, vornehmlich aktive Mitglieder der Basij-Freiwilligenmiliz als Wehrpflichtige in die Revolutionsgarden aufzunehmen. Eine Mehrheit der Wehrpflichtigen in den Revolutionsgarden rekrutiert sich seitdem aus Basij-Freiwilligen, die mit den Revolutions garden ideologisch verbunden sind (FP 30.1.2023; vgl. IRTAHSIL 12.3.2024), wobei es bei spielsweise auch Basij-Angehörige gibt, die sich zu dieser Miliz gemeldet haben, um die Dauer ihres Wehrdienstes zu verkürzen oder diesen nach Möglichkeit in einem Behördenbüro statt auf einem Militärstützpunkt zu absolvieren, und die keine glühenden Verfechter des Regimes sind (Kayhan 14.10.2022). Der restliche Anteil an Wehrpflichtigen in den Revolutionsgarden setzt sich einerseits aus Universitätsabsolventen zusammen, die sich aufgrund ihrer fachlichen Spezialisierungen mittels Direktiven (Amriyeh) für Schreibtischjobs in mit den Revolutionsgar den verbundenen Organisationen (kulturellen, politischen, wirtschaftlichen) bewerben können. Jeder dieser Wehrpflichtigen muss persönlich und proaktiv eine Entscheidung treffen, wo er 76

seinen Amriyeh beantragen möchte. Andererseits teilt die Behörde für Wehrpflicht den Revolu tionsgarden in jenen Gebieten, in denen es zu wenige Basij-Mitglieder für den Wehrdienst gibt, auch Wehrpflichtige zu (FP 30.1.2023). Eine andere Quelle schildert die auf Einzelfällen beru hende Beobachtung, dass gut ausgebildete wehrpflichtige Männer Mitte oder Ende 20, die ihre Möglichkeiten zum Aufschub des Wehrdienstes voll ausgenutzt haben, zum Wehrdienst in den Revolutionsgarden eingezogen werden, während 18- oder 19-jährige, weniger gebildete oder aus ländlichen Gebieten stammende Rekruten eher in den regulären Streitkräften zur Sicherung der Grenzen eingesetzt werden, wobei über den konkreten Selektionsprozess nichts bekannt ist (Jezebel 8.10.2024). Auch wenn sich viele freiwillig zu den Revolutionsgarden melden, trifft dies nicht auf alle dort tätigen Rekruten zu (Posch 5.7.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.7.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: 03. April 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/211 2796/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islami schen_Republik_Iran,_15.07.2024.pdf, Zugriff 25.7.2024 ■ ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (7.2015): Iran: Political Opposition Groups, Security Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law, https: //www.ecoi.net/en/file/local/1138103/4543_1436510544_accord-iran-coi-compilation-july-2015.pdf , Zugriff 29.3.2023 ■ Amwaj - Amwaj Media (26.2.2025): Will Iran extend mandatory military service to women?, https: //amwaj.media/en/media-monitor/will-iran-extend-mandatory-military-service-to-women , Zugriff 7.4.2025 ■ CIA - Central Intelligence Agency [USA] (14.5.2025): The World Factbook: Iran, https://www.cia.go v/the-world-factbook/countries/iran/, Zugriff 21.5.2025 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (24.7.2023): DFAT Country Information Report Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2095685/country-information-report-iran.pdf , Zugriff 4.1.2024 ■ e-estekhdam - e-estekhdam (o.D.): یﺯابرس [Soldat] , https://www.e-estekhdam.com/, Zugriff 7.4.2025 ■ FP - Foreign Policy (30.1.2023): Conscription Is Not an Excuse for Iran’s Revolutionary Guard, https://foreignpolicy.com/2023/01/30/iran-revolutionary-guard-terrorism-military-conscription/ , Zugriff 28.3.2023 ■ Generalkonsulat Frankfurt - Generalkonsulat der Islamischen Republik Iran Frankfurt (o.D.): دیرخ تمدخ یﺯابرس [Erwerb des Militärdienstes] , https://frankfurt.mfa.gov.ir/portal/GeneralCategoryServices/ 11165, Zugriff 7.4.2025 [Login erforderlich] ■ Generalkonsulat München - Generalkonsulat der Islamischen Republik Iran München (o.D.): دیرخ یزابرس تمدخ [Erwerb des Militärdienstes], https://munich.mfa.ir/portal/GeneralCategoryServices /11110, Zugriff 7.4.2025 ■ IREST - Iran Estekhdam (26.3.2025): نیدلوتم یتمدخ تیعضو فیلکت نییعت ناوخارف لاس یاه ۵۵۳۱ ات ۶۸۳۱[Aufruf zur Feststellung des Dienststatus der zwischen 1976 und 2007 Geborenen], https://shorturl.at/qeWcK, Zugriff 3.6.2025 ■ IRNA - Islamic Republic News Agency, the (22.10.2023): Iran cuts military service for all conscripts by 3 months, https://en.irna.ir/news/85267269/Iran-cuts-military-service-for-all-conscripts-by-3-m onths, Zugriff 28.3.2024 ■ IRTAHSIL - Iran Tahsil (12.3.2024): ؟