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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter

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1 Länderspezifische Anmerkungen
Letzte Änderung 2023-10-04 14:08
In der vorliegenden Länderinformation wird für die irakischen Gebiete unter der direkten Kontrol­
le der Zentralregierung in Bagdad, d. h., ohne die Kurdistan Region Irak (KRI) auch der Begriff 
„ föderaler Irak“ verwendet, um die Zuordenbarkeit von Informationen, die einerseits den gesam­
ten Irak (inkl. der KRI) und andererseits nur die Gouvernements unter der direkten Kontrolle 
Bagdads betreffen, zu verdeutlichen.
Wie in allen Länderinformationen wird bei staatlichen nationalen Institutionen in der Quellenan­
gabe das Land in eckiger Klammer genannt. Aus Gründen der Stringenz geschieht dies auch, 
wenn aus dem Quellennamen das Land bereits eindeutig hervorgeht.
Im Hinblick auf offizielle Statistiken des Irak wird darauf hingewiesen, dass auch offizielle iraki­
sche Stellen bzw. deren zugängliche Veröffentlichungen immer noch veraltetes Zahlenmaterial 
anführen, da aufgrund der Post-Konflikt-Situation kein neueres empirisches Material generiert 
wurde. Viele, vor allem wirtschaftliche Zahlen und solche zu humanitären Fragen berufen sich 
auf Hochrechnungen basierend auf Umfragen sowie empirischen Untersuchungen, deren Er­
gebnisse je nach angewandter Methodik variieren können.
In den Kapiteln zur Sicherheitslage im Irak wird unter anderem auf die Vorfallsdaten bzw. -
datensätze von ACLED (Armed Conflict Location & Event Data Project) und Joel Wing zurück­
gegriffen.
ACLED erfasst sicherheitsrelevante Vorfälle und Todesopfer mittels Medienbeobachtung, d. h. 
es werden online verfügbare Nachrichtenberichte sowie Berichte von anderen Quellen über 
sicherheitsrelevante Vorfälle gesammelt und die relevanten Ereignisse anhand eines vorgege­
benen Codierschemas in den Vorfallsdatensatz aufgenommen(ACLED o.D.).
ACLED verwendet bei der Zählung der Todesopfer die kleinste in den Quellen zu findende 
Anzahl an Todesopfern. Sind die Angaben zu den Todesopfern in den Quellen ungenau (z. 
B. „ zahlreiche Tote“) oder unbekannt, so codiert ACLED je nach Kontext entweder drei oder 
zehn Todesopfer (ACLED o.D.). Die Angaben zu den Todesopfern sind somit Schätzungen von 
ACLED.
ACLED sammelt und codiert Fälle von politischer Gewalt. Politische Gewalt wird dabei defi­
niert als die Anwendung von Gewalt durch eine Gruppe mit einem politischen Ziel oder einer 
politischen Motivation oder mit eindeutigen politischen Auswirkungen. Ein Ereignis politischer 
Gewalt ist eine einzelne Auseinandersetzung, bei der eine oder mehrere Gruppen Gewalt zu 
einem politischen Zweck anwenden. ACLED erfasst dabei die folgenden Vorfälle von politischer 
Gewalt: Kampfhandlungen staatlicher und nicht-staatlicher Akteure, Gewalt gegen Zivilisten, so­
genannte „ remote violence“ - Gewalt ohne die physische Anwesenheit des Gewaltausübenden 
(z. B. Bombenanschläge, IEDs, Raketenangriffe etc.) - wie auch Demonstrationen und Aufstän­
de. Auch gewaltlose Ereignisse werden unter der Kategorie „ strategische Entwicklungen“ sowie 
in Bezug auf friedliche Proteste erfasst(ACLED o.D.).
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Weitergehende Informationen zur Vorgehensweise von ACLED können der aktuellen Methodo­
logie bzw. dem Codebuch von ACLED entnommen werden: https://acleddata.com/acleddatan
ew/wp-content/uploads/dlm_uploads/2023/06/ACLED_Codebook_2023.pdf.
