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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Plünderungen von Fernsehsendern kritisiert. Nach Angaben des irakischen Hochkommissariats für Menschenrechte wurden über 500 Menschen getötet und über 23.500 verwundet (Stand März 2020). Im Januar 2020 waren auch Kämpfer von Saraya as-Salam an Angriffen auf De monstranten und an der Erstürmung von Proteststätten durch die Badr-Milizen beteiligt, die die Zeltlager der Demonstranten niederbrannten (TWI 23.3.2020, S.91). Im Laufe des Jahres 2020 haben Mitglieder der PMF Aktivisten ermordet oder entführt und mindestens 30 Menschen in Bagdad, Nasriyah und Basra getötet. Auf mehr als 30 weitere wurden Mordanschläge verübt, sie kamen mit Verletzungen davon. Bis zum Ende des Jahres 2020 wurden 56 Aktivisten ge waltsam zum Verschwinden gebracht. Diejenigen, die während der Proteste 2019 gewaltsam verschwunden sind, werden weiterhin vermisst (AI 7.4.2021). Anfang Jänner 2021 belegten die USA den Vorsitzenden der PMF-Kommission, Faleh al-Fayyadh, mit Sanktionen, da dieser für die Anordnung und Ausführung der Ermordung friedlicher Demonstranten und der Durchführung einer gewaltsamen Aktion gegen die irakische Demokratie verantwortlich sei (AlMon 8.1.2021). Die PMF sollen, aufgrund guter nachrichtendienstlicher Möglichkeiten, die Fähigkeit haben, jede von ihnen gesuchte Person aufspüren zu können. Politische und wirtschaftliche Gegner werden unabhängig von ihrem konfessionellen oder ethnischen Hintergrund ins Visier genommen. Es wird als unwahrscheinlich angesehen, dass die PMF über die Fähigkeit verfügen, in der Kurdistan Region Irak (KRI) zu operieren. Dementsprechend gehen sie nicht gegen Personen in der KRI vor (DIS/Landinfo 5.11.2018, S.23). Präsident der PMF-Kommission ist - auf dem Papier - Faleh al-Fayyadh. Er hat jedoch keinen großen Mitarbeiterstab und unterliegt häufig den Anweisungen der Mittelsmänner im weiteren Netzwerk der PMF (Chatham 2.2021, S.7). Inoffizieller Spiritus Rector und strategische Kopf der Volksmobilisierung war Jamal Ebrahimi alias Abu Mahdi al-Muhandis, Vize-Kommandeur der PMF (Zenith 3.1.2020) und zugleich Begründer sowie Anführer der pro-iranischen Kata’ib Hizbollah, welche von den USA als Terrororganisation eingestuft ist (Guardian 3.1.2020; vgl. Wilson 27.4.2018). Abu Mahdi al-Muhandis galt als rechte Hand des iranischen Generalmajors der Revolutionsgarden, Qassem Soleimani. Beide wurden am 3.1.2020 bei einem US-Droh nenangriff in Bagdad getötet (AlMon 21.2.2020; vgl. MEMO 21.2.2020). Infolge dessen kam es innerhalb der PMF zu einem Machtkampf zwischen den Fraktionen, die einerseits dem irani schen Obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei, andererseits dem irakischen Großayatollah Ali as-Sistani nahe stehen (MEE 16.2.2020). Der iranische Oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei ernannte Brigadegeneral Esmail Ghaani als Nachfolger von Soleimani (AlMon 21.2.2020). Am 20.2.2020 wurde Abu Fadak Al-Mohammedawi, Kommandeur der Kata’ib Hizbollah, zum neuen stellvertretenden Kommandeur der PMF ernannt (AlMon 21.2.2020; vgl. MEMO 21.2.2020). Die Ernennung erfolgte einseitig