aeth-lib-2025-09-05-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
zu dauerhaften körperlichen Verletzungen und zum Verlust des Augenlichts geführt hat (USDOS 12.8.2025). Verschwindenlassen: Es gibt auch Berichte über Verschwindenlassen durch staatliche Kräfte. Die EHRC hat Fälle dokumentiert, wo – mitunter prominente – Kritiker der Regierung (Kommentatoren, ehemalige Offiziere, Investigativjournalisten, Social-Media-Aktivisten, Politiker, Aktivisten und Künstler) verschleppt worden sind. Manche Personen werden in informellen Hafteinrichtungen in den Konfliktgebieten des Landes festgehalten, darunter in Tigray und in Amhara (USDOS 12.8.2025). Mitunter werden Häftlinge incommunicado in Haft gehalten (USDOS 23.4.2024). Verschleppt werden Menschen nicht nur von Regierungskräften sondern auch von Gruppen, die mit Genehmigung, Unterstützung oder Duldung der Regierung agieren. Zudem kommt es zu Entführungen durch kriminelle Gruppen gegen Lösegeld sowie durch eritreische Kräfte (in Tigray) (USDOS 12.8.2025). An den Entführungen beteiligen sich aber auch Sicherheitskräfte (FH 2025). Willkürliche Haft: Die Behörden haben im Jahr 2024 landesweit hunderte Menschen auf Grundlage von Notstandsgesetzen festgenommen. Diese Gesetze räumen den Behörden übermäßige Befugnisse ein. Vielerorts wurden Menschen ohne Haftbefehl festgenommen. In der Region Amhara haben Streit- und Sicherheitskräfte im September 2024 in einer gezielten Aktion tausende Menschen willkürlich festgenommen – ohne Durchsuchungs- oder Haftbefehle. Die Festgenommenen wurden größtenteils nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen 48- Stunden-Frist vor Gericht gestellt (AI 29.4.2025). So werden etwa tausende Amharen und Oromo willkürlich und unrechtmäßig u.a. in Lagerhallen, Schulen, Jugendzentren oder Privatwohnungen in Haft gehalten (USDOS 12.8.2025). Verantwortlichkeit: Eine adäquate und konsistente Reaktion der Behörden auf z.B. in Gerichtsverfahren geäußerte Folter- und Misshandlungsvorwürfe ist nicht zu erkennen (AA 19.7.2024). Regierungsakteure, denen Folter vorgeworfen wird, werden nicht zur Rechenschaft gezogen (USDOS 12.8.2025). Es wurden keine sinnvollen Schritte unternommen, um die meisten vergangenen und aktuellen Menschenrechtsverletzungen, einschließlich der in Konflikten begangenen Gräueltaten, zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen. Straflosigkeit ist weiterhin die Regel (OMCT 4.2024). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien (Stand:März 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/2113360/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Äthiopien,_19.07.2024.pdf, Zugriff 20.8.2025 - AI - Amnesty International (29.4.2025): Amnesty Report 2024/25: Zur Lage der Menschenrechte weltweit; Äthiopien 2024, https://www.ecoi.net/de/dokument/2124777.html, Zugriff 20.8.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 44

- AI - Amnesty International (6.1.2025): Frieden ist anderswo, https://www.amnesty.de/aethiopien-tigray-bewaffneter-konflikt-vertreibung-kaempfe-repression- frieden-ist-anderswo, Zugriff 1.9.2025 - BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (2.1.2025): Länderkurzinformation Äthiopien SOGI (Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität): Situation von LGBTIQ-Personen; Stand: 01/2025, https://www.ecoi.net/en/file/local/2120231/laenderkurzinfo-aethiopien-01-25-sogi.pdf, Zugriff 1.9.2025 - FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2129041.html, Zugriff 4.9.2025 - OMCT - World Organisation Against Torture (4.2024): Broken promises: escalating human rights violations in Ethiopia, https://www.omct.org/site-resources/files/OMCT-EHRCO- UPR47_ETHIOPIA.pdf, Zugriff 