تسا هنوگچ هاپس رد یزابرس +بیاعم و ایازم ،یشزومآ [Wie ist es, Soldat in der Sepah zu sein? + Pädagogisch, Vor- und Nachteile], https://irantahsil.org/ یزابرس -رد -هاپس ~:text=۱ )یزابرس شریذپ ,دریگ یم تروص .Zugriff 21.5.2025 ■ Jezebel - Jezebel (8.10.2024): Conscripts in Iran’s ‘Elite’ Military Arm Say They Aren’t Trained To Be West-Fearing Woman-Haters, https://www.jezebel.com/conscripts-in-irans-elite-military-arm-say-the y-arent-trained-to-be-west-fearing-woman-haters , Zugriff 7.4.2025 [Login erforderlich] ■ Kayhan - Kayhan Life (14.10.2022): ANALYSIS: Who Are the Men Serving in Iran’s IRGC, Basij, and Police Forces?, https://kayhanlife.com/news/kayhan/analysis-who-are-the-men-serving-in-irans-irg c-basij-and-police-forces/ , Zugriff 28.3.2023 77

■ MBZ - Außenministerium der Niederlande [Niederlande] (9.2023): Algemeen ambtsbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2098089/Algemeen ambtsbericht Iran van september 2023.pdf, Zu griff 30.11.2023 ■ Namnak - Namnak (17.11.2024): دیرخ تمدخ یﺯابرس ﺭﺩ لاس 1404 ماجنﺍ یم ؟ﺩوش [Wird der Militärdienst im Jahr 1404 käuflich erworben? ] , https://namnak.com/purchase-of-military-service.p102109 , Zugriff 9.4.2025 ■ ÖB Teheran - Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht – Islami sche Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_ÖB-Bericht_2021.pdf, Zugriff 7.2.2023 [Login erforderlich] ■ Posch - Posch, Walter (5.7.2024): Telefongespräch ■ SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (17.5.2022): Iran: Zugang zur Liste mit Wehrdienstleistenden und Sperrung des Bankkontos nach Desertion, https://www.ecoi.net/en/file/local/2078377/220517_ IRN_Liste_Wehrdienstleistende_Sperrung_Bankkonto.pdf, Zugriff 28.3.2024 ■ TABNAK - TABNAK (13.8.2024): ﺕالﺍوئس لوﺍدتم هﺭابﺭﺩ تمدخ ؛یﺯابرس هچ یناسک لومشم تیفاعم ای تمدخ ؟دنتسه [Häufig gestellte Fragen zum Militärdienst; Wer unterliegt der Befreiung oder Zustellung? ] , https://www.tab nak.ir/fa/news/1253553/دنتسه-تمدخ-ای-تیفاعم-لومشم-یناسک-هچ-یﺯابرس-تمدخ-هﺭابﺭﺩ-لوﺍدتم-ﺕالﺍوئس Zugriff 7.4.2025 ■ Tasnim - Tasnim News (25.3.2025): لاس دلوتم نالومشم ناوخارف ۶۸۳۱ نییعت یارب یزابرس تیعضو فیلکت [Aufruf an die im Jahr 2007 Geborenen, ihren Militärstatus zu bestimmen], https://www.tasnimnews.com/fa/news/1404/01/05/3280909/----1386----- , Zugriff 3.6.2025 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (o.D.): Iran Islamic Republic of Iran Reciprocity Schedule, https://travel.state.gov/content/travel/en/us-visas/Visa-Reciprocity-and-Civil-Documents -by-Country/IranIslamicRepublicof.html, Zugriff 7.4.2025 ■ WP - Washington Post, The (27.2.2021): They dream of reaching America. Their forced service in Iran’s Revolutionary Guard locks them out., https://www.washingtonpost.com/world/middle_east/i ran-sanctions-irgc-immigration/2021/02/27/b1540fde-7617-11eb-9489-8f7dacd51e75_story.html , Zugriff 29.3.2023 10.1 Wehrdienstverweigerung, Desertion Letzte Änderung 2025-07-17 11:42 Wehrpflichtige, die es nach Vollendung ihres 18. Lebensjahres versäumen, sich bei der Ein berufungsstelle zum Dienst zu melden, gelten als Wehrdienstverweigerer (SFH 17.5.2022). Wehrdienstverweigerer machen sich strafbar (AA 15.7.2024). Zu den strafrechtlichen Sanktio nen gehören Geld- oder Gefängnisstrafen oder der Entzug des Führerscheins, des Reisepasses oder der Erlaubnis, das Land zu verlassen (DFAT 24.7.2023). Laut dem deutschen Auswärtigen Amt verfolgen die iranischen Strafbehörden Wehrdienstverweigerer in Friedenszeiten allerdings nicht sonderlich intensiv (AA 15.7.2024). Die Delinquenten haben vielmehr Nachteile bei der Arbeitsaufnahme bei staatlichen Institutionen und sie werden an der Ausreise aus Iran gehin dert (keine Ausstellung eines Reisepasses) (AA 15.7.2024; vgl. DFAT 24.7.2023). Zudem kann, je nach Abwesenheit, die Zeit des Wehrdienstes verlängert werden. Über weitere Repressali en ist laut dem Auswärtigen Amt aktuell nichts bekannt. Begnadigungen bei hohen iranischen Feiertagen betreffen regelmäßig wegen Wehrdienstverweigerung Verurteilte (AA 15.7.2024). Das australische Außenministerium berichtet darüber hinaus, dass diejenigen, die das Land verlassen und zurückkehren, bevor sie 40 Jahre alt sind, eingezogen werden [Anm.: bei einer Aufenthaltsdauer von über drei Monaten, s. Überkapitel]. Diejenigen, die älter als 40 Jahre sind, werden wahrscheinlich eine Geldstrafe erhalten (DFAT 24.7.2023). Eine Wehrdienstverweige rung aus Gewissensgründen wird nicht anerkannt (CPTI 8.2022; vgl. ACCORD 7.2015). 78