durch die Vertreter des inneren Zirkels der Hashd ash-Sha’bi, deren fünf (pro-iranische) Milizen dem sogenannten „ Muhandis-Kern“ zugeordnet werden (Warsaw 9.7.2020). Die vier PMF-Fraktionen, die dem schiitischen Kleriker Ayatollah Ali as-Sistani nahe stehen, haben sich gegen die Ernennung Mohammadawis ausgesprochen und alle PMF-Fraktio nen aufgefordert, sich in die irakischen Streitkräfte unter dem Oberbefehl des Premierministers zu integrieren (AlMon 21.2.2020). Manche Milizen sehen den Tod von General Soleimani und 126

al-Muhandis im Jahre 2020 noch nicht als gerächt und attackieren immer wieder ausländische Ziele (ÖB Bagdad 20.11.2022, S.2-3). Formal wurde der Loslösungsprozess der vier Atabat- bzw. Schrein-Milizen mit einer Entschei dung des scheidenden Regierungschefs Mahdi am 22.4.2020 eingeleitet, wonach diese Einhei ten vom PMF-Kommando getrennt werden und von nun an direkt dem Premierminister verant wortlich sind (Warsaw 9.7.2020; vgl. AAA 23.4.2020, AlMon 29.4.2020). Laut Aussagen aus dem Kreis der Schrein-Milizen auf einer Koordinierungskonferenz im Dezember 2020 wollten diese die irakische Regierung unterstützen, sich von Fraktionen und politische Parteien zu trennen, welche die Interessen eines anderen Staates, gemeint ist der Iran, verfolgen (AlMon 4.12.2020; vgl. DYRN 22.2.2021). Erklärtes Ziel der vier Schrein-Milizen sei auch die Eingrenzung und Isolation der pro-iranischen PMF (DYRN 22.2.2021). Diese fortschreitende Zersplitterung der PMF lässt sich auf viele Faktoren zurückführen. Ei ner der Hauptgründe ist das Fehlen eines einheitlichen Ziels, das zuvor der Sieg über den IS darstellte. Ein weiterer Katalysator war der Tod von Abu Mahdi al-Muhandis, der in der Lage war, die unterschiedlichen Fraktionen zu einen (ATIIA 12.1.2021). Und obwohl der Nachfolger Muhandis, Abu Fadak al-Mohammedawi, enge Beziehungen zu Iran unterhält, gibt es eine breite Opposition gegen seine Führung in seiner eigenen Miliz, Kata’ib Hizbollah, die ihn als den un rechtmäßigen Chef der PMF betrachtet (Manara 10.3.2021). Die neueste Erscheinung, welche als Zeichen einer weiteren Aufsplitterung der PMF gewertet wird, ist das Auftreten mehrerer kleinerer Splittergruppen im Verlaufe des Jahres 2020, die mit größeren, von Iran unterstützten Gruppierungen verbunden sind, die sich sowohl durch Gewalt gegen Zivilisten als auch gegen Einrichtungen der US-geführten Militärallianz hervortun (ATIIA 12.1.2021). Innerhalb der schiitischen PMF gibt es Formationen, die mit den religiösen Lehrstätten im Irak bzw. den schiitischen religiösen Autoritäten (Marji’iya) verbunden sind (TCF 5.3.2018, S.4), und deshalb auch gelegentlich als Hashd al-Marji’i bezeichnet werden (TCF 5.3.2018, S.4; vgl. ICSR 1.11.2018, S.24). Geläufiger sind die Termini „ Schrein“-Milizen bzw. Saraya al-’Atabat (kurz: Atabat) (TWI 5.2.2021; vgl. ICSR 1.11.2018, S.24). Prominenter und umstrittener sind die mit dem Iran verbündeten Formationen, die oft als Hashd al-Wala’i bezeichnet werden - wala’ ist das arabische Wort für Loyalität - eine Anspielung auf die Loyalität dieser Formationen gegenüber dem iranischen Obersten Führer Ali Khamenei. Die erstgenannten Gruppen sind in der