1.9.2025 - USDOS - US Department of State (12.8.2025): 2024 Country Reports on Human Rights Practices: Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2128504.html, Zugriff 20.8.2025 7. Korruption Am CPI 2024 von Transparency International findet sich Äthiopien auf dem 99. Rang von 180 untersuchten Ländern (TI 2025). Korruption ist ein erhebliches Problem (FH 2025), es gibt zahlreiche Berichte über Korruption in der Regierung (USDOS 23.4.2024). Bestechung und Korruption auf niedrigem Niveau („petty corruption“), oft unter Beteiligung lokaler Beamter und der Polizei, sind weit verbreitet. Auch im Justizsystem ist Korruption eine erhebliche Herausforderung (FH 2025), und selbst die Verteilung von Nahrungsmittelhilfe wird durch Korruption beeinträchtigt (FH 2025; vgl. USDOS 23.4.2024). Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption vor, die Regierung setzt das Gesetz aber weder wirksam noch umfassend um (USDOS 23.4.2024). Die Regierungspartei wendet Korruptionsvorwürfe als politische Waffe an, sei es gegen Beamte, sei es gegen Oppositionspolitiker (FH 2025). Quellen: - FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2129041.html, Zugriff 4.9.2025 - TI - Transparency International (2025): Ethiopia, https://www.transparency.org/en/countries/ethiopia, Zugriff 20.8.2025 - USDOS - US Department of State (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107690.html, Zugriff 4.9.2025 8. NGOs und Menschenrechtsaktivisten Grundsätzlich hatten sich die zivilgesellschaftlichen Handlungsräume seit dem Amtsantritt von Premierminister Abiy im Jahr 2018 insgesamt deutlich verbessert. So hat etwa das NGO-Gesetz aus dem Jahr 2019 die Gründung neuer NGOs wesentlich erleichtert (AA 19.7.2024). Gewisse Diskurse werden toleriert, doch sehen sich NGOs dann mit Drohungen und Warnungen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 44

konfrontiert, wenn sie sich für Themen einsetzen, die der Position der Regierung zuwiderlaufen – insbesondere im Zusammenhang mit den Konflikten im Land (FH 2025). Der zivilgesellschaftliche Raum ist also inmitten der anhaltenden bewaffneten Konflikte im Land wieder eingeschränkt worden (AI 29.4.2025) – insbesondere im Jahr 2024 (HRW 12.6.2025). Menschenrechtsverteidiger sind mit erheblichen Einschränkungen konfrontiert, darunter Internetabschaltungen und Beschränkungen öffentlicher Versammlungen, was ihre Fähigkeit zur Kommunikation, Mobilisierung und zum Eintreten für Menschenrechte einschränkt (USDOS 12.8.2025). Menschenrechtsverteidiger werden mitunter willkürlich festgenommen, ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und nach Tagen oder Wochen wieder freigelassen (AA 19.7.2024). Es kommt zu verstärkter Überwachung und zur Suspendierung wichtiger Menschenrechtsorganisationen (HRW 12.6.2025). So haben die Behörden Ende 2024 etwa fünf prominente Menschenrechtsorganisationen willkürlich vorübergehend geschlossen. Das Center for Advancement of Rights and Democracy (CARD), Lawyers for Human Rights (LHR) und die Association for Human Rights in Ethiopia (AHRE) mussten im November ihre Arbeit einstellen, der Ethiopian Human Rights Council (EHRCO) und das Ethiopian Human Rights Defenders Center im Dezember (AI 29.4.2025; vgl. FH 2025). Äthiopische Sicherheitskräfte und Geheimdienste schüchtern bekannte äthiopische Menschenrechtsorganisationen ein, schikanieren und bedrohten diese und haben mehrere Menschenrechtsaktivisten ins Exil gezwungen. Betroffen waren u.a. der EHRCO, CARD, AHRE und LHR (HRW 16.1.2025; vgl. AI 6.1.2025). So musste etwa der Menschenrechtsaktivist Dan Yirga, Direktor des EHRCO, wegen Morddrohungen seitens der Geheimdienste Mitte 2024 das Land verlassen (AI 6.1.2025). Menschenrechtsverteidiger, die für eine Zusammenarbeit mit internationalen Partnern ins Ausland gereist sind, haben angegeben, von den Behörden bei ihrer Rückkehr drangsaliert und eingeschüchtert worden zu sein. Einige haben berichtet, dass sie auch im Ausland von äthiopischen Staatsbediensteten (u.a. Diplomaten) eingeschüchtert und schikaniert worden sind (AI 29.4.2025). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien (Stand:März 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/2113360/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Äthiopien,_19.07.2024.pdf, Zugriff 20.8.2025 - AI - Amnesty International (29.4.2025): Amnesty Report 2024/25: Zur Lage der Menschenrechte weltweit; Äthiopien 2024, https://www.ecoi.net/de/dokument/2124777.html, Zugriff 20.8.2025 - AI - Amnesty International (6.1.2025): Frieden ist anderswo, https://www.amnesty.de/aethiopien-tigray-bewaffneter-konflikt-vertreibung-kaempfe-repression- frieden-ist-anderswo, Zugriff 1.9.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 20 von 44

- FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2129041.html, Zugriff 4.9.2025 - HRW - Human Rights Watch (12.6.2025): Ethiopia Should Immediately Release Prominent Journalist, https://www.ecoi.net/de/dokument/2126241.html, Zugriff am 1.9.2025 - HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2120077.html, Zugriff 20.8.2025 - USDOS - US Department of State (12.8.2025): 2024 Country Reports on Human Rights Practices: Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2128504.html, Zugriff 20.8.2025 9. Wehrdienst und Rekrutierungen, Rehabilitation von Rebellen Es gibt keine Wehrpflicht (CIA 13.8.2025; vgl. AA 19.7.2024), aber die Armee kann bei Bedarf Einberufungen durchführen. Im Alter von 18-22 Jahren kann ein freiwilliger Militärdienst abgeleistet werden, in Ausnahmefällen können dies auch Personen, die älter als 22 Jahre alt sind (CIA 13.8.2025). Das Personal der Armee setzt sich folglich nur aus Berufs- und Zeitsoldaten sowie Reservisten zusammen. Die Nachwuchsgewinnung bereitet u.a. wegen der vergleichsweise guten Bezahlung sowie einer teilweise auch zivilberuflich nutzbaren Ausbildung grundsätzlich keine Probleme (AA 19.7.2024). Fahnenflucht ist grundsätzlich nach Art. 288 des äthiopischen Strafgesetzbuches mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren belegt, in Einzelfällen kann aber auch auf lebenslange Freiheitsstrafen oder gar auf Todesstrafe entschieden werden (AA 19.7.2024). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien (Stand:März 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/2113360/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Äthiopien,_19.07.2024.pdf, Zugriff 20.8.2025 - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (13.8.2025): The World Factbook – Ethiopia, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/ethiopia/#transnational-issues, Zugriff 20.8.2025 10. Allgemeine Menschenrechtslage Laut staatlicher Menschenrechtskommission (EHRC) ist das Recht auf Leben in Äthiopien gefährdet, aufgrund von innerstaatlichen bewaffneten Konflikten, Naturkatastrophen und einem teilweisen Zusammenbruch öffentlicher Dienste (v.a. in den Bereichen Bildung und Gesundheit). Die EHRC dokumentiert in ihrem jüngsten Jahresbericht (Juni 2024 – Juni 2025) zahlreiche Menschenrechtsverbrechen, darunter extralegale Tötungen, Entführungen, Verletzungen und Zerstörung zivilen Eigentums. Täter waren demnach u.a. staatliche Kräfte und lokale bewaffnete Gruppen (AS 4.8.2025). Gewalt: Bei den verschiedenen Konflikten im Land kommt es regelmäßig zu Menschenrechtsverletzungen, einschließlich im Zuge von bewaffneten Auseinandersetzungen sowie dem militärischen Vorgehen des staatlichen Sicherheitsapparats gegen bewaffnete Gruppen. Es wird – u.a. von der staatlichen Menschenrechtskommission (EHRC) – über massive .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 21 von 44