Die Strafe für Fahnenflucht in Friedenszeiten unterscheidet sich von jener in Kriegszeiten (ISNA 15.1.2022). Gemäß Artikel 59 des Militärstrafgesetzbuchs gilt ein Soldat, der in Friedenszeiten länger als fünfzehn aufeinanderfolgende Tage ohne triftigen Grund abwesend ist, als Deserteur und wird im Falle einer Festnahme zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu einem Jahr oder zu einer zusätzlichen Dienstpflicht von drei Monaten bis zu einem Jahr verurteilt. Wer sich innerhalb von 60 Tagen von selbst zurückmeldet, ohne dass der Fall den Justizbehörden gemeldet wurde, muss laut Artikel 60 bis zu drei Monate zusätzlichen Dienst ableisten. Sind mehr als 60 Tage verstrichen, so droht eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Monaten (Bonyad Vokala 10.12.2024; vgl. ISNA 15.1.2022). Richter können bei der Verhängung von Strafen auch besondere Umstände, unter denen die Desertion stattfand, wie z. B. familiäre Probleme oder große finanzielle Not berücksichtigen. Auch kann z. B. Reue und ein guter Ruf dazu führen, dass eine Haftstrafe in eine Geldstrafe umgewandelt wird (Bonyad Vokala 10.12.2024). Eine im Voraus geplante Flucht von mehr als zwei Personen gilt als „ Flucht mit Verschwö rung“. Wenn die Beteiligten dabei als Kombattanten gelten, ist es laut einer staatsnahen irani schen Nachrichtenagentur wahrscheinlich, dass die Todesstrafe verhängt wird, oder andernfalls in Kriegszeiten drei bis 15 Jahre Gefängnis und in Friedenszeiten zwei bis fünf Jahre (ISNA 15.1.2022). Die einzige Erwähnung von Vergehen in Bezug auf Angehörige der Streitkräfte im iranischen Strafgesetzbuch (IStGB) findet sich in Artikel 504 (FIDH 2020), der besagt: „ Wer Kämpfer oder Angehörige der Streitkräfte in der Absicht, die Regierung zu stürzen oder die nationalen Streitkräfte gegen den Feind zu besiegen, wirksam zur Rebellion, zur Flucht, zur Kapitulation oder zum Ungehorsam gegen militärische Befehle auffordert, wird als mohareb betrachtet; andernfalls (wenn er nicht mit Vorsatz handelt) wird er, wenn seine Handlungen wirk sam sind, zu zwei bis zehn Jahren, andernfalls zu sechs Monaten bis drei Jahren Haft verurteilt“ [Anm.: bzgl. „ mohareb“ bzw. „ mohārebeh ba khoda“ s. Kap. Rechtsschutz / Justizwesen / Islamisches Strafgesetzbuch (IStGB), Strafzumessungspraxis] (IStGB 15.7.2013). Darüber hinaus wird Desertion im Militärstrafgesetzbuch von 2003 geregelt [s.o.] (FIDH 2020). Wehrdienstverweigerung, d. h. wenn sich jemand nicht zum Wehrdienst meldet, wird vor der General- und Revolutionsstaatsanwaltschaft und dann dem Zweiten Strafgericht verhandelt. Desertion, d. h. wenn sich jemand zum Wehrdienst gemeldet hat und dann längere Zeit abwe send ist, wird zunächst von der Militärstaatsanwaltschaft und dann vom Zweiten Militärgericht verhandelt (Bonyad Vokala 10.12.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.7.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: 03. April 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/211 2796/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islami schen_Republik_Iran,_15.07.2024.pdf, Zugriff 25.7.2024 ■ ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (7.2015): Iran: Political Opposition Groups, Security Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law, https: 79