Regel kleiner und wurden nach dem Fall von Mossul im Jahr 2014 als direkte Reaktion auf Sistanis Aufruf zur Massenmobilisierung gegen die Bedrohung durch den IS gebildet. Bei den letztgenannten, stärker auf Iran ausgerichteten Formationen handelt es sich eher um erfahrenere Gruppen mit einer längeren Geschichte paramilitärischer Aktivitäten im Irak und in einigen Fällen auch in Syrien (TCF 5.3.2018, S.4). Pro-iranische Milizen: al-Hashd al-Wala’i / al-Muqawama al-Islamiyya Das Lager, welches u.a. als al-Hashd al-Wala’i bezeichnet wird, umfasst jene PMF-Formatio nen, die entweder mit Iran verbündet sind oder mit ihm zusammenarbeiten, und die innerhalb der PMF sowohl quantitativ als auch qualitativ die Oberhand haben (EUI 6.2020, S.3). Die von Iran unterstützten irakischen Milizen bezeichnen sich selbst auch als al-Muqawama al-Islamiyya 127

- der islamische Widerstand - Widerstand vor allem gegen die US-geführten Koalitionstruppen, meist in Form von Raketen- und Sprengstoffangriffen (JS 12.4.2021). Jene PMF (bzw. deren Vertreter), welche im Februar 2020 das Wahlkomitee zur Bestimmung eines neuen stellvertre tenden Vorsitzenden nach dem Tode Muhandis bildeten, gelten als die wichtigsten Iran-affinen Milizen. Diese sind: Kata’ib Hizbollah, die Badr-Organisation, Asa’ib Ahl al-Haqq, Kata’ib Sayyid ash-Shuhada und Kata’ib Jund al-Imam (TWI 23.3.2020, S.23; vgl. ICG 30.7.2018, S.3). Hinzu kommen noch Harakat Hizbollah an-Nujaba (Bewegung der Partei Gottes der Noblen) (ICG 30.7.2018, S.3), mit mindestens 1.500 Kämpfern, auch in Syrien aktiv (TWI 23.3.2020, S.110, 204) und eine der Milizen, die durch Iran besonders militärisch und finanziell unterstützt werden (MAITIC 8.1.2020, S.1), sowie die Kata’ib Imam Ali (Bataillone des Imam Ali), deren Anführer, Shibl al Zaydi, 2018 von den USA wegen seiner Verbindungen zu den Iranischen Revolutions garden als Terrorist eingestuft wurde (LWJ 15.12.2020). Zudem war Kata’ib Imam Ali auch 2021 in Syrien präsent (AAA 22.3.2021). Dazu gesellen sich noch die Saraya Talia al-Khorasani, die auch in Syrien aktiv waren (TWI 23.3.2020, S.110, 205; vgl. ICG 30.7.2018, S.27). Die Badr-Organisation, die mächtigste schiitische Miliz, gilt als Irans ältester Stellvertreter im Irak. Sie wurde 1982 in Iran gegründet, um Saddam Hussein zu bekämpfen, und wurde zunächst vom Korps der IRGC finanziert, ausgebildet, ausgerüstet und geführt (Soufan 20.3.2019; vgl. Wilson 27.4.2018). Nach der US-Invasion im Jahr 2003 kehrte sie in den Irak zurück und wurde in die neue irakische Regierung integriert. Ihre Kräfte wurden zur größten Fraktion innerhalb der staatlichen Sicherheitskräfte, insbesondere der Polizei (Wilson 27.4.2018), die wiederum zu einem Instrument der Badr-Organisation erwuchs (SWP 2.7.2021, S.26). Sie nahm an Wahlen teil; ihre Führer wurden in die neue Regierung in Kabinettspositionen aufgenommen. Sie behielt jedoch ihre Miliz bei (Wilson 27.4.2018). Sie umfasst rund 20.000 Kämpfer (Soufan 20.3.2019) und unterhält mindestens zehn Brigaden der staatlich finanzierten PMF, möglicherweise sogar 17 (TWI 2.9.2021). Die Badr-Organisation wird von Hadi al-Amiri angeführt. Viele Badr-Mitglieder waren oder sind