Menschenrechtsverletzungen v.a. in Amhara, Oromia und Benishangul-Gumuz berichtet, darunter Tötung von und Gewalt gegen Zivilpersonen, Zerstörung von Eigentum und weitverbreitete Vertreibungen (AA 19.7.2024; vgl. USDOS 12.8.2025, FH 2025). Mehr als 5.000 Frauen haben im Konflikt in Amhara nach sexuellem Missbrauch medizinische Hilfe gesucht. Diese Zahl stellt aber nur einen Bruchteil der tatsächlich begangenen Verbrechen dar (TNH 12.11.2024). Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden von Jänner 2023 bis Jänner 2024 mindestens 1.351 Zivilisten durch Angriffe von Regierungstruppen, eritreischen Truppen, regierungsfeindlichen Milizen und unbekannten Akteuren getötet. In Amhara wurden 740 Zivilisten getötet. Im ersten Halbjahr 2024 haben die Vereinten Nationen 594 Menschenrechtsvergehen dokumentiert, davon waren 8.253 Menschen betroffen. 70% der Vorfälle wurden von Regierungsakteuren begangen (USDOS 12.8.2025). Es gibt Berichte über weitverbreitete Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung, darunter außergerichtliche Hinrichtungen, sexuelle Gewalt, Folter und Misshandlungen an der Zivilbevölkerung (USDOS 12.8.2025; vgl. HRW 16.1.2025) sowie über den Einsatz von Drohnen und schwere Artillerie gegen Zivilisten in Amhara (HRW 16.1.2025). Beim Einsatz von Drohnen durch Regierungstruppen kamen alleine im ersten Halbjahr 2024 248 Zivilisten ums Leben (USDOS 12.8.2025). Äthiopische Streitkräfte haben in Amhara zudem zahlreiche Angriffe gegen medizinisches Personal, Patienten und Gesundheitseinrichtungen geführt, diese kommen Kriegsverbrechen gleich. Kämpfe zwischen Armee und Milizen fordern in Amhara hunderte von Todesopfern und Verletzten in der Zivilbevölkerung (HRW 16.1.2025). Zudem gab es Berichte über Angriffe auf humanitäre Helfer, was die Hilfsmaßnahmen zusätzlich erschwerte. Zivilisten und ziviles Eigentum, darunter Schulen und Gesundheitseinrichtungen, wurden gezielt angegriffen (USDOS 12.8.2025). Nicht nur die Regierung ist für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich: Häufig kommt es zu Gewaltausbrüchen zwischen ethnischen Gruppen (AI 6.1.2025). So sind etwa die Fano-Milizen für die Tötung von Zivilisten, Angriffe auf zivile Objekte und unrechtmäßige Festnahmen verantwortlich (HRW 16.1.2025; vgl. USDOS 12.8.2025). In Tigray beteiligen sich Mitglieder amharischer Kräfte an Deportationen und ethnischen Säuberungen (USDOS 12.8.2025). In dieser Region verüben auch eritreische Regierungstruppen in den von ihnen besetzten Gebieten Verbrechen wie Vergewaltigung, sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Entführung und Plünderung zivilen Eigentums (HRW 16.1.2025; vgl. USDOS 12.8.2025). Repression und willkürliche Verhaftungen: Angesichts der angespannten Lage greift die Regierung auf repressive Maßnahmen gegen die Bevölkerung zurück (AA 19.7.2024). Ein äthiopischer Menschenrechtsaktivist bezeichnet die Lage als „außer Kontrolle“. Demnach gehen die Geheimdienste brutal gegen alle vor, die zur Opposition gezählt werden. I.d.F. gibt es Morde, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 22 von 44