Der US-amerikanische Irak-Experte Joel Wing, der für die Jamestown Foundation geschrieben 
hat, von der BBC und CNN eingeladen wird und immer wieder in einschlägigen Berichten (z. 
B. UK Home Office-Bericht zum Irak) oder von der österreichischen Nahost-Expertin Gudrun 
Harrer zitiert wird, veröffentlicht in seinem Blog „ Musings on Iraq“ Zahlen zu den Opfern von 
Gewalt im Irak, wobei er sich auf Angriffe nicht- oder teil-staatlicher Akteure fokussiert, wie 
z. B. des Islamischen Staats (IS), pro-iranischer Milizen, Sadristen, u. a. Die Statistiken von 
Joel Wing enthalten genaue Angaben zur Anzahl Getöteter, getöteter Zivilisten, Verwundeter, 
etc. - dies fast immer in Kombination mit der Art des Angriffes/Anschlages. Laut Joel Wing 
handelt es sich bei den auf seiner Webseite angegebenen Zahlen um keine Schätzungen, 
die versuchen das Gesamtausmaß zu erfassen, sondern um einzeln dokumentierte Fälle. Sie 
seien daher keinesfalls als erschöpfend anzusehen. Zudem würde die irakische Regierung aus 
Propagandagründen immer wieder aktiv Informationen über bestimmte Vorfälle unterdrücken. 
Die Blogseite kann unter dem folgenden Link abgerufen werden: https://musingsoniraq.blogsp
ot.com/.
Quellen
■ ACLED - Armed Conflict Location and Event Data (o.D.): Armed Conflict Location & Event Data 
Project CODEBOOK, https://acleddata.com/acleddatanew/wp-content/uploads/dlm_uploads/2023/
06/ACLED_Codebook_2023.pdf, Zugriff 2.10.2023
2 Vergleichende Länderkundliche Analyse (VLA) i.S. § 3 Abs 4a AsylG
Letzte Änderung 2024-03-27 06:05
Erläuterung
Bei der Erstellung der vorliegenden Länderinformation wurde die im § 3 Abs 4a AsylG festge­
schriebene Aufgabe der Staatendokumentation zur Analyse „ wesentlicher, dauerhafter Verände­
rungen der spezifischen, insbesondere politischen Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung 
maßgeblich sind“, berücksichtigt. Hierbei wurden die in der vorliegenden Länderinformation ver­
wendeten Informationen mit jenen in der vorhergehenden Version abgeglichen und auf relevante, 
im o.g. Gesetz definierte Verbesserungen hin untersucht.
Als den oben definierten Spezifikationen genügend eingeschätzte Verbesserungen wurden 
einer durch Qualitätssicherung abgesicherten Methode zur Feststellung eines tatsächlichen 
Vorliegens einer maßgeblichen Verbesserung zugeführt (siehe Methodologie der Staatendoku­
mentation). Wurde hernach ein tatsächliches Vorliegen einer Verbesserung i.S. des Gesetzes 
festgestellt, erfolgte zusätzlich die Erstellung einer entsprechenden Analyse der Staatendoku­
mentation (siehe Methodologie der Staatendokumentation) zur betroffenen Thematik.
Verbesserung i.S. § 3 Abs 4a AsylG
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Titel Kapitel im CMS
Ein Vergleich der Informationen zu asylrelevanten Themenge­
bieten in den vorliegenden Länderinformationen mit jenen der 
vormals aktuellen Länderinformationen hat ergeben, dass es 
zu keinen wie im § 3 Abs 4a AsylG beschriebenen Verbesse­
rungen im Irak gekommen ist.
                                              
3 COVID-19
Letzte Änderung 2024-03-27 07:35
Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die 
Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: http://covid19.who.int/ 
oder https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports . 
Für historische Daten bis zum 10.3.2023 siehe die Datenbank der Johns-Hopkins-Universität: 
https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd402994234
67b48e9ecf6.