Teil der offiziellen Staatssicherheitsapparate, insbesondere des Innenminis teriums und der Bundespolizei (FPRI 19.8.2019). So haben einige Mitglieder der PMF auch Doppelpositionen inne. Abu Dergham al-Maturi, beispielsweise, führte die 5. PMF-Brigade, eine Badr-Brigade, und fungierte gleichzeitig als stellvertretender Kommandeur der Bundespolizei im Innenministerium (Chatham 2.2021, S.19). Oder das Badr-Führungsmitglied Qassim al-Araji war Innenminister (2017-2018) und ist nun der nationale Sicherheitsberater. Die Badr ist eine große und komplexe Organisation, die sowohl einen militärischen als auch einen politischen Flügel und viele Unterfraktionen hat. Im Großen und Ganzen hat sich Badr durch seine Wahler folge, seine paramilitärische Macht und seine Patronagenetzwerke tief in den irakischen Staat eingebettet. Badr war die Quelle für viele jüngere und radikalere Gruppen, einschließlich Kata’ib Hizbollah. Zwar setzt sich die Badr-Organisation für den Abzug der US-Kampftruppen aus der Region ein, doch hat sie sich im Gegensatz zu den anderen pro-iranischen PMF von Angriffen auf die USA und deren Verbündete öffentlich distanziert. Innerhalb der Muqawama nimmt die Badr-Organisation weiterhin eine wichtige Rolle ein und bleibt gleichzeitig ihren Wurzeln als iranischer Stellvertreter treu, mit weiterhin engen institutionellen und personellen Beziehungen zu den IRGC (TWI 2.9.2021 ). 128

Die Kata’ib Hizbollah (Brigaden der Partei Gottes) umfassen etwa 3.000 bis 7.000 Kämp fer (Arabiya 31.5.2020), anderen Schätzungen zufolge sogar 20.000 (Soufan 20.3.2019). Die Kata’ib Hizbollah haben enge konfessionelle, ideologische und finanzielle Bindungen zu Iran (Arabiya 31.5.2020). Keine andere Miliz steht den IRGC näher (Soufan 20.3.2019). Sie sind für zahlreiche Angriffe auf die von den USA geführte Militärallianz verantwortlich und riefen u.a. auch zu Terrorattacken gegen Saudi-Arabien auf. Menschenrechtsorganisationen werfen der Miliz schwere Menschenrechtsverletzungen vor, insbesondere gegen Sunniten (Arabiya 31.5.2020). Sie arbeiten intensiv mit der Badr-Organisation und der libanesischen Hisbollah zusammen. Die Miliz wird von den USA seit 2009 als Terrororganisation geführt (STDOK 21.8.2017, S.64). Die Asa‘ib Ahl al-Haqq (AAH) (Liga der Rechtschaffenen) verfügt über etwa 15.000 Kämp fer (Soufan 20.3.2019). Die AAH ist eine mächtige schiitische Muslim-Miliz, die sich 2007 von Sadrs damaligen Mahdi-Armee abgespalten hat (Clingendael 6.2018, S.3; vgl. EPIC 5.2020). Die AAH wurde ursprünglich von den IRGC mit Unterstützung der libanesischen Hisbollah in ira nischen Lagern ausgerüstet, finanziert und ausgebildet und war auch in Syrien präsent (Wilson 27.4.2018). Die militärische und finanzielle Unterstützung durch die Al-Quds-Einheit der IRGC hält weiterhin an (MAITIC 8.1.2020, S.1). Sie richtete politische Büros, religiöse Schulen und soziale Dienste ein, vor allem im Süden Iraks und in Bagdad (Wilson 27.4.2018). Ihr Anführer, Qais al-Khaz’ali, wurde von den US-Behörden im Irak wegen seiner Rolle bei tödlichen Angriffen auf US-Truppen im Jahr 2007 für fünf Jahre inhaftiert. Er gilt den USA als einer der Verantwort lichen für den Anschlag