Vergewaltigungen, Verschwindenlassen (AI 6.1.2025) willkürliche Festnahmen, Misshandlungen und Folter (AI 6.1.2025; vgl. USDOS 12.8.2025). Auch Zwangsumsiedlungen gehören zum Alltag (AI 6.1.2025). Die Behörden schikanieren, überwachen und inhaftieren Journalisten, Menschenrechtsverteidiger und andere Persönlichkeiten (HRW 16.1.2025). Dabei berichten Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger, Oppositionelle und Journalisten über eine zunehmende Drangsalierung und Einschüchterung seitens der Behörden (AI 29.4.2025; vgl. USDOS 12.8.2025). Im August 2023 hat die Regierung einen landesweiten Ausnahmezustand verhängt. Der Ausnahmezustand ist Anfang Juni 2024 ausgelaufen (AI 29.4.2025; vgl. USDOS 12.8.2025). Für die Region Amhara wurden spezifische Bestimmungen erlassen (USDOS 12.8.2025). Die Notstandsgesetze haben den Sicherheitskräften weitreichende Befugnisse verliehen und wurden von den Behörden dazu genutzt, gegen Andersdenkende vorzugehen und die Medien zu unterdrücken (AI 29.4.2025). Dabei wurden jene Bestimmungen, die eigentlich nur für die Region Amhara gültig waren, in ganz Äthiopien angewendet. Diese ermöglichten zahlreiche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und Kommunikation (HRW 16.1.2025) sowie die willkürliche Festnahme von Menschen (AI 29.4.2025). Auch nach dem offiziellen Ende des Ausnahmezustands im Juni 2024 kommt es zu Repression (AI 6.1.2025), Massenverhaftungen (HRW 16.1.2025) und Menschenrechtsverletzungen (USDOS 12.8.2025). Schon während des Ausnahmezustands wurden tausende Amharen in Amhara und anderen Regionen (auch in Addis Abeba) ohne Haftbefehl festgenommen und inhaftiert (UKHO 6.2025; vgl. HRW 16.1.2025, AI 6.1.2025; vgl. USDOS 12.8.2025). Auch nach dem offiziellen Ende des Ausnahmezustands im Juni 2024 kam es zu Verhaftungen. So führten Sicherheitskräfte in Amhara im September 2024 eine neue Welle willkürlicher Massenverhaftungen durch. Hunderte wurden festgenommen, darunter hochrangige Polizisten und Geheimdienstmitarbeiter sowie Journalisten, Akademiker, Anwälte und Beamte (HRW 16.1.2025). Nach anderen Angaben wurden bei dieser Verhaftungswelle tausende Menschen festgenommen und in vier Massenhaftanstalten gebracht. Unter den Verhafteten fanden sich u.a auch Richter und Staatsanwälte (AI 28.1.2025). Viele Häftlinge werden ohne Gerichtsbeschluss in regulären und irregulären Haftanstalten festgehalten, und ihr Aufenthaltsort bleibt oft tage- oder wochenlang unbekannt (USDOS 12.8.2025). Im Jänner 2025 wurden Hunderte freigelassen (AI 28.1.2025; vgl. UKHO 6.2025), tausende Personen befanden sich demnach zu diesem Zeitpunkt weiter in Haft (AI 28.1.2025). Und auch 2025 kommt es zur Festnahme von Personen, die verdächtigt werden, Verbindungen zur Fano zu haben (UKHO 6.2025). In der Region Oromia führen die Regierungsmiliz Oromia Regional Police sowie die Bundesarmee regelmäßig willkürliche Massenverhaftungen durch. Dabei haben Sicherheitskräfte Verhaftete mitunter geschlagen und gefoltert (USDOS 12.8.2025). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 23 von 44

Personen werden überlang ohne Anklage in Haft gehalten (USDOS 12.8.2025). Die Festnahme und Inhaftierung von Familienangehörigen von Verdächtigen, um diese zu einem Erscheinen vor der Polizei zu zwingen, ist eine weitere im Land weit verbreitete Form unrechtmäßiger Festnahme und Inhaftierung (OMCT 4.2024). Verantwortlichkeit: Die Regierung unternimmt nur begrenzt Schritte, um Beamte, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, zu identifizieren und zu bestrafen (USDOS 12.8.2025). Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen bleibt die Norm (HRW 16.1.2025; vgl. FH 2025). Ombudsmann: Die 2006 etablierte staatliche Ethiopian Human Rights Commission (EHRC) hat seit der Ernennung von Daniel Bekele, einem ehemaligen politischen Gefangenen und Menschenrechtsaktivisten, zu ihrem Vorsitzenden an Bedeutung und Unabhängigkeit gewonnen. Die EHRC hat auch im Kontext des Konflikts in Nordäthiopien mit kontinuierlichen Erklärungen und Berichten national die zentrale Rolle bei Aufklärung und glaubhafter Information über Menschenrechtsverbrechen inne (AA 19.7.2024). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien (Stand:März 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/2113360/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Äthiopien,_19.07.2024.pdf, Zugriff 20.8.2025 - AI - Amnesty International (29.4.2025): Amnesty Report 2024/25: Zur Lage der Menschenrechte weltweit; Äthiopien 2024, https://www.ecoi.net/de/dokument/2124777.html, Zugriff 20.8.2025 - AI - Amnesty International (28.1.2025): Ethiopia - Urgent international action needed to end mass arbitrary detentions in the Amhara Region, https://www.ecoi.net/de/dokument/2121033.html, Zugriff 2.9.2025 - AI - Amnesty International (6.1.2025): Frieden ist anderswo, https://www.amnesty.de/aethiopien-tigray-bewaffneter-konflikt-vertreibung-kaempfe-repression- frieden-ist-anderswo, Zugriff 1.9.2025 - AS - Addis Standard (4.8.2025): Right to life in ‘critical’ state amid conflicts, service collapse, and humanitarian crises: Rights Commission, https://addisstandard.com/news-right-to-life-in- critical-state-amid-conflicts-service-collapse-and-humanitarian-crises-rights-commission/, Zugriff 5.9.2025 - FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2129041.html, Zugriff 4.9.2025 - HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2120077.html, Zugriff 20.8.2025 - OMCT - World Organisation Against Torture (4.2024): Broken promises: escalating human rights violations in Ethiopia, https://www.omct.org/site-resources/files/OMCT-EHRCO- UPR47_ETHIOPIA.pdf, Zugriff 1.9.2025 - TNH - The New Humanitarian / Simon Vera (12.11.2024): Who is Fano? Inside Ethiopia’s Amhara rebellion, https://www.thenewhumanitarian.org/news-feature/2024/11/12/who-fano- inside-ethiopia-amhara-rebellion, Zugriff 1.9.2025 - UKHO - UK Home Office [Großbritannien] (6.2025): Country Policy and Information Note Ethiopia: Amhara and Amhara opposition groups [Version 1.0], .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 24 von 44

https://www.ecoi.net/en/file/local/2127107/ETH_CPIN_Amhara_and_Amhara_opposition_group s.pdf, Zugriff 20.8.2025 - USDOS - US Department of State (12.8.2025): 2024 Country Reports on Human Rights Practices: Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2128504.html, Zugriff 20.8.2025 11. Meinungs- und Pressefreiheit Gesetzeslage und Praxis: Verfassung und Gesetze gewähren freie Meinungsäußerung, auch für Pressevertreter und andere Medien (USDOS 12.8.2025). 2024 haben die äthiopischen Behörden den verbliebenen medialen Handlungsspielraum immer weiter eingeschränkt (HRW 12.6.2025). Im Zuge des Ausnahmezustands kam es landesweit zu rigorosen Einschränkungen der Meinungsfreiheit (USDOS 12.8.2025). Die Achtung des Rechts hat sich verschlechtert, insbesondere als Reaktion auf die Konflikte in den Regionen Amhara und Oromia; die Pressefreiheit wurde weiter reduziert (USDOS 12.8.2025; vgl. AA 19.7.2024). Viele Elemente des im Feber 2021 verabschiedeten neuen Mediengesetzes werden weiterhin nicht umgesetzt (AA 19.7.2024). Die Polizei ist zudem dafür berüchtigt, Journalisten auf Grundlage der Bestimmungen der äthiopischen Proklamation zur Verhinderung und Unterdrückung von Hassreden und Desinformation aus dem Jahr 2020 zu verfolgen. Das Gesetz enthält eine zu weit gefasste Definition von „Desinformation“ und gibt den Behörden übermäßigen Ermessensspielraum, unpopuläre oder kontroverse Meinungen als „falsch“ zu erklären (HRW 12.6.2025). Aufgrund des anhaltenden Bürgerkriegs und des Vorgangsweise der Regierung (Tötungen, Razzien, willkürliche Verhaftungen etc.) haben auch normale Staatsbürger Angst davor, ihre persönliche Meinung zu äußern (FH 2025). Infrastruktur: Es gibt im Land unabhängige Medien (USDOS 12.8.2025). 