Anmerkung
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sind in folgenden Kapiteln bzw. Unter-Kapiteln der 
vorliegenden Länderinformation enthalten:
• Internet und soziale Medien
• Meinungs- und Pressefreiheit in der Kurdischen Region im Irak (KRI)
• Vereinigungsfreiheit / Opposition in der Kurdischen Region im Irak (KRI)
• Haftbedingungen
• Kinder/ Bildungszugang
• Bewegungsfreiheit
• Grundversorgung und Wirtschaft
• Grundversorgung und Wirtschaft in Bagdad und im Südirak
• Grundversorgung und Wirtschaft im Zentral- und Nordirak
• Grundversorgung und Wirtschaft in der Kurdischen Region im Irak (KRI)
• Medizinische Versorgung
• Rückkehr
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4 Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-27 13:35
Mit dem gewaltsamen Sturz Saddam Husseins und der Ba’ath-Partei im März 2003 (KAS 
2.5.2018, S.2; vgl.DFAT 17.8.2020, S.9) wurde die politische Landschaft des Irak enorm ver­
ändert (KAS 2.5.2018, S.2; vgl. Fanack 8.7.2020). 2005 hielt der Irak erstmals demokratische 
Wahlen ab und führte eine Verfassung ein, die zahlreiche Menschenrechtsbestimmungen enthält. 
Das Machtvakuum infolge des Regimesturzes und die Misswirtschaft der Besatzungstruppen 
führten hingegen zu einem langwierigen Aufstand gegen die US-geführten Koalitionstruppen 
(DFAT 17.8.2020, S.9). Dieses gemischte Bild ist das Ergebnis der intensiven politischen Dy­
namik, die durch den Aufstieg des Islamischen Staates (IS) auf eine harte Probe gestellt wurde 
(KAS 2.5.2018, S.2).
Gemäß der Verfassung von 2005 ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch 
republikanischer Staat. Der Islam ist Staatsreligion und eine der Hauptquellen der Gesetzge­
bung (AA 28.10.2022, S.6; vgl. Fanack 8.7.2020). Das Land ist in Gouvernements (muhafazāt) 
unterteilt (Fanack 8.7.2020; vgl. DFAT 16.1.2023, S.9), jedes mit einem gewählten Rat. Die Gou­
verneure werden vom Präsidenten auf Anraten der Bundesregierung ernannt (DFAT 16.1.2023, 
S.9). Am 16.3.2023 hat das irakische Kabinett as-Sudanis Halabja offiziell als 19. irakisches Gou­
vernement anerkannt, nachdem die Kurdische Regionalregierung (KRG) bereits am 13.3.2014 
beschlossen hatte, es zu einem Gouvernement zu erheben (Alaraby 13.3.2023).
Die folgende politische Karte weist die administrativen Grenzen der 19 irakischen Gouverne­
ments auf, sowie die Lage der Bundeshauptstadt, der Provinzhauptstädte und weiterer bedeu­
tender Städte.
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Quelle 1: MapsofIndia 6.4.2023
Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Ju­
dikative vor (BS 29.4.2020, S. 11; vgl. RIL 15.10.2005, S. 14). An der Spitze der Exekutive 
steht der Präsident, welcher mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (arab.: 
majlis al-nuwwāb, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat) für eine Amtszeit 
von vier Jahren gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er genehmigt Gesetze, 
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die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unter­
stützt, mit denen er den Präsidialrat bildet, welcher einstimmige Entscheidungen trifft (Fanack 
8.7.2020). Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und repräsentiert die Souveränität und Einheit 
des Staates (DFAT 17.8.2020, S. 17). Das zweite Organ der Exekutive ist der Premierminister, 
welcher vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt wird (Fanack 8.7.2020; vgl. 