auf die US-Botschaft in Bagdad zu Silvester 2019. Am 3.1.2020 stufte das US-Außenministerium die AAH als terroristische Organisation und Khaz’ali als „ Specially Designated Global Terrorist“ ein (EPIC 5.2020). Innerhalb der Volksmobilisierung erwarb sich die Organisation den Ruf, politisch-weltanschauliche mit kriminellen Motiven zu verbinden und besonders gewalttätig zu sein. Sie wird für zahlreiche Verbrechen gegen sunnitische Zivilisten verantwortlich gemacht (SWP 2.7.2021, S.25). Die seit 2020 vermehrt in Erscheinung tretenden pro-iranischen Splittergruppen haben ein zweifelhaftes Maß an Autonomie. Es ist nicht klar, ob es sich bei diesen um unabhängige Gruppen handelt, die von den größeren „ Mutter“-Milizen unterstützt werden, oder ob sie lediglich eine Fassade für diese größeren Milizen bilden, um sich den US-Sanktionen durch die Einstufung als terroristische Organisation zu entziehen (ATIIA 12.1.2021; vgl. JS 10.3.2021). Sie werden diesbezüglich insbesondere Kata’ib Hizbollah, Asa’ib Ahl al-Haqq, Kata’ib Sayyid ash-Shuhada und der Harakat Hizbollah an-Nujaba zugeordnet (JS 10.3.2021). Ihre Anzahl ist vage und wird auf 10 bis 20 Gruppen geschätzt (Arabiya 18.11.2020). Die neuen Splittergruppen treten primär durch zwei unterschiedliche Handlungsweisen in Erscheinung: Zum einen bewaffnete Milizen, die in der Lage sind, Anschläge auf US-Einrichtungen im Irak zu verüben, und zum anderen Straßenbanden, die eine Art gesellschaftlichen Krieg auf den Straßen Bagdads führen. Zu den Ersteren gehören Usbat al-Tha’ireen (Liga der Revolutionäre) und Ashab al-Kahf (die Gefährten der Höhle), die sich regelmäßig zu Raketen- oder IED-Angriffen auf US-Ziele bekennen (ATIIA 12.1.2021). Usbat al-Tha’ireen übernahm beispielsweise die Verantwortung für den Angriff auf Camp Taji im März 2020, bei dem zwei amerikanische Soldaten und ein britischerSoldat getötet wurden (TWI 10.4.2020; vgl. Arabiya 18.11.2020), während Ashab al-Kahf zahlreiche Angriffe auf 129

Konvois sowie einen Raketenangriff auf die US-Botschaft im November 2020 für sich reklamierte (JS 10.3.2021). Zur zweiten Gruppe gehören Raba Allah/Rab’Allah (das Volk Gottes), Jund Soleimani (die Soldaten Soleimanis) und Jabhat Abu Jadahah (eng. People of the Lighter’s Front), die, getragen von stark religiösen Anwandlungen, als Sittenpolizei agieren und das liberalere Leben Bagdads unterdrücken, indem sie beispielsweise Massagesalons angriffen oder Bombenanschläge auf Geschäfte verübten, die Alkohol verkauften (ATIIA 12.1.2021; vgl. TWI 9.4.2021). Rab’Allah gilt als wichtigste Gruppe. Im Oktober 2020 verübte sie Brandanschläge auf Büros von Fernsehsendern sowie der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP). Weiters führte sie Hetzkampagnen gegen Personen aus Politik und Medien durch und drohte ihnen mit Gewalt. Zudem organisierte sie Proteste vor ausländischen Vertretungen (TWI 9.4.2021). Iran-kritische Milizen: Atabat / Schrein-Milizen / Hashd al-Marji‘i Bei den „ Schrein“- oder Atabat-Milizen (andere Bezeichnungen: Hashd al-Atabat/ Saraya al- Atabat/ al-Atabat al-Muqadasa) oder auch Hashd al-Marji‘i handelt es sich um paramilitärische Gruppen, die mit den schiitischen