2023 gab es zehn staatliche TV-Sender und neun Radiostationen, 18 private TV- und 13 Radiostationen sowie 45 lokale Radio- und fünf Fernsehstationen (CIA 13.8.2025). Nach anderen Angaben ist unabhängiger, pluralistischer und ausgewogener Journalismus kaum vorhanden, und die meisten führenden Medien gehören einer Handvoll Geschäftsleuten. Hinzu kommen Selbstzensur sowie niedrige Gehälter von Journalisten, die deren berufliche Integrität auf die Probe stellen. Soziale Medien spielen eine große Rolle bei der öffentlichen Meinungsbildung v.a. unter Jugendlichen (AA 19.7.2024). Umgang mit Medien und Journalisten: Die Medien werden weiterhin von der Regierung bedrängt (HRW 16.1.2025). Es gibt zahlreiche Berichte über Schikanen, Einschüchterungen und andere Einschränkungen gegenüber regierungskritischen Journalisten – insbesondere hinsichtlich ihrer Arbeit zu Konflikten im Land. Die äthiopische Medienbehörde schränkt die Meinungsfreiheit von Pressevertretern teilweise ein, die Presse praktiziert häufig Selbstzensur (USDOS 12.8.2025). Viele Journalisten müssen sich zwischen Selbstzensur, Schikanen, Verhaftung oder Exil .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 44

entscheiden (HRW 16.1.2025), manche schreiben nur unter Pseudonymen (FH 2025). Journalisten befürchten Repressalien, viele sind unter ungeklärten Umständen getötet worden (USDOS 12.8.2025). Mitunter kommt es auch zu verstärkter Überwachung und zu Razzien gegen unabhängige Medienunternehmen (HRW 12.6.2025). Kritische Journalisten und Blogger werden immer wieder – teilweise ohne offizielle Anklage und ohne Kontakt zur Außenwelt – teils über Monate in Haft gehalten (AA 19.7.2024; vgl. HRW 16.1.2025). Reporter, deren Berichterstattung nicht der Darstellung der Regierung entspricht, werden aufgrund schwerwiegender Vorwürfe wie z.B. „Förderung von Terrorismus und Extremismus“ festgenommen. Dies betrifft nicht nur die Sicherheitslage, sondern etwa auch Berichte über Korruption (USDOS 12.8.2025) Einige Journalisten, Kritiker und Künstler sind aus Gründen der nationalen Sicherheit auch angeklagt worden. Seit 2020 sind laut CPJ (Komitee zum Schutz von Journalisten) mindestens 54 äthiopische Journalisten ins Ausland geflohen, sind aber auch dort mitunter Drohungen und Schikanen durch Regierungsakteure ausgesetzt (USDOS 12.8.2025). Telekommunikation: Der übergroße Einfluss der Regierung auf den Telekommunikationssektor – über das staatliche Unternehmen EthioTelecom – ermöglicht es ihr, den Online-Medienbereich durch landesweite und regionale Abschaltungen zu kontrollieren (USDOS 12.8.2025). Der Telefon- und Internetverkehr wird überwacht. Es ist davon auszugehen, dass sämtliche nicht satellitengestützte Kommunikation abgefangen werden kann. Die digitale Medienfreiheit bleibt in einigen Regionen (Tigray, Amhara, Teile Oromias) aufgrund von vorübergehenden Internetabschaltungen im Zuge von Kampfhandlungen aber auch wegen der Blockierung und mutmaßlichen Überwachung von sozialen Medien eingeschränkt (AA 19.7.2024). Die Regierungsdienste sind in der Lage, Mobiltelefone zu hacken und Telefonate abzuhören (FH 2025). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien (Stand:März 2024), https://www.ecoi.net/en/file/local/2113360/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Äthiopien,_19.07.2024.pdf, Zugriff 20.8.2025 - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (13.8.2025): The World Factbook – Ethiopia, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/ethiopia/#transnational-issues, Zugriff 20.8.2025 - FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2129041.html, Zugriff 4.9.2025 - HRW - Human Rights Watch (12.6.2025): Ethiopia Should Immediately Release Prominent Journalist, https://www.ecoi.net/de/dokument/2126241.html, Zugriff am 1.9.2025 - HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 – Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2120077.html, Zugriff 20.8.2025 - USDOS - US Department of State (12.8.2025): 2024 Country Reports on Human Rights Practices: Ethiopia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2128504.html, Zugriff 20.8.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 44

12. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition Die Verfassung garantiert das Recht auf Versammlungsfreiheit (AA 19.7.2024). Im Zuge der Unsicherheit und des Ausnahmezustands kam es landesweit zu rigorosen Einschränkungen der Versammlungsfreiheit (USDOS 12.8.2025; vgl. FH 2025), willkürliche Verhaftungen nahmen zu. Besonders bei Großveranstaltungen in Addis Abeba (Great Ethiopian Run, Timkat, Musikkonzerte etc.) wurden Ausweiskontrollen durchgeführt und Personen scheinbar willkürlich festgenommen (AA 19.7.2024). Das harte Vorgehen der Regierung gegen kritische und oppositionelle Stimmen hat die Versammlungsfreiheit im ganzen Land weiter eingeschränkt (FH 2025). Regierungsbehörden lösen Proteste zeitweise gewaltsam auf. So kam es z.B. im September 2024 in der Stadt Gondar in Amhara zu Zusammenstößen zwischen lokalen Sicherheitskräften und Demonstranten, nachdem sich Tausende von Menschen versammelt hatten, um gegen die Tötung eines Kindes durch eine unbekannte bewaffnete Gruppe zu protestieren. Mindestens vier Menschen wurden von Sicherheitskräften getötet (FH 2025). Opposition: Anhaltende Inhaftierungen, Schikanen, Versammlungs- und andere Einschränkungen geben der Opposition nur wenig Spielraum bei der politischen Betätigung. Die Regierungspartei wirft Oppositionsfunktionären und Regierungskritikern Verbindungen zu Rebellengruppen oder Staatsfeinden vor und behindert so ihre politische Teilhabe. Wichtige Oppositionsgruppen wie der Oromo Federalist Congress (OFC), die Ogaden National Liberation Front (ONLF) und die OLF haben die jüngsten Wahlen boykottiert (FH 2025). Oppositionspolitiker (besonders der OLF) aber auch zunehmend Kritiker von Premierminister Abiy aus den eigenen Reihen werden mitunter willkürlich festgenommen, ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und nach Tagen oder Wochen wieder freigelassen (AA 19.7.2024). B ehörden halten Kritiker und Journalisten über längere Zeiträume ohne Anklage fest (HRW 16.1.2025). Im Jahr 2021 hat das Parlament die TPLF und die OLA als Terrororganisationen eingestuft. Infolgedessen wurden tausende Tigrayer und Oromo, denen eine Verbindung zu diesen Parteien vorgeworfen wurde, verhaftet und anderweitig unter Druck gesetzt. Im März 2023 wurde die TPLF wieder von der Liste terroristischer Gruppen gestrichen (FH 2025). Am 5.9.2024 hat die Regierung sieben hochrangige Oppositionsvertreter der Oromo freigelassen. Sie waren willkürlich vier Jahre lang ohne Anklage festgehalten worden. Mehrere Gerichtsbeschlüsse, die ihre Freilassung angeordnet hatten, waren ignoriert worden (HRW 16.1.2025). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (19.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Äthiopien (Stand:März 2024), .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 44