RIL 15.10.2005, S. 23). Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die 
tägliche Politik und ist zudem Oberbefehlshaber der Streitkräfte (Fanack 8.7.2020; vgl. DFAT 
17.8.2020, S. 17). Die Legislative wird durch den Repräsentantenrat, d. h. das Parlament, aus­
geübt (Fanack 8.7.2020; vgl. KAS 2.5.2018, S. 2). Er besteht aus 329 Abgeordneten, die für eine 
Periode von vier Jahren gewählt werden (FH 2023). Neun Sitze sind per Gesetz für ethnische 
und religiöse Minderheiten reserviert (AA 22.1.2021, S. 11; vgl. FH 2023, USDOS 12.4.2022) 
- fünf für Christen und je einer für Jesiden, Mandäer-Sabäer, Shabak und für Faili-Kurden aus 
dem Gouvernement Wassit (AA 22.1.2021, S. 11; vgl. FH 2023, USDOS 12.4.2022). Die fest­
geschriebene Mindest-Frauenquote im Parlament liegt bei 25 % (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 
2023). Die Judikative wird vor allem durch den Bundesgerichtshof repräsentiert (KAS 2.5.2018, 
S. 2).
Die Grenzen zwischen Exekutive, Legislative und Judikative sind jedoch häufig fließend (FH 
2023). Die Gewaltenteilung wird durch parallele Rollen vieler Entscheidungsträger beeinträch­
tigt (BS 23.2.2022, S. 12). In Artikel 19 der Verfassung heißt es beispielsweise, dass die Justiz 
unabhängig ist, und keine Macht über der Justiz steht, außer dem Gesetz selbst (BS 23.2.2022, 
S. 13). Die Justiz ist jedoch eine der schwächsten Institutionen des Staates, und ihre Unabhän­
gigkeit wird häufig durch die Einmischung politischer Parteien über Patronage-Netzwerke und 
Klientelismus untergraben (BS 29.4.2020, S. 11). [siehe dazu Kapitel „ Rechtsschutz / Justizwe­
sen“]
Das politische System des Irak wird durch das sogenannte Muhasasa-System geprägt (BS 
23.2.2022, S. 33; vgl. DFAT 16.1.2023, S. 9-10, BAMF 5.2020, S. 2). Muhasasa im irakischen 
Kontext bedeutet die Vergabe von staatlichen Ämtern entlang ethnisch-konfessioneller (Muha­
sasa Ta’ifiyya) oder parteipolitischer (Muhasasa Hizbiyya) Linien. Der Aufteilung wird ein ge­
schätzter Zensus zugrunde gelegt, sodass die drei größten Bevölkerungsgruppen (Kurden, 
Sunniten, Schiiten) ihren Bevölkerungsanteilen gemäß proportional repräsentiert werden. Ei­
nige Minderheiten wie Christen und Jesiden sind durch für sie reservierte Sitze repräsentiert. 
Mit der Vergabe staatlicher Ämter ergibt sich auch ein Zugang zu staatlichen Ressourcen, z. B. 
durch Zugang zu Budgets von Ministerien oder lokalen Behörden (BAMF 5.2020, S. 2-3). Das 
Muhasasa-System gilt auch für die Staatsführung. So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich 
ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde (FH 
24.2.2022; vgl. DFAT 16.1.2023, S. 9-10). Das konfessionelle Proporzsystem im Parlament 
festigt den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindert die Herausbildung eines poli­
tischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 2.3.2020, S. 8). 
Das seit 2003 etablierte politische Muhasasa-System steht in weiten Teilen der Bevölkerung in 
der Kritik (BAMF 5.2020, S. 30). Seit 2015 richten sich die Demonstrationen im Irak zunehmend 
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auch gegen das etablierte Muhasasa-System als solches. Das Muhasasa-System wird für das 
Scheitern des Staates verantwortlich gemacht (BAMF 5.2020, S. 1).
Für die Durchführung der Wahlen im Irak ist die Unabhängige Hohe Wahlkommission (IHEC) 
verantwortlich. Sie genießt generell das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft und laut 
manchen Umfragen auch der irakischen Bevölkerung. Der Irak hält regelmäßig kompetitive 
Wahlen ab. Die verschiedenen parteipolitischen, ethnischen und konfessionellen Gruppen des 
Landes sind im Allgemeinen im politischen System vertreten. Allerdings wird die demokratische 
Regierungsführung in der Praxis durch Korruption, die Schwäche formaler Institutionen und 
durch Milizen, die außerhalb des Gesetzesrahmens agieren, behindert (FH 2023).