//www.ecoi.net/en/file/local/1138103/4543_1436510544_accord-iran-coi-compilation-july-2015.pdf , Zugriff 29.3.2023 ■ Bonyad Vokala - Bonyad Vokala (10.12.2024): ﺭﺍرف ﺯﺍ یﺯابرس و ﺕﺍﺯاجم نﺁ [Desertion vom Militärdienst und ihre Bestrafung] , https://www.bonyadvokala.com/blog/نﺁ-ﺕﺍﺯاجم-و-یﺯابرس-ﺯﺍ-ﺭﺍرف /Zugriff 8.4.2025 ■ CPTI - Conscience and Peace Tax International (8.2022): Submission to the 136th Session of the Human Rights Committee for the attention of the Country Report Task Force on: IRAN, https: //www.ecoi.net/en/document/2082928.html, Zugriff 29.3.2023 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (24.7.2023): DFAT Country Information Report Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2095685/country-information-report-iran.pdf , Zugriff 4.1.2024 ■ FIDH - International Federation for Human Rights (2020): No One is Spared, https://www.fidh.org/I MG/pdf/iranpdm758ang.pdf, Zugriff 8.4.2025 ■ ISNA - Iranian Student’s News Agency (15.1.2022): ؟تسیچ یزابرس زا رارف تازاجم [Was ist die Strafe für Fahnenflucht?], https://www.isna.ir/news/1400102518313/---- , Zugriff 8.4.2025 ■ IStGB - Strafgesetzbuch der Islamischen Republik Iran (15.7.2013): Islamic Penal Code of the Islamic Republic of Iran – Book Five [Übersetzung bereitgestellt von IRANHRDC], https://iranhrdc.o rg/islamic-penal-code-of-the-islamic-republic-of-iran-book-five/#1 , Zugriff 2.4.2024 ■ SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (17.5.2022): Iran: Zugang zur Liste mit Wehrdienstleistenden und Sperrung des Bankkontos nach Desertion, https://www.ecoi.net/en/file/local/2078377/220517_ IRN_Liste_Wehrdienstleistende_Sperrung_Bankkonto.pdf, Zugriff 28.3.2024 11 Allgemeine Menschenrechtslage Letzte Änderung 2025-07-17 06:41 Die iranische Verfassung (IRV) vom 15.11.1979 enthält einen umfassenden Grundrechtskatalog. Der Generalvorbehalt des Einklangs mit islamischen Prinzipien des Art. 4 IRV lässt jedoch erheb liche Einschränkungen zu. Der im Jahr 2001 geschaffene „ Hohe Rat für Menschenrechte“ unter steht unmittelbar der Justiz und erfüllt nicht die Voraussetzungen der 1993 von der UN-General versammlung verabschiedeten „ Pariser Prinzipien“. Iran ist über Jahrzehnte einem Großteil der Besuchsanfragen der Sondermechanismen (Sonderberichterstatter) des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen nicht nachgekommen, auch verweigerte das Regime die Zusammenar beit mit einer UN-Aufklärungskommission zur Untersuchung der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste im Herbst 2022. In der letzten Länderresolution der UN-Generalversammlung gegen Iran aus dem Jahr 2022 wurden schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen angeprangert und Iran zur internationalen Zusammenarbeit aufgefordert. Iran weist Iran-spezifische UN-Re solutionen jedoch unter dem Vorwurf zurück, dass der Westen Menschenrechte für politische Zwecke instrumentalisiere, und setzt sich inhaltlich nicht mit den Resolutionen auseinander (AA 15.7.2024). Iran zählt zu den Ländern mit einer anhaltend beunruhigenden Menschenrechtslage, insbeson dere der politischen und bürgerlichen Rechte, wobei sich der Spielraum für zivilgesellschaftli ches Engagement im Menschenrechtsbereich in den letzten Jahren erheblich verengt hat (ÖB Teheran 11.2021). Der iranische Staat verstößt regelmäßig gegen die Menschenrechte nach westlicher Definition, jedoch auch immer wieder gegen die islamisch definierten (GIZ 2020).Be sonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamische Grundsätze in frage stellt. Dies ist besonders ausgeprägt bei Gruppierungen, welche die Interessen religiöser oder ethnischer Minderheiten vertreten. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weit gefasste 80

Straftatbestände (vgl. Art. 279 bis 288 IStGB) sowie Staatsschutzdelikte (insbesondere Art. 1 bis 18 des 5. Buches des IStGB). Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, laufen Gefahr der Spionage beschuldigt zu werden. Strafverfolgung erfolgt selbst bei niedrigschwelliger Kritik oftmals willkürlich und selektiv (AA 15.7.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.7.