Heiligtümern in Najaf und Kerbala verbunden sind, deshalb auch die Bezeichnung „ Schrein-Milizen“ (ICSR 1.11.2018, S.24; vgl. TWI 28.5.2020, DYRN 1.3.2021). Liwa Ansar al-Marjaiya (44. Brigade), Liwa Ali al-Akbar (11. Brigade), Firqat al-Abbas al-Qitaliyah (26. Brigade), letztere bekannter unter der Bezeichnung Abbas Kampfdivision (Ab bas Combat Division) und Firqat al-Imam Ali al-Qitaliyah (2. Brigade) haben keine Verbindungen zum Korps der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC) Irans, sondern zu Ayatollah Ali as-Sistani, dem irakischen schiitischen Kleriker, densie als ihr Vorbild betrachten (TWI 28.5.2020; vgl. DYRN 15.10.2021). Insgesamt verfügen die Atabat über rund 18.000 aktive Soldaten und Zehntau sende von Reservisten. Die Abbas Kampfdivision (Firqat al-Abbas) ist die militärisch fähigste der vier Gruppen, gestärkt durch die logistische Ausbildung und die Zusammenarbeit mit dem irakischen Verteidigungsministerium. Mehrere Merkmale unterscheiden die Atabat von den pro- iranischen Einheiten der PMF: Erstens arbeiten sie nur mit nationalen irakischen Institutionen zusammen und dürfen nicht mit IRGC-Kommandeuren oder anderen ausländischen Militärs in Verbindung treten. Zweitens halten sie sich aus der Politik heraus, während die iran-freundli chen Gruppen sogar ihre eigenen politischen Parteien gegründet haben. Drittens betrachten die Atabat-Einheiten die Vereinigten Staaten nicht als Feind, trotz anlassbezogener Verurteilun gen von US-Aktionen. Viertens wurden die Atabat nicht der Verletzung von Menschenrechten beschuldigt. Tatsächlich haben sie kein Interesse daran, in den sunnitisch-arabischen Gebieten präsent zu sein, in denen viele solcher Verstöße begangen wurden. Ihr Hauptinteresse gilt den schiitischen heiligen Städten Kerbala und Najaf und dem Wüstengebiet, die diese Städte mit An bar verbindet. Die Atabat wurden auch nicht der Erpressung beschuldigt, im Gegensatz zu den vielen PMF-Gruppen, die solche Taktiken anwenden, um sich selbst zu erhalten, und damitden Unmut der sunnitischen Bevölkerung verschärfen (TWI 28.5.2020). Die Schrein-Milizen spielten eine wichtige Rolle bei der Verteilung von Hilfsgütern im Rahmen einer Kampagne von Großaya tollah as-Sistani mit dem Namen Maraji’yat al-Takaful (Solidarität der Marji’i) zur wirtschaftlichen Unterstützung der Menschen, die unter der von der Regierung verhängten Ausgangssperre während der COVID-19-Krise litten (EUI 6.2020, S.3). Saraya as-Salam / Friedenskompanien 130

Die Saraya as-Salam mobilisierten sich 2014 aus den Rängen der vormaligen Mahdi-Armee, die dem irakischen Kleriker Muqtada as-Sadr untersteht. Sie verfolgen eine nationalistische Ideolo gie und eigene politische Ziele (Clingendael 6.2018, S.3). Sadr und seine Anhänger lehnen die pro-iranischen, Khamenei-freundlichen paramilitärischen Führer und Gruppen entschieden ab. Dennoch bleiben sie Teil der Gesamtstruktur der PMF. Sie sind hinsichtlich einer Integration in die Sicherheitskräfte aufgeschlossen (ICG 30.7.2018, S.4; vgl. FPRI 19.8.2019). Quellen spre chen von einer Gruppengröße von 50.000, teilweise sogar 100.000 Mann. Ihre Schlagkraft ist jedoch mangels ausreichender finanzieller