Am 1.10.2019 begonnene, lang anhaltende Massenproteste, die sich gegen die Korruption, 
den sinkenden Lebensstandard und den ausländischen Einfluss im Land, insbesondere durch 
Iran, aber auch durch die Vereinigten Staaten von Amerika richteten, führten zum Rücktritt des 
damaligen Premierministers Adel Abdul Mahdi Ende November 2019 (RFE/RL 24.12.2019; vgl. 
RFE/RL 6.2.2020). Erst im Mai 2020 einigten sich die großen Blöcke im Parlament und ihre aus­
ländischen Unterstützer auf den unabhängigen Mustafa al-Kadhimi als neuen Premierminister 
(FH 3.3.2021a).
Im Dezember 2019 hat das irakische Parlament eine der Schlüsselforderungen der Demons­
tranten umgesetzt und einem neuen Wahlgesetz zugestimmt (RFE/RL 24.12.2019; vgl. NYT 
24.12.2019, FH 2023). Das neue Wahlgesetz soll unabhängigen Kandidaten, die nicht von gro­
ßen Parteien unterstützt werden, den Einzug ins Parlament erleichtern (FH 2023). Kandidaten 
können überschüssige Stimmen nicht mehr auf andere Kandidaten ihrer Partei übertragen (ICG 
16.11.2021). Die [damals] achtzehn irakischen Gouvernements wurden in 83 Wahlbezirke un­
terteilt, auf die die 329 Parlamentssitze verteilt wurden (ICG 16.11.2021; vgl. FH 2023). Die 
Gouvernements werden hierzu in eine Reihe neuer Wahlbezirke unterteilt, in denen für jeweils 
etwa 100.000 Einwohner ein Abgeordneter gewählt wird (FH 3.3.2021a). Unklar ist für diese 
Einteilung jedoch, wie viele Menschen in den jeweiligen Gebieten leben, da es seit über 20 
Jahren keinen Zensus gegeben hat (FH 3.3.2021a; vgl. NYT 24.12.2019). Die Distrikte haben je 
nach Größe zwischen drei und sechs Sitze (ICG 16.11.2021). Einige politische Parteien befürch­
teten Wahlbetrug und lehnten die Einteilung der Wahlbezirke ab. Besonders die traditionellen 
Parteienblöcke befürchteten einen Verlust an Einfluss durch die Aufteilung ihrer Wählerschaft 
in die neuen, kleineren Wahlbezirke (AlMon 2.11.2020).
Im Juli 2020 hat Premierminister al-Kadhimi ein Versprechen an die Protestbewegung erfüllt und 
die Vorverlegung der Parlamentswahlen auf den 6.6.2021 beschlossen (REU 31.7.2020; vgl. 
AlMon 9.12.2020). Auf Vorschlag der IHEC, die um mehr Zeit für die Umsetzung der rechtlichen 
und logistischen Maßnahmen bat, hat das Kabinett einstimmig entschieden, die Parlaments­
wahlen auf den 10.10.2021 zu verschieben (AJ 19.1.2021).