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: 03. April 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/211 2796/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islami schen_Republik_Iran,_15.07.2024.pdf, Zugriff 25.7.2024 ■ GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (2020): Iran: Geschichte & Staat, https://web.archive.org/web/20210214213551/https:/www.liportal.de/iran/geschichte-staat/, Zugriff 24.3.2023 ■ ÖB Teheran - Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht – Islami sche Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_ÖB-Bericht_2021.pdf, Zugriff 7.2.2023 [Login erforderlich] 12 Meinungs- und Pressefreiheit Letzte Änderung 2025-07-17 12:30 Die Verfassung sieht das Recht auf freie Meinungsäußerung vor, auch für Mitglieder der Presse und anderer Medien, es sei denn, die Äußerungen werden als „ schädlich für die Grundprinzipien des Islams oder die Rechte der Öffentlichkeit“ angesehen (USDOS 23.4.2024), wobei der Begriff „ schädlich“ undefiniert bleibt und gemeinsam mit den sich überschneidenden Rechtsprechungs kompetenzen verschiedener Institutionen zu einer Unsicherheit bei der Gesetzesanwendung beiträgt, die Willkür, Repression und Zensur begünstigt (MLDSC 2019a). Die Gesetzgebung ermöglicht eine strafrechtliche Verfolgung wegen Anstiftung zu Straftaten gegen den Staat oder die nationale Sicherheit sowie wegen „ Beleidigung“ des Islams und der Verbreitung von „ Propaganda“ gegen die Islamische Republik Iran oder zur Unterstützung oppo sitioneller Gruppen und Vereinigungen (USDOS 23.4.2024), wobei „ Propaganda“ nicht definiert ist (ÖB Teheran 11.2021). Die Regierung nutzt die Gesetzgebung, um Personen einzuschüchtern oder strafrechtlich zu verfolgen, die die Regierung direkt kritisieren, Menschenrechtsprobleme ansprechen oder die Durchsetzung der moralischen Vorschriften der Regierung infrage stellen (USDOS 23.4.2024). In der Praxis ist die Meinungs- und Pressefreiheit mit starken Einschrän kungen konfrontiert (AA 15.7.2024; vgl. HRW 16.1.2025), sowohl online als auch offline (FH 2025). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.7.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: 03. April 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/211 2796/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islami schen_Republik_Iran,_15.07.2024.pdf, Zugriff 25.7.2024 ■ FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 - Iran, https://freedomhouse.org/country/i ran/freedom-world/2025, Zugriff 10.3.2025 81

■ HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - Iran, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2120038.html, Zugriff 22.1.2025 ■ MLDSC - Media Landscapes (2019a): Iran: Media Legislation, https://medialandscapes.org/countr y/iran/policies/media-legislation, Zugriff 16.1.2025 ■ ÖB Teheran - Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht – Islami sche Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_ÖB-Bericht_2021.pdf, Zugriff 7.2.2023 [Login erforderlich] ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107731.html, Zugriff 3.5.2024 12.1 Zugang zu Informationen, National Information Network (NIN/SHOMA) Letzte Änderung 2025-07-17 10:44 Entsprechend dem Pressegesetz können Zeitungen und andere Publikationen nur unter Aufsicht der Behörden operieren (GEOPQ/Shahadha/et al. 2Q.2023). Zeitungen müssen vor Veröffentli chung lt. Art. 21 des Mediengesetzes durch das Ministerium für Kultur und islamische Führung freigegeben werden. Geprägt wird die Presse ohnehin von einer Vielzahl höchst wandelbarer, da nicht schriftlich fixierter, „ roter Linien“ des Revolutionsführers, die in erheblichem Maß zu Selbstzensur führen. Bei Verstößen drohen Sanktionen bis hin zum Verbot von Zeitungen (AA 15.7.2024), wobei unabhängige Zeitungen ohnehin selten zu finden sind (GEOPQ/Shahadha/et al. 2Q.2023). Die iranische Presselandschaft spiegelt allerdings eine gewisse Bandbreite unter schiedlicher Positionen innerhalb des bestehenden politischen Spektrums wider (AA 15.7.2024; vgl. IRINTL 29.9.2024). Für Rundfunkanstalten besteht ein staatliches Monopol (AA 15.7.2024; vgl. Landinfo 9.11.2022) und der Leiter der staatlichen Rundfunkgesellschaft (auf Farsi: Seda va Sima, auf Englisch: Isla mic Republik of Iran Broadcasting, IRIB) wird vom Revolutionsführer ernannt (MLDSC 2019b; vgl. GEOPQ/Shahadha/et al. 2Q.2023). Der staatliche Rundfunk wird von Hardlinern streng kontrol liert und vom Sicherheitsapparat beeinflusst. Nachrichten und