Ausstattung und militärischer Ausrüstung begrenzt. Dies liegt darin begründet, dass Sadr politische Distanz zu Teheran wahren will, was in einer nicht ganz so großzügigen Unterstützung Irans resultiert (STDOK 21.8.2017, S.65). Hinsichtlich der im Herbst 2019 aufflammenden Proteste vollzog Muqtada as-Sadr eine zwiespältige Politik. Schon in der Anfangsphase der Oktober-Demonstrationen 2019 waren Sadristen aktiv an den Demonstrationen beteiligt, und deren Paramilitärs verteidigten andere Demonstranten vor der Gewalt staatlicher und mit Iran verbündeter bewaffneter Kräfte. Im Frühjahr 2020 allerdings, nachdem Sadr die Demonstranten wegen ihres Auftretens gegenüber den religiösen Autoritäten tadelte, ihre „Abweichung“ vom „ richtigen Weg“ kritisierte und parallel die bewaffneten Auseinan dersetzungen zwischen Saraya as-Salam und der pro-iranischen Asa’ib Ahl al-Haqq eingestellt wurden, gingen die Sadr-Miliz bzw. seine Anhänger in Bagdad und weiteren Städten im Südirak gewaltsam gegen Demonstranten vor und besetzten Protestlager (FPRI 3.2020, S.2, 17; vgl. BAMF 5.2020, S.9-10, 21-22). Quellen ■ 1001IT - 1001 Iraqi Thoughts (11.7.2019): Interpreting the Iraqi Prime Minister’s PMF Decree, https: //1001iraqithoughts.com/2019/07/11/interpreting-the-iraqi-prime-ministers-pmf-decree/ , Zugriff 11.7.2023 ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (28.10.2022): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2022), https://www.ecoi.net/e n/file/local/2082728/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_ Lage_in_der_Republik_Irak_(Stand_Oktober_2022),_28.10.2022.pdf , Zugriff 23.3.2023 [Login erforderlich] ■ AAA - Asharq Al-Awsat (22.3.2021): Iranian Proxy Militia Opens New Recruitment Center in Aleppo, Syria, https://english.aawsat.com/home/article/2874471/iranian-proxy-militia-opens-new-recruitme nt-center-aleppo-syria , Zugriff 11.7.2023 ■ AAA - Asharq Al-Awsat (23.4.2020): Iraq: Four Brigades Break Away from PMF Command, https: //english.aawsat.com/home/article/2248386/iraq-four-brigades-break-away-pmf-command , Zugriff 11.7.2023 ■ AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Iraq 2020, https://www.ecoi.net/en/document/2048571.html, Zugriff 11.7.2023 ■ AlMon - Al Monitor (8.1.2021): US sanctions Iraq’s PMU chair Falih al-Fayadh, https://www.al-monit or.com/originals/2021/01/iraq-us-sanction-falih-pmu.html , Zugriff 11.7.2023 ■ AlMon - Al Monitor (4.12.2020): Shiite factions close to Sistani move to separate from Iran-backed militias, https://www.al-monitor.com/originals/2020/12/iraq-iran-pmu-sistani.html , Zugriff 25.8.2021 ■ AlMon - Al Monitor (29.4.2020): Pro-Sistani ’popular mobilization units’ break with pro-Iran militias in Iraq Read more, https://www.al-monitor.com/originals/2020/04/iraq-iran-pmu-sistani.html , Zugriff 11.7.2023 ■ AlMon - Al Monitor (21.2.2020): Iran struggles to regain control of post-Soleimani PMU, https: //www.al-monitor.com/pulse/originals/2020/02/iraq-iran-soleimani-pmu.html , Zugriff 11.7.2023 131