Am 10.10.2021 fanden Parlamentswahlenstatt (HRW 12.1.2023; vgl. KAS 1.2022, S. 1), die 
ersten nach dem neuen Wahlsystem (FH 2023). Die Wahlbeteiligung war die niedrigste in der 
Geschichte des Irak nach 2003 und lag nach der großzügigsten Schätzung bei 43,54 % (KAS 
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1.2022, S. 1). Die Bewegung des schiitischen Populistenführers Muqtada as-Sadr, eines Geg­
ners des iranischen und US-amerikanischen Einflusses im Irak (AJ 27.12.2021), ging als Wahl­
sieger hervor und erhielt 73 der 329 Parlamentssitze (AJ 27.12.2021; vgl. ICG 16.11.2021, KAS 
1.2022, S. 3). Die Fatah- (Eroberungs-) Allianz, der politische Arm der pro-iranischen Volksmobi­
lisierungskräfte (Popular Mobilization Forces) - PMF, ist von vormals 48 Sitzen auf 17 abgestürzt 
(Arabiya 27.12.2021; vgl. ICG 16.11.2021). Die Rechtsstaat-Koalition des ehemaligen Premier­
ministers Nouri al-Maliki zählt ebenso zu den Gewinnern der Wahl. Sie hat 33 Parlamentssitze 
gewonnen (KAS 1.2022, S. 3).
Von den sunnitischen Parteien errang die Taqaddum- (Fortschritt-) Koalition unter der Führung 
des scheidenden irakischen Parlamentspräsidenten Mohammed al-Halbousi 37 Sitze (Rudaw 
30.11.2021; vgl. ICG 16.11.2021, KAS 1.2022, S. 3). Die ebenfalls sunnitische Partei Azm unter 
Khamis al-Khanjar erreichte 14 Sitze (ICG 16.11.2021; vgl. KAS 1.2022, S. 3).
Von den kurdischen Parteien erhielt die Demokratische Partei Kurdistans (KDP) 31 Sitze, die 
Patriotische Union Kurdistans (PUK) 17 und die Bewegung „ Neue Generation“ neun Sitze (Ru­
daw 30.11.2021; vgl. KAS 1.2022, S. 3). Die Gorran-Bewegung, die bei dieser Wahl auf einer 
gemeinsamen Liste mit der PUK antrat, hat alle ihre Sitze verloren (ICG 16.11.2021).
Der Anführer der Emtidad- (Fortführungs-) Bewegung, Alaa Ar-Rikabi, war einer der wenigen 
Aktivisten, die aus der Oktoberprotestbewegung als Anführer hervorgingen (KAS 1.2022, S. 3). 
Bis zu den Provinzratswahlen im Dezember 2023 war die Emtidad-Bewegung aufgrund interner 
Führungsstreitigkeiten zersplittert und konnte in der Folge keine Kandidaten auf Gouvernements-
Ebene aufstellen (AGSIW 23.1.2024). Nach dem Endergebnis haben 16 politische Parteien 
jeweils nur einen Sitz gewonnen (Rudaw 30.11.2021; vgl. KAS 1.2022, S. 3). 43 Sitze gingen 
an unabhängige Kandidaten (KAS 1.2022, S. 3).
Quelle 2: (KAS 1.2022, S.3)
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Nach den Wahlen im Oktober 2021 haben sich die schiitischen politischen Kräfte in zwei Haupt­
gruppen gespalten: die Sadristen und der „ Koordinationsrahmen“ (CF), der aus dem mehrheitlich 
schiitischen politischen Flügel der PMF und anderen iranfreundlichen Gruppen besteht (AlMon 
30.9.2022). Die von Iran unterstützten Gruppierungen, darunter mächtige bewaffnete Grup­
pen, haben Unregelmäßigkeiten beanstandet (AJ 27.12.2021). Bei der IHEC gingen mehr als 
1.300 Einsprüche ein, die vom CF eingereicht wurden, welcher bei den Wahlen schlecht abge­
schnitten hat. Die meisten dieser Beschwerden wurden wegen fehlender Beweise abgewiesen 
(AJ 5.11.2021). Am 27.12.2021 hat der oberste Gerichtshof das Wahlergebnis ratifiziert (DW 
27.12.2021; vgl. Arabiya 27.12.2021). Der CF forderte eine Beteiligung in einer Regierung der 
nationalen Einheit (AlMon 1.2.2022).