Analysen werden stark zensiert, wobei das staatliche Fernsehen für die iranische Bevölkerung eine wichtige Informationsquelle ist (FH 2025). Der Empfang ausländischer Satellitenprogramme ist ohne spezielle Genehmi gung untersagt, wenngleich weit verbreitet (AA 15.7.2024). Satellitenschüsseln sind verboten und farsisprachige Übertragungen aus dem Ausland werden regelmäßig gestört (sogenann tes Jamming). Die Polizei führt zeitweise Razzien in Privathäusern durch und beschlagnahmt Satellitenschüsseln (FH 2025). Zugang zum Internet, National Information Network (NIN/SHOMA) Mit Stand Jänner 2024 nutzten knapp über 80% der Bevölkerung das Internet (FH 16.10.2024), wobei schon 2022 mehr als 60% des Datenverkehrs über mobiles Internet liefen (RSF 5.10.2022). Seit 2009 haben die Behörden erhebliche Mittel in den Ausbau der Infrastruktur, aber auch in die Kontrolle ihrer Nutzung investiert (Landinfo 9.11.2022). Die Investitionen der Regierung in die IKT-Infrastruktur haben die Internetanbindung und -geschwindigkeit erhöht. Der Ausbau der nationalen Internetarchitektur des Landes, des National Information Network (NIN) [auf Farsi: SHOMA], ermöglicht es der Regierung jedoch auch, den Internetzugang willentlich einzuschrän ken (FH 16.10.2024). Das NIN ist somit ein zweischneidiges Schwert (FES 6.2024). 82

Das NIN ist eine Mischung aus Regulierungen, Marktanreizen, Infrastruktur und Technologien, welche die iranischen Internetnutzer vom globalen Internet ausschließen soll (FES 6.2024). Durch das NIN haben die Behörden Schritte unternommen, um eine „ mehrschichtige“ oder „ abgestufte“ Internetstruktur einzuführen, bei der bestimmte Personengruppen Zugang zum globalen Internet haben, während der Rest im inländischen Netzwerk verbleibt. Behördenan gaben zum Entwicklungsstand des NIN waren in der Vergangenheit umstritten, jedoch fördert das Ministerium für Kommunikation und Informationstechnologie (IKT-Ministerium) die iranische Bevölkerung dabei, auf die inländische Internetinfrastruktur umzusteigen, indem es die Band breite verringert und die Preise für internationale Internetdienste erhöht. Anfang 2024 erhielt das IKT-Ministerium eine Budgeterhöhung um 25 %, um den Ausbau des NIN weiter voranzutreiben, und um die Abhängigkeit vom globalen Internet zu minimieren (FH 16.10.2024). Die Regierung versucht also unter anderem, Internetnutzer mittels Preisanreizen zum Umstieg auf nationale Plattformen zu bewegen (FES 6.2024; vgl. Filterwatch 27.1.2023). Beispielsweise sind die Tarife für den Datenverkehr auf der Website Aparat, die Youtube ähnelt (FH 16.10.2024), oder bei Nutzung iranischer Apps, günstiger. Nutzer sind auch gezwungen, iranische Messaging- Apps wie Rubika, Bale, Gap, Eitaa und Soroush herunterzuladen, um Zugang zu bestimmten Diensten wie E-Government und Bankfunktionen zu erhalten (FES 6.2024; vgl. Filterwatch 27.1.2023). Diese Apps und Dienste sind anfälliger für staatliche Kontrolle, sie ermöglichen den Zugriff auf Daten und die Überwachung von Nutzern und Inhalten (Filterwatch 27.1.2023; vgl. FH 16.10.2024) bzw. sind sie ein massiver Fundus an Nutzerdaten, der für die Behörden leicht zugänglich ist und Verknüpfungen zulässt (FES 6.2024). Das NIN wurde auf Basis der bestehenden Infrastruktur aufgebaut, die Iran mit dem globalen In ternet verbindet (FES 6.2024). Die Telekommunikationsfirma, die den Internetverkehr nach und aus Iran kontrolliert, befindet sich in Besitz der Revolutionsgarden (Landinfo 9.11.2022). Die Be rechtigung, Internetbandbreite nach Iran zu importieren und an lokale Internetanbieter weiter zu verteilen, liegt allein bei dieser Firma. Das zentralisierte Gateway-System, das Iran nach außen verbindet, erleichtert es den Behörden, das NIN vom globalen Internet zu trennen (FES 6.2024). Darüber hinaus verpflichten die Behörden alle in Iran tätigen Internetanbieter, Zensur- und Filter software einzusetzen. Bei Benachrichtigung durch die Behörden müssen sie kontinuierlich neue Websites zu ihrer Zensurliste hinzufügen (GEOPQ/Shahadha/et al. 2Q.2023). Berichten aus den Jahren 2020 und 2022 zufolge setzt das iranische Regime hierbei zunehmend auf sogenannte Whitelists: Hierbei muss der Zugriff auf bestimmte Websites und Dienste vom Anbieter expli zit erlaubt werden, anstelle expliziter Blockierungen, wie sie beim Blacklisting vorgenommen werden (Manafi 1.12.2022; vgl. u/TSMWorldChampions 24.9.2022, Geneva 18.3.2020). Das macht unter anderem auch die Nutzung von Werkzeugen zur Umgehung von Zensur, wie z. B. VPNs (Virtual Private Networks) oder Proxies, schwieriger (u/TSMWorldChampions 24.9.2022; vgl. Geneva 18.3.2020). Ausländische Plattformen wie Facebook, SnapChat, TikTok, X, YouTube - und seit den „ Frau, Leben, Freiheit“-Protesten auch Instagram - werden blockiert oder gefiltert, ebenso wie die Messaging-Apps Viber, Telegram und Signal (FH 16.10.2024). Beschränkungen für WhatsApp, das bis zu den „ Frau, Leben, Freiheit“-Protesten in Iran zugänglich war (FH 16.10.2024), wurden 83

laut Ankündigung des Hohen Rats für den Cyberspace im Dezember 2024 wieder aufgehoben, ebenso wie der Zugang zum App-Store Google Play (IRINTL 24.12.2024; vgl. Heise 27.12.2024). Die Social-Media-Plattformen, die in Iran gemeinsam mit Tausenden von Websites verboten sind, erfreuen sich aber nach wie vor großer Beliebtheit bei Millionen von Nutzern, was diese seit Jahren dazu veranlasst, auf Umgehungstools zurückzugreifen, um sie abzurufen (AJ 24.2.2024; vgl. Landinfo 9.11.2022). Zur Umgehung von Filterungen und Blockaden wird primär auf VPN-Dienste zurückgegriffen (BAMF 12.12.2024; vgl. Stimson 9.9.2024). Deren Kauf und Verkauf wurde 2022 verboten. Seit Februar 2024 ist auch ihre Nutzung nur mehr mit Lizenz erlaubt (AJ 24.2.2024; vgl. FH 16.10.2024). Die iranischen Behörden haben angesichts der „ Frau, Leben, Freiheit“-Proteste ab September 2022 zahlreiche Proxy-Server und VPNs blockiert (FH 16.10.2024). Die Behörden filtern und blockieren den VPN-Datenverkehr, sodass iranische Internetnutzer immer wieder zwischen verschiedenen VPNs wechseln müssen. Es besteht ein Schwarzmarkt an VPN-Diens ten, wobei viele vom Regime selbst betrieben werden. Unsichere VPN-Verbindungen stellen ein Sicherheitsrisiko dar, da sie anfällig für Hacking-Angriffe und Datenlecks sein können (Stimson 9.9.2024). Theoretisch ermöglicht auch Satelliteninternet einen Zugang zu unzensiertem, verlässlichem und relativ schnellem Internet (FES 6.2024). Die dafür notwendigen Empfangsgeräte müssen allerdings am Schwarzmarkt erworben werden, was den Dienst, gemeinsam mit seinen relativ hohen Kosten, zu einer begrenzt verfügbaren Option macht (BAMF 12.12.2024; vgl. FES 6.2024). Satelliteninternet ist in Iran verboten (IRINTL 6.1.2025; vgl. FES 6.2024) bzw. benötigen die Anbieter eine Lizenz (FES 6.2024). Nach Angaben eines Mitglieds des iranischen Verbands für E-Handel hat der (unlizenzierte, FES 6.2024) Satelliteninternetanbieter Starlink in Iran mit Stand Jänner 2025 trotzdem 100.000 Nutzer (IRINTL 6.1.2025). Punktuelle Internetabschaltungen werden häufig eingesetzt, um Proteste zu unterbinden. Bei spielsweise wurden die massiven Proteste gegen die Regierung ab September 2022, von zahl reichen örtlich begrenzten Internet- und Mobilfunkabschaltungen begleitet (FH 16.10.2024). Auch kam es zu Drosselungen der Internetgeschwindigkeit (USDOS 23.4.2024; vgl. NatGeo 17.10.2022). Angesichts der israelischen Militäroperation in Iran Mitte 2025 wurde von landesweiten, um fangreichen Internetausfällen berichtet, wobei die Verbindungen teils vollständig ausfielen und teils nur inkonsistent vorhanden waren, was die Kommunikation erschwerte. Ein von Radio Farda, dem Farsi-sprachigen Sender von Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL), befragter Experte vermutet, dass die Behörden das Internet gedrosselt hätten, um einen Aufstand zu verhindern (RFE/RL 19.6.2025). Abseits der sicherheitszentrierten Politik der Regierung werden Internetausfälle auch mit wirtschaftlichen und technischen Gründen in Verbindung gebracht (Filterwatch 16.4.2025; vgl. Filterwatch 30.5.2025). Neben den von der iranischen Regierung auferlegten Einschränkungen wird der Zugang von Bewohnern Irans zu Online-Inhalten auch durch die Sanktionsregime westlicher Staaten be schränkt (FES 6.2024; vgl. Stimson 9.9.2024). Viele iranische Unternehmen, Websites und Nut zer wurden von US-amerikanischen und europäischen Servern und Diensten ausgeschlossen 84