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und Asayish als inneren Sicherheitsdienst. Nominell unterstehen sie dem Innenministerium der KRG (USDOS 20.3.2023). Die beiden Einheiten, die den Großteil der Peshmerga-Kräfte ausmachen und über 100.000 Mann stark sind, werden von der KDP und PUK kontrolliert. Die Kräfte der Einheit Nr. 70 gehören zur PUK und die Kräfte der Einheit Nr. 80 werden von der KDP kontrolliert (Rudaw 21.6.2021). Seit 2005 ist die Vereinigung der KDP und PUK-eigenen Peshmerga-Streitkräfte unter dem Peshmerga-Ministerium ein wichtiges innenpolitisches Thema (Rudaw 3.4.2017; vgl. GPPi 3.2018). Dennoch kommt die diesbezügliche von der KRG begonnene Peschmergareform, die von der sogenannten Multi-National-Advisory-Group (USA, Großbritannien, Niederlande und Deutschland) begleitet wird, nur sehr stockend voran (AA 28.10.2022, S.7). Mit der ter ritorialen Niederlage des Islamischen Staates (IS) Ende 2017 haben auch die internationalen Koalitionspartner im Rahmen eines 2018 begonnenen Reformprogramms auf die Zusammen legung der kurdischen Kräfte unter dem Peshmerga-Ministerium gedrängt (Rudaw 21.6.2021). Obwohl es bereits gelungen ist, mehrere bestehende Brigaden effektiv zu vereinen, kämpft das Peshmerga-Ministerium noch darum, alle Peshmerga-Einheiten unter sein Kommando zu bringen (Rudaw 3.4.2017; vgl. GPPi 3.2018). Die KDP und PUK haben seit Ende 2018 Schritte unternommen, um ihre jeweiligen Peshmerga zu vereinigen (BS 23.2.2022, S.16). Auf Briga de-Ebene werden die Führungspositionen nach einem 50-50-Prinzip verteilt: Brigaden unter der Leitung von KDP-Kommandanten haben PUK-Stellvertreter und umgekehrt. In der Praxis sind die meisten Brigaden jedoch immer noch entlang der Parteigrenzen aufgegliedert (GPPi 3.2018) und die Peshmergaeinheiten auf die jeweiligen politischen Parteien fixiert geblieben (BS 23.2.2022, S.16). Im April 2021 wurde die Einrichtung gemeinsamer Koordinationszentren zum Austausch von Informationen zur Bekämpfung des IS zwischen den Irakischen Sicherheitskräften (ISF) und den Peshmerga-Kräften beschlossen. Diese sollen dazu dienen, die Sicherheitslücken zwischen deren Einsatzgebieten zu schließen, die vom IS ausgenutzt werden. Die Koordinationszentren befinden sich in Diyala, Kirkuk, Makhmour und Ninewa (Rudaw 23.5.2021). Im Kampf gegen den IS hatten die Peshmerga über die ursprünglichen Grenzen der Kurdistan Region Iraq (KRI) von 2003 hinaus Gebiete befreit. Aus diesen zwischen Bagdad und Erbil seit jeher umstrittenen Gebieten hat die irakische Armee die Peshmerga nach Abhaltung des Unabhängigkeitsreferendums im September 2017 größtenteils zurückgedrängt. In weiten Tei len haben die Peshmerga sich kampflos zurückgezogen, es gab jedoch auch teils schwere bewaffnete Auseinandersetzungen mit Opfern auf beiden Seiten (AA 14.10.2020, S.10). Die Sicherheitsdienste der KRI halten in den von ihnen kontrollierten Gebieten bisweilen Ver dächtige ohne Haftbefehl fest, insbesondere auf der Grundlage des Antiterrorismusgesetzes (USDOS 20.3.2023). Die schlecht definierten administrativen Grenzen zwischen den kurdi schen Gouvernements sowie dem (nicht-kurdischen) Rest des Landes führen zu anhaltender Verwirrung über die Zuständigkeit der Sicherheitskräfte und der Gerichte. Angehörige der Si cherheitskräfte haben dokumentierte Übergriffe begangen (USDOS 20.3.2023). 135