Proteste gegen das Wahlergebnis sind in Bagdad in Gewalt umgeschlagen. Unterstützer der 
pro-iranischen Gruppen, die Betrug anprangerten, stießen außerhalb der „ Grünen Zone“ in 
Bagdad mit Sicherheitskräften zusammen (AJ 5.11.2021). Dabei wurde am 5.11.2021 während 
des Protests von Anhängern der Asa’ib Ahl- al-Haqq und Kata’ib Hisbollah ein Anhänger der 
Asa’ib Ahl- al-Haqq getötet, mehrere Hundert Sicherheitskräfte wurden verletzt. Der Anführer 
der Gruppe, Qais al-Khazali, machte Premierminister al-Kadhimi für den Toten verantwortlich 
und versprach, ihn vor Gericht zu stellen (ICG 16.11.2021).
Am 31.10.2021 schlugen drei Raketen in der Nähe des Hauptquartiers des Geheimdiens­
tes in Bagdad ein, einer Einrichtung, die al-Kadhimi leitete und immer noch kontrolliert (ICG 
16.11.2021). Bei einem Anschlag am 7.11.2021 versuchten ungenannte bewaffnete Akteure mit 
drei bewaffneten Drohnen, den Premierminister in seiner Residenz zu ermorden, scheiterten 
jedoch (HRW 13.1.2022; vgl. ICG 16.11.2021). Wegen des Einsatzes von Drohnen wird die­
ser Anschlag häufig pro-iranischen Gruppen zugeschrieben (ICG 16.11.2021). Am 25.1.2022 
wurde auch die Residenz des irakischen Parlamentssprechers Mohammed al-Halbousi mit min­
destens drei Raketen beschossen. Der Angriff ereignete sich wenige Stunden nachdem das 
Bundesgericht die Wiederwahl al-Halbousis als Parlamentssprecher bestätigt hatte. Al-Halbousi 
wurde wiederholt von mit Iran verbundenen Gruppierungen und solchen, die ihnen nahe stehen, 
bedroht (AlMon 26.1.2022).
Muqtada as-Sadr versuchte erstmals mit dem Prinzip der nationalen Einheitsregierung zu bre­
chen (KAS 11.2022, S. 1) und eine Zwei-Drittel-Mehrheitsregierung (220 Sitze) zu bilden (Soufan 
23.6.2022; vgl. KAS 11.2022, S. 1), unter Einbindung von sunnitisch-arabischen und kurdischen 
Fraktionen (Soufan 23.6.2022). Nach irakischem Recht ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die 
Wahl des Präsidenten erforderlich (AJ 15.6.2022). As-Sadr wollte die Post-Saddam-Regie­
rungsstruktur, in der schiitische Fraktionen unter weitgehender Ausgrenzung nicht-schiitischer 
Gruppen regierten, beenden. Diese Regierungsstruktur habe laut as-Sadr die Voraussetzungen 
für die Tishreen-Massenproteste vom Oktober 2019 geschaffen und den von Iran unterstützten 
PMF zu viel Einfluss verliehen (Soufan 23.6.2022).