und damit gezwungen, ins NIN zu migrieren (FES 6.2024). Allerdings hat das US-amerikanische Finanzministerium im Zuge der Proteste ab September 2022 auch Ausnahmen von den Sank tionsregelungen geschaffen, welche den Export von Software und Kommunikationsbehelfen ermöglichen sollen. Dadurch wurden mehrere Plattformen und Dienste für Iraner zugänglich (FH 16.10.2024). Durch sogenanntes Geoblocking des iranischen Regimes ist in den letzten Jahren auch die Anzahl der iranischen Websites gestiegen, die aus dem Ausland [bzw. mit einer ausländischen IP-Adresse] nicht mehr abgerufen werden können. Dies erschwert es Journalisten, Menschen rechtsorganisationen, Akademikern und Regierungen, Einblicke in die Lage vor Ort zu erhalten (CIRA 30.4.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.7.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran (Stand: 03. April 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/211 2796/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islami schen_Republik_Iran,_15.07.2024.pdf, Zugriff 25.7.2024 ■ AJ - Al Jazeera (24.2.2024): Iran unveils plan for tighter internet rules to promote local platforms, https://www.aljazeera.com/news/2024/2/24/iran-unveils-plan-for-tighter-internet-rules-to-promote-l ocal-platforms, Zugriff 3.5.2024 ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (12.12.2024): Länderkurzinformation Iran: Netzaktivitäten und Netzüberwachung, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoer de/Informationszentrum/Laenderkurzinformationen/2024/laenderkurzinfo-iran-netzaktivitaeten-12-2 4.pdf?__blob=publicationFile&v=2, Zugriff 15.1.2025 ■ CIRA - Center for Intelligence, Research and Analysis (30.4.2023): Iran Blocks Access to Domestic Websites, Decreasing Transparency to International Community, https://cira.exovera.com/researc h-analysis/iran/iran-blocks-access-to-domestic-websites/ , Zugriff 22.1.2025 ■ FES - Friedrich-Ebert-Stiftung (6.2024): The Internet in the Women, Life, Freedom Era, https://librar y.fes.de/pdf-files/international/21296.pdf, Zugriff 15.1.2025 ■ FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 - Iran, https://freedomhouse.org/country/i ran/freedom-world/2025, Zugriff 10.3.2025 ■ FH - Freedom House (16.10.2024): Freedom on the Net 2024 - Iran, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2116549.html, Zugriff 15.1.2025 ■ Filterwatch - Filterwatch (30.5.2025): دیدج سابل رد رباربان تنرتنیا :۰۹ و دیدش لالتخا اب یتاقبط تنرتنیا فیرعتزاب »یربیاس دازآ هقطنم » [Das ungleiche Internet im neuen Gewand: 90 extreme Störungen und die Neudefinition des klassenbasierten Internets mit der „ Cyber- freien Zone“], https://filter.watch/2025/05/30/network-and-policy-monitoring-may-2025-irans-unequ al-internet/, Zugriff 3.6.2025 ■ Filterwatch - Filterwatch (16.4.2025): Network Disruptions and Restrictive Policymaking in Iran, https://filter.watch/english/2025/04/16/network-and-policy-monitoring-march-2025-network-disrupt ions-and-restrictive-policymaking-in-iran/ , Zugriff 3.6.2025 ■ Filterwatch - Filterwatch (27.1.2023): Woman, Life, Freedom: A Roundup of the State of Digital Rights in Iran During the Protests, https://filter.watch/en/2023/01/27/women-life-freedom-the-state -of-digital-rights-during-the-protests/ , Zugriff 8.1.2024 ■ Geneva - Geneva: Evolving Censorship Evasion (18.3.2020): Iran: A New Model for Censorship, https://geneva.cs.umd.edu/posts/iran-whitelister/, Zugriff 22.1.2025 ■ GEOPQ/Shahadha/et al. - Geopolitics Quarterly (Herausgeber), Shahadha, Nibras Azeez (Autor), et al. (Autor) (2Q.2023): Press Legal Regime in Iran: Flexibility and Adaptability with New Commu nication Technologies. In: Geopolitics Qarterly, Vol. 19, S. 189-205, https://journal.iag.ir/article_175 323_2d3d6d409343859a9f062c29cc82fd7d.pdf, Zugriff 16.1.2025 ■ Heise - Heise Online (27.12.2024): „ Ein erster Schritt“: Iran gibt WhatsApp und Play Store wieder frei, https://www.heise.de/news/Ein-erster-Schritt-Iran-gibt-WhatsApp-und-Play-Store-wieder-fre i-10220603.html, Zugriff 23.5.2025 85