Obwohl die Sadristen den größten Block stellten, waren sie nicht in der Lage, eine Regie­
rung im Bündnis mit der sunnitischen Taqaddum-Partei des Parlamentspräsidenten Muhammad 
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Halbousi und der Demokratischen Partei Kurdistans unter Führung von Masoud Barzani zu bil­
den (AlMon 30.9.2022). Bei der Eröffnungssitzung des neugewählten Parlaments am 9.1.2022 
hat as-Sadrs ethno-konfessionelle Allianz mit kurdischen und sunnitischen Parteien ihren sunni­
tischen Kandidaten für das Amt des Parlamentspräsidenten, Mohammed al-Halbousi, mühelos 
gewählt. Des Weiteren konnten die Sadristen 17 bislang unabhängige Abgeordnete für ihren 
Block gewinnen und umfassten nun 90 Sitze (AlMon 1.2.2022). Die Wahl des Präsidenten, die 
für den 7.2.2022 geplant war, kam jedoch nicht zustande, da das Parlament nicht beschluss­
fähig war. Wegen vielfacher Sitzungsboykotte waren nur 58 von 329 Abgeordneten anwesend 
und damit weniger als die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Zu dem Boykott kam es, da der 
Oberste Gerichtshof die Präsidentschaftskandidatur des Wunschkandidaten Hoshyar Zebari 
von der KDP wegen Bestechungsvorwürfen aus seiner Zeit als Finanzminister im Jahr 2016 
ausgesetzt hatte (REU 7.2.2022). Der Prozess der Regierungsbildung ist zum Teil auch deshalb 
ins Stocken geraten, weil die beiden wichtigsten kurdischen Parteien, KDP und PUK, zu gegen­
sätzlichen nationalen Koalitionen übergegangen sind. Die PUK, die jetzt mit den pro-iranischen 
Schiiten verbündet ist, hat Barham Salih, den Amtsinhaber, für eine weitere Amtszeit als Präsi­
dent nominiert (Soufan 14.4.2022). Die KDP hat mit Rebar Ahmed einen eigenen Kandidaten 
vorgeschlagen (Soufan 14.4.2022; vgl. AlMon 25.7.2022). Nach fast acht Monaten vergeblicher 
Bemühungen um die Bildung einer Regierung räumte Moqtada as-Sadr am 12.6.2022 ein, dass 
es ihm nicht möglich ist, die von ihm angestrebte Regierung zu bilden (Soufan 23.6.2022; vgl. 
AJ 15.6.2022). Er hat daher die 73 Abgeordneten seines Blocks der Sadristischen Bewegung 
(Sairoon) im irakischen Parlament aufgefordert, geschlossen zurückzutreten (AJ 15.6.2022; vgl. 
KAS 11.2022, S. 1, Soufan 23.6.2022), was diese auch befolgten (AJ 15.6.2022). Laut iraki­
schem Recht rückt bei Freiwerden eines Parlamentssitzes der Kandidat mit den nächstmeisten 
Stimmen nach (AJ 15.6.2022; vgl. Soufan 23.6.2022). Die überwiegende Zahl der freigeworde­
nen Mandate ist an Mitglieder der CF gegangen, der mit rund 130 Sitzen somit zum stärksten 
Bock des irakischen Parlaments wurde (Arabiya 26.3.2022). As-Sadr besteht auf vorgezogene 
Neuwahlen (AlMon 30.9.2022).
Am 25.9.2022 verlauteten Quellen des CF, dass es mit den wichtigsten sunnitischen und kurdi­
schen Blöcken zu einer Vereinbarung zur Bildung einer neuen Koalition namens Idarat al-Dawla 
(Staatsverwaltungs-Koalition) gekommen sei. Eine offizielle Verlautbarung sei jedoch erst nach 
einer Einigung mit as-Sadr geplant, um weitere Zusammenstöße mit dessen Anhängern zu 
vermeiden (EPIC 29.9.2022). Mit monatelanger Verzögerung, aufgrund von sadristischen Pro­
testen, wurde am 28.9.2022 al-Halbousi erneut zum Parlamentssprecher gewählt, diesmal von 
der um den CF neu gebildeten Allianz. Muhammad Mandalawi, der dem CF angehört, wurde zu 
seinem ersten Stellvertreter gewählt (AlMon 30.9.2022). Am 13.10.2022 wählte das irakische 
Parlament den Kurden Abdul Latif Rashid von der PUK zum neuen Präsidenten des Irak. Un­
mittelbar nach seiner Wahl ernannte Rashid Muhammad Shia as-Sudani zum Premierminister 
(AlMon 13.10.2022). Am 27.10.2022 hat das irakische Parlament as-Sudani das Vertrauen aus­
gesprochen (AlMon 27.10.2022; vgl. HRW 12.1.2023, KAS 11.2022, S. 1). Die Mehrheit der 23 
Ministerposten wird mit schiitischen Arabern besetzt, darunter ist erstmalig auch ein Vertreter 
des politischen Arms der Asa’ib Ahl al-Haqq-Miliz. Die sunnitischen Araber stellen sechs Minister, 
die irakischen Kurden vier (KAS 11.2